Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF190032 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 18.06.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Erbausschlagung / Protokollierung/ Verlängerung der Erbausschlagungsfrist im Nachlass Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 14. Mai 2019 (EN190094) |
Zusammenfassung : | Die Klägerin und die Beklagte schlossen einen Vergleich vor der Schlichtungsstelle für Arbeitsverhältnisse, in dem die Beklagte Zahlungen an die Klägerin leisten sollte. Die Beklagte beschwerte sich später beim Kantonsgericht und forderte die Aufhebung bestimmter Teile des Vergleichs, da sie sich unter Druck gesetzt fühlte. Der Einzelrichter für Obligationenrecht ist zuständig für Entscheidungen über Beschwerden gegen Schlichtungsstellen. Die Beschwerdeführerin wollte den Vergleich aufgrund von Willensmängeln für nicht rechtswirksam erklären, was jedoch nicht möglich ist, da ein von den Parteien unterzeichneter Vergleich gesetzlich als rechtskräftiger Entscheid gilt. Die Beschwerde wurde daher nicht akzeptiert, da nur eine Revision möglich ist, die von der Schlichtungsstelle behandelt werden muss. |
Schlagwörter : | Erben; Beschwer; Entscheid; Vorinstanz; Protokoll; Behörde; Person; Ausschlagungsfrist; Rechtsmittel; Interesse; Beschwerde; Erblasserin; Bruder; Sozialen; Dienste; Erbschaft; Kanton; Frist; Protokollierung; Beiständin; Obergericht; Kantons; Oberrichter; Urteil; Einzelgericht; Entscheides; Stadt |
Rechtsnorm: | Art. 28 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 399 ZGB ; Art. 566 ZGB ; Art. 567 ZGB ; Art. 570 ZGB ; Art. 576 ZGB ; Art. 580 ZGB ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Ueli Kieser, Kommentar zum ATSG, Art. 43 ATSG, 2015 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF190032-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiberin MLaw N. Seebacher
Urteil vom 18. Juni 2019
in Sachen
Beschwerdeführer,
betreffend
im Nachlass von B. geb. B'. , geboren tt. April 1943, von Zürich und D. AG, gestorben tt.mm.2019, wohnhaft
gewesen E. -Str. , Zürich
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 14. Mai 2019 (EN190094)
Erwägungen:
1.
Am tt.mm.2019 verstarb B. , geborene B'. (nachfolgend Erblasserin) in Zürich. Sie hinterliess als nächste gesetzlichen Erben ihre beiden Söhne F. und A. (act. 4).
Mit Urteil vom 14. Mai 2019 nahm das Einzelgericht in Erbschaftssachen des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend Vorinstanz) die Ausschlagungserklärungen des Sohnes F. sowie seiner beiden Kinder, G. und H. , zu Protokoll. Zudem erstreckte sie dem Sohn A. die Ausschlagungsfrist bis und mit dem 10. Juli 2019. Die Kosten, bestehend aus Fr. 300.- Entscheidgebühr und Fr. 60.- Barauslagen, auferlegte sie den beiden Söhnen je zur Hälfte
(act. 11).
2.
Am 24. Mai 2019 erhob A. ein Rechtsmittel gegen die Kostenfolgen des vorinstanzlichen Entscheides. Inhaltlich stellte er sich auf den Standpunkt, die Kosten seien zu Unrecht ihm und seinem Bruder auferlegt worden. Richtigerweise seien diese der zuständigen Behörde er meint damit die Sozialen Dienste der Stadt Zürich in Rechnung zu stellen, welche es versäumt habe, sich rechtzeitig und lückenlos um die Aufarbeitung des Nachlasses der Erblasserin zu kümmern. Da auch die Berechtigung zur Verneinung des ausschlagenden Erben nicht geklärt sei, sehe er keine Veranlassung dazu, irgendwelche Kosten zu übernehmen. Er beantragte daher, dass die Kosten vollständig den Sozialen Diensten der Stadt Zürich auferlegt würden (act. 12).
Der Beschwerdeführer bezeichnet sein Rechtsmittel als Berufung. Allerdings ist der Kostenentscheid selbständig nur mit Beschwerde anfechtbar (Art. 110 und Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO). Aus der unrichtigen Bezeichnung seines Rechtsmittels erwächst A. indes kein Nachteil, denn nach der Praxis der Kammer wird ein unrichtig bezeichnetes Rechtsmittel ohne Weiteres mit dem richtigen Namen bezeichnet und nach den entsprechenden Bestimmungen beurteilt. Das Rechtsmit-
tel von A. (nachfolgend Beschwerdeführer) ist dementsprechend als Beschwerde entgegen zu nehmen und es sind die dafür massgeblichen Art. 319 ff. ZPO anzuwenden.
3.
Eine Beschwerde kann nur erheben, wer ein schutzwürdiges Interesse tatsächlicher rechtlicher Natur an der Aufhebung bzw. Abänderung des angefochtenen Entscheides hat; mit anderen Worten, wer beschwert ist. Vorausgesetzt wird das Vorliegen der formellen und der darin in der Regel enthaltenen materiellen Beschwer, ausnahmsweise auch nur der materiellen Beschwer. Die formelle Beschwer ist gegeben, wenn das Dispositiv des angefochtenen Entscheides von den vor der Vorinstanz gestellten Rechtsbegehren abweicht. Materielle Beschwer bedeutet, dass die Rechtsstellung der das Rechtsmittel ergreifenden Person durch den erstinstanzlichen Entscheid tangiert wird, indem dieser in seinen rechtlichen Wirkungen für diese Person nachteilig ist und ihr dadurch ein Interesse an seiner Abänderung verschafft (vgl. statt vieler PC180042 vom 20. November 2018, E. 2.3).
Die vom Beschwerdeführer angefochtenen vorinstanzlichen Kosten wurden ihm lediglich zur Hälfte auferlegt, wobei die andere Hälfte seinem Bruder,
F. , auferlegt wurde. Da der Beschwerdeführer durch die Kostenauferlegung an seinen Bruder nicht beschwert ist, ist insoweit auf seine Beschwerde nicht einzutreten.
4.
Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).
Gesetzliche und eingesetzte Erben können die ihnen zugefallene Erbschaft ausschlagen (Art. 566 Abs. 1 ZGB). Geht bei der zuständigen Behörde im Kanton Zürich das Einzelgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 54 Abs. 2 f. SchlT ZGB i.V.m. Art. 28 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 137 lit. e GOG) eine Ausschlagungserklärung ein, hat sie diese zu prüfen und darüber Protokoll zu führen (vgl. Art. 570 Abs. 3 ZGB). Aus wichtigen Gründen kann die zuständige Behörde
den gesetzlichen eingesetzten Erben eine Fristverlängerung gewähren eine neue Frist ansetzen (Art. 576 ZGB).
Die im Zusammenhang mit der Protokollierung der Ausschlagung entstehenden Kosten trägt diejenige Person, welche die Ausschlagung erklärt (HÄUPTLI, in: ABT/WEIBEL [Hrsg.], Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl. 2015, Art. 570 N 11 m.w.H.). Gleiches gilt bei der Gewährung einer Fristverlängerung gemäss Art. 576 ZGB, ruft die ersuchende Person die Behörde doch im eigenen Interesse an, um für die Entscheidung über die Ausschlagung mehr Zeit zur Verfügung zu haben.
Davon ist entgegen dem Beschwerdeführer auch im vorliegenden Fall nicht abzuweichen und es sind die Kosten insbesondere nicht den Sozialen Diensten der Stadt Zürich aufzuerlegen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ist es nämlich nicht Aufgabe der Sozialen Dienste bzw. der ehemaligen Beiständin der Erblasserin, den gesetzlichen eingesetzten Erben zur Erleichterung der Entscheidung über die Annahme des Erbes innert der 3-monatigen Ausschlagungsfrist gemäss Art. 567 Abs. 1 ZGB vollständig Auskunft über Aktiven und Passiven der Erblasserin zu geben. Vielmehr endet das Amt der Beiständin mit dem Ende der Beistandschaft (Art. 421 Ziff. 2 OR) und damit mit dem Tod der betroffenen Person (Art. 399 Abs. 1 ZGB), wobei der Beiständin gegenüber den Erben der ehemals verbeiständeten Person keine Pflichten zukommen. Die Beiständin hat nach Beendigung des Amtes lediglich an die Erwachsenenschutzbehörde den Schlussbericht und allenfalls die Schussrechnung einzureichen. Die Erwachsenenschlussbehörde stellt diese Dokumente den Erben zu (Art. 425 Abs. 1 und 3 ZGB).
Ist einem gesetzlichen eingesetzten Erben nicht bekannt, wie es um die finanziellen Verhältnisse des Erblassers bestellt war, steht es ihm frei, beim zuständigen Bezirksgericht eine Bescheinigung darüber zu verlangen, dass er als Erbe ausgewiesen und deshalb legitimiert ist, sich im Hinblick auf seine Ausschlagungsbefugnis gemäss Art. 566 ff. ZGB alle diesbezüglichen Informationen bei Banken, Behörden etc. zu beschaffen. Ausserdem ist er berechtigt, ein öffentliches Inventar zu verlangen (Art. 580 Abs. 1 ZGB). Schliesslich kann er was der Beschwerdeführer getan hat - die zuständige Behörde aus wichtigen Gründen um eine Verlängerung der Ausschlagungsfrist ersuchen. Da eine solche Fristerstreckung wie bereits gesagt einzig in seinem Interesse liegt, hat er die dafür entstehenden Kosten zu tragen, wobei nicht zu beanstanden ist, dass die Vorinstanz die Kosten der angefochtenen Verfügung zur Hälfte dem Beschwerdeführer und zu Hälfte dem das Erbe ausschlagenden Bruder des Beschwerdeführers auferlegt hat.
Die Höhe der Kosten hat der Beschwerdeführer nicht beanstandet. Nur der Vollständigkeit halber ist deshalb festzuhalten, dass die Erstreckung der Ausschlagungsfrist wie die Protokollierung der Ausschlagung selbst zur sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw. zu den nichtstreitigen Erbschaftsangelegenheiten gehört. Nach § 8 Abs. 3 der Gebührenverordnung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. September 2010 (GebV OG, LS 211.11) ist die Gerichtsgebühr nach dem Interessewert und dem Zeitaufwand des Gerichts festzusetzen und bewegt sich in der Regel im Rahmen von Fr. 100.bis Fr. 7'000.-. Die von der Vorinstanz für die Erstreckung der Ausschlagungsfrist des Beschwerdeführers sowie für die Protokollierung der Ausschlagungen von F. sowie von dessen Kindern festgesetzte Entscheidgebühr von Fr. 300.ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Hinzu kamen die Barauslagen von insgesamt Fr. 60.-, welche sich aus den für die Erbenermittlung entstandenen Kosten zusammensetzen (vgl. Notizen der Vorinstanz auf der Innenseite des Aktentheks). Die Höhe der Kosten ist dementsprechend nicht zu beanstanden.
Die Beschwerde ist damit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
5. Umständehalber sind für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erheben. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 180.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw N. Seebacher versandt am:
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