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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LY220043
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LY220043 vom 27.01.2023 (ZH)
Datum:27.01.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ehescheidung (vorsorgliche Massnahmen)
Schlagwörter : Kinder; Besuch; Klagten; Kindes; Eltern; Besuche; Mutter; Beklagten; Ttmm; Besuchsrecht; Beiständin; Berufung; Kindern; Ziffer; Kontakt; Bezirksgericht; Parteien; Verfügung; Gericht; Recht; Elternteil; Verfahren; Besuchsrechts; Begleitet; Dispositiv-Ziffer; Abklärung; Bülach; Obhut; Antrag
Rechtsnorm: Art. 273 ZGB ; Art. 274 ZGB ; Art. 296 ZGB ; Art. 296 ZPO ; Art. 297 ZGB ; Art. 307 ZGB ; Art. 308 ZGB ; Art. 310 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 318 ZPO ; Art. 90 BGG ; Art. 98 BGG ;
Referenz BGE:142 III 413; 144 III 349; 147 III 301;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LY220043-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Ersatzoberrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Gerichtsschreiber Dr. Chr. Arnold

Beschluss und Urteil vom 27. Januar 2023

in Sachen

  1. ,

    Beklagte und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

    Kläger und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y. , betreffend Ehescheidung (vorsorgliche Massnahmen)

    Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 (FE210280-C)

    Rechtsbegehren:

    des Klägers (Urk. 5/60 S. 3):

    1. Die alleinige Obhut des Klägers für die Töchter D. , geb. am tt.mm.2007 und E. , geb. tt.mm.2010 seien weiterhin und für die Dauer des Verfahrens zu bestätigen, sowie auch die Tatsa- che, dass ihr Wohnsitz beim Kläger festgelegt wurde.

    2. Auf die Regelung eines Besuchsrechts der Beklagten zu den Kin- dern D. und E. , sei aufgrund des Alters der Kinder zu verzichten. Es sei festzuhalten, dass die Kinder D. und

    E. berechtigt sind, jedes zweite Wochenende bei ihrer Grossmutter zu verbringen.

    1. Die Verpflichtung des Klägers die Kinderunterhaltsbeiträge an die Beklagte zu bezahlen, sei ab 1. August 2021 für die Dauer des Verfahrens aufzuheben.

    2. Die Beklagte sei zu verpflichten, für den Unterhalt und die Erzie- hung der Kinder D. und E. ab 1. Dezember 2021 für die Dauer des Verfahrens angemessene Unterhaltsbeiträge zu bezahlen.

    3. Alle anders lautenden Anträge der Beklagten seien abzuweisen. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich gesetzlicher

Mehrwertsteuer zu Lasten der Beklagten.

der Beklagten (Urk. 5/62 S. 2):

1. Die Töchter D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010 seien mit sofortiger Wirkung wieder unter die Obhut der Beklagten zu stellen und dem Kläger ein angemessenes Besuchsrecht einzuräumen.

  1. Eventualiter seien die Töchter D. , geb. tt.mm.2007, und

    E. , geb. tt.mm.2010 unter die alternierende Obhut der Par- teien zu stellen.

  2. Subeventualtier [sei] der Beklagten für die Töchter D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010 ein umfassendes Besuchs- bzw. Betreuungsrecht von mindestens drei Tagen inkl. drei Übernachtungen pro Woche einzuräumen.

  3. Den Töchtern D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010 sei eine Kindsvertreterin oder ein Kindsvertreter zur Seite zu stellen.

Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022:

(Urk. 2b S. 30 ff. = Urk. 5/105 S. 30 ff.)

  1. Die Obhut für D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010, wird in Abänderung von Dispositivziffer 3 des Eheschutzentscheides des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) dem Kläger zuge- teilt.

  2. Die Erziehungsgutschriften für die Berechnung der AHV/IV-Renten werden allein dem Kläger angerechnet. Es ist Sache des Klägers, die betroffenen Ausgleichskassen zu informieren.

  3. In Abänderung von Dispositivziffer 4 des Eheschutzentscheides des Be- zirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) ist die Beklagte be- rechtigt, wie folgt mit den Kindern auf eigene Kosten in Kontakt zu treten:

    1. von April 2022 bis Ende Juni 2022: jeden ersten und dritten Samstag im Monat für 2 Stunden auf der Kunsteisbahn F. in C.

      (14.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr), wobei es den Kindern freisteht, während dieser Zeit von ihrem Stiefbruder, G. , begleitet zu werden;

    2. ab Juni 2022 immer am letzten Mittwoch im Monat zu einem Nachtes- sen in der Pizzeria H. in C. , von 18.00 Uhr bis ca. 20.00 Uhr, wobei es den Kindern freisteht, während dieser Zeit von ihrem Stiefbruder, G. , begleitet zu werden;

    3. im Juli 2022: jeden ersten und dritten Samstag im Monat für 4 Stunden an einem Ort, wo sich die Kinder wohl fühlen, wobei es den Kindern freisteht, während dieser Zeit von ihrem Stiefbruder, G. , begleitet zu werden;

    4. ab September 2022: jeden ersten und dritten Samstag von 9.30 Uhr bis

      18.30 Uhr an Orten, wo sich die Kinder wohl fühlen, wobei es den Kin- dern freisteht, während dieser Zeit von ihrem Stiefbruder, G. , be- gleitet zu werden.

      Ein weitergehendes Besuchsrecht der Beklagten nach ausdrücklich geäus- sertem Wunsch der Kinder und gegenseitiger Absprache unter den Parteien bleibt vorbehalten.

  4. Für die Kinder D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010, wird eine Besuchsrechtsbeistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 2 ZGB angeordnet.

    Die Beistandsperson wird damit beauftragt:

    1. mit dem Stiefbruder der Kinder, G. , der die Kinder (teilweise) an die Besuche begleiten dürfte, in regelmässigem Kontakt zu stehen, und abzuklären, ob diese Aufgabe für G. tragbar ist;

    2. ab September 2022 zusammen mit dem Stiefbruder der Kinder,

      G. , der die Kinder (teilweise) an die Besuche begleiten dürfte, und den Kindseltern einzuschätzen und zu entscheiden, ob und wann unbegleitete Besuche in kindeswohlgerechter Weise durchführbar sind;

    3. die Kindseltern in Bezug auf Fragestellungen oder bei bestehenden Uneinigkeiten betreffend das Besuchsrecht beratend zu unterstützen;

    4. solange das Scheidungsverfahren läuft dem Gericht Antrag zu stellen, sofern anderweitige Kindesschutzmassnahmen nötig sind oder die An- passung der Aufträge angezeigt ist;

    5. der KESB in Kopie an das Gericht (solange das Scheidungsverfahren hängig ist) halbjährlich Bericht über die Ergebnisse resp. Anpassungen des Besuchsrechts zu erstatten; erstmals per Ende Oktober 2022.

  5. Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers für die Kinder D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010, entfällt rückwirkend in Abände- rung von Dispositivziffer 5 des Eheschutzentscheides des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) per Ende August 2021.

  6. a) Die Beklagte ist in Abänderung von Dispositivziffer 6 des Ehe- schutzentscheides des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) bis Ende September 2022 mangels Leistungsfähigkeit nicht zu Kinderunterhaltsbeiträgen für die Kinder D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010, zu verpflichten. Der gebüh- rende Bedarf der Kinder liegt bei je Fr. 1'207.–.

    b) Die Beklagte ist in Abänderung von Dispositivziffer 6 des Ehe- schutzentscheides des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) ab Oktober 2022 zu Kinderunterhaltsbeiträgen für die Kin- der D. , geb. tt.mm.2007, und E. , geb. tt.mm.2010, von je Fr. 385.– pro Kind zu verpflichten, wobei der gebührende Bedarf der Kinder von je Fr. 1'207.– dabei nicht vollständig gedeckt wird.

  7. Der Unterhaltsberechnung liegen in Abänderung von Dispositivziffer 6 des Eheschutzentscheides des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003) folgende Zahlen zu Grunde:

    (alle Beträge in CHF)

    Kläger

    Beklagte

    D.

    (tt.mm.07)

    E. (tt.mm.10)

    - Einkommen (netto, inkl.

    13. Monatslohn, inkl. Bo- nus, exkl. Quellensteuer)

    5'303 (100 %)

    3'839 (80 %);

    ab Oktober 2022: 4'800

    (100 %)

    250

    200;

    ab 14. Dezem-

    ber 2022: 250

    betreibungsrechtlicher Notbedarf (Mankofall):

    Grundbetrag:

    1'350

    1'200

    600

    600

    Anteil Wohnkosten inkl. Heiz- und Nebenkosten:

    865

    1820

    433

    433

    Grundversicherung (KVG):

    208

    300

    94

    94

    Auslagen Arbeitsweg

    100

    50

    Auswärtige Verpflegung:

    110

    160;

    ab Oktober 2022: 220

    Unmittelbare, grössere Auslagen (Arzt, Arzneien, Franchise, Geburt, Woh-

    0

    0

    0

    0

    • Kinderzulagen

    • Lehrlingslohn:

    (alle Beträge in CHF)

    Kläger

    Beklagte

    D.

    (tt.mm.07)

    E. (tt.mm.10)

    nungswechsel etc.)

    TOTAL:

    2'633

    3'530;

    ab Oktober 2022: 3'590

    1'127

    1'127

    familienrechtlicher Not- bedarf (Nichtmankofall)

    Radio/TV/Inter- net/Telefon/Serafe:

    70

    110

    30

    30

    Besuchsrechtskosten:

    0

    150

    Zusatzversicherung (VVG):

    0

    0

    0

    0

    Haftpflicht-

    /Mobiliarversicherung:

    15

    30

    Steuern Eltern:

    (bei Betreuungsunterhalt Steuerpauschale von 100)

    300

    150

    Steueranteil Kind:

    50

    50

    TOTAL:

    3'018

    3'970;

    ab Oktober 2022: 4'030

    1'207

    1'207

    Für Betreuungsunterhalt relevantes TOTAL:

    3'018

    Einnahmen abzüglich Ausgaben:

    + 2'285

    - 131;

    ab Oktober 2022: + 770

    - 957

    - 1'007;

    ab 14. Dezem-

    ber 2022: - 957

  8. Der Antrag der Beklagten auf Anordnung einer Kindsvertretung wird abge- wiesen.

  9. Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird im Endentscheid befun- den.

  10. [Mitteilung]

  11. [Frist für Begründungsbegehren bezüglich der Dispositiv-Ziffern 1 bis 7 und 9]

  12. [Frist für Begründungsbegehren bezüglich der Dispositiv-Ziffer 8]

Berufungsanträge:

der Beklagten und Berufungsklägerin (Urk. 1 S. 2 f.):

1. Es seien die Ziff. 2 bis 4 sowie die Ziffern 6 und 7 der angefoch- tenen Verfügung aufzuheben bzw. wie folgt […] abzuändern:

Ziffer 2

sei ersatzlos zu streichen Ziffer 3

Es sei folgende Besuchsregelung vorzusehen:

Die Beklagte sei berechtigt, die Kinder während drei Monaten ab Wiederaufnahme der Besuche jeden ersten und dritten Samstag im Monat jeweils von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr auf eigene Kosten zu oder mit sich auf Besuch zu nehmen.

Nach der Dauer von drei Monaten sei die Beklagte berechtigt, die Kinder jeden ersten und dritten Samstag von 09.00 Uhr bis

18.00 Uhr auf eigene Kosten zu sich oder mit sich zu Besuch zu nehmen.

Wiederum nach der Dauer von sechs Monaten ab Wiederauf- nahme der Besuche sei die Beklagte berechtigt, die Kinder an je- dem ersten und dritten Wochenende im Monat von Samstag

09.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr auf eigene Kosten zu sich oder mit sich zu Besuch zu nehmen.

Eventualiter: Es sei eine entsprechende Besuchsregelung einst- weilen lediglich für E. vorzunehmen.

Ziffer 4

Ziff. 4 a) und b) seien ersatzlos zu streichen. Ziffer 6

Es sei die Beklagte mangels Leistungsfähigkeit nicht zu Kinderun- terhaltsbeiträgen für D. und E. zu verpflichten, wobei der gebührende Bedarf der Kinder bei Fr. 1'217.99 liege.

Ziffer 7

sei ersatzlos zu streichen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwert- steuer zulasten des Klägers und Berufungsbeklagten.

des Klägers und Berufungsbeklagten (Urk. 13 S. 2):

1. Es seien die Berufungsanträge der Beklagten und Berufungsklä- gerin abzuweisen, mit Ausnahme des Antrages zu Ziffer 2, der Verfügung des Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022.

  1. Die Ziffer 2 der Verfügung des Bezirksgericht Bülach vom

    1. ärz 2022 sei ersatzlos zu streichen.

  2. Im Übrigen sei die Verfügung des Bezirksgerichts Bülach vom

    1. ärz 2022 zu bestätigen.

      Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer von 7,7 % zu Lasten der Beklagten und Berufungsklä- gerin.

      Erwägungen:

      1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

        1. Die Parteien haben am tt. März 2007 geheiratet. Der Ehe entsprangen zwei Kinder: D. , geboren am tt.mm.2007, und E. , geboren am tt.mm.2010 (Urk. 5/3). Die Beklagte und Berufungsklägerin (nachfolgend: Beklag- te) ist zudem die Mutter von G. , geboren am tt.mm.2001 (Prot. I, S. 4 und 17). Mit Urteil vom 8. April 2016 stellte das Eheschutzgericht fest, dass die Partei- en seit dem 29. Dezember 2015 getrennt leben, und sprach die Obhut über die gemeinsamen Kinder D. und E. der Beklagten zu; zudem verpflichte- te es den Kläger und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Kläger), monatliche Un- terhaltsbeiträge von Fr. 400.– pro Kind zu bezahlen (Urk. 5/36/19/17 S. 3).

        2. Mit Eingabe vom 12. Oktober 2021 machte der Kläger die Scheidungs- klage hängig und beantragte im Rahmen vorsorglicher Massnahmen unter ande- rem die Umteilung der Obhut sowie die Abänderung der Unterhaltsbeiträge (Urk. 5/1). Im Übrigen kann hinsichtlich der Prozessgeschichte auf die vorinstanz- liche Verfügung verwiesen werden (Urk. 2b S. 3 f.). Diese erging am 28. März 2022 zunächst in unbegründeter und hernach – auf Begehren der Beklagten (Urk. 5/83) – in begründeter Form (Urk. 2a = Urk. 5/75; Urk. 2b = Urk. 5/105).

        3. Mit Eingabe vom 29. August 2022 erhob die Beklagte innert Frist (siehe Urk. 5/106) Berufung mit den eingangs wiedergegebenen Anträgen (Urk. 1). Mit

          Verfügung vom 5. September 2022 wurde ihr Frist angesetzt, um einen Kosten- vorschuss von Fr. 3'000.– zu leisten (Urk. 6). Mit Eingabe vom 29. September 2022 stellte die Beklagte ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (inklusive unentgeltlicher Rechtsverbeiständung; Urk. 8); in der Folge wurde ihr die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses mit Verfügung vom 7. Oktober 2022 einstwei- len abgenommen (Urk. 11). Mit Verfügung vom 24. Oktober 2022 wurde dem Klä- ger Frist angesetzt, um die Berufung zu beantworten (Urk. 12). Die Berufungsan- twort datiert vom 7. November 2022 (Urk. 13). Der Kläger reichte unter anderem den Antrag auf Anpassung der bisherigen Kindesschutzmassnahmen der Bei- ständin vom 31. Oktober 2022 ein (Urk. 15/5). Mit Beschluss vom 22. November 2022 wurde das Gesuch des Klägers um Zusprechung eines Prozesskostenvor- schusses abgewiesen. Ebenso wurden die Gesuche der Parteien um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (inklusive unentgeltlicher Rechtsverbeiständung) abgewiesen. Den Parteien wurde in Aussicht gestellt, dass über den Antrag der Beiständin im vorliegenden Berufungsverfahren befunden würde. Ferner wurde der Beklagten Frist angesetzt, um sich zu den Noven zu äussern (Urk. 17). Die Stellungnahme datiert vom 8. Dezember 2022 (Urk. 18). Sie wurde der Gegensei- te am 12. Dezember 2022 zugestellt (Urk. 21). Weitere Eingaben erfolgten nicht.

        4. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 5/1–108). Das Be- rufungsverfahren ist spruchreif, was den Parteien mit Verfügung vom 5. Januar 2023 bereits mitgeteilt wurde (Urk. 24).

      2. Materielle Beurteilung

  1. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Mit der Berufung kann sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über unbeschränkte Kognition be- züglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensaus- übung (Angemessenheitsprüfung; BGer 5A_184/2013 vom 26. April 2013, E. 3.1).

    2. In der Berufungsschrift ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu be- trachten ist bzw. an einem der genannten Mängel leidet. Das setzt (im Sinne einer von Amtes wegen zu prüfenden Eintretensvoraussetzung) voraus, dass der Beru- fungskläger die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, sich ar- gumentativ mit diesen auseinandersetzt und mittels genügend präziser Verwei- sungen auf die Akten aufzeigt, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärun- gen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden bzw. aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Die pauschale Verwei- sung auf frühere Vorbringen oder deren blosse Wiederholung genügen nicht (sie- he BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer 5A_751/2014 vom 28. Mai 2015, E. 2.1;

      BGer 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3.2). Was nicht oder nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen entsprechenden Weise bean- standet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden; diese hat sich – abgesehen von offensichtlichen Mängeln – grundsätzlich auf die Beur- teilung der Beanstandungen zu beschränken, die in der schriftlichen Begründung formgerecht gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben werden (siehe BGE 142 III 413 E. 2.2.4; BGer 5A_111/2016 vom 6. September 2016, E. 5.3;

      BGer 4A_258/2015 vom 21. Oktober 2015, E. 2.4.3; BGer 4A_290/2014 vom

      1. September 2014, E. 3.1 und 5). Diese Grundsätze gelten auch im Bereich der unbeschränkten Untersuchungsmaxime (BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer

      5A_800/2019 vom 9. Februar 2021, E. 5.1).

    3. Für Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten – wie sie vorliegend zu beurteilen sind – statuiert Art. 296 Abs. 1 und 3 ZPO den Untersu- chungs- und Offizialgrundsatz, weshalb das Gericht in diesem Bereich den Sach- verhalt von Amtes wegen erforscht und ohne Bindung an die Parteianträge ent- scheidet. In Verfahren, welche der umfassenden Untersuchungsmaxime unter- stehen, können die Parteien zudem im Berufungsverfahren neue Tatsachen und Beweismittel unbeschränkt vorbringen; Art. 317 Abs. 1 ZPO kommt nicht zum Tragen (BGE 147 III 301 E. 2.2; BGE 144 III 349 E. 4.2.1).

    4. Nicht angefochten wurden die Dispositiv-Ziffern 1 (Obhut) und 5 (Un- terhaltsverpflichtung des Klägers). Diese Ziffern sind somit in Rechtskraft erwach- sen, was vorzumerken ist. Bezüglich der ebenfalls nicht angefochtenen Dispositiv- Ziffer 8 (Kindsvertretung) ist die Teilrechtskraft nicht vorzumerken; dabei handelt es sich nämlich um einen prozessleitenden Entscheid, welcher nicht rechtskräftig wird (Samuel Baumgartner/Annette Dolge/Alexander R. Markus/Karl Spühler, Schweizerisches Zivilprozessrecht mit Grundzügen des internationalen Zivilpro- zessrechts, 10. Aufl. 2018, Kap. 7 Rz. 205). Mit Blick auf Art. 318 Abs. 3 ZPO ist auch nicht vorzumerken, dass die nicht angefochtene Dispositiv-Ziffer 9 (Kosten- und Entschädigungsfolgen) rechtskräftig geworden ist.

  2. Erziehungsgutschriften

    1. Die Vorinstanz erwog, dass die Erziehungsgutschriften zur Berechnung der AHV/IV-Renten dem Kläger alleine anzurechnen seien, da ihm auch die allei- nige Obhut zugeteilt werde (Urk. 2b S. 18).

    2. Die Beklagte rügt, dies widerspreche Art. 29sexies AHVG, welcher vor- sehe, dass die Erziehungsgutschriften bei verheirateten Eltern während den Ka- lenderjahren hälftig aufgeteilt würden (Urk. 1 S. 3).

    3. Der Kläger schliesst sich der beklagtischen Ansicht an (Urk. 13 Rz. 6).

    4. Gemäss Art. 29sexies Abs. 3 AHVG wird die Erziehungsgutschrift bei verheirateten Personen während der Kalenderjahre der Ehe hälftig aufgeteilt. Massgebend ist grundsätzlich die elterliche Sorge und nicht die Obhut (siehe Art. 29sexies Abs. 1 lit. a AHVG; VGer BE VGE 200.2019.21 vom 09.01.2020, in: BVR 2020, S. 393 ff., E. 2.2). Kommt es zur Scheidung, spielt dies im Ergebnis jedoch keine Rolle, weil Einkommen, welche die Ehegatten während der Kalen- derjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben, geteilt und beiden Ehegatten je zur Hälfte angerechnet werden (Art. 29quinquies Abs. 3 lit. c AHVG).

    5. Die Kinder der Parteien wurden während der Ehe geboren (E. I.1.). Entsprechend waren beide Parteien nach altem Recht Inhaber der elterlichen Sorge (Art. 297 Abs. 1 ZGB in der Fassung vom 1. Juli 2013). Die Revision per

      1. Juli 2014 änderte nichts daran (Art. 296 Abs. 2 ZGB in der Fassung vom 1. Juli 2014). Das Eheschutzurteil vom 8. April 2016 äussert sich sodann nicht zur elter- lichen Sorge (siehe Urk. 5/36/19/17). Es ist deshalb davon auszugehen, dass letz- tere nach wie vor von beiden Parteien gemeinsam ausgeübt wird. Dies bedeutet, dass auch die Erziehungsgutschriften beiden Parteien weiterhin hälftig anzurech- nen sind.

    6. Zusammenfassend erweist sich die Berufung in diesem Punkt als be- gründet. Demzufolge ist Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 ersatzlos aufzuheben.

  3. Besuchsrecht und Kindesschutzmassnahmen

    1. Die Vorinstanz hörte die beiden Kinder am 29. November 2021 an (Prot. I, S. 4 ff.). Zudem nahm sie am 29. November 2021 und am 14. März 2022 das Zeugnis von G. sowie am 14. März 2022 jenes von I. , der Mutter der Beklagten, entgegen (Prot. I, S. 17 ff., 41 ff. und 62 ff.). In der Folge erwog

      sie, dass E.

      ausgesagt habe, dass sie keine Vorstellung davon habe, ob

      und wie viel sie die Beklagte sehen wolle. D. äussere sich derweil ableh- nend gegenüber dem persönlichen Verkehr mit der Beklagten. Allenfalls wäre sie bereit, sie bei einem Spaziergang oder in einem Restaurant zu treffen. Sie knüpfe dies an die Bedingung, dass diese sich entschuldigen und in Zukunft von Drogen fernhalten solle (Urk. 2b S. 19 f.). E. habe zum Zeitpunkt der Kinderanhö- rung rund zwei Wochen vor ihrem elften Geburtstag gestanden. Ihre Fähigkeit zur Willensbildung und -äusserung befinde sich noch in einem relativ frühen Stadium. Ihrer Äusserung, sie habe keine Vorstellung, ob und wie oft sie die Mutter sehen wolle, sei dies ebenfalls zu entnehmen. D. sei im Zeitpunkt der Anhörung 14 Jahre alt gewesen. Entsprechend sei ihr grundsätzlich die Urteilsfähigkeit be- züglich den Kontakt zu ihrer Mutter zuzusprechen (Urk. 2b S. 20). Mit Blick auf die

      Unsicherheit von E.

      und die sehr skeptische Haltung von D.

      könne

      betreffend Umfang und Gestaltung des Besuchsrechts nicht dem Antrag der Be-

      klagten [der Übernachtungen umfasst] gefolgt werden. D.

      habe sich klar

      dahingehend geäussert, dass sie nicht bei der Mutter übernachten wolle, was zu

      akzeptieren sei. Dass E.

      alleine bei der Mutter übernachten solle, dürfte

      derzeit nicht infrage kommen. Vielmehr sei es vorerst angemessen, in Anlehnung an die von D. vorgebrachte Variante, einzelne Treffen an neutralen Orten vorzusehen. Erste Priorität sei, dass sich die Kinder an diesen Treffpunkten wohl fühlten. Es sei ihnen in dieser ohnehin schwierigen Situation keine zusätzliche Be- lastung zuzumuten. Umfang und Frequenz dieser Treffen seien sodann vorerst tief anzusetzen und mit der Zeit auszuweiten. Einer vorzeitigen Ausweitung bei entsprechender Willensäusserung der Kinder und gegenseitiger Absprache stehe dabei selbstredend nichts im Wege (Urk. 2b S. 21). Um ihnen die Treffen zu er- leichtern, sei den Kindern die Möglichkeit eines begleiteten Besuchsrechts einzu- räumen. Letzteres bezwecke namentlich, Krisensituationen zu entschärfen und Ängste abzubauen. Der Halbbruder der Kinder habe sich bereit erklärt, diese Rol- le gegebenenfalls zu übernehmen, zumal auch er den Kontakt zwischen den Mädchen und der Mutter grundsätzlich unterstütze. Mit dieser Lösung werde nicht nur den Kindern eine vertraute Person zur Seite gestellt; es werde damit möglich- erweise auch das Klima einer staatlich verordneten Massnahme vermindert, was einem offeneren Austausch dienlich sein dürfte (Urk. 2b S. 21).

    2. Die Beklagte bringt vor, es sei unbestritten, dass sie im Septem- ber 2021 einen Zusammenbruch erlitten habe und dass die beiden Kinder in der Folge zum Kläger gezogen seien (Urk. 1 Rz. 2). D. habe sich eher ableh- nend gegenüber Kontakten mit der Mutter geäussert, E. habe keine eigene Meinung kundtun können. Auf der anderen Seite weigerten sich die Kinder aber auch nicht ernsthaft, mit der Beklagten wieder zusammenzukommen (Urk. 1 Rz. 7). Der vorinstanzliche Entscheid sehe vor, dass das Besuchsrecht an neutra- len Orten bzw. an einem Ort stattfinden solle, wo sich die Kinder wohl fühlten. Be- gründet werde dies damit, dass den Kindern keine zusätzliche Belastung zuzumu- ten sei. Diese Regelung sei weder sinnvoll noch zielführend. Sie könne nicht um- gesetzt werden, weil der Besuchsort nicht bestimmt sei. Sowohl der Kläger wie auch D. könnten sich darauf berufen, dass die Örtlichkeit für sie nicht stim- me. Dies unterlaufe das angeordnete Besuchsrecht und es könne nicht umgesetzt werden. So sei es immer wieder vorgekommen, dass die Kinder bzw. der Kläger die Besuche hätten ausfallen lassen. Der Beklagten sei das Recht einzuräumen,

      in Absprache mit den Kindern festzulegen, wie die Besuche stattfinden sollten und was unternommen werde. Ebenso sei darauf zu verzichten, den Kindern das Recht einzuräumen, sich durch ihren Halbbruder G. zu den Treffen beglei- ten zu lassen. Dies verkompliziere die Treffen und baue keineswegs Spannungen ab. Der Nutzen dieser Anordnung sei nicht ersichtlich. Schliesslich sei nicht er-

      sichtlich, weshalb es nicht in Frage kommen solle, dass E.

      nach einer

      Übergangsphase bei der Beklagten auch einmal übernachte (Urk. 1 Rz. 8). Zur- zeit fänden keine Besuche der Kinder bei der Beklagten mehr statt. Der Kläger habe die Beklagte am 5. August 2022 per WhatsApp-Nachricht darüber informiert, dass keine weiteren Besuche mehr stattfinden würden (Urk. 1 Rz. 9).

    3. Der Kläger erwidert, der unbestrittene Zusammenbruch der Beklagten habe sich schwerwiegend auf die Kinder im Alter von damals 14 und bald 11 Jahren ausgewirkt. Die Beklagte habe damals die alleinige Obhut gehabt und die Kinder hätten die Geschehnisse über Tage hinnehmen müssen. Sie hätten den Drogenmissbrauch, den Zusammenbruch und das Verschwinden der Mutter miterlebt und seien dadurch heute noch sehr verunsichert (Urk. 13 Rz. 7). Beide Mädchen wollten momentan klar keinen Kontakt zur Mutter. Diese habe sich nicht darauf eingelassen, den Kindern dort, wo sie es wünschten, und in Begleitung von G. zu begegnen. Sie habe die Besuchsorte und -zeiten wiederholt abgeän-

      dert. Sie habe nicht zugelassen, dass G.

      mitkomme, und versucht, den

      Mädchen die Ferien mit den Grosseltern zu verbieten (Urk. 13 Rz. 8). Seit die KESB Bülach Nord mit dem Beschluss vom 17. Mai 2022 die Beiständin J. ernannt und diese ihre Aufgaben aufgenommen habe, sei Ruhe eingekehrt. Seit- her müsse sich die Beklagte ausschliesslich an die Beiständin wenden, wenn sie die Besuche anpassen oder wahrnehmen wolle. Der Kläger sei damit endlich aus der Schusslinie der Beklagten (Urk. 13 Rz. 9). D. und E. hätten der Beiständin gegenüber mitgeteilt, dass sie derzeit keinen Kontakt mehr zur Beklag- ten pflegen wollten. Auf die Beiständin hätten beide Mädchen äusserst belastet gewirkt (Urk. 13 Rz. 11). Die Beiständin habe das Besuchsrecht vorläufig sistiert und dem Bezirksgericht den Antrag gestellt, dass das Besuchsrecht einstweilen sistiert werde (Urk. 13 Rz. 12). Die von der Vorinstanz ab Juli 2022 jeweils am ersten und dritten Samstag im Monat für vier Stunden verfügten Besuche an einem Ort, wo sich die Kinder wohl fühlten, hätten auf Wunsch der Kinder immer in Begleitung des grösseren Bruders G. stattgefunden. Bis zum Abbruch der Kontakte habe die Beiständin die Besuche organisiert. Als sie am 19. Juli 2022 per E-Mail die Besuche vorläufig sistiert habe, habe dies die Beklagte nicht gross gekümmert (Urk. 13 Rz. 13). Die Beziehung zwischen der Mutter und den Kindern habe sich während der Besuche nicht verbessert. Die Beklagte habe unablässig auf die Kinder eingeredet, sie kritisiert und sei immer wieder übergriffig geworden. Die Kinder seien nach den Besuchen jeweils sehr aufgewühlt gewesen und der Kläger habe sie nur schwer für ein nächstes Treffen motivieren können. Sie seien der Beiständin daher äusserst dankbar gewesen, als diese umgehend reagiert und die Besuche einstweilen sistiert habe (Urk. 13 Rz. 14).

    4. In ihrer Eingabe vom 31. Oktober 2022 stellt die Beiständin sinnge- mäss folgende Anträge (Urk. 15/5 S. 7):

      1. Der Beistandsperson seien folgende neue Aufträge zu erteilen:

        • Aufgleisen der Einzelbegleitung für Kontakte zur und mit der Mutter Frau A. ;

        • Klärung der Finanzierung für diese Begleitung.

      2. Folgende bestehenden Aufträge seien aufzuheben:

        • Mit dem Stiefbruder der Kinder, G. , der die Kinder (teil- weise) an die Besuche begleiten dürfte, in regelmässigem Kontakt zu stehen und abzuklären, ob diese Aufgabe für

          G. tragbar ist;

        • ab September 2022 zusammen mit dem Stiefbruder der Kin- der, G. , der die Kinder (teilweise) an die Besuche be- gleiten dürfte, und den Kindseltern einzuschätzen und zu ent- scheiden, ob und wann unbegleitete Besuche in kindswohlge- rechter Weise durchführbar sind.

      3. Den Eltern sei gestützt auf Art. 307 ZGB die Weisung zu erteilen, bei der Umsetzung der begleiteten Besuche mitzuarbeiten.

      4. Die bestehende Besuchsregelung sei zu sistieren.

      5. Es sei folgende neue Besuchsregelung zu erlassen:

        • Gemäss eines Phasenmodells seien zunächst einmonatliche Besuchskontakte in Begleitung einer Fachperson mit individu- ell zu bestimmender Dauer festzulegen, dies für sechs Monate mit anschliessender Berichterstattung der Fachperson;

        • abhängig vom Gelingen der ersten Phase soll für weitere sechs Monate nur noch jeder zweite Besuch begleitet stattfin- den, wiederum mit anschliessender Berichterstattung;

        • abhängig vom Gelingen der zweiten Phase soll in einer dritten Phase ein Kontakt pro Monat frei gestaltet werden können.

      Bei Nichtgelingen einer Phase sei auf die jeweilige vorherige Phase zurückzugehen.

      Zur Begründung führt die Beiständin im Wesentlichen aus, beide Mädchen äusserten seit vielen Monaten unterschiedlichen Menschen gegenüber mit wach- sender Selbstsicherheit und in verschiedenen Formulierungen und Umständen konkret ihren übereinstimmenden Willen, keine Besuchskontakte zur Mutter mehr leben und führen zu wollen. Sie könnten sich zur Zeit (noch) nicht vorstellen, Kon- takte selbständig zu organisieren und sie fachlich begleiten zu lassen. Angesichts der Berichte über die einschneidenden Erlebnisse bei der Mutter (als die Mäd- chen noch dort gewohnt hätten) sei es sehr wahrscheinlich, dass beide Mädchen traumatisiert seien. Sie wirkten im Gespräch um diese Thematik äusserst belas- tet. Der Kindsvater habe die Kontakte der Kinder zur Mutter unterstützt; dann hät- ten die Kinder jedoch von den Stimmungen der Mutter und den sie bedrängenden

      Verhaltensweisen berichtet. G.

      habe diese Berichte der Mädchen gegen-

      über der Beiständin bestätigt. Für den weiteren Verlauf erscheine es sinnvoll, den Kindern eine minimale Kontaktregelung zumindest anzubieten (Urk. 15/5 S. 6).

    5. Eltern, denen die Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind ha- ben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr (Art. 273 Abs. 1 ZGB). Dieser bezweckt, die positive Entwicklung des Kindes zu gewähr- leisten und zu fördern. In der Entwicklung des Kindes sind seine Beziehungen zu beiden Elternteilen wichtig, da sie bei seiner Identitätsfindung eine entscheidende Rolle spielen können (BGer 5A_377/2021 vom 21. Februar 2022, E. 5.1). Bei der Einräumung eines Besuchsrechts bildet das Kindeswohl die oberste Richtschnur. Dies bedeutet, dass derjenige Entscheid getroffen werden soll, welcher den Be- dürfnissen des Kindes am ehesten entspricht; die Interessen der Eltern sind zweitrangig (BGer 5A_745/2015 vom 15. Juni 2016, E. 3.2.2.2). Eine Rolle spie- len können das Alter des Kindes, die Persönlichkeit und die Bedürfnisse des Kin- des und des besuchsberechtigten Elternteils, die Beziehung des Kindes zum be-

      suchsberechtigten Elternteil, die Beziehung der Eltern untereinander, die zeitliche Beanspruchung bzw. Verfügbarkeit aller Beteiligten, der Gesundheitszustand der Beteiligten, die Geschwister, die Entfernung bzw. Erreichbarkeit der Wohnorte sowie die Wohnverhältnisse beim besuchsberechtigten Elternteil (BSK ZGB I- Schwenzer/Cottier, Art. 273 N 10). Der aus Art. 273 Abs. 1 ZGB fliessende An- spruch kann gestützt auf Art. 274 Abs. 2 ZGB verweigert oder entzogen werden, wenn das Wohl des Kindes durch den persönlichen Verkehr gefährdet wird, wenn ihn der betreffende Elternteil pflichtwidrig ausgeübt hat, wenn sich dieser nicht ernsthaft um das Kind gekümmert hat oder wenn andere wichtige Gründe vorlie- gen. Eine Gefährdung des Wohls des Kindes im genannten Sinn liegt dann vor, wenn dessen ungestörte körperliche, seelische oder sittliche Entfaltung durch ein auch nur begrenztes Zusammensein mit dem nicht obhutsberechtigten Elternteil bedroht ist. Bei der Beschränkung des persönlichen Verkehrs ist stets das Gebot der Verhältnismässigkeit zu beachten. Der gänzliche Ausschluss eines Elternteils vom persönlichen Verkehr kommt nur als ultima ratio in Frage; er ist einzig dann statthaft, wenn sich die nachteiligen Auswirkungen eines Besuchsrechts nicht an- derweitig in für das Kind vertretbaren Grenzen halten lassen (BGer 5A_497/2017 vom 7. Juni 2018, E. 4.2). Der Wille des Kindes ist eines von mehreren Kriterien beim Entscheid über den persönlichen Verkehr. Es steht aber nicht im freien Be- lieben des Kindes, ob es persönliche Kontakte zum nicht betreuenden Elternteil wünscht oder nicht; dies gilt namentlich dort, wo die ablehnende Haltung wesent- lich durch die Einstellung des anderen Elternteils geprägt ist. Bei der Berücksich- tigung des Kindeswillens ist das Alter des Kindes bzw. dessen Fähigkeit zu auto- nomer Willensbildung zu berücksichtigen. Vom Vorliegen dieser Fähigkeit ist un- gefähr ab dem 12. Altersjahr auszugehen. Lehnt das Kind den nicht betreuenden Elternteil ab, ist im Einzelfall zu prüfen, worin diese Haltung begründet liegt und ob die Ausübung des Besuchsrechts den Interessen des Kindes tatsächlich wi- derspricht. Nur wo das urteilsfähige Kind den Umgang mit einem Elternteil auf- grund seiner Erfahrungen mit dem persönlichen Verkehr kategorisch verweigert, ist dieser Umgang aus Gründen des Kindeswohls auszuschliessen. Ein gegen den starken Widerstand erzwungener Besuchskontakt ist nämlich mit dem Zweck des Umgangsrechts im Allgemeinen ebenso unvereinbar wie mit dem Persönlichkeitsschutz des Kindes (BGer 5A_111/2019 vom 9. Juli 2019, E. 2.3 mit weiteren Hinweisen). Im Übrigen ist es für die Persönlichkeitsentwicklung zentral, dass ei- ne Beziehung zu beiden Elternteilen aufgebaut und erhalten wird. Aufgrund die- ses Interesses muss das Gericht mit geeigneten Massnahmen um eine Verbesse- rung der Rahmenbedingungen bemüht sein, um so dem Kind die Zustimmung zu ermöglichen (BSK ZGB I-Schwenzer/Cottier, Art. 273 N 11).

    6. Gemäss den unangefochten gebliebenen Feststellungen der Vo- rinstanz liess die Beklagte [im September 2021; Urk. 5/1 Rz. 10] ihre Wohnung räumen und brachte die Kinder zur Grossmutter; anschliessend tauchte sie wäh- rend mehrerer Wochen unter, ohne dass jemand aus der Familie ihren Aufent- haltsort gekannt hätte (Urk. 2b S. 13). Zumindest ein grosser Teil der Dinge wurde anlässlich der Räumung entsorgt, sodass den Kindern neue Schulmaterialien ab- gegeben werden mussten (Urk. 2b S. 17; siehe Prot. I, S. 45). Die Beklagte ge- stand ein, von Juli bis Oktober 2021 aufgrund ungünstiger Umstände mit ihrem damaligen Partner in einer persönlichen Krise gewesen zu sein. Letztere habe zu Drogenproblemen (Kokain) und im September / Oktober 2021 zu einer allgemei- nen Überforderung geführt (Urk. 5/19 S. 3 f.). Offenbar haben dies auch die Kin- der mitbekommen. So schrieb E. zwischen den Sommer- und Herbstferien eines Tages ins Teams (Urk. 5/9 S. 2): Mama macht Probleme, sie dreht durch, ich komme nicht in die Schule. Unbestritten ist, dass sich der Zusammenbruch der Beklagten schwerwiegend auf die Kinder ausgewirkt hat (Urk. 13 Rz. 7; siehe Urk. 18 S. 2). Beide Mädchen sprechen sich klar dafür aus, momentan keinen Kontakt zur Mutter haben zu wollen (Urk. 13 Rz. 8; Urk. 15/5 S. 6; siehe Urk. 18

      S. 2). Sie sind 15 bzw. (seit kurzem) 12 Jahre alt (siehe E. I.1.); zumindest hin- sichtlich der älteren D. ist davon auszugehen, dass sie ihren Willen auto- nom bilden kann. Die Kontakte zwischen der Beklagten und ihren Töchtern im Beisein ihres älteren Halbbruders verliefen nicht optimal (Urk. 13 Rz. 8; siehe Urk. 18 S. 2). Die Kinder berichteten gegenüber der Beiständin, dass die Stim- mung während der Besuche überwiegend gekünstelt und selten leicht und freud- voll gewesen sei. Sie würden die Zeit mit der Mutter als überwiegend anstrengend und ihnen aufgezwungen erleben. Das Verhalten der Mutter bei den Besuchen empfänden sie oft als unangemessen (Urk. 15/5 S. 2). Im Juli 2022 sistierte die

      Beiständin die Besuche, nachdem die Mädchen diese ausdrücklich abgelehnt hat- ten (Urk. 13 Rz. 10 f. und 13; siehe Urk. 18 S. 2 f.). Zur Rolle des älteren Halb- bruders schreibt die Beiständin, dass in einem ausführlichen Gespräch mit ihm of- fensichtlich geworden sei, dass er in einem Loyalitätskonflikt stehe. Die Mutter der Mädchen sei auch seine Mutter. Es sei nicht Aufgabe eines nah involvierten Soh- nes, professionelle Distanz zur Mutter zu wahren und zeitgleich eine Schutz- und Beobachtungsfunktion für die Halbschwestern zu übernehmen. Dies werde jedoch explizit von den Mädchen gewünscht (Urk. 15/5 S. 3).

    7. Mit Blick auf den Vorfall im Spätsommer 2021 erscheint die Sorge der Beiständin, wonach die beiden Mädchen traumatisiert sein könnten (Urk. 15/5

      S. 6), berechtigt. Auch wenn die Kinder einer therapeutischen Unterstützung zur- zeit noch nicht zustimmen können (Urk. 15/5 S. 6), erscheint es angebracht, dies- bezüglich weitere Abklärungen vorzunehmen. Oft leistet der abgelehnte Elternteil aufgrund erheblicher Defizite in seinem Erziehungsverhalten einen gewichtigen Beitrag zu seiner eigenen Ablehnung; gleichzeitig kann aber auch der Einfluss des anderen Elternteils die Beziehung zum Kind zusätzlich erschweren, indem er oder sie nach der Trennung verhindert, dass der abgelehnte Elternteil seine Kom- petenzen als Erziehender verbessern kann (Heidi Simoni, Beziehung und Ent- fremdung, FamPra.ch 2005, S. 772 ff., S. 798). Auch die Eltern werden deshalb in diese Abklärungen miteinzubeziehen sein. Es wird insbesondere zu klären sein, wie es der Mutter heute geht, ob sie stabil und fähig ist, die Kinder unter welchen Voraussetzungen ohne Aufsicht zu betreuen. Beim Vater wird die Bindungstole- ranz zu klären sein und was dieser zur Förderung des Wiederaufbaus der Bezie- hung zwischen Mutter und Kindern beitragen kann. Dafür erscheint eine Intensi- vabklärung der Kinderbelange (beispielsweise KOFA-Abklärung [kompetenzorien- tierte Familienarbeit] oder andere prozess-, interventionsorientierte Abklärung) geeignet. Im Rahmen einer solchen Abklärung werden nicht nur die Problemfelder eruiert, sondern die Beteiligten erhalten Beratung und es wird abgeklärt, ob und welche Hilfestellungen allenfalls notwendig sind. Darüber hinaus werden entspre- chende Empfehlungen abgegeben. Es ist keine mildere Massnahme ersichtlich, um die Verhältnisse umfassend abzuklären. Für die Persönlichkeitsentwicklung ist eine Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen sodann zentral (E. II.3.5.). Dies

      rechtfertigt die Intensivabklärung. Die Beiständin ist neu zu beauftragen, diese zu veranlassen und zu organisieren sowie für deren Finanzierung besorgt zu sein. Sollten sich aufgrund der Abklärung Kindesschutzmassnahmen als notwendig er- weisen, so soll die Beiständin entsprechende Anträge stellen.

    8. Die bisherige Besuchsrechtsregelung konnte nicht umgesetzt werden. Sie ist daher abzuändern. Eine Sistierung des Besuchsrechts erscheint dabei nicht angezeigt. Die Kinder empfinden den Kontakt zur Mutter zwar als unange- nehm; eine so schwerwiegende Gefährdung des Kindswohls, der einzig mit einer Aufhebung des Besuchsrechts begegnet werden könnte, wurde jedoch nicht gel- tend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Soweit die Kinder aufgrund der Ver- gangenheit belastet sind, werden die Erkenntnisse der Intensiv-Abklärung zu be- rücksichtigen sein (E. II.3.7.). Ein unbegleitetes Besuchsrecht erscheint derzeit noch ungeeignet, verliefen doch bereits die begleiteten Treffen nicht optimal. Seit Juli 2022 haben die Kinder ihre Mutter nicht mehr gesehen (E. II.3.6.). In einer ersten Phase wird daher der Kontakt zu reaktivieren sein. Dafür ist die Beklagte für berechtigt zu erklären, die Kinder einmal pro Monat für die Dauer von vier Stunden zu sich oder mit sich auf Besuch zu nehmen. Datum, Zeitpunkt und Ort der einzelnen Besuche sind von der Beiständin festzulegen. Nach rund sechs Monaten wird die Beiständin diese Phase auswerten und entsprechend ihrer Be- urteilung bei der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) An- trag auf Regelung des künftigen Kontakts zwischen der Beklagten und den Kin- dern zu stellen haben. Insbesondere sollen die Erkenntnisse der Intensiv- Abklärung in die zukünftige Gestaltung des Besuchsrechts einfliessen. Im heuti- gen Zeitpunkt bestehen im Hinblick auf das Kindeswohl in Bezug auf die künftige Ausgestaltung des Besuchsrechts noch zu viele Unklarheiten. Daher ist zurzeit von einem aufbauenden Phasenmodell abzusehen. Das Ziel sollte langfristig je- doch mindestens in einem üblichen unbegleiteten Besuchsrecht inklusive Über- nachtungen bestehen. Bis zum Erlass eines anderslautenden Entscheids der zu- ständigen Behörde bleibt es indessen vorerst beim begleiteten Besuchsrecht. Um hinsichtlich der Berichterstattung ein einheitliches Datum zu gewährleisten, ist Dispositiv-Ziffer 4. e) der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfah-

      ren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 dahingehend anzupassen, dass erstmals per Ende Juni 2023 Bericht zu erstatten ist.

    9. Es wäre zwar wünschenswert, wenn eine Vertrauensperson aus der Familie als Begleitperson fungieren könnte. Allerdings scheint zwischen G. und der Beklagten ein ambivalentes Verhältnis zu bestehen (siehe Prot. I, S. 63; Urk. 13 Rz. 17). Es erscheint zudem glaubhaft, wenn die Beiständin vorbringt, dass sich der Halbbruder der Kinder in einem Loyalitätskonflikt befinde (Urk. 15/5

      S. 3). Demzufolge werden die Besuche von einer unabhängigen Fachperson zu begleiten sein. Die Beiständin ist zu beauftragen, die Einzelbegleitung aufzuglei- sen und die Finanzierung zu klären. Zudem hat sie die Modalitäten der Besuche zwischen Mutter und Kindern festzulegen.

    10. Es ist unbestritten, dass die Kommunikation zwischen den Eltern, so- weit es eine solche gab, nicht optimal verlief (Urk. 13 Rz. 8 f.; siehe Urk. 18 S. 2). Zwischen den Kindern und der Mutter besteht sodann kein Kontakt (Urk. 13 Rz. 10 f.; siehe Urk. 18 S. 2). Dies ist der Entwicklung der Kinder nicht förderlich, weshalb der Beiständin neu die Aufgabe zu übertragen ist, die Kommunikation zwischen den Eltern sowie zwischen den Kindern und der Mutter zu fördern und allenfalls zu moderieren. Sie hat die Eltern sodann bei bestehenden Uneinigkeiten betreffend das Besuchsrecht nicht nur beratend zu unterstützen, sondern soll zwi- schen den Eltern auch vermitteln.

    11. Die Beiständin beantragt, den Eltern sei gestützt auf Art. 307 ZGB die Weisung zu erteilen, bei der Umsetzung der begleiteten Besuche mitzuarbeiten (Urk. 15/5 S. 7). Die Parteien opponieren nicht dagegen (siehe Urk. 13 Rz. 7 ff.; Urk. 18 S. 2 ff.). Die milde Kindeschutzmassnahme ist geeignet, das Besuchs- recht zu unterstützen, weshalb sie anzuordnen ist.

    12. Zusammenfassend sind (neben Dispositiv-Ziffer 2 [dazu E. II.2.6.]) die Dispositiv-Ziffern 3 und 4 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Ver- fahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 aufzuheben und durch fol- gende Fassung zu ersetzen:

2. In Abänderung von Dispositiv-Ziffer 4 des Eheschutzurteils des Be- zirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003-D) ist die Beklagte berechtigt, die Kinder D. und E. einmal pro Monat für die Dauer von vier Stunden in Begleitung einer Fachperson zu sich oder mit sich auf Besuch zu nehmen.

Datum, Zeitpunkt und Ort der einzelnen Besuche werden von der Bei- ständin festgelegt.

Spätestens per Ende Juni 2023 wird die Beiständin die Besuche aus- werten und entsprechend ihrer Beurteilung bei der zuständigen Behör- de (Kindesschutzbehörde oder Gericht) einen Antrag auf Regelung des künftigen Kontakts zwischen der Beklagten und den Kindern stellen.

  1. Für die Kinder D. , geboren am tt.mm.2007, und E. , gebo- ren am tt.mm.2010, wird eine Beistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB angeordnet.

    Der Beistandsperson werden folgende Aufträge erteilt:

    1. Die Modalitäten der Besuche zwischen Mutter und Kindern festzu- legen;

    2. eine Einzelbegleitung durch eine unabhängige Fachperson für das Besuchsrecht der Mutter zu organisieren sowie für deren Fi- nanzierung besorgt zu sein (grundsätzlich haben die Eltern je hälftig für diese aufzukommen);

    3. die Kindseltern in Bezug auf Fragestellungen oder bei bestehen- den Uneinigkeiten beratend zu unterstützen und zwischen ihnen zu vermitteln;

    4. die Kommunikation zwischen den Eltern sowie zwischen den Kin- dern und der Mutter zu fördern und allenfalls zu moderieren;

    5. eine angeordnete Intensiv-Abklärung (z.B. KOFA-Abklärung oder andere prozess-, interventionsorientierte Abklärung) zu veranlas- sen, organisieren und für deren Finanzierung besorgt sein;

    6. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) entsprechende Anträge zu stellen, falls sich die Notwendigkeit von Kindesschutzmassnahmen aus der Abklärung ergibt (z.B. Therapien für die Kinder, allenfalls auch unter Einbezug der El- tern);

    7. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) Antrag zu stellen, sofern anderweitige Kindesschutzmassnahmen nötig sind oder die Anpassung der Aufträge angezeigt ist;

    8. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) halbjährlich Bericht über die Ergebnisse respektive Anpassungen des Besuchsrechts zu erstatten; erstmals per Ende Juni 2023.

  2. Den Parteien wird die Weisung erteilt, bei der Umsetzung der begleite- ten Besuche mitzuarbeiten.

  1. Einkommen der Beklagten

    1. Die Vorinstanz erwog, die Beklagte erziele derzeit ein durchschnittli- ches Nettoeinkommen von Fr. 3'839.– bei einem Pensum von 80 %. Einen

      13. Monatslohn erhalte sie nicht. Da die Obhut dem Kläger zugeteilt werde, sei es ihr zuzumuten, ihr Arbeitspensum nach einer angemessenen Übergangszeit auf 100 % zu erhöhen. Eine Übergangszeit von sechs Monaten erweise sich als an- gemessen. Entsprechend sei ihr ab Oktober 2022 ein Einkommen von Fr. 4'800.– anzurechnen (Urk. 2b S. 25).

    2. Die Beklagte wendet ein, dass sie aufgrund eines Schleudertraumas nach einem Verkehrsunfall seit Jahren an multisegmentalen Facettengelenksarth- rosen der Halswirbelsäule mit vermehrtem Knochenumbau und chronischen Schmerzen leide. Diese hätten sich mit der Zeit verstärkt. Sie sei diesbezüglich in

      Therapie und zu 30 % arbeitsunfähig. Im Moment habe sie keine feste Arbeitsstel-

      le. Bei der K.

      AG habe sie bei einem Pensum von 80 % monatlich

      Fr. 3'839.– verdient. Sie werde kein höheres Einkommen erzielen und maximal, wenn überhaupt, in einem 80 %-Pensum arbeiten können. Da ihr familienrechtli- cher Notbedarf Fr. 3'970.– pro Monat betrage, sei es ihr nicht möglich, Unter- haltsbeiträge für die beiden Kinder zu bezahlen (Urk. 1 Rz. 10).

    3. Der Kläger erwidert, die Beklagte habe eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Sie habe vom 1. Dezember 2021 bis Mai 2022 mit einem Pensum von

      80 % als Büroangestellte im Sekretariat und der Buchhaltung der K. AG

      gearbeitet. Ihr monatliches Nettoeinkommen habe sich auf Fr. 3'839.– belaufen. Ein 13. Monatslohn sei nicht ausgerichtet, eine Provision jedoch arbeitsvertraglich zugesichert worden (Urk. 13 Rz. 19). Am 1. Juli 2022 habe die Beklagte bei der L. AG eine wesentlich besser bezahlte Sekretariatsstelle angenommen. Ihr monatliches Nettoeinkommen habe bei einem Pensum von 80 % Fr. 5'020.– be- tragen. Sie habe diese Stelle jedoch innerhalb der Probezeit aus nicht bekannten Gründen gekündigt (Urk. 13 Rz. 20). Zurzeit gebe sie an, im Reinigungs- und Buchhaltungsbereich selbständig tätig zu sein; eine Abrechnung lege sie aber nicht vor (Urk.13 Rz. 21). Weder der Kläger noch die Eltern der Beklagten hätten Kenntnis davon, dass die letztere je in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen sei. Ihre multisegmentale Facettengelenksarthrose an den Halswirbeln werde denn auch in keinem der vorgelegten Berichte festgestellt. Am 4. April 2022 habe offenbar eine Schmerzreduktion von 50 % bewirkt werden können. Alle hernach von den Ärzten vorgeschlagenen Therapien (beispielsweise eine Neurostimulati- on) lehne die Beklagte ab. Es werde bestritten, dass die Beklagte keiner Voll- zeiterwerbstätigkeit nachgehen könne (Urk. 13 Rz. 22). Insgesamt sei zu bestäti- gen, dass sie in der Lage wäre, ein Nettoeinkommen von mindestens Fr. 4'800.– monatlich zu erwirtschaften. Dieses Einkommen sei ihr hypothetisch anzurech- nen. Die von der Vorinstanz verfügten Unterhaltsbeiträge seien zu bestätigen (Urk. 13 Rz. 26).

    4. Die vorhandene Arbeitskapazität ist umfassend auszuschöpfen. Dies gilt im Unterhaltsrecht allgemein und für den Kindesunterhalt im Besonderen. Die

      Anstrengungspflicht findet an den konkreten Realitäten ihre Grenze. Man darf keine unzumutbaren hypothetische Einkommen annehmen (BGE 147 III 265

      E. 7.4; BGer 5A_230/2022 vom 21. September 2022, E. 5.1.2). Wenn ein Eltern- teil die Kinder nicht oder nur unwesentlich betreut, ist ihm grundsätzlich ein Ar- beitspensum von 100 % zuzumuten.

    5. Aus den eingereichten Berichten geht hervor, dass die Beklagte wegen Schmerzen in ärztlicher Behandlung war (Urk. 4/2–7; Urk. 20/1–4). Dass sie teil- weise arbeitsunfähig (gewesen) wäre, ist den Berichten nicht zu entnehmen. Ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis wurde zwar zum Beweis offeriert (Urk. 1 Rz. 10), je- doch nicht eingereicht. Immerhin schreibt die Universitätsklinik Balgrist in ihrem Bericht vom 6. September 2022, dass eine Pensumsreduktion sinnvoll wäre (Urk. 10/5). Damit ist aber noch nicht glaubhaft, dass sie auch medizinisch indi- ziert ist; und selbst wenn eine Reduktion medizinisch indiziert wäre, ginge nicht hervor, in welchem Umfang. Die Beklagte selbst liess denn am 14. März 2022 vor Vorinstanz auch ausführen, dass sie (mit Ausnahme von Rückenproblemen) ge- sund sei (Urk. 5/62 Rz. 27). Hinzu kommt Folgendes: Nach Angaben der Beklag- ten war sie im Juli 2022 und August 2022 bei der L. AG C. angestellt. Sie habe ein Nettoeinkommen (inklusive 13. Monatslohn) von Fr. 5'020.30 ge- habt, die Stelle aber wegen Unstimmigkeiten mit der Arbeitgeberin während der Probezeit gekündigt (Urk. 8 S. 2). Aus den Lohnabrechnungen ergibt sich, dass die Beklagte im Juli 2022 und August 2022 bei einem Pensum von 80 % netto durchschnittlich Fr. 4'953.– (inklusive Anteil 13. Monatslohn) verdiente (Urk. 10/3). Sie kündigte die Stelle noch während der Probezeit wegen einiger Unstimmigkei- ten (Urk. 10/4); ausschlaggebend waren somit nicht gesundheitliche Probleme. Selbst wenn man der Beklagten aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung ein reduziertes Pensum von 80 % anrechnen würde, wäre sie somit in der Lage, das von der Vorinstanz ermittelte Einkommen von netto Fr. 4'800.– pro Monat zu erzielen.

    6. Zusammenfassend sind keine Gründe ersichtlich, welche ein tieferes monatliches Einkommen rechtfertigen würden als die Fr. 4'800.–, welche die Vor- instanz angenommen hat. Da hinsichtlich des Unterhalts nichts Weiteres gerügt

wurde, ist die Berufung, soweit sie sich gegen die Dispositiv-Ziffern 6 und 7 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 richtet, abzuweisen. Die erwähnten Dispositiv-Ziffern sind zu bestätigen (Art. 318 Abs. 1 lit. a ZPO).

III. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Die Vorinstanz hielt fest, dass über die Kosten- und Entschädigungs- folgen im Endentscheid befunden werde (Dispositiv-Ziffer 9). Dies blieb unange- fochten und ist zu bestätigen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das zweitinstanzliche Verfahren ist in Anwen- dung von § 12 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 lit. b GebV OG auf Fr. 3'000.– festzusetzen. Das vorliegende Berufungsverfahren dreht sich um Kinderbelange, weshalb es sich rechtfertigt, die Gerichtskosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO). Entsprechend sind für das zweitinstanzliche Verfahren keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird vorgemerkt, dass die Dispositiv-Ziffern 1 und 5 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom

    28. März 2022 in Rechtskraft erwachsen sind.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Er- kenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Die Dispositiv-Ziffern 2, 3 und 4 der Verfügung des Einzelgerichts im sum- marischen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 28. März 2022 werden aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

    2. In Abänderung von Dispositiv-Ziffer 4 des Eheschutzurteils des Be- zirksgerichts Dielsdorf vom 8. April 2016 (EE160003-D) ist die Beklagte

    berechtigt, die Kinder D. und E. einmal pro Monat für die Dauer von vier Stunden in Begleitung einer Fachperson zu sich oder mit sich auf Besuch zu nehmen.

    Datum, Zeitpunkt und Ort der einzelnen Besuche werden von der Bei- ständin festgelegt.

    Spätestens per Ende Juni 2023 wird die Beiständin die Besuche aus- werten und entsprechend ihrer Beurteilung bei der zuständigen Behör- de (Kindesschutzbehörde oder Gericht) einen Antrag auf Regelung des künftigen Kontakts zwischen der Beklagten und den Kindern stellen.

    1. Für die Kinder D. , geboren am tt.mm.2007, und E. , gebo- ren am tt.mm.2010, wird eine Beistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB angeordnet.

      Der Beistandsperson werden folgende Aufträge erteilt:

      1. Die Modalitäten der Besuche zwischen Mutter und Kindern festzu- legen;

      2. eine Einzelbegleitung durch eine unabhängige Fachperson für das Besuchsrecht der Mutter zu organisieren sowie für deren Fi- nanzierung besorgt zu sein (grundsätzlich haben die Eltern je hälftig für diese aufzukommen);

      3. die Kindseltern in Bezug auf Fragestellungen oder bei bestehen- den Uneinigkeiten beratend zu unterstützen und zwischen ihnen zu vermitteln;

      4. die Kommunikation zwischen den Eltern sowie zwischen den Kin- dern und der Mutter zu fördern und allenfalls zu moderieren;

      5. eine angeordnete Intensiv-Abklärung (z.B. KOFA-Abklärung oder andere prozess-, interventionsorientierte Abklärung) zu veranlas- sen, organisieren und für deren Finanzierung besorgt sein;

      6. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) entsprechende Anträge zu stellen, falls sich die Notwendigkeit von Kindesschutzmassnahmen aus der Abklärung ergibt (z.B. Therapien für die Kinder, allenfalls auch unter Einbezug der El- tern);

      7. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) Antrag zu stellen, sofern anderweitige Kindesschutzmassnahmen nötig sind oder die Anpassung der Aufträge angezeigt ist;

      8. der zuständigen Behörde (Kindesschutzbehörde oder Gericht) halbjährlich Bericht über die Ergebnisse respektive Anpassungen des Besuchsrechts zu erstatten; erstmals per Ende Juni 2023.

    2. Den Parteien wird die Weisung erteilt, bei der Umsetzung der begleite- ten Besuche mitzuarbeiten.

  2. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und die Dispositiv-Ziffern 6, 7 und

    9 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Be- zirksgericht Bülach vom 28. März 2022 werden bestätigt.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'000.– festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

  5. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert

30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 90 BGG und Art. 98 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 27. Januar 2023

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

Dr. Chr. Arnold versandt am:

jo

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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