E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LF230053
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF230053 vom 20.10.2023 (ZH)
Datum:20.10.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Eröffnung eines Erbvertrages
Schlagwörter : Berufung; Erbvertrag; Berufungskläger; Erben; Vorinstanz; Eröffnung; Erbvertrags; Gericht; Erbschaft; Erblasser; Dispositiv-Ziffer; Einsprache; Einlieferung; Pflicht; Urteil; Einzelgericht; Erblassers; Kammer; IVm; Eingabe; Entscheid; Verkauf; Akten; Kanton; Verfahren; Berufungsverfahren; Erbschein; Geltend; Aufl; Gesetzliche
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 308 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 481 ZGB ; Art. 551 ZGB ; Art. 557 ZGB ; Art. 559 ZGB ; Art. 602 ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:138 III 374;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF230053-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrich- ter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichts- schreiberin MLaw J. Camelin-Nagel

Urteil vom 20. Oktober 2023

in Sachen

A. ,

Berufungskläger,

betreffend Eröffnung eines Erbvertrages

im Nachlass von B. , geboren am tt. November 1935, von C. , ge- storben am tt.mm.2023, wohnhaft gewesen D. …, … Zürich,

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Be- zirksgerichtes Zürich vom 19. Juli 2023 (EL230607)

Erwägungen:

    1. Am tt.mm. 2023 verstarb B. , geboren am tt. November 1935 (Erblas- ser), mit letztem Wohnsitz in Zürich. Am 28. Juni 2023 reichte E. dem Be- zirksgericht Zürich, Einzelgericht in Erbschaftssachen (nachfolgend Vorinstanz) einen Erbvertrag vom 27. Februar 2015 – offen – zur Eröffnung ein.

    2. Mit Urteil vom 19. Juli 2023 eröffnete die Vorinstanz den Erbvertrag vom

      27. Februar 2015 (Dispositiv-Ziffer 1). Im Weiteren stellte die Vorinstanz fest, dass die Söhne des Erblassers berechtigt seien, die Ausstellung des auf sie lautenden Erbscheins zu verlangen (Dispositiv-Ziffer 2). Die Vorinstanz stellte den gesetzli- chen Erben in Aussicht, dass auf schriftliches Verlangen eine Erbbescheinigung ausgestellt werde, sofern nicht schriftlich Einsprache im Sinne von Art. 559 Abs. 1 ZGB erhoben werde (Dispositiv-Ziffer 3). Sodann hielt die Vorinstanz fest, die Re- gelung des Nachlasses sei Sache der Söhne (Dispositiv-Ziffer 4). Die Gerichtsge- bühr wurde von der Vorinstanz auf total Fr. 1'405.20 festgelegt und auf Rechnung des Nachlasses von E. bezogen (Dispositiv-Ziffer 5 u. 6; act. 8).

    3. Dagegen erhob der Sohn des Erblassers A. (fortan Berufungskläger) mit Eingaben vom 3. und 6. August 2023 (jeweils Datum Poststempel) rechtzeitig Berufung bei der Kammer (act. 9; act. 11; zur Rechtzeitigkeit: act. 6) mit folgen- den Anträgen:

      act. 9:

      • Bescheinigung zur Auskunftserteilung statt Erbscheine auszu- stellen

      • Es sind dem Berufenden von seinem Bruder E. vollständige Ausdrucke (print outs) von sämtlichen den Verkauf des veräus- serten Erbobjekts F. (GB 1/2) betreffend in gedruckter Form zu liefern (Vertrag, Finanztransfers)

        act. 11:

      • Gegen o.e. Gerichtsentscheid ist aus Gründen, die in meinem gestrigen Schreiben erwähnt wurden, Berufung einzulegen und die privat erzwungene Erberöffnung abzulehnen.

      • Die entstandenen Kosten sind voll und ganz dem Antragssteller zu belasten und sollen nicht mit der Erbmasse verrechnet wer- den.

      • Es sind dem Berufenden von seinem Bruder E. vollständige Ausdrucke (print outs) von sämtlichen den Verkauf des veräus- serten Erbobjekts F. (GB 1/2) betreffend in gedruckter Form zu liefern (Vertrag, Finanztransfers)

        Eventualiter:

        Es wird den einzelnen Erben untersagt, ohne signierte Einver- ständniserklärung aller Berechtigten irgendwelche Kon- ten/Verträge von Finanzdienstleistern, ISP und Immobilienverwal- tungen zu ändern, zu beenden oder Konten zu schliessen (Zu- stimmung aller Erben ist erforderlich).

    4. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1–6). Die Sache erweist sich als spruchreif.

    1. Die Eröffnung eines Erbvertrags und die Ausstellung von Erbbescheinigun- gen gehören zu den Sicherungsmassregeln des Erbganges (Titel vor Art. 551 ZGB). Sie sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche der Kan- ton Zürich dem Einzelgericht im summarischen Verfahren zugewiesen hat

      (Art. 556 i.V.m. Art. 551 Abs. 1 ZGB und Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB, § 24 lit. c und

      § 137 lit. c GOG i.V.m. Art. 248 lit. e ZPO). Gegen erstinstanzliche Entscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung zulässig, sofern der Streitwert der zu- letzt aufrecht erhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.– beträgt

      (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Ausgehend vom Steuerwert des Nachlasses, welcher mit Fr. 955'000.– beziffert wurde, ist der Streitwert erreicht.

    2. Im Berufungsverfahren können die unrichtige Rechtsanwendung und die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden

(Art. 310 ZPO). Die Berufung ist innerhalb der Rechtsmittelfrist schriftlich, begrün- det und mit Rechtsmittelanträgen versehen einzureichen (Art. 311 ZPO). Die Be- rufungsinstanz kann sämtliche Mängel in Tat- und Rechtsfragen frei und uneinge- schränkt prüfen, vorausgesetzt, dass sich die Berufung erhebende Partei mit den Entscheidgründen der ersten Instanz auseinandersetzt und konkret aufzeigt, was am angefochtenen Urteil oder am Verfahren der Vorinstanz falsch gewesen sein soll (vgl. ZR 110 [2011] Nr. 80, BGE 138 III 374 ff., E. 4.3.1 = Pra 102 [2013]

Nr. 4); blosse Verweise auf die Vorakten genügen nicht (vgl. ZK ZPO- REETZ/THEILER, 3. Auflage 2016, Art. 311 N 36 f.). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Berufungsverfahren grundsätzlich nur zuzulassen, wenn sie (a) oh- ne Verzug vorgebracht werden und (b) trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 ZPO).

      1. Der Berufungskläger bezeichnet seine Eingaben als Berufungen. In der Begründung vom 3. August 2023 führt er indes im Wesentlichen aus, es dürften keine Erbscheine ausgestellt werden. Die im Erbvertrag erwähnte Geschäftslie- genschaft habe liquidiert werden müssen und seine Brüder hätten sämtliche Ak- ten des Erblassers bereits vernichtet. Zuerst müssten sich die Brüder über die Fi- nanzen aus dem Verkauf der Immobilien einigen und es müsse aufgeklärt wer- den, was mit den verschwundenen Wertsachen des Erblassers sei. Er beantragte, es sei eine Bescheinigung zur Auskunftserteilung statt ein Erbschein auszu- stellen (act. 9).

      2. Ist ein Testament oder Erbvertrag eröffnet worden, können die gesetzli- chen Erben eine Einsprache erheben, wenn sie mit den eingesetzten Erben nicht einverstanden sind (vgl. Art. 559 Abs. 1 ZGB). Die Einsprache kann durch eine ein- fache Mitteilung an das Gericht, welches das Testament eröffnet hat, erfolgen. Die Vorinstanz wies in Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheides explizit darauf hin, dass eine Einsprache durch eine Eingabe an das Einzelgericht erhoben werden kann (act. 11). Die Kammer ist für die Behandlung einer solchen demgegenüber nicht zuständig. Auf die Einsprache ist daher mangels sachlicher Zuständigkeit der Kammer nicht einzutreten.

      3. Kopien der Eingaben des Berufungsklägers (act. 9; act. 11) sind der Vorinstanz zur Prüfung der Einsprache zu überweisen.

    1. In der Eingabe vom 6. August 2023 macht der Berufungskläger sodann gel- tend, da ein Erbvertrag vorliege, sei eine private Erberöffnung obsolet. Er stellte daher zusätzlich die Anträge, die privat erzwungene Erberöffnung sei abzu- lehnen (act. 11). Was der Berufungskläger damit meint, ist nicht klar. Die Eröff- nung des Erbvertrags durch das Gericht ist jedenfalls nicht zu beanstanden:

      Die Eröffnung einer letztwilligen Verfügung im Sinne von Art. 557 ZGB ist zwingend vorgeschrieben und von Amtes wegen durchzuführen. Die Eröffnungs- pflicht bezieht sich grundsätzlich auf alle der Einlieferungspflicht unterliegenden Dokumente. Zu eröffnen sind nicht nur letztwillige Verfügungen, sondern auch eingelieferte Erbverträge (vgl. PraxKomm Erbrecht-EMMEL, 4. Aufl. 2019, Art. 557 N 3; BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, 6. Aufl. 2019, Art. 557 N 10, N 13 und N 16;

      KUKO ZGB-KÜNZLE, 2. Aufl. 2018, Art. 557 N 2 f.; WOLF STEPHAN/HRUBESCH-

      MILLAUER STEPHANIE, Grundriss des schweizerischen Erbrechts, Bern 2017,

      S. 360 N 1356; vgl. auch § 125 NotV/ZH). Soweit der Berufungskläger mit seinen Ausführungen geltend machen will, es hätte keine Eröffnung des Erbvertrags durch das Gericht stattfinden dürfen, ist seine Berufung nach dem Gesagten ab- zuweisen.

      Die Einlieferung des Erbvertrags stand den Erben im Übrigen auch nicht frei, son- dern es besteht eine gesetzliche Einlieferungspflicht (vgl. Art. 556 Abs. 1 i.V.m. Art. 481 ZGB).

    2. Weiter macht der Berufungskläger geltend, die entstandenen Kosten für die Testamentseröffnung seien dem Antragssteller (gemeint wohl E. ) zu be- lasten und nicht mit der Erbmasse zu verrechnen. Auch diesbezüglich ist die Be- rufung abzuweisen: Die Kosten der Eröffnung eines Erbvertrags sind Erbgangs- schulden und als solche vom Nachlass zu tragen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU,

      6. Aufl. 2019, vor Art. 551-559 N 12 sowie Art. 557 N 18; BSK ZGB II-

      Schaufelberger/Keller Lüscher, 5. A., Art. 603 N 8; PraxKomm Erbrecht-Emmel,

      1. A., Vorbem. zu Art. 551 ff. N 11 m.w.H.). Grund dafür ist, dass die Behörde (im Kanton Zürich das Einzelgericht Erbschaftssachen) auch ohne Begehren einer betroffenen Person handeln würde und die Anordnungen dem Nachlass als Gan- zes dienen. Wie bereits erwähnt, stand den Erben die Einlieferung des Erbver- trags nicht frei, sondern es besteht eine gesetzliche Einlieferungspflicht (vgl. Art. 556 Abs. 1 i.V.m. Art. 481 ZGB). Es wäre mithin auch der Berufungskläger zur Einlieferung des Erbvertrags verpflichtet gewesen. Für eine Kostenauflage an

        E. besteht damit kein Raum.

    3. Sodann beantragt der Berufungskläger die Verpflichtung von E. zur Einreichung von Ausdrucken bezüglich eines veräusserten Nachlassobjekts, da dieser ihm keine Einsicht gewähre und sämtliche Akten vernichtet worden seien. Er macht geltend, sie – die Erben – müssten sich zuerst über die Finanzen aus dem Verkauf der Immobilie einigen sowie Abklärungen hinsichtlich offener Forde- rungen und verschwundener Wertsachen des Erblassers tätigen (act. 9). Damit richtet sich der Berufungskläger nicht gegen die Eröffnung des Erbvertrags und damit nicht gegen das Urteil der Vorinstanz 19. Juli 2023. Er macht insbesondere nicht geltend, ihm sei der Erbvertrag nicht eröffnet und mitgeteilt worden oder die Vorinstanz habe im Rahmen ihrer vorläufigen Prüfung eine offensichtlich falsche Auslegung des Erbvertrags vorgenommen. Weder die Feststellung des tatsächli- chen Umfangs der Erbschaft noch die Vermittlung zwischen den Erben gehört zu den Aufgaben der Eröffnungsbehörde. Vielmehr ist es Sache der Erben (gegebe- nenfalls im Rahmen eines Erbteilungsverfahrens) den Umfang der Erbschaft zu ermitteln. Die Eröffnungsbehörde stellt einzig fest, was inhaltlich im Erbvertrag vereinbart wurde. Folglich fehlt es der Kammer an der sachlichen Zuständigkeit für die Beurteilung des Auskunftsbegehrens. Auf die Berufung ist daher in diesen Punkten nicht einzutreten.

    4. Gleiches gilt in Bezug auf den Eventualantrag des Berufungsklägers, wo- nach den Erben zu untersagen ist, ohne Zustimmung aller zu handeln. Auch für solche Anordnungen ist die Kammer als Berufungsinstanz im vorliegenden Ver- fahren nicht zuständig. Ohnehin besteht bis zur Teilung eine Erbengemeinschaft. Die Erben sind mithin Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfü- gen grundsätzlich gemeinsam über die Rechte der Erbschaft (vgl. Art. 602 ZGB).

  1. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens dem Beru- fungskläger aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Entscheidgebühr ist auf Fr. 500.– festzusetzen (§§ 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. 8 Abs. 4 und 10 Abs. 1 GebV OG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden auf Fr. 500.– festgesetzt und dem Berufungskläger auferlegt.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an den Berufungskläger sowie unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten und unter Beilage von Kopien von act. 9 und act. 11 an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 955'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw J. Camelin-Nagel versandt am:

24. Oktober 2023

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz