Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF230077 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 19.12.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Testamentseröffnung |
Schlagwörter : | Berufung; Willensvollstrecker; Erben; Berufungskläger; Testament; Erblasserin; Erbschaft; Vorinstanz; Testamentseröffnung; Pflichtteil; Entscheid; Ehemann; Beschwer; Akten; Dispositiv; Vorerbin; Erbschaftssachen; Bezirksgerichtes; Einzelgericht; Ehemannes; Pflichtteile; Kinder; übersteigenden; Rechtsmittel; Stellung; Erben; Beschwerde; Oberrichter; Urteil; Fest |
Rechtsnorm: | Art. 105 ZPO ; Art. 312 ZPO ; Art. 490 ZGB ; Art. 492 ZGB ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF230077-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler
Beschluss vom 19. Dezember 2023
in Sachen
Willensvollstrecker und Berufungskläger betreffend Testamentseröffnung
Am tt.mm. 2022 verstarb B. , geb. B1. , in D. (Österreich) (vgl. act. 2 u. 2a). Mit Eingabe vom 12. Juni 2023 reichte Rechtsanwalt A. dem Einzelgericht Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich (fortan Vo- rinstanz) ein Testament der Erblasserin vom 9. August 1998 offen zur Eröffnung ein, in welchem (u.a.) er zum Willensvollstrecker ernannt wurde, erklärte, das Mandat als Willensvollstrecker anzunehmen und beantragte, er sei entsprechend zum Willensvollstrecker zu ernennen und ihm sei ein Willensvollstreckerzeugnis auszustellen (act. 1; vgl. Kopie Testament ganz hinten vorinstanzlicher Ak- tenthek). Nach Durchführung der Erbenermittlung (vgl. Akten Vi.) hielt die Vo- rinstanz mit Urteil vom 24. Oktober 2023 fest, einzige gesetzliche Erbin sei die Tochter der Erblasserin, E. . In ihrem Testament habe die Erblasserin ihre Tochter zugunsten ihrer im Jahr 2014 vorverstorbenen Schwester F. auf den Pflichtteil gesetzt, indes keine Ersatzverfügung für den nun eingetroffenen Fall des Vorversterbens der Schwester getroffen, weshalb der gesamte Nachlass an die Tochter falle. Die Erblasserin habe sodann Vermächtnisse ausgerichtet und A. zum Willensvollstrecker ernannt. In der Folge hielt die Vorinstanz fest, das Testament werde den Beteiligten in Kopie eröffnet (Dispositiv Ziff. 1), er- klärte die gesetzliche Erbin berechtigt, einen auf sie lautenden Erbschein zu ver- langen (Dispositiv Ziff. 2) und hielt fest, dass Rechtsanwalt A. das Mandat als Willensvollstrecker angenommen habe (Dispositiv Ziff. 3). Das Geschäft schrieb die Vorinstanz daraufhin als erledigt ab; die Regelung des Nachlasses sei Sache des Willensvollstreckers (Dispositiv Ziff. 4). Dieser Entscheid wurde
A. am 2. November 2023 zugestellt (vgl. Empfangsscheine Akten Vi., act. 35).
Gegen diesen Entscheid gelangte A. (fortan Berufungskläger) mit Ein- gabe vom 13. November 2023 (Datum Poststempel) an die Kammer und stellt die folgenden Anträge (act. 39):
1. Es sei II und III des Urteils des Einzelgerichts Erbschaftssachen des Bezirksgerichts Zürich vom 24.10.2023 aufzuheben;
Es seien G. und H. als Nacherben zu qualifizieren und es sei ihnen eine Erbbescheinigung in Aussicht zu stellen;
Eventualiter sei die Streitsache der Erbschaftskanzlei des Be- zirksgerichtes Zürich zur Berichtigung von II. und III. des Disposi- tivs zurückzuweisen;
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MwSt. zulasten der Staatskasse.
Der Eingang der Berufung wurde dem Berufungskläger angezeigt (act. 42). Die Sache erweist sich als spruchreif. Auf die Einholung einer Berufungsantwort kann, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, gestützt auf Art. 312 Abs. 1 ZPO verzichtet werden.
3. Der Berufungskläger macht geltend, die Vorinstanz habe im Rahmen der Testamentseröffnung die ebenfalls durch sie eröffnete letztwillige Verfügung des Ehemannes der Erblasserin, I. , vom 10. November 1996 ohne Begründung nicht beigezogen bzw. berücksichtigt und dem Testament des Ehemannes wider- sprechende Anordnungen getroffen. So habe der Ehemann für den Fall seines vorherigen Ablebens die Erblasserin als Vorerbin der die Pflichtteile seiner Kinder übersteigenden 3/8 und seine beiden Kinder als Pflichtteilserben bis zum Ableben der Erblasserin eingesetzt. Sodann habe der Ehemann für den Fall seines vorhe- rigen Ablebens und des vorherigen Versterbens der Erblasserin seine Nachkom- men aus erster Ehe, G. und H. , als Nacherben zu gleichen Teilen für die Pflichtteile seiner Nachkommen und der Vorerbin übersteigenden Erbschaft eingesetzt. Durch diese letztwillige Verfügung des Ehemannes sei der Nachlass der Erblasserin verpflichtet worden, die verbliebene Erbschaft bei deren Verster- ben den beiden Kindern als Nacherben zu gleichen Teilen auszuliefern. Diese Umstände wären durch die Vorinstanz im Rahmen der Testamentseröffnung zu berücksichtigen gewesen (act. 39).
Es fragt sich, ob der Berufungskläger vorliegende Berufung erheben kann. Dies hängt davon ab, ob er ein schutzwürdiges Interesse hat (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Dies ist der Fall, wenn er durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist. Ob ein Rechtsschutzinteresse besteht, bestimmt sich nach dem materiellen Recht. Bedarf es zu dessen Durchsetzung gerichtlichen Rechtsschutzes, ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen. Fehlt es an der Beschwer, wird auf das
Rechtsmittel nicht eingetreten (statt vieler: ZK ZPO-ZÜRCHER, 3. Auflage 2016, Art. 59 N 12 u. 14).
Der Berufungskläger will die Berechtigung am Nachlass von zwei durch die Vorinstanz nicht berücksichtigten Personen (G. und H. ) als Nacher- ben im Rahmen der Testamentseröffnung berücksichtigt haben. Er selbst ist durch die Verfügung von Todes wegen einzig als Willensvollstrecker und insbe- sondere nicht als Erbe eingesetzt. Der Willensvollstrecker ist zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen Testamentseröffnungsverfügungen und Erbbescheinigungen indes nur legitimiert, soweit es um seine Einsetzung, Stellung oder Funktion als Willensvollstrecker geht (BSK ZGB II-LEU, 7. Aufl. 2023, Art. 518 N 81 u. 85). Nicht Aufgabe des Willensvollstreckers ist es, das Erbrecht allfälliger Erbberech- tigter geltend zu machen bzw. für die korrekte Umsetzung des Erbrechts besorgt zu sein (vgl. OGer ZH LF160070 vom 29. November 2016, E.7.). Damit ist der Be- rufungskläger weder legitimiert, die Berechtigung von G. und H. am Nachlass geltend zu machen, noch verfügt er über die erforderliche Beschwer zur Erhebung eines Rechtsmittels, da er durch den vorinstanzlichen Entscheid – aus- ser in seiner Stellung als Willensvollstrecker, welche von ihm unangefochten bleibt – nicht betroffen ist. Ergänzend in der Sache sei darauf hingewiesen, dass die Kinder - insbesondere auch in ihrer Stellung als Nacherben - im Nachlass ih- res Vaters bleiben. Zuerst wird die Vorerbin (im Umfang der die Pflichtteile über- steigenden Erbschaft) Erbin im Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes, I. sel., und dann werden die Nacherben (im Umfang der die Pflichtteile übersteigen- den Erbschaft) Erben im Nachlass ihres Vaters, I. sel.. Die Vorerbin (die Erblasserin) bzw. deren Erben sind verpflichtet, beim Tod der Vorerbin die Erb- schaft den Nacherben herauszugeben (Art. 489 Abs. 1 und Art. 492 Abs. 1 ZGB). Das Nacherbschaftsinventar dient dazu, die Übergabe der Nacherbschaft zu ge- währleisten (Art. 490 Abs. 1 ZGB). Die Nacherben können - im Nachlass ihres Va- ters - ihre Stellung als Nacherben bescheinigen lassen (BSK ZGB II-Leu/Gabrieli,
7. Auflage, Art. 559 N. 9). Im Nachlass der Erblasserin sind die Nacherben aber nicht berechtigt, so dass ihnen im vorliegend streitgegenständlichen Nachlass keine Erbbescheinigung ausgestellt werden könnte. Es wird Aufgabe der Erben mit Unterstützung des Willensvollstreckers sein, die beiden separaten Nachlässe
abzuwickeln. Im Rahmen der vorliegenden Testamentseröffnung hatte die Vo- rinstanz keine Vorkehrungen zu treffen und konnte dies auch nicht.
Mangels Rechtsschutzinteresse und Legitimation des Berufungsklägers ist auf die Berufung nicht einzutreten.
5. Ausgangsgemäss wird der Berufungskläger kostenpflichtig (Art. 106
Abs. 1 ZPO). Grundlage für die Festsetzung der Gebühren nach dem kantonalen Tarif (Art. 96 und Art. 105 Abs. 2 ZPO) bilden der Streitwert bzw. das tatsächliche Streitinteresse sowie der Zeitaufwand des Gerichts und die Schwierigkeit des Falls, wobei mit Blick auf die summarische Natur des Verfahrens eine Reduktion der ordentlichen Gebühr zu erfolgen hat (§ 2 GebV OG; § 4 i.V.m. § 8 und § 12 GebV OG). Gemäss Auskunft des Steueramtes beläuft sich der Steuerwert des Nachlasses auf Fr. 1'053'000.– (vgl. Hinweis auf dem vorinstanzlichen Aktenum- schlag). Unter Berücksichtigung desselben und der Schwierigkeit bzw. dem Auf- wand des Rechtsmittelverfahrens erweist sich eine Gerichtsgebühr von Fr. 400.– als angemessen. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 1'053'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Schnarwiler versandt am:
19. Dezember 2023
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