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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LC150029
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LC150029 vom 10.08.2015 (ZH)
Datum:10.08.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ehescheidung
Schlagwörter : Berufung; Beklagten; Vorinstanz; Notwendige; Recht; Bezirksgericht; Vi-Urk; Partei; Verfügung; Vertretung; Verfahren; Scheidungsklage; Gericht; Parteien; Vorliegende; Postulations; Fähigkeit; Fikon; Berufungsverfahren; Rechtsmittel; Postulationsfähigkeit; Vertreter; Beschwerde; Sinne; Notwendigen; Scheidungsverfahren; Rechtsanwältin; Hinwil; Pfäffikon; Vertreterin
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 114 ZGB ; Art. 116 ZGB ; Art. 315 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 67 ZPO ; Art. 69 ZPO ; Art. 92 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LC150029-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichterin Dr. D. Scherrer sowie Gerichtsschreiber lic. iur. F. Rieke

Beschluss vom 10. August 2015

in Sachen

  1. ,

    Beklagter und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X1.

    gegen

  2. ,

    Klägerin und Berufungsbeklagte

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

    betreffend Ehescheidung

    Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Hinwil vom 20. Mai 2015 (FE090156-E)

    Erwägungen:

    1. a) Die Parteien hatten am tt. Juli 2004 geheiratet; sie haben zwei Kinder (geboren tt.mm.2004 und tt.mm.2007). Irgendwann Ende Juli oder Anfang August 2007 hatten sich die Parteien getrennt. Mit Eheschutz-Entscheid vom 20. Dezember 2007 war das Getrenntleben der Parteien geregelt worden. Am 27. Juli 2009 hatte der Beklagte beim Friedensrichteramt Illnau-Effretikon eine Scheidungsklage eingereicht, am 30. Juli 2009 war beim Friedensrichteramt Bäretswil die Scheidungsklage der Klägerin eingegangen; beide Parteien hatten danach ihre Scheidungsklagen bei den entsprechenden Bezirksgerichten rechtshängig gemacht (Klägerin: Bezirksgericht Hinwil [Vorinstanz]; Beklagter: Bezirksgericht Pfäf- fikon). Das Bezirksgericht Pfäffikon hatte mit Urteil vom 30. November 2010 die Scheidungsklage des Beklagten (mangels Ablauf der zweijährigen Trennungszeit) abgewiesen; die dagegen vom Beklagten erhobene Berufung hatte er später zurückgezogen. Die Vorinstanz hatte in der Folge mit Verfügung vom 29. Januar 2010 das (wegen der Unzuständigkeitseinrede des Beklagten seit 20. November 2009 sistierte) Verfahren wieder aufgenommen (Urk. 2 S. 2 f.).

      Mit Verfügung vom 6. Oktober 2011 bestellte die Vorinstanz dem Beklagten

      Rechtsanwältin lic. iur. X2.

      als notwendige Vertreterin im Sinne von § 29

      Abs. 2 ZPO/ZH (Vi-Urk. 60). Mit (von der notwendigen Vertreterin eingereichten bzw. weitergeleiteten) Eingaben vom 15. März 2014 und 19. März 2015 verlangte der Beklagte die Abweisung der Scheidungsklage der Klägerin und die Überweisung des Prozesses an das Bezirksgericht Pfäffikon (Vi-Urk. 228, 231, 281, 282).

      Mit Verfügung und Vorurteil vom 20. Mai 2015 wies die Vorinstanz den Antrag des Beklagten um Überweisung des Verfahrens an das Bezirksgericht Pfäf- fikon ab, trat auf das Scheidungsbegehren ein und erkannte, dass eine ausdrückliche Zustimmung des Beklagten zur Scheidungsklage im Sinne von Art. 116 aZGB vorliege, und dass die Klägerin die Scheidungsklage nach Ablauf der zweijährigen Trennungsfrist i.S.v. Art. 114 ZGB rechtshängig gemacht habe (Vi-Urk. 285 = Urk. 2).

      1. Hiergegen hat der Beklagte persönlich am 22. Juni 2015 fristgerecht Berufung erhoben und stellt die Berufungsanträge (Urk. 1 S. 2):

        Das Scheidungsverfahren FE090156 vor dem Bezirksgericht Hinwil sei wegen nicht abgelaufener Trennungszeit abzuweisen. Die vorliegende Scheidungsklage sei auf gemeinsames Begehren hin dem erstangerufenen Scheidungsgericht, also dem Bezirksgericht Pfäffikon, zuzuweisen. Das gesamte bisherige Scheidungsverfahren vor dem unzuständigen Bezirksgericht Hinwil sei aufzuheben.

        Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Berufungsgegnerin oder der Gerichtskasse.

      2. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen. Da sich die Berufung sogleich als unzulässig erweist, kann auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO).

    2. a) Am 1. Januar 2011 ist die neue Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten. Gemäss deren Übergangsbestimmungen war (und ist) das vorinstanzliche Verfahren nach den bisherigen zürcherischen Zivilprozessgesetzen (ZPO/ZH und GVG/ZH) weiterzuführen, während für die Zulässigkeit und das Verfahren von Rechtsmitteln, mithin auch für das vorliegende Berufungsverfahren das neue Recht zur Anwendung gelangt (Art. 404 f. ZPO).

      b) Der vorliegenden Berufung des Beklagten kommt von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 315 ZPO), womit dessen entsprechendes Gesuch (Urk. 1 S. 3) hinfällig ist.

    3. a) Die Rechtsmittelinstanz prüft von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen für das Rechtsmittel erfüllt sind (Art. 60 ZPO). Hierzu gehört unter anderem die Frage, ob die Partei, welche das Rechtsmittel einlegt, dies selber wirksam vornehmen kann (Postulationsfähigkeit).

      1. Die Vorinstanz hatte dem Beklagten, wie erwähnt (oben Erw. 1.a), mit Verfügung vom 6. Oktober 2011 Rechtsanwältin lic. iur. X2. als notwendige Vertreterin im Sinne von § 29 Abs. 2 ZPO/ZH bestellt (Vi-Urk. 60). Am 14. März 2014 hatte der Beklagte bei der Vorinstanz ein Gesuch um Aufhebung der notwendigen Vertretung gestellt (Vi-Urk. 222), welches von der Vorinstanz mit Verfügung vom 21. März 2014 abgewiesen worden war, weil die notwendige Vertretung nach wie vor angezeigt sei (Vi-Urk. 226 S. 4). Am 27. April 2015 stellte der Beklagte bei der Vorinstanz erneut ein Gesuch um Aufhebung der notwendigen Vertretung (Vi-Urk. 283). Mit Verfügung vom 20. Mai 2015 wurde auch dieses Gesuch abgewiesen, da die Prozessgeschichte, die Akten und das Verhalten des Beklagten in diesem Verfahren zur Genüge belegen würden, dass er nach wie vor eine notwendige Vertretung benötige; auch seine jüngsten Eingaben würden von hoher Emotionalität zeugen (Vi-Urk. 284 S. 6). Diese Verfügung ist rechtskräftig und nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

      2. Dem Beklagten fehlt daher in seinem Scheidungsverfahren die Postulationsfähigkeit (Prozessführungsbefugnis), d.h. die Fähigkeit, durch eigenes Handeln rechtsgültig prozessuale Handlungen vorzunehmen (Brunner/Gasser/ Schwander [Hrsg.], DIKE-Kommentar, N 17 zu Art. 67 ZPO). Dass die Vorinstanz

        mit Verfügung vom 11. Juni 2015 Rechtsanwältin lic. iur. X2.

        als notwendi-

        ge Vertreterin entlassen und Rechtsanwalt MLaw X1.

        als notwendiger Vertreter des Beklagten im Sinne von § 29 Abs. 1 ZPO/ZH bestellt wurde (Vi-Urk. 289), hat an diesem Entzug der Postulationsfähigkeit nichts geändert; es wurde lediglich die Person der notwendigen Vertretung ausgetauscht.

      3. Die einmal festgestellte Postulationsunfähigkeit einer Partei hat zur Folge, dass von der Partei selber - ohne die notwendige Vertretung - vorgenommene Prozesshandlungen nichtig, d.h. vom Gericht nicht zu beachten sind (Tenchio, BS-Kommentar, 2.A. 2013, N 21 zu Art. 69 ZPO; Brunner/Gasser/Schwander, a.a.O., N 8 zu Art. 69 ZPO). Diese Einschränkung gilt nur dann nicht, wenn es um die Bestellung, Wirkung oder Abberufung der notwendigen Vertretung selbst geht (wie dies in den Beschwerdeverfahren PC140020 und PC140021, in welchem von der Postulationsfähigkeit des Beklagten für die Beschwerdeverfahren ausgegangen wurde, der Fall war; Vi-Urk. 252 und 253).

      4. Die vorliegende Berufung des Beklagten hat nicht die notwendige Vertretung zum Thema, sondern das Scheidungsverfahren selber, genauer: die von der Vorinstanz abgelehnte Überweisung des Scheidungsverfahrens an das Bezirksgericht Pfäffikon und die Fortführung des Verfahrens bei der Vorinstanz. In

        diesem Bereich fehlt dem Beklagten, wie dargelegt, die Postulationsfähigkeit. Eine Weiterleitung der nichtigen Eingabe an die notwendige Vertretung, damit diese sie gegebenenfalls einreichen könnte (wie dies die Vorinstanz mit den Eingaben des Beklagten persönlich handhabt), konnte vorliegendenfalls unterbleiben, da der notwendige Vertreter des Beklagten die Berufung nicht mehr innert der Rechtsmittelfrist hätte prüfen und einreichen können.

      5. Nach dem Gesagten ist beim Beklagten hinsichtlich seiner Berufung die Prozessvoraussetzung der Postulationsfähigkeit nicht erfüllt. Auf die Berufung kann daher nicht eingetreten werden.

    4. a) Für das vorliegende Verfahren ist von einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit auszugehen. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von § 6 Abs. 1, § 5, § 9 Abs. 2 und § 12 der Gerichtsgebührenverordnung auf Fr. 1'500.-- festzusetzen.

  1. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens sind ausgangsgemäss dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

  2. Für das Berufungsverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, dem Beklagten zufolge seines Unterliegens, der Klägerin mangels relevanter Umtriebe (Art. 95 Abs. 3, Art. 106 Abs. 1 ZPO).

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'500.--.

  3. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

  4. Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage des Doppels von Urk. 1, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die vorinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 BGG. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 10. August 2015

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. F. Rieke versandt am:

mc

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