Zusammenfassung des Urteils LD190003: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerin beschwert sich über die Verweigerung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, da sie im vorherigen Verfahren keine Einsicht in die Kostennote der Gegenseite nehmen konnte. Sie argumentiert, dass ein Entscheid, der diese grundlegenden Verfahrensrechte missachtet, aufgehoben werden sollte. Der Grundsatz des fairen Verfahrens beinhaltet den Anspruch auf rechtliches Gehör, der die Gerichte verpflichtet, alle eingereichten Stellungnahmen den Beteiligten zur Kenntnis zu bringen. Die Klägerin hat versäumt, rechtzeitig gegen die Berücksichtigung der Eingabe der Gegenseite vorzugehen, weshalb ihre Rüge als verspätet angesehen wird. Der Vorderrichter erkundigte sich nach Honorarnoten, die Klägerin hätte jedoch während der Verhandlung Massnahmen ergreifen können, um ihre Rechte zu wahren, tat dies jedoch nicht.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LD190003 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 09.05.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anweisung an den Schuldner |
Schlagwörter : | Berufung; Gesuch; Gesuchsgegner; Urteil; Entscheid; Unterhalt; Vorinstanz; Bundesgericht; Berufungsverfahren; Schuldner; Anweisung; Schuldneranweisung; Kammer; Recht; Verfahren; Parteien; Obergericht; Bezirksgericht; Gesuchsgegners; Unterhaltsbeiträge; Sistierung; Kantons; Oberrichter; Bülach; Entscheidgebühr; Parteientschädigung; Berufungsanträge; Hiergegen; Eingabe |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 117 BGG ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ;Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 III 617; 138 III 374; 142 III 413; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LD190003-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiber lic. iur. F. Rieke
Beschluss vom 9. Mai 2019
in Sachen
,
Gesuchsgegner und Berufungskläger vertreten durch Advokat Dr. X.
gegen
,
Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte betreffend Anweisung an den Schuldner
Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 11. April 2019:
Die C. [Krankenkasse], [Adresse] wird angewiesen, ab sofort vom jeweiligen Taggeld des Gesuchsgegners monatlich Fr. 4'900.zuhanden der Gesuchstellerin auf deren Bankkonto IBAN CH bei der E. zu überweisen, unter Androhung doppelter Zahlungspflicht im Unterlassungsfalle.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten werden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
[Schriftliche Mitteilungen]
[Rechtsmittelbelehrung: Berufung, Frist 10 Tage, ohne Stillstand]
Berufungsanträge des Gesuchsgegners:
1. Es sei der Entscheid der Vorinstanz vom 11. April 2019 aufzuheben und an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Es sei das Berufungsverfahren bis zum Vorliegen eines Entscheids des Bundesgerichts über das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. November 2018 zu sistieren.
Unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Berufungsbeklagten.
Erwägungen:
1. a) Mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 28. Februar 2018 wurde das Getrenntleben der Parteien geregelt, wobei der Gesuchsgegner zu Unterhaltszahlungen von Fr. 5'160.-für den Sohn und Fr. 4'275.-für die Gesuchstellerin verpflichtet wurde (Urk. 2/3; mit Verfügungen vom 9. März 2018 und 4. Mai 2018 hinsichtlich des Beginns der Unterhaltspflicht berichtigt, Urk. 2/3). Hiergegen erhob der Gesuchsgegner am 22. Mai 2018 Berufung (Urk. 28/3 S. 7). Mit Eingabe vom 26. September 2018 stellte die Gesuchstellerin beim Bezirksgericht Bülach (Vorinstanz) ein Begehren um Schuldneranweisung (Urk. 1). Mit Urteil vom
November 2018 hiess die Kammer die Berufung des Gesuchsgegners teilweise gut; dabei wurde er für die vorliegend interessierende Zeit ab Juli 2018 zu Unterhaltsleistungen von Fr. 3'648.-für den Sohn und Fr. 1'252.-für die Gesuchstellerin verpflichtet (Urk. 28/3). Hiergegen erhob der Gesuchsgegner mit Eingabe vom 27. Dezember 2018 Beschwerde an das Bundesgericht (Urk. 28/4). Mit Urteil vom 11. April 2019 erliess die Vorinstanz die eingangs wiedergegebene Schuldneranweisung (Urk. 20 = Urk. 25).
Hiergegen erhob der Gesuchsgegner mit Eingabe vom 2. Mai 2018 fristgerecht (Urk. 21) Berufung und stellte die eingangs aufgeführten Berufungsanträge (Urk. 24 S. 2).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Da sich die Berufung sogleich als unbegründet bzw. unzulässig erweist, kann auf weitere Prozesshandlungen verzichtet werden (vgl. Art. 312 Abs. 1 ZPO).
Der Gesuchsgegner hat mit Schreiben vom 7. Mai 2019 um Bestätigung ersucht, dass die Berufung aufschiebende Wirkung habe (Urk. 30). Eine Berufung gegen die Vollstreckung einer vorsorglichen Massnahme hat jedoch keine aufschiebende Wirkung (vgl. Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO; vgl. Steininger, DIKEKomm-ZPO, Art. 315 N 12). Aufgrund des vorliegenden Endentscheids erübrigt sich eine gesonderte Mitteilung.
a) Zur Begründung seines Sistierungsgesuchs macht der Gesuchsgegner im Wesentlichen geltend, es bestehe aufgrund seiner Beschwerde an das Bundesgericht vom 27. Dezember 2018 die Möglichkeit, dass dieses das Urteil der Kammer vom 27. November 2018 korrigiere und damit der vorliegend angefochtenen Schuldneranweisung die Basis entziehe (Urk. 24 S. 6).
Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht. Mit dem angefochtenen Urteil wird die Drittschuldnerin angewiesen, ab sofort Zahlungen von Fr. 4'900.-monatlich an die Gesuchstellerin zu leisten (Urk. 25 Disp.-Ziff. 1); die Anweisung wird damit für die gemäss dem Urteil der Kammer vom 27. November 2018 ab Juli 2018 für die weitere Dauer des Getrenntlebens festgesetzten Unterhaltsbeiträge (Urk. 28/3
S. 28 f.) erteilt. Mit seiner Beschwerde an das Bundesgericht hat der Gesuchsgegner jedoch einzig die Höhe der Unterhaltsbeiträge für die Monate Dezember 2016 bis Februar 2018 angefochten (Urk. 28/4 S. 2; vgl. Urk. 28/3 S. 28 f.), dagegen nicht die vorliegend anzuweisenden. Diese können durch das bundesgerichtliche Verfahren nicht abgeändert werden (Art. 107 Abs. 1, Art. 117 BGG). Das Sistierungsgesuch ist demgemäss abzuweisen.
b) Die Berufung ist ein reformatorisches und vollständiges Rechtsmittel. Im Berufungsverfahren sind daher in aller Regel bestimmte Rechtsbegehren in der Sache zu stellen, und zwar so, dass diese Anträge zum Dispositiv des zweitinstanzlichen Urteils erhoben werden könnten. Auf Berufung hin bestätigt die Berufungsinstanz das angefochtene Urteil entscheidet neu; eine Rückweisung hat die Ausnahme zu bleiben (BGE 137 III 617 E. 4.3). Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn ein Entscheid in der Sache von vornherein nicht möglich ist, vermag ein blosser Rückweisungsantrag zu genügen; das trifft etwa dann zu, wenn ein erstinstanzlicher Nichteintretensentscheid angefochten wird, der ergangen ist, ohne dass zuvor ein ordnungsgemässes Verfahren durchgeführt worden wäre (DIKE-HUNGERBÜHLER/BUCHER, Art. 311 ZPO N 20 f.).
Vorliegend hat der Gesuchsgegner keinen materiellrechtlichen Antrag gestellt, sondern verlangt mit der Berufung abgesehen vom Sistierungsgesuch (dazu oben Erw. 2.a) einzig die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks Fällung eines neuen Entscheids. Ein solcher Berufungsantrag genügt nach dem Gesagten den gesetzlichen Anforderungen nicht, wurde doch das erstinstanzliche Verfahren ordnungsgemäss durchgeführt. Zwar kann aus der Berufungsbegründung wohl herausgelesen werden, dass der Gesuchsgegner mit der Berufung die vollumfängliche Abweisung der Schuldneranweisung erreichen will (vgl. Urk. 24 S. 6 oben: es verbleibe ihm nichts mehr, um Unterhalt zu leisten). Bei einer anwaltlich vertretenen Partei ist jedoch auf den Wortlaut der Berufungsanträge abzustellen und können ausserhalb dieses Wortlauts liegende, mit der Berufung möglicherweise verfolgte Absichten nicht berücksichtigt werden.
Demgemäss kann auf die Berufung nicht eingetreten werden.
a) Aber auch wenn auf die Berufung hätte eingetreten werden kön- nen, wäre ihr kein Erfolg beschieden gewesen. Mit der Berufung können unrichtige Rechtsanwendung und unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufung ist begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Zu dieser Begründungsanforderung gehört, dass in der Berufung darzulegen ist, weshalb der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten unrichtig sein soll; die Berufung hat sich demgemäss mit den vorinstanzlichen Entscheidgründen konkret und im Einzelnen auseinanderzusetzen. Das Obergericht hat sodann die geltend gemachten Punkte frei und unbeschränkt zu überprüfen, muss dagegen den angefochtenen Entscheid nicht von sich aus auf weitere Mängel untersuchen, soweit diese nicht geradezu ins Auge springen (vgl. dazu BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGE 142 III 413 E. 2.2.4; Reetz/Theiler, in: Sutter-
Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 311 N 36).
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, der Gesuchsgegner sei mit dem Urteil der Kammer vom 27. November 2018 zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen von insgesamt Fr. 4'900.-verpflichtet worden; diese Verpflichtung sei trotz Weiterzug an das Bundesgericht formell rechtskräftig und vollstreckbar. Der Gesuchsgegner habe nicht bestritten, dass er seit März 2018 keine Unterhaltsbeiträge mehr bezahle. Der Gesuchsgegner beziehe aktuell Krankentaggelder von rund Fr. 13'000.-pro Monat. Der Gesuchsgegner habe nicht vorgebracht, dass durch die anbegehrte Anweisung ein Eingriff in sein Existenzminimum erfolgen würde; die Anweisung sei daher auch verhältnismässig (Urk. 25 S. 7 ff.)
Der Gesuchsgegner macht in seiner Berufung im Wesentlichen geltend, die Kammer sei in ihrem Urteil vom 27. November 2018 davon ausgegangen, die Steuerlast des Gesuchsgegners betrage Fr. 2'100.-monatlich. Er habe jedoch neu am 30. April 2019 zwei Bescheide der deutschen Steuerbehörden erhalten, wonach er für die Jahre 2015 und 2016 Steuern von EUR 167'273.22 zu bezahlen habe; damit habe er eine zusätzliche steuerliche Belastung von monatlich rund Fr. 7'000.-zu tragen. Das Urteil der Kammer vom 27. November 2018 sei die Basis für die Schuldneranweisung. Dieses Urteil sei zwar vollstreckbar, jedoch noch nicht endgültig, weil er die zusätzliche Steuerbelastung auch im pendenten Verfahren vor dem Bundesgericht vorgetragen habe. Wenn nun zu seinem bisher berücksichtigten Bedarf von Fr. 6'916.20 diese zusätzlichen Steuern von Fr. 7'000.-berücksichtigt würden, verbleibe ihm nichts mehr, um Unterhalt zu leisten. Ohne Verpflichtung zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen sei aber auch keine Anweisung möglich (Urk. 24 S. 3 ff.).
Wie bereits erwähnt (oben Erw. 2.a Abs. 2), hat der Gesuchsgegner mit seiner bundesgerichtlichen Beschwerde die der vorliegend angefochtenen Anweisung zugrunde liegende Unterhaltsverpflichtung gar nicht angefochten (vgl. Urk. 28/4 S. 2); diese ist somit formell rechtskräftig und vollstreckbar (wie bereits die Vorinstanz festgehalten hat; Urk. 25 S. 8) und bildet damit eine hinreichende Basis für die vorinstanzlich erlassene Schuldneranweisung. Die Vorinstanz hat somit das Recht korrekt angewendet.
a) Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von § 4 Abs. 1-3, § 10 Abs. 1 und § 12 der Gerichtsgebührenverordnung auf
Fr. 1'000.-festzusetzen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens sind ausgangsgemäss dem Gesuchsgegner aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Für das Berufungsverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, dem Gesuchsgegner zufolge seines Unterliegens, der Gesuchstellerin mangels relevanter Umtriebe (Art. 106 Abs. 1, Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird beschlossen:
Das Gesuch um Sistierung des Berufungsverfahrens wird abgewiesen.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'000.-festgesetzt.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden dem Gesuchsgegner auferlegt.
Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage der Doppel von Urk. 24, 26, 28/3-9 und 30, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die vorinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 9. Mai 2019
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. F. Rieke versandt am:
mc
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