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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF180006: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall bezüglich der Ausschlagung und Wiederherstellung der Berufungsfrist im Nachlass von F. entschieden. Die gesetzlichen Erben B. und C. haben die Erbschaft ausgeschlagen, während die Erbin A. die Erbschaft vorgemerkt hat. Die Entscheidgebühr wurde auf Fr. 150.- festgesetzt. Die Kosten wurden den ausschlagenden Erben B. und C. auferlegt. Die Berufungsklagerin hat Berufungsanträge gestellt, die teilweise gutgeheissen wurden. Der Richter P. Diggelmann war massgeblich an der Entscheidung beteiligt. Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 400.- wurden der Berufungsbeklagten 3 auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF180006

Kanton:ZH
Fallnummer:LF180006
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF180006 vom 03.07.2018 (ZH)
Datum:03.07.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausschlagung / Wiederherstellung Berufungsfrist
Schlagwörter : Berufung; Berufungsklägerin; Erbschaft; Interessen; Berufungsbeklagte; Verfahren; Entscheid; Beistand; Eltern; Urteil; Frist; Interessenkollision; Tochter; Bülach; Berufungsbeklagten; Bezirksgericht; Vorinstanz; Beilage; Ausschlagungserklärung; Wiederherstellung; Erben; Erbin; Vertretung; Inventar; Kindes; Bezirksgerichtes
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 108 ZPO ;Art. 149 ZPO ;Art. 306 ZGB ;Art. 30c BV ;Art. 553 ZGB ;Art. 566 ZGB ;Art. 567 ZGB ;Art. 568 ZGB ;Art. 572 ZGB ;Art. 580 ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LF180006

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

    Geschäfts-Nr.: LF180006-O/U

    Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. D. Tolic Hamming

    Urteil vom 3. Juli 2018

    in Sachen

    A. ,

    Berufungsklägerin,

    vertreten durch Beistand Avocat X.

    gegen

    1. B. ,
    2. C. ,
    3. D. ,

    Berufungsbeklagte,

    Nr. 2 vertreten durch Beiständin E. Nr. 3 vertreten durch Rechtsanwältin Y.

    betreffend

    Ausschlagung / Wiederherstellung Berufungsfrist

    im Nachlass von F. , geboren am tt. November 1960, von , gestorben am tt.mm.2017, wohnhaft gewesen in ,

    Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Bülach vom 7. November 2017 (EN170104)

    Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Bülach vom 7. November 2017:

    (act. 7 = act. 14)

    1. Die Ausschlagungen der Erbschaft des †F. durch die gesetzlichen Erben 1 (= B. ) und 3 (= C. ) sowie die der gesetzlichen Erbin 1 nachfolgende Erbin 4 (= A. ) werden vorgemerkt.

    2. Der von der gesetzlichen Erbin 2 (= D. ) beantragte Erbschein kann erst nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils ausgestellt werden.

    3. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 150.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

    4. Die Kosten werden den ausschlagenden Erben 1 und 3 zu gleichen Teilen auferlegt, je unter solidarischer Haftung für die gesamten Kosten.

    5./6. Mitteilungen / Rechtsmittelbelehrung.

    Berufungsanträge:

    der Berufungsklägerin (act. 26 S. 12):

    I. Die Erhebung neuer Tatsachen und der dazugehörenden Beweismittel ist anzunehmen;

    1. Die Ausschlagungserklärung vom 14. Oktober 2017 durch

      B. und G. in (ungültiger) Vertretung von A. ist nichtig;

    2. Das Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 7. November 2017 betreffend Ausschlagung der Erbschaft durch B. im Namen von A. ist aufzuheben;

    3. Die Frist um die Erbschaft (unter Bedingungen) anzunehmen auszuschlagen ist wiederhergestellt;

    4. Die Erbschaft wird unter öffentlichem Inventar angenommen;

    5. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

der Berufungsbeklagten 3 (act. 32 S. 2):

  1. Die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom

    7. November 2017 betreffend Ausschlagung der Erbschaft durch B. und G. im Namen von A. sei vollumfänglich abzuweisen.

  2. Ebenfalls seien die übrigen Anträge (Ziff. I./II./IV./V. und VI.) der Berufungsklägerin vollumfänglich abzuweisen.

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MWSt) zu Lasten der Berufungsklägerin.

Erwägungen:

I.
Sachverhalt und Prozessgeschichte
    1. Aktenkundig und unstrittig ist folgender Sachverhalt: F. , welcher am tt.mm.2017 in Zürich verstarb (act. 4), hinterliess als gesetzliche Erben seine Nachkommen B. (geb. tt. August 1981), D. (geb. tt. November 1989) und C. (geb. tt. Februar 1993; act. 5/1). Mit Eingabe vom 19. Oktober 2017

      (Poststempel) erklärte B. beim Bezirksgericht Bülach die Ausschlagung der Erbschaft für sich und ihre minderjährige Tochter, A. (geb. tt.mm.2012). Die Ausschlagungserklärung wurde von G. , dem Mitinhaber der elterlichen Sorge (act. 5/2), mitunterzeichnet (act. 1). C. schlug die Erbschaft mit Formular vom 18. Oktober 2017 ebenfalls aus (act. 2; vgl. auch act. 9/1-2).

    2. Am 20. Oktober 2017 ging beim Bezirksgericht Bülach (fortan Vorinstanz) das Gesuch von D. um Ausstellung des Erbscheins ein, welches in Verstoss geriet und deshalb am 24. Januar 2018 wiederholt wurde (act. 3).

  1. Mit Urteil vom 7. November 2017 erliess die Vorinstanz den eingangs wiedergegebenen Entscheid (act. 7 = act. 14). Dieser wurde auch der Justice de paix du district de Lausanne zur Information zugestellt (act. 7 S. 3 f. = act. 14 S. 3 f.).

  2. Unter Hinweis auf diesen Entscheid kam die Justice de paix du district de Lausanne zum Schluss, dass im Rahmen der erbrechtlichen Auseinandersetzung in Sachen Nachlass F. zwischen den Erbinnen B. und ihrer Tochter A. ein potentieller Interessenskonflikt bestehe, weshalb für Letztere mit Entscheid vom 20. Dezember 2017 eine Vertretungsbeistandschaft im Sinne von Art. 306 Abs. 2 ZGB errichtet und Avocat X. zu deren Beistand mit folgenden Aufgaben ernannt wurde (act. 10 S. 3):

    - dans le cadre de la succession de F. , défendre ses intérêts [von B. , Anmerkung des Gerichts] et examiner en particulier sa répudiation éventuelle, et requérir du juge de paix, motivation à l'appui, son approbation à la répudiation ou à l'acceptation de la succession;

    - dans le cadre de la liquidation de la succession de F. , défendre ses intérêts et le cas échéant requérir du juge de paix, motivation à l'appui, son approbation à la convention de partage

    Dieser Entscheid wurde am 27. Dezember 2017 auch der Vorinstanz zur Kenntnis gebracht (act. 10 S. 5).

  3. In der Folge beantragte der Beistand X. mit an die Vorinstanz adressiertem Schreiben vom 4. Januar 2018 die Aufnahme eines Sicherungsinventars gemäss Art. 553 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sowie die Aufnahme eines öffentli-

chen Inventars gemäss Art. 580 Abs. 1 ZGB (act. 11/1). Nach Einsicht in die vorinstanzlichen Akten (vgl. act. 11/2) hielt er mit Schriftsatz vom 16. Januar 2018 an seinem Gesuch um Inventaraufnahme fest. Zur Begründung führte er an,

  1. habe wegen Interessenkonflikts keine wirksame Ausschlagungserklärung im Namen ihrer minderjährigen Tochter A. abgeben können. Letztere sei als gesetzliche Erbin an die Stelle ihrer ausschlagenden Mutter getreten und ihre Ausschlagungsfrist sei noch nicht verstrichen (act. 12).

    5.1. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2018 ersuchte der Beistand hierorts um Wiederherstellung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das vorinstanzliche Urteil vom 7. November 2017 (act. 15 inkl. Beilagen act. 17/1-6).

      1. Mit Verfügung der Kammer vom 23. März 2018 wurden B. ,

  2. und D. als Berufungsbeklagte in das Verfahren einbezogen und es wurde ihnen hinsichtlich des Wiederherstellungsgesuchs der Berufungsklägerin das rechtliche Gehör gewährt. Des weiteren wurde die Prozessleitung delegiert (act. 20). Während D. ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtete (act. 22), liessen sich B. und C. nicht vernehmen.

      1. In Gutheissung des Wiederherstellungsgesuchs der Berufungsklägerin wurde ihr mit Verfügung der Kammer vom 30. April 2018 eine Nachfrist angesetzt, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (act. 23).

      2. Die Berufungsklägerin liess mit fristgerecht eingereichter Berufungsschrift vom 9. Mai 2018 die vorstehend wiedergegebenen Anträge stellen (act. 26 inkl. Beilagen act. 27/1-17, zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 24/1), worauf den Berufungsbeklagten mit Verfügung der Kammer vom 17. Mai 2018 Frist zur Erstattung der Berufungsantwort angesetzt wurde, mit der Androhung, dass im Säumnisfall das Verfahren ohne diese weiter geführt werde (act. 28). Eine Beschwerdeantwort ist seitens B. innert Frist und bis heute nicht eingegangen. C. verzichtete ausdrücklich auf eine Stellungnahme (act. 31). Mit Beschwerdeantwort vom

    1. Juni 2018 (Poststempel) liess D. (fortan Berufungsbeklagte 3) fristgerecht (vgl. act. 29/4) die eingangs angeführten Anträge stellen (act. 32 inkl. Beilagen act. 33/1-2). Die Eingabe ist den anderen Verfahrensparteien mit diesem Entscheid zuzustellen.

      1. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act.1 - 12). Das Verfahren ist spruchreif.

        II.
        Materielles
          1. Die Berufungsklägerin liess im Rechtsmittelverfahren geltend machen, die beim Steueramt am 18. Januar 2018 eingeholten Auskünfte über die Steuerverhältnisse von †F. hätten ergeben, dass er am 29. März 2017 einen Anspruch auf Kapitalleistungen (2. Säule) in Höhe von Fr. 230'000.erworben sowie eine Immobilie in mit geschätztem Steuerwert von Fr. 455'000.besessen habe, welche von der Berufungsbeklagten 3 bewohnt werde (act. 26 S. 2 und 8; act. 27/11-12). Mit Ausschlagung der Erbschaft durch B. am 20. Oktober 2017 sei die Berufungsklägerin als deren Tochter und gesetzliche Erbin gemäss Art. 572 Abs. 2 ZGB an ihre Stelle getreten. Ab diesem Zeitpunkt habe hinsichtlich der Ausschlagung der Erbschaft ein Interessenkonflikt zwischen B. und der Berufungsklägerin bestanden, weil Erstere als Mutter über die allfällige Ausschlagung seitens ihrer minderjährigen Tochter zu entscheiden hätte. Dies habe der Friedensrichter des Bezirkes Lausanne erkannt, worauf ein Beistand nach

            Art. 306 Abs. 2 ZGB ernannt worden sei. B. habe keine wirksame Ausschlagungserklärung im Namen ihrer minderjährigen Tochter abgeben können. Dazu sei nur der Beistand befugt, welcher unverzüglich nach seiner Bestellung die Ausschlagung der Erbschaft durch B. und G. in ungültiger Vertretung der Berufungsklägerin beanstandet habe (act. 26 S. 10).

          2. Die dreimonatige Frist zur Annahme Ausschlagung der Erbschaft nach Art. 567 Abs. 1 ZGB beginne im Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Ausschlagung durch den Beistand zu laufen. Da die Vorinstanz in ihrem Urteil vom

      2. November 2017 die Ausschlagung der Berufungsklägerin vorgemerkt habe, habe die Frist, um die Erbschaft anzunehmen auszuschlagen ab dem Zeitpunkt der Fristwiederherstellung durch die Berufungsinstanz neu zu laufen begonnen (act. 26 S. 11).

        1. Dem hielt die Berufungsbeklagte 3 entgegen, bei der Kapitalleistung von Fr. 230'000.aus der zweiten Säule handle es sich um einen Vorbezug für Wohneigentum gemäss Art. 30c BVG, welcher wieder zurück zu zahlen sei. Mit diesem sei im März 2017 ausserordentlich eine Amortisation für die Hypothek getätigt worden. Zudem laste auf der Immobilie in ... immer noch eine Hypothek in Höhe von Fr. 200'000.- (act. 32 S. 3).

          Die am 14. Oktober 2017 von B. und G. im Namen ihrer minderjährigen Tochter bzw. der Berufungsklägerin erfolgte Ausschlagungserklärung sei gültig (act. 32 S. 6). So habe die Mutter, B. , die Erbschaft vorgängig bereits ausgeschlagen und könne rechtlich von der Ausschlagung ihrer Tochter nicht mehr profitieren, weshalb keine (direkte) Interessenkollision bestehe. Zudem habe B. , welche aus einer vorehelichen Beziehung des †F. stamme, zu ihren Stiefgeschwistern und dem Erblasser überhaupt keinen Kontakt eine persönliche Beziehung gehabt, weshalb auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass aufgrund einer nahestehenden Person eine (indirekte) Interessenkollision bestehen würde. Anderes wäre von der Berufungsklägerin zu begründen und zu beweisen. Auf keinen Fall könne pauschal davon ausgegangen werden, dass bei jeder Erbausschlagung durch die Eltern für ihre Kinder eine Interessenkollision vorliege und damit ein Ungültigkeitsgrund für die Erbausschlagung (act. 32 S. 4 f.).

          Des Weiteren dürfe von der Tatsache, dass das Friedensgericht des Bezirkes Lausanne nachträglich in seinem Entscheid vom 20. Dezember 2017 von einer Interessenkollision ausgegangen sei und einen Beistand für die Berufungsklägerin ernannt habe, nicht abgeleitet werden, dass die Ausschlagungserklärung aufgrund einer Interessenkollision nicht rechtgültig sei. Jener Entscheid sei für das vorliegende Verfahren nicht rechtverbindlich, zumal die Ausschlagung der Erbschaft bereits davor gültig erfolgt sei (act. 32 S. 6).

        2. Da die Ausschlagung der Erbschaft mit dem Verzicht auf Rechte verbunden ist, setzt sie die Handlungsfähigkeit voraus. Unmündige können das Erbe nur durch ihren gesetzlichen Vertreter ausschlagen (PraxKomm Erbrecht-Häuptli,

3. Aufl. 2015, N 10 zu Art. 566 ZGB). Liegen zwischen dem Kind und den Eltern unterschiedliche Interessen vor (typischerweise z.B., wenn ein Elternteil und das Kind gemeinsam Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind), so entfällt die Vertretungsmacht der Eltern im entsprechenden Bereich automatisch, auch wenn ein Beistand (noch) nicht ernannt ist (vgl. Art. 306 Abs. 2 und 3 ZGB). Der Grund liegt darin, dass sie infolge des Gegensatzes zwischen ihren eigenen Interessen und jenen des Kindes ausserstande sind, dieses in einer bestimmten Angelegenheit bestmöglich zu vertreten. Ein gleichwohl abgeschlossenes Geschäft bindet das Kind nicht. Es wird zwischen direkter (Interessen des Kindes, welche den Eltern widersprechen) und indirekter Interessenkollision (Interessen des Kindes widersprechen den Interessen eines Dritten, welcher den Eltern nahesteht) unterschieden. Ob eine Interessenkollision vorliegt, ist abstrakt und nicht konkret zu bestimmen (vgl. BSK ZGB I-Schwenzer/Cottier, 5. Aufl. 2014, N 6 zu Art. 306 ZGB; CHK-Breitschmid, 3. Aufl. 2016, N 2 zu Art. 306 ZGB).

    1. Über die eigenen (persönlichen und/oder finanziellen) Beweggründe von B. zur Ausschlagung der Erbschaft ist nichts bekannt. Nach Darstellung der Berufungsbeklagten 3 stamme B. aus einer vorehelichen Beziehung des †F. und habe zu ihrem verstorbenen Vater und dessen Familie überhaupt keinen Kontakt gehabt. Dies lässt ihre Ausschlagung gestützt auf familiäre Motive und damit zusammenhängend die Gefahr, dass die Ausschlagung im Namen ihrer Tochter durch Eigeninteressen beeinflusst sein könnte, durchaus möglich erscheinen. Dies umso mehr als von keiner Seite eine Überschuldung der Erbschaft behauptet wurde und eine solche auch nicht aktenkundig ist. Beide Elternteile sind in ihren Entscheidungen stets dem Kindeswohl verpflichtet, was auch für das von ihnen verwaltete Kindesvermögen Geltung hat, welches zu erhalten und angemessen zu mehren ist. Eine mögliche Gefährdung der Kinderinteressen durch Ausschlagung der, soweit bekannt, nicht überschuldeten Erbschaft im Namen der minderjährigen Berufungsklägerin ist nach dem Gesagten nicht von der Hand zu weisen. Dass auch der Vater der Berufungsklägerin, G. , die

      Ausschlagungserklärung mitunterzeichnet hat, ändert am Ergebnis nichts. So ist an der Interessenkollision zwischen Eltern und Kind in der Praxis oft nur ein Elternteil beteiligt, wobei eine Vertretung des Kindes durch den anderen Elternteil auf Grund der persönlichen Nähe und der dadurch fehlenden Objektivität regelmässig zu verneinen ist (indirekte Interessenkollision; vgl. BK-AffolterFringeli/Vogel, 1. Aufl. 2016, N 32 zu Art. 306 ZGB).

      Die Vorinstanz hatte ihren Entscheid denn auch der Justice de paix du district de Lausanne mitgeteilt, welche der Berufungsklägerin unmittelbar danach einen Beistand bestellte (vgl. vorstehend Ziff. I.2 und I.3.). Dieser wird in Wahrung der Interessen der Berufungsklägerin die Ausschlagung die Annahme der Erbschaft zu prüfen haben (vgl. Ziff. I.3).

    2. Nach dem Gesagten entfiel zufolge Interessenkollision die Vertretungsmacht der Eltern der Berufungsklägerin hinsichtlich der Ausschlagung automatisch, auch wenn der Beistand erst im Nachgang der Ausschlagung ernannt wurde. Die gleichwohl abgegebene Ausschlagungserklärung bindet die Berufungsklägerin somit nicht (Art. 306 Abs. 3 ZGB). Der Beistand hat bei der Vorinstanz sowohl ein Sicherungsinventar (Art. 553 ZGB) als auch ein öffentliches Inventar beantragt (Art. 580 ff. ZGB). In beiden Fällen beginnt nach Vorliegen des Inventars die Frist zur Ausschlagung neu zu laufen (Art. 568 ZGB, Art. 587 f. ZGB).

Ob die Erbschaft nach Vorliegen des Inventars angenommen ausgeschlagen wird, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weshalb auf den Antrag Ziff. V der Berufungsklägerin (act. 26 S. 12) nicht einzutreten ist.

5. Die Berufung ist nach dem Gesagten gutzuheissen und Dispositiv Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids insofern abzuändern, als nur die Ausschlagungen durch B. und C. vorzumerken sind. Im Übrigen ist auf die Berufung nicht einzutreten.

III.
Kostenund Entschädigungsfolgen

1. Die teilweise Gutheissung der Berufung führt zu keiner Änderung der vorinstanzlichen Kostenregelung (Dispositiv-Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Entscheids), da die Kosten der durch die Erbausschlagung bewirkten Amtshandlung zulasten der ausschlagenden Erben gehen (ZR 96 (1997) Nr. 29 Erw. IV). Damit bleibt es bei der Kostenpflicht von B. und C. für das erstinstanzliche Verfahren.

    1. Gemäss Art. 108 ZPO hat diejenige Partei unnötige Prozesskosten zu bezahlen, die sie verursacht hat. Für das Fristwiederherstellungsverfahren gilt, dass grundsätzlich die säumige Partei auch im Falle ihres Obsiegens für die Kosten der Wiederherstellung aufzukommen hat. Sie ist es, welche die Wiederholung des Prozessabschnittes notwendig macht. Dies gilt auch, wenn sie wie im vorliegenden Fall kein Verschulden an der Säumnis trifft. Eine Kostenverlegung nach Art. 106 f. ZPO bedarf aussergewöhnlicher Umstände (vgl. BSK ZPO-Gozzi,

      3. Aufl. 2017, N 9 zu Art. 149 ZPO; KUKO ZPO-Hoffmann-Nowotny, 2. Aufl. 2014, N 4 zu Art. 149 ZPO). Solche sind vorliegend aufgrund der dargelegten Chronologie der Ereignisse (vgl. Ziff. I.1.-4.) zu bejahen. Auf die Erhebung von Kosten für die Wiederherstellung ist daher zu verzichten.

    2. Entschädigungen sind weder der Berufungsklägerin (keine unterliegende Gegenpartei und kein Fall von ausnahmsweiser Entschädigung zulasten einer Behörde) noch den Berufungsbeklagten, welchen im Rahmen des Fristwiederherstellungsverfahrens keine entschädigungsrelevante Umtriebe entstanden sind, zuzusprechen.

    1. Die Höhe des Nachlasses ist nicht bekannt. Gemäss der definitiven Steuerveranlagung 2015 betrug das Einkommen des Erblassers Fr. 86'200.- und sein Vermögen Fr. 59'000.- (act. 6). Die Gerichtsgebühr ist zufolge des geringen Aufwands und in Anwendung des Äquivalenzprinzips tief zu bemessen und auf Fr. 400.festzusetzen (vgl. § 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit den §§ 2 Abs. 1,

      4 Abs. 1 und 2 sowie 8 Abs. 1 GebVOG). Sie ist dem Ausgang des Verfahrens entsprechend der Berufungsbeklagten 3 aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

    2. Die Berufungsbeklagte 3 ist sodann zu verpflichten, die Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren mit Fr. 600.zu entschädigen (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit den §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 2 sowie 9 AnwGebV). Die Mehrwertsteuer wurde nicht verlangt.

Es wird erkannt:

  1. In Gutheissung der Berufung der Berufungsklägerin wird die Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Bülach vom 7. November 2017 aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:

    1. Die Ausschlagungen der Erbschaft des †F. durch die gesetzlichen Erben 1 und 3 werden vorgemerkt.

  2. Im Übrigen wird auf die Berufung nicht eingetreten.

  3. Die Kostenregelung des erstinstanzlichen Verfahrens (Dispositiv-Ziffern 3 und 4) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 400.festgesetzt.

  5. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Berufungsbeklagten 3 auferlegt.

  6. Die Berufungsbeklagte 3 wird verpflichtet, der Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 600.zu bezahlen.

  7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagte 1 unter Beilage einer Kopie von act. 31 und act. 32 (inkl. Beilagenverzeichnis), an den Berufungsbeklagten 2 unter Beilage eines Doppels von act. 32 (inkl. Beilagenverzeichnis) und an die Berufungsbeklagte 3 unter Beilage eines Doppels von act. 31, sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren

    des Bezirksgerichtes Bülach und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  8. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. D. Tolic Hamming versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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