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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF220093: Obergericht des Kantons Zürich

Die A. GmbH wurde aufgrund eines Organisationsmangels aufgelöst und zur Liquidation verpflichtet, nachdem sie Fristen zur Behebung des Mangels ungenutzt verstreichen liess. Die Vorinstanz setzte die Gerichtskosten auf CHF 1'000.00 fest und legte sie der GmbH auf. Die Berufungsklägerin argumentiert, dass kein Organisationsmangel vorlag und beantragt die Aufhebung des Urteils oder die Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Mangels. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung ab und setzte die Entscheidgebühr auf CHF 1'000.00 fest. Die Kosten des Verfahrens wurden der Berufungsklägerin auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF220093

Kanton:ZH
Fallnummer:LF220093
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF220093 vom 21.12.2022 (ZH)
Datum:21.12.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Organisationsmangel
Schlagwörter : Berufung; Berufungsklägerin; Organisation; Handelsregister; Organisationsmangel; Vorinstanz; Frist; Gesellschaft; Handelsregisteramt; Rechtsdomizil; Verfügung; Verfahren; Domizil; Gericht; Organisationsmangels; Streitwert; HRegV; Kantons; Urteil; Auflösung; Berufungsverfahren; Entscheid; Postumleitung; Behebung; Obergericht; Dübendorf; Gesellschafter
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 148 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 731b OR ;Art. 778 OR ;Art. 819 OR ;Art. 90 BGG ;Art. 939 OR ;
Referenz BGE:100 Ib 455; 138 III 294; 141 III 43;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts LF220093

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF220093-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch

Urteil vom 21. Dezember 2022

in Sachen

A. GmbH,

Antragsgegnerin und Berufungsklägerin vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X.

betreffend Organisationsmangel

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Uster vom 17. Oktober 2022 (EO220027)

Erwägungen:

1.

    1. Die A. GmbH (Antragsgegnerin und Berufungsklägerin, fortan Berufungsklägerin) ist seit dem tt.mm.2021 im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen und bezweckt […]. Als Domiziladresse war und ist die B. strasse … in C. im Handelsregister eingetragen (vgl. act. 2/1 und act. 19).

    2. Mit Schreiben vom 4. März 2022 wies das Handelsregisteramt des Kantons Zürich die Berufungsklägerin darauf hin, es habe versucht, ihr an die im Handelsregister eingetragene Adresse (Rechtsdomizil) einen Brief zu schicken, leider oh- ne Erfolg. Das Handelsregisteramt führte an, eine Rechtseinheit müsse am eingetragenen Rechtsdomizil erreichbar sein, und es forderte die Berufungsklägerin auf, den Organisationsmangel innert 30 Tagen zu beheben (act. 2/3a). Das Schreiben konnte der Berufungsklägerin an der im Handelsregister eingetragenen Adresse nicht zugestellt werden, sondern wurde nach D. weitergeleitet, wo die Sendung am 7. März 2022 entgegengenommen wurde (act. 2/3b-c). Nach unbenutztem Ablauf der 30-tägigen Frist überwies das Handelsregisteramt die Angelegenheit am 17. Mai 2022 (Datum Poststempel) im Sinne von Art. 939 Abs. 2 OR dem Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Uster (Vorinstanz; act. 1).

    3. Mit Verfügung vom 14. Juli 2022 setzte die Vorinstanz der Berufungsklägerin Frist an, um den Organisationsmangel zu beheben (act. 3). Die mit Gerichtsurkunde versandte Verfügung wurde an die c/o Adresse E. GmbH, F. strasse …, D. weitergeleitet, wo sie nicht abgeholt und in der Folge von der Post an die Vorinstanz retourniert wurde (act. 4). Die Vorinstanz liess die Verfügung vom 14. Juli 2022 daraufhin via Stadtammannamt Dübendorf zustellen (act. 5). Die Verfügung konnte dem einzigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Berufungsklägerin mit Einzelunterschrift am 15. September 2022 zugestellt werden (act. 6). Nachdem die Frist gemäss der Verfügung vom 14. Juli 2022 ungenutzt abgelaufen war, ordnete die Vorinstanz mit Urteil vom 17. Oktober 2022 die Auflösung und Liquidation der Berufungsklägerin nach den Vorschriften über den Konkurs an. Die Vorinstanz beauftragte das Konkursamt Dübendorf mit dem

      Vollzug. Die Gerichtskosten setzte sie auf Fr. 1'000.00 fest und auferlegte sie der Berufungsklägerin (act. 9 = act. 14 S. 2). Das Urteil wurde am 21. Oktober 2022 an die im Handelsregister eingetragene Adresse der Berufungsklägerin in

      C. versandt und infolge Nachsendeauftrags am 26. Oktober 2022 an eine nicht aktenkundige Adresse in D. zugestellt (act. 10).

    4. Mit Eingabe vom 7. November 2022 (Datum Poststempel) liess die Berufungsklägerin gegen diesen Entscheid rechtzeitig Berufung mit den folgenden Rechtsmittelanträgen erheben (act. 15 S. 2):

      1. Es sei das Urteil der Vorinstanz vom 17.10.2022 aufzuheben und folgerichtig von der Eröffnung des Konkurses abzusehen.

      1. Eventualiter sei das Urteil der Vorinstanz vom 17.10. 2022 aufzuheben und der Berufungsklägerin die Frist zur Wiederherstellung des Organisationsmangels wieder herzustellen.

      2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MWST zu Lasten der Antragstellerin, eventualiter der Staatskasse.

Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 1-12). Mit Verfügung vom 14. November 2022 wurde dem Rechtsvertreter der Berufungsklägerin eine Nachfrist angesetzt, um die Eingabe vom 7. November 2022 rechtsgültig unterzeichnet erneut einzureichen. Zudem wurde der Berufungsklägerin ei- ne Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 1'000.00 angesetzt und die Prozessleitung delegiert (act. 20 S. 3). Am 23. November 2022 ging die eigenhändig unterzeichnete Berufungsschrift ein und mit Valutadatum vom

25. November 2022 wurde der einverlangte Kostenvorschuss geleistet (act. 22- 23/1 und act. 26). Mit Schreiben vom 12. Dezember 2022 teilte das Handelsregisteramt des Kantons Zürich mit, es seien bei ihm am 9. Dezember 2022 Unterlagen für eine Stammanteilsveränderung und Personalmutation eingereicht worden, welche am tt.mm.2022 in das Tagesregister eingetragen worden seien. Gemäss Abtretungsvertrag und Protokoll der Gesellschafterversammlung vom

8. Dezember 2022 sei neu F. einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Berufungsklägerin mit Einzelunterschrift. Der Organisationsmangel sei mit der Stammanteilsveränderung nicht behoben (act. 27). Am 15. Dezember 2022 wandte sich F. per E-Mail an das Obergericht des Kantons Zürich (act. 29). Mit

E-Mail vom 16. Dezember 2022 wurde er auf den Gegenstand des vorliegenden

Verfahrens aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass sein Anliegen, es sei die Registrierung der Firma zu stoppen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden könne (act. 30).

Auf weitere prozessuale Anordnungen kann verzichtet werden. Die Sache erweist sich als spruchreif.

2.

    1. Gegen erstinstanzliche Endentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.00 beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Beim Begehren um Organisationsmängelbehebung handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (OGer ZH LF200049 vom 11. Dezember 2020 E. IV/2. mit Verweis auf LF110011 vom

      14. Februar 2011 E. 3.2). Weil in einem Organisationsmängelverfahren in jedem Fall – aufgrund der geltenden Offizialmaxime unabhängig von den konkreten Anträgen der Parteien – die Auflösung der mit dem Organisationsmangel behafteten juristischen Person droht, ist der Streitwert im Grundsatz stets nach Massgabe des Gesamtwerts der betroffenen Gesellschaft zu berechnen (vgl. OGer ZH LF110011 vom 14. Februar 2011; ZR 110/2011 Nr. 30 E. 3.3.1; DIKE Komm

      ZPO-Diggelmann, 2. Aufl. 2016, Art. 91 N 54; Schönbächler, Die Organisationsklage nach Art. 731b OR, 2013, S. 412 ff.). Der konkrete Streitwert ist pauschalisiert zu bestimmen, nämlich nach dem jeweils höchsten (bekannten) Wert aus den drei relevanten Kenngrössen von (i) nominellem Grundkapital, (ii) tatsächlichem Jahresumsatz und (iii) tatsächlich vorhandenen Aktiva (OGer ZH LF200049 vom 11. Dezember 2020 E. IV./4.). In Bezug auf die Berufungsklägerin ist einzig das Stammkapital in der Höhe von Fr. 20'000.00 bekannt (act. 19). Damit ist der für eine Berufung erforderliche Streitwert gegeben.

    2. Gemäss Art. 310 ZPO kann mit der Berufung (a) die unrichtige Rechtsanwendung und (b) die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden. Die Berufung ist innerhalb der Rechtsmittelfrist schriftlich, begründet und mit Rechtsmittelanträgen versehen einzureichen (Art. 311 ZPO). Neue Behauptungen und Beweismittel sind nur noch zulässig, wenn sie ohne Verzug vorge-

bracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO).

3.

3.1. Die Berufungsklägerin begründet ihre Berufung zusammengefasst damit, dass nie ein Organisationsmangel vorgelegen habe, sie sehr wohl am Rechtsdomizil erreichbar gewesen sei und auch sei. Die Vorinstanz belege selber, dass ei- ne Zustellung der Verfügung vom 14. Juli 2022 an sie (die Berufungsklägerin) funktioniert habe. Ebenfalls habe sie das Urteil vom 17. Oktober 2022 postalisch zugestellt erhalten. Überdies dürfte das Handelsregisteramt Kenntnis vom bestehenden Untermietvertrag an der Domiziladresse in C. haben. Die Berufungsklägerin macht geltend, nach der ratio legis von Art. 2 lit. b HRegV hätte die Vorinstanz auf die Eingabe des Handelsregisteramtes nicht eintreten dürfen, da sie stets an der im Handelsregister eingetragenen Domiziladresse erreichbar gewesen sei und zu keinem Zeitpunkt ein Organisationsmangel i.S.v. Art. 939 Abs. 1 OR vorgelegen habe. Der Nachweis eines Rechtsdomizils könne nicht dadurch umgestossen werden, dass die Post umgeleitet werde, denn sie sei jederzeit erreichbar gewesen. Die Berufungsklägerin folgert, ihre Auflösung wäre weder rechts- noch verhältnismässig, zumal die Auflösung der Gesellschaft gemäss bundesgerichtlicher Praxis nur als ultima ratio verfügt werden könne. Die Berufungsklägerin fügt an, sie führe denn auch sämtliche geschäftsmässig relevanten Tätigkeiten weiterhin und seit jeher an ihrem Domizil in C. aus. Der Untermietvertrag, der das Rechtsdomizil in C. belege, sei aktuell. Einzig die Post habe sie in letzter Zeit durch eine Sachbearbeiterin in D. bearbeiten lassen, wofür die Postumleitung erfolgt sei. Sämtliche Schreiben (insbesondere der SUVA AHV) seien bearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge der Angestellten pünktlich bezahlt worden (act. 15 S. 3 f.).

Im Falle der Bejahung des Vorliegens eines Organisationsmangels durch das Obergericht sei in Anbetracht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der fragwürdigen Begründung der Vorinstanz, dass eine Postumleitung einen Organisationsmangel darstellen könne, eine Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Organisationsmangels angezeigt. Die Berufungsklägerin macht geltend, sie

sei juristische Laiin und mit der Bedeutung des Rechtsdomizils nicht bewandert. Sie habe schwierige Geschäftsjahre hinter sich, verbunden mit Wechseln in der Geschäftsführung sowie bei den Gesellschaftern, sodass das nötige Know-how zur Behebung des Organisationsmangels gefehlt habe. Sie habe nicht wissen können, dass die Postumleitung zwecks einfacherer Bewältigung der Sekretariatsarbeiten einen Organisationsmangel darstellen würde. Sie sei davon ausgegangen, da sie ja ein Domizil habe, sei somit alles in Ordnung und keine weitere Reaktion erforderlich. Wenn überhaupt, sei von einem leichten Verschulden in Bezug auf die Fristversäumnis zur Behebung des Organisationsmangels auszugehen, und eine Fristwiederherstellung dränge sich vorliegend angesichts der Wahrung der Verhältnismässigkeit auf (act. 15 S. 4-5).

      1. Nach Art. 778 OR ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in das Handelsregister des Ortes einzutragen, an dem sie ihren Sitz hat. Als Sitz einzutragen ist gemäss Art. 117 Abs. 1 der Handelsregisterverordnung vom

        17. Oktober 2007 (HRegV; SR 221.411) der Name der politischen Gemeinde; ausserdem ist nach Art. 117 Abs. 2 HRegV das Rechtsdomizil gemäss Art. 2 lit. b HRegV einzutragen. Das Rechtsdomizil ist die Adresse, unter der die Rechtseinheit an ihrem Sitz erreicht werden kann. Die Rechtseinheit verfügt an dieser Adresse über ein Lokal, über das sie gestützt auf einen entsprechenden Rechtstitel wie Eigentum, Mietvertrag etc. tatsächlich verfügen kann, welches den Mittelpunkt ihrer administrativen Tätigkeit bildet (wo sich die Büros der Verwaltung mit eige- ner Minimalinfrastruktur befinden) und wo ihr Mitteilungen aller Art physisch zugestellt werden können (vgl. BGE 100 Ib 455 E. 4.; Meisterhans/Gwelessiani, PraxisKomm HRegV, 4. Aufl. 2021, Art. 2 N 17 und Art. 117 N 496; OFK HRegV-

        Vogel, Zürich 2020, Art. 2 N 4 f. und Art. 117 N 14; SHK HRegV-Turin, Bern 2013; Art. 2 N 8 und 10 sowie Art. 117 N 11 f.). Hat die Gesellschaft keine eigenen Büros, sondern eine c/o-Adresse, so muss in die Eintragung aufgenommen werden, bei wem sich das Rechtsdomizil befindet; in diesen Fällen bedarf es einer zustimmenden Erklärung des Domizilhalters (sog. Domizilhaltererklärung; BSK OR II-Eckert, 5. Aufl. 2016, Art. 934 N 13; vgl. Art. 117 Abs. 2-4 HRegV). Das Han- delsregisteramt stellt Mängel in der vorgeschriebenen Organisation von Gesellschaften fest. Ein solcher liegt vor, wenn Gesellschaften an ihrem Sitz über kein

        Rechtsdomizil mehr verfügen (Art. 819 OR i.V.m. Art. 731b Abs. 1 Ziff. 5 OR). Bei ausgebliebener Mangelbehebung innert Frist hat das Handelsregisteramt die Angelegenheit an das Gericht zu überweisen, welches die erforderlichen Massnahmen ergreift (Art. 939 Abs. 2 OR, erster Satz; vgl. zum Verfahren auch Domenig/Gür, Organisationsmangelverfahren nach Art. 731b und Art. 939 OR, in: AJP 2021 S. 168 ff.).

      2. Der der Vorinstanz bekannte Sachverhalt, nämlich dass das Schreiben des Handelsregisteramtes an die Berufungsklägerin vom 4. März 2022 an eine andere Adresse in D. weitergeleitet wurde (act. 2/3a-c), die vorinstanzliche Verfügung vom 14. Juli 2022 an eine c/o-Adresse in D. weitergeleitet sowie als nicht abgeholt retourniert wurde und erst via Stadtammannamt hatte zugestellt werden können (act. 3-6), liess keinen anderen Schluss zu, als dass die im Han- delsregister eingetragene Adresse der Berufungsklägerin nicht (mehr) Mittelpunkt ihrer administrativen Tätigkeit bildet sowie nicht die Adresse ist, wo ihr Mitteilungen aller Art physisch zugestellt werden können. Der Vorinstanz kann damit keine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und/oder Rechtsverletzung vorgeworfen wer- den, indem sie vom Bestehen eines Organisationsmangels ausging. Auch kann nicht beanstandet werden, dass die Vorinstanz – trotz der teilweise erfolgreichen Zustellung an eine Postumleitungs-Adresse – die Auflösung der Berufungsklägerin vornahm. Denn die Auflösung der Gesellschaft kommt als ultima ratio in Frage, wenn sich mildere Mittel nicht als sachgerecht bzw. nicht zielführend erwiesen haben; dies ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung etwa der Fall, wenn Verfügungen nicht zustellbar sind wenn sich die Gesellschaft in keiner Art und Weise vernehmen lässt (vgl. BGE 138 III 294 ff., E. 3.1.4; 138 III 407 ff., E. 2.4; s.a. BGE 141 III 43 ff., E. 2.6 je m.w.H.; OGer ZH LF210062 vom 6. Oktober 2021, E. 5.2 m.w.H.). Letzteres ist der Fall, hat sich die Berufungsklägerin doch vor Vorinstanz in keiner Art und Weise gemeldet resp. geäussert. Die von der Vorinstanz gewählte (vorgängig angedrohte) Massnahme der Auflösung der Gesellschaft ist damit nicht zu beanstanden.

      3. Im Weitern ist festzuhalten, dass das Schreiben des Handelsregisteramtes und die Verfügung der Vorinstanz der Berufungsklägerin via Postumleitung

        resp. Stadtammannamt hatten zugestellt werden können. Sie hatte Kenntnis von den ihr angesetzten Fristen zur Äusserung resp. Behebung des Organisationsmangels und liess diese ungenutzt verstreichen. Bei den Behauptungen der Berufungsklägerin bei der Kammer, sie sei jederzeit am Rechtsdomizil erreichbar (gewesen), es habe lediglich eine (vorübergehende) Umleitung der Post an eine Sachbearbeiterin in D. bestanden, sämtliche geschäftsmässig relevanten Tätigkeiten würden am Domizil in C. ausgeführt und der Untermietvertrag für das Domizil in C. sei aktuell, handelt es sich um neue Tatsachenbehauptungen. Der vorgelegte Untermietvertrag (über ½-Zimmer 1 Tisch) stellt ein erstmals im Berufungsverfahren vorgelegtes Beweismittel dar. Wie erwähnt sind solche Noven im Berufungsverfahren nur noch zulässig, wenn sie trotz zumutbarer Sorgfalt vor erster Instanz nicht vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt: Es ist nicht erkennbar und auch nicht dargetan, inwiefern die genannten Behauptungen und das Beweismittel nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können. Als Noven können sie im Berufungsverfahren somit keine Beachtung (mehr) finden.

      4. Das vorstehend Gesagte führt zur Abweisung des Berufungsantrages- Ziffer 1 der Berufungsklägerin.

3.3. Im Eventualantrag (Berufungsantrag-Ziffer 2) verlangt die Berufungsklägerin eine Wiederherstellung der Frist zur Behebung des Organisationsmangels. Diese Frist war mit Verfügung vom 14. Juli 2022 durch die Vorinstanz angesetzt worden, die damit auch nach der Beendigung des Verfahrens für die Wiederherstellung zuständig ist (vgl. Art. 148 Abs. 3 ZPO), worauf bei der Ansetzung der Frist hingewiesen worden war (vgl. act. 3 Dispositivziffer 4, 3. Spiegelstrich m.H. auf Art. 148 ZPO). Weil die Kammer für die Fristwiederherstellung nicht zuständig ist, ist auf den Eventualantrag nicht einzutreten.

4.

    1. Beim nicht streitigen Organisationsmangelverfahren, das vom Handelsregisteramt gestützt auf Art. 939 OR an das Gericht überwiesen wird, handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. dazu Domenig/Gür,

      Organisationsmangelverfahren nach Art. 731b und Art. 939 OR, in: AJP 2021

      S. 168 ff, S. 172). Dementsprechend ist die Entscheidgebühr für das vorliegende Berufungsverfahren im Rahmen von § 8 Abs. 4 GebV OG (Fr. 100.00 bis maximal Fr. 7'000.00) in Würdigung des Streitwerts, des Zeitaufwandes und der Schwierigkeit des Falles festzusetzen (§ 2 Abs. 1 lit. a, c und d sowie § 8 Abs. 4 i.V.m. § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG). Ausgehend von einem Streitwert in der Höhe von

      Fr. 20'000.00 (vgl. dazu die vorstehenden Erwägungen zum Streitwert in

      Erw. 2.1.) sowie unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Gerichtes und der Schwierigkeit des Falles erscheint es vorliegend angemessen, die zweitinstanzliche Entscheidgebühr auf Fr. 1'000.00 festzusetzen.

    2. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Berufungsklägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Liquidation der Gerichtskosten erfolgt durch Verrechnung mit dem von der Berufungsklägerin geleisteten Kostenvorschuss (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'000.00 festgesetzt.

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Berufungsklägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Berufungsklägerin, an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich, an das Konkursamt Dübendorf und an das Betreibungsamt Dübendorf sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Uster, je gegen Empfangsschein.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 20'000.00.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

i.V. Die Gerichtsschreiberin:

MLaw T. Rumpel versandt am:

22. Dezember 2022

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