Zusammenfassung des Urteils LF140086: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsstreit bezüglich des Entzugs des Besitzes bei Nutzniessung. Die Berufungsklägerin forderte, dem Beklagten das Nutzniessungsrecht an einer Liegenschaft zu entziehen. Das Einzelgericht wies das Gesuch ab, worauf die Berufungsklägerin Berufung einlegte. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte jedoch die Entscheidung des Einzelgerichts und wies die Berufung ab. Die Gerichtskosten wurden der unterliegenden Partei auferlegt. Die Berufungsklägerin wurde zur Zahlung der Kosten verpflichtet.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF140086 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 02.03.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entzug des Besitzes bei Nutzniessung Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 15. Oktober 2014 (ES140033) |
Schlagwörter : | Berufung; Berufungsklägerin; Nutzniessung; Berufungsbeklagte; Recht; Berufungsbeklagten; Besitz; Besitzes; Entscheid; Vorinstanz; Nutzniessungsobjekt; Gesuch; Besitzesentziehung; Gebrauch; Nutzniessungsrecht; Entziehung; Unterhalt; Nutzniesser; Betrag; Wohnung; Parteien; Zahlungen; Unterhalts; Eigentümer; Frist; Rechte; Einspruch; Schweizer |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 759 ZGB ;Art. 760 ZGB ;Art. 762 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF140086-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichter lic. iur. H. Meister sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Houweling-Wili.
in Sachen
,
Gesuchstellerin und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
,
Gesuchsgegner und Berufungsbeklagter,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend
Entzug des Besitzes bei Nutzniessung
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 15. Oktober 2014 (ES140033)
Es sei dem Beklagten das Nutzniessungsrecht an der Liegenschaft C. -Strasse ..., ... D._ , Grundbuchblätter , und , Grundbuch E. , zu entziehen.
Eventualiter sei ihm ein Beistand zu ernennen,
alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MWST) zulasten des Beklagten.
(act. 1 S. 1 f.)
1. Das Gesuch wird vollumfänglich abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 8'500.--.
Die Gerichtskosten werden mit dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss von CHF 10'000.-verrechnet.
Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung von CHF 9'000.-- [8 % MWST in diesem Betrag eingeschlossen] zu bezahlen.
5./6. Schriftliche Mitteilung / Rechtsmittelbelehrung
(act. 22 = act. 25 S. 15 f.)
der Berufungsklägerin (act. 26 S. 2):
1. Es sei Dispositivziffer 1 des Urteils aufzuheben.
Es sei dem Gesuchsgegner der Besitz der Nutzniessung am Nutzniessungsobjekt C. -Strasse ..., ... D._ , Grundbuchblätter , und , Grundbuch E. , zu entziehen.
Eventualiter sei ihm ein Beistand zu ernennen.
Ziffern 2 und 3 des Dispositivs seien aufzuheben.
Dispositivziffer 4 sei aufzuheben und es sei der Gesuchsgegner zu verpflichten, der Gesuchstellerin für beide Instanzen eine angemessene Parteientschädigung zuzüglich MWST zu bezahlen.
1.
A. (Gesuchstellerin und Berufungsklägerin, nachfolgend Berufungsklägerin) ist (Stockwerk-)Eigentümerin der Wohnung an der C. -Strasse ... in
... D._ (act. 3/1). Mit Dienstbarkeitsvertrag vom 21. Oktober 2008 räumte die Berufungsklägerin ihrer Mutter, Frau F. , sowie B. (Gesuchsgegner und Berufungsbeklagter, nachfolgend Berufungsbeklagter) entschädigungslos ein lebenslanges Nutzniessungsrecht an dieser Wohnung ein (act. 3/2). Nach den unbestrittenen Angaben der Berufungsklägerin bewohnten beide Nutzniessungsberechtigten das Nutzniessungsobjekt bis zum 30. Juni 2012 gemeinsam. Seither wohnt der Berufungsbeklagte alleine in der Wohnung, nachdem sie ihm im Rahmen eines Eheschutzverfahrens zur alleinigen Benützung zugewiesen wurde (act. 1 S. 3).
Am 4. Juni 2014 machte die Berufungsklägerin beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen gegen den Berufungsbeklagten ein Gesuch mit dem vorerwähnten Rechtsbegehren anhängig (act. 1). In der Folge forderte das Einzelgericht die Parteien zur Bezifferung des Streitwertes auf und legte diesen schliesslich mit Verfügung vom 24. Juli 2014 auf Fr. 220'000.-fest (act. 10). Gleichzeitig wurde der Berufungsklägerin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Nachdem die Berufungsklägerin den Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet hatte (act. 12), wurde der gesetzlich vorgesehene Schriftenwechsel durchgeführt (act. 13 und act. 16). Zudem wurde der Berufungs-
klägerin Gelegenheit gegeben, zu den Noven des Berufungsbeklagten Stellung zu
nehmen (act. 18). Mit Eingabe vom 11. September 2014 nahm die Berufungsklägerin innert Frist Stellung und präzisierte ihr Rechtsbegehren insofern, als sie im Hauptbegehren anstatt der Entziehung des Nutzniessungsrechts an der Liegenschaft neu die Entziehung des Besitz[es] der Nutzniessung am Nutzniessungsobjekt verlangte (act. 20). Für die ausführliche Darstellung der vorinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (act. 22 = act. 25 S. 2). Mit Urteil vom 15. Oktober 2014 wies die Vorinstanz das Gesuch der Berufungsklägerin unter Kostenfolge zu Lasten der Berufungsklägerin ab (act. 25).
Gegen diesen Entscheid führt die Berufungsklägerin mit Eingabe vom
27. Oktober 2014 rechtzeitig Berufung mit den eingangs genannten Anträgen (act. 26). Den ihr mit Verfügung vom 11. November 2014 (act. 28) auferlegten Kostenvorschuss in Höhe von Fr. 10'000.-leistete sie fristgerecht (act. 29 und act. 30). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-23). Auf weitere prozessleitenden Schritte wurde verzichtet. Die Sache erweist sich als spruchreif.
2.
Das Berufungsverfahren richtet sich nach den Art. 308 ff. ZPO. Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Aus der Begründungspflicht ergibt sich ferner, dass die Berufung zudem (zu begründende) Rechtsmittelanträge zu enthalten hat. Mit der Berufung kann die unrichtige Rechtsanwendung und die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Berufungsverfahren zugelassen, wenn sie (a) ohne Verzug vorgebracht werden und (b) trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 ZPO).
Die vorliegende Berufung vom 27. Oktober 2014 wurde innert der Rechtsmittelfrist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet bei der Kammer als der zuständigen Rechtsmittelinstanz eingereicht. Die Berufungsklägerin ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und zur Berufung legitimiert. Es ist daher auf die Berufung einzutreten.
3.
Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid als zwischen den Parteien unbestrittene Tatsachen fest, dass den Berufungsbeklagten gemäss Dienstbarkeitsvertrag vom 21. Oktober 2008 (act. 3/2) für den gewöhnlichen Unterhalt und die Zinsen der Kapitalschulden eine Kostentragungspflicht treffe, und er zumindest (Solidar-)Schuldner der halbjährlich zu bezahlenden Hypothekarzinsen in
Höhe von 5'590.-- und der vierteljährlich zu entrichtenden Verwaltungskosten in Höhe von Fr. 1'814.45 bzw. ab Januar 2014 Fr. 1'840.55 sei. Im Weiteren hält die Vorinstanz fest, dass der Berufungsbeklagte seit dem Auszug von F. seiner Kostentragungspflicht nicht selbst nachgekommen sei, dass F. regelmässig Zahlungen an die Berufungsklägerin vorgenommen habe und Hypothekarzinsen und Verwaltungskosten im Betrag zwischen Fr. 7'404.45 und Fr. 9'218.90 ausstünden (act. 25 S. 3 f. und S. 12).
Vor diesem Hintergrund weist die Vorinstanz das Hauptbegehren der Berufungsklägerin auf Besitzesentziehung mit der Begründung ab, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 21. Oktober 2008 vorsehe, dass die Nutzniessung nur bei Ableben Verzicht eines der Berechtigten dem verbleibenden vollumfänglich alleine zustehe. Das gelte nicht nur für das Nutzniessungsrecht, sondern auch für die daraus fliessenden Pflichten. F. habe mit ihrem Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung nicht auf ihr Nutzniessungsrecht verzichtet, weil die Zuordnung der Wohnung im Rahmen eines Eheschutzverfahrens grundsätzlich nichts an den bestehenden Rechtsverhältnissen ändere. Dementsprechend sei F. weiterhin Solidarschuldnerin für die Unterhaltskosten und habe mit ihren Zahlungen (auch) den Berufungsbeklagten von seiner Kostentragungspflicht befreit (act. 25 S. 12 f.). Zu diesem Ergebnis käme man auch, wenn man vom Untergang des Nutzniessungsrechts von F. ausgehen würde, weil dann von einer externen Schuldübernahme zwischen der Berufungsklägerin und F. auszugehen wäre (act. 25 S. 13). Der Berufungsbeklagte sei deshalb (zusammen mit der solidarisch haftenden F. ) seinen Unterhaltspflichten lediglich im Umfang des offenen Betrages von maximal Fr. 9'218.90 nicht nachgekommen
(act. 25 S. 13). Dabei sei irrelevant, welche Auswirkungen die genannten Zahlungen von F. auf das Innenverhältnis zwischen ihr und dem solidarhaftenden Berufungsbeklagten hätten (act. 25 S. 14).
Im Weiteren erwog die Vorinstanz, die Berufungsklägerin habe nicht behauptet, vom Berufungsbeklagten eine Sicherstellung nach Art. 760 Abs. 1 ZGB verlangt zu haben, weshalb ihr gemäss Art. 762 ZGB grundsätzlich nur dann ein Anspruch auf Entziehung des Besitzes und Anordnung einer Beistandschaft zustehe, wenn der Berufungsbeklagte trotz erfolgten Einspruchs der Berufungsklägerin nicht von einem widerrechtlichen Gebrauch der Sache abgelassen habe (act. 25 S. 10 f.). Dabei bejaht die Vorinstanz für den vorliegenden Fall die Voraussetzung des erfolglosen Einspruches und lässt die Frage ungeklärt, ob der widerrechtliche Gebrauch auch einen solchen, der lediglich zu finanziellen Schä- digungen führe, überhaupt umfasse, ob eine Gefährdung der Substanz Ertragskraft des Nutzniessungsobjekts an sich notwendig sei (act. 25 S. 10 f.). Vorausgesetzt sei jedenfalls, dass die Besitzesentziehung verhältnismässig sei und eine gewisse Intensität aufweise. Der ausstehende Betrag sei im Vergleich zu den Nachteilen, die der Berufungsbeklagte im Falle einer Besitzesentziehung erleiden würde, relativ niedrig. Zudem könne die Berufungsklägerin für diesen Betrag grundsätzlich auf die solidarisch haftende F. zurückgreifen, weshalb die Gefahr für ihre Rechte als Eigentümerin nicht derart gross sei, dass sie nicht durch blosse Kautionen ausgeglichen werden könne. Die Berufungsklägerin habe auch nicht behauptet, der Berufungsbeklagte gebrauche das Nutzniessungsobjekt in einer Weise, welche dessen Substanz Ertragskraft gefährden würde aus einem anderen Grund widerrechtlich wäre (act. 25 S. 14 f.). Deshalb stelle der ausstehende Betrag keine Pflichtverletzung von gewisser Intensität einen widerrechtlichen Gebrauch dar und reiche daher nicht aus, den Anspruch der Berufungsklägerin auf Besitzesentziehung zu begründen (act. 25 S. 13 ff.). Mit derselben Argumentation begründet die Vorinstanz sodann ihren abweisenden Entscheid in Bezug auf das Eventualbegehren der Berufungsklägerin, soweit eine Beistandschaft überhaupt losgelöst von einer Besitzesentziehung angeordnet werden könne (act. 25 S. 15).
Die Berufungsklägerin bringt mit der Berufung dagegen im Wesentlichen vor, die Vorinstanz habe die Zahlungen von F. falsch qualifiziert, indem sie davon ausgegangen sei, diese habe mit ihren Zahlungen an die Berufungsklägerin die dem Berufungsbeklagten auferlegte Kostentragungspflicht gegenüber der Berufungsklägerin abgenommen. Insbesondere liege auch keine externe Schuld- übernahme vor, weil die Berufungsklägerin und F. keinen solchen Vertrag abgeschlossen hätten und der Berufungsbeklagte auch nicht erklärt habe, die von F. geleisteten Zahlungen auf den ihm gegenüber geschuldeten Unterhaltsbeitrag anrechnen zu lassen. Eine Verrechnung sei mangels Gleichartigkeit der Forderungen nicht möglich. Die Zahlungen von F. an die Berufungsklägerin seien ohne entsprechende Verpflichtung ergangen und hätten vielmehr dazu gedient, Zahlungsrückstände der Berufungsklägerin für Hypothekarzinsen und Verwaltungskosten sowie daraus resultierende Zwangsvollstreckungsverfahren zu vermeiden (act. 26 S. 6 f. und S. 8). Der Berufungsbeklagte komme seiner Zahlungspflicht bereits seit zwei Jahren nicht nach und gefährde damit die Existenz des Nutzniessungsgutes (act. 26 S. 8). Deshalb sei die geforderte Intensität gegeben und die Massnahme der Entziehung stehe im Verhältnis zur Vernachlässigung der Zahlungspflichten. Schliesslich sei der Zahlungsrückstand des Nutzniessers nicht weniger streng zu beurteilen als derjenige eines Mieters. Diesem könne unabhängig von der Höhe der ausstehenden Mietzinszahlung nach erfolgter Mahnung mit einer 30-tägigen Frist gekündigt werden (act. 26 S. 7 f.).
Ferner rügt die Berufungsklägerin zusammengefasst, dass nicht nur ein Gebrauch der Sache, der die Substanz den Ertragswert des Nutzniessungsobjektes an sich gefährde, eine Besitzesentziehung rechtfertige. Auch der Gebrauch des Nutzniessungsobjekts ohne Erfüllung der damit verbundenen Verpflichtung sei als widerrechtliche Nutzung zu beurteilen. Bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht, namentlich bei der Weigerung des Berufungsbeklagten, seiner finanziellen Verpflichtung gegenüber der Berufungsklägerin nachzukommen, würden die Rechte des Eigentümers und damit die Substanz der Eigentumswohnung gefährdet. Die Berufungsklägerin habe damit zu rechnen, dass wegen der offen stehenden Zinsen das Zwangsverwertungsverfahren eingeleitet werde und/oder die Stockwerkeigentümergemeinschaft für die Verwaltungskosten ihren Anspruch auf Errichtung eines Pfandrechtes an ihrem Anteil erheben würden (act. 26 S. 4 f.). Auf die übrigen Vorbringen der Berufungsklägerin wird im Nachfolgenden eingegangen, soweit sie für den vorliegenden Entscheid von Belang sind.
4.
Die Vorinstanz stellte im angefochtenen Entscheid die allgemeinen rechtlichen Grundlagen der Nutzniessung und insbesondere die Rechte des Eigentümers während der Nutzniessungsdauer nach Art. 759 ff. ZGB zutreffend dar
(act. 25 S. 9 ff.). Diese Ausführungen sind wie folgt zu ergänzen: Nach dem Wortlaut von Art. 762 ZGB wird für die Besitzesentziehung der erfolglose Einspruch und der widerrechtliche Gebrauch vorausgesetzt. Dabei ist fraglich, was unter dem Begriff widerrechtlicher Gebrauch zu verstehen ist. Das Bundesgericht hat sich zu dieser Frage soweit ersichtlich bislang nicht explizit geäussert.
Zunächst rechtfertigt sich ein Blick auf den geforderten Einspruch gemäss Art. 759 ZGB, welcher nach dem Wortlaut der Gesetzesnorm ebenfalls einen widerrechtlichen und zugleich einen nicht angemessenen Gebrauch verlangt. In der Lehre wird die Ansicht vertreten, davon würden sowohl gesetzliche als auch vertragliche Widerhandlungen umfasst, und der Einspruch könne mit der Androhung der Besitzesentziehung verbunden werden (BSK-MÜLLER, 4. Aufl. 2011,
Art. 759 N 5 mit Hinweis auf BK-LEEMANN, Art. 259 N 4; THURNHERR, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht - Sachenrecht - Art. 641-977 ZGB, 2. Aufl., Zürich 2012, Art. 759 N 3; BICHSEL/MAUERHOFER, ZGB Kommentar - Schweizerisches Zivilgesetzbuch, 2. Aufl., Zürich 2011, Art. 759 N 2). Daraus könnte gefolgert werden, dass die Besitzesentziehung nach erfolgtem Einspruch auch dann zulässig ist, wenn der Nutzniesser mit seinem Handeln bloss vertragliche Pflichten verletzt. BAUMANN und BAADER-SCHÜLE präzisieren indes, dass für das Einspruchsrecht eine wirtschaftliche Zweckentfremdung, die Substanzbeeinträchtigung die rechtliche Verfügung über das Nutzniessungsobjekt notwendig sei (ZK ZGB-BAUMANN, 3. Aufl. 1999, Art. 759 N 13; KEZIA BAADER-SCHÜLE, Prakti-
sche Probleme der Nutzniessung an Stockwerkeigentums-Anteilen, Diss., Zürich/Basel/Genf 2006, S. 101 N 230 f.). Dementsprechend ist ein Anspruch des Eigentümers auf Entziehung gemäss Art. 762 ZGB - unabhängig davon, ob der Nutzniesser mit seinem Handeln gegen vertragliche gesetzliche Normen verstösst - nur dann gegeben, wenn das Nutzniessungsobjekt (hier der Stockwerkseigentumsanteil) seinen ursprünglichen Zustand verliert, indem der Nutzniesser die Sache übernutzt, umgestaltet, baulich wesentlich verändert dessen wirtschaftliche Bestimmung mit erheblichem Nachteil zu Lasten des Eigentümers verändert. Eine Entziehung Verwirkung des Nutzniessungsrechts wegen Missbrauchs ist dagegen nicht vorgesehen (ZK ZGB-BAUMANN, 3. Aufl. 1999, Art. 768-769 N 24 und Art. 759 N 16; KEZIA BAADER-SCHÜLE, Praktische Probleme
der Nutzniessung an Stockwerkeigentums-Anteilen, Diss., Zürich/Basel/Genf 2006, S. 104 N 240; KEZIA BAADER-SCHÜLE, Die Nutzniessung an einem Stockwerkanteil, in: AMÉDÉO WERMELINGER/WALTER FELLMANN [Hrsg.], Luzerner Tag des Stockwerkeigentums 2012 - 15. Juni 2012, Bern 2012, S. 82 N 105; BK-LEEMANN, Art. 759 N 1). Bei blosser Gefährdung der Rechte des Eigentümers, beispielsweise wenn die schlechte wirtschaftliche Situation des Nutzniessers die Bestreitung der Kosten des gewöhnlichen Unterhalts gefährdet, steht dem Eigentümer das Institut der Sicherstellung nach Art. 760 Abs. 1 ZGB zur Verfügung. Das trifft auch zu, wenn der Nutzniessungsberechtigte klarerweise seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt (Art. 760 Abs. 1 ZGB; BSK ZGB II-MÜLLER, 4. Aufl. 2011, Art. 760
N 2; THURNHERR, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht - Sachenrecht -
Art. 641-977 ZGB, 2. Aufl., Zürich 2012, Art. 760-762 N 2; PASCAL SIMONI-
US/THOMAS SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Band II: Die beschränkten dinglichen Rechte, Basel 1990, S. 110 N 67).
Erst in einem zweiten Schritt also, wenn sich die Gefahr für die Rechte des Eigentümers durch die finanzielle Sicherstellung durch den Nutzniesser nicht beheben lässt, so ist diesem in letzter Konsequenz dennoch der Besitz zu entziehen und die Liegenschaft unter Beistandschaft zu stellen. Nach Art. 762 ZGB erforderlich ist jedoch, dass der Nutzniesser während einer ihm angesetzten angemessenen Frist die Sicherheit nicht geleistet hat. Allerdings ist nicht notwendig, dass der Entziehung des Nutzniessungsgutes eine vorherige rechtskräftige Verurteilung zur Sicherheitsleistung vorausgeht (PASCAL SIMONIUS/THOMAS SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Band II: Die beschränkten dinglichen Rechte, Basel 1990, S. 111 N 71; ZK ZGB-BAUMANN, 3. Aufl. 1999, Art. 762 N 7;
BSK ZGB II-MÜLLER, 4. Aufl. 2011, Art. 762 N 4; BK-LEEMANN, Art. 762 N 4;
THURNHERR, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht - Sachenrecht - Art. 641-977 ZGB, 2. Aufl., Zürich 2012, Art. 760-762 N 8). Eine gerichtliche
Fristansetzung erübrigt sich insbesondere, wenn es auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Nutzniessers offensichtlich ist, dass die Sicherheit nicht erbracht werden kann (BSK ZGB II-MÜLLER, 4. Aufl. 2011, Art. 762 N 4; BK-LEEMANN,
Art. 762 N 4). Es genügt eine Fristansetzung durch den Eigentümer (BSK ZGB II-
MÜLLER, 4. Aufl. 2011, Art. 762 N 2; BK-LEEMANN, Art. 762 N 2).
Aus dem Gesagten ist entgegen der Ansicht der Berufungsklägerin zu schliessen, dass die alleinige Nichterfüllung finanzieller Pflichten keinen widerrechtlichen Gebrauch des Nutzniessungsobjektes im Sinne von Art. 762 ZGB darstellt, weil die Wohnung dadurch ihren ursprünglichen Zustand nicht verliert. Für die von der Berufungsklägerin verlangte Entziehung des Besitzes wegen widerrechtlichen Gebrauchs durch Nichtbezahlen der Hypothekarzinsen und Verwaltungskosten mangelt es somit an der rechtlichen Grundlage. Darüber hinaus hält die Vorinstanz in ihrem Entscheid zutreffend fest, dass es für eine Besitzesentziehung infolge fehlender Sicherheitsleistung (Art. 762 alt. 1 ZGB) vorliegend an der Behauptung der Berufungsklägerin fehle, vom Berufungsbeklagten eine Sicherstellung verlangt zu haben (vgl. act. 25 S. 10). An diesem Umstand ändert auch nichts, dass die Berufungsklägerin mit der Berufung geltend macht, sie habe im vorinstanzlichen Verfahren begründet, dass ein Begehren um Sicherstellung auf Grund der finanziellen Situation des Berufungsbeklagten nicht ergiebig sei und das Nutzniessungsobjekt in seinem Bestand bereits gesichert sei, weil ihr Eigentum im Grundbuch eingetragen sei und vom Berufungsbeklagten nicht zusätzlich mit Hypothekarschulden Dienstbarkeiten belastet werden könne (act. 26
S. 3).
Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass das Gesuch aber auch abzuweisen wäre, wenn mit der Berufungsklägerin davon ausgegangen würde, es wäre vorliegend eine Besitzesentziehung gestützt auf einen widerrechtlichen Gebrauch möglich von einer Fristansetzung zur Sicherheitsleistung könnte abgesehen werden.
Die Berufungsklägerin bestreitet die Erwägungen der Vorinstanz zur vereinbarten Unterhaltspflicht der Nutzniesser, zur Zuweisung der Wohnung an den Berufungsbeklagten, zum Bestand der Nutzniessungsrechte und -pflichten von
F. auch während der eheschutzrichterlichen Trennung und zur entsprechenden Solidarhaftung von F. und dem Berufungsbeklagten grundsätzlich nicht. Sie führt in der Berufungsschrift an zweien Stellen zwar aus, F. sei im Eheschutzverfahren verpflichtet worden, das Nutzniessungsobjekt dem Berufungsbeklagten zu überlassen (act. 26 S. 3), und dem Berufungsbeklagten stehe
die Nutzniessung der Wohnung alleine zu (act. 26 S. 4). Gleichzeitig stellt sie aber selber fest, ein Verzicht von F. auf das Nutzniessungsrecht liege nicht vor (act. 26 S. 6). Die Berufungsklägerin selbst geht davon aus, dass kein Tatbestand (Ableben, Verzicht) vorliegt, welcher F. aus der Kostentragungspflicht nehmen würde (act. 26 S. 5 unten f.). Demnach ist dem vorliegenden Entscheid die Tatsache zugrunde zu legen, dass F. auch nach dem 30. Juni 2012 mit dem Berufungsbeklagten Solidarschuldnerin für die Hypothekarschulden und Verwaltungskosten gegenüber der Berufungsklägerin ist. Insofern bliebe zu überprüfen, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, dass F. mit ihren Zahlungen an die Berufungsklägerin die Solidarschulden bis auf einen Restbetrag zwischen Fr. 7'404.45 und Fr. 9'218.90 getilgt hat. Diesbezüglich moniert die Berufungsklägerin in der Berufungsschrift, dass der ausstehende Betrag im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung in Abweichung zu den vorinstanzlichen Feststellungen Fr. 9'364.05 betrage und sich seither um weitere Fr. 3'090.40 erhöht habe (act. 26 S. 3 uns S. 5). Auf den genauen Betrag kommt es aber nicht an. Selbst wenn der Auffassung der Berufungsklägerin gefolgt würde, dass seitens der Berufungsbeklagten die gesamten Unterhaltskosten seit Juli 2012 ausstehend seien, vermöchte das, wie auch die Tatsache der Verweigerung der Leistung an und für sich, keine Entziehung der Nutzniessungsrechte zu begründen: Aufgrund des Anspruches der Berufungsklägerin gegenüber der solidarisch haftenden
F. besteht keine (finanzielle) Gefährdung des Nutzniessungsobjektes. Da-
rauf hat bereits die Vorinstanz zutreffend hingewiesen (vgl. act. 25 S. 14).
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Entscheid, womit das Gesuch der Berufungsklägerin um Entziehung des Besitzes wie auch das Eventualgesuch um Anordnung einer Beistandschaft abgewiesen wurden, nicht zu beanstanden. Die Berufung ist abzuweisen.
5.
Die Prozesskosten, bestehend aus den Gerichtskosten und der Parteientschädigung, sind gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO grundsätzlich der unterliegenden Partei aufzuerlegen.
Ausgangsgemäss wird die Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren kostenund entschädigungspflichtig. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist unter Berücksichtigung des Streitwertes von Fr. 220'000.-- (vgl. act. 10) und in Anwendung von § 4, § 8 und § 12 GebV OG auf Fr. 8'500.-festzulegen, der Berufungsklägerin aufzuerlegen und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Eine Parteientschädigung an den Berufungsbeklagten ist mangels ihm entstandener Umtriebe nicht zuzusprechen.
Die Berufung wird abgewiesen. Das Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 15. Oktober 2014 wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 8'500.-festgesetzt, der Berufungsklägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Berufungsbeklagten unter Beilage des Doppels von act. 26, sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 220'000.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Houweling-Wili versandt am:
4. März 2015
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