Zusammenfassung des Urteils LF230088: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall geht es um die Testamentseröffnung im Nachlass von E., der verstorben ist und ein Testament hinterlassen hat, in dem er D. und C. als Erben einsetzt. Nach dem Tod von E. wurde das Testament amtlich eröffnet, wobei A. als gesetzliche Erbin bestimmt wurde. A. hat gegen diesen Entscheid Berufung eingelegt, da sie selbst als Erbin eingesetzt werden möchte. Die Berufungsklägerin argumentiert, dass das Urteil auf ungültigen Dokumenten basiere. Das Gericht entscheidet, dass das Testament gültig ist und bestätigt das vorherige Urteil. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 500.-, die von der Berufungsklägerin zu tragen sind.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF230088 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 10.01.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Testamentseröffnung |
Schlagwörter : | Berufung; Testament; Testaments; Verfügung; Pfäffikon; Berufungsklägerin; Urteil; Notariat; Kanton; Vorinstanz; Entwurf; Testamentseröffnung; Erben; Einzelgericht; Verfahren; Gericht; Kantons; Berufungsbeklagte; Testamentsentwurf; Bezirksgericht; Vorsorgeauftrag; Generalvollmacht; Verfahrens; Parteien; Obergericht; Oberrichter; Notar-…; Testator |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 28 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 324 ZPO ;Art. 483 ZGB ;Art. 505 ZGB ;Art. 505 ZPO ;Art. 53 ZPO ;Art. 556 ZGB ;Art. 557 ZGB ;Art. 557 ZPO ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF230088-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. A. Strähl sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Tanner
Urteil vom 10. Januar 2024
in Sachen
Berufungsklägerin vertreten durch B.
gegen
Berufungsbeklagte
betreffend TestamentsEröffnung
Erwägungen:
1.
E. , geboren am tt. Oktober 1930, traf am 14. September 2023 die Notar-... [Funktion] des Notariats Pföffikon, H. , um mit ihr die Regelung sei- nes Nachlasses zu besprechen. Im Rahmen dieser Zusammenkunft erteilte
dem Notariat Pföffikon den Auftrag, einen Testamentsentwurf auszuarbeiten (act. 1). Die Notar-... erstellte am 15. September 2023 einen solchen Entwurf, der wie folgt lautet (act. 2):
Entwurf Nr. 1 vom 15.09.2023
Notariat Pföffikon
Das Testament ist gültig, wenn es vom Testator selbst vom Anfang bis zum Ende eigenhündig geschrieben wird, einschliesslich Tag, Monat und Jahr der Ausstellung sowie der Unterschrift (Art. 505 Abs. 1 ZGB).
Das Originaltestament ist an einem sicheren Ort aufzubewahren. Es kann auch (im Kanton Zürich) beim Notariat am Wohnsitz des Testators hinterlegt werden.
Der Testator wurde darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Testament anfechtbar ist, da seine Nachkommen in ihrem Pflichtteil verletzt werden. Ferner wurde er auf das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz des Kantons Zürich hingewiesen.
Testament
Ich, E. , geb. tt.10.1930, von F. , I. -strasse ..., J. , mit Aufenthalt im K. , ... [Adresse], verfüge als meinen letzten Willen:
Hiermit widerrufe ich alle meine Früheren letztwilligen Verfügungen.
Ich bin verwitwet. Mein Sohn L. , geb. 1951, ist ohne Nachkommen vorverstorben und meine Tochter [Vorname], geb. 1953, ist im Alter von 17 Jahren von zu Hause ausgezogen, seither hatten wir keinen Kontakt mehr.
Ich setze die folgenden beiden Personen als einzige Erben in meinen Nachlass ein:
Zu 50 %: Herr D. , geb. tt.10.1930, von M. , ... [Adresse]. Ersatzerbin ist C. bzw. deren Nachkommen.
Zu 50 %: Frau C. , geb. tt.01.1966, von M. , ... [Adresse]. Ersatzerbe ist D. bzw. dessen Nachkommen.
(Ort, Datum)
(Unterschrift)
Das Notariat Pföffikon stellte den vorstehenden Testamentsentwurf
E. per A-Post zu (act. 3 = act. 5/2). Da dieser den Entwurf offenbar aufgrund von Handschmerzen nicht abschreiben konnte, vereinbarte er am
26. September 2023 im Beisein von C. telefonisch mit dem Notariat Pföffikon den 27. September 2023, 10:00 Uhr, als Termin, um eine öffentliche letztwillige Verfügung zu errichten. C. teilte am 27. September 2023 um 09:04 Uhr dem Notariat Pföffikon dann allerdings telefonisch mit, dass E. krank sei und deshalb den vereinbarten Termin um 10:00 Uhr absage (act. 1). Am
6. Oktober 2023 starb E. (act. 4).
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2023 sandte die Notar-... H. dem Bezirksgericht Pföffikon, Einzelgericht s.V. (fortan Vorinstanz), ihren Testamentsentwurf zur amtlichen Eröffnung ein (act. 1). C. reichte der Vorinstanz mit Schreiben vom 1. November 2023 denselben Testamentsentwurf sowie Entwürfe für einen Vorsorgeauftrag und für eine Generalvollmacht ein (act. 5/16).
2.
2.1. Die Vorinstanz eröffnete am 20. Dezember 2023 die vorstehend wiedergegebene letztwillige Verfügung amtlich, ohne jemanden zu diesem Termin vorzula- den (vgl. act. 12 = act. 17 = act. 19 E. I). Mit Urteil vom 20. Dezember 2023 erwog die Vorinstanz, sie habe A. als gesetzliche Erbin ermittelt. gestützt auf das Testament gülten zudem C. und D. als Erben. Ihnen wurde die Ausstellung eines Erbscheins auf entsprechendes Verlangen in Aussicht gestellt.
3.
Gegen diesen Entscheid erhob die Berufungsklägerin am 27. Dezember 2023 (Datum Poststempel) mit folgendem Rechtsbegehren Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich (act. 18):
Frau A. stellt den Antrag, dass das Urteil vom 20. Dezember 2023 in Sachen Nachlass E. (Geschäfts-Nr. EL230198-H) aufgehoben wird und als die gesetzliche Erbin Frau A. , geb. tt. August 1953 wohnhaft an der ... [Adresse] eingesetzt wird.
Von der Einholung einer Berufungsantwort bzw. einer vorinstanzlichen Vernehmlassung kann abgesehen werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO; Art. 324 ZPO analog). Die Berufungsschrift (act. 18) ist den Berufungsbeklagten mit dem vorliegenden Endentscheid zuzustellen.
4.
Die Berufungsklägerin wirft der Vorinstanz sinngemäss vor, sie habe das angefochtene Urteil gestützt auf einen ungültigen Vorsorgeauftrag und eine ungültige Generalvollmacht erlassen. Diese Dokumente seien bloss nicht unterschriebene Entwürfe, die zudem weder notariell beglaubigt noch beurkundet worden seien. Auch könne C. diese Dokumente selbst geschrieben haben (act. 18 S. 1).
5.
Findet sich beim Tode des Erblassers eine letztwillige Verfügung , so ist diese der Behörde unverweilt einzuliefern, und zwar auch dann, wenn sie als ungültig erachtet wird (Art. 556 Abs. 1 ZGB). Eingeliefert werden müssen alle Schriftstücke, die aufgrund ihres Inhaltes eine letztwillige Verfügung sein können (OGer, LF140002 vom 7. Mai 2014, E. III/1; PK Erbrecht-Emmel/Ammann, 5. A., Art. 556 N 5; BSK ZGB II-Leu/Gabrieli, 7. A., Art. 557 N 11). Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Dokumente allenfalls widersprechen, sie ungültig nichtig erscheinen aufgehoben wurden (V?lk, Die Pflicht zur Einlieferung von Testamenten [Art. 556 ZGB] und ErbvertRügen und ihre Missachtung, Zürich/Basel/Genf 2003, S. 23 ff.). Im Zweifelsfall hat die Behörde die Eröffnung vorzunehmen, damit die am Nachlass Beteiligten die Möglichkeit haben, ihre Rechte vor dem ordentlichen Richter geltend zu machen (ZGB II-Leu/Gabrieli, 7. A., Art. 557 N 11).
Die Eröffnung eines Testaments ist ein Akt der freiwilligen, das heisst nichtstreitigen Gerichtsbarkeit. Es handelt sich dabei um keine richterliche T?-
tigkeit im engeren Sinn, sondern vielmehr um einen Akt administrativer Natur, also eine Art Verwaltungshandlung, deren Ausführung im Kanton Zürich den Einzelgerichten zugewiesen ist. Dabei gelangt das summarische Verfahren zur Anwendung (Art. 248 lit. e ZPO in Verbindung mit 24 lit. c GOG und 137 lit. c GOG). Die letztwillige Verfügung muss binnen Monatsfrist nach der Einlieferung von der zuständigen Behörde eröffnet werden (Art. 557 Abs. 1 ZPO). Die TestamentsEröffnung nach Art. 556 ff. ZGB dient der Bekanntgabe des Testamentsinhaltes an die davon betroffenen Personen und der Einräumung einer Kontrollmöglichkeit an letztere, um sich vom Inhalt und Zustand der Urkunde selbst ein Bild zu machen (OGer, LF140002 vom 7. Mai 2014, E. III/1). Wie das testamentseröff- nende Gericht entscheidet auch die anschliessende Rechtsmittelinstanz nicht über den Bestand Nichtbestand von materiellen Rechten (Engler/Jent- Sürensen, Behürdliche Mitwirkung beim Erbgang Mechanik eines eigenartigen Verfahrens, Erbrechtliche Summarverfahren im Kanton Zürich, SJZ 2017,
S. 421 ff., 428).
Das Notariat Pföffikon verfasste für E. am 15. September 2023 den eingangs wiedergegebenen Textentwurf (act. 2). E. setzt darin D. und C. als einzige Erben in seinen Nachlass ein. Als Erbeinsetzung gilt jede Verfügung nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt so wie hier zu einem Bruchteil erhalten soll (Art. 483 Abs. 2 ZGB). Indem E. zum Aus- druck brachte, dass er die genannten beiden Personen zu seinen Erben machen Möchte, liegt mit dem Entwurf eine zu eröffnende Verfügung vor. Bedeutungslos ist dabei im vorliegenden TestamentsEröffnungsverfahren, ob das Schriftstück die formellen Voraussetzungen von Art. 505 Abs. 1 ZPO erfüllt. Aufgrund des Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den im Entwurf festgehaltenen letzten Willen des Erblassers eröffnet und gestützt darauf den eingesetzten Erben die Ausstellung eines Erbscheins in Aussicht gestellt hat.
Die Art. 519 ff. ZGB statuieren den Grundsatz der Anfechtbarkeit einer letztwilligen Verfügung: Eine mangelhafte Verfügung von Todes wegen ist erst dann ungültig, wenn sie auf Klage hin rechtsKräftig für ungültig erklärt wurde; vorher ist sie als gültig zu betrachten. Wer der Ansicht ist, die eröffnete Verfügung
von Todes wegen leide an einem materiellen formellen Mangel, muss eine Ungültigkeitsklage nach Art. 519 ff. ZGB erheben. Testamentsanfechtungen haben durch Einleitung eines Schlichtungsverfahrens beim Friedensrichteramt am letzten Erblasserwohnsitz zu geschehen (Art. 28 Abs. 1 ZPO). Ein solches Testamentsanfechtungsverfahren ist offenbar bereits beim Friedensrichteramt
G. hängig, wie die Berufungsklägerin selbst ausführt (act. 18 S. 1).
Das TestamentsEröffnungsgericht darf sich nicht zur (fehlenden) Gültigkeit einer bei ihm eingereichten letztwilligen Verfügung äussern. Andernfalls würde es sich die Kompetenz des ordentlichen Testamentsanfechtungsgerichts anmassen. Auch hat sich das TestamentsEröffnungsgericht nicht mit der Frage zu befassen, welche Rechtswirkung einem Vorsorgeauftrag und einer Generalvollmacht zukommt. Beide stellen keine Testamente dar, weshalb sie nach dem Wortlaut von Art. 557 Abs. 1 ZGB ([letztwillige] Verfügung des Erblassers) nicht zu eröffnen sind. Insofern ist nicht zu beanstanden, dass vorliegend die Vorinstanz der Berufungsklägerin die Entwürfe für den Vorsorgeauftrag (act. 5/4) und die Generalvollmacht (act. 5/5) nicht in Kopie zusammen mit dem Urteil vom 20. Dezember 2023 eröffnet und zugestellt hat. Der Berufungsklägerin steht es indessen frei, diese weiteren Unterlagen des Verfahrensdossiers Geschäfts-Nr. EL230198 gestätzt auf ihr Akteneinsichtsrecht einzusehen (Art. 53 Abs. 2 ZPO).
Zusammenfassend liegt kein Berufungsgrund im Sinne von Art. 310 ZPO vor. Damit ist die Berufung abzuweisen und das vorinstanzliche Urteil vom
20. Dezember 2023 zu bestätigen.
6.
Bei nicht streitigen Erbschaftsangelegenheiten bemisst sich die gebühr nach dem Interessewert und dem Zeitaufwand des Gerichts. Sie beträgt hier in der Regel Fr. 100 bis Fr. 7'000 ( 8 Abs. 3 in Verbindung mit 12 Abs. 1 f. GebV OG). Der Streitwert beträgt vorliegend ca. Fr. 306'000. Mit Blick auf den überschaubaren Aufwand des vorliegenden Verfahrens ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 500 festzusetzen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens der Berufungsklägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Die Berufungsklägerin unterliegt nach dem Gesagten im vorliegenden Rechtsmittelverfahren. Sie hat daher keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Den Berufungsbeklagten ist mangels Einholens einer Berufungsantwort kein nennenswerter Aufwand entstanden, weshalb ihnen auch keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.
Es wird erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen. Das Urteil des Bezirksgerichts Pföffikon, Einzelgericht s.V., vom 20. Dezember 2023 wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500 festgesetzt und der Berufungsklägerin auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagten unter Beilage des Doppels von act. 18 sowie an das Bezirksgericht Pföffikon, Einzelgericht s.V., je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 306'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
Dr. M. Tanner
versandt am:
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