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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LF110128: Obergericht des Kantons Zürich

Die Berufung gegen das Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil vom 11. November 2011 wird gutgeheissen, und auf das Gesuch der Gesuchstellerin wird nicht eingetreten. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr wird bestätigt. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 3'300.- festgesetzt. Die Kosten beider Instanzen werden der Gesuchstellerin auferlegt. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner 2 Fr. 3'300.- zu ersetzen. Die Gesuchstellerin muss dem Gesuchsgegner 2 für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'600.- bezahlen. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil. Es besteht die Möglichkeit, eine Beschwerde gegen diesen Entscheid beim Bundesgericht innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung einzureichen.

Urteilsdetails des Kantongerichts LF110128

Kanton:ZH
Fallnummer:LF110128
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LF110128 vom 01.03.2012 (ZH)
Datum:01.03.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ausweisung
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegner; Verfahren; Kündigung; Mietzins; Recht; Verrechnung; Miete; Ausweisung; Mieter; Berufung; Zahlung; Einzelgericht; Gesuchsgegners; Depot; Parteien; Vereinbarung; Mietvertrag; Sicherheit; Sicherheitsleistung; Sinne; Urteil; Behauptung
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 124 OR ;Art. 126 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 257d OR ;Art. 257e OR ;Art. 263 OR ;Art. 267 OR ;Art. 271 OR ;Art. 273 OR ;Art. 274 ZPO ;Art. 274g OR ;Art. 317 ZPO ;Art. 336 ZPO ;Art. 63 ZPO ;Art. 70 OR ;Art. 71 ZPO ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:113 II 187; 117 II 558; 122 III 95;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LF110128

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LF110128-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. V. Seiler.

Urteil vom 1. März 2012

in Sachen

1. ...,

2. A. ,

Gesuchsgegner und Berufungskläger,

Nr. 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

B. AG,

Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte,

vertreten durch Y. AG,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.

betreffend Ausweisung

Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil vom 11. November 2011 (ER110074)

Rechtsbegehren der Gesuchstellerin (act. 1 S. 2):

Es seien die Beklagten [recte: sei den Gesuchsgegnern] zu befehlen, die Gastwirtschaft C. , bestehend aus Restaurant, Sääli, Küche und Terrasse im Erdgeschoss, Vierzimmerwohnung mit Terrasse im ersten OG und vier Einzelzimmern mit separaten Nasszellen im zweiten OG an der ...strasse ... in D. unverzüglich, geräumt, gereinigt und in ordnungsgemässem Zustand der Klägerin zu übergeben, unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Weigerungsfalle. Der Gemeindeammann sei anzuweisen, diesen Befehl nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen der Klägerin [recte: Gesuchstellerin] zu vollstrecken; alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (inkl. 8% Mehrwertsteuer) zu Lasten der Beklagten [recte: Gesuchsgegner].

Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil vom 11. November 2011 (act. 23 S. 8 f.)
  1. Die Gesuchsgegner werden angewiesen, die Gastwirtschaft C. an der ...strasse ... in D. , bestehend aus Restaurant, Sääli, Küche und Terrasse im Erdgeschoss, Vierzimmerwohnung mit Terrasse im ersten Obergeschoss und vier Einzelzimmern mit separaten Nasszellen im zweiten Obergeschoss, unverzüglich zu räumen und der Gesuchstellerin ordnungsgemäss zu übergeben, unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall.

  2. Das Gemeindeammannamt E. wird angewiesen, den Befehl gemäss Ziffer 1 dieses Urteils auf Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken, nötigenfalls unter Beizug der Polizei. Dieser Befehl behält Gültigkeit bis zwei Monate ab Rechtskraft des Ausweisungsentscheides. Die Kosten für die Vollstreckung sind von der Gesuchstellerin vorzuschiessen, sind ihr aber von den Gesuchsgegnern zu ersetzen.

  3. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 800.festgesetzt.

  4. Die Kosten werden den Gesuchsgegnern je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung auferlegt, aber mit dem von der Gesuchstellerin geleisteten

    Kostenvorschuss von Fr. 800.verrechnet. Die Gesuchsgegner werden verpflichtet, der Gesuchstellerin diesen Betrag zu ersetzen.

  5. Die Gesuchsgegner werden unter solidarischer Haftung verpflichtet, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1'500.zu bezahlen. Die Parteientschädigung enthält die gesetzliche Mehrwertsteuer.

6./7. Mitteilung / Rechtsmittel

Berufungsanträge des Gesuchsgegners 2 (act. 24 S. 2):

1. Es sei das Urteil vom 11. November 2011 aufzuheben.

2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Berufungsbeklagten.

Erwägungen:

I.

  1. Die inzwischen konkursite F. GmbH sowie G. (vormals Gesuchsgegner 1) schlossen am 15. April 2008 mit der B. AG (Gesuchstellerin) einen Mietvertrag über die Gastwirtschaft C. an der ...strasse ... in D. (act. 3/1). A. (Gesuchsgegner 2) hat wenig später die Betriebsführung übernommen. Er überwies alsdann die Mietzinsen an die Gesuchstellerin, kam für die Kaution auf und traf mit ihr eine Vereinbarung über die Bezahlung weiterer Beträge.

    Nachdem der Mietzins für den Monat Juni 2011 nicht rechtzeitig bezahlt wurde, setzte die Gesuchstellerin G. und dem Gesuchsgegner 2 je separat mit Schreiben vom 14. Juni 2011 unter Androhung der ausserordentlichen Kündigung gemäss Art. 257d OR eine Frist von 30 Tagen zur Zahlung des Ausstandes an (act. 3/5). Am 12. Juli 2011 mahnte die Gesuchstellerin ebenfalls unter

    Fristansetzung und Kündigungsandrohung zusätzlich das Mietzinsbetreffnis Juli 2011 (act. 3/7). Da innert der angesetzten Fristen bis 21. Juli 2011 bzw. 19. August 2011 lediglich das Mietzinsbetreffnis für den Monat Juli 2011 überwiesen (act. 17/6), die Miete für Juni 2011 hingegen nicht bezahlt wurde, kündigte die Gesuchstellerin das Mietverhältnis am 22. August 2011 unter Verwendung des amtlichen Formulars mit separaten Schreiben an G. und den Gesuchsgegner 2 auf den 30. September 2011 (act. 3/9). Am 22. September 2011 fochten Letztere die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde in H. an mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass die ausgesprochene ausserordentliche Kündigung vom 22. August 2011 ungültig sei; eventualiter sei das Mietverhältnis mindestens um 4 Jahre zu erstrecken (act. 15/1 S. 2). Am 3. Oktober 2011 stellte die Gesuchstellerin beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil (Einzelgericht) ein Ausweisungsbegehren gemäss Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen; vgl. act. 1 und 2).

  2. Das Einzelgericht hiess das Ausweisungsbegehren mit dem angefochtenen Urteil vom 11. November 2011 gut (act. 21 S. 18 f.). Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung des Gesuchsgegners 2 mit den eingangs genannten Anträgen (act. 24). Mit Eingabe vom 20. Februar 2012 erstattete die Gesuchstellerin rechtzeitig die Berufungsantwort (act. 35). Die Sache ist damit spruchreif.

II.

  1. Das Einzelgericht prüfte zunächst die Passivlegitimation des Gesuchsgegners 2. Dieser sei zwar im schriftlichen Mietvertrag vom 15. April 2008 nicht aufgeführt. Aufgrund des unbestrittenen Verhaltens der Gesuchstellerin, insbesondere der fortlaufenden, vorbehaltlosen Entgegennahme der Mietzinszahlungen des Gesuchsgegners 2 und der mit ihm geführten Verhandlungen bezüglich Betriebskonzept, sei jedoch von einer konkludenten Zustimmung der Gesuchstellerin zum Eintritt des Gesuchsgegners 2 in das Mietverhältnis auszugehen. Der Gesuchsgegner 2 sei ebenfalls Mieter der Liegenschaft und demzufolge im vorliegenden Verfahren passivlegitimiert (act. 23 S. 3 f.).

  2. Der Gesuchsgegner 2 schliesst sich dieser rechtlichen Beurteilung in der Berufung an. Zwischen ihm und der Gesuchstellerin sei ein Mietvertrag durch konkludentes Verhalten zustande gekommen; eine ausdrückliche Zustimmung der Gesuchstellerin sei nicht erforderlich gewesen. Demzufolge sei er sowohl legitimiert, die Berufung einzureichen, als auch sehr daran interessiert, das Mietverhältnis aufrechtzuerhalten. Der (vormalige) Gesuchsgegner 1, G. , habe hingegen am Verfahren kein Interesse mehr und lasse sich von Rechtsanwalt

    X. nicht mehr vertreten (act. 24 S. 3, 6).

  3. Die Gesuchstellerin hält den Gesuchsgegner 2 für legitimiert, Berufung zu führen, da er durch das angefochtene Urteil beschwert sei. Seine Berufungslegitimation leite sich aus seiner Stellung als Prozesspartei ab, nicht aber aus dem neuen materiell-rechtlichen Standpunkt, wonach er als Mieter ein Interesse habe, das Mietverhältnis aufrecht zu erhalten. Die Behauptung des Gesuchsgegners 2, wonach zwischen ihm und der Gesuchstellerin ein Mietvertrag bestehen würde, sei ein unzulässiges Novum im Sinne von Art. 336 ZPO. Im vorinstanzlichen Verfahren habe der Gesuchsgegner 2 während des gesamten Verfahrens stets bekundet, nur Untermieter des Mietobjekts zu sein. So habe der Rechtsvertreter der Gesuchsgegner dem Einzelgericht vorgetragen, dass G. das Lokal wenige Monate nach der Eröffnung an den Gesuchsgegner 2 als Untermieter abgegeben habe, der den Betrieb von da an selber geführt habe. Zudem bezeichne der Gesuchsgegner 2 sich auch in der Berufungsschrift wiederholt als Untermieter. Die Gesuchstellerin ihrerseits habe ein Mietverhältnis mit dem Gesuchsgegner 2 stets bestritten (act. 35 S. 3 f.).

    1. Vorab ist festzuhalten, dass es sich bei der Frage der Legitimation zur Klage zur Ergreifung eines Rechtsmittels um eine materiell-rechtliche Frage handelt (vgl. Meier, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 2010, S. 162 f.). Aus der Stellung als Prozesspartei und der Beschwer allein ergibt sich die Legitimation eines Streitgenossen, allein Berufung zu führen, nicht. Während einfache Streitgenossen unabhängig voneinander zur Erhebung von Rechtsmitteln legitimiert sind, können notwendige Streitgenossen in der Regel nur zusammen Rechtsmittel ergreifen (vgl. ZK ZPO-Reetz, Vorb. Art. 308-318 N 37).

    2. Die Behauptung des Gesuchsgegners 2, zwischen ihm und der Gesuchstellerin sei ein Mietvertrag zustande gekommen, stützt sich entgegen der Ansicht der Gesuchstellerin nicht auf neue Behauptungen, was unter die Novenbeschränkung von Art. 317 ZPO fallen würde, sondern ist eine Schlussfolgerung aus bereits vorgebrachten Tatsachen. Der Gesuchsgegner 2 pflichtet damit der rechtlichen Beurteilung des Einzelgerichts (act. 23 S. 3 f.) bei. Wenn der Gesuchsgegner 2 sich selber als Untermieter bezeichnet (vgl. act. 18 S. 2), mag das wohl als Indiz für eine Untermiete zu berücksichtigen sein. Es kann die rechtliche Qualifikation der tatsächlichen Verhältnisse aber weder vorwegnehmen noch ersetzen. Wie das Einzelgericht überzeugend erwog, spricht gegen das Vorliegen einer Untermiete, dass der Gesuchsgegner 2 stets direkt mit der Gesuchstellerin verkehrte und den für das Mietobjekt geschuldeten Zins an die Gesuchstellerin bezahlte; vor allem aber, dass weder G. noch der Gesuchsgegner 2 im vorinstanzlichen Verfahren die (wesentlichen) Tatbestandsmerkmale eines zwischen ihnen bestehenden Untermietvertrages behauptet haben (vgl. dazu Lachat et. al., Mietrecht für die Praxis, 8. A., Zürich 2009, S. 465, 478); insbesondere fehlen jegliche Angaben zu einem vereinbarten Untermietzins einer Abmachung, wonach der Gesuchsgegner 2 für G. die Miete an die Gesuchstellerin bezahlen würde. Entsprechendes hat im Übrigen auch die Gesuchstellerin nicht vorgetragen. Die Gesuchstellerin selber bezeichnete den Gesuchsgegner 2 am Ende ihres Vortrages vor dem Einzelgericht als Mieter (Prot. I S. 7), und sie hat die einschlägigen Mahnund Kündigungsschreiben jeweils G. (an seine neue Adresse in I. ) und dem Gesuchsgegner 2 (an die Adresse des Mietobjekts) zugestellt (vgl. act. 3/5; act. 3/7; act. 3/9). Der Umstand, dass sich G. nach dem Konkurs der F. GmbH (und der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister am 2. November 2009; vgl. act. 16 S. 2; act. 17/1) aus dem Betrieb zurückzog und dem Gesuchsgegner 2 die alleinige Betriebsführung überliess, legt nahe, dass eine Übertragung der Miete an den Gesuchsgegner 2 beabsichtigt war. Hierfür fehlt es allerdings an der (schriftlichen) Zustimmung der Gesuchstellerin nach Art. 263 Abs. 1 OR, welche für den Mieterwechsel konstitutiv ist (Lachat et. al., op. cit., S. 482). Handkehrum ist erstellt, dass die Gesuchstellerin wusste, dass der Gesuchsgegner 2 die Betriebsführung der Gastwirtschaft C.

      übernommen hatte, sie die Mietzinsund Kautionsleistungen desselben stets vorbehaltlos entgegennahm und darüber hinaus mit dem Gesuchsgegner 2 weitere Zahlungen vereinbarte sowie über das Betriebskonzept des Lokals verhandelte (vgl. act. 18 S. 2 f.; Prot. I S. 6 f.; act. 17/17). Ihre mit der Berufungsantwort vorgetragene Behauptung, G. habe mit ihr die Vereinbarung über die Erhöhung der Sicherheitsleistung getroffen (act. 35 S. 6), ist neu. Damit ist die Gesuchstellerin nicht zu hören (Art. 317 ZPO), zumal sie im vorinstanzlichen Verfahren die gegenteilige Behauptung der Gesuchsgegner, die streitige Vereinbarung sei zwischen der Gesuchstellerin und dem Gesuchsgegner 2 (Untermieter) geschlossen worden (act. 18 S. 3) nicht bestritten, diesbezüglich vielmehr bestätigend auf ihre Gesprächsnotiz mit dem Gesuchsgegner 2 verwiesen hat (vgl. Prot. I S. 10). Die Gesuchstellerin räumte in diesem Zusammenhang überdies ein, dass sie über die Rolle des Gesuchsgegners 2 zwar im Juni 2010 zunächst Auskunft verlangt habe, dieses Ansinnen nach Ausbleiben einer Antwort aber nicht weiter verfolgt habe (vgl. act. 16 S. 2; act. 17/3). Wenn das Einzelgericht in dieser Situation nicht nur von einer kumulativen Schuldübernahme, sondern von einem konkludent erfolgten - Beitritt des Gesuchsgegners 2 zum Mietvertrag ausging, ist das begrün- det. Es bestehen damit freilich nicht zwei Mietverträge zum selben Mietobjekt, sondern es liegt (weiterhin) ein einheitlicher Vertrag vor, der ein einheitliches rechtliches Schicksal erleiden muss (vgl. Schmid, Der gemeinsame Mietvertrag, SJZ 87/1991, S. 350 und 353).

    3. Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Sache dem Vermieter zurückzugeben (Art. 267 Abs. 1 OR). Die Rückgabe ist eine unteilbare Leistung im Sinne von Art. 70 OR. Diese Unteilbarkeit bedeutet jedoch nicht zwingend, dass im Falle der gemeinsamen Miete im Ausweisungsverfahren alle Mitmieter ins Recht gefasst werden müssen. Art. 70 Abs. 1 OR bestimmt vielmehr, dass bei einer Mehrheit von Schuldnern jeder zur ganzen (unteilbaren) Leistung verpflichtet ist. Der Gläubiger einer unteilbaren Leistung kann jedem Schuldner gegenüber die ganze Forderung geltend machen; er ist befugt, stattdessen nur einen einzigen von ihnen einzuklagen (BSK OR I-Leu, 5. A., Zürich 2010, Art. 70 N 5; in diesem Sinne MRA 1/05 S. 17, E. 4.3; SVIT-Kommentar Mietrecht, 3. A., Zürich 2008, Art. 274g N 5). Demzufolge sind die beklagten Mieter vorliegend die Gesuchsgegner 1 und 2 im Ausweisungsverfahren keine notwendigen, sondern lediglich einfache Streitgenossen (vgl. auch Rajower, Prozessuale Aspekte der Ausweisung von Mietern, AJP 1998, S. 805). Jeder Streitgenosse kann den Prozess unabhängig von den anderen führen und für sich allein ein Rechtsmittel ergreifen (vgl. Art. 71 Abs. 3 ZPO; ZK ZPOStaehelin/Schweizer, Art. 71 N 11).

    4. Dass hinsichtlich der Anfechtung der Kündigung zwischen G. und dem Gesuchsgegner 2 als gemeinsamen Mietern von Bundesrechts wegen eine notwendige Streitgenossenschaft besteht (Higi, Zürcher Kommentar, 3. A., Zürich 1994, Art. 273 N 33; anders wäre es lediglich bei Familienwohnungen: Higi, op. cit., N 36), ändert daran nichts: Zu beachten ist, dass die Art. 274 ff. OR mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung auf den 1. Januar 2011 (ersatzlos) aufgehoben wurden. Bisher regelte Art. 274g OR die Zuständigkeit bei paralleler Anfechtung der Kündigung im mietrechtlichen Verfahren einerseits und beim summarischen Ausweisungsverfahren andererseits. Vorgesehen war, dass der Ausweisungsrichter (in den namentlich aufgeführten Fällen von lit. a-d) auch über die Kündungsanfechtung befinden müsse (Art. 274g Abs. 1 OR), und Art. 274 Abs. 3 ZPO ordnete an, dass Begehren von Mietern durch die Schlichtungsbehörde an den durch die Vermieterschaft angerufenen Ausweisungsrichter zu überweisen seien. Das führte zur sog. Kompetenzattraktion im summarischen Verfahren, und der Ausweisungsrichter musste über die überwiesene Kündigungsanfechtung entscheiden. Der wesentliche Unterschied zwischen der heutigen Rechtslage und der Regelung des Art. 274g OR besteht darin, dass der Ausweisungsrichter dies im Überweisungsfall mit voller Kognition tun musste

      weil er diesbezüglich früher die Funktion des Mietgerichts zu übernehmen hatte -, während er heute ohne eine solche Überweisung die Gültigkeit der Kündigung ausschliesslich nach den Regeln des summarischen Verfahrens entscheiden kann. Die Gültigkeit der Kündigung ist wenn bestritten im Ausweisungsverfahren eine Vorfrage (Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, Zürich 2008, § 21 N 56; KUKO ZPO-Jent-Sørensen, Art. 257 N 18). Die Streichung der Art. 274 ff. OR führt nun dazu, dass es keine Überweisung der mietrechtlichen Anfechtungsverfahren an das summarische Ausweisungsgericht mehr geben

      kann. Mietrechtliche Anfechtungen sind zunächst vor der Schlichtungsbehörde und dann im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO zu behandeln, so dass eine Überweisung ins summarische Verfahren ohne eine besondere gesetzliche Grundlage und allein gestützt auf die allgemeinen Vorschriften von Art. 125 ff. ZPO nicht in Frage kommt (KUKO ZPO-Jent-Sørensen, Art. 257 N 18). Deshalb ist die Kündigungsanfechtung im Rahmen des Ausweisungsprozesses als Vorfrage im summarischen Verfahren zu überprüfen. Gegenüber dem früheren Rechtszustand gemäss Art. 274g OR besteht die Einschränkung, dass die Überprüfung wegen des summarischen Verfahrens - nicht mit voller Kognition erfolgen kann. Lässt sich die Vorfrage der Gültigkeit der Kündigung mit den Mitteln des summarischen Verfahrens nicht abschliessend beurteilen, weil die Rechtslage der Sachverhalt unklar sind, so führt dies zu einem Nichteintretensentscheid (Art. 257 Abs. 3 ZPO). Das Nichteintreten betrifft dabei selbstverständlich nicht nur die Vorfrage, sondern das Ausweisungsbegehren insgesamt (KUKO ZPO-Jent-Sørensen, Art. 257 N 18). Das Ausweisungsbegehren kann dann von der Vermieterschaft bei der Schlichtungsbehörde und danach beim Mietgericht im vereinfachten Verfahren gestellt (wobei hinsichtlich der Rechtshängigkeit Art. 63 ZPO gilt) bzw. als Widerklage (im bereits pendenten Kündigungsschutzverfahren der Mieter) geltend gemacht werden. Die im summarischen Verfahren nicht mit der nötigen Sicherheit zu klärende Kündigungsfrage wird alsdann auf der erforderlichen breiten Basis und ohne Beweismittelbeschränkung geklärt (vgl. OGer ZH PF110018 vom 1. Juli 2011, E. II.2.-4. und II.6.).

    5. Aktenkundig ist im vorliegenden Fall, dass die Schlichtungsbehörde H. das Kündigungsschutzverfahren in dem G. und der Gesuchsgegner 2 gemeinsam als Kläger auftreten (vgl. act. 15/1 und 15/3-4) mit Beschluss vom 16. Dezember 2011 bis zum rechtskräftigen Entscheid über das

Ausweisungsbegehren sistiert hat (vgl. act. 15/10). Ob bei einem pendenten Ausweisungsverfahren, in dem die Kündigung vorfrageweise überprüft wird, das mietrechtliche (Haupt-)Verfahren sistiert werden soll (Art. 126 ZPO), kann hier offen bleiben, weil die (separat anfechtbare) Sistierung des mietrechtlichen Verfahrens nicht Gegenstand des vorliegenden Prozesses ist. Entscheidend fällt in Betracht, dass sich G. und der Gesuchsgegner 2 im erstinstanzlichen Verfahren zulässigerweise auf die Frage der Gültigkeit der (ausserordentlichen) Kündigung der Gesuchstellerin bezogen haben und diese Frage im Ausweisungsverfahren als Vorfrage keiner rechtskräftigen Erledigung zugeführt wird. Von daher ist die Berechtigung des Gesuchsgegners 2, alleine Berufung gegen das die Ausweisung anordnende Urteil zu führen, zu bejahen.

III.

  1. Die Kündigungsanfechtung ist im Folgenden als Vorfrage - nach den Kriterien des Rechtsschutzes in klaren Fällen (Art. 257 ZPO: klares Recht und unbestrittene bzw. sofort beweisbare Tatsachen) zu prüfen. Das Begehren ist illiquid, wenn der Gesuchsgegner Einreden und Einwendungen vorbringt, die vom Gesuchsteller nicht sofort als unerheblich unzutreffend entkräftet werden können. (Nur) Einwendungen, die sich als offensichtlich haltlos erweisen, bleiben unbeachtlich (vgl. ZK ZPO-Sutter-Somm/Lötscher, Art. 257 N 7). Dabei ist zu bedenken, dass auch Mieter, die (nichtige unwirksame) Kündigungen nicht separat im mietrechtlichen Schlichtungsverfahren anfechten bzw. angefochten haben, im (summarischen) Ausweisungsverfahren die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen können, weil die Geltendmachung dieser Mängel nicht von einer förmlich erfolgten gerichtlichen Anfechtung abhängig ist. Gültige, aber allenfalls gemäss Art. 271 f. OR treuwidrige, ausserordentliche Kün- digungen können dagegen vom Ausweisungsrichter (vorfrageweise) nur überprüft werden, wenn sie innert der Frist von Art. 273 OR angefochten werden, andernfalls der Einwand der Treuwidrigkeit verwirkt ist (vgl. KUKO OR-Walter, Art. 271 N 2, 9; SVIT-Kommentar, Art. 271 N 16; BGer 4C.35/2004; BGE 122 III 95). Wie erwähnt, haben G. und der Gesuchsgegner 2 die ausserordentliche Kündigung der Gesuchstellerin bei der Schlichtungsbehörde H. angefochten, wobei sie namentlich geltend machen, die Kündigung verstosse gegen Treu und Glauben (act. 15/1 S. 4). Im Ausweisungsverfahren ist der Einwand der Treuwidrigkeit mithin ebenfalls zulässig.

  2. Das Einzelgericht ist von einem in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht klaren Fall ausgegangen. Der Einwand der Gesuchsgegner, ihnen sei von der Mitarbeiterin J. telefonisch eine Stundung gewährt worden, werde in keinster Weise substantiiert, weshalb die Behauptung der Gesuchsgegner nicht genüge, eine Stundung der Mietzinsforderung glaubhaft zu machen. Im Weiteren sei der entscheidrelevante Sachverhalt bewiesen unbestritten. Insbesondere sei unumstritten, dass die Gesuchsgegner unter dem Titel Depoterhöhung über den Mietzins hinaus gehende Zahlungen an die Gesuchstellerin geleistet hätten, welche diese bisher jedoch nicht auf einem separaten Mietzinsdepot hinterlegt habe. Die Verrechnung mit der Mietzinskaution sei zwar nicht möglich, wenn die Kaution gemäss Art. 257e Abs. 1 OR auf einem entsprechenden Mietzinsdepot hinterlegt worden sei. Jedoch könne der Mieter die Einrede der Verrechnung mit der Mietzinskaution erheben, wenn der Vermieter die Kaution nicht gesetzeskonform hinterlegt habe. Im vorliegenden Fall seien die vom Gesuchsgegner 2 zusätzlich einbezahlten Geldbeträge von der Gesuchstellerin bisher nicht auf ein entsprechendes Mietzinsdepot einbezahlt worden. Somit sei es nicht entscheidend, ob es sich dabei um eine Erhöhung des bestehenden Depots, um ein neues, separates Depot gar um eine Art Kontokorrent handle. Eine Verrechnung wäre in jedem Fall grundsätzlich möglich gewesen. Eine gültige Verrechnung setze nach Art. 124 Abs. 1 OR allerdings eine ausdrückliche konkludente Verrechnungserklärung voraus, ausser die Parteien hätten ausdrücklich vereinbart, auf eine solche zu verzichten. Befinde sich der Mieter in Zahlungsrückstand, so habe er die Verrechnung seiner Forderung innerhalb der 30-tägigen Zahlungsfrist gemäss Art. 257d OR zu erklären. Im vorliegenden Fall hätten die Gesuchsgegner keine Verrechnungserklärung behauptet. Sie seien der Meinung, nach dem Sinn der Vereinbarung zwischen den Parteien sei eine solche gar nicht notwendig gewesen, hätten es aber unterlassen, darzulegen, worauf sie ihre Interpretation stützen würden. Vielmehr sprächen ihre eigenen Äusserungen und die im Recht liegende Aktennotiz (act. 17/17) dafür, dass die Parteien eine Erhöhung des bestehenden Mietzinsdepots beabsichtigt hätten. Ob dem effektiv so sei, könne offen bleiben, da die Gesuchsgegner weder behauptet, noch ansatzweise glaubhaft gemacht hätten, dass die Parteien einen Verzicht auf eine Verrechnungserklärung vereinbart hätten. Da die Mietzinsforderung der Gesuchstellerin im Zeitpunkt der Kündigung entgegen den Behauptungen der Gesuchsgegner weder gestundet noch durch Verrechnung getilgt worden sei und der Mietzins für den Monat Juni 2011 damit innerhalb der 30-tägigen Zahlungsfrist nicht beglichen worden sei, seien vorliegend sämtliche Voraussetzungen der ausserordentlichen Kündigung gemäss Art. 257d OR durch die Gesuchstellerin erfüllt (act. 23 S. 5 ff.).

  3. Der Gesuchsgegner 2 hält in seiner Berufungsschrift an den im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Argumenten fest, insbesondere daran, dass der Mietzins Juni 2011 durch Verrechnung getilgt worden sei. Er anerkennt wie bereits vor dem Einzelgericht, dass er sich mit den Mietzinszahlungen immer wieder im Rückstand befunden habe. Aufgrund dieser Situation wegen der wiederholt verspäteten Mitzinszahlungen hätten die Parteien eine Vereinbarung über ein zusätzliches Depot getroffen, mit dem Zweck, allfällige Zahlungsrückstände kurzfristig auszugleichen. Die zusätzliche, nicht dem Mietvertrag vom

15. April 2008 entsprechende Kaution sei vereinbarungsgemäss nicht auf ein Sperrkonto lautend auf die Mieter einbezahlt worden, sondern stehe der Gesuchstellerin noch heute zur freien Verfügung. Immer wenn die Miete nicht verspätet eingetroffen wäre, hätte die Gesuchstellerin das Recht gehabt, von der zusätzlichen Sicherheitsleistung den Ausstand abzuziehen und somit zu verrechnen. Dabei sei eine ausdrückliche Verrechnungserklärung selbstredend nicht notwendig gewesen. Der Gesuchsgegner 2 habe die Vereinbarung analog einem Kontokorrentkredit verstanden und entsprechend danach gehandelt. Die Gesuchstellerin habe das zusätzliche Depot zu Unrecht nicht angetastet und die Kündigung wegen Zahlungsverzug ausgesprochen, weshalb die Kündigung Treu und Glauben widerspreche (act. 24 S. 3 ff.; vgl. act. 18 S. 5).

4. Die Gesuchstellerin macht demgegenüber geltend, die Parteien seien übereinkommen, das im Mietvertrag vorgesehene Depot im Sinne von Art. 257e OR von Fr. 10'000.-auf Fr. 28'200.-zu erhöhen, zahlbar in monatlichen Raten à Fr. 3'200.-- (bzw. letzte Rate Fr. 2'200.--), welche vom Gesuchsgegner 2 auch geleistet worden seien. Die Zahlungen seien vom Gesuchsgegner ausdrücklich als Depot geleistet worden, weshalb die Gesuchstellerin nicht berechtigt gewesen

sei, diese in Verrechnung der Mietzinsausstände für sich in Anspruch zu nehmen. Die Darstellung des Gesuchsgegners 2, diese Zahlungen seien mit der Abrede verbunden gewesen, Zahlungsrückstände mit Bezug auf den Mietzins kurzfristig ausgleichen zu können, sei eine reine Schutzbehauptung. Selbst wenn das Depot jedoch zur Deckung kurzfristig entstandener Mietzinsausstände gedient hätte, hätte eine Verrechnungserklärung ausdrücklich erfolgen müssen, zumindest im Sinne einer Anweisung, dass die Gesuchstellerin berechtigt sei, sich mit den Depotzahlungen schadlos zu halten bzw. der Zustimmung dazu. Das aber behaupte der Gesuchsgegner 2 gerade nicht. Die Gesuchstellerin gesteht wie bereits vor dem Einzelgericht zu, dass sie die betreffenden Beträge nicht auf ein Sperrkonto einbezahlt habe, was vom Einzelgericht zu Recht moniert worden sei. Interessant sei aber, dass der Gesuchsgegner 2 geltend mache, die zusätzlichen Depotzahlungen hätten vereinbarungsgemäss auf ein Sperrkonto einbezahlt werden müssen. Damit führe er sein Argument selber ad absurdum (act. 35 S. 6 ff.).

    1. Klarzustellen ist vorweg, dass die Gesuchstellerin zu Unrecht meint, der Gesuchsgegner habe argumentiert, dass die zusätzlichen Leistungen auf ein Sperrkonto hätten einbezahlt werden müssen. Der Gesuchsgegner 2 hat in der Berufungsschrift im Gegenteil wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausgeführt, dass die zusätzliche Kaution vereinbarungsgemäss nicht auf ein Sperrkonto lautend auf den Gesuchsgegner 2 einbezahlt worden sei (vgl. act. 18 S. 3 f.;

      act. 24 S. 4 f.).

    2. Die Parteien stimmen darin überein, dass sie - über die vom Gesuchsgegner 2 bezahlte Sicherheitsleistung von Fr. 10'000.-gemäss Art. 4 des Mietvertrages (vgl. act. 3/1) hinaus - Leistungen im Betrag von Fr. 18'200.--, zahlbar in sechs Raten (fünfmal Fr. 3'200.-- und einmal Fr. 2'200.--) vereinbart haben. Diese Raten wurden vom Gesuchsgegner 2 an die Gesuchstellerin am 12. Januar, 16. Februar, 11. April, 12. Mai 2011 und die letzte Rate am 1. September 2011 bezahlt (vgl. act. 18 S. 3 f., 5; Prot. I S. 6 f.; act. 17/8 und act. 17/19). Unbestritten ist ebenso, dass diese Beträge von der Gesuchstellerin nicht auf ein namens der Mieter eröffnetes Mietersparkonto einbezahlt wurden. Schliesslich ist unbestritten, dass bis zum Ablauf der mit Schreiben der Klägerin vom 12. Juli 2011 (act. 3/7)

      unter Kündigungsandrohung angesetzten Zahlungsfrist bis 19. August 2011 fünf der genannten Raten (d.h. Fr. 16'000.--) bezahlt waren, hingegen keine Zahlung für den Mietzins Juni 2011 erfolgte (vgl. act. 16 S. 3 f.; Prot. I S. 8).

    3. Art. 257d Abs. 1 OR wird durchwegs so verstanden, dass die Zahlung innert der genannten Frist erfolgt sein muss, was sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt (ZK OR-Higi, Art. 257d N 10 und 26; Lachat et. al., op. cit.,

      S. 256 f.). Der fristgerechten Zahlung ist allerdings die Verrechnung innert der gesetzten Frist grundsätzlich gleichgestellt. Richtig ist die Erwägung des Einzelgerichts, dass eine Verrechnung von ausstehenden Mietzinsen mit der gesetzeskonform nach Art. 257e Abs. 1 OR hinterlegten Sicherheitsleistung nicht möglich ist. Anderes trifft aber zu, wenn die Kaution nicht auf ein Sparkonto Depot hinterlegt wurde, das auf den Namen des Mieters lautet (ZK OR-Higi, 3. A., Zürich 1994, Art. 257e N 33; SVIT-Kommentar, Art. 257e N 18; Entscheid des Obergerichts Aargau vom 14. November 1991 publ. in SJZ 90/1994, S. 332). Die Mietvertragsparteien können in diesem Fall zudem vereinbaren, dass die Sicherheit zur Deckung ausstehender Mietzinse herangezogen und die Mietzinsschuld damit getilgt wird (Lachat et. al., op. cit., S. 262, 543). Da eine solche Vereinbarung einen Verrechnungsvertrag enthält, bedarf es für den Eintritt der Verrechnungswirkung keiner Verrechnungserklärung (vgl. dazu BSK OR I-Peter, Art. 124 N 7).

      Von Bedeutung ist weiter, dass auch eine wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene ausserordentliche Kündigung treuwidrig im Sinne von Art. 271 Abs. 1 OR sein kann, was aber nur ausnahmsweise in Betracht kommt (BGer 4A_549/2010 vom 17. Februar 2011 mit Hinweisen). Die Frage des Rechtsmissbrauchs bzw. des Verstosses gegen Treu und Glauben stellt sich, wenn Vermieter und Mieter über gegenseitig anerkannte bzw. unbestrittene Ansprüche verfügen und dem Mieter in einer solchen Situation einzig die unterlassene Verrechnungserklärung (vgl. Art. 124 Abs. 1 OR) zum Verhängnis würde. Dies basierend auf der Überlegung, dass die Verrechnung nicht nur ein Recht des Mieters ist, sondern dass auch der Vermieter davon Gebrauch machen kann. Zwar gibt es für keine Partei eine Pflicht zur Verrechnung, hingegen könnte je nach Situation -

      eine Zahlungsverzugskündigung des Vermieters trotz bestehender Verrechnungsmöglichkeit die Frage der Treuwidrigkeit aufwerfen.

    4. Der Gesuchsgegner 2 hält in der Berufung wie erwähnt daran fest, dass eine Verrechnungserklärung angesichts der zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarung mit dem Zweck der Tilgung kurzfristiger Mietzinsausstände nicht erforderlich gewesen sei. Er macht (sinngemäss) geltend, er habe die Vereinbarung im Sinne eines Kontokorrentkredits mit automatischer Verrechnung verstanden resp. nach Treu und Glauben so verstehen dürfen (act. 18 S. 5;

      act. 24 S. 4). Dass der Gesuchsgegner 2 die Leistungen auf den betreffenden Einzahlungsscheinen als Depot bezeichnete (act. 17/19) und in einer Aktennotiz der Gesuchstellerin von einer Depoterhöhung auf 6 x 4'700.-- = 28'200.-- die Rede ist (act. 17/17), spricht nicht zwingend gegen einen solchen Verrechnungsvertrag. Angesichts der unbestritten oft nicht rechtzeitig erfolgten Mietzinszahlungen ist es grundsätzlich denkbar, dass die Mietvertragsparteien zwecks Ausgleichung solcher Mietzinsausstände der Gesuchstellerin Gelder zur Verfügung stellen wollten, die nicht als Sicherheitsleistung nach Art. 257e OR zu hinterlegen gewesen wären, sondern im Sinne von Akontozahlungen die Tilgung der Ausstände vorgesehen hätten. Wäre dies der Fall gewesen, wäre der Mietzins für Juni 2011 durch die Depotzahlungen getilgt worden, was die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Zahlungsverzugskündigung zur Folge hätte.

    5. Die eigene Darstellung der Gesuchstellerin, wonach Gegenstand der streitigen Vereinbarung eine Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 257e OR gewesen sei, entzieht dem Einwand des Gesuchsgegners 2 nicht die Grundlage. Die Gesuchstellerin übersieht, dass für eine Erhöhung der Sicherheitsleistung nach Art. 257e OR die massgeblichen Formvorschriften nicht eingehalten wurden. Bei der Miete von Wohnund Geschäftsräumen hat die Vereinbarung über Sicherheitsleistungen, welche nach Abschluss des Mietvertrages getroffen wird (Erhöhung der bestehenden erstmalige Vereinbarung der Sicherheitsleistung), in jedem Fall die Formvorschrift von Art. 269d Abs. 3 zu beachten (ZK OR-Higi, Art. 257e N 8, 34; Lachat et. al., op. cit., S. 265). Wird die Formvorschrift, insbesondere die Formularpflicht, nicht eingehalten, ist die einseitige Vertragsänderung

      nichtig (BSK OR I-Weber, Art. 269d N 7 ff.; BGer 4C.96/2005 vom 20. Juni 2005,

      E. 1.2.1; BGE 113 II 187 E. 1a, S. 188). Die gemäss den übereinstimmenden Ausführungen erfolgte mündliche Vereinbarung zwischen der Gesuchstellerin und dem Gesuchsgegner 2 genügt dem Formerfordernis nicht. Hätten die Parteien tatsächlich die Erhöhung der Sicherheitsleistung nach Art. 257e OR beabsichtigt, wäre die Vereinbarung nichtig gewesen und hätte der Gesuchsgegner 2 hinsichtlich der zusätzlichen Depotzahlungen einen Rückforderungsanspruch gehabt. Unter dem Titel von Treu und Glauben müsste sich die Gesuchstellerin dann allenfalls entgegenhalten lassen, dass sie von ihrem Verrechnungsrecht des Rückforderungsanspruchs des Gesuchsgegners 2 mit dem ausstehenden Mietzins (wissentlich) keinen Gebrauch gemacht, sondern stattdessen die Kündigung wegen Zahlungsverzuges ausgesprochen hat.

    6. Wie dem auch sei: Fest steht, dass sich die Parteien über den Zweck der unter dem Titel Depot vom Gesuchsgegner 2 bezahlten Fr. 18'200.-- nicht einig sind, und die Situation insofern unklar ist. In der Lehre ist umstritten, ob der Gesuchsgegner beim Rechtsschutz in klaren Fällen seine Einwendungen glaubhaft machen muss ob ihn diesbezüglich lediglich die Behauptungslast trifft (KUKO ZPO-Jent-Sørensen, Art. 257 N 11 mit Hinweisen). So so trägt der Gesuchsteller entsprechend der Besonderheiten des Verfahrens - die Beweislast für den Nichtbestand der rechtshemmenden und rechtsaufhebenden Tatsachen (vgl. Meier, op. cit., S. 375; KassGer ZH AA090067, E. 4.1; KassGer ZH AA090067, E. 4.1). An diesem Punkt wirkt sich nun massgeblich der Wegfall der Kompetenzattraktion des Art. 274g OR und damit der Möglichkeit aus, Kündigungsanfechtungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (vgl. dazu BGE 117 II 558; Vogel, Der Mietprozess, recht 1993, S. 32), und es bleibt auch bei geringfügigen Zweifeln nichts anderes übrig, als einen Nichteintretensentscheid zu fällen. In Mietsachen trifft dies umso mehr zu, als im vereinfachte Verfahren gemäss Art. 247 Abs. 2 lit. a ZPO die amtswegige Sachverhaltserhebung vorgesehen ist, so dass bei nicht unverrückbar feststehenden Tatsachen für einen Entscheid im summarischen Verfahren umso grössere Zurückhaltung geboten ist.

    7. Der Umstand, dass die Gesuchstellerin das nicht offensichtlich haltlose Argument des Gesuchsgegners 2 betreffend Tilgung des Mietzinsausstands durch Verrechnungsvertrag nicht sofort hat entkräften können, die von ihr selber behauptete Vereinbarung über eine Sicherheitsleistung nach Art. 257e OR vielmehr aufgrund Formmangels nichtig wäre und einen (verrechenbaren) Rückforderungsanspruch des Gesuchsgegners 2 begründet hätte, muss vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen zu einem Nichteintreten wegen Illiquidität gemäss Art. 257 Abs. 3 ZPO führen. Ist ohnehin ein Nichteintretensentscheid zu fällen, muss der weitere, von der Gesuchstellerin bestrittene Einwand des Gesuchsgegners 2 gegen die Kündigung, die zuständige Sachbearbeiterin der Gesuchstellerin habe nach Zustellung der Kündigungsandrohung am 12. Juli 2011 für die Bezahlung des ausstehenden Mietzinses telefonisch eine Stundung gewährt (act. 18 S. 4; act. 24 S. 6 f.), nicht geprüft werden.

IV.

  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Gesuchstellerin für das erstund zweitinstanzliche Verfahren kostenund entschädigungspflichtig

    (Art. 106 ZPO). Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr (vorinstanzliche DispositivZiff. 3) ist zu bestätigen. Unter Berücksichtigung der dreijährigen Kündigungssperrfrist von Art. 271 Abs. 1 lit. e OR ergibt sich ein (Rechtsmittel-)Streitwert von Fr. 253'800.-- (vgl. act. 27). Für die Festsetzung der zweitinstanzlichen Gerichtsgebühr ist von Bedeutung, dass es sich um wiederkehrende Leistungen (§ 4 Abs. 3 GebV OG) sowie um ein summarisches Verfahren (§ 8 Abs. 1 GebV OG) handelt. Zu berücksichtigen ist ausserdem § 10 Abs. 1 GebV OG, da es sich bei einem Nichteintretensentscheid dogmatisch um ein Verfahren ohne Anspruchsprüfung handelt. Nicht einschlägig ist hingegen § 7 lit. a GebV OG, weil die Gültigkeit der Kündigung lediglich als Vorfrage behandelt wird. Die nach § 4 Abs. 1 und 3 GebV OG bemessene (um ein Drittel ermässigte) Gerichtsgebühr von Fr. 9'900.-ist daher nach §§ 8 und 10 Abs. 1 GebV OG auf einen Drittel, d.h. auf Fr. 3'300.-zu reduzieren. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren sind mit dem vom

    Gesuchsgegner 2 geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen, und die Gesuchstellerin hat dem Gesuchsgegner 2 Fr. 3'300.-zu ersetzen.

  2. Für die Parteientschädigung sind die einschlägigen Reduktionskriterien wiederkehrende Leistung (§ 4 Abs. 3 AnwGebV), summarisches Verfahren (§ 9 AnwGebV) und Rechtsmittelverfahren (§ 13 Abs. 1 und 2 AnwGebV ) zu berücksichtigten. Gestützt darauf hat die Gesuchstellerin den Gesuchsgegner 2 für das erstinstanzliche Verfahren mit Fr. 2'400.-zu entschädigen (nach § 4 Abs. 3 AnwGebV ermässigte Gebühr von rund Fr. 12'000.-reduziert auf ein Fünftel gemäss § 9 AnwGebV) und für das zweitinstanzliche Verfahren mit Fr. 1'200.--

(Fr. 12'000.-reduziert auf ein Zehntel gemäss § 9 und § 13 Abs. 2 AnwGebV). Das ergibt eine Parteientschädigung für beide Instanzen von Fr. 3'600.--. Ersatz der Mehrwertsteuer hat der Gesuchsgegner 2 nicht verlangt (vgl. act. 24 S. 2; ZR 104/2005 Nr. 76; Kreisschreiben vom 17. Mai 2006, publiziert unter www.gerichtezh.ch/Obergericht/Kreisschreiben/ab 2000).

Es wird erkannt:
  1. Die Berufung gegen das Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil vom 11. November 2011 wird gutgeheissen, und auf das Gesuch der Gesuchstellerin wird nicht eingetreten.

  2. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr (Dispositiv-Ziffer 3) wird bestätigt.

  3. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'300.--.

  4. Die Kosten beider Instanzen werden der Gesuchstellerin auferlegt. Die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren werden mit dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

    Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden mit dem vom Gesuchsgegner 2 geleisteten Kostenvorschuss verrechnet, und die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner 2 Fr. 3'300.-zu ersetzen.

  5. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, dem Gesuchsgegner 2 für das erstund zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'600.-zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Gesuchsgegner 2 unter Beilage eines Doppels von act. 35, sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Hinwil, je gegen Empfangsschein.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 253'800.--.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. V. Seiler versandt am:

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