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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF190024: Obergericht des Kantons Zürich

Der deutsche Staatsangehörige C. ist verstorben und hat seinen Lebenspartner A. und seinen Sohn B. als gesetzliche Erben hinterlassen. Es liegt ein gemeinschaftliches Testament vor, in dem der Lebenspartner als Alleinerbe eingesetzt wurde. Der Sohn des Verstorbenen hat jedoch Einspruch gegen die Ausstellung des Erbscheins erhoben und das Testament angefochten. Das Gericht hat entschieden, dass die Einsprache vorgemerkt wird, solange sie nicht innerhalb eines Jahres angefochten wird. Der Lebenspartner des Verstorbenen hat dagegen Berufung eingelegt und die Geschäftsfähigkeit des Sohnes angezweifelt. Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass die Drogensucht und psychiatrischen Aufenthalte des Sohnes keine Anzeichen für Urteilsunfähigkeit sind und die Berufung abgewiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF190024

Kanton:ZH
Fallnummer:LF190024
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF190024 vom 08.05.2019 (ZH)
Datum:08.05.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einsprache gegen Ausstellung des Erbscheines
Schlagwörter : Berufung; Erblasser; Urteil; Erblassers; Bundesgericht; Berufungskläger; Testament; Urteils; Entscheid; Einsprache; Einzelgericht; Partner; Erbschein; Recht; Einsprecher; Staatsangehörige; Wohnsitz; Handlung; Schweiz; Obergericht; Oberrichter; Ausstellung; Staatsangehöriger; Deutschland; Bezirksgerichtes; Pfäffikon; Sohnes; Längerlebenden
Rechtsnorm:Art. 13 ZGB ;Art. 16 ZGB ;Art. 35 IPRG ;Art. 48 BGG ;Art. 521 ZGB ;Art. 533 ZGB ;Art. 67 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 98 BGG ;
Referenz BGE:134 II 235;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LF190024

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF190024-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Isler

Urteil vom 8. Mai 2019

in Sachen

  1. ,

    Berufungskläger,

    gegen

  2. ,

Einsprecher und Berufungsbeklagter,

betreffend

Einsprache gegen Ausstellung des Erbscheines

im Nachlass von C. , geboren am tt. Juli 1955, Staatsangehöriger von Deutschland, gestorben am tt.mm.2018, wohnhaft gewesen str. , D.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Pfäffikon vom 21. März 2019 (EN190017)

Erwägungen:

I.

Wie das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Pfäffikon feststellte, verstarb der deutsche Staatsangehörige C. am tt.mm.2018 mit letztem Wohnsitz in

  1. /ZH, unter Hinterlassung zweier gesetzlicher Erben: seines Lebenspartners A. (deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in E. , Deutschland) und seines Sohnes B. (deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in F. /TG) (act. 21).

    Der überlebende Partner des Erblassers reichte dem Einzelgericht ein vom Erblasser und ihm gemäss Ortsund Zeitangabe am 26. März 2018 in E. errichtetes gemeinschaftliches Testament ein (act. 1-2 und act. 20). Es lautet wie folgt:

    Berliner Testament

    Im Vollbesitz unserer geistigen Kräfte wollen wir hiermit unseren letzten Willen regeln. Wir können über unseren Nachlass vollumfänglich frei verfügen und sind weder über einen Erbvertrag noch durch ein gemeinschaftliches Testament gebunden. Rein fürsorglich widerrufen wir sämtliche bisherigen Verfügungen von Todes wegen.

    § 1 Erbeinsetzung

    Wir, die eingetragene Partnerschaft [ ], setzen uns hiermit wechselseitig zu unseren alleinigen Vollerben nach dem Tod des Erstversterbenden ein.

    Schlusserbe nach dem Tod des Längerlebenden von uns ist C. _s Sohn B. , [ ].

    § 2 Pflichtteilsklausel

    Sollte B. nach dem Tode des Erstversterbenden gegen den Willen des Längerlebenden Pflichtteilsansprüche durchsetzen, so erhält er seine Abkömmlinge auch nach dem Tode des Längerlebenden nur den Pflichtteil

    Mit Testamentseröffnungs-Urteil vom 18. Februar 2019 stellte das Einzelgericht dem Partner des Erblassers in Aussicht, ihm als Alleinerben einen Erbschein auszustellen, sofern seine Berechtigung nicht innert eines Monats von einem gesetzlichen Erben einem aus einer früheren Verfügung Bedachten ausdrücklich bestritten werde (act. 21).

    Der Sohn des Erblassers erklärte dem Gericht mit Eingabe vom 20. März 2019 sinngemäss, die Berechtigung des eingesetzten Alleinerben zu bestreiten; er wolle auf dem Erbschein mit eingetragen werden, weil er ebenfalls Erbe sei und das Testament anfechten werde (act. 29).

    Mit Urteil vom 21. März 2019 verfügte das Einzelgericht, die Einsprache des Sohnes des Erblassers gegen die Ausstellung eines Erbscheines an den überlebenden Partner des Erblassers als Alleinerben werde vorgemerkt. Solange die Einsprache nicht beseitigt sei, werde keine Erbbescheinigung ausgestellt. In seinen Erwägungen wies es zudem darauf hin, dass die Einsprache dahinfalle, wenn nicht innert der einjährigen Verwirkungsfrist gemäss Art. 521 Abs. 1 ZGB auf Ungültigkeit geklagt werde (act. 35).

    Gegen diesen Entscheid erhob der überlebende Partner des Erblassers beim Obergericht mit Eingabe vom 27. März 2019 rechtzeitig Berufung (act. 36; vgl. act. 31/2). Er beantragt die Aufhebung des Urteils und macht im Wesentlichen geltend, die Geschäftsfähigkeit des Einsprechers anzuzweifeln.

    Die erstinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-33).

    II.
    1. Die Handlungsfähigkeit untersteht dem Recht am Wohnsitz (Art. 35 IPRG). Handlungsfähig (und damit geschäftsfähig) ist nach schweizerischem Recht, wer volljährig und urteilsfähig ist (Art. 13 ZGB). Urteilsfähig im Sinne des Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln (Art. 16 ZGB). Wer handlungsfähig ist, ist auch prozessfähig (Art. 67 ZPO).

      Die Urteilsfähigkeit ist relativ: Sie darf nicht abstrakt beurteilt werden. Die erforderlichen Fähigkeiten müssen konkret in Bezug auf eine bestimmte Handlung entsprechend deren Natur und Wichtigkeit im Augenblick der Handlung gegeben sein (BGE 134 II 235 = Pra 98 [2009] Nr. 31, Erw. 4.3.2).

      Gemäss der Praxis ist die Urteilsfähigkeit nach der allgemeinen Lebenserfahrung grundsätzlich zu vermuten. Das gilt allerdings nur so lange, als nicht die Lebenserfahrung im Einzelfall zur umgekehrten Vermutung führt, was bei Erwachsenen mit schwerer psychischer Störung geistiger Behinderung der Fall ist (vgl. etwa BGer 8C_538/2017 vom 30. November 2017 Erw. 3; BK-Bucher/Aebi-Müller, Art. 16 ZGB N 155 ff.).

    2. Der Berufungskläger macht geltend, er frage sich, ob der Sohn des Erblassers stabil genug und psychisch in der Lage sei, einen Einspruch zu erheben. Der Sohn sei seit vielen Jahren immer wieder in der Psychiatrie (in Deutschland und in der Schweiz); soweit ihm bekannt sei, trage er sich seit Jahren mit Suizidgedanken und konsumiere Drogen. Ausser einigen Telefongesprächen, die vom Erblasser ausgegangen seien, habe der Sohn seit Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr zu seinem Vater gehabt. Durch ein Telefongespräch, welches der Erblasser mit seinem Sohn geführt habe, habe dieser vom Testament Kenntnis erhalten, und er sei damit einverstanden gewesen (act. 36 S. 1 f.). Bei Einreichung des Testaments hatte der Berufungskläger zudem erklärt, keine näheren Angaben zum Aufenthaltsort des Sohnes machen zu können, da sowohl der Erblasser als auch er seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt hätten; ihm sei nur gesagt worden, dass sich der Sohn in einer Psychiatrie in der Schweiz aufhalte; wo könne er nicht genau sagen (act. 1).

Dass der Einsprecher gemäss Darstellung des Berufungsklägers angeblich Drogen konsumiert und sich regelmässig in psychiatrischen Kliniken aufhält - der Berufungskläger weiss dazu nichts Konkretes -, bringt die Vermutung der Urteilsfähigkeit nicht ins Wanken. Drogensucht und Klinikaufenthalte führen nicht zur Vermutung der Urteilsunfähigkeit. Mit seinem Gesuch vom 6. Februar 2019 um Inventaraufnahme in der vom Berufungskläger bewohnten Eigentumswohnung des Erblassers in E. (act. 14), seiner Einsprache gegen die Ausstellung einer Erbbescheinigung und seiner Ankündigung, das Testament anfechten zu wollen (act. 29), hat sich der Sohn sodann in nachvollziehbarer Weise um die Sicherung des Nachlasses bemüht. Auch dieses Verhalten ist kein Indiz für Urteilsunfähigkeit.

Die Berufung ist deshalb abzuweisen und der angefochtene Entscheid zu bestätigen.

III.
  1. Umständehalber sind für das Rechtsmittelverfahren keine Kosten zu erheben. Dem Sohn des Erblassers sind keine Kosten erwachsen, die es zu entschädigen gälte.

  2. Die Frage, ob der Streitwert den für die Zulässigkeit der ordentlichen Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht vorausgesetzten Minimalbetrag von Fr. 30'000.erreicht (Art. 72 ff., insbes. Art. 74 Bundesgerichtsgesetz [BGG]), ob der Entscheid nur mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde anfechtbar ist (Art. 113 ff. ZPO), kann offenbleiben.

Beim angefochtenen Entscheid, dem Berufungskläger (einstweilen) keinen Erbschein auszustellen, handelt es sich lediglich um eine vorsorgliche Massnahme, welche die Frage der Auslieferung der Erbschaft bis zur Verwirkung der dem Einsprecher laufenden Klagefristen (Art. 521 Abs. 1 und Art. 533 Abs. 1 ZGB) bzw. bis zum Entscheid über eine allfällige Ungültigkeitsoder Herabsetzungsklage regelt (vgl. BGer 5A_757/2016 vom 31. August 2017 Erw. 2; 5A_800/2013 vom 18.

Februar 2014 Erw. 1; 5A_162/2007 vom 16. Juli 2007 Erw. 5.2). Mit der ordentlichen Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht kann deshalb gleich wie mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 bzw. 116 ZPO).

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Pfäffikon vom 21. März 2019 wird bestätigt.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Berufungsbeklagten unter Beilage eines Doppels von act. 36, sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein, an den Berufungskläger auf dem Rechtshilfeweg.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG über eine vorsorgliche Massnahme im Sinne von Art. 98 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Eingaben an das Bundesgericht sind rechtzeitig, wenn sie spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post einer schweizerischen diplomatischen konsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG).

Im Falle der elektronischen Einreichung ist für die Wahrung einer Frist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Quittung ausgestellt wird, die bestätigt, dass alle Schritte abgeschlossen sind, die auf der Seite der Partei für die Übermittlung notwendig sind (Art. 48 Abs. 2 BGG; vgl. https://www.bger.ch/index/juridiction/jurisdiction-inher ittemplate/jurisdiction-elektronische-beschwerde.htm).

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Isler versandt am:

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