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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LF230075
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF230075 vom 24.11.2023 (ZH)
Datum:24.11.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Organisationsmangel
Schlagwörter : Berufung; Berufungsklägerin; Frist; Organisationsmangel; Handelsregister; Vorinstanz; Entscheid; Revision; Streitwert; Gericht; Handelsregisteramt; Kantons; Revisionsstelle; Obergericht; Wiederherstellung; Behebung; Organisationsmangels; Sinne; Verfügung; Antrag; Angefochtene; Partei; Kostenvorschuss; Beschwerde; Oberrichter; Urteil; Summarischen; Verfahren; Tragene; Konkurs
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 148 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 727a OR ; Art. 731b OR ; Art. 90 BGG ; Art. 939 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF230075-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichts- schreiberin MLaw J. Camelin-Nagel

Beschluss vom 24. November 2023

in Sachen

A. AG,

Antragsgegnerin und Berufungsklägerin

betreffend Organisationsmangel

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Zürich vom 24. Oktober 2023 (EO230281)

Erwägungen:

    1. Die A. AG (Antragsgegnerin und Berufungsklägerin, fortan Berufungs- klägerin) ist seit dem tt.mm.2008 im Handelsregister des Kantons Zürich einge- tragen. Sie bezweckt die Führung … von Betrieben der Gastronomie (act. 11).

    2. Mit Schreiben vom 5. Juni 2023 wies das Handelsregisteramt des Kantons Zürich die Berufungsklägerin darauf hin, dass sie weder über eine eingetragene Revisionsstelle verfüge, noch der Verzicht auf eine Revision im Sinne von

      Art. 727a Abs. 2 OR im Handelsregister eingetragen sei, womit ein Organisati- onsmangel vorliege. Nach unbenutztem Ablauf der angesetzten Frist überwies das Handelsregisteramt die Angelegenheit am 12. September 2023 (Datum Post- stempel) im Sinne von Art. 939 Abs. 2 OR dem Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich (fortan Vorinstanz; act. 1).

    3. Mit Verfügung vom 15. September 2023 setzte die Vorinstanz der Beru- fungsklägerin Frist an, um den Organisationsmangel zu beheben (act. 3). Die Ver- fügung wurde der Berufungsklägerin am 20. September 2023 zugestellt (act. 4). Nachdem die Frist ungenutzt abgelaufen war, ordnete die Vorinstanz mit Urteil vom 24. Oktober 2023 die Auflösung und Liquidation der Berufungsklägerin nach den Vorschriften über den Konkurs an. Die Vorinstanz beauftragte das Kon- kursamt Höngg-Zürich mit dem Vollzug. Die Gerichtskosten setzte sie auf

      Fr. 1'000.– fest und auferlegte sie der Berufungsklägerin (act. 5 = act. 8).

    4. Dagegen wendet sich die Berufungsklägerin mit Eingabe vom 6. November 2023 und beantragt die Aufhebung des Entscheids bzw. die Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Organisationsmangels (act. 9). Mit Verfügung vom

9. November 2023 wurde der Berufungsklägerin Frist zur Leistung eines Kosten- vorschusses angesetzt (act. 12), welchen sie innert Frist bezahlte (act. 14). Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 1–6). Die Sa- che erweist sich als spruchreif.

    1. Gegen erstinstanzliche Endentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert

      der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.00 beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Beim Begehren um Organisationsmängel- behebung handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (OGer ZH LF200049 vom 11. Dezember 2020 E. IV/2. mit Verweis auf LF110011 vom

      14. Februar 2011 E. 3.2). Weil in einem Organisationsmängelverfahren in jedem Fall – aufgrund der geltenden Offizialmaxime unabhängig von den konkreten An- trägen der Parteien – die Auflösung der mit dem Organisationsmangel behafteten juristischen Person droht, ist der Streitwert im Grundsatz stets nach Massgabe des Gesamtwerts der betroffenen Gesellschaft zu berechnen (vgl. OGer ZH LF110011 vom 14. Februar 2011; ZR 110/2011 Nr. 30 E. 3.3.1; DIKE Komm

      ZPO-Diggelmann, 2. Aufl. 2016, Art. 91 N 54; Schönbächler, Die Organisations- klage nach Art. 731b OR, 2013, S. 412 ff.). Der konkrete Streitwert ist pauschali- siert zu bestimmen, nämlich nach dem jeweils höchsten (bekannten) Wert aus den drei relevanten Kenngrössen von (i) nominellem Grundkapital, (ii) tatsächli- chem Jahresumsatz und (iii) tatsächlich vorhandenen Aktiva (OGer ZH LF200049 vom 11. Dezember 2020 E. IV./4.). In Bezug auf die Berufungsklägerin ist einzig das Aktienkapital in der Höhe von Fr. 100'000.– bekannt (act. 11). Damit ist der für eine Berufung erforderliche Streitwert gegeben.

    2. Gemäss Art. 310 ZPO kann mit der Berufung (a) die unrichtige Rechtsan- wendung und (b) die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden. Die Berufung ist innerhalb der Rechtsmittelfrist schriftlich, begründet und mit Rechtsmittelanträgen versehen einzureichen (Art. 311 ZPO). Bei Rechtsmit- teleingaben von Laien genügt als Antrag eine Formulierung, aus der sich mit gu- tem Willen herauslesen lässt, wie das Obergericht entscheiden soll. Zur Begrün- dung reicht aus, wenn auch nur ganz rudimentär zum Ausdruck kommt, an wel- chen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet resp. weshalb der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Berufung führenden Partei unrichtig sein soll. Wiederholungen des bereits vor der ersten Instanz Vorgetragenen genügen den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung ebenso wenig wie allgemeine Kritik am angefochtenen Entscheid bzw. an den erstinstanzlichen Erwägungen. Neue Behauptungen und Beweismittel sind nur noch zulässig, wenn sie ohne

Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO).

    1. Die Berufungsklägerin führt aus, am 11. April 2023 die B. AG als Re- visionsstelle gewählt zu haben. Die B. AG habe die Annahme der Wahl er- klärt und die Auftragsbestätigung zugestellt. In der Folge sei es ihr – der Beru- fungsklägerin – leider entgangen, die Revisionsstelle zur Eintragung beim Han- delsregisteramt anzumelden. Aufgrund starker Arbeitsüberlastung und Personal- mangels habe die Berufungsklägerin die ihr angesetzte Frist für die Eintragung der Revisionsstelle unbenutzt verstreichen lassen (act. 9 S. 3). Da sie nur ein leichtes Verschulden treffe, sei ihr eine Nachfrist für die Behebung des Organisa- tionsmangels zu gewähren. Sie habe die notwendigen Dokumente für die Eintra- gung der Revisionsstelle nun unterzeichnet, weshalb die Voraussetzungen für ei- ne Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Organisationsmangels erfüllt seien (act. 9 S. 3).

    2. Die Berufungsklägerin verlangt die Aufhebung des vorinstanzlichen Ent- scheids. Sie kritisiert den vorinstanzlichen Entscheid aber nicht in konkreten Punkten, insbesondere stellt sie nicht in Frage, dass sie weder über eine einge- tragene Revisionsstelle verfüge, noch den Verzicht auf eine Revision im Sinne von Art. 727a Abs. 2 OR im Handelsregister eintragen lassen habe. Vielmehr be- stätigt sie, dass sie die Frist zur Behebung des Organisationsmangels ungenützt verstreichen lassen habe. Ferner macht sie nicht geltend, sie habe den Mangel mittlerweile behoben und die nötigen Dokumente beim Handelsregisteramt einge- reicht. Sie gibt lediglich an, dass die notwendigen Dokumente mittlerweile unter- zeichnet seien (vgl. act. 9 S. 4). Da die Berufungsklägerin keinerlei Mängel am angefochtenen Urteil geltend macht und damit selbst die bei juristischen Laien herabgesetzten Anforderungen an eine Rechtsmittelbegründung nicht erfüllt, ist auf die Berufung nicht einzutreten.

    3. Die Berufungsklägerin verlangt sodann die Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Organisationsmangels. Dies betrifft eine durch die Vorinstanz ge- setzte richterliche Frist, weshalb das Gesuch um Wiederherstellung dieser Frist bei der Vorinstanz zu stellen gewesen wäre, worauf auch die Vorinstanz bereits in

      ihrer Verfügung vom 15. September 2023 hingewiesen hatte (vgl. act. 3 Disposi- tivziffer 4, 3. Spiegelstrich). Das Obergericht ist damit für die anbegehrte Fristwie- derherstellung nicht zuständig (vgl. Art. 148 ZPO) und es ist auch auf diesen An- trag der Berufungsklägerin nicht einzutreten. Eine Kopie der Berufung ist zur ent- sprechenden Prüfung und Behandlung der Vorinstanz zu übermitteln.

    4. Schliesslich wird die Berufungsklägerin erneut darauf hingewiesen, dass die notwendigen Unterlagen zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands di- rekt dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich einzureichen sind (vgl. bereits der Hinweis in act. 3 Dispositivziffer 3, 2. Spiegelstrich) und keine Weiterleitung durch das Gericht erfolgt.

    1. Beim nicht streitigen Organisationsmangelverfahren, das vom Handelsregis- teramt gestützt auf Art. 939 OR an das Gericht überwiesen wird, handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. dazu Domenig/Gür, Organisationsmangelverfahren nach Art. 731b und Art. 939 OR, in: AJP 2021

      S. 168 ff, S. 172). Dementsprechend ist die Entscheidgebühr für das vorliegende Berufungsverfahren im Rahmen von § 8 Abs. 4 GebV OG (Fr. 100.00 bis maximal Fr. 7'000.00) in Würdigung des Streitwerts, des Zeitaufwandes und der Schwie- rigkeit des Falles festzusetzen (§ 2 Abs. 1 lit. a, c und d sowie § 8 Abs. 4 i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG). Ausgehend von einem Streitwert in der Höhe von

      Fr. 100'000.– (vgl. dazu die vorstehenden Erwägungen zum Streitwert in E. 2.1.) sowie unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Gerichtes und der Schwie- rigkeit des Falles erscheint es vorliegend angemessen, die zweitinstanzliche Ent- scheidgebühr auf Fr. 500.– festzusetzen.

    2. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungs- klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Liquidation der Gerichtskosten erfolgt durch Verrechnung mit dem von der Berufungsklägerin geleisteten Kosten- vorschuss (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Im Mehrumfang wird der Kostenvorschuss zu- rückerstattet, unter Vorbehalt eines allfälligen Verrechnungsanspruches. Partei- entschädigungen sind keine zuzusprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

  2. Eine Kopie der Berufung samt Beilagen wird der Vorinstanz übermittelt zur Behandlung als Fristwiederherstellungsgesuch.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.– festgesetzt.

  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Berufungsklägerin aufer- legt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet; der Über- schuss wird der Berufungsklägerin zurückerstattet, unter Vorbehalt eines all- fälligen Verrechnungsanspruchs.

  5. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Berufungsklägerin, an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich, an das Konkursamt Zürich-Höngg, das Betreibungsamt Zürich 10 sowie – unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten und Ko- pien der act. 9 u. 10/1–5 – an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein so- wie an die Obergerichtskasse.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 100'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw J. Camelin-Nagel versandt am:

28. November 2023

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