Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LY220016 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 11.07.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ehescheidung (Prozesskostenvorschuss, unentgeltliche Rechtspflege) |
Zusammenfassung : | Der Beklagte und Berufungsführer A.________ kämpft gegen die Klägerin und Berufungsgegnerin B.________ in einem Ehescheidungsfall vor Gericht. Nach verschiedenen Verfahrensschritten und Entscheiden wird die Berufung des Beklagten abgewiesen, da er die geforderten Gerichtskosten nicht bezahlt hat. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden ihm auferlegt, ebenso wie die Entschädigung für die Anwaltskosten der Gegenseite. Der Berufungsführer wird dazu verpflichtet, insgesamt Fr. 6‘000.00 zu bezahlen. Es handelt sich um eine männliche Person. |
Schlagwörter : | Recht; Gesuch; Berufung; Prozesskosten; Prozesskostenvorschuss; Rechtspflege; Beklagten; Vorinstanz; Verfahren; Prozesskostenvorschusses; Entscheid; Rechtsmittel; Gewährung; Einkommen; Gericht; Akten; Leistung; Bedürftigkeit; Gesuche; Zusprechung; Beweismittel; Einkommens; Massnahme; Begründung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 252 ZPO ; Art. 272 ZPO ; Art. 276 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 312 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 64 BGG ; Art. 93 BGG ; Art. 95 ZPO ; Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; 124 I 1; 135 I 6; 138 III 374; 141 III 569; 142 III 413; 144 III 349; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LY220016-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichter
lic. iur. M. Spahn und Ersatzoberrichterin lic. iur. N. Jeker sowie Gerichtsschreiber MLaw R. Meli
Urteil vom 11. Juli 2022
in Sachen
Beklagte, Berufungsklägerin und Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
gegen
Kläger und Berufungsbeklagter
1 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. 2 vertreten durch Bezirksgericht Zürich
sowie
Verfahrensbeteiligter
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.
betreffend Ehescheidung (Prozesskostenvorschuss, unentgeltliche Rechtspflege)
Erwägungen:
1. Die Beklagte, Berufungsklägerin und Beschwerdeführerin (fortan Beklagte) und der Kläger und Berufungsbeklagter (fortan Kläger) stehen sich seit dem
7. September 2012 vor Vorinstanz in einem Scheidungsverfahren gegenüber (Urk. 7/1). Im Laufe des Verfahrens stellte die Beklagte diverse Male Gesuche um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. Urk. Urk. 7/512 Erw. I.2 - 12. = Urk. 2 Erw. I.2 - 12.). Am 2. November 2020 beauftragte die Beklagte Rechtsanwältin lic. iur. X. mit der Wahrung ihrer Interessen (Urk. 7/478 und 479). Mit Eingabe vom
Januar 2022 stellte die Beklagte vor Vorinstanz ein Gesuch um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses in der Höhe von Fr. 12'000.–, eventualiter ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urk. 7/507). Nach Einholung einer Stellungnahme des Klägers (Urk. 7/509 und 7/511) entschied die Vorinstanz mit (separater) Verfügung vom 14. März 2022 wie folgt (Urk. 2, S. 15):
1. Das Gesuch der Beklagten, es sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten einen Prozesskostenvorschuss für die Gerichts- und Anwaltskosten von einstweilen CHF 12'000.– zzgl. gesetzlicher MwSt zu bezahlen, wird abgewiesen.
Das Eventualgesuch der Beklagten, es sei ihr rückwirkend ab dem 1.
Januar 2021 die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, und es sei ihr in der Person von Rechtsanwältin lic.iur. X. eine unentgeltliche Rechtsbeiständin zu bestellen, wird abgewiesen.
(Mitteilungen.)
(Rechtmittel.)
2. Dagegen erhob die Beklagte am 28. März 2022 Berufung und Beschwerde mit folgenden Rechtsbegehren (Urk. 1 S. 2):
1. Es sei Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils wie folgt abzuän- dern:
Es sei der Kläger zu verpflichten, der Beklagten einen Prozesskostenvorschuss für die Gerichts- und Anwaltskosten von einstweilen CHF 12'000.00 zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu bezahlen.
2. Eventualiter sei Dispositivziffer 2 des angefochtenen Urteils aufzuheben und es der Beklagten rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und es ihr in der Person der Unterzeichneten eine unentgeltliche Rechtsbeiständin zu bestellen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich gesetzliche MwSt zu Lasten des Berufungsbeklagten.
3. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 7/1–513). Da sich die Berufung sogleich als unbegründet erweist, kann auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO). Auf die Vorbringen in der Berufung ist sodann nur insoweit einzugehen, als diese für die Entscheidfindung relevant sind.
Die Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses ist als vorsorgliche Massnahme zu behandeln. Bei der Anordnung vorsorglicher Massnahmen während des Scheidungsverfahrens sind die (materiellsowie verfahrensrechtlichen) Bestimmungen über die Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft sinngemäss anwendbar (Art. 276 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 271 ff. ZPO und Art. 172 ff. ZGB; DOLGE, DIKE-Komm-ZPO, Art. 276 N 15). Es gelangt das summarische Verfahren zur Anwendung mit entsprechender Beweismittel- und Beweismassbeschränkung, und es gilt die eingeschränkte Untersuchungsmaxime (Art. 276 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 272 ZPO).
Gegen erstinstanzliche Entscheide betreffend vorsorgliche Massnahmen ist die Berufung zulässig (Art. 308 Abs. 1 lit. b ZPO). Mit ihr kann die unrichtige Rechtsanwendung und die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Berufungsverfahren grundsätzlich nur zuzulassen, wenn sie (a) ohne Verzug vorgebracht werden und (b) trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 ZPO). Dies gilt auch im Bereich der eingeschränkten Untersuchungsmaxime (BGE 144 III 349 E. 4.2.1. m.w.H.). Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO).
Aus der Begründungspflicht ergibt sich, dass die Berufung zudem (zu begründende) Rechtsmittelanträge zu enthalten hat. In der Begründung hat eine Berufung führende Partei der Rechtsmittelinstanz daher im Einzelnen darzulegen,
aus welchen Gründen der angefochtene Entscheid falsch ist und abgeändert wer- den soll. Dazu hat sie sich mit den Entscheidgründen der ersten Instanz ausei- nanderzusetzen und konkret aufzuzeigen, was am angefochtenen Urteil am Verfahren der Vorinstanz falsch gewesen sein soll. Die Begründung muss hinreichend genau und eindeutig sein, um von der Berufungsinstanz mühelos verstan- den werden zu können. Dies setzt voraus, dass die Berufung führende Partei im Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die sie anficht, und die Aktenstücke nennt, auf denen ihre Kritik beruht. Wiederholungen des bereits vor der ersten Instanz Vorgetragenen genügen den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung ebenso wenig wie allgemeine Kritik am angefochtenen Entscheid bzw. an den erstinstanzlichen Erwägungen (vgl. zum Ganzen: ZR 110 [2011] Nr. 80, BGE 138 III 374 ff., E. 4.3.1 = Pra 102 [2013] Nr. 4).
Die Vorinstanz belehrte in der angefochtenen Verfügung einzig das Rechtsmittel der Berufung. Das Rechtsmittel der Beschwerde ergibt sich für die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege aus Art. 319 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 121 ZPO. Die Eingabe der Beklagten ist damit sowohl als Berufung (gegen Dispositiv-Ziffer 1) als auch als Beschwerde (gegen Dispositiv-Ziffer 2) entgegenzunehmen.
Die Berufung und Beschwerde vom 28. März 2022 wurde innert Rechtsmittelfrist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet bei der Kammer als der zuständigen Rechtsmittelinstanz eingereicht. Die Beklagte ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und zur Erhebung der Rechtsmittel legitimiert. Es ist daher auf die Berufung und die Beschwerde einzutreten.
Die Vorinstanz wies das Gesuch der Beklagten um Leistung eines Prozesskostenvorschusses durch den Kläger sowie das eventualiter gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab. Sie erwog, dem Gesuch der Beklagten lasse sich nicht entnehmen, inwieweit sie aktuell bedürftig wäre. Aus der Prozessgeschichte sei zwar bekannt, dass die Beklagte persönlich keine Unterhaltsbeiträge mehr erhalten würde und es sei davon auszugehen, dass sie alleine
mit den Unterhaltsbeiträgen, welche sie für den gemeinsamen Sohn der Parteien erhalte, unter dem Existenzminimum lebe. Unklar sei jedoch das aktuelle Einkommen, nachdem sie gemäss Schulstufenmodell ihr Arbeitspensum auf 100% ausbauen könne, und der aktuelle Bedarf der Beklagten (Urk. 2 E. II.C., S. 10).
Der Beklagten – so die Vorinstanz weiter – sei bezüglich ihrer bisherigen Gesuche um Prozesskostenvorschuss bzw. unentgeltliche Rechtspflege verschiedentlich vorgeworfen worden, dass der Nachweis einer Bedürftigkeit fehle. Hin und wieder seien die Unterlagen nicht nicht vollständig ins Recht gelegt worden, so dass die Bedürftigkeit nicht habe überprüft werden können. Dem vorliegenden Gesuch um Prozesskostenvorschuss bzw. unentgeltliche Rechtspflege fehle bereits eine Aufstellung der aktuellen Einnahmen und Ausgaben. Sodann seien diesbezüglich auch keinerlei Belege eingereicht worden. Nachdem im summarischen Verfahren die Parteien mit ihrer ersten Eingabe bereits die Tatsachenbehauptungen darzulegen hätten, sei der Beklagten keine Frist anzusetzen, um ihr Versäumnis nachzuholen. Vielmehr sei das Gesuch um Prozesskostenvorschuss, eventualiter um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Urk. 2 E. II.C., S. 10 f.).
Die Beklagte macht in ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, es sei aktenkundig, dass sie seit dem 1. September 2018 keinen persönlichen Unterhaltsbeitrag mehr erhalte und ihr Salär im Jahr 2020 durchschnittlich Fr. 1'064.50 (netto) betragen habe. Seit dem Jahr 2018 und nach wie vor werde sie vom Sozialamt unterstützt (Urk. 1 Rz. 6, S. 3). Sie werde dieses Jahr 61 Jahre alt. Es sei für sie weder möglich noch zumutbar, eine Arbeitsstelle mit einem 80% 100% - Pensum zu finden und ausreichend Geld zu verdienen, um neben den Lebenshaltungskosten auch noch die Prozesskosten dieses seit 2021 [recte: 2012] andauernden Scheidungsverfahrens zu finanzieren. Es sei zudem aktenkundig, dass die Beklagte seit Jahren als Schwimmlehrerin und als Kinderbetreuerin in sehr klei- nen Pensen erwerbstätig sei. Der Verweis der Vorinstanz auf das geltende Schulstufenmodell erscheine aufgrund ihres Alters, ihrer Ausbildung und ihres Migrationshintergrundes als deplatziert. Sie sei während des ehelichen Zusammenlebens nicht erwerbstätig gewesen und habe dies auch nicht sein müssen, da
ihr Ehemann überdurchschnittlich gut verdient habe und vermögend sei. An diesen Tatsachen habe sich auch im Jahre 2021 nichts geändert. Die Beklagte habe im Jahr 2021 ein Jahressalär aus Erwerbstätigkeit von insgesamt Fr. 15'592.20 netto sowie Fr. 2'097.– an Arbeitslosentaggeldern erhalten. Beim RAV Meilen sei sie angemeldet (Urk. 1 Rz. 6, S. 4). Gemäss Steuererklärung 2020 weise die Beklagte ein Vermögen von Fr. 8'513.– aus (Urk. 1 Rz. 7, S. 4).
Die Vorinstanz halte zu Recht fest, dass die Beklagte mit den Unterhaltsbeiträgen, die sie für C. erhalte, unter dem Existenzminimum lebe. Die desaströse finanzielle Situation der Beklagten sei der Vorinstanz daher bekannt. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte kein Gesuch um Prozesskostenvorschuss und eventualiter um Gewährung des Armenrechts gestellt hätte, wenn sich an ihrer Einkommenssituation etwas zum Positiven geändert hätte. Ihr sei bekannt, dass ein Prozesskostenvorschuss ihren eigenen güterrechtlichen Anspruch schmälere und auch die Gewährung des Armenrechts kein Geschenk, sondern neue Schulden bedeuten würde. Ihr eigenes Einkommen sei nach wie vor sehr bescheiden, sie erhalte seit Jahren Unterstützung der Sozialbehörde. Da sich ihre finanzielle Situation seit der Duplik nicht geändert habe, seien auch kei- ne aktuellen Belege zu den Akten gegeben worden (Urk. 1 Rz. 8, S. 4 f.). Ihr mo- natlicher Bedarf stelle sich aktuell wie in der Duplik begründet und belegt dar. Dieser habe im Jahr 2021 Fr. 7'335.– betragen. Geändert habe sich im Jahre 2022 einzig die Krankenkassenprämie von Fr. 596.– auf Fr. 655.10 und der Be- darf betrage dementsprechend Fr. 7'394.10 (Urk. 1 Rz. 9, S. 5).
Betreffend die Grundlagen und Voraussetzungen der Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses als vorsorgliche Massnahme respektive der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege kann auf die zutreffenden Ausführungen der
Vorinstanz verwiesen werden (vgl. Urk. 2 E. II.A.). Zu ergänzen ist, dass das schriftlich eingereichte Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses ei- ne Tatsachenbegründung enthalten muss (Art. 219 in Verbindung mit Art. 221 Abs. 1 lit. d ZPO; BSK ZPO-Mazan, Art. 252 N 10 ZPO). Ferner sind die nötigen Beilagen einzureichen (Art. 221 Abs. 2 lit. c ZPO). Für ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ergeben sich die Begründungs- und Dokumentationspflicht aus Art. 119 Abs. 2 ZPO. Im Übrigen sind die Beurteilungskriterien für die Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses dieselben sind wie bei der unentgeltlichen Rechtspflege. Vorausgesetzt ist zunächst, dass die ersuchende Partei mittellos ist und ihre Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheinen (BGer 5D_135/2010 vom 9. Februar 2011 E. 3.1). Dabei hat die gesuchstellende Partei sowohl ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse als auch sämtliche finanziellen Verpflichtungen vollständig anzugeben und soweit möglich zu belegen (BGE 120 Ia 179 E. 3a; BGE 124 I 1 E. 2a; BGer 4D_41/2009 vom 14. Mai 2009, E. 3).
Bezüger wirtschaftlicher Sozialhilfe gelten – ohne nähere Einkommens- und Auslagenberechnung – nicht ohne Weiteres als mittellos im zivilprozessualen Sinne (BGer 9C_606/2013 vom 7. März 2014, E. 2.1.3.). Allerdings reicht ein von den sozialen Diensten aktuelles und unterzeichnetes Budget aus, um die Mittellosigkeit überprüfen zu können (BGer 5A_761/2014 vom 26. Februar 2015, E. 3.4.1. f.). Die gesuchstellende Partei trifft dabei eine umfassende Mitwirkungspflicht. Insbesondere ist die mit dem Gesuch befasste Behörde weder verpflichtet, den Sachverhalt von sich aus nach jeder Richtung hin abzuklären, noch muss sie unbesehen alles, was behauptet wird, von Amtes wegen überprüfen (vgl. BGer 5A_447/2012 vom 27. August 2012, E. 3.1. mit Verweis auf BGer 5A_65/2009 vom 25. Februar 2009, E. 4.3 m.w.H.). Bei einer anwaltlich vertretenen Gesuchstellerin ist das Gericht sodann nicht verpflichtet, eine Nachfrist anzusetzen, damit ein unvollständiges unklares Gesuch verbessert werden kann. Wenn die anwaltlich vertretene Person ihren Obliegenheiten nicht genügend nachkommt, kann das Gesuch mangels ausreichender Substanziierung mangels Bedürftigkeitsnachweis abgewiesen werden (BGer 2C_367/2020 vom 7. Oktober 2020, E. 3.3; BGer 5A_716/2018 vom 27. November 2018, E. 3.2).
Die anwaltlich vertretene Beklagte unterliess es vor Vorinstanz, ihr Gesuch um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses und eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege vom 14. Januar 2022 (Urk. 7/507) rechtsgenügend zu begründen. Sie führte lediglich aus, dass der Kläger im Oktober 2020 zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet worden und der Vorschuss zwischen November 2020 und Januar 2021 aufgebraucht worden sei (Urk. 7/507
Rz. 3 und 4). Seit Januar 2021 würden Honorarforderungen in einer Höhe von insgesamt Fr. 9'400.51 bestehen (Urk. 7/507 Rz. 5). Eine rasche Erledigung des Scheidungsverfahrens zwischen den Parteien sei derzeit nicht absehbar, weshalb weitere Leistungen der Rechtvertreterin zugunsten der Beklagten erforderlich seien (Urk. 7/507 Rz. 6). Die Beklagte sei aufgrund ihrer knappen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die offenen und auch die künftigen Honorarforderungen zu bezahlen. Der Kläger sei vermögend und damit in der Lage, den Prozesskostenvorschuss zu leisten (Urk. 7/507 Rz. 7). Als Beilage zu ihrem Gesuch legte die Beklagte bloss Honorarnoten bei (Urk. 508/1-2). Der Kläger bestritt, dass die Beklagte bedürftig sei und machte geltend, im Gesuch fehle es gänzlich an substantiierten Ausführungen zur angeblichen Bedürftigkeit (Urk. 511 S. 3).
Die Beklagte stellt in ihren Gesuchen vom 14. Januar 2022 vor Vorinstanz keine eigene Einkommens- und Bedarfsberechnung auf, sondern sie behauptet bloss pauschal, dass sie aufgrund ihrer knappen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage sei, die offenen und auch die künftigen Honorarforderungen zu bezahlen. Weiter findet sich auch kein Verweis auf die Akten frühere prozessuale Eingaben, worin die Bedürftigkeit der Beklagten begründet worden wäre. In ihrem Gesuch bringt die Beklagte nicht einmal vor, dass sich ihre finanziellen Verhältnisse seit dem letzten Gesuch um Gewährung eines Prozesskostenvorschusses und eventualiter unentgeltliche Rechtspflege vom 17. April 2020 bzw.
7. Mai 2020 (Urk. 7/442, 443; 444/1-11 und 450) nicht verändert hätten. All diesen Versäumnissen kommt die Beklagte erst mit ihrer Rechtsmitteleingabe nach. Eine Berufung darf die Berufungsklägerin jedoch nicht dazu verwenden, um ihr erstinstanzliches Gesuch um Gewährung eines Prozesskostenvorschusses und eventualiter unentgeltliche Rechtspflege zu verbessern. Das Berufungsverfahren ist ein eigenständiges Verfahren (BGE 142 III 413 E. 2.2.1). Es dient nicht der Vervollständigung des vorinstanzlichen Verfahrens, sondern vielmehr der Überprüfung und Korrektur des erstinstanzlichen Entscheides im Lichte konkret dagegen vorgebrachter Beanstandungen. Art. 317 Abs. 1 ZPO regelt die Voraussetzungen zur Einbringung von Noven sodann abschliessend und ohne Differenzierung, ob ein Verfahren der Verhandlungsoder Untersuchungsmaxime untersteht (BGE 142 III 413 E. 2.2.2). Kinderbelange sind hier nicht zu beurteilen (vgl. dazu BGE
144 III 349 E.4.2.1). Wie bereits erwähnt (vgl. E. II.3.) ist in der Berufung aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft erachtet wird. Dabei hat die Partei im Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeichnen, die sie anficht, und die Aktenstücke zu benennen, auf denen ihre Kritik beruht (BGE 141 III 569 E. 2.3.3; BGer 5A_356/2020 vom 9. Juli 2020, E. 3.2; BGer
5A_690/2019 vom 23. Juni 2019, E. 7.2). In der Rechtsmittelschrift setzt sich die Beklagte jedoch nicht mit der vorinstanzlichen Erwägung, wonach aktuelle Angaben und Unterlagen zu ihrem Einkommen und Bedarf fehlen würden (vgl. Urk. 2
E. II.C., S. 10), auseinander. Weiter wird in der Berufung nicht dargelegt, inwiefern es sich bei den neu aufgestellten Behauptungen und neu offerierten Beweismittel, um zulässige Noven im Sinne von Art. 317 ZPO handelt. Im Beschwerdeverfahren gegen die Abweisung des eventualiter gestellten Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gilt gemäss Art.326 Abs. 1 ZPO ein umfassendes Novenverbot, auch für Verfahren, die wie vorliegend der Untersuchungsmaxime unterstehen (BGer 5A_405/2011 vom 27. September 2011, E. 4.5.3).
6. Unabhängig davon ist der Entscheid der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Zwar darf das Gericht die Beweismittel für die Feststellung der finanziellen Situation nicht formalistisch beschränken, insbesondere dann nicht, wenn sich die Be- dürftigkeit ohne Weiteres aus den Akten ergibt (BGer 5A_761/2014 vom 26. Mai 2016, E. 3.3.). Ebenfalls darf ein Gesuch nicht mit der Begründung abgewiesen werden, die Mitwirkungspflicht sei verletzt, wenn ein wenige Monate alter Entscheid über die Gewährung von Sozialhilfe eingereicht und gleichzeitig betont wurde, die Verhältnisse hätten sich nicht verändert, sowie auch die Beibringung weiterer Beweismittel (z.B. persönliche Befragung) angeboten wurden (BGer 5A_327/2017 vom 2. August 2017, E. 6.2.). Vorliegend hat die Beklagte ihrem Gesuch um Prozesskostenvorschuss bzw. unentgeltliche Rechtspflege vom
14. Januar 2022 allerdings nur Honorarnoten beigelegt (Urk 7/508/1 und 2) und weder erwähnt, dass sich ihre finanziellen Verhältnisse nicht verändert hätten, noch weitere Beweismittel offeriert (Urk. 7/507). Der Verweis auf ihre 'knappen fi- nanziellen Verhältnisse' (Urk. 7/507, Rz. 7) vermag dabei der Mitwirkungspflicht der anwaltlich vertretenen Beklagten nicht zu genügen. Es wäre jedoch an der Beklagten gelegen, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausreichend
darzulegen und sich entsprechend zur Sache und den Beweismitteln zu äussern. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts die Grundlagen der Mittellosigkeit bei einer anwaltlich vertretenen Partei aus den Akten zusammenzusuchen entsprechen- de Lücken anhand eigener Abklärungen zu schliessen (vgl. BGer 5A_285/2021 vom 3. September 2021, E. 2.2 bezüglich Art. 64 BGG; BGer 5A_949/2018 vom
4. Februar 2019, E. 2– 4; OGer ZH PC180034 vom 11. Oktober 2018, E. 4.2).
Dies ist vor allem dann nicht angezeigt, wenn die Partei zur Mittellosigkeit keine ausreichenden Behauptungen aufstellt. Die Mitwirkungspflicht wird zwar durch den eingeschränkten Untersuchungsgrundsatz aufgeweicht, doch ist das Gericht
– wie ausgeführt (vgl. Erw. III.3) – bei einer anwaltlich vertretenen Gesuchstellerin nicht verpflichtet, eine Nachfrist anzusetzen, damit ein unvollständiges unklares Gesuch verbessert werden kann. Ohnehin wurde die Beklagte im laufenden Verfahren bereits im Zusammenhang mit ihren vorangehenden Gesuchen um Gewährung eines Prozesskostenvorschusses und unentgeltlicher Rechtspflege von der Vorinstanz mehrfach auf ihre Mitwirkungspflicht hingewiesen. Die Abweisung der Gesuche mangels einer Aufstellung der aktuellen Einnahmen und Ausgaben erweist sich vor diesem Hintergrund als richtig.
7. Selbst wenn die Beklagte in ihrem Gesuch auf die Einkommens- und Be- darfsberechnung ihres vorletzten Gesuches vom 17. April 2020 bzw. 7. Mai 2020 (vgl. Urk. 7/442, 443; 444/1-11 und 450) verwiesen hätte, wäre das Vorgehen der Vorinstanz korrekt. Die Unterlagen, welche die Bedürftigkeit der Beklagten in diesem Gesuch belegen sollten (vgl. Urk. 7/444/1-11), stammen aus den Jahren 2019 und 2020 und waren daher im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung am
14. Januar 2022 – auf den es ankommt (BGer 5A_58/2014 vom 17. Oktober 2014, E. 3.3.1 mit Hinweis) – bereits über anderthalb Jahre alt. Die Vorinstanz durfte daher aktuellere Belege zur Einkommens- und Vermögenssituation der Beklagten erwarten (vgl. BGer 5A_536/2016 vom 19. Dezember 2016, E. 4.2.1).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beklagte bezüglich der vorinstanzlichen Abweisung ihres Begehrens um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses und eventualiter um unentgeltliche Rechtspflege weder eine unrichtige Rechtsanwendung noch eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die
Vorinstanz aufzuzeigen vermag. Auch der Vorwurf des überspitzten Formalismus (vgl. Urk. 1 Rz. 5, S. 3) geht fehl. Davon könnte nur gesprochen werden, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt würden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt an Rechtsschriften überspannte Anforderungen stellt und damit dem Bürger den Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt (BGE 135 I 6 E. 2.1 m.w.H.). Davon kann im vorliegenden Fall insoweit keine Rede sein, als die anwaltlich vertretene Beklagte um ihre Mitwirkungspflicht wusste und es für sie ein Leichtes gewesen wäre, ihrem Gesuch um eine Prozesskostenvorschuss und eventualiter um unentgeltliche Rechtspflege die nötigen Unterlagen beizulegen. Im Ergebnis ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Gesuche mangels Überprüfbarkeit der Bedürftigkeit abwies.
Im Übrigen hängt das Gesuch der Beklagten vom 14. Januar 2022 auch in quantitativer Hinsicht in der Luft. Die Beklagte machte einzig geltend, der zuletzt (im Oktober 2020) gewährte Vorschuss von Fr. 7'500.– sei durch Leistungen ihrer Rechtsvertreterin zwischen November und Januar 2021 verbraucht worden, seit Januar 2021 würden neue Honorarforderungen zugunsten ihrer Rechtsvertreterin von insgesamt Fr. 9'400.54 bestehen (weshalb die unentgeltliche Rechtpflege rückwirkend beantragt werde), eine rasche Erledigung des Verfahrens sei nicht absehbar und es würden folglich weitere anwaltliche Leistungen erforderlich sein (Urk. 7/507, S. 3). Für bereits angefallene Aufwendungen bzw. aufgelaufene Ho- norare steht aber grundsätzlich weder das Institut des Prozesskostenvorschusses (der als Vorschuss die künftige Wahrnehmung der Interessen im Prozess ermöglichen soll) noch die unentgeltliche Rechtspflege zur Verfügung (BK- Bühler/Spühler, Art. 145 aZGB N 287; Weingart, provisio ad litem - Der Prozesskostenvorschuss für eherechtliche Verfahren, in: Markus et al. [Hrsg.], Zivilprozess und Vollstreckung national und international - Schnittstellen und Vergleiche, Festschrift für Jolanda Kren Kostkiewicz, 2018, S. 677 ff., 689). Gründe, die ausnahmsweise eine rückwirkende Bewilligung zuliessen (vgl. auch Art. 119 Abs. 4 ZPO), wurden nicht vorgebracht; jedenfalls vermag der Umstand, dass bereits Honorare aufgelaufen sind, nicht per se eine rückwirkende Bewilligung zu rechtfertigen. Die weiteren notwendigen prozessualen Schritte, die noch
anstehen, und die weiteren Leistungen, welche im Prozess zugunsten der Beklagten in Zukunft erbracht werden müssen, wurden im Gesuch nicht ansatzweise umschrieben. Auch wenn das Gericht die Höhe des Vorschusses im Sinne eines Pauschalbetrages zu schätzen hat, muss doch verlangt werden, dass der ansprechende Ehegatte die nächsten prozessualen Bemühungen, mit denen er inskünftig rechnet und die durch den Vorschuss abgedeckt werden sollen, grob umschreibt und die dadurch verursachten Kosten abschätzt. Sowenig wie ein nicht gestelltes Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zur Folge haben kann, kann ein nicht hinreichend begründetes Gesuch dazu führen, dass die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren ist.
Im Ergebnis ist die Berufung gegen den Entscheid der Vorinstanz über die Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses abzuweisen. Mit gleicher Begrün- dung sind auch die Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht erfüllt. Die diesbezügliche Beschwerde ist ebenfalls abzuweisen.
Ausgangsgemäss wird die Beklagte für das zweitinstanzliche Verfahren kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren sind in Anwendung von § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG in Verbindung mit
§§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 sowie § 9 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 800.– festzusetzen und aufgrund des Ausgangs des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen. Parteientschädigungen sind für das Berufungsverfahren keine zuzusprechen, der Beklagten zufolge ihres Unterliegens (Art. 106 Abs. 1 ZPO), dem Kläger mangels wesentlicher Umtriebe (Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung vom
14. März 2022 des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Zürich, 5. Abteilung, wird bestätigt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 800.– festgesetzt.
Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Beklagten auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage der Doppel von Urk. 1 und Urk. 4/1-4, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Entscheid über vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 90 und Art. 98 BGG sowie ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich in der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG
Zürich, 11. Juli 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
MLaw R. Meli
versandt am: ya
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