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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LY120051: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um vorsorgliche Massnahmen im Zusammenhang mit dem Nachlass des Verstorbenen A. Es wurde über die Obhut für die drei Kinder, die Zuteilung von Eigentum und Unterhaltszahlungen entschieden. Der Beklagte verstarb während des Verfahrens, was zu prozessualen Fragen führte. Das Gericht entschied, dass die Kosten des Verfahrens dem Nachlass des Beklagten auferlegt werden und die Klägerin eine Parteientschädigung erhält. Der Beschluss wurde am 22. April 2015 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts LY120051

Kanton:ZH
Fallnummer:LY120051
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LY120051 vom 22.04.2015 (ZH)
Datum:22.04.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Berufung; Beklagten; Verfahren; Kinder; Verfahrens; Unterhalt; Entscheid; Obhut; Berufungsverfahren; Entschädigungsfolgen; Konkurs; Prozesskosten; Liegenschaft; Prozesskostenvorschuss; Berufungskläger; Berufungsbeklagte; Bezirksgericht; Horgen; Parteien; Rechtsmittel; Verfügung; Unterhaltsbeiträge; Prozesse; Zuteilung; Prozesskostenvorschusses; Ableben; önlich
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 107 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 126 ZPO ;Art. 230a KG ;Art. 297 ZGB ;Art. 307 ZGB ;Art. 560 ZGB ;Art. 573 ZGB ;Art. 98 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Sutter, Hasenböhler, Leuenberger, Schwander, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 83 OR, 2013
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts LY120051

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LY120051-O/U

damit vereinigt Geschäfts-Nr.: LY120052

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr.

H.A. Müller und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. L. Stünzi

Beschluss vom 22. April 2015

in Sachen

Nachlass des A. in konkursamtlicher Liquidation, geboren am tt. Februar 1956, Staatsangehöriger von Deutschland, gestorben am tt.mm. 2013 in London/Grossbritannien,

Beklagter und Berufungskläger

vertreten durch das Konkursamt Wallisellen

gegen

  1. ,

    Klägerin und Berufungsbeklagte

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

    betreffend vorsorgliche Massnahmen

    Berufung gegen die Erstund Zweitverfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Horgen vom 7. November 2012 (FE110301)

    Rechtsbegehren:

    1. Der Klägerin und Massnahmeklägerin (Urk. 1):

      • 1. Die Obhut für die drei Kinder C. , geb. tt.mm.2003, D. , geb. tt.mm.2004 und E. , geb. tt.mm.2006, soll der Klägerin zugesprochen werden. Der Beklagte sei auch zu verpflichten, der Klägerin die Pässe der drei Kinder auszuhändigen.

        1. Der Beklagte soll berechtigt werden, die Kinder jedes zweite Wochenende von Freitag 16.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr auf eigene Kosten zu sich mit sich auf Besuch zu nehmen. Für die Doppelfeiertage soll die gerichtsübliche Regelung entsprechend gelten.

          Ausserdem soll er berechtigt sein, die Kinder während jeweils 3 Wochen während der Schulferien auf eigene Kosten zu sich mit sich in die Ferien zu nehmen. Das Ferienbesuchsrecht sei drei Monate im Voraus anzukündigen.

        2. Der Beklagte sei zu verpflichten der Klägerin an die Kosten der Pflege und Erziehung der drei Kinder (auch über deren Mündigkeit hinaus) angemessene monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, zahlbar jeweils im Voraus auf den Ersten eines jeden Monats. Die Kinderunterhaltsbeiträge seien rückwirkend ab dem 27.10.2010 zuzusprechen.

        3. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin persönlich angemessene monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, zahlbar jeweils im Voraus auf den Ersten eines jeden Monats. Dieser persönliche Unterhaltsbeitrag sei rückwirkend ab dem 1. September 2010 zuzusprechen.

        4. Die Unterhaltsbeiträge gemäss Ziff. 2 und 3 [recte: 3 und 4] seien gerichtsüblich zu indexieren.

        5. Das eheliche Haus an der F. -Strasse ..., in G. , sei der Klägerin zur alleinigen Benützung für sich und die drei Kinder zu zusprechen. Der Beklagte sei zu verpflichten, ihr alle noch in seinem Besitz befindlichen Schlüssel zu übergeben.

        6. Der Personenwagen Mercedes-Benz SL 600, mit der Autonummer ZH sowie der Mercedes R 500, mit der Autonummer ZH

          , seien der Klägerin zu alleinigen Benützung zuzusprechen.

        7. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die Kosten für die Rücksendung der ihr, gegen ihren Willen in den Iran nachgesandten Kleider zurück zu erstatten.

    2. Des Beklagten und Massnahmebeklagten (Urk. 26):

  • 1. Es seien die Kinder der Parteien, C. , geb. tt.mm.2003,

D. , geb. tt.mm.2004 und E. , geb. tt.mm.2006 für die Dauer des Verfahrens unter die Obhut des Klägers zu stellen.

Es sei der Beklagten ein angemessenes Besuchsrecht einzuräumen.

Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger an die Erziehung und Pflege der Kinder angemessene monatliche Unterhaltsbeiträge zu bezahlen.

2. Es sei die eheliche Liegenschaft an der F. -Strasse in G. samt Hausrat und Mobiliar für die Dauer des Verfahrens dem Kläger mit den Kindern zur Benutzung zuzuweisen.

Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Verfügungen des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bez irksgericht Horgen vom 7. November 2012:

Erstverfüg ung

  1. Das Begehren des Beklagten, es sei die Klägerin zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses von Fr. 10'000.zu verpflichten, wird abgewiesen.

  2. Das (Eventual)-Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung von Rechtsanwalt lic. iur. H. als unentgeltlicher Rechtsbeistand wird abgewiesen.

  3. (Rechtsmittel)

  4. (Mitteilung)

Zweitverfügung

1. Die Kinder

- C. , geb. tt.mm.2003,

- D. , geb. tt.mm.2004, und

- E. , geb. tt.mm.2006,

werden für die Dauer des Verfahrens unter die Obhut der Klägerin gestellt.

  1. Der Beklagte wird während der Dauer des Verfahrens verpflichtet, die Pässe sowie sonstige Ausweise der Kinder C. , D. und E. der Klägerin auf erster Verlangen hin auszuhändigen.

  2. Die eheliche Liegenschaft an der F. -Strasse ... in G. samt Hausrat und Mobiliar wird der Klägerin während der Dauer des Verfahrens

    zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin sämtliche noch in seinem Besitz befindlichen Schlüssel der Liegenschaft auf erstes Verlangen hin auszuhändigen.

  3. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin während der Dauer des Verfahrens für die Kinder C. und D. monatliche Unterhaltsbeiträge von je Fr. 10'000.- und für das Kind E. monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 8'633.bis Juli 2012 und ab August 2012 ebenfalls Fr. 10'000.zuzüglich allfälliger Familienzulagen zu bezahlen, zahlbar monatlich im Voraus jeweils auf den Ersten eines jeden Monats, rückwirkend seit dem 27. Oktober 2010 pro rata temporis.

  4. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin während der Dauer des Verfahrens für sich persönlich einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von je Fr. 26'168.zu bezahlen, zahlbar monatlich im Voraus jeweils auf den Ersten eines jeden Monats, rückwirkend ab 1. September 2010.

  5. Die weiteren klägerischen und beklagtischen Begehren werden abgewiesen.

  6. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 12'000.- (Pauschalgebühr).

  7. Die Kosten werdend der Klägerin zu einem Drittel (Fr. 4'000.-) und dem Beklagten zu zwei Dritteln (Fr. 8'000.-) auferlegt.

  8. Der Beklagte wird verpflichtet, der Rechtsvertreterin der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 5'500.- (zzgl. 8 % MWSt.) zu bezahlen.

  9. (Mitteilung)

  10. (Rechtsmittel)

    Berufungsanträge:

    Des Beklagten, Massnahmebeklagten und Berufungsklägers:

    1. Im Massnahmeverfahre n (LY120051, Urk. 1):

      1. Es sei die Verfügung vom 7. November 2012 des Bezirksgerichts Horgen aufzuheben und es sei auf das Massnahmebegehren der Berufungsbeklagten nicht einzutreten, eventualiter sei es vollumfänglich abzuweisen.

      2.1. Eventualiter sei die Obhut über die drei Kinder C. , geb. tt.mm.2003, D. , geb. tt.mm.2004, und E. , geb. tt.mm.2006, für die Dauer des Prozesses dem Berufungskläger zuzuteilen. Der Berufungsbeklagten sei ein gerichtsübliches Besuchsrecht einzuräumen.

      Eventualiter (für den Fall, dass die Obhut über die Kinder auf die Berufungsbeklagte allein übertragen werden sollte) sei dieser gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB gerichtlich zu untersagen, die Kinder ohne Zustimmung des Klägers ausser Landes zu verbringen.

      Es sei die Berufungsbeklagte diesfalls ferner zu verpflichten, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Pässe und/oder Identitätskarten der Kinder dem Kläger zu übergeben diese beim Bezirksgericht Horgen zu hinterlegen.

      1. Es sei die eheliche Liegenschaft an der F. -Strasse , in G. , samt Hausrat und Mobiliar während der Dauer des Prozesses dem Berufungskläger zur Benützung zuzuweisen.

      2. Es seien der Appellatin keine Unterhaltsbeiträge für sich und die Kinder zu Lasten des Appellaten zuzuweisen.

      3. Es sei der vorliegenden Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die Vollstreckbarkeit der erstinstanzlichen Verfügung aufzuschieben.

      4. Es sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, dem Berufungskläger einen Prozesskostenvorschuss in Höhe von CHF 5'000.zu bezahlen, eventualiter sei dem Berufungskläger die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und es sei ihm der Unterzeichnete als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

      Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsbeklagten.

    2. Im Verfahren betreffend Prozesskostenvorschuss (LY120052, Urk. 38/1): Es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Beschwerde-

gegnerin zu verpflichten, dem Beschwerdeführer für das vorinstanzliche Verfahren einen Prozesskostenvorschuss von CHF 10'000.00 zu bezahlen, eventualiter sei dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und den Unterzeichneten als unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen.

Der Klägerin, Massnahmeklägerin und Berufungsbeklagten:

  1. Im Massnahmeverfahre n (LY120051, Urk. 8):

    Die Berufung des Beklagten und Berufungskläger gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 7. November 2012 sei vollumfänglich abzuweisen.

    Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten und Berufungskläger.

  2. Im Verfahren betreffend Prozesskostenvorschuss (LY120052, Urk.38/5): Die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdeführers gegen die

Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 7. November 2012 sei vollumfänglich abzuweisen.

Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten und Berufungskläger.

**************************************************************************

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

    1. Die Parteien standen vor Vorinstanz in einem Scheidungsverfahren, in dessen Rahmen die Klägerin, Massnahmeklägerin und Berufungsbeklagte (fortan Klägerin) eingangs genanntes Gesuch um Erlass von vorsorglichen Massnahmen gestellt hat (VI-Urk. 1). Mit Verfügung vom 7. November 2012 fällte die Vorinstanz eingangs wiedergegebenen Entscheid (Urk. 2).

    2. Hiergegen hat der Beklagte, Massnahmebeklagte und Berufungskläger (fortan Beklagter) mit Eingaben vom 26. November 2012 (Urk. 1 und 38/1) fristgerecht Berufung bzw. Beschwerde erhoben. Dispositiv-Ziffer 7 des erstinstanzlichen Entscheides blieb unangefochten, weshalb sie in Rechtskraft erwachsen ist. Dies ist vorzumerken.

    3. Die Berufung gegen den Massnahmeentscheid wurde unter der Prozessnummer LY120051 angelegt, während der Beschwerde gegen den abweisenden Entscheid bezüglich des Prozesskostenvorschusses, eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege die Prozessnummer LY120052 zugewiesen wurde. Da das zulässige Rechtsmittel gegen den abweisenden Entscheid hinsichtlich eines Gesuchs um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses von Fr. 10'000.- die Berufung ist (Art. 308 Abs.

      1 lit. b i.V.m. Abs. 2 ZPO) und den Parteien durch die Konversion des

      Rechtsmittels keine Nachteile erwachsen, ist das Rechtsmittel des Beklagten gegen die Erstverfügung als Berufung entgegenzunehmen.

    4. Die Berufungsantworten der Klägerin datieren vom 2. Januar 2013 (Urk. 8 und Urk. 38/5) und enthalten die ebenfalls eingangs wiedergegebenen Anträge. Mit Verfügung vom 27. Februar 2013 wurde der Beklagte zur Einreichung von Unterlagen bezüglich seiner finanziellen Verhältnisse aufgefordert (Urk. 14). Ferner wurden mit Verfügung vom 4. März 2013 die Akten der

      (ehemaligen) Vormundschaftsbehörde G.

      21).

      beigezogen (Urk. 17 und

    5. Am 21. März 2013 setzte der beklagtische Rechtsvertreter das Gericht über den Tod des Beklagten vom tt.mm.2013 in London in Kenntnis (Urk. 22), woraufhin beide Rechtsmittelverfahren bis zur Klärung der Erbfolge sistiert wurden (Urk. 23 und 38/7). Die klägerische Rechtsvertreterin teilte der urteilenden Kammer mit Eingabe vom 6. März 2014 und unter Beilage des Urteils des Bezirksgerichts Bülach vom 24. Februar 2014 mit, dass der Nachlass durch alle zur Erbschaft berufenen Erben ausgeschlagen worden sei (Urk. 29 und 30). Das Verfahren wurde in der Folge wieder aufgenommen (Urk. 32 und 38/10).

  2. Verfahrensvereinigung

    Da sich im vorliegenden Verfahren wie auch im Verfahren LY120052 dieselben Parteien in derselben Rechtssache gegenüberstehen und sich die Themen beider Verfahren grösstenteils überschneiden, ist das Berufungsverfahren LY120052 mit dem vorliegenden Verfahren zu vereinigen, unter der Prozessnummer LY120051 weiterzuführen und als dadurch erledigt abzuschreiben. Die Akten des Verfahrens LY120052 werden als Urk. 38/1-15 zu den Akten des vorliegenden Prozesses genommen.

  3. Tod des Beklagten

    1. Der Tod des Beklagten wirft einige prozessuale Fragen auf. Wenn eine Partei verstirbt, treten die Erben automatisch (ipso iure) an die Stelle der verstorbenen Person (Art. 83 Abs. 4 Halbsatz 2 ZPO i.V.m. Art. 560 ZGB). In der Regel werden in einem solchen Fall Prozesse sistiert (Art. 126 ZPO), bis die Erben ermittelt sind und Klarheit über den Antritt der Erbschaft besteht. Im vorliegenden Fall haben sämtliche zur Erbschaft berufenen Erben den Nachlass ausgeschlagen (Urk. 29 und 30), weshalb der Nachlass des Beklagten in die konkursamtliche Liquidation gelangte (Art. 573 ZGB).

    2. Verfahren über höchstpersönliche Rechte werden mit dem Tod einer Partei in der Hauptsache gegenstandslos und sind lediglich noch zum Zwecke der Erledigung und im Hinblick auf die Kostenund Entschädigungsfolgen zu Ende zu führen (Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 144; ZR 97 Nr. 24 E. II/5a). In solchen Fällen treten die Erben bzw. vorliegend die Konkursverwaltung im Nachlass des Beklagten lediglich mit Bezug auf die Kostenund Entschädigungsfolgen in den Prozess ein (sog. Erbschaftsschulden gemäss Art. 560 Abs. 2 ZGB). Aufgrund der Gegenstandslosigkeit in der Hauptsache wird der Rechtsstreit um die Nebenfolgen de facto zur Hauptsache (Schwander, in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Basel/Zürich/Genf 2013, Art. 83 N 40).

    3. Gegenstand der vorliegenden Berufungsverfahren sind die Obhut über die drei gemeinsamen Kinder, die Zuteilung der ehelichen Liegenschaft, die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin und den Kindern sowie das Gesuch des Beklagten um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

      1. Der Entscheid über die Zuteilung der Obhut kann in gerichtlichen Verfahren stets nur für die Zukunft erfolgen. Da nach dem Ableben des Beklagten die Obhut als Teil des Sorgerechts von Gesetzes wegen auf die Klägerin als überlebende Ehegattin übergegangen ist (vgl. Art. 297 Abs. 1 ZGB), bedarf es keiner richterlichen Klärung des Obhutsstreites mehr. Die Berufung ist in diesem Punkt daher gegenstandslos. Gleich verhält es sich mit allen mit der Obhut in Zusammenhang stehenden Begehren, wie namentlich dem Besuchsrecht und der Aushändigung von Ausweispapieren.

      2. Die Zuteilung der ehelichen Liegenschaft erweist sich ebenso als gegenstandslos, da die Zuteilung der ehelichen Liegenschaft im Massnahmeverfahren im Rahmen einer Scheidung nur an einen der beiden Ehegatten erfolgen kann und mit dem Hinschied des Beklagten nur noch die Klägerin in Frage kommt. Überdies wurde die eheliche Liegenschaft gemäss Auskunft

        von Herrn I.

        vom Betreibungsamt Thalwil am 8. April 2014 zwangsversteigert (Urk. 33), weshalb eine Zuteilung auch aus diesem Grund gegenstandslos geworden wäre.

      3. Im Gegensatz zum Streit über die Zuteilung der Obhut und der ehelichen Liegenschaft ist die rückwirkende Zusprechung von Unterhaltsbeiträgen möglich. Die Vorinstanz hat den Beklagten zur Leistung von Ehegattenund Kinderunterhaltsbeiträgen für die Zeitdauer vom 1. September 2010 (Ehegattenunterhalt) resp. 27. Oktober 2010 (Kinderunterhalt) für die weitere Dauer des Verfahrens verpflichtet. Der Beklagte wehrte sich im Rahmen seiner Berufung gegen die Unterhaltspflicht. Das Ableben des Beklagten vermag an einer allfälligen rückwirkenden Unterhaltspflicht nichts zu ändern, ein allfälliger Anspruch wäre von der Klägerin und den Kindern nunmehr als Forderung gegenüber dem Nachlass des Beklagten geltend zu machen. Vor diesem Hintergrund hat trotz des Ablebens des Beklagten ein Entscheid über den angefochtenen Unterhalt zu erfolgen. Die entscheidrelevante Zeitspanne erstreckt sich nunmehr vom 1. September 2010 (Ehegattenunterhalt) resp. 27. Oktober 2010 (Kinderunterhalt) bis zum Ableben des Beklagten am tt.mm.2013 (vgl. Urk. 18 in LC120038).

      4. Beim beklagtischen Gesuch um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege handelt es sich um einen Anspruch höchstpersönlicher Natur, das heisst streng auf die Person bezogen, welche die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, der mit deren Tod erlischt (ZR 79 Nr. 76 S. 147). Das Berufungsverfahren ist in diesem Punkt daher gegenstandslos geworden.

      5. Die angefochtene erstinstanzliche Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen kann sodann ebenfalls rückwirkend beurteilt werden, weshalb auch diesbezüglich ein Entscheid zu fällen ist.

    4. Zusammenfassend ist das Berufungsverfahren zufolge Ablebens des Beklagten mit Bezug auf die Zuteilung der Obhut sowie der ehelichen Liegenschaft und den beklagtischen Antrag auf Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege als gegenstandslos abzuschreiben und diesbezüglich nur betreffend die Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen ein Entscheid zu fällen. Der Klägerin sowie der Konkursverwaltung im Nachlass des Beklagten wurde in diesem Zusammenhang das rechtliche Gehör betreffend die Kostenund Entschädigungsfolgen der gegenstandslos gewordenen Punkte gewährt (vgl. Urk. 32).

Über die Unterhaltsfrage sowie die Kostenund Entschädigungsregelung für das erstinstanzliche Verfahren hätte nach dem Tod des Beklagten ein materieller Entscheid zu ergehen. Die Konkursverwaltung im Nachlass des Beklagten wurde in diesem Zusammenhang aufgefordert, der Kammer mitzuteilen, ob der Prozess von der Konkursmasse von einzelnen Gläubigern fortgesetzt werde. Bei Stillschweigen würde Verzicht auf Fortsetzung des Prozesses und damit Rückzug der Berufung durch die Konkursmasse angenommen. Ebenso wurde das Konkursamt um unverzügliche Berichtserstattung ersucht, falls der Konkurs mangels Aktiven eingestellt werden sollte (Urk. 36). Mit Eingabe vom 31. März 2015 hat das Konkursamt die Kammer darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Konkurs über den Nachlass des Beklagten mangels Aktiven eingestellt worden sei (Urk. 37). Kann die konkursamtliche Erbschaftsliquidation mangels Aktiven nicht durchgeführt werden, so ist kein Rechtssubjekt mehr vorhanden, welches den Prozess weiterführen könnte. Dem mit der konkursamtlichen Liquidation betraut gewesenen Konkursamt kommen nach Einstellung des Verfahrens nur noch gewisse Verwaltungsaufgaben und Übertragungspflichten hinsichtlich allfälliger zum Nachlass gehörender Aktiven zu (Art. 230a Abs. 1 SchKG; KUKO-Schober, N 8 ff. zu Art. 230a SchKG). Aus diesem Grund muss der Prozess mit Bezug auf die Unterhaltsfrage sowie die Kostenund Entschädigungsfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens ebenfalls als gegenstandslos abgeschrieben werden (vgl. OGer ZH LB100083 vom 30. Mai 2013 Erw. II mit Verweis auf Addor, Die Gegenstandslosigkeit des Rechtsstreits, Bern 1997, S. 82 f., sowie Frank/Sträuli/Messmer, N 24c zu § 49 ZPO/ZH).

  1. Kostenund Entschädigungsfolgen

    1. Die Kosten des vorliegenden Berufungsverfahrens sind in Anwendung von § 2 lit. a, c und d sowie § 12 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 und § 5 Abs. 1, §

      6 Abs. 2 lit. b und § 8 Abs. 1 der Gebührenverordnung des Obergerichts

      (GebV OG) auf Fr. 6'000.festzusetzen.

    2. Das Berufungsverfahren ist zufolge des Ablebens des Beklagten gegenstandslos abzuschreiben. Bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens kann das Gericht von den Verteilungsgrundsätzen (Art. 106 ZPO) abweichen und die Prozesskosten nach Ermessen verteilen (Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO). Bei dieser Ermessensausübung ist in Betracht zu ziehen, welche Partei Anlass zum Verfahren gegeben hat, welches der mutmassliche Prozessausgang gewesen wäre und bei welcher Partei die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit des Prozesses geführt haben (BSK ZPO-Rüegg, N 8 zu Art. 107 ZPO).

Vorliegend erscheint es angemessen, die Kosten des Verfahrens dem Nachlass des Beklagten aufzuerlegen. Diese Lösung trägt dem von der Praxis anerkannten Grundsatz Rechnung, wonach das Prozessrisiko vorab bei der klagenden bzw. ein Rechtsmittel ergreifenden Partei liegt, so dass diese

auch die Gefahr trägt, bei Gegenstandslosigkeit des Verfahrens für dessen Nebenfolgen aufkommen zu müssen, falls die übrigen Kriterien keine anderweitige Verteilung nahelegen (ZR 68 Nr. 67, ZR 76 Nr. 125, ZR 75 Nr. 89). Es ist davon auszugehen, dass der natürliche Tod einer Partei in den Risikobereich jener Partei fällt, die das allgemeine Prozessrisiko zu tragen hat. Auf das Kriterium des mutmasslichen Obsiegens im Berufungsverfahren kann hier nicht abgestellt werden, da die summarische Prüfung des mutmasslichen Prozessausganges kein eindeutiges Ergebnis ergibt. Eine eingehendere bzw. vollständige Prüfung der vorgebrachten Rügen erscheint auch angesichts des enormen Aktenausmasses - nicht verhältnismässig, weshalb dieses Kriterium auch deshalb nicht geeignet erscheint. Somit sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens dem Nachlass des Beklagten aufzuerlegen.

Die Klägerin hat überdies Anspruch auf eine Parteientschädigung, welche in Anwendung von § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 3, § 9, § 11 und § 13 der AnwGebV auf Fr. 4'000.festzusetzen ist und aus dem Nachlass des Beklagten an die Klägerin zu bezahlen ist (Art. 111 Abs. 2 ZPO). Mangels eines entsprechenden Antrages ist zur Prozessentschädigung kein Mehrwertsteuersatz zuzusprechen (vgl. das Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Zürcher Obergerichts vom 17. Mai 2006).

Es wird beschlossen:

  1. Es wird vorgemerkt, dass die Dispositivziffer 7 der (Zweit-) Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen vom

    7. November 2012 in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Das Berufungsverfahren LY120052 wird mit dem vorliegenden Berufungsverfahren vereinigt und unter der Prozessnummer LY120051 weitergeführt.

  3. Das Berufungsverfahren LY120052 wird als dadurch erledigt abgeschrieben.

Es wird weiter beschlossen:

  1. Das Berufungsverfahren wird abgeschrieben.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 6'000.festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Nachlass des Beklagten auferlegt.

  4. Der Klägerin ist für das Berufungsverfahren aus dem Nachlass des Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 4'000.zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und an das Bezirksgericht Horgen, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 22. April 2015

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. L. Stünzi

versandt am: kt

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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