Zusammenfassung des Urteils LF170024: Obergericht des Kantons Zürich
In dem Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich II. Zivilkammer ging es um die Testamentseröffnung im Nachlass von D., der seinen Bruder A. als Alleinerben einsetzte und die Kinder seines Bruders, B. und C., als Nacherben bestimmte. Es wurde ein Nacherbschaftsinventar angeordnet, und die Sicherstellung des Erbteils wurde geregelt. Nach einer Berufung des Bruders A. entschied das Gericht, dass die Nacherbeneinsetzung bewusst auf den Rest des Nachlasses erfolgte. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 1'400 festgesetzt, die vom Nachlass des Erblassers zu tragen sind. Die unterlegene Partei war männlich.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF170024 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 06.06.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Testamentseröffnung |
Schlagwörter : | Erben; Berufung; Erblasser; Vorerbe; Testament; Berufungskläger; Erbschaft; Vorerben; Gericht; Erben; Über; Verfügung; Erbeneinsetzung; Einzelgericht; Auflage; Urteil; Erblassers; Sicherstellung; Dispositiv; Auslegung; Berufungsbeklagte; Berufungsklägers; Alleinerbe; Bruder; Überrest; Winterthur; Eröffnung; Anordnung; Verfahren; Kinder |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 314 ZPO ;Art. 483 ZGB ;Art. 487 ZGB ;Art. 488 ZGB ;Art. 489 ZGB ;Art. 490 ZGB ;Art. 491 ZGB ;Art. 492 ZGB ;Art. 560 ZGB ;Art. 603 ZGB ;Art. 772 ZGB ;Art. 90 BGG ;Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 100 II 92; 131 III 106; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF170024-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. P. Higi und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. I. Vourtsis-Müller
in Sachen
A. ,
Berufungskläger,
gegen
B. ,
C. ,
Berufungsbeklagte,
betreffend Testamentseröffnung
im Nachlass von D. , geboren tt. April 1948, von E. ZH, gestorben tt.mm.2017, wohnhaft gewesen in F. ,
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Winterthur vom 4. April 2017 (EL170130)
Von der gerichtlichen Eröffnung des Testaments von D. wird Vormerk genommen.
Über den Nachlass des Erblassers wird ein Nacherbschaftsinventar angeordnet. Mit der Aufnahme wird der Notar des Kreises ...-Winterthur beauftragt und angewiesen, dem Einzelgericht eine Abschrift des Inventares einzureichen.
Die Erben werden darauf hingewiesen, dass die Aushändigung des Erbteils von Erbschaftsgegenständen an den Vorerben erst nach voller Sicherstellung erfolgen darf, sofern die Nacherben nicht ausdrücklich ganz teilweise darauf verzichten.
Die Sicherstellung kann durch Hinterlegung des Empfangenen, Pfandbestellung, Bankgarantie Bürgschaft (bei Rechten an Grundstücken durch Vormerkung im Grundbuch) geleistet werden. Wird die Sicherheit nicht geleistet der Anspruch der Nacherben in anderer Weise gefährdet, kön- nen sie die Anordnung der Erbschaftsverwaltung verlangen.
Die Regelung des Nachlasses ist Sache der Erben.
Den vorstehend aufgeführten Vorund Nacherben (Ziff. II. und III.) wird auf Verlangen der auf sie lautende Erbschein ausgestellt, sofern ihre Berechtigung nicht innert dreissig Tagen ab Zustellung dieses Urteils von einem gesetzlichen Erben einem aus einer anderen Verfügung Bedachten durch schriftliche Eingabe an das Einzelgericht ausdrücklich bestritten wird.
Verzichten die Nacherben ausdrücklich ganz auf Sichterstellung, kann der Erbschein auf den Vorerben allein ausgestellt werden.
Die Fristen in diesem Verfahren stehen nicht still.
Das Original der eigenhändigen letztwilligen Verfügung wird im Gerichtsarchiv aufbewahrt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'400.-, die Barauslagen betragen Fr. 213.- (eventuell noch ausstehende Rechnungen für Zivilstandsurkunden bleiben vorbehalten).
Die Kosten sind vom Nachlass des Erblassers zu tragen und werden von A. bezogen.
Schriftliche Mitteilung
Rechtsmittelbelehrung: Berufung
Dispositiv Ziffern 2, 3 und 5 des vorinstanzlichen Urteils seien aufzuheben und es sei dem Berufungskläger als Alleinerbe ein Erbschein in Aussicht zu stellen.
Am tt.mm.2017 verstarb D.
in F. . Am 7. März 2017 reichte
dem Einzelgericht des Bezirksgerichtes Winterthur eine eigenhändige letztwillige Verfügung des Erblassers vom 19. April 2012 zur amtlichen Eröffnung ein (vgl. act. 6). Nach einer vorläufigen Auslegung des Testamentes ermittelte die Vorinstanz A. , den Bruder des Erblassers, als gesetzlichen Erben und zugleich als eingesetzten Vorerben. Ferner stellte sie
fest, der Erblasser habe B.
und C.
als Nacherben eingesetzt
(act. 6 S. 2). In der Folge traf die Vorinstanz ihre im Urteils-Dispositiv genannten Anordnungen (act. 6 S. 3-4). Diesen Entscheid focht A. innert Frist mit Berufung an (act. 7 i.V.m. act. 6 und act. 4). Mit Verfügung vom 28. April 2017 wurde ihm Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt
(act. 10). Dieser wurde rechtzeitig geleistet (act. 13 i.V.m. act. 10 und act. 11). Ohne entsprechende Fristansetzung seitens des Gerichtes reichten
C.
und B.
(Berufungsbeklagte) dem Gericht eine Stellungnahme
ein (Eingabe vom 8. Mai 2017, act. 12).
In seiner Rechtsschrift führte der Berufungskläger aus, aufgrund mündlicher Äusserungen seines Bruders sei er sich sicher, dass es nie dessen Absicht gewesen sei, seine (des Berufungsklägers) Kinder als Nacherben einzusetzen, sondern dass sich seine Formulierung im Testament auf die gesetzliche Erbfolge im Falle seines Ablebens (des Berufungsklägers) vor seinem Tod (des Erblasseres) beziehe. Auch aus einer Kurzbeschreibung des Inhalts seines von ihm verfassten Testaments, welche der Verstorbene in einer Notfall-CD festgehalten habe, gehe nicht hervor, dass er eine Regelung mit Vorerbe und Nacherben beabsichtigt habe. Ein Indiz dafür, dass der Verstorbene nicht bewusst eine Nacherbeneinsetzung aktiv angestrebt habe, sei seines Erachtens der Umstand, dass er in seiner letztwilligen Verfügung keine Aussagen zu einer allfälligen Sicherstellung zu einer Werterhaltungspflicht gemacht habe. Im Weiteren habe ihm der Verstorbene zu Lebzeiten schriftlich eine uneingeschränkte Vollmacht über seine finanziellen Angelegenheiten inkl. Vermögenswerte für den Fall, dass er einmal ausfallen sollte, ausgestellt, was seines Erachtens schlecht zu einer restriktiven Regelung der Erbschaft gemäss Urteil passe. Schliesslich sei auch zu berücksichtigen, dass zwischen dem Verstorbenen und den Kindern keine enge Beziehung und kaum Kontakt bestanden habe. Angesichts dieses Umstandes sei seines Erachtens deren Einsetzung als Nacherben nur schwer erklärbar (act. 7).
Die Kinder des Berufungsklägers (Berufungsbeklagte) teilten dem Gericht mit, dass sie all den vorgelegten Punkten ihres Vaters vollumfänglich zustimmten. Auch sie seien der Ansicht, dass ihr Onkel ihren Vater als einzigen gesetzlichen Erben vorgesehen habe (und nicht nur als Vorerben). Sie vermuten, dass ihr Onkel sie beide nur im Testament erwähnt habe, weil er sicherstellen wollte, dass sein Erbe nicht verloren gehe, falls ihr Vater vor
ihm versterbe. Damit der letzte Wille ihres Onkels auch in seinem Sinne umgesetzt werde und nicht noch mehr Aufwand und Kosten entständen, seien sie bereit, auf ihren Stand als Nacherben zu verzichten (act. 12).
Im Rahmen der Testamentseröffnung hat das Einzelgericht eine vorläufige Prüfung und Auslegung des Testamentes bzw. Erbvertrages vorzunehmen, soweit dies für die ihm obliegenden Anordnungen zur Sicherung des Erbganges erforderlich ist. Die Eröffnung ist Voraussetzung für die Ausstellung der Erbbescheinigung an eingesetzte Erben. Der Zweck der Erbbescheinigung besteht darin, den berechtigt erscheinenden Erben einen provisorischen Ausweis über ihre Stellung zu geben und ihnen die gemeinschaftliche Inbesitznahme der Nachlassgegenstände zu ermöglichen (BSK ZGB IIKarrer/Vogt/Leu, 5. Auflage, Art. 559 N 3, 6). Die Eröffnung eines Testaments ist ein Akt der freiwilligen bzw. (ev. etwas besser verständlich) der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit nach § 137 (lit. c) GOG (vgl. ZK ZPOFeller/Bloch, 3. Auflage, Art. 19 N 5 ff. m.w.H.). Es handelt sich dabei nicht um eine richterliche Tätigkeit, sondern um einen Akt administrativer Natur, also eine Art Verwaltungshandlung, deren Ausführung im Kanton Zürich den Einzelgerichten zugewiesen ist (vgl. auch § 24 lit. c GOG, wo von Angelegenheiten im Unterscheid zu Streitigkeiten - die Rede ist). Dabei gelangt das summarische Verfahren zur Anwendung (Art. 248 lit. e ZPO i.V.m. § 24 lit. c und § 137 lit. c GOG). Gegen Erledigungsentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung nach Art. 308 ff. ZPO zulässig (Art. 308 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 314 ZPO). Vorausgesetzt ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ein Rechtsmittelstreitwert von Fr. 10'000.- (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Dieser ist angesichts der vorliegenden Verhältnisse (vgl. Einbanddeckel der vorinstanzlichen Akten und Ziff. 9 nachstehend) gegeben.
a) Beim Entscheid, ob der Berufungskläger Alleinoder Vorerbe des Nachlasses ist, hat der Vorderrichter eine vorläufige und unpräjudizielle Prüfung der letztwilligen Verfügung ohne materiell-rechtliche Wirkung vorzunehmen. Dazu hat das Gericht das Testament provisorisch auszulegen. Die definitive Auslegung des Testamentes bleibt dem ordentlichen Richter vorbehalten
(BSK ZGB II-Karrer/Vogt/Leu, 5. Auflage, Vor Artikel 551-559 N 10 und Art. 557 N 10). Auch bei der provisorischen Auslegung muss das Eröffnungsgericht jedoch nach billigem Ermessen entscheiden und soweit erkennbar auf den wahren Willen des Erblassers abstellen (ZR 82 Nr. 66). Dabei ist in erster Linie zu ermitteln, was der Erblasser unter der im Testament enthaltenen Verfügung nach den konkreten Umständen subjektiv verstand und was er mit ihr wollte. Die Berücksichtigung ausserhalb der Testamentsurkunde liegender Beweismittel zur Ermittlung des wirklichen Willens des Erblassers erfolgt grundsätzlich durch das (im Streitfall angerufene) ordentliche Gericht. Die Berufungsinstanz prüft lediglich, ob das Eröffnungsgericht in diesem beschränkten Rahmen zutreffend verfahren ist (vgl. OGer ZH, LF130079 vom 27. Mai 2014 Erw. 2.1).
b) Jede mündliche schriftliche Äusserung ist auslegungsbedürftig, auch eine formbedürftige. Allerdings gilt die Vermutung, dass Gewolltes und Gesagtes übereinstimmen. Der Wortlaut ist primäres Auslegungsmittel, zusammen mit dem systematischen Zusammenhang, der inneren Logik bzw. der erkennbaren Leitidee der Anordnung (BSK ZGB II-Breitschmid, 5. Auflage, Art. 469 N 22 mit Hinweisen). Das Testament als einseitiges Rechtsgeschäft ist nach dem Willensprinzip auszulegen. Zweck und Aufgabe der Auslegung des Testaments ist demnach immer die Ermittlung des wahren (wirklichen) Willens des Erblassers (BGE 131 III 106 Erw. 1.1, 1.2; BSK ZGB II-Breitschmid, 5. Auflage, Art. 469 N 3 und 24 mit Hinweisen). Daher ist unter anderem auch auf den dem Erblasser in seinem Milieu üblichen Sprachgebrauch abzustellen und auf den Bildungsgrad des Erblassers. Es ist also zu ermitteln, was der Erblasser unter der im Testament enthaltenen Verfügung nach den konkreten Umständen subjektiv verstand, und was er mit ihr wollte. Die Berufungsinstanz prüft lediglich, ob das Eröffnungsgericht in diesem beschränkten Rahmen zutreffend verfahren ist.
a) Der Erblasser kann in seinem Testament bestimmen, wem das Erbe zufallen soll. Der Erblasser kann die ganze Erbschaft einen Bruchteil davon einer mehreren Personen zuwenden (Art. 483 Abs. 1 ZGB). Daneben kann er auch was vorliegend aber nicht von Interesse ist - Vermächtnisse ausrichten. Fällt die ganze Erbschaft einer Person zu, wird diese Alleinerbin. Der Erblasser hat auch die Möglichkeit, den eingesetzten Erben (sogenannter Vorerbe) zu verpflichten, die Erbschaft zu einem späteren Zeitpunkt einem anderen Erben (sogenannter Nacherbe) auszuliefern (Art. 488 Abs. 1 ZGB). In diesem Fall haftet nur der Vorerbe für Erblasserund Erbgangs-Schulden (Art. 560 Abs. 2 ZGB, Art. 603 Abs. 1 ZGB). Überdies kann der Erblasser in seiner Verfügung eine mehrere Personen bezeichnen, denen die Erbschaft für den Fall des Vorversterbens des Erben bei Ausschlagung durch den Erben zufallen soll (Art. 487 ZGB). Hiebei handelt es sich um eine Ersatzverfügung. Die Ersatzverfügung unterscheidet sich von der Nacherbeneinsetzung dadurch, dass die Ersatzverfügung unmittelbar wirkt. Bei der Nacherbeneinsetzung sind demgegenüber zunächst der Vorerbe und anschliessend der Nacherbe berechtigt. Eine Vermutung für das eine andere besteht nicht. Vielmehr ist der Wille des Erblassers durch Auslegung zu ermitteln (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 487 N 1-3). Der Erblasser kann die Auslieferungspflicht an die Nacherben auf die ganze Erbschaft, einen Bruchteil davon auf den Überrest festlegen (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 488 N 5). Mit einer Ausnahme, worauf später einzugehen ist, hat der Vorerbe analog zum Nutzniesser eine Werterhaltungspflicht,
d.h. er darf aus den Erbschaftsgegenständen lediglich Nutzen und Früchte ziehen, sie jedoch nicht verbrauchen. Die Auslieferung der Vorerbschaft hat in natura und in specie zu erfolgen. Anstelle von veräusserten Gegenstän- den tritt deren Ersatz, d.h. Surrogate Geldersatz (KUKO ZGBGrüninger, Art. 491 N 4 und N 10). Als Zeitpunkt der Auslieferung ist, wenn die Verfügung nichts anderes bestimmt, der Tod des Vorerben zu betrachten (Art. 489 Abs. 1 ZGB). Die Auslieferung der Nachlassgegenstände an den Vorerben erfolgt nur gegen Sicherstellung in der Höhe des Wertes der von der Nachverfügung erfassten Gegenstände. Keine Pflicht zur Sicherheitsleistung besteht nur bei ausdrücklicher Befreiung von dieser Pflicht durch den Erblasser (Art. 490 Abs. 2 ZGB) bzw. wenn die Nacherben auf Sicherstellung verzichten. Keine Werterhaltungspflicht besteht bei der Vorbzw.
Nacherbschaft auf den Überrest. Der Vorerbe hat nur das noch vorhandene Kapital auszuliefern. Er hat jedoch seine Rechte nach Treu und Glauben auszuüben. Hier ist eine Befreiung von der Sicherstellungspflicht zu vermuten (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 490 N 6 und Art. 491 N 11; BGE 100 II 92). In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung, auch auf den Überrest, hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen (Art. 490 Abs. 1 ZGB). Der Zweck des Inventars liegt darin, den Umfang und Inhalt der Ansprüche des Nacherben festzustellen und vor Vermischung mit dem Vermögen des Vorerben zu schützen. Eine Dispens ist weder durch den Erblasser noch durch die Voroder Nacherben möglich (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 490 N 3; BSK ZGB II-Bessenich, 5. Auflage, Art. 490 N 1). Motiv für die Anordnung einer Nacherbeneinsetzung kann die Verhinderung einer Weitervererbung der Erbschaft bzw. Erbschaftsteile an die Erben des Vorerben sein. Auch die mit der Nacherbschaft verbundene Sicherstellungsund Auslieferungspflicht des Vorerben kann ein Motiv sein. Wird nämlich befürchtet, dass ein Erbe das Nachlassvermögen sinnlos verprasst, kann dies durch die Nacherbeneinsetzung mit der Sicherstellungsund Auslieferungspflicht des Vorerben verhindert werden. Ausserdem können auch erbschaftssteuerrechtliche Überlegungen für eine Nacherbeneinsetzung sprechen (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 488 N 6).
b) Das vom Erblasser verfasste Testament vom 19. April 2012 hat folgenden Inhalt (act. 6 Anhang):
Im vollbesitz meiner geistigen Kräfte beschliesse ich folgendes:
Als Alleinerbe setze ich meinen Bruder A.
... [Adresse] ein. Dies umfasst das gesamte Vermögen, sei es in Bar, Wertschriften, Liegenschaft G. -Strasse ... in F. , Wertsachen, Hausrat, Autos, etc.
Nach seinem Ableben geht das gesamte Erbe an seine beiden Kinder:
B. und C. zu gleichen Teilen. Der Anteil von B. soll jedoch auf ein Sperrkonto gehen und erst freigegeben werden, wenn er das Pensionsalter erreicht hat. (Soll als Altersvorsorge dienen).
a) Welche Erbenstellung der Erblasser vorliegend dem Berufungskläger zukommen lassen wollte, ist nachfolgend zu klären.
b) Der Erblasser setzte seinen Bruder, den Berufungskläger, in seinem Testament als Alleinerbe ein. Weiter führte er aus, was Gegenstand des dem Bruder vermachten Nachlasses sein soll, nämlich das gesamte Vermögen. Dieses zählt er mit dem Hinweis etc. beispielhaft auf: Bar(schaft), Wertschriften, Liegenschaft in F. , Wertsachen, Hausrat, Autos. Damit gibt er klar zum Ausdruck, dass nach seinem Tod sämtliche Vermögenswerte seinem Bruder zufallen sollen. Der Erblasser bezeichnet den Berufungskläger, wie erwähnt, als Alleinerbe. Diesbezüglich ist der Wortlaut klar. Als Alleinerbe könnte der Berufungskläger demnach über den Nachlass vollumfänglich verfügen, ohne jegliche Werterhaltungsverpflichtung gegenüber seinen Kindern. Dafür spricht auch die Erwähnung des Hausrates und der Autos, wobei bei verbrauchbaren Sachen auch ein Vorerbe freies, unbedingtes Eigentum hat (analog zu Art. 772 ZGB), jedoch im Nachfolgefall den Nachberufenen den Wert der erhaltenen verbrauchbaren Sachen ersetzen muss (BSK ZGB II-Bessenich, 5. Auflage, Art. 491 N 6). Soweit ist das Testament klar und verständlich. Schwieriger ist die Einordnung der weiteren Anordnungen, wonach nach seinem Ableben (gemeint ist das des Alleinerben) das gesamte Erbe an Kinder seines Bruders, B. und C. zu gleichen Teilen gehen soll. Damit hat der Erblasser eine Nacherbeneinsetzung angeordnet. Was mit dem Ausdruck das gesamte Erbe gemeint ist, ist aber im Hinblick auf die Alleinerbeneinsetzung auslegungsbedürftig. Dazu sind die
weiteren Anweisungen zu beachten. Der Anteil von B.
soll auf ein
Sperrkonto gehen und erst freigegeben werden, wenn er das Pensionsalter erreicht hat. Der ihm zufallende Erbteil soll ihm als Altersvorsorge dienen. Dem Erblasser ging es also darum, für den Sohn des Berufungsklägers eine Altersvorsorge zu errichten. Dabei dachte er an Vermögenswerte, die auf einem Sperrkonto hinterlegt werden können. Es ging ihm also nicht darum, dass sein Bruder die ihm hinterlassenen Vermögenswerte den Nacherben in natura weitergibt. Diese Regelung legt den Schluss nahe, dass der Erblasser eine Nacherbschaft auf den Überrest angeordnet hat. Da er den Berufungskläger als Alleinerbe bezeichnete, wollte er ihm die volle Verfügungsmacht über die Gegenstände des Nachlasses geben, ohne dass hiefür gegenüber den Nacherben eine Ersatzpflicht besteht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Erblasser als juristischer Laie genau wusste, was der Unterschied zwischen einem Alleinerben und einem Vorerben ist und wie er das Testament zu formulieren hatte, wenn er seinen Bruder als Vorerben ohne Werterhaltungspflicht einsetzen wollte. Die Anordnung, wonach nach dem Ableben des Berufungsklägers das gesamte Erbe an dessen Kinder gehen soll, ist deshalb einstweilen so zu verstehen, dass der Rest seines dannzumal noch verbleibenden Nachlasses an die Kinder des Berufungsklägers übergehen soll. Die vorläufige Auslegung des Testamentes führt demnach dazu, dass die Nacherbeneinsetzung bewusst, und zwar auf den Überrest gewählt wurde und, entgegen den Ausführungen des Berufungsklägers und der Berufungsbeklagten, keine Ersatzwahl angeordnet wurde. Ob die vom Berufungskläger erwähnte Notfall-CD zu einer anderen Auslegung führt, wäre im ordentlichen Verfahren zu prüfen. Die Vorinstanz als Eröffnungsgericht ging nicht von einer Nacherbschaft auf den Überrest aus, wies sie doch in Dispositiv Ziffer 3 auf die Sicherstellungspflicht des Vorerben hin (act. 6 S. 2). Die einstweilige Auslegung des Testamentes im Berufungsverfahren bedingt, dass das vorinstanzliche Dispositiv anzupassen ist.
a) Wie bereits unter Ziffer 5a) erwähnt, ist bei der Nachverfügung auf den Überrest eine Befreiung von der Sicherstellungspflicht zu vermuten. Es braucht also diesbezüglich keine Verzichtserklärung der Nacherben. Ein Inventar ist aber trotzdem aufzunehmen. Darauf können die Nacherben, wie oben ausgeführt, nicht verzichten. Auch bei der Nachverfügung auf den Überrest gelten nämlich die allgemeinen Regeln zur Bestimmung dessen, was an die Nachberufenen auszuliefern ist, insbesondere das Prinzip der dinglichen Surrogation (BSK ZGB II-Bessenich, 5. Auflage, Art. 491 N 9). Bei der Nacherbeneinsetzung auf den Überrest dient das Inventar in erster Linie dazu, beim Tod des Vorerben dessen übrigen Nachlass von der Vorerbschaft zu unterscheiden. Was der Vorerbe vom Erblasser erhalten hat, fällt
ohne Weiteres dem Nacherben zu. Über den übrigen Nachlass kann der Vorerbe selbst Anordnungen treffen. Bezüglich den Ausführungen der Berufungsbeklagten ist noch zu bemerken, dass Vorund Nacherben beides Nachfolger des gleichen Erblassers sind und dessen Verfügung von Todes wegen nicht rechtsgültig aufheben abändern können (BSK ZGB IIBessenich, 5. Auflage, Art. 491 N 6). Jeder Erbe, auch der Nacherbe, hat aber die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Zum heutigen Zeitpunkt könnten aber die Berufungsbeklagten das Erbe nicht ausschlagen. Die Ausschlagungsfrist beginnt nämlich erst mit dem Nacherbfall zu laufen (KUKO ZGB-Grüninger, Art. 492 N 5; BSK ZGB II-Bessenich, 5. Auflage, Art. 492 N
2).
b) Der Nacherbe erwirbt, wie bereits erwähnt, die Erbschaft mit dem Ableben der Vorerben, sofern er diesen Zeitpunkt selber erlebt und der Erblasser keinen anderen Auslieferungszeitpunkt bestimmt hat (Art. 489 Abs. 1 und Art. 492 Abs. 1 ZGB). Nur der Vorerbe ist in der Erbbescheinigung zu erwähnen, denn er wird nach Art. 491 Abs. 2 ZGB Eigentümer der Erbschaft; der Nacherbe erwirbt nur bedingte Rechte. Der Nacherbe hat erst nach Eintritt des Nacherbschaftsfalles Anspruch auf eine Erbbescheinigung (BSK ZGB II-Karrer/Vogt/Leu, 5. Auflage, Art. 559 N 9). Die Vorinstanz hat deshalb zu Unrecht auch den Nacherben die Ausstellung eines Erbscheines in Aussicht gestellt.
Demnach ist die Berufung teilweise gutzuheissen und Dispositiv Ziffer 3 des Urteils des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Winterthur vom 4. April 2017 aufzuheben. Ausserdem ist Dispositiv Ziffer 5 aufzuheben und dahingehend neu zu formulieren, dass nur dem Vorerben ein Erbschein in Aussicht gestellt wird. Da sich die Berufungsbeklagten bereits vorgängig zu den Ausführungen des Berufungsklägers geäussert hatten, konnte auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet werden (Art. 312 ZPO).
Da der Berufungskläger mit seinem Vorbringen, es liege keine Nacherbeneinsetzung vor, vollumfänglich unterliegt, das vorinstanzliche Dispositiv je-
doch aus andern Gründen zu korrigieren ist, sind ihm die Kosten des Berufungsverfahrens zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Ausgehend von einem Streitwert von Fr. 1'171'00.- und vom zeitlichen Aufwand des Gerichtes (§ 2 lit. a und lit. c GebV OG) ist die volle Gerichtsgebühr in Anwendung von § 12 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 4'000.festzusetzen und im Umfang von Fr. 2'000.- dem Berufungskläger aufzuerlegen. Die übrigen Kosten sind umständehalber auf die Gerichtskasse zu nehmen. Mangels Umtrieben, die es zu entschädigen gölte, sind den Berufungsbeklagten keine Parteientschädigungen zuzusprechen.
In teilweiser Gutheissung der Berufung werden Dispositiv Ziffer 3 und 5 des Urteils des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Winterthur vom 4. April 2017 aufgehoben.
Dispositiv Ziffer 3 wird ersatzlos gestrichen und Dispositiv Ziffer 5 wird wie folgt neu gefasst:
5. Dem vorstehend aufgeführten Vorerben (Ziff. II) wird auf Verlangen der auf ihn lautende Erbschein ausgestellt, sofern seine Berechtigung nicht innert dreissig Tagen ab Zustellung des obergerichtlichen Entscheides von einem gesetzlichen Erben einem aus einer anderen Verfügung Bedachten durch schriftliche Eingabe an das Einzelgericht ausdrücklich bestritten wird.
Die Fristen in diesem Verfahren stehen nicht still.
Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das Urteil des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Winterthur vom 4. April 2017 bestätigt.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 4'000.festgesetzt.
Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Berufungskläger im Umfang von Fr. 2'000.auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet. Die übrigen Kosten werden auf die Gerichtskasse genommen.
Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagten unter Beilage des Doppels von act. 7, an den Berufungskläger unter Beilage von act. 12, sowie an das Einzelgericht in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Winterthur unter Beilage von act. 12 und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Entscheid im Sinne von Art. 90 BGG, in einem Verfahren betreffend vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 1'171'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. I. Vourtsis-Müller versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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