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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LC180026: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Abänderungsklage bezüglich eines Scheidungsurteils, bei der der Kläger die alleinige elterliche Sorge und Obhut für seine Tochter C. forderte. Das Bezirksgericht Zürich trat jedoch auf die Klage nicht ein, woraufhin der Kläger Berufung einlegte. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied schliesslich zugunsten des Klägers und hob das Urteil des Bezirksgerichts auf. Es wurde festgelegt, dass die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten auferlegt werden. Die Gewinnerperson ist weiblich

Urteilsdetails des Kantongerichts LC180026

Kanton:ZH
Fallnummer:LC180026
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LC180026 vom 21.03.2019 (ZH)
Datum:21.03.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Abänderung Scheidungsurteil
Schlagwörter : Berufung; Schweiz; Gericht; Verfahren; Beklagten; Aufenthalt; Mutter; Polen; Kinder; Urteil; Sinne; HKsÜ; Vater; Vorinstanz; Zuständigkeit; Tochter; Obhut; Zivil; Massnahme; Klage; Entscheid; Familie; Abteilung; Krakau; Sorge; Bezirksgericht; Klägers; Parteien
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 20 IPRG ;Art. 8 EMRK ;Art. 85 IPRG ;Art. 9 IPRG ;Art. 92 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LC180026

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LC180026-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichterin Dr. S. Janssen sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. E. Iseli

Beschluss vom 21. März 2019

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Berufungskläger

    gegen

  2. ,

    Beklagte und Berufungsbeklagte betreffend Abänderung Scheidungsurteil

    Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Zürich, 5. Abteilung, vom 25. Juli 2018 (FP180132-L)

    Rechtsbegehren:

    (sinngemäss Urk. 1 S. 2)

    1. Das Urteil des Bezirksgerichts Krakau, XI. Zivilund Familienabteilung, vom 24.07.2012, bestätigt durch das Berufungsgericht in Krakau, I. Zivilabteilung, vom 15.03.2013 sei abzuändern.

    2. Die Tochter C. , geb. tt.mm.2002 in Zürich, sei unter die alleinige elterliche Sorge und Obhut des Vaters zu stellen.

    3. Die Verpflichtung des Vaters, für die Tochter C. monatlich PLN 5'000.an die Mutter zu bezahlen, sei per 01.07.2018 aufzuheben.

    4. Die alleinige elterliche Sorge und die alleinige Obhut für die Tochter C. sei dem Vater im Sinne einer vorsorglichen Massnahme für die Dauer des Verfahrens zuzuteilen.

    5. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 5. Abteilung, Einzelgericht (Urk. 7):

  1. Auf die Klage wird nicht eingetreten.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 800.00 festgesetzt und dem Kläger auferlegt.

  3. Der Beklagten wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an

    • den Kläger als Gerichtsurkunde;

    • die Beklagte mit normaler Post zur Kenntnis.

  5. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Berufungsanträge:

des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 6 S. 2 f.):

  1. Der Entscheid des Einzelgerichts am Bezirksgericht Zürich (5. Abteilung) vom 25.07.2018 sei aufzuheben und es sei auf die Klage vom 10.07.2018 einzutreten.

  2. Es sei die Klage nach Polen zu schicken, damit sich die Beklagte dazu und insbesondere zur Frage eines weiteren Verbleibs von C. in der Schweiz äussern kann.

  3. Es sei C. zu ihrer persönlichen Situation, zu dem was sie in Polen erlebt hat und zu ihrem Wunsch auf weiteren Verbleib in der Schweiz zu befragen.

  4. Es sei wie folgt zu entscheiden.

    1. Das Urteil des Bezirksgerichts Krakau, XI. Zivilund Familienabteilung, vom 24.07.2012, bestätigt durch das Berufungsgericht in Krakau, I. Zivilabteilung, vom 15.03.2013 sei abzuändern.

    2. Die Tochter C. , geb. tt.mm.2002, in Zürich, sei unter die alleinige elterliche Sorge und Obhut des Vaters zu stellen.

    3. Die Verpflichtung des Vaters, für die Tochter C. monatlich PLN 5'000.00 an die Mutter zu bezahlen, sei per 01.07.2018 aufzuheben.

    4. Die alleinige elterliche Sorge und die alleinige Obhut für die Tochter C. sei dem Vater im Sinne einer vorsorglichen Massnahme für die Dauer des Verfahrens zuzuteilen.

    5. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

  5. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten (für das Berufungsverfahren).

der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 15):

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (sinngemäss)

Erwägungen:

I.

1. Die Parteien sind die Eltern der am tt.mm.2002 geborenen C. und des am tt.mm.1998 geborenen D. . Beide Kinder wurden in der Schweiz geboren und wohnten hier mit ihren Eltern. Ab Februar 2008 lebten die Parteien getrennt. Im Herbst 2008 reiste die Beklagte mit Einwilligung des Klägers für Ferienzwecke mit den beiden Kindern nach Polen. Am 24. September 2008 reichte sie ohne Wissen des Klägers in Krakau eine Scheidungsklage ein und ersuchte das Gericht, ihr für die Dauer des Scheidungsverfahrens die Obhut über die beiden Kinder zu übertragen. Am 15. Oktober 2008 hiess das dortige Gericht die Klage gut und übertrug der Beklagten die Obhut über die beiden Kinder. Mit Urteil vom

24. Juli 2012 wurde die Ehe der Parteien geschieden; das Gericht in Krakau übertrug der Beklagten die elterliche Sorge über die beiden Kinder. Eine Berufung des Klägers gegen dieses Urteil blieb erfolglos (Urk. 2/4). Mit Urteil vom 21. Juli 2015 stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fest, dass die polnischen Gerichte eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) begangen hätten. Die Beklagte habe die Kinder nach den Ferien unrechtmässig zurückbehalten, was die polnischen Gerichte zu Unrecht nicht berücksichtigt hätten (Urk. 2/4). Dieses Urteil hatte allerdings keinen Einfluss auf den Aufenthaltsort der Kinder, da der Gerichtshof eine Verpflichtung der polnischen Behörden zur Einleitung eines Verfahrens zwecks Rückführung der Kinder in die Schweiz nicht für angebracht hielt. Die Kinder lebten daher weiterhin bei der Beklagten in Polen. Kurz vor Eintritt seiner Volljährigkeit verliess der Sohn

D. Polen und lebt seitdem beim Kläger in der Schweiz. Am 8. Juli 2018 stand C. ebenfalls plötzlich vor der Tür des Klägers in Zürich und erklärte ihrem Vater, dass sie unter keinen Umständen mehr nach Polen unter die Obhut der Beklagten zurückkehren werde; sie wohnt seither hier in Zürich bei ihrem Vater und dessen Familie (Urk. 1 S. 4, 7).

2. Am 10. Juli 2018 machte der Kläger die vorliegende Abänderungsklage bei der Vorinstanz anhängig und beantragte u.a., dass C. unter seine alleinige elterliche Sorge und Obhut zu stellen sei (Urk. 1 S. 2). Mit Urteil vom 25. Juli 2018 trat die Vorinstanz auf die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein (Urk. 7). Hiergegen erhob der Kläger mit Eingabe vom 13. September 2018, hier eingegangen am 17. September 2018, rechtzeitig Berufung und stellte die eingangs wiedergegebenen Anträge (Urk. 6). Mit Verfügung vom 26. September 2018 wurde dem Kläger Frist angesetzt, um für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens einen Kostenvorschuss von Fr. 1'500.-zu bezahlen (Urk. 10). Gleichzeitig wurde der Beklagten (auf dem Rechtshilfeweg) Frist angesetzt, um dem Gericht gegenüber ein Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen (Urk. 10 und 11). Der Kostenvorschuss ging rechtzeitig bei der Obergerichtskasse ein (Urk. 12). Mit Eingabe vom 16. Januar 2019, hier eingegangen am 23. Januar 2019, bezeichnete die Beklagte E. als ihren Zustellempfänger in der Schweiz (Urk. 13). Am 6. Februar 2019 wurde der Beklagten Frist anberaumt, um die Berufungsantwort einzureichen (Urk. 14). Die Berufungsantwortschrift, datierend vom 7. März 2019, wurde rechtzeitig, am selben Tag, der Post übergeben (Urk. 15). Das Verfahren ist spruchreif.

II.
  1. Die Beklagte machte geltend, dass die schweizerischen Gerichte für die Behandlung dieses Verfahrens nicht zuständig seien, weil in der gleichen Angelegenheit bereits ein Prozess vor dem Amtsgericht Kraków-Krowodrza, III. Abteilung für Familienangelegenheiten und für Angelegenheiten von Minderjährigen, hängig sei. Das erste Verfahren (wohl: die erste Verhandlung) habe am 28. Dezember 2018 stattgefunden. Der Beklagte sei nicht erschienen. Das nächste Verfahren (Verhandlung) sei auf den 20. März 2019 terminiert (Urk. 15 S. 2).

    Der Eingabe der Polizeidienststelle in Kraków ist zu entnehmen, dass das Gesuch um Anordnung von Massnahmen betreffend C. am 17. Juli 2018 beim Amtsgericht Kraków-Krowodrza, III. Abteilung für Familienangelegenheiten und für Angelegenheiten von Minderjährigen, anhängig gemacht wurde bzw. einging (Urk. 17/2). Am 2. August 2018 erging ein Beschluss des Amtsgerichts Kraków-Krowodrza, III. Abteilung für Familienangelegenheiten und für Angelegenheiten von Minderjährigen, gemäss dessen Inhalt von Amtes wegen ein Verfahren zur Erlassung von Anordnungen betreffend C. eingeleitet wurde

    (Urk. 17/3). Selbst wenn es sich bei diesem Verfahren um ein mit dem vorliegenden inhaltlich identischen handeln sollte, kann das hiesige Verfahren fortgesetzt werden. Weil die vorliegende Klage in der Schweiz nämlich bereits am 10. Juli 2018 rechtshängig gemacht wurde (Art. 9 Abs. 2 IPRG, somit vor derjenigen in Polen am 17. Juli 2018, ist die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Behandlung dieser Klage im Sinne von Art. 9 Abs. 1 IPRG auf jeden Fall gegeben und muss das Verfahren nicht ausgesetzt werden.

  2. a) Bezüglich der gesetzlichen Grundlagen für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte bei internationalen Sachverhalten, kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorderrichterin verwiesen werden (Urk. 7 S. 3). Wie die Vorderrichterin zutreffend ausführte, bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit für die vorliegende Abänderungsklage gemäss Art. 85 Abs. 1 IPRG nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiete der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutze von Kindern (HKsÜ). Die Vorderrichterin führte aus, dass sich der Kläger für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit auf Art. 7 Abs. 1 HKsÜ stütze, welche Gesetzesbestimmung die örtliche Zustän- digkeit bei widerrechtlichem Verbringen Zurückhalten des Kindes regle. Da der Kläger nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte keine Rückführung von C. in die Wege geleitet habe, habe das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Polen begründet, und eine schweizerische Zuständigkeit gestützt auf das widerrechtliche Zurückbehalten gemäss Art. 7 Abs. 1 HKsÜ sei entfallen (Urk. 7 S. 7). Offenbar ging die Vorinstanz davon aus, dass auch keine Zuständigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 HKsÜ gegeben sei, da hierfür ein Aufenthalt von C. in der Schweiz bei Einleitung der Klage von mindestens sechs Monaten erforderlich gewesen wäre (Urk. 7 S. 3 f.).

  1. In seiner Berufungsschrift kritisierte der Kläger diese Rechtsauffassung der Vorderrichterin. Er hielt dafür, dass die Vorinstanz jedenfalls gestützt auf Art. 7 Abs. 3 HKsÜ für die Behandlung der von ihm beantragten vorsorglichen

    Massnahme für die Dauer des Verfahrens zuständig gewesen wäre (Urk. 6 S. 4). Dem ist insoweit beizupflichten, als die Behörden jedes Vertragsstaates, in dessen Hoheitsgebiet sich das Kind befindet, in dringenden Fällen zum Erlass der erforderlichen Schutzmassnahmen zuständig sind (Art. 11 Abs. 1 HKsÜ). Für die Behandlung der vorsorglichen Massnahmen wäre die Vorinstanz daher zuständig gewesen.

  2. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch für das Abänderungsverfahren an sich eine Zuständigkeit gegeben ist. Nach Art. 5 Abs. 1 HKsÜ sind die Gerichte desjenigen Staates zuständig, Massnahmen zum Schutze der Person des Kindes zu treffen, in welchem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auf eine Definition des Begriffs gewöhnlicher Aufenthalt, insbesondere im Sinne einer Verweildauer, wurde wie schon in der früheren Haager Konvention verzichtet. Der Begriff ist vielmehr anhand der konkreten, aktuellen Umstände zu ermitteln (vgl. Botschaft zur Umsetzung der Übereinkommen über internationale Kindesentführung sowie zur Genehmigung und Umsetzung der Haager Übereinkommen über internationale Kindesentführung sowie zur Genehmigung und Umsetzung der Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und Erwachsenen vom

    28. Februar 2007, BBl 2009, 2595 ff., S. 2604). Der gewöhnliche Aufenthalt ist dabei nicht nach Art. 20 IPRG, sondern vertragsautonom auszulegen. Gemäss Bundesgericht ist darunter der tatsächliche Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes zu verstehen, welcher sich aus der tatsächlichen Dauer des Aufenthalts und den dadurch begründeten Beziehungen aus der voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts und den dadurch begründeten Beziehungen aus der voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts und der damit zu erwartenden Integration ergibt. Eine Anwesenheit von sechs Monaten begründet grundsätzlich einen gewöhnlichen Aufenthalt. Ein solcher kann aber auch bereits unmittelbar mit dem Ortswechsel begründet werden, wenn er den vorherigen Mittelpunkt der Lebensführung ersetzen soll und voraussichtlich dauerhaft zumindest länger dauernd erfolgt. Der gewöhnliche Aufenthalt ist dabei anhand äusserlich wahrnehmbarer Faktoren, nicht anhand subjektiver Elemente, wie der Absicht der betroffenen Person, zu ermitteln (BGer 5A_889/2011 vom 23. April 2012, E. 4.2; BGer 5A_665/2010 vom 2. Dezember 2010 E. 4.1. m.w.H.; Entscheid des Kantonsgerichts Graubünden, Ref.: ZK1 16 72, vom 25. August 2016).

  3. Der Kläger machte geltend, dass seine beiden Kinder seit 2008 von der Beklagten unrechtmässig in Polen zurückgehalten worden seien. Er habe stets eine sehr enge Beziehung zu seinen Kindern gehabt. Nach ihrer Ausreise nach Polen habe er jede Gelegenheit wahrgenommen, mit ihnen Kontakt zu haben, sei es telefonisch, per SMS, Skype etc. und so häufig als möglich auch persönlich. Bei der Mutter hätten sie sich sehr unwohl gefühlt. Sie hätten den Eindruck gehabt, dass sich die Mutter nur für ihre eigenen Belange interessiere, emotional kühl sei und auch zu viel Alkohol konsumiere. Sein Sohn D. habe ihm anlässlich eines Besuches in der Schweiz kurz vor seinem 18. Geburtstag erklärt, dass er unter keinen Umständen zu seiner Mutter nach Polen zurückkehren werde. D. habe sich sehr schnell wieder integriert. Er habe rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz. Er habe inzwischen die Matura gemacht und derart gute Leistungen in Physik erbracht, dass er an der kommenden PhysikWeltmeisterschaft die Schweiz als Mitglied der Nationalmannschaft vertreten werde. Seit er hier lebe, habe er keinen Kontakt mehr zur Mutter. C. habe ihm schon seit langem immer wieder gesagt, dass sie hier bei ihm, der Stiefmutter, ihrem Bruder und ihren Halbbrüdern leben möchte, weil sie sich von der Mutter schlecht behandelt fühle. Sie habe nicht einmal ein genügend grosses Bett zur Verfügung, so dass sie zusammengekauert schlafen müsse. Sie leide unter der Obhut ihrer Mutter und fühle sich massiv vernachlässigt, lieblos behandelt und in physischer und psychischer Hinsicht gequält (Urk. 1 S. 4 ff.). Ein knapp 16 Jahre altes Kind verlasse seine Mutter nicht einfach grundlos, reise allein von Krakau nach Zürich, um plötzlich vor der Türe des Vaters zu stehen und ihm zu sagen, dass sie derart unter der Situation bei der Mutter leide, dass sie unter keinen Umständen dorthin zurückkehren wolle. Zur Zeit besuche C. das Gymnasium in Zürich, habe bereits Freundinnen gefunden und sei sehr glücklich da.

    C. werde seit dem 19. Juli 2018 psychologisch betreut. Sie habe panische Angst davor, nach Polen zu ihrer Mutter zurückkehren zu müssen (Urk. 6 S. 5 f.).

    Die Klägerin bestritt diese Vorbringen und Vorwürfe an ihre Adresse in der Berufungsantwortschrift nicht explizit. Von diesem Sachverhalt ist somit auszugehen. Sie stellte sich primär lediglich auf den formellen Standpunkt, wonach die Ausübung des Sorgerechts für die Tochter C. ihr übertragen worden sei und bis anhin keine gegenteiligen gerichtlichen Entscheidungen ergangen seien.

    Sie habe nun in der Zwischenzeit, nach dem Verschwinden der Tochter, ein gerichtliches Verfahren in Polen eingeleitet. Sinngemäss erklärte sie sich mit dem Aufenthalt der Tochter in der Schweiz somit nicht einverstanden (Urk. 15).

  4. Aufgrund der äusserlich wahrnehmbaren Faktoren ist davon auszugehen, dass C. sich in der Schweiz bei ihrem Vater mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Wie der Kläger zu Recht bemerkte, dürfte ein Mädchen im Alter von C. sich kaum allein auf den Weg zum andern Elternteil machen, wenn sie nicht unter einem grossen Leidensdruck stehen würde. Dass auch ihr Bruder D. kurz vor Eintritt der Volljährigkeit seine Mutter verliess, seither beim Kläger und dessen Familie lebt und keinen Kontakt mehr zur Mutter pflegt, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Umstände bei der Mutter für die Kinder wohl nicht ideal bzw. unzumutbar waren. Aufgrund der Umstände ist daher anzunehmen, dass C. es ihrem Bruder gleichtun wollte und sich mit der Absicht dauernden Verbleibens in die Schweiz flüchtete, wo der für sie wichtigere Teil ihrer Familie lebt und sie daher emotional schon vorher ihren Lebensmittelpunkt hatte. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass C. sich lediglich vorübergehend hier aufhalten und freiwillig wieder nach Polen zurückkehren will. Es kann daher ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Aufenthalt unmittelbar mit dem Ortswechsel begründet wurde, da er den vorherigen (formalen) Mittelpunkt der Lebensführung ersetzen sollte und voraussichtlich auf Dauer erfolgte. Die örtliche Zuständigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 HKsÜ ist daher gegeben.

C. hatte offenbar selbständig entschieden, in die Schweiz zu reisen und hier zu bleiben. Der Wille eines beinahe sechzehnjährigen urteilsfähigen Kindes muss Beachtung finden (BGer 5A_350/2009 vom 8. Juli 2009, Erw. 3.4). Es ist daher davon auszugehen, dass C. weder im Sinne von Art. 7 HKsÜ widerrechtlich in die Schweiz verbracht wurde, noch hier im Sinne dieser Bestimmung zurückgehalten wird. Dies wurde von der Beklagten auch nicht behauptet. Ein Anwendungsfall von Art. 7 HKsÜ ist zu verneinen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Aufenthalt von C. in der Schweiz nachträglich genehmigte (Art. 7 Abs. 1 lit. a HKsÜ). Offenbar auf entsprechende Frage von C. bezüglich des Einverständnisses

der Beklagten zu ihrem weiteren Verbleib in der Schweiz, erklärte die Beklagte, dass sie sich dem nicht wiedersetze (Urk. 9/2). In ihrer Berufungsantwort bestritt die Beklagte dies Zugeständnis nicht explizit (Urk. 15).

Die Berufung des Klägers ist somit gutzuheissen, das Urteil der Vorderrichterin vom 25. Juli 2018 aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz wird auch über die Anordnung allfälliger vorsorglicher Massnahmen zu entscheiden haben.

III.

Ausgangsgemäss sind die Kosten des Berufungsverfahrens der in der Sache unterliegenden Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Der anwaltlich nicht vertretene Kläger unterliess es begründet darzulegen, inwiefern und in welchem Umfang ihm durch das vorliegende Verfahren Umtriebe entstanden sein sollten, weshalb keine Entschädigung für das Berufungsverfahren zuzusprechen ist.

Es wird beschlossen:

  1. Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 5. Abteilung, Einzelgericht, vom

    25. Juli 2018 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.--.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Beklagten auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den geleisteten Vorschuss von Fr. 1'500.-zu ersetzen.

  4. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage des Doppels von Urk. 15, 16 und 17/1-3, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 BGG.

    Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 21. März 2019

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. E. Iseli versandt am:

bz

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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