Zusammenfassung des Urteils LF230058: Obergericht des Kantons Zürich
Die Berufungsklägerin legte gegen die Eröffnung eines Testaments und Erbvertrages im Nachlass von B. vor dem Obergericht des Kantons Zürich Berufung ein. Die Vorinstanz hatte die Berufungsklägerin und ihre Schwester als Erbinnen eingesetzt. Die Berufungsklägerin wollte auf den Nachlass verzichten, reichte die Berufung jedoch verspätet ein. Das Gericht entschied, dass die Berufungsfrist nicht wiederhergestellt werden kann und trat daher nicht auf die Berufung ein. Es wurden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF230058 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 01.09.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Eröffnung eines Testamentes und Erbvertrages |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungsklägerin; Vorinstanz; Testament; Erbvertrag; Verfahren; Schwester; Wiederherstellung; Urteil; Erblasserin; Erben; Akten; Entscheid; Erbschaft; Bezirksgericht; Bundesgericht; Oberrichter; Einzelgericht; Eingabe; Berufungsfrist; Säumnis; Verschulden; Gericht; Frist; Wiederherstellungsgr; Voraussetzung; Rechtsmittel; Mitteilung; Kanton |
Rechtsnorm: | Art. 142 ZPO ;Art. 148 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 314 ZPO ;Art. 551 ZGB ;Art. 556 ZGB ;Art. 566 ZGB ;Art. 567 ZGB ;Art. 570 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF230058-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin MLaw C. Funck
Beschluss vom 1. September 2023
in Sachen
Berufungsklägerin
betreffend Eröffnung eines Testamentes und Erbvertrages
Erwägungen:
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Am tt.mm.2022 verstarb B. geb. B'. (nachfolgend: Erblasserin), zuletzt wohnhaft gewesen in Zürich. Mit Urteil vom 14. Juli 2023 eröffnete das Einzelgericht Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) ein Testament der Erblasserin vom 3. Januar 2000 und einen Erbvertrag vom 9. Dezember 2002. In provisorischer Auslegung von Testament und Erbvertrag hielt die Vorinstanz im Wesentlichen fest, die Erblasserin habe die Berufungsklägerin sowie deren Schwester, D. , als Erbinnen eingesetzt. Die Erblasserin habe keine pflichtteilsGeschützten Erben hinterlassen, die eingesetzten Erbinnen würden gestützt auf das bei summarischer Prüfung gültige Testament bzw. den Erbvertrag zur alleinigen Erbfolge gelangen (Akten VI; act. 37 = act. 39).
Mit Eingabe vom 21. August 2023 (Datum Poststempel) erhob die Berufungsklägerin gegen diesen Entscheid Berufung bei der Kammer, wobei sie mitteilte, auf den Nachlass verzichten zu wollen (act. 38). Die Akten des Testamentsresp. ErbvertragsEröffnungsverfahrens der Vorinstanz wurden beigezogen (act. 1- 35). Das Verfahren ist spruchreif.
Berufung und Ausschlagung
Beim angefochtenen Entscheid betreffend Eröffnung eines Testamentes und Erbvertrages handelt es sich um ein im summarischen Verfahren ergangenes Urteil (vgl. Art. 556 ZGB i.V.m. Art. 551 Abs. 1 ZGB und Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB,
? 24 lit. c und 137 lit. c GOG i.V.m. Art. 248 lit. e ZPO). Gegen erstinstanzliche Endentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung zulässig, sofern der Streitwert wie vorliegend (vgl. Aktenumschlag Vorinstanz) mindestens
Fr. 10'000 beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert 10 Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1
i.V.m. Art. 314 Abs. 1 ZPO).
Der angefochtene Entscheid ging der Berufungsklägerin am 29. Juli 2023 zu (act. 31). Damit begann die zehntägige Berufungsfrist am folgenden Tag zu laufen
(vgl. Art. 142 Abs. 1 ZPO) und endete am 8. August 2023. Die Beschwerde wurde am 21. August 2023 bei der Post aufgegeben (vgl. act. 38) und damit erst nach Fristablauf. Folglich ist darauf grundsätzlich nicht einzutreten.
Die Berufungsklägerin erwähnt in ihrer Eingabe vom 21. August 2023, ihre Schwester und Miterbin, D. sei erst am 18. August 2023 aus den Ferien zu- Rückgekehrt, sodass sie das angefochtene Urteil erst danach hätten besprechen können. Daher könne sie auch erst jetzt ihre Eingabe trägt das Datum vom
19. August 2023, wurde aber erst zwei Tage später bei der Post aufgegeben ihren Verzicht auf die Erbschaft bekanntgeben (act. 38). Damit stellt sich die Frage, ob die Berufungsklägerin sinngemäss ein Wiederherstellungsgesuch betreffend die Berufungsfrist stellen will.
Nach Art. 148 ZPO kommt eine Wiederherstellung in Betracht, wenn die sumige Partei innert zehn Tagen nach Wegfall des Säumnisgrundes darum ersucht und weiter glaubhaft macht, dass die Säumnis auf keinem einem nur leichten Verschulden beruhte. Sinn und Zweck des Instituts ist die Milderung der formalen Strenge des Prozessrechts im Interesse der Durchsetzung des materiellen Rechts, wobei dem Gericht ein gewisses Ermessen zukommt. Auszugehen ist dabei von einem objektivierten Sorgfaltsmassstab. Als WiederherstellungsGründe gelten etwa Höhere Gewalt wie beispielsweise bei gewissen Naturereignissen, ei- ne plötzliche Erkrankung ein Unfall, sofern sie die Partei tatsächlich an der Vornahme der Prozesshandlung dem Betrauen eines Dritten damit hinderten, der Tod eines nahen AnGehörigen. Blosse Rechtsunkenntnis, Nachlüssigkeiten wie etwa schlichtes Vergessen versehentlich falsches Terminieren, sprachliche Barrieren gelten demgegenüber grundsätzlich als grobes Verschulden. Ein solches ist ferner anzunehmen, wenn eine Partei eine Frist freiwillig und irrtumsfrei verstreichen liess. Die Glaubhaftmachungslast für den behaupteten Wiederherstellungsgrund trägt die sumige Partei (vgl. zum Ganzen ZK ZPO- Staehelin, 3. Aufl. 2016, Art. 148 N 5 ff.; Merz, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016,
Art. 148 N 5 ff., N 14 ff., N 22 ff.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar erscheint es verständlich, dass sich die Berufungsklägerin mit ihrer Schwester vor Einreichung
der Berufung besprechen wollte, doch ist dies keine nötige Voraussetzung für die Einreichung eines Rechtsmittels. Letztlich war die Berufungsklägerin selbst dafür verantwortlich und musste persönlich entscheiden, ob sie Berufung erheben wollte nicht. Hinzu kommt, dass die Berufungsklägerin nicht darlegt, weshalb sie mit ihrer Schwester nicht während deren Ferien sprechen konnte. So macht sie insbesondere nicht geltend, ihre Schwester wäre gänzlich unerreichbar gewesen. Aufgrund dieser Umstände ist die Säumnis nicht als leichtes Verschulden zu qualifizieren bzw. liegt kein Wiederherstellungsgrund vor. Die Berufungsfrist kann folglich nicht wiederhergestellt werden, weshalb es beim Nichteintreten auf das Rechtsmittel der Berufungsklägerin bleibt.
Hinzuweisen bleibt auf Folgendes: Die gesetzlichen und die eingesetzten Erben können eine Erbschaft ausschlagen (Art. 566 Abs. 1 ZGB). Die Frist zur Ausschlagung beträgt drei Monate und beginnt für die gesetzlichen Erben, soweit sie nicht nachweisbar erst später vom Erbfall Kenntnis erhalten haben, mit dem Zeitpunkt, da ihnen der Tod des Erblassers bekannt geworden ist, und für die eingesetzten Erben mit dem Zeitpunkt, da ihnen die amtliche Mitteilung von der Ver- Fügung des Erblassers zugekommen ist (Art. 567 ZGB). Die Ausschlagung ist bei der zuständigen Behörde im Kanton Zürich beim Einzelgericht im summarischen Verfahren ( 137 lit. e i.V.m. 24 lit. c GOG) Mändlich schriftlich zu erklären (Art. 570 Abs. 1 ZGB). Sie muss unbedingt und vorbehaltlos geschehen (Art. 570 Abs. 2 ZGB).
Die in der Berufung enthaltene Mitteilung der Berufungsklägerin, sie wolle auf den Nachlass verzichten (vgl. act. 38), ist mutmasslich als Ausschlagung zu verstehen. zuständig zur Entgegennahme einer solchen bzw. zur Prüfung, ob es sich tatsächlich um eine Ausschlagung handelt und ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, ist jedoch die Vorinstanz, also das Bezirksgericht Zürich. Dieses verfügt bereits über das Schreiben der Berufungsklägerin vom 21. August 2023 (vgl. act. 34), sodass auf eine Weiterleitung verzichtet werden kann. Anzumerken bleibt, dass es in diesem Zusammenhang ebenfalls an der Vorinstanz sein wird, auf das an sie gerichtete, der Kammer weitergeleitete E-Mail vom 23. August
2023 von E. , Leitung ... der Stadt Zürich (vgl. act. 40 und act. 41), zu antworten.
Kostenfolgen
Beim vorgenannten Ausgang des Verfahrens würde die Berufungsklägerin an sich für das Berufungsverfahren kostenpflichtig. Umständehalber ist aber auf die Erhebung von Kosten zu verzichten. Parteientschädigungen sind bei diesem Verfahrensausgang keine zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Berufungsklägerin sowie unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten und unter explizitem Hinweis auf E. 2.4 an das Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw C. Funck versandt am:
September 2023
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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