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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LU110003: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um ein Rechtshilfeverfahren, bei dem der Supreme Court of British Columbia die schweizerischen Behörden um Unterstützung bei der Beweisaufnahme in einem Scheidungsprozess ersucht hat. Der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich hat Anordnungen zur Edition von Kontounterlagen und Depotauszügen gegenüber einer Bank und einem Zeugen getroffen. Die Klägerin im Hauptprozess, K., hat Beschwerden gegen die Entscheidungen des Einzelrichters erhoben, die vom Obergericht behandelt wurden. Es ging um die Edition von Kontounterlagen im Zusammenhang mit einer Stiftung und einer Firma. Die Beschwerde wurde als zutreffendes Rechtsmittel angesehen, da es sich um prozessleitende Entscheidungen handelte. Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdefrist eingehalten, und das Obergericht hat die Beschwerde abgewiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts LU110003

Kanton:ZH
Fallnummer:LU110003
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LU110003 vom 18.07.2011 (ZH)
Datum:18.07.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtshilfe und Rechte der Parteien des Sachprozesses
Schlagwörter : Recht; Gericht; Beweisaufnahme; Verfügung; Konto; Rechtsmittel; Hauptprozess; Rechtshilfe; Einzelrichter; Verfahren; Berufung; Entscheid; Parteien; Rechtshilfeverfahren; Stiftung; Mitwirkung; Entscheide; Schriftsatz; Edition; Kontos; Ersuchen; Hauptprozesses; ZPO/ZH; Anordnung; Frage; Charakter
Rechtsnorm:Art. 11 IPRG ;Art. 11a IPRG ;Art. 164 ZPO ;Art. 167 ZPO ;Art. 194 ZPO ;Art. 196 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 237 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 315 ZPO ;Art. 319 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 325 ZPO ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;
Referenz BGE:132 III 291;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LU110003

Rechtshilfe und Rechte der Parteien des Sachprozesses . Art. 308 ZPO, Art. 319 ZPO, Art. 194 ZPO

Den Parteien steht nur die Beschwerde zur Verfügung (Verweis auf ZPO 167 Abs. 3 und ZPO 319 Abs. 1 lit b), und zwar innert 10 Tagen (Verweis auf ZPO 321 Abs. 2).

Erwägungen:

  1. Die Parteien führen vor dem Supreme Court of British Columbia, Vancouver Kanada, einen Scheidungsprozess usw. Der Supreme Court hat im Rahmen dieses Prozesses die schweizerischen Behörden um Rechtshilfe ersucht und dabei im Wesentlichen um die Befragung von sechs in der Schweiz wohnhaften Zeugen gebeten. Die zur Befragung eingereichten Fragenkataloge enthalten nebst Fragen an die Zeugen auch Aufforderungen an diese, Unterlagen bzw. Urkunden einzureichen (vgl. z.B. act. 2/7 S. 2 [Frage 5] act. 2/10 S. 2 [Frage 5, Frage 7]).

    1. Am 30. November 2010 befragte der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich im Rahmen der Ersuchensbehandlung als Zeugen E. (vgl. act. 2/21) u.a. zu einem Konto der ... Stifung bei der Bank X. E. führte dabei aus, die Stiftung existiere nicht mehr, das fragliche Konto sei daher saldiert worden. Er verfüge auch über keine Auszüge (mehr) zu einem Konto der Stiftung bei der Bank X. (vgl. act. 2/21

      S. 4, 6, 7 f.). Er sei als externer Vermögensverwalter lediglich mit Kontrollfunktionen betraut gewesen; zur Aufbewahrung von Kontounterlagen sei er daher nicht verpflichtet gewesen (a.a.O., S. 8).

      Der Befragung von E. wohnte K., die Klägerin im Hauptprozess vor dem Supreme Court of British Columbia, bei. Am 14. Februar 2011 teilte sie dem Einzelrichter mit, sie wünsche eine Editionsverfügung u.a. gegen E. sowie gegen die Bank X., und zwar auch bezüglich Konten, welche nicht die ... Stiftung betreffen, sondern die ... SA.

    2. Mit Verfügung vom 7. März 2011 ersuchte der Einzelrichter die Bank X. um Edition von Kontoauszügen über das Konto Nr. 150120 der ... Stiftung. Er lud die Bank X. zudem ein, dem Gericht allfällige Gründe bekannt zu geben, falls sich die Bank als berechtigt betrachte, die Herausgabe der Kontoauszüge usw. zu verweigern (vgl. act. 2/23 S. 5 [dort insbesondere Dispositiv Ziffern 1 und 3]).

      Nach Einwendungen der Bank X. verpflichtete der Einzelrichter diese mit

      Verfügung vom 9. Mai 2011 (act. 2/33) zur Edition eines aktuellen Kontoauszuges über das Konto Nr. 150120 (Kontoinhaber: ... Stiftung) eines Beleges über die allfällige Saldierung dieses Kontos. Für den Fall unbegründeter Weigerung drohte der Einzelrichter der Bank eine Ordnungsbusse an. Ferner räumte er der Bank unter Hinweis auf Art. 405 Abs. 1 ZPO das Rechtsmittel der Beschwerde

      i.S. von Art. 167 Abs. 3 ZPO ein.

    3. Unaufgefordert reichte K., Klägerin im Hauptprozess, dem Einzelrichter im Nachgang zur Verfügung vom 9. Mai 2011 eine Eingabe ein, die vom 16. Mai 2011 datiert. Darin beantragte sie die Ergänzung bzw. Wiedererwägung der bereits erlassenen Editionsverfügung gegen die Bank X. vom 9. Mai 2011. Beantragt wurde im Wesentlichen, sowohl E. als auch dessen Firma Y. sowie die Bank X. seien um Edition von Kontound Depotauszügen des Kontos Nr. 150120 der ... Stiftung sowie des Nachfolgekontos lautend auf ... SA ... Associated SA zu ersuchen (act. 37). Zudem erhob K. gegen die Verfügung vom 9. Mai 2011 mit Schriftsatz vom 23. Mai 2011 bei der Kammer Berufung, ev. Beschwerde. Der Schriftsatz wurde vom Obergericht als Beschwerde entgegengenommen und im Verfahren LU110002 behandelt.

      Mit Verfügung vom 31. Mai 2010 (recte: 2011) wies der Einzelrichter die Anträge auf Ergänzung bzw. Wiedererwägung der Verfügung vom 9. Mai 2011 ab (vgl. act. 4/1 = act. 2/42). Als Rechtsmittel gegen seine Anordnung sah er sodann die Beschwerde vor, bei einer Frist von 10 Tagen, in Analogie zu Art. 167 Abs. 3 ZPO sowie unter Hinweis auf den prozessleitenden Charakter seiner Verfügung (vgl. Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO). In den Erwägungen dazu wies der Einzelrichter indessen darauf hin, es sei Sache der Rechtsmittelinstanz, über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln zu entscheiden (vgl. act. 4/1 S. 7).

  2. Gegen die Verfügung vom 31. Mai 2011 erhob K. mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 (act. 3 und act. 4/1-4) ebenfalls Berufung, ev. Beschwerde und stellte dabei die folgenden Anträge (act. 3 S. 2):

    • 1. Die Verfügung FR100777-L des Bezirksgerichts Zürich vom 31. Mai 2011 sei aufzuheben.

      1. Es seien folgende Editionsverfügungen zu erlassen:

        1. Die Bank X. sei zu ersuchen, innert 10 Tagen dem Gericht folgende Unterlagen einzureichen:

          • Kontound Depotauszüge des Kontos Nr. 150120 der ... Stiftung sowie des Nachfolgekontos lautend auf ... SA ... Associated SA, für den Zeitraum vom 1. November 2004 bis heute bis zu einer allfälligen Saldierung des Kontos.

        2. Der Zeuge E. und dessen Firma Y. seien zu ersuchen, innert 10 Tagen dem Gericht folgende Unterlagen einzureichen, soweit sich diese noch in ihrem Besitz befinden:

          • Kontound Depotauszüge des Kontos Nr. 150120 der ... Stiftung sowie des Nachfolgekontos lautend auf ... SA ... Associated SA, für den Zeitraum vom 1. November 2004 bis heute bis zu einer allfälligen Saldierung des Kontos.

    1. Eventualiter sei die Sache zwecks Erlass der in Ziffer 2 beantragten Verfügungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Ferner wurde der prozessuale Antrag gestellt, das mit der vorliegenden Berufung/Beschwerde anhängig gemachte Verfahren mit dem Verfahren LU110002 zu vereinigen, dessen Gegenstand die Beschwerde gegen die Verfügung vom 9. Mai 2011 bildet (vgl. act. 3 S. 3).

    1. Der Schriftsatz vom 20. Juni 2011 wurde von der Kammer mit Beschluss vom

      28. Juni 2011 einstweilen als rechtzeitig erhobene Berufung entgegengenommen (vgl. act. 5). Um Wiederholungen zu vermeiden, kann hier auf die entsprechenden Erwägungen im Beschluss vom 28. Juni 2011 verwiesen werden. Ferner wurde Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Die vorinstanzlichen Akten (act. 2/1-43) waren bereits zuvor beigezogen worden.

    2. Der Kostenvorschuss ging rechtzeitig ein (vgl. act. 7). Am 11. Juli 2011 wurde die Beschwerde im Verfahren LU110002 mit Urteil abgewiesen, weshalb der prozessuale Antrag auf Vereinigung des vorliegenden Verfahrens mit dem Verfahren LU110002 gegenstandslos geworden ist; Weiterungen zu diesem

      Punkt sind hier deshalb nicht mehr erforderlich. Die Sache erweist sich auch im Übrigen als spruchreif.

  3. Vorab ist der Frage nachzugehen, ob der Schriftsatz vom 20. Juni 2011 als Berufung Beschwerde entgegenzunehmen ist. Diese Frage war im Beschluss vom 28. Juni 2011 ausdrücklich offen gelassen worden (vgl. act. 5 S. 3).

    1. Die angefochtene Verfügung erging in einem Rechtshilfeverfahren, dessen Zweck in der Beweisaufnahme durch ein hiesiges Gericht für ein ausländisches Gericht liegt, vor dem ein Zivilverfahren (sog. Hauptprozess) zwischen den Parteien hängig ist. Massgeblicher Ausgangspunkt für ein Rechtshilfeverfahren eines hiesigen Gerichts (sog. ersuchtes Gericht) ist demnach das Ersuchen des ausländischen Gerichts (sog. ersuchendes Gericht) um Beweisaufnahme. Die Rechtshilfe des hiesigen Gerichts beschränkt sich daher zwangsläufig auf die Beweisaufnahme gemäss dem Ersuchen. Im Wesentlichen heisst das (vgl. auch allgemein: RODRIGUEZ, DIKE-Komm-ZPO, Art. 196 N 4 und dort Fn. 2, ZK ZPOBREITENMOSER/WEYENETH, Art. 194 N 40 ff. und Art. 196 N 23 ff., BSK ZPO, KAISER JOB, N 9 f., KUKO ZPO, KOFMEL EHRENZELLER, Art. 196 N 2, N 4 und N 6 f.):

      • Das ersuchte Gericht führt für das ersuchende Gericht weder den

        Hauptprozess noch einen eigenen Hauptprozess an dessen Stelle. Die Prozessleitung im Hauptprozess kommt ausschliesslich dem ersuchenden Gericht zu, namentlich auch die Bestimmung des Gegenstandes und Umfanges von Beweisaufnahmen. Vorzunehmen sind vom ersuchten Gericht einzig die Beweisaufnahmen, um die das ausländische Gericht ersucht hat.

      • Die Stellung des ersuchten Gerichts ist im Rechtshilfeverfahren daher dem eines Beauftragten vergleichbar. Auftraggeber sind aber nicht die Parteien des Hauptprozesses, sondern ist ausschliesslich das ausländische Gericht. Der Auftrag ist auf die ersuchten Beweisabnahmen beschränkt. Das Ersuchen des ausländischen Gerichts bestimmt den Gegenstand, die Art und den Umfang der Beweisaufnahmen. Für das ersuchte Gericht besteht daher kein Raum, von sich aus andere weitere Beweisabnahmen anzuordnen.

      • Das Ersuchen um Beweisabnahme bestimmt ebenfalls die Mitwirkung Dritter und der Parteien des Hauptprozesses im Verfahren des ersuchten Gerichts. Sie ist auf den Gegenstand der Beweisaufnahme beschränkt.

      • Bei der Beweisaufnahme wendet das hiesige Gericht, unbeschadet dessen,

      dass der Prozess (der sog. Hauptprozess) vor dem ersuchenden Gericht nach dessen Recht geführt wird, grundsätzlich nur sein Recht an (vgl. etwa aArt. 11 Abs. 1 IPRG und Art. 11a Abs. 1 IPRG in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung, ferner etwa Art. 14 Abs. 4 der Haager Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 1. März 1954 [SR 0.274.12] Art. 9

      Abs. 1 des Haager Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Ziviloder Handelssachen vom 18. März 1970 [SR 0.274.132]).

    2. Mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) auf den

      1. Januar 2011 hat das hiesige Recht gewechselt. Gemäss Art. 404 Abs. 1 ZPO gilt das alte Recht allerdings für die Verfahren, die am 1. Januar 2011 bereits hängig waren, weiter bis zu ihrem Abschluss vor der betroffenen Instanz. Demgegenüber gilt gemäss Art. 405 Abs. 1 ZPO für Rechtsmittel und die Rechtsmittelverfahren das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist.

      Das Rechtshilfeverfahren, in dessen Rahmen die angefochtene Verfügung erging, war vor dem 1. Januar 2011 beim Einzelrichter bereits hängig.

      Richtigerweise hat der Einzelrichter daher sein Verfahren weiterhin nach der

      Zürcher Zivilprozessordnung (ZPO/ZH) weiter geführt (vgl. etwa die §§ 157 ff. und

      §§ 183 ff. ZPO/ZH) und namentlich die angefochtene Verfügung nach diesem Recht erlassen. Soweit es im vorliegenden Rechtsmittelverfahren das Verfahren des Einzelrichters zu überprüfen gilt, hat sich diese Überprüfung auf das Recht der ZPO/ZH samt zugehörigen weiteren Erlassen wie das GVG/ZH zu beschränken.

      Die angefochtene Verfügung wurde am 31. Mai 2011 getroffen und danach

      eröffnet, also nach dem Inkrafttreten der ZPO am 1. Januar 2011. Die Rechtsmittel, mit denen die Verfügung angefochten werden kann, richten sich daher nach der ZPO und nicht mehr nach dem bisherigen Recht der ZPO/ZH. Der Einzelrichter hat das wie gesehen im angefochtenen Entscheid erkannt.

    3. Die ZPO sieht zwei Rechtsmittel gegen Entscheide erstinstanzlicher Gerichte vor. Zum einen die Berufung, zum anderen die Beschwerde. Mit der Berufung anfechtbar sind (vgl. Art. 308 ZPO) erstinstanzliche Endentscheide i.S.v. Art. 236 ZPO und erstinstanzliche Zwischenentscheide i.S.v. Art. 237 ZPO sowie erstinstanzliche Entscheide über vorsorgliche Massnahmen. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten muss zudem der Streitwert im Rechtsmittelverfahren mindestens Fr. 10'000.-betragen. Alle übrigen Entscheide erstinstanzlicher Gerichte sind mit dem Rechtsmittel der Beschwerde i.S. der Art. 319 ff. ZPO anzufechten. Die Beschwerde ist dabei sog. subsidiäres Rechtsmittel zur Berufung bei erstinstanzlichen Endund Zwischenentscheiden sowie Entscheiden zu vorsorglichen Massnahmen, die nicht berufungsfähig sind (vgl. Art. 319 lit. a ZPO). Primäres Rechtsmittel ist die Beschwerde hingegen bei erstinstanzlichen Entscheiden, wenn das Gesetz das vorsieht, sowie bei den sog. prozessleitenden Entscheiden erstinstanzlicher Gerichte (vgl. Art. 319 lit. b ZPO).

      1. Die ZPO behandelt Verfügungen erstinstanzlicher Gerichte, mit denen Beweiserhebungenbzw. -abnahmen angeordnet werden, wie schon die ZPO/ZH als sog. prozessleitende Verfügungen. Von einer Prozesspartei können sie daher lediglich mit der Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO angefochten werden (vgl., statt vieler etwa BLICKENSTORFER Dike-Komm-ZPO, Art. 319 N 41 [mit zutreffendem Verweis auf die Botschaft], REICH, Stämpflis Handkommentar ZPO,

        Art. 319 N 8, KUKO ZPO-BRUNNER, Art. 319 N12). Möglich ist ferner die Rechtsverzögerungsbzw. -verweigerungsbeschwerde gemäss Art. 319 lit. c ZPO. Eine Beschwerde räumt die ZPO wie bereits die ZPO/ZH ebenfalls Dritten ein, die von einer Beweiserhebung bzw. -aufnahme unmittelbar betroffen sind, und zwar ausdrücklich gemäss Art. 167 Abs. 3 ZPO i.V.m mit Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO (vgl. dazu etwa HIGI Dike-Komm-ZPO, Art. 167 N 37, BSK ZPO, ERNST SCHMID,

        Art. 167 N 4).

        Die Regelung der ZPO ist auf Verfahren zugeschnitten, in denen ein einziges Gericht im Rahmen des bei ihm hängigen Prozesses auch die Beweisaufnahme vornimmt. Es stellt sich daher die Frage, ob sich bei Rechtshilfeverfahren, in

        denen eine Beweisaufnahme nicht vom Hauptprozessgericht durchgeführt wird, sondern von einem ersuchten Gericht, eine andere Sichtweise gebietet.

      2. Soweit es um Dritte geht, deren Mitwirkung bei der Beweisaufnahme gefordert wird, gilt unabhängig davon, ob die Aufforderung zur Mitwirkung durch ein Gericht im Rahmen des von ihm geleiteten Verfahrens erfolgt auf Ersuchen hin, die Regel des Art. 167 Abs. 3 ZPO. Das Beschwerderecht im Sinne dieser wird vom Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO erfasst. Die Beschwerdefrist beträgt gemäss Art. 321 Abs. 2 ZPO zehn Tage. Eine andere Sichtweise entfällt aufgrund dieser klaren gesetzlichen Anordnung von vornherein.

        Daran ändert auch nichts, dass Dritte gegen den von der Rechtsmittelinstanz gefällten Beschwerdeentscheid an das Bundesgericht gelangen können (vgl. BGE 132 III 291). Denn die Frage, wann eine Beschwerde an das Bundesgericht zulässig wird, beurteilt sich ausschliesslich nach dem BGG und nicht nach der ZPO. Die ZPO ihrerseits regelt ausschliesslich und insofern unabhängig vom BGG die Fragen zu den Rechtsmitteln gegen erstinstanzliche Entscheide. Aus einer allfälligen Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesgericht lassen sich demzufolge keine logisch haltbaren, geschweige denn stichhaltigen Rückschlüsse darauf ziehen, ob gemäss ZPO gegen einen erstinstanzlichen Entscheid das Rechtsmittel der Beschwerde der Berufung gegeben ist. Das gilt es auch im Folgenden zu beachten.

      3. Die Rechtsstellung der Hauptprozessparteien im Rechtshilfeverfahren wird durch den Charakter des Rechthilfeverfahrens bestimmt, der aus den unterschiedlichen Aufgaben und Stellungen des ersuchenden und des ersuchten Gerichts folgt (dazu vgl. vorn Ziff. 3.1). Anders als die Dritten, in deren Rechtssphäre eine Beweisaufnahmeanordnung des ersuchten Gerichts unmittelbar eingreift, sind die Hauptprozessparteien in ihrer Rechtsstellung durch solche Anordnungen in aller Regel nur mittelbar betroffen. Soweit es um Mitwirkungsrechte geht, so sind diese gemäss ZPO zu wahren (vgl. RODRIGUEZ, a.a.O., BREITENMOSER/WEY-ENETH, a.a.O., N 42) und zwar unbeschadet dessen, ob interkantonale Rechtshilfe gemäss Art. 196 ZPO internationalen Rechtshilfe gewährt wird. Die ZPO trifft unter diesem Aspekt keine Differenzierungen und

        insoweit bestehen zwischen diesen zwei Rechtshilfeformen daher auch keine grundlegenden Verschiedenheiten (vgl. etwa RODRIGUEZ, a.a.O.).

        Im Schrifttum wird daher mit gewichtigen Gründen verneint, bei der rechtshilfeweisen Beweisaufnahme (gemäss Art. 196 ZPO) durch das ersuchte Gericht seien andere Rechtsmittel angezeigt als bei der Beweisaufnahme durch das Prozessgericht (vgl. RODRIGUEZ, a.a.O., BREITENMOSER/WEYENETH, a.a.O., N 42). Hervorgehoben wird etwa, dass die primäre Prozessleitung und damit die Bestimmung des Gegenstandes und des Umfangs von Beweisaufnahmen beim Gericht des Hauptprozesses liegt. Insoweit kommt den Parteien des Hauptprozesses so ist nochmals festzuhalten (vgl. vorn Ziff. 3.1) gegenüber dem um Beweisaufnahme ersuchten Gericht gar keine Postulationsfähigkeit bzw. kein Antragsrecht zu (sondern einzig gegenüber dem ersuchenden Prozessgericht).

        Angemerkt wird im Schrifttum ferner, dass sich am prozessleitenden Charakter der Beweisaufnahmeanordnungen des ersuchten Gerichts allein deshalb, weil es im Auftrag des ersuchenden Gerichts handelt, nichts ändert. Es ist denn auch ist dem beizufügen - nichts ersichtlich, was diese Anmerkung irgendwie zu widerlegen vermöchte. Im Gegenteil: Selbst da, wo es z.B. um die Mitwirkungslast und daher ggf. Mitwirkungsweigerung einer Partei gehen könnte, hat nicht das ersuchte Gericht die sich aus einer Weigerung ergebenden Schlüsse und Rechtsfolgen zu ziehen, sondern das ersuchende Gericht (vgl. zur Illustration Art. 164 ZPO). Das verdeutlicht das Gesagte, soweit es der Verdeutlichung überhaupt noch bedürfte.

        Weitere Argumente für die Beschwerde sind die sog. Prozessökonomie und

        die Dringlichkeit, mit der die Rechtshilfe zu gewähren ist. Ausschlaggebend kann das nicht sein, sondern höchstens der Abrundung des eben Dargelegten sowie des Nachfolgenden dienen (zur Illustration kann zudem auf die Erwägungen unter nachfolgender Ziff. 4 verwiesen werden).

        Im Schrifttum wird endlich darauf hingewiesen, dass den Parteien des

        Hauptprozesses dann, wenn ihre Mitwirkungsrechte bei der Beweisaufnahme beschnitten werden, die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO ebenso zur Verfügung steht wie die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. c ZPO in dem Fall, in dem das ersuchte Gericht die Beweisaufnahme nicht an die Hand nimmt oder

        verweigert. Sie stehen daher im Rechtshilfeverfahren hinsichtlich der Möglichkeiten, ihre Rechte zu wahren, nicht schlechter da, wie in dem Verfahren, in dem das Gericht auch die Beweisaufnahme selbst vornimmt. Gründe, die Mitwirkungsrechte der Parteien des Hauptprozesses im Rechtshilfeverfahren in dieser Hinsicht gewissermassen zu privilegieren, finden sich keine. Namentlich folgt nichts dergleichen aus den Rechtsmittelregelungen der ZPO.

    4. Aus allen vorgenannten Gründen erweist sich somit die Beschwerde als das zutreffende Rechtsmittel der Hauptprozessparteien gegen die Anordnungen eines um Beweisaufnahme ersuchten erstinstanzlichen Gerichts, die die Beweisaufnahme regeln. Die Verfügung vom 31. Mai 2011 hatte solche Regelungen zum Gegenstand. Der als Berufung eventuell als Beschwerde bezeichnete Schriftsatz von K. (nachfolgend: die Beschwerdeführerin), der vom 20. Juni 2011 datiert, ist daher als Beschwerde entgegenzunehmen und zu behandeln. Der Beschwerdeführerin erwächst hieraus mit Blick auf Art. 325 ZPO kein Nachteil, nachdem der Schriftsatz einstweilen als Berufung entgegengenommen worden war (vgl. dazu Art. 315 Abs. 1 ZPO).

Der Einzelrichter hat der Beschwerdeführerin in der angefochtenen Verfügung eine Beschwerdefrist von zehn Tagen bezeigt. Ob das zutreffend war ob die Frist stattdessen auf 30 Tage festzusetzen gewesen wäre, kann hier offen gelassen werden: Die Beschwerde wurde innerhalb von zehn Tagen seit der Zustellung der Verfügung vom 31. Mai 2011 erhoben; sie erweist sich daher unter jedem Titel als rechtzeitig. Immerhin bleibt anzumerken, dass mit Blick einerseits auf den prozessleitenden Charakter der Anordnungen zur Beweisaufnahme sowie die Dringlichkeit von Rechtshilfeverfahren sowie anderseits auf Art. 321 Abs. 2 ZPO die Auffassung des Einzelrichters, die Beschwerdefrist betrage 10 Tage, durchaus als haltbar erscheint.

Obergericht, II. Zivilammer Beschluss und Urteil vom 18. Juli 2011 Geschäfts-Nr.: LU110003-O/U

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