Zusammenfassung des Urteils LQ090053: Obergericht des Kantons Zürich
Das Gerichtsurteil betrifft eine Scheidungsklage, bei der der Kläger gezwungen werden soll, den Scheidebrief gemäss jüdischem Recht zu übergeben. Der Kläger weigert sich bisher, dies zu tun. Das Gericht entscheidet, dass das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem nicht anerkannt werden kann und daher nicht vollstreckbar ist. Der Kläger beruft sich auf Glaubens- und Gewissensfreiheit, um die Übergabe des Scheidebriefes zu verweigern. Das Gericht hebt die vorherige Verfügung auf und weist den Fall zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurück. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LQ090053 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 17.06.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Eintreten, Kosten- und Entschädigungsfolgen |
Schlagwörter : | Schei; Scheid; Recht; Scheidebrief; Scheidung; Über; Urteil; Scheidebriefes; FARTH; HERFARTH; Übergabe; Bezirksgericht; Jerusalem; Zwang; Rabbini; Rabbinische; Schweiz; Vorinstanz; Rabbinischen; Bezirksgerichts; Vollstre; Sinne; Zwangs; Entscheid; Rekurs; Vollstreckung; Parteien; Ehemann |
Rechtsnorm: | Art. 1 IPRG ;Art. 15 BV ;Art. 27 IPRG ;Art. 28 IPRG ;Art. 292 StGB ;Art. 35 BV ;Art. 61 IPRG ;Art. 65 IPRG ;Art. 9 EMRK ;Art. 9 IPRG ; |
Referenz BGE: | 116 II 387; 78 II 101; 85 II 223; 97 I 221; |
Kommentar: | - |
X.
Y.
... und ...
B.
A.
Betrag von Fr. 3'500.zuzüglich Mehrwertsteuer von 7,6%, Urk. 3 S. 22) sei auf zuheben und der Kläger sei zu verpflichten, der unentgeltlichen Rechtsvertreterin der Beklagten eine Prozessentschädigung von Fr. 17'468.15 (inklusive Mehr wertsteuer von 7,6%) zu bezahlen (Urk. 16 S. 2). Letzteren Antrag zog die Be klagte am 26. November 2009 zurück (Urk. 23), wovon mit Präsidialverfügung vom 30. November 2009 Vormerk genommen wurde (Urk. 24).
Mit Eingabe vom 19. November 2009 beantragte die Beklagte, dem Kläger sei die unentgeltliche Rechtspflege zu entziehen und es sei die Nachzahlungs pflicht für die bisherige unentgeltliche Rechtspflege anzuordnen (Urk. 20).
Es folgte ein Schriftenwechsel betreffend Noven (Urk. 19; Urk. 25-42).
II.
Die Vorinstanz erachtete alle Voraussetzungen für die Anerkennung des Ur teils des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 gernäss Art. 25 ff. und 65 IPRG als erfüllt (Urk. 3 S. 5 ff.) und trat in Anwendung Art. 9 Abs. 3 IPRG auf die Scheidungsklage nicht ein (Urk. 3 S. 15).
Der Kläger bestreitet rekursweise, dass das Urteil des Rabbinischen Be zirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 eine anerkennbare Entscheidung im Sinne von Art. 25 ff. und Art. 65 Abs. 1 IPRG ist (Urk._ 2 S. 7 ff.; Urk. 9 S. 2 ff.).
Diese Frage ist im Rahmen von Art. 9 Abs. 3 IPRG zu prüfen. Art. 9 IPRG ist eine der Vorschriften des IPRG über die Zuständigkeit (Art. 2-12 IPRG). Die Zu ständigkeit ist eine Prozessvoraussetzung, deren Vorhandensein von Amtes we gen geprüft wird (§ 108 ZPO). Noven sind daher unbeschränkt zulässig (§ 115 Ziff. 4 ZPO; vgl. diesbezüglich Urk. 28 S. 3 f.).
Auf Vorbringen der Parteien ist nur insoweit einzugehen, als dies für die Ent scheidtindung notwendig ist.
Der bei den Akten liegenden Übersetzung des Urteils des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem ist wörtlich zu entnehmen (Vi Urk. 36 S. 3):
Das Gericht fällt hiermit das Urteil, dass der Ehemann zur Scheidung zu zwingen ist mit allen gesetzlichen Mitteln, wie es vom Gesetz aus verpflichtet wird [..],
Dieser Wortlaut ist so zu verstehen: Dem jüdischen Scheidungsrecht liegt das Prinzip der Privatscheidung zugrunde (CHRISTOPH HERFARTH, Die Scheidung nach jüdischem Recht im internationalen Zivilverfahrensrecht, Heidelberg 2000,
S. 5 und S. 37 f.). Die Ehe wird durch die Ehegatten selbst geschieden, indem der Ehemann der Frau einen Scheidebrief - den sog. Get - übergibt (HERFARTH,
S. 5). Die Übergabe des Scheidebriefes hat zwar grundsätzlich unter Aufsicht ei nes Rabbinatsgerichts zu erfolgen (zum detaillierten Ablauf siehe HERFARTH, S. 27 f.; vgl. auch SCHEFTELOWITZ, S. 109 in: BERGMANN/FERID, Internationales Ehe und Kindschaftsrecht, 93. Lieferung, 1987), die Ehe wird aber nicht durch dessen Urteil geschieden: Der konstitutive Scheidungsakt ist allein die Übergabe des Scheidebriefes durch den Mann an die Frau (HERFARTH, S. 5 und S. 190 f.). Das Rabbinatsgericht kann diesen Akt nicht durch ein Urteil ersetzen (HERFARTH, S. 38, 190 f. und 439 f.). Weigert sich der Ehemann, den Scheidebrief zu übergeben, bleibt die Ehe bestehen (HERFARTH, S. 11 und S. 275 f.). Das Gericht kann die Übergabe des Scheidebriefes erzwingen, indem es gegenüber dem Ehemann Zwangsmassnahmen in Form von höheren Unterhaltsleistungen Beugehaft anordnet (HERFARTH, S. 32 f.). Weigert sich der Ehemann trotzdieser Massnah men, den Scheidebrief zu übergeben, bleibt die Ehe dennoch bestehen (HER FARTH, S. 33).
Der Kläger hat sich bis anhin geweigert, den Scheidebrief zu übergeben (Urk. 3 S. 5). Damit ist der konstitutive Scheidungsakt noch nicht vollzogen und die Ehe der Parteien ist noch nicht geschieden. Das Rabbinische Bezirksgericht Jerusalem entschied zwar, der Kläger sei zur Übergabe des Scheidebriefes zu zwingen (Vi 36 S. 3), und verurteilte ihn mit Urteil vom 2. September 2007 zu ei nem Jahr Beugehaft (Vi Urk. 51/4), aber das vermag nichts daran zu ändern, dass das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 als solches keine eheauflösende Wirkung hat und daher keine ausländische Ent scheidung über die Scheidung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 IPRG ist (HERFARTH,
S. 84, S. 420 ff. und 439 f.; SCHEFTELOWITZ, S. 109; KURT SIEHR, Das Internationa
le Privatrecht der Schweiz, Zürich 2002, S. 55 ff.; BOPP, Basler Kommentar zum IPRG, 2. Auflage, Basel 2007, Art. 65 N 5; VOLKEN, Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Auflage, Zürich 2004, Art. 65 N 16; so auch im deutschen Recht: Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes vom 28. Mai 2008, XII ZR 61/06, in: IPRax 2009, S. 347-351, Urk. 11/1). Damit erweisen sich die Vorbringen des Klägers in Urk. 2 S. 12 f. und Urk. 9 S. 2 f. als richtig.
Das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 kann somit nicht als ausländisches Scheidungsurteil im Sinne von Art. 65 Abs. 1 IPRG anerkannt werden.
Zu prüfen ist, ob das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem als ausländische Entscheidung im Sinne von Art. 25 ff. IPRG anerkannt werden kann. Das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 ver pflichtet den Kläger, den Scheidebrief zu übergeben und ordnet dazu Zwangs massnahmen an (Vi Urk. 36 S. 3). Damit das Urteil seine Wirkung in der Schweiz entfalten kann, bedarf es der Vollstreckbarerklärung im Sinne von Art. 28 IPRG (sog. rechtsbegründendes Gestaltungsurteil; GERHARD WALTER, Internationales Zivilprozess der Schweiz, 4. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien, S. 378). Die Anerken nung und Vollstreckung des Urteils in der Schweiz bedeutet, dass der Kläger mit gerichtlich anzuordnenden Massnahmen zur Übergabe des Scheidebriefes in der Schweiz zu zwingen ist. Als solche Massnahmen kommen die Vollstreckungsmit tel gernäss § 306 ZPO (Ordnungsbusse Ungehorsamsstrafe gernäss Art. 292 StGB) und § 308 ZPO (Abgabe einer Willenserklärung) in Frage.
Auf die Übergabe des Scheidebriefes zielende Zwangsmassnahmen gernäss § 306 ZPO (Ordnungsbusse Ungehorsamsstrafe gernäss Art. 292 StGB) sind nicht zum Vornherein auszuschliessen: Das jüdische Recht lässt Zwangsmassnahmen eines nichtjüdischen Gerichts zu, sofern wie vorliegend (Vi Urk. 36 und 51/4)ein Rabbinatsgericht den Ehemann vorgängig zur Über gabe des Scheidebriefes verurteilt hat (HERFARTH, S. 406 mit zahlreichen Hinwei sen aufjüdische Rechtsquellen).
Der Kläger machte vor Vorinstanz und im Rekursverfahren sinngernäss geltend, er wolleunter Berufung auf Glaubensund Gewissensfreiheit gernäss Art. 15 BV und Art. 9 EMRK keine Scheid ng nach jüdischem Recht und ver weigere daher die Übergabe des Scheidebriefes (Urk. 2 S. 8 ff.; Urk. 3 S. 11).
ln der Lehre ist es umstritten, ob es sich beim blassen Übergabeakt des Scheidebriefes innerhalb des gesamten Scheidungsverfahrens nach jüdi schen Recht um einen religiösen Akt handelt (HERFARTH, S. 71 ff. und S. 242 ff.). Unbestritten ist indessen, dass das jüdische Recht eine theonome, ganzheitliche Rechtsordnung und durch die Einheit von Recht und Religion gekennzeichnet ist und es sich daher bei der Scheidung nach jüdischem Recht um einen religiösen Vorgang handelt (so HERFARTH, S. 75, nach eingehender Analyse der Religiosität des jüdischen Scheidungsrechts aus der Perspektive des säkularen Rechts, S. 53 ff.). Da die Übergabe des Scheidebriefes der konstitutive Scheidungsakt nach jü dischem Recht ist, ist jeder auf die Übergabe des Scheidebriefes zielende Zwang nicht nur ein Zwang zu einem (privaten) Rechtsakt, sondern auch ein Zwang zu einer Scheidung nach jüdischem Recht und damit zu einem religiösen Vorgang. Ein solcher von Seiten des Staates ausgeübter Zwang ist mit der Glaubensund Gewissensfreiheit gernäss Art. 15 BV und Art. 9 EMRK nicht vereinbar, da diese dem Einzelnen das Recht verschafft, sich eine religiöse Überzeugung frei von jeglicher staatlichen Beeinflussung zu bilden, zu wählen und zu wechseln, zu praktizieren und zu verbreiten auch abzulehnen und nach der gewonnen Einsicht sein Leben zu gestalten (CAVELTt/KLEY, St. Galler Kommentar zu Art. 15 BV, Rz. 10 und 12 f.; BGE 97 I 221 E. 4d, 230). Die Glaubensund Gewissens freiheit verpflichtet den Staat zu einem religiös neutralen Verhalten, da Erstere nicht nur ein Individualrecht ist, sondern auch eine objektivrechtliche Norm ist, an der sich die gesamte Staatstätigkeit zu orientieren hat (Art. 35 Abs. 1 BV; CAVEL Tt/KLEY, St. Galler Kommentar zu Art. 15 BV, Rz. 17).
Der Kläger hat nach jüdischem Recht in Zürich geheiratet (Urk. 16
S. 13 f. und S. 24; Urk. 18/4); jüdisches Eheschliessungsund Ehescheidungs recht ist religiöses Recht (HERFARTH, S. 50 ff. und S. 75; SCHEFTELOWITZ, S. 109). Er verhält sich zwar widersprüchlich, wenn er die Scheidung nach jüdischem
Recht nun aus religiösen Gründen verweigert, aber daraus kann nichts abgeleitet werden, weil der Schutzbereich des Glaubensund Gewissensfreiheit gernäss Art. 15 BV und Art. 9 EMRK auch das Recht beinhaltet, die religiöse Überzeugung zu wechseln (CAVELTI/KLEY, St. Galler Kommentar zu Art. 15 BV, Rz. 10; vgl. dazu die diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten in Urk. 16 S. 7 ff. und 13 f.).
Auf die Übergabe des Scheidebriefes zielende Zwangsmassnahmen in Form von Ordnungsbusse Ungehorsamsstrafe gernäss Art. 292 StGB ver stossen somit gegen Art. 15 BV und Art. 9 EMRK (so auch HERFARTH für das deutsche Recht, S. 412). Die Bundesverfassung und die Europäische Menschen rechtskonvention sind grundlegende Vorschriften der schweizerischen Rechts ordnung und gehören daher zum schweizerischen Ordre public im Sinne von Art. 27 Abs. 1 IPRG (BOPP, Basler Kommentar zum IPRG, 2. Auflage, Basel 2007, Art. 27 N 5).
Die Anwendung von § 308 ZPO bei der Vollstreckung des Urteils des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 bedeutet, dass die Übergabe des Scheidebriefes durch richterlichen Entscheid ersetzt wird. Eine sol che Vollstreckung lässt sich sowohl mit dem Schweizer Recht als auch mit dem jüdischen Recht nicht vereinbaren: Nach bundesgerichtlicher Praxis gilt die Klage auf Ehescheidung als absolut höchstpersönliches Recht (BGE 78 II 101; BGE 85 II 223; BGE 116 II 387), so dass auch die Übergabe des Scheidebriefes als kon stitutiver Scheidungsakt als absolut höchstpersönlich zu qualifizieren ist. Nach jü dischem Recht kann die Übergabe des Scheidebriefes nicht durch ein Urteil er setzt werden (HERFARTH, S. 38, 190 f. und 439 f.). Die Vollstreckung nach § 308 ZPO vermag also den nach jüdischem Recht konstitutiven Scheidungsakt nicht herbeizuführen und ist daher eine untaugliche Vollstreckungsmassnahme.
Das Urteil des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 kann somit in der Schweiz nicht vollstreckt werden, da die in Frage kom menden Vollstreckungsmittel entweder mit dem schweizerischen Ordre public nicht zu vereinbaren(§ 306 ZPO) untauglich(§ 308 ZPO) sind. Da das Urteil als rechtsbegründendes Gestaltungsurteil ohne Vollstreckbarkeit keine Wirkungen
in der Schweiz entfalten kann, bedarf es auch keiner Anerkennung (WALTER,
S. 378).
Das jüdische Recht unterscheidet sich im Zusammenhang mit der Vollstre ckung des Urteils des Rabbinischen Bezirksgerichts Jerusalem also nur hinsicht lich der auf die Übergabe des Scheidebriefes zielenden Zwangsmassnahmen vom schweizerischen Recht. Selbst wenn das Schweizer Recht solche Zwangs massnahmen zulassen würde, so würde dieselbe Situation wie nach jüdischem Recht resultieren, wenn der Kläger trotz solcher Zwangsmassnahmen die Über gabe des Scheidebriefes weiterhin verweigert: Die Ehe zwischen den Parteien . bliebe bestehen. Diese Situation ist allein im jüdischen Recht begründet. Soweit die Beklagte diese Situation als völkerrechtswidrig kritisiert (Urk. 16 S. 9 ff.), so richtet sich diese Kritik an das jüdische, und nicht an das schweizerische Recht.
111.
Da die Ehe zwischen den Parteien noch besteht und das Urteil des Rabbini schen Bezirksgerichts Jerusalem vom 31. Januar 2007 nicht anerkannt werden kann, ist Art. 9 Abs. 3 IPRG nicht anwendbar. Es besteht vielmehr ein Rechts schutzinteresse des Klägers für die von ihm vor Vorinstanz angehobene Schei dungsklage. Die Vorinstanz ist auch wenn der Kläger seit 30. Juni 2008 in Frankreich lebt (Urk. 18/3; Urk. 28 S. 12) - örtlich und sachlich zuständig und Schweizer Recht ist anwendbar (Art. 1 IPRG; Art. 59 lit. a IPRG; Art. 61 Abs. 1 IPRG; § 21 Abs. 2 Ziff. 4 GVG). Der Rekurs des Klägers ist daher gutzuheissen und die Verfügung der Vorinstanz vom 23. Juni 2009 vollumfänglich aufzuheben und der Prozess zur Anhandnahme und Durchführung des Verfahrens an die Vor instanz zurückzuweisen.
Der Kläger lässt in der Rekursschrift ausführen, dass er den Scheidebrief auch in Zukunft nicht übergeben werde, und zwar unter Berufung auf Glaubens und Gewissensfreiheit gernäss Art. 15 BV und Art. 9 EMRK (Urk. 2 S. 8 f.; Urk. 3
S. 11). Tatsache ist aber, dass er den Scheidebrief nach wie vor übergeben und
damit die Scheidung nach jüdischem Recht vollziehen kann. Das ist angesichts
der Tatsache, dass die Rabbinatsgerichte in Israel eine ausländische Zivilschei dung nicht anerkennen (eine solche wird nur in das staatliche Bevölkerungsregis ter.eingetragen), nicht undenkbar (HERFARTH, S. 39 f.; SCHEFTELOWITZ, S. 42). Die Parteien müssen zwingend nach jüdischem Recht geschieden werden (also durch Übergabe des Scheidebriefes vor einem Rabbinatsgericht), wenn sie religionsge setzlich wieder heiraten wollen (HERFARTH, S. 39 f.; SCHEFTELOWITZ, S. 42)
Übergibt der Kläger den Scheidebrief vor Abschluss des von der Vorinstanz durchzuführenden Scheidungsverfahrens, wird dieses dadurch gegenstandslos; der Anerkennung einer nach jüdischem Recht (vollständig) vollzogenen Schei dung steht nichts entgegen (SIEHR, S. 55 ff.; BOPP, Art. 65 N 6). Übergibt der Klä-. ger hingegen den Scheidebrief nachdem das von der Vorinstanz durchzuführende Scheidungsverfahren mit einem rechtskräftigen Scheidungsurteil abgeschlossen ist, bestehen zwei sich allenfalls hinsichtlich der Nebenfolgen widersprechende
- Scheidungsurteile. Diese Situation lässt sich aufgrund der dargelegten Rechts lage nicht vermeiden. Der Kläger ist daher an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das Scheidungsverfahren vor Vorinstanz zur Wahrung seiner Glaubensund Gewissensfreiheit durchgeführt wird und er sich rechtsmissbräuchlich verhielte, wenn er nach Abschluss des hiesigen Scheidungsverfahrens den Scheidebrief übergäbe, um sich hinsichtlich der Nebenfolgen auf die nach jüdischem Recht vollzogene Scheidung zu berufen.
Ausgangsgernäss sind die Kostenund Entschädigungsfolgen für das Rekursver fahren zu regeln (§ 64 Abs. 2 und § 66 Abs. 2 ZPO). Da der Kläger vollständig obsiegt und die Beklagte sich mit dem vorinstanzliehen Entscheid identifiziert hat, sind ihr die Kosten des Rekursverfahrens aufzuerlegen. Die Beklagte ist zudem zu verpflichten, dem Kläger eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.zuzüglich Fr. 266.- (7,6% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
X1.
X2.
X.
X.
... [Adresse])
kein Anlass für einen (abweichenden) selbstständigen Entscheid im Sinne von
§ 90 Abs. 2 ZPO.
Auf die Anträge der Beklagten auf Entzug der dem Kläger gewährten unent geltlichen Rechtspflege und auf Anordnung der Nachzahlung der dem Klä ger bis anhin gewährten unentgeltlichen Rechtspflege wird nicht eingetreten.
ln Gutheissung des Rekurses des Klägers wird die Verfügung der Einzelrich terin am Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, vom 23. Juni 2009 vollumfäng lich aufgehoben und der Prozess zur Anhandnahme und Durchführung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
3. Die zweitinstanzliehe Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.-.
Die Kosten des Rekursverfahrens werden der Beklagten auferlegt, jedoch infolge der ihr gewährten unentgeltlichen Prozessführung einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Nachzahlungspflicht gernäss § 92 ZPO bleibt vorbehalten.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Rekursverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'766.zu bezahlen.
6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Zürich,
4. Abteilung, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzliehen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit telfrist an die Vorinstanz zurück.
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach dessen Empfang beim Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 8022 Zürich, durch eine dem § 288 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechende Eingabe im Dop-
- 14-
pel kantonale Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne des § 281 ZPO geführt wer den.
Zulässigkeit und Voraussetzungen einer bundesrechtlichen Beschwerde ge gen diesen Entscheid richten sich nach den Bestimmungen des Bundesge setzes über das Bundesgericht (BGG, insb. Art. 72 ff., 90 ff. und 113 ff.). Ei ne allfällige Beschwerde wäre innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne einzureichen. Wird kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, läuft die Frist zur bundesrechtlichen Be schwerde gegen den vorliegenden Entscheid erst ab Eröffnung des Ent scheides des Kassationsgerichtes.
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Zivilkammer
Der juristische Sekretär:
rx.UJvL
lic. iur. R. Kokotek
versandt am: mc
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