Zusammenfassung des Urteils LF230060: Obergericht des Kantons Zürich
Die Chambre des recours pénale hat über einen Fall von häuslicher Gewalt entschieden, bei dem eine Frau behauptete, von ihrem Partner angegriffen worden zu sein. Nach einer langwierigen Untersuchung und mehreren Unterbrechungen wurde die Klage gegen die beiden Beteiligten zunächst eingestellt, aber später aufgrund neuer Beweise wieder aufgenommen. Die Frau beantragte mehrfach kostenlose rechtliche Unterstützung, die zunächst abgelehnt wurde, aber schliesslich genehmigt wurde. Der Richter entschied, dass die Frau Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung hat und wies die Kosten dem Staat zu.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF230060 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 12.01.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Erbausschlagung / Anordnung erbgangssichernder Massnahmen (Sicherungsinventar) |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungsklägerin; Urteil; Entscheid; Dispositiv-Ziff; Vorinstanz; Recht; Berichtigung; Notariat; Sicherungsinventar; Affoltern; Kostenauflage; Bezirk; Bezirks; Sicherungsinventars; Inventar; Frist; Rechtsmittelfrist; Zustellung; Punkte; Dispositiv-Ziffer; Bezirksgericht; Ausschlagungserklärung; Urteils; DispositivZiff; Oberrichter; Anordnung; Eingabe; Protokoll; Wiedererwägung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 142 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 314 ZPO ;Art. 334 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 143 III 520; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF230060-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiber MLaw S. Widmer
Beschluss vom 12. Januar 2024
in Sachen
Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Erbausschlagung / Anordnung erbgangssichernder Massnahmen (Sicherungsinventar)
Erwägungen:
1.
Am tt.mm.2023 verstarb B. mit letztem Wohnsitz in C. ZH
(act. 2). Er hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau A. (fortan Berufungsklägerin) und den gemeinsamen Sohn F. (geb. tt.mm.2007).
Am 12. April 2023 ging beim Bezirksgericht Affoltern ein ausgefälltes Formular Erbausschlagung ein, mit welchem im Namen des 16-jährigen F. die Ausschlagung des Nachlasses von B. erklärt wird. Das Formular trägt sowohl die Unterschrift von F. als auch diejenige seiner gesetzlichen Vertreterin, der Berufungsklägerin (act. 1/1). Mit Eingabe vom 5. Mai 2023 wandte sich
F. erneut an das Bezirksgericht Affoltern. Er erklärte, seine Mutter habe ihn über alle Möglichkeiten, das Erbe anzutreten (Erbengemeinschaft, Pflichtteile, Auszahlung), informiert; er habe sich entschlossen, das Erbe nicht anzutreten bzw. auszuschlagen (act. 1/2).
2.
Mit Urteil vom 31. Mai 2023 nahm das Einzelgericht des Bezirksgerichts Affoltern (fortan Vorinstanz) die AusschlagungsErklärung von F. zu Protokoll und auferlegte ihm die Entscheidgebühr von Fr. 150 (act. 4).
Mit Eingabe vom 12. Juni 2023 beantragte die Kindes- und ErwachsenenschutzBehörde (KESB) des Bezirks Affoltern die Wiedererwägung des Urteils vom
31. Mai 2023, da sie wegen eines potentiellen Interessenkonflikts die Errichtung einer Beistandschaft zur Interessenwahrung von F. im Nachlassverfahren pröfe (act. 7).
In der Folge nahm die Vorinstanz mit Urteil vom 12. Juli 2023 (act. 9) die AusschlagungsErklärung Wiedererwägungsweise nicht zu Protokoll (Dispositiv- Ziff. 1) und ordnete neu die Aufnahme eines Sicherungsinventars über den Nachlass des Erblassers an (Dispositiv-Ziff. 4). Mit der Aufnahme beauftragte sie das Notariat G. (Dispositiv-Ziff. 5). Die Kosten für die Erstellung des Inventars auferlegte sie dem Nachlass und bezog sie von der Berufungsklägerin (DispositivZiff. 6). Für das Urteil betreffend Wiedererwägung erhob sie keine zusätzlichen Kosten (Dispositiv-Ziff. 3). Die im Urteil vom 31. Mai 2023 erfolgte Kostenauflage an F. liess sie unverändert (Dispositiv-Ziff. 2).
Am 11. August 2023 berichtigte die Vorinstanz das Urteil vom 12. Juli 2023 dahingehend, dass sie das Notariat H. ZH anstelle des Notariates G. ZH mit der Aufnahme des Inventars beauftragte (act. 13 = act. 18/3).
3. Gegen das Urteil vom 12. Juli 2023, berichtigte Fassung vom 11. August 2023, erhob die Berufungsklägerin mit Eingabe vom 28. August 2023 Berufung. Sie beantragt die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 2 (Kostenauflage an F. ) sowie 4-6 (Aufnahme des Sicherungsinventars, Beauftragung des Notariates
H. ZH und Kostenauflage für das Inventar an den Nachlass). Die Dispositiv- Ziffern 1 (Nichtprotokollierung der AusschlagungsErklärung) und 3 (keine Kosten für den Wiedererwägungsentscheid) seien hingegen beizubehalten (act. 19 S. 2). Die Kammer zog die vorinstanzlichen Akten bei (act. 1-16) und setzte der Berufungsklägerin mit Verfügung vom 19. September 2023 Frist zu Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 2'200.an (act. 23). Die Berufungsklägerin leistete den Kostenvorschuss innert Frist (act. 25). Auf weitere prozessuale Schritte ist zu verzichten. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
4.
Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Die vorliegende Berufung richtet sich gegen einen im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid betreffend erbrechtliche Sicherungsmassregeln. Gegen einen solchen Entscheid beträgt die Frist zur Einreichung der Berufung zehn Tage (Art. 314 ZPO). Die Frist beginnt am Tag nach der Zustellung des begründeten Entscheids zu laufen (vgl. Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 142 Abs. 1 ZPO). Wird der Entscheid wie hier von der Vorinstanz nachträglich berichtigt, ersetzt der neue Entscheid den urspränglichen Entscheid im Umfang der Berichtigung. Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Zustellung des berichtigten Entscheids von Neuem zu laufen. Das gilt allerdings nur in Bezug auf jene Punkte, die Gegenstand der Berichtigung bildeten. Bezüglich der Punkte, die von der Berichtigung nicht betroffen waren, beginnt keine neue Rechtsmittelfrist zu laufen. Ist die Rechtsmittelfrist gegen den urspränglichen Entscheid bereits abgelaufen, können diese Punkte daher im Anschluss an die Berichtigung nicht mehr angefochten werden (BGE 143 III 520
E. 6.3; BGer 5A_776/2019 vom 27. Oktober 2020 E. 5; BGer 4A_382/2019 vom
9. Dezember 2019 E. 1.2; BGer 4A_107/2015 vom 13. August 2015 E. 1; TANNER, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden im Zivilprozessrecht [Art. 334 ZPO], S. 18; CHK-SUTTER-SOMM/SEILER, 2021, Art. 334 N 17). Erfolgt die Beru-
fung verspätet enthält sie keine hinreichende Begründung, ist darauf nicht einzutreten.
Das Urteil der Vorinstanz vom 12. Juli 2023 wurde der Berufungsklägerin am
14. August 2023 zugestellt (act. 11/1), die berichtigte Fassung des Urteils am
17. August 2023 (act. 15/1). Die Berufungsklägerin erhob am 28. August 2023 Berufung (act. 19). Die Berufungserhebung erfolgte mithin vierzehn Tage nach Zustellung des Urteils vom 12. Juli 2023 und zehn Tage nach Zustellung der berichtigten Urteilsfassung (vgl. Art. 145 Abs. 2 lit. b ZPO). Damit ist die Berufungsfrist nur hinsichtlich der berichtigten Punkte eingehalten. Die Frist zur Anfechtung der von der Berichtigung nicht betroffenen Punkte hat die Berufungsklägerin hingegen verpasst. Gegenstand der Berichtigung bildete ausschliesslich Dispositiv-Ziff. 5. Die Vorinstanz berichtigte das mit der Aufnahme des Inventars beauftragte Notariat (H. statt G. ). Die von der Berufungsklägerin ebenfalls angefochtenen Dispositiv-Ziffern 2, 4 und 6 betreffend die Kostenauflage an F. für die (Nicht-)Protokollierung der AusschlagungsErklärung, die Anordnung des Sicherungsinventars und die Kostenauflage für das Inventar an den Nachlass waren von der Berichtigung nicht betroffen. Die Auferlegung von Fr. 150.an F. blieb sogar seit dem ersten Urteil der Vorinstanz vom 31. Mai 2023 unverändert (vgl. act. 4; act. 9; act. 13; jeweils Dispositiv-Ziffer 2). Hinsichtlich der Dispositiv- Ziffern 2, 4 und 6 erfolgte die Anfechtung mithin verspätet und ist auf die Berufung nicht einzutreten.
Dispositiv-Ziffer 5 wird von der Berufungsklägerin in ihrer Berufungsschrift sodann nicht separat beanstandet. Die Berufungsklägerin sTürt sich an der Anord-
nung des Sicherungsinventars im Allgemeinen und nicht an dem mit der Aufnahme beauftragten Notariat (vgl. act. 19 S. 11-14). Mangels eigenstündiger Begrün- dung ist daher auch auf die Berufung gegen Dispositiv-Ziffer 5 nicht einzutreten.
5. Nach dem Gesagten ist auf die Berufung der Berufungsklägerin insgesamt nicht einzutreten. Ob die Anordnung des Sicherungsinventars sowie die Kostenauflagen zu Recht erfolgten, ist daher nicht zu prüfen.
6.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungsklägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Bei nicht streitigen Erbschaftsangelegenheiten bemisst sich die gebühr nach dem Interessewert und dem Zeitaufwand des Gerichts. Sie beträgt hier in der Regel Fr. 100 bis Fr. 7'000 ( 8 Abs. 3 i.V.m. 12 Abs. 1 f. GebV OG). Der Streitwert beträgt vorliegend
ca. Fr. 460'000.- (vgl. act. 8; zur Berechnung des Streitwerts ferner OGer ZH PF230052 vom 6. Oktober 2023 E. 4.3.2). Mit Blick auf den überschaubaren Aufwand des vorliegenden Verfahrens und die Erledigung ohne AnspruchsPrüfung ( 10 Abs. 1 GebV OG) sind die Kosten des Berufungsverfahrens auf Fr. 1'000 festzusetzen. Für die Kosten ist der von der Berufungsklägerin geleistete Vorschuss von Fr. 2'200.- (act. 25) heranzuziehen; der überschuss ist ihr - unter Vorbehalt eines Allfälligen Verrechnungsanspruches der Gerichtskasse zurückzuerstatten.
Die Berufungsklägerin unterliegt nach dem Gesagten im vorliegenden Rechtsmittelverfahren. Sie hat daher keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
Es wird beschlossen:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'000.festgesetzt und der Berufungsklägerin auferlegt. Für die Kosten wird der von der Berufungsklägerin geleistete Vorschuss von Fr. 2'200.herangezogen; der überschuss wird der Berufungsklägerin zurückerstattet, unter Vorbehalt eines allfälligen Verrechnungsanspruchs.
Schriftliche Mitteilung an die Berufungsklägerin (im Doppel mit einem Exemplar für sich und einem zuhanden von F. ), an die Vorinstanz, an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Affoltern sowie an das Notariat H. ZH, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert liegt über Fr. 30'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
MLaw S. Widmer versandt am:
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