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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LE230032
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LE230032 vom 06.10.2023 (ZH)
Datum:06.10.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Eheschutz (vorsorgliche Massnahmen)
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegner; Vorinstanz; Berufung; Verfügung; Unterhaltsbeiträge; Vorsorglich; Vorsorgliche; Verfahren; Monatlich; Barbedarf; Schuld; Eheschutz; Massnahmen; Gesuchsgegners; Entscheid; Bezahlen; Wohnkosten; Berechnung; Schulden; Eheschutzverfahren; Verfahrens; Einkommen; Partei; Parteien; Monatliche; Barbedarfs; –; Grundbetrag; Barunterhalt
Rechtsnorm: Art. 1 ZGB ; Art. 104 ZPO ; Art. 106 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 172 ZGB ; Art. 262 ZPO ; Art. 276 ZPO ; Art. 303 ZPO ; Art. 312 ZPO ; Art. 314 ZPO ; Art. 90 BGG ; Art. 98 BGG ;
Referenz BGE:147 III 165;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LE230032-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender,

Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichterin Dr. S. Janssen sowie Gerichtsschreiberin MLaw L. Hengartner

Beschluss und Urteil vom 6. Oktober 2023

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsgegner und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

    Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

    betreffend Eheschutz (vorsorgliche Massnahmen)

    Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Dielsdorf vom 18. Juli 2023 (EE220071-D)

    Erwägungen:

    1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

      1. Die Parteien sind die verheirateten Eltern von C. , geboren am tt.mm.2010. Sie stehen sich seit dem 28. November 2022 in einem Eheschutzver- fahren gegenüber (Urk. 7/1). Mit (unbegründeter) Verfügung vom 22. März 2023 (Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen) stellte die Vorinstanz C. für die Dauer des Verfahrens unter die alleinige Obhut des Gesuchsgegners und Berufungsklägers (fortan Gesuchsgegner), räumte der Gesuchstellerin und Beru- fungsbeklagten (fortan Gesuchstellerin) ein Besuchsrecht ein und verpflichtete sie, dem Gesuchsgegner für die Dauer des Verfahrens monatliche Kinderunter- haltsbeiträge von Fr. 350.– zuzüglich allfälliger Familienzulagen zu bezahlen. Im Dispositiv hielt die Vorinstanz fest, dass Fr. 350.– 2/3 des Barbedarfs von

      1. abzüglich Kinderzulagen entsprächen (Urk. 7/42 S. 4). Mit Verfügung

        vom 18. Juli 2023 (Abänderung Entscheid betreffend vorsorgliche Massnahmen) hob die Vorinstanz die Verfügung vom 22. März 2023 teilweise auf und stellte den Sohn C. für die weitere Dauer des Verfahrens unter die alleinige Obhut der Gesuchstellerin, wobei angesichts des Alters von C. auf eine Regelung des Besuchsrechts (mit Ausnahme des Ferienbesuchsrechts) verzichtet wurde. Fer- ner verpflichtete sie den Gesuchsgegner, der Gesuchstellerin rückwirkend ab

        1. Juli 2023 für die Dauer des Verfahrens monatliche Kinderunterhaltsbeiträge von Fr. 700.– zuzüglich allfälliger Familienzulagen zu bezahlen (Urk. 2 S. 4 f. = Urk. 7/61 S. 4 f.).

        2. Gegen Letzteres erhob der Gesuchsgegner mit Eingabe vom 3. August 2023 fristgerecht (Urk. 7/61 und Art. 314 Abs. 1 ZPO) Berufung mit den folgenden Anträgen (Urk. 1 S. 2):

      1. Disp.-Ziff. 4 der angefochtenen Verfügung sei aufzuheben.

      1. Stattdessen sei der Gesuchsgegner zu verpflichten, der Gesuch- stellerin für die Dauer des Verfahrens für den gemeinsamen Sohn C. rückwirkend ab 1. Juli 2023 einen Unterhaltsbeitrag von CHF 350.00 (zuzüglich allfälliger gesetzlicher oder vertraglicher Kinderzulagen) pro Monat, zahlbar per 1. eines Monats, zu be- zahlen.

      2. Der Berufung sei im Umfang der gestellten Anträge aufschieben- de Wirkung zu erteilen.

      Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zuzügl. MwSt) zu Lasten der Gesuchstellerin.

      3. Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Ver- fügung vom 7. August 2023 abgewiesen (Urk. 6). Die vorinstanzlichen Akten wur- den beigezogen (Urk. 7/1-66). Da sich die Berufung sogleich als unbegründet er- weist, kann auf weitere Prozesshandlungen verzichtet werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO).

    2. Formelles

      1. Im Eheschutz sind vorsorglich angeordnete Geldzahlungen aus folgen- den Überlegungen grundsätzlich ausgeschlossen: Die Voraussetzungen für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen richten sich nach Art. 261 ff. ZPO. Bezüg- lich deren Inhalts enthält Art. 262 ZPO eine Generalklausel – im Eheschutzverfah- ren eingeschränkt durch Art. 172 Abs. 3 ZGB – und führt einzelne Massnahmen exemplarisch auf (Art. 262 lit. a bis e ZPO). Ausdrücklich erwähnt ist die Leistung einer Geldzahlung indes nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen (Art. 262 lit. e ZPO). Eine solche Regelung findet sich im Gesetz für das Scheidungsverfah- ren (Art. 276 ZPO) und bei Unterhaltsklagen (Art. 303 ZPO), nicht aber für das Eheschutzverfahren (Art. 271 ff. ZPO). Aus den Materialien zur Schweizerischen Zivilprozessordnung erhellt, dass der Gesetzgeber bewusst von einer allgemeinen Einführung vorsorglicher Akonto-Zahlungen abgesehen hat (vgl. Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 28. Juni 2006, S. 7355). Folglich han- delt es sich bei der fehlenden Bestimmung zu vorsorglichen Massnahmen im Eheschutzverfahren nicht um eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des Gesetzes (vgl. BK-Emmenegger/Tschentscher, Art. 1 ZGB N 344; BSK ZGB I- Honsell, Art. 1 N 27), sondern um qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers. Entsprechend bleibt für richterliche Lückenfüllung und analoge Gesetzesanwen- dung kein Raum. Die vorsorgliche Zusprechung von Unterhaltsbeiträgen im Ehe- schutzverfahren mag daher bei langer Verfahrensdauer aus praktischer Sicht wünschbar erscheinen, ist jedoch aus rechtlichen Erwägungen unzulässig (vgl.

        OGer ZH LE110069 vom 08.02.2012, E. 2.4.2; OGer ZH LE130032 vom 02.07.2013, E. II.3.2; OGer ZH LE130066 vom 05.04.2014, E. 4; OGer ZH LE150003 vom 27.03.2015, E. II.5; OGer ZH LE160012 vom 15.11.2016, E. III.4; OGer ZH LE160038 vom 07.09.2016, E. C.6).

      2. Die konsequente Anwendung der soeben zitierten Rechtsprechung kann jedoch in Fällen, in welchen es – wie hier – um die Abänderung von in Ab- weichung der obgenannten Rechtsprechung rechtskräftig festgesetzten Unter- haltsbeiträgen geht, zu stossenden Ergebnissen führen. Hätte der Gesuchsgeg- ner seine Unterhaltspflicht beispielsweise nicht teilweise anerkannt (Urk. 1 S. 2), so wäre diese gesamthaft aufzuheben. Mit einer vollständigen Aufhebung träte jedoch die Verfügung vom 22. März 2023 wieder in Kraft und die mittlerweile ob- hutsinnehabende Gesuchstellerin hätte dem Gesuchsgegner weiterhin Kinderun- terhaltsbeiträge zu leisten. Solche unhaltbaren Ergebnisse sind zu vermeiden, zumal die Unterhaltsbeiträge während des Getrenntlebens keinen Akonto-, son- dern definitiven Charakter für die Regelungsdauer haben und somit auch eine spätere Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse verunmöglicht ist. Daher ist vom Grundsatz, dass im Eheschutzverfahren keine Unterhaltsbeiträge im Rah- men vorsorglicher Massnahmen zugesprochen werden, abzuweichen, wenn be- reits Unterhaltsbeiträge festgesetzt wurden und diese in Rechtskraft erwachsen sind. In solchen Fällen sind auch Gesuche um Abänderung der vorsorglich fest- gesetzten Unterhaltsbeiträge zu behandeln und die Unterhaltsbeiträge gegebe- nenfalls anzupassen.

    3. Materielles

      1. Die Vorinstanz erwog, dass der Gesuchsgegner in Anbetracht der neu- en Obhutsregelung (rückwirkend ab 1. Juli 2023) Unterhaltsbeiträge von monat- lich Fr. 700.– zu bezahlen habe, was 2/3 des Barbedarfs von C. abzüglich Kinderzulagen entspreche. Die Wohnkosten von C. fielen bei der Gesuch- stellerin deutlich höher aus (Urk. 2 S. 4).

      2. Der Gesuchsgegner rügt, er könne den Unterhaltsbeitrag von Fr. 700.– nebst seinem eigenen Bedarf nicht bezahlen. Die Vorinstanz habe entweder will- kürlich eine neue Berechnungsmethode angewandt oder den Bedarf von C. willkürlich erhöht. Sie habe auch nicht berücksichtigt, dass die Gesuchstellerin ein höheres Einkommen erziele als er (Urk. 1 Rz. 5). Die Vorinstanz sei in der Verfü- gung vom 22. März 2023 davon ausgegangen, dass der Barbedarf von C. Fr. 775.– betrage (Fr. 775.– abzüglich Fr. 250.– = Fr. 525.–, davon 2/3 = Fr. 350.–

      ). In der angefochtenen Verfügung habe die Vorinstanz nun aber festgehalten, dass Fr. 700.– 2/3 des Barbedarfs abzüglich Kinderzulagen entsprächen, womit

      dieser Fr. 1'300.– betragen würde. Weshalb der Barbedarf von C. um

      Fr. 525.– gestiegen sein soll, habe die Vorinstanz nicht begründet. Selbst wenn die Wohnkosten höher sein sollten (was nur beschränkt bzw. im Umfang von Fr. 200.– zutreffe), wäre der Bedarf niemals um Fr. 525.– gestiegen. Dementspre- chend sei der Unterhaltsbeitrag bei einem Barbedarf von Fr. 775.– analog der ur- sprünglichen Berechnung auf Fr. 350.– festzusetzen (Urk. 1 Rz. 3, 6). Seine Wohnkosten betrügen ab dem 1. September 2023 sodann neu Fr. 892.–, was als Novum zu berücksichtigen sei (Urk. 1 Rz. 7). Die Vorinstanz habe nicht berück- sichtigt, dass die Gesuchstellerin leistungsfähiger sei als er und daher verpflichtet sei, einen höheren Anteil des Barbedarfs von C. zu tragen (Urk. 1 Rz. 8). Die Gesuchstellerin erziele ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. 4'492.–. Er erziele ein Einkommen von monatlich Fr. 4'238.30 bei einem Bedarf von Fr. 4'084.–. Ihm stünden lediglich Fr. 154.30 für Unterhaltszahlungen zur Verfü- gung. Um allen Eventualitäten gerecht zu werden, sei er bereit, Fr. 350.– zu be- zahlen (Urk. 1 Rz. 9).

        1. Wie sogleich aufzuzeigen ist, hat die Vorinstanz den Bedarf von C. korrekt berechnet. Dieser beträgt pro Monat Fr. 1'286.95 und setzt sich wie folgt zusammen:

          Bedarf C.

          Grundbetrag

          Wohnkostenanteil 1/3 von Fr. 1'601.– Krankenkasse (KVG und VVG)

          Total

          CHF

          600.–

          siehe E. 3.3.a)

          CHF

          535.65

          siehe E. 3.3.b)

          CHF

          151.30

          siehe E. 3.3.b)

          CHF

          1'286.95

        2. Die vorinstanzliche Bezifferung des Barbedarfs mit rund Fr. 1'300.– er- weist sich daher als korrekt und willkürfrei. Mangels Begründung ist zwar nicht nachvollziehbar, weshalb die Vorinstanz in der Verfügung vom 22. März 2023 den Barbedarf zunächst auf Fr. 775.– festgelegt hatte. Aber selbst wenn sich die Be- rechnung gemäss Verfügung vom 22. März 2023 als falsch erwiese, begründete dies keinen Anspruch auf eine weiterhin falsche Berechnungsweise der Unter- haltsbeiträge. Was das Argument der höheren Leistungsfähigkeit der Gesuchstel- lerin betrifft, so ist der Gesuchsgegner darauf hinzuweisen, dass eine Beteiligung

          der Gesuchstellerin am Barunterhalt von C.

          trotzdem grundsätzlich nicht

          geschuldet ist, da sie als Obhutsinhaberin ihren Teil des Kindesunterhalts in natu- ra – durch Betreuung – erbringt. Eine Übernahme des Barunterhalts oder eines Teils davon neben dem Naturalunterhalt erscheint lediglich in Fällen angezeigt, in welchen der betreuende Elternteil weitaus leistungsfähiger ist (BGer 5A_727/2018 vom 22. August 2019, E. 4.3.2.1. m.w.H.). Dies ist vorliegend bei der vom Ge- suchsgegner geltend gemachten Einkommensdifferenz von rund Fr. 250.– pro Monat (Urk. 1 Rz. 9) offensichtlich nicht der Fall. Jedoch übernimmt die Gesuch- stellerin ohnehin bereits einen Drittel des Barunterhalts (Urk. 2 S. 5). Eine weiter- gehende Beteiligung der Gesuchstellerin – womit sie den Naturalunterhalt und den grösseren Teil des Barunterhalts zu tragen hätte – ist nicht geschuldet. Die Rügen des Gesuchsgegners erweisen sich als unbegründet.

        3. Damit bleibt zu prüfen, ob mit den Unterhaltsbeiträgen von Fr. 700.– in das Existenzminimum des Gesuchsgegners eingegriffen wird. Beim von ihm gel- tend gemachten Einkommen von Fr. 4'238.30 (Urk. 1 Rz. 9; Urk. 7/29/1-2) ist dies nicht der Fall, weshalb sich eine exakte Berechnung seines Einkommens (Ausei- nandersetzung mit dem anwendbaren Tarif der Quellensteuer [Urk. 7/33 Rz. 33]) erübrigt. Der monatliche Bedarf des Gesuchsgegners berechnet sich nämlich wie folgt:

      Bedarf Gesuchsgegner

      Grundbetrag

      Wohnkosten bis 31.08.2023

      Wohnkosten ab 01.09.2023 Krankenkasse (KVG und VVG)

      CHF

      1'200.–

      siehe

      E. 3.3.a)

      CHF CHF

      787.–

      892.–

      siehe

      E. 3.3.b)

      CHF

      475.–

      siehe

      E. 3.3.b)

      CHF

      33.–

      siehe E. 3.3.b)

      CHF

      150.–

      Pauschale

      CHF

      0.–

      siehe E. 3.3.c)

      CHF

      165.–

      siehe E. 3.3.d)

      CHF

      0.–

      siehe E. 3.3.e)

      CHF

      700.–

      gemäss Urk. 2

      CHF

      3'510.–

      CHF

      3'615.–

      Versicherung Kommunikation inkl. Serafe Auswärtige Verpflegung Arbeitsweg Schuldentilgung Unterhaltsbeiträge

      Total bis 31. August 2023

      Total ab 1. September 2023

      1. Ausgangspunkt der Bedarfsermittlung bilden die Richtlinien der Konfe- renz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums (fortan Richtlinien; BGE 147 III 165

        E. 7.2.). Daraus ergibt sich der Grundbetrag einer alleinstehenden Person von Fr. 1'200.– und derjenige eines über zehn Jahre alten Kindes von Fr. 600.–.

      2. Die Wohnkosten, die Kosten der Krankenkasse (inklusive VVG) und

        die Kosten der Versicherung sind sowohl bei C.

        (Urk. 7/4/12; Urk. 7/4/16)

        als auch beim Gesuchsgegner ausgewiesen (Urk. 7/29/5 bzw. Urk. 4/3; Urk. 7/14/18 und Urk. 7/29/10).

      3. Die üblichen Kosten für Nahrung sind bereits im Grundbetrag enthal- ten, weshalb bei der Position auswärtige Verpflegung nur Mehrkosten berücksich- tigt werden können (Richtlinien, Ziffer II.b). Dabei sind 50 % des Grundbetrags für die Nahrungskosten vorgesehen (Richtlinien, Ziffer V.), vorliegend also Fr. 600.–. Davon sind etwa 55 %, mithin monatlich Fr. 330.– oder pro Tag ungefähr Fr. 11.–, für das Mittagessen zu verwenden (OGer ZH LE160027 vom 09.11.2016, E. C.5.).

        Da der Gesuchsgegner Mehrauslagen nicht nachgewiesen hat (Urk. 7/27 Rz. 15; Prot. I. S. 22 ff.), sind sie nicht in seinem Bedarf zu berücksich- tigen.

      4. Der Gesuchsgegner machte geltend, für den Arbeitsweg auf ein Auto angewiesen zu sein. Er müsse teilweise zu unregelmässigen Einsätzen oder Noteinsätzen zu Liegenschaften. Er betreue hauptsächlich die Liegenschaft D. und benötige dort sowie zu Hause einen Parkplatz, welchen die Arbeit- geberin nicht zur Verfügung stelle. Hinzu kämen die Betriebskosten des Autos

        von Fr. 300.– (Urk. 1 Rz. 9 i.V.m.Urk. 7/27 Rz. 14). In der persönlichen Befragung führte er jedoch aus, er arbeite jeweils von 07.00 Uhr bis 16.30 Uhr ausschliess- lich an einem Ort und müsse nicht an andere Orte gehen. Er habe keinen Pikett- dienst (Prot. I. S. 24). Von der aktuellen sowie auch der künftigen Wohnung kann der Gesuchsgegner auch ohne weiteres mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit gelangen: Gemäss Google Maps beträgt die Reisezeit von der aktuellen Wohnung zur E. -strasse … in F. (Prot. I. S. 24, Urk. 7/27 Rz. 14) mit dem Auto ca. 18 Minuten und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 32 Minuten. Vom künftigen Wohnort beträgt die Reisezeit mit dem Auto ca. 18 Minuten und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 34 Minuten. Damit besteht auch keine wesentliche Zeitersparnis von rund einer Stunde, was die Notwendigkeit des Fahrzeugs begründen könnte. Das vom Gesuchsgegner in diesem Zusammen- hang erwähnte Rayonverbot (Prot. I. S. 24) gilt nicht mehr (Urk. 7/4/21 und Urk. 7/4/22). Dem Gesuchsgegner sind daher als Auslagen die Kosten für ein Monatsabonnement für vier Zonen von Fr. 165.– anzurechnen.

      5. Der Gesuchsgegner machte geltend, dass er einen Teil des Lebensun- terhalts der Familie wie Möbel und Einkäufe des täglichen Bedarfs mit seiner Kre- ditkarte bezahlt habe und die Schuld von Fr. 5'288.95 nun in monatlichen Raten zu Fr. 554.– bezahlen müsse (Urk.1 Rz. 9 i.V.m. Urk. 7/27 Rz. 16). Als Nachweis reichte er die Kreditkartenrechnung vom 11. Januar 2023 ein (Urk. 7/29/13).

      Gemäss Rechtsprechung werden Schulden, welche die Ehegatten für den gemeinsamen Lebensunterhalt aufgenommen haben oder für welche sie so- lidarisch haften, nur dann im Bedarf berücksichtigt, wenn sie regelmässig abbe- zahlt werden respektive bereits vor der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts regelmässig abbezahlt wurden (OGer ZH LE180050 vom 08.02.2019 E. III.4.6.4.).

      Die Parteien leben seit dem 5. Oktober 2022 getrennt (Prot. I. S. 20,

      S. 22). Die Höhe der Schulden zu diesem Zeitpunkt ist nicht bekannt, sodass nicht abschliessend beurteilt werden kann, ob die Schulden von Fr. 5'288.95 auch tatsächlich während des Zusammenlebens und für den Familienunterhalt aufge- nommen worden sind. Aus der Kreditkartenrechnung ergibt sich, dass dies min- destens für einen Teil der Schulden nicht der Fall ist, da sich die Schulden am

      12. Dezember 2022 auf Fr. 4'851.35 beliefen und sich danach weiter erhöht ha- ben. Der Gesuchsgegner versäumt es jedoch ohnehin, Belege einzureichen, aus welchen regelmässige Abzahlungen ersichtlich sind. Es wurde lediglich die Zah- lung von Fr. 500.– am 22. Dezember 2022 nachgewiesen (Urk. 7/29/12 S. 4; Urk. 7/29/13 S. 1). Schulden sind daher nicht im Bedarf aufzunehmen. Anzumer- ken ist, dass auch mit Aufnahme der Schuldposition das Existenzminimum des Gesuchsgegners gedeckt wäre.

      4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass weder eine willkürliche Be- rechnung des Unterhaltsbeitrags dargetan ist noch die Gesuchstellerin einen grösseren Teil des Barunterhalts zu tragen hat. Ein Eingriff in das Existenzmini- mum des Gesuchsgegners liegt ebenfalls nicht vor, da er mit seinem Einkommen in der Lage ist, seinen Bedarf bei Leistung von Unterhaltsbeiträgen in der Höhe von Fr. 700.– monatlich zu decken. Damit erweisen sich die Rügen des Gesuchs- gegners allesamt als unbegründet. Die Berufung ist abzuweisen und die Verfü- gung vom 18. Juli 2023 zu bestätigen.

    4. Kosten- und Entschädigungsfolge und unentgeltliche Rechtspflege

  1. Die Vorinstanz hat den Entscheid über die Kosten- und Entschädi- gungsfolgen in Anwendung von Art. 104 Abs. 1 und 3 ZPO dem Endentscheid vorbehalten, was nicht beanstandet wurde und zu bestätigen ist.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von § 12 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 lit. b GebV OG auf Fr. 1'200.– festzusetzen und angesichts seines Unterliegens dem Gesuchsgegner aufzuerle- gen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen, dem Gesuchsgegner angesichts seines Unterliegens und der Gesuchstellerin mangels erheblicher Umstände (Art. 95 Abs. 3, Art. 106 Abs. 1 ZPO).

  3. Eine Partei hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie (kumulativ) nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Die Berufung war indes, wie oben

aufgezeigt wurde, von vornherein aussichtslos, weshalb dem Gesuchsgegner die unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren nicht gewährt werden kann.

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch des Gesuchsgegners um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren wird abgewiesen.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Er- kenntnis.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und die Verfügung des Einzelgerichts am Bezirksgericht Dielsdorf vom 18. Juli 2023 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'200.– festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Ge- suchsgegner auferlegt.

  4. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage des Doppels von Urk. 1 und Urk. 3-4/2-3, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert

30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.–. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 6. Oktober 2023

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw L. Hengartner versandt am:

jo

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