Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF150014 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 22.06.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Begehren um Aufnahme eines öffentlichen Inventars |
Zusammenfassung : | Es handelt sich um einen Fall vor dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, bei dem es um die Aufnahme eines öffentlichen Inventars im Nachlass von B. geht. Der Gesuchsteller und Berufungskläger fordert die Aufnahme des Inventars, aber das Gericht hebt die Anordnung auf, da der Gesuchsteller den zweiten Kostenvorschuss nicht bezahlt hat. Die Gerichtskosten von CHF 300 werden dem Gesuchsteller auferlegt. Der Gesuchsteller erhebt Berufung gegen das Urteil und fordert die Fortführung des Verfahrens. Der Richter entscheidet zugunsten des Gesuchstellers und weist den Fall zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück. |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Notar; Recht; Notariat; Verfahren; Inventar; Inventars; Berufung; Kostenvorschuss; Rechtsmittel; Anordnung; Rechtspflege; Vorschuss; Urteil; Verfügung; Horgen; Willensvollstrecker; Vorinstanz; Entscheid; Notariats; Erben; Bezirksgericht; Aufhebung; Parteien; Notariate; Gesuchstellers; Parteientschädigung |
Rechtsnorm: | Art. 28 ZPO ; Art. 29 BV ; Art. 308 ZPO ; Art. 314 ZPO ; Art. 580 ZGB ; Art. 584 ZGB ; Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Schweizer, 3. Auflage , Art. 29 BV, 2014 -, 3. Auflage, Art. 29 BV, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF150014-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Ersatzrichter lic. iur. H. Meister sowie Gerichtsschreiber lic. iur. T. Engler
in Sachen
,
Gesuchsteller und Berufungskläger,
betreffend
Begehren um Aufnahme eines öffentlichen Inventars
im Nachlass von B. , geboren am tt. Februar 1922, von C. SH, gestorben am tt.mm.2013 in D. ZH, zuletzt wohnhaft gewesen in D. ,
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 7. April 2015 (EN130010)
(act. 1, sinngemäss):
Es sei über den Nachlass der B. , geboren am tt. Februar 1922, gestorben am tt.mm.2013, das öffentliche Inventar aufzunehmen.
(act. 17 = act. 27 = act. 29):
1. Die mit Verfügung vom 5. Dezember 2013 angeordnete Aufnahme des öffentlichen Inventars über den Nachlass der B. , geb. tt. Februar 1922, von C. SH, gest. tt.mm.2013 in
D. ZH, zuletzt wohnhaft gewesen in D. , wird aufgehoben, der Notar des Wahlkreises E. vom entsprechenden
Auftrag entbunden und das Geschäft als erledigt abgeschrieben.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 300.00.
Die Kosten werden dem Gesuchsteller auferlegt. [4.-5. Mitteilung, Rechtsmittel]
Des Gesuchstellers und Berufungsklägers zur Sache (act. 28 S. 1 f., sinngemäss):
Das Verfahren zur Aufnahme des öffentlichen Inventars über den Nachlass der B. sei ordnungsgemäss weiterzuführen und abzuschliessen.
Der zweite Kostenvorschuss sei aus der Erbmasse zu bezahlen, und der Willensvollstrecker sei zu verpflichten, dem Gesuchsteller den ersten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.00 zuzüglich 5% Zins ab 3. März 2014 zu erstatten.
Prozessua le Anträge (act. 28 S. 3, sinngemäss):
Dem Gesuchsteller sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
Die Gegenpartei sei zur Sicherstellung der Parteientschädigung an den Gesuchsteller zu verpflichten.
I.
Die Erblasserin B. verstarb am tt.mm.2013 und hinterliess vier Nachkommen als gesetzliche Erben. Der Gesuchsteller und Berufungskläger (nachfolgend Gesuchsteller) ist einer dieser Nachkommen. Die Erblasserin bestätigte in ihren letztwilligen Verfügungen die gesetzliche Erbfolge für ihre drei anderen Kinder. Dem Gesuchsteller entzog sie die Erbenstellung und verfügte, dass er seinen Pflichtteil als Vermächtnis erhalten sollte. Als Willensvollstrecker setzte sie F. ein (vgl. act. 8 S. 2).
Der Gesuchsteller erstritt daraufhin vor dem Bundesgericht die Anordnung eines öffentlichen Inventars über den Nachlass der Erblasserin (vgl. act. 8- 9). Das Einzelgericht in Erbschaftssachen am Bezirksgericht Horgen beauftragte am 5. Dezember 2013 den Notar des Wahlkreises E. mit der Aufnahme des öffentlichen Inventars (act. 12).
Das Notariat E. gelangte mit Schreiben vom 19. März 2015 an das Einzelgericht in Erbschaftssachen des Bezirksgerichts Horgen (auch: Vorinstanz). Es brachte vor, der Gesuchsteller habe im März 2014 einen ersten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.00 für die Aufnahme des Inventars geleistet. In der Folge sei es zu aufwändigen Tätigkeiten gekommen, welche erhebliche Kosten verursacht hätten. Dadurch sei der Kostenvorschuss mehr als aufgebraucht worden. Der Gesuchsteller habe sich indes auch nach mehrmaliger Aufforderung und Fristansetzung geweigert, einen zweiten Kostenvorschuss von Fr. 3'000.00 zu bezahlen. Daher werde beantragt, die Aufhebung der Aufnahme des öffentlichen Inventars zu verfügen (act. 14).
Am 7. April 2015 erliess die Vorinstanz das eingangs angeführte Urteil, mit welchem sie die Anordnung des öffentlichen Inventars aufhob (act. 17). Das Urteil wurde dem Gesuchsteller nach einem ersten Zustellversuch, bei welchem die Sendung dem Gesuchsteller offenbar aufgrund eines Fehlers der Post nicht
ausgehändigt wurde, am 27. April 2015 (zweite Zustellung) zugestellt (act. 18/1, vgl. act. 19-22).
Mit Eingabe vom 27. April 2015 (Datum Poststempel: 5. Mai 2015) erhob der Gesuchsteller Berufung gegen das Urteil vom 7. April 2015 und stellte die eingangs angeführten Anträge (act. 28).
Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens wurden beigezogen (act. 1- 25). Berufungsantworten wurden nicht eingeholt, da im vorliegenden Verfahren keine Gegenparteien existieren (vgl. nachfolgend II./2.2.). Im Übrigen wären die Miterben und der Willensvollstrecker, wenn sie als Gegenparteien zu betrachten wären, durch den vorliegenden Entscheid nicht beschwert. Sie sind jedoch über den Entscheid zu informieren. Damit ist das Verfahren spruchreif.
II.
Das vorliegende Verfahren betrifft die Aufnahme eines öffentlichen Inventars nach Art. 580 ZGB, bzw. die Aufhebung einer entsprechenden Anordnung. Die Bestimmung der dafür zuständigen Behörde liegt in der Kompetenz der Kantone (Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB i.V.m. Art. 580 Abs. 2 ZGB). Im Kanton Zürich ist das örtlich zuständige Einzelgericht mit dieser Aufgabe betraut (§ 137 lit. f GOG). Die entsprechenden Entscheide ergehen im summarischen Verfahren (vgl. HAUSER/ SCHWERI/LIEBER, GOG-Kommentar, Vorbemerkungen zu §§ 137 ff., N 1-4).
Gegen Erledigungsentscheide im summarischen Verfahren ist die Berufung nach Art. 308 ff. ZPO zulässig (Art. 308 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 314 ZPO). Vorausgesetzt ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ein Rechtsmittelstreitwert von Fr. 10'000.00 (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Dieser ist angesichts der vorliegenden Verhältnisse (vgl. act. 8 S. 3) gegeben.
Auf die fristgerecht schriftlich begründet eingereichte Berufung ist somit einzutreten.
Zu den Parteibezeichnungen und Beteiligten
Der Gesuchsteller rügt seine Bezeichnung im Verfahren als Gesuchsteller (act. 28 S. 1). Auf sein Gesuch hin wurde indes ursprünglich die Aufnahme des öffentlichen Inventars angeordnet (act. 1). Das Vorgehen der Vorinstanz, das entsprechende Verfahren weiterzuführen und im gleichen Verfahren nun auch die Aufhebung des öffentlichen Inventars anzuordnen, ist an sich nicht zu beanstanden. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.
Das Verfahren über die Anordnung eines öffentlichen Inventars ist eine Angelegenheit der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit (KUKO ZPO-HAAS/STRUB,
Auflage 2014, Art. 28 ZPO N 11 f.). Ob in diesen Verfahren eine Gegenpartei vorhanden und anzuhören ist, richtet sich nach dem materiellen Recht (KUKO ZPO-JENT-SØRENSEN, 2. Auflage 2014, Art. 248 N 24). Bei der Anordnung des öffentlichen Inventars ist das grundsätzlich nicht der Fall. Das Verfahren kann je nach den Umständen vor zweiter Instanz strittig werden, wenn etwa ein Miterbe die Anordnung des Inventars anficht. Der vorliegende Entscheid betrifft jedoch nur die Frage, ob das einmal rechtskräftig angeordnete Inventar aufzuheben ist, weil der Gesuchsteller keinen zweiten Kostenvorschuss bezahlte. Dabei handelt es sich nicht um eine zwischen den zivilrechtlichen Parteien (d.h. zwischen den Erben bzw. zwischen Erben und dem Willensvollstrecker) strittige Frage. Dass der Willensvollstrecker sich in einem früheren Verfahrensstadium gegen die Anordnung des Inventars wehrte (vgl. act. 8-9), ändert daran nichts.
Die Vorinstanz zog vom Notariat E. die Akten zur Korrespondenz zwischen dem Notariat und dem Gesuchsteller über die Auferlegung eines zweiten Kostenvorschusses bei. Daraus ergibt sich was folgt:
Das Notariat verlangte zunächst mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 an den Gesuchsteller einen weiteren Vorschuss. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass er die Kostenvorschüsse im Sinne von Art. 584 Abs. 2 ZGB von der Erbschaft zurückverlangen könne (act. 16/2).
Am 11. Dezember 2014 rief der Gesuchsteller das Notariat an und erklärte, dass er sich weigere, den zweiten Vorschuss zu bezahlen (act. 16/3). Am
8. Januar 2015 rief der Gesuchsteller erneut das Notariat an und erklärte, er habe kein Geld mehr und sei nicht bereit, etwas zu bezahlen (act. 16/4). Anlässlich eines weiteren Telefongesprächs vom 13. Januar 2015 wies der Gesuchsteller das Notariat nebst anderem darauf hin, er werde die Rechnung nicht bezahlen und werde in Konkurs gehen (act. 16/5). Gleichentags erschien der Gesuchsteller beim Notariat und erklärte erneut nebst anderem, dass er den Vorschuss nicht bezahlen werde (act. 16/6).
Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 erklärte das Notariat dem Gesuchsteller, es gewähre ihm eine letzte Möglichkeit, den zweiten Vorschuss von
Fr. 3'000.00 bis 28. Februar 2015 zu bezahlen. Für den Fall, dass er sich weigere, würde dies dem Bezirksgericht Horgen mitgeteilt, welches dann über das weitere Vorgehen entscheiden würde (act. 16/7).
/ 4.1 Das Verfahren der Notariate richtet sich (u.a.) nach dem Notariatsgesetz vom 9. Juni 1985 (NotG, Ordnungsnummer 242), der Notariatsverordnung vom 23. November 1960 (Ordnungsnummer 242.2) und der Notariatsgebührenverordnung vom 9. März 2009 (NotGebV, Ordnungsnummer 243). Von etwas anderem ging auch die Vorinstanz nicht aus (act. 27).
Richtig ist, dass Gebühren für die Amtshandlungen der Notariate nach diesen Erlassen von der Person geschuldet werden, welche die Amtshandlung verlangt hat (§ 29 Abs. 1 NotG). Dabei können die Notariate nach § 14 Abs. 2 NotGebV in Verbindung mit Ziffer 3 des Anhangs zur NotGebV für die notarielle Tätigkeit bei erbrechtlichen Geschäften von der Person, die das Begehren stellt, Kostenvorschüsse verlangen.
Dass die Kosten in erster Linie vom Nachlass zu tragen sind (Art. 584 Abs. 2 ZGB), ändert nichts daran, dass der Gesuchsteller nach der genannten Bestimmung des Notariatsgesetzes Adressat der Gebührenforderung ist. Zivilrechtlich kann er diese Kosten aber nach Art. 584 Abs. 2 ZGB vom Nachlass zurückfordern. Das Notariat hat den Gesuchsteller korrekt darauf hingewiesen (act. 16/2).
Wird ein Kostenvorschuss verlangt, so handelt es sich dabei um eine Verfügung, die sich auf die Notariatsgebühren bezieht. Gegen solche Verfügungen steht den Betroffenen nach § 31 Abs. 1 NotG das Rechtsmittel des Rekurses nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz VRG (Ordnungsnummer 175.2) zur Verfügung. Rekursinstanz ist die Finanzdirektion.
Obwohl das VRG für die Notariate an sich nicht gilt, da ihr Verfahren durch Spezialgesetze geregelt ist (vgl. KASPAR PLÜSS, in: ALAIN GRIFFEL (Hrsg.), VRGKommentar, 3. Auflage 2014, § 4 N 9), richtet sich somit das Rechtsmittel nach dem VRG. Danach ist auch die Bestimmung von § 10 Abs. 2 VRG massgeblich, wonach eine Partei, der im Verwaltungsverfahren ein Rechtsmittel gegen eine Verfügung offen steht, in einer Rechtsmittelbelehrung darauf hinzuweisen ist (vgl. auch Art. 18 Abs. 2 KV).
Im vorliegenden Fall hat das Notariat E. in seinen Schreiben an den Gesuchsteller, mit welchen es von ihm einen Kostenvorschuss verlangte (nach dem Gesagten stellten diese Schreiben Verfügungen dar), nicht auf das Rechtsmittel hingewiesen (act. 16/2, 16/7).
Enthält eine Anordnung zu Unrecht keine Rechtsmittelbelehrung, so darf das nicht zu Nachteilen der Betroffenen führen, es sei denn, diese hätten den Irrtum bemerkt hätten ihn bei gebührender Aufmerksamkeit bemerken müssen. Reagiert ein rechtsunkundiger Betroffener innert Rechtsmittelfrist mit einem Schreiben auf eine behördliche Anordnung, die keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, so ist nach Treu und Glauben von einer möglichen Anfechtungsabsicht auszugehen (PLÜSS, a.a.O., § 10 N 51 f.).
Der Gesuchsteller hat gegenüber dem Notariat mehrmals darauf hingewiesen, dass er mit dem Kostenvorschuss, der von ihm verlangt wurde, nicht einverstanden sei (act. 16/3-6). Spätestens dann hätte er auf das Rechtsmittel hingewiesen werden müssen. Ob bereits das zur Gutheissung der Berufung führen würde, kann indes offen bleiben. Entscheidend ist was folgt:
Der Gesuchsteller wies wie gesehen gegenüber dem Notariat darauf hin, er habe kein Geld (act. 16/3-6). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege. In den Spezialgesetzen zum Verfahren der Notariate ist keine Bestimmung über die unentgeltliche Rechtspflege enthalten.
§ 16 Abs. 1 VRG kann nach dem zum Vorrang der Spezialerlasse Gesagten nicht ohne weiteres auf das Verfahren der Notariate übertragen werden.
Nach Art. 29 Abs. 3 BV besteht der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege jedoch in jedem staatlichen Verfahren, in das der Betroffene einbezogen ist das zur Wahrung seiner Rechte erforderlich ist. Auf die Rechtsnatur des Verfahrens kommt es nicht an. Anders ist es etwa, wenn der Betroffene eine Erlaubnis erlangen will, für die er bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen sachliche Gegebenheiten nachweisen muss. Ebenfalls ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 29 Abs. 3 BV liegen Verfahren ohne verbindliche Aussenwirkung, Verfahren während der Dauer von Sonderstatusverhältnissen, Schiedsverfahren und Aufsichtsverfahren (vgl. STEINMANN, Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Auflage 2014, Art. 29 BV N 65; KASPAR PLÜSS, in: ALAIN GRIFFEL (Hrsg.), VRG-Kommentar, 3. Auflage 2014, § 16 N 6 ff.). Von einem solchen Ausnahmefall kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Bei gegebenen Voraussetzungen hat der Gesuchsteller daher auch im Verfahren des Notariats über die Durchführung des öffentlichen Inventars Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Dabei gilt anders als im Zivilprozess keine allgemeine Hinweispflicht der Behörden (vgl. PLÜSS, a.a.O., § 16 N 59). Wenn aber eine nicht rechtskundig vertretene Partei auf die Auferlegung eines Vorschusses hin angibt, kein Geld zu haben, so ist sie nach Treu und Glauben auch im Verwaltungsverfahren zumindest auf die Möglichkeit eines Gesuchs und auf die entsprechenden Voraussetzungen hinzuweisen.
Im Übrigen sieht § 11 Abs. 2 NotGebV (der gestützt auf § 28 NotG erlassen wurde) vor, dass die Gebühren offensichtlich bedürftigen natürlichen Personen auf Gesuch ganz teilweise erlassen werden. Mindestens das wäre auf die Mitteilung des Gesuchstellers hin, er habe kein Geld, jedenfalls zu prüfen gewesen. Dass das Notariat darauf nicht einging, sondern ohne weiteres die Aufhebung des Auftrags zur Erstellung des Inventars verlangte, geht nicht an. Der blosse Hinweis auf die Möglichkeit des Gesuchstellers, sich den Vorschuss aus der Erbschaft erstatten zu lassen, genügt nicht, weil das nichts daran ändert, dass der Vorschuss zunächst vom Gesuchsteller aufzubringen ist und die zivilrechtliche Durchsetzung der Ersatzforderung gegenüber dem Nachlass unter Umständen längere Zeit in Anspruch nehmen kann.
Über das Erlassgesuch bzw. Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in einer anfechtbaren Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung zu entscheiden (vgl. § 31 Abs. 1 NotG). Allenfalls sind zuvor die erforderlichen Nachweise vom Gesuchsteller zu verlangen. Erst im Falle der rechtskräftigen Abweisung des Erlassgesuchs kann die Aufhebung des Auftrags zur Erstellung des Inventars verlangt werden (wobei sich dann noch fragt, ob nicht zuerst anderen allenfalls interessierten Erben Gelegenheit zu geben wäre, den Vorschuss zu leisten).
Über den weiteren Antrag des Gesuchstellers, der erste Kostenvorschuss sei ihm aus dem Nachlass zu erstatten und der zweite Kostenvorschuss sei vom Nachlass zu bezahlen (act. 28 S. 2), kann im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur die Überprüfung des angefochtenen Entscheids, und dieser betraf lediglich die Aufhebung des Inventars infolge unterbliebener Vorschussleistung. Insoweit ist auf die Berufung daher nicht einzutreten.
Nur nebenbei ist darauf hinzuweisen, dass das Vorgehen des Notariats, vom Gesuchsteller einen Kostenvorschuss zu verlangen, nach dem zu den Rechtsgrundlagen Gesagten (vorne II.4.2) an sich nicht zu beanstanden ist (vorbehalten ist aber wie gesehen die unentgeltliche Rechtspflege bzw. die Gutheissung eines Erlassgesuchs). Die Ersatzforderung nach Art. 584 Abs. 2 ZGB ist auf dem Zivilweg geltend zu machen.
Das führt zur Gutheissung der Berufung, soweit darauf eingetreten wird. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zum Erlass der gebotenen Anordnungen gegenüber dem Notariat.
III.
Das teilweise Nichteintreten auf die Berufung ist gemessen am Obsiegen in der Hauptsache für die Kostenfolgen vernachlässigbar. Ausgangsgemäss sind daher für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren wird somit gegenstandslos und ist abzuschreiben.
Wie eingangs erwähnt, gibt es im vorliegenden Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Gegenpartei. Daher kann dem Gesuchsteller weder eine Parteientschädigung von der Gegenpartei zugesprochen werden noch (zumal der Gesuchsteller nicht erklärt, wen er als Gegenpartei betrachte), noch eine Sicherstellung für die Parteientschädigung verlangt werden. Eine Parteientschädigung aus der Staatskasse könnte nur in krassen Ausnahmefällen auferlegt werden (vgl. OGer ZH PQ140037 vom 28. Juli 2014, E. 3.1). Ein solcher liegt nicht vor. Nur nebenbei ist danach noch darauf hinzuweisen, dass der Gesuchsteller als nicht anwaltlich vertretene Partei lediglich eine Umtriebsentschädigung nach Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO verlangen könnte, sowie allenfalls den Ersatz notwendiger Auslagen (Art. 95 Abs. 3 lit. a ZPO), wobei die Auslagen und deren Notwendigkeit einlässlich zu begründen wären. Für eine Entschädigung nach einem Stundentarif (vgl. act. 28 S. 3) besteht keine Rechtsgrundlage.
Auf den Antrag des Gesuchsteller auf Verpflichtung des Willensvollstreckers zur Erstattung des ersten Kostenvorschusses und auf Bezug des zweiten Kostenvorschusses aus dem Nachlass wird nicht eingetreten.
Das Gesuch des Gesuchstellers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren wird abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel richten sich nach dem nachfolgenden Erkenntnis.
In teilweiser Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 7. April 2015 (EN130010) aufgehoben. Der Prozess wird zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an den Berufungskläger, an den Notar des Kreises E. sowie an weiteren Erben G. , H. und I. , an den Willensvollstrecker Rechtsanwalt lic. iur. F. , an das Gemeindesteueramt D. und an das Kantonale Steueramt, sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an das Bezirksgericht Horgen, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt ca. Fr. 50'000.00.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. T. Engler versandt am:
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