Zusammenfassung des Urteils LC150012: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Klage auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils vor dem Obergericht des Kantons Zürich. Die Klägerin forderte unter anderem die Zuteilung des Alleineigentums an einer Liegenschaft in der Tschechischen Republik sowie finanzielle Entschädigungen. Das Bezirksgericht Zürich trat jedoch nicht auf die Klage ein, da es die örtliche Zuständigkeit verneinte. Die Klägerin legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde, da sie keinen überwiegenden physischen Aufenthalt in Zürich nachweisen konnte. Die Gerichtskosten wurden der Klägerin auferlegt, und sie wurde verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung zu zahlen. Der Richter war Dr. L. Hunziker Schnider. Die Gerichtskosten betrugen CHF 20'000.-. Die Klägerin verlor den Fall, und es handelt sich um eine weibliche Person.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LC150012 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 22.04.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ergänzung Scheidungsurteil |
Schlagwörter : | Wohnsitz; Berufung; Beziehung; Schweiz; Schwester; Stadt; Tschechien; Lebensmittelpunkt; Klage; Nichte; Kontakt; Entscheid; Bezirksgericht; Ausführungen; Kontakte; Immobilien; Familie; Strasse; Melde; Beklagten; Vorinstanz; Lebenspartner; Präsenz; örtliche |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 205 ZGB ;Art. 206 ZGB ;Art. 3 IPRG ;Art. 312 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 59 IPRG ;Art. 60 IPRG ;Art. 64 IPRG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 125 I 57; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LC150012-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. J. Freiburghaus
Urteil vom 22. April 2015
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin vertreten durch Fürsprecher X.
gegen
,
Beklagter und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.
betreffend Ergänzung Scheidungsurteil
Rechtsbegehren:
In Ergänzung des Scheidungsurteils des Amtsgerichts Prag 1 vom 14. März 2011:
Der Klägerin sei an der Liegenschaft [Adresse], Tschechische Republik gestützt auf Art. 205 ZGB das Alleineigentum zuzuweisen, und der Beklagte sei zu verurteilen, den dieser Liegenschaft auflastenden Hypothekarkredit im Umfange, in welchem dieser zur Finanzierung von C. [Liegenschaft] diente, abzulösen die Klägerin in diesem Umfang zu entschädigen, sowie die Klägerin für die von ihm verwendeten Erträge aus dieser Liegenschaft im Umfang von mindestens CHF 1'540'876.zuzüglich Zins à 5% seit wann rechtens zu entschädigen.
Der Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin aus Eigengut sowie gestützt auf Art. 206 Abs. 1 ZGB aus dem ihr an C. CZ zustehenden Mehrwertanteil einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag, mindestens aber CHF 8 Mio. zuzüglich Zins à 5% seit wann rechtens zu bezahlen.
Der Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin aus Eigengut und gestützt auf Art. 206 Abs. 1 ZGB aus dem ihr an Gemälden, Möbeln und Kunstgegenständen, welche im Eigentum des Beklagten stehen, zustehenden Mehrwertanteil einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag, mindestens aber CHF 1'076'291.zuzüglich Zins à 5% seit wann rechtens zu bezahlen.
Der Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin den Betrag von
CHF 60'000.zuzüglich Zins à 5% seit wann rechtens aus Eigengut zu bezahlen.
Der Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin sämtliche in ihrem Eigengut stehenden, sich aber in seinem Besitz befindenden Gegenstände herauszugeben.
Der Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin für ihre güterrechtlichen Forderungen Sicherheit in gerichtlich zu bestimmender Form zu leisten.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.
Verfügung des Bez irksgerichtes Zürich vom 5. Januar 2015:
Auf die Klage wird nicht eingetreten.
Die Entscheidgebühr (Pauschalgebühr) wird auf Fr. 30'000.-festgesetzt.
Die Gerichtskosten werden der Klägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Vorschuss verrechnet. Der von der Klägerin geleistete Mehrbetrag wird dieser nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheids zurückerstattet.
Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 30'000.zuzüglich Mehrwertsteuer zu bezahlen.
(Mitteilung)
(Rechtsmittelbelehrung)
Berufungsanträge:
Der Klägerin (Urk. 43):
Der Nichteintretensentscheid des Bezirksgerichts vom 5. Januar 2015 sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, auf die Klage einzutreten.
- unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Berufungsbeklagten -
Erwägungen:
1. Am 17. Juli 2014 machte die Klägerin beim Bezirksgericht Zürich eine Klage auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils gemäss Art. 64 IPRG rechtshängig. Mit Verfügung vom 12. September 2014 wurde der Beklagte aufgefordert, sich zur örtlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich sowie zur möglichen Litispendenz eines gleichen gleichartigen Verfahrens in Tschechien zu äussern. Dieser erhob darauf am 29. Oktober 2014 die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, eventuell der Rechtshängigkeit einer identischen Klage in Prag. Am
5. Dezember 2014 nahm die Klägerin zu den Einreden des Beklagten Stellung.
Das Bezirksgericht Zürich erklärte sich mangels Wohnsitz der Klägerin in der Stadt Zürich für nicht zuständig und trat mit Verfügung vom 5. Januar 2015 auf die Klage nicht ein.
Am 13. Februar 2015 erhob die Klägerin mit schriftlicher Begründung rechtzeitig Berufung gegen den Nichteintretensentscheid. Der mit Verfügung vom 3. März
2015 verlangte Prozesskostenvorschuss von Fr. 30'000.wurde am 9. März 2015 rechtzeitig geleistet.
Da sich die Berufung als offensichtlich unbegründet erweist, wurde auf prozessuale Weiterungen im Berufungsverfahren verzichtet (Art. 312 ZPO).
Das Bezirksgericht Zürich erwog in seinem Nichteintretensentscheid, die schweizerischen Gerichte seien für Klagen auf Ergänzung eines (ausländischen) Scheidungsurteils örtlich zuständig, wenn sie am Wohnsitz der Schweizer Klägerin eingeleitet würden allenfalls am Heimatort der Schweizer Klägerin, falls eine Klageeinleitung am Wohnsitz unmöglich unzumutbar sei. Diese Regelung von Art. 59 und 60 IPRG bestimme sowohl die internationale wie die innernationale Zuständigkeit. Da die Klägerin ihren Heimatort in D. /ZH, somit im Gerichtsbezirk Hinwil verzeichne, sei Zürich nur im Falle eines Wohnsitzes der Klägerin in Zürich zuständig.
Die Vorinstanz prüfte und verneinte einen solchen Wohnsitz. Nach ihren eigenen Ausführungen verbringe die Klägerin seit 2009 ihre gesamte Freizeit, Wochenenden und Ferien mit ihrem Lebenspartner, der in E. /FR wohne und in Bern arbeite. Sie pflege durch diese Beziehung auch enge Kontakte mit dessen Familie und habe sich durch diese Beziehung einen neuen umfangreichen Freundeskreis aufbauen können. Dass alle diese Kontakte sich nun aber in der Stadt Zürich statt in der Region Freiburg/Bern abspielen, dafür fehlten gemäss Vorinstanz Ausführungen der Klägerin. Es möge zwar zutreffen, dass die Klägerin viel Zeit mit ihrer in Zürich wohnhaften Schwester verbringe, an deren Adresse an der F. - Strasse ... sie gemeldet sei. Dieser Umstand vermöge aber noch nicht darzulegen, inwiefern die Klägerin ihren Wohnsitz deshalb in Zürich habe; sie mache weder Ausführungen zu einer mit der Schwester effektiv gelebten Wohngemeinschaft noch über eine Beteiligung am Mietzins. Die von den Eltern geerbten Immobilien, deren Bewirtschaftung die wirtschaftliche Lebensgrundlage der Klägerin bildeten, befänden sich in G. . Eine physische Anwesenheit in Zürich einschliesslich der Absicht des dauernden Verbleibes in Zürich lasse sich damit
ebenfalls nicht belegen. Die Klägerin vermöge daher nicht darzulegen, inwiefern ihr Lebensmittelpunkt sich in der Stadt Zürich befinde (Urk. 44).
Die Frage des Wohnsitzes der Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend Klägerin) in Zürich war bereits Thema in dem von der Klägerin am 13. Februar 2009 beim Friedensrichteramt Zürich anhängig gemachten Scheidungsverfahren. Damals ging es noch um die Frage, ob die Klägerin ihren Wohnsitz in Tschechien in der Schweiz habe, wo sie an der F. -Strasse ... in Zürich gemeldet ist. Die vorliegend erkennende Instanz erwog dazu in ihrem Rekursentscheid vom
16. Februar 2012, der Wohnsitz charakterisiere sich durch die Notwendigkeit der physischen Präsenz als objektive Komponente und durch die Absicht des dauernden Verbleibens als subjektive Komponente, wobei letztere auch nach aussen, für Dritte erkennbar sein müsse. Die Instanz kam nach Prüfung der vorgebrachten Anknüpfungspunkte zum Schluss, die Klägerin halte sich wohl etwa die Hälfte der Zeit in der Schweiz auf, sei an einer ständigen Adresse in Zürich (bei ihrer Schwester) angemeldet und zahle als Folge der Anmeldung auch Steuern in Zürich und bekomme Post dorthin. Umgekehrt treffe dies alles aber auch für ihre Aufenthalte in Tschechien zu. Entscheidend sei, dass die Klägerin nach wie vor in Tschechien als Unternehmerin tätig sei und dort ihre beruflichen Beziehungen lägen. Sie nehme dort an öffentlichen Anlässen teil und pflege aus unternehmerischen Gründen dort ein umfangreiches soziales und gesellschaftliches Beziehungsnetz, wobei sich solche geschäftlichen Kontakte regelmässig auch mit privaten Kontakten überschneiden würden. Das primäre soziale Beziehungsnetz der Klägerin sei in Tschechien zu lokalisieren. Die sozialen Kontakte in der Schweiz beschränkten sich auf die familiären mit Mutter, Schwester und Nichte und seien seit jeher gepflegt worden, auch als die Klägerin noch unbestritten Wohnsitz in Tschechien gehabt habe. Soziale Kontakte ausserhalb der Familie pflege sie in der Schweiz nicht. Für den massgeblichen Zeitpunkt (Februar 2009) beständen praktisch keine Manifestationen eines Lebensmittelpunktes der Klägerin in der Schweiz, dafür deutliche für einen weiterbestehenden - Lebensmittelpunkt in Tschechien. Ein Wohnsitz in der Schweiz für den massgeblichen Zeitpunkt sei zu
verneinen (Urk. 16/2). Dieser Entscheid wurde in der Folge vom Bundesgericht am 31. August 2012 bestätigt. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen regelmässig dort zu suchen sei, wo die familiären Interessen und Bindungen am stärksten lokalisiert seien. Das schliesse aber nicht aus, dass auch die beruflichen und die finanziellen Interessen berücksichtigt wür- den und diese die verwandtschaftlichen Beziehungen unter Umständen sogar überwögen (Urk. 16/3, BGer. 5A_235/2012 (31.08.2012)).
Für die Bestimmung des Wohnsitzes ist damit primär der örtliche Schwerpunkt der sozialen Lebensbeziehungen massgeblich, der in der Regel bei der Familie liegt. In ihrer ersten vorinstanzlichen Rechtsschrift vom 17. Juli 2014 im vorliegenden Ergänzungsverfahren führte die Klägerin denn auch aus, seit dem letzten Entscheid hätten sich ihre Lebensumstände nunmehr erheblich und dahin verändert, dass sie bereits 2009 ihren heutigen Lebenspartner kennengelernt habe, der in E. /FR wohne, in Bern arbeite und mit dem sie heute praktisch die gesamte Freizeit, Wochenenden und Ferien verbringe. Diese Beziehung habe nach fünf Jahren Dauer entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung zum Konkubinat als gefestigt zu gelten. Durch ihren Partner habe sie auch enge Kontakte zu dessen Familie und einen neuen, gemeinsamen Freundeskreis aufbauen können, pflege aber weiterhin einen sehr engen Kontakt zu Schwester und Nichte in Zürich (Urk. 1 S. 4 Ziff. 5). In ihrer späteren Rechtsschrift hat die Klägerin ausgeführt, diese grosse Liebe habe ihren Entschluss, dauerhaft in der Schweiz zu bleiben, gefestigt (Urk. 27 S. 8 Ziff. 34). Damit hat die Klägerin konkret dargelegt, dass ihr sozialer und familiärer Lebensmittelpunkt nunmehr bei ihrem ständigen Lebenspartner, dessen Familie und dessen Freunden und Bekannten liegt, weil sie mit diesen ihre ganze arbeitsfreie Zeit verbringt. Zusammen mit ihrem Lebenspartner hat sie auch ihr Haus in H. renoviert (Urk. 28/125 S. 2). Aufgrund des Wohnortes des Lebenspartners im Kanton Freiburg ist anzunehmen, dass das angeführte soziale Beziehungsnetz sich auch in jener Region befindet; jedenfalls fehlen jegliche Ausführungen der Klägerin, dass diese langjährige, gefestigte und für sie nunmehr zentrale Lebensgemeinschaft massgeblich in der Stadt Zürich gelebt wird. Für wirtschaftlich selbständige Erwachsene steht regelmässig die
intakte familiäre Beziehung zum Partner im sozialen Lebensmittelpunkt, nicht die Beziehung zur Herkunftsfamilie (BGE 125 I 57; BSK ZGB I-D. Staehelin Art. 23 N 12). Dies gilt insbesondere für die 56-jährige kinderlose Klägerin, die zuvor viele Jahre im Ausland gelebt hat und dort verheiratet war, wodurch sich ihre familiären Beziehungen zur Herkunftsfamilie naturgemäss erheblich gelockert haben. Die Beziehungspflege mit der Herkunftsfamilie rückt unmittelbar nach einer abrupten ehelichen Trennung zwar häufig wieder in den Vordergrund, oftmals auch aus rein praktischen finanziellen Gründen, tritt mit dem Eingehen einer neuen partnerschaftlichen Beziehung regelmässig aber wieder in den Hintergrund (vgl. dazu auch Urk. 28/125 S. 2/3). Insofern ist das in der Berufungsbegründung zitierte Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft nicht einschlägig (Urk. 43 S. 26ff). Wieder aufgenommene Kontakte zu ehemaligen Kommilitonen von der HSG St. Gallen, mit ehemaligen Arbeitskollegen mit zwei Freundinnen begründen keinen vom familiären Zentrum abweichenden Lebensmittelpunkt, zumal auch nicht dargelegt wurde, wo diese Kontakte gepflegt werden (Urk. 28/125 S. 3). Zurecht hat die Vorinstanz festgestellt, dass substantiierende Ausführungen der Klägerin zur Wohnsituation bzw. zur tatsächlich gelebten Hausgemeinschaft mit Schwester und Nichte an der F. -Strasse ... z.B. in finanzieller Hinsicht fehlen und die Klägerin stets nur die seit jeher bestehende enge persönliche Beziehung zu Schwester und Nichte betont (Urk. 44 S. 8). Auch fehlen jedwelche konkreten Ausführungen zur Häufigkeit und zur Dauer der tatsächlichen physischen Präsenz der Klägerin an der F. -Strasse ..., im Gegensatz zur Auflistung des Umfangs der physischen Präsenz z.B. in Tschechien. Daran vermöchten auch die Ausführungen in der Berufungsbegründung nichts zu ändern, sofern diese unter novenrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt beachtlich wären (Urk. 43 S. 19, 22); diese verweisen im Gegenteil auf den Auszug der Nichte aus der geltend gemachten Hausgemeinschaft sowie auf die in G. - nicht in Zürich gelebte Beziehung der Klägerin zu ihren Eltern zu deren Lebzeiten (Urk. 43 S. 21
i.V.m. Urk. 28/125 S. 3). Schliesslich ist auch noch auf die Beauftragung einer neuen Rechtsvertreterin in Biel durch die Klägerin im vorinstanzlichen Verfahren hinzuweisen, wo auch die anwaltliche Instruktion stattgefunden haben dürfte und was in der Regel Folge einer gewissen örtlichen Nähe ist. Die Rechtsvertreterin in
Biel fungierte in der Folge sogar als Zustelldomizil für die Klägerin. Dies untermauert die Feststellung, dass es sich bei der Adresse der Klägerin an der
-Strasse ... in Zürich vorwiegend um eine blosse Meldeund Postadresse handelt, an der die Klägerin für Zustellungen zürcherischer Gerichte offenbar als nicht zuverlässig rechtzeitig genug erreichbar betrachtet wurde und wo offenbar auch die Schwester der Klägerin trotz der geltend gemachten engen Beziehung als zur Entgegennahme gerichtlicher Sendungen nicht geeignet betrachtet wurde. Dies widerspricht der mit einem echten Wohnsitz verbundenen mehrheitlichen physischen Anwesenheit und einer gelebten Familiengemeinschaft mit der Schwester am Meldeort.
Die vorinstanzlichen Ausführungen der Klägerin zu ihren zufolge ihrer Partner-
schaft wesentlich veränderten sozialen Lebensverhältnissen erscheinen darum besonders überzeugend, als sie spontan und in einer unverfänglichen Prozesslage erfolgten, als noch keine Bestreitung ihres Wohnsitzes in Zürich vorlag. Wenn die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nunmehr ihre Partnerschaft nur noch als Anknüpfungspunkt für einen Wohnsitz in der Schweiz anführt, dafür die Beziehung zu Schwester und Nichte als Anknüpfungspunkt für einen Wohnsitz in Zürich (Urk. 43 S. 22), so argumentiert sie in sich selbst widersprüchlich und widerspricht auch der einheitlichen interund innernationalen Bestimmung des Wohnsitzes gemäss Art. 59 IPRG.
Kann die Klägerin somit keinen sozialen Lebensmittelpunkt in der Stadt Zürich
substantiieren, an dem sie sich überwiegend tatsächlich aufhält und damit ihre Absicht eines dauernden Verbleibens manifestiert, kann offen bleiben, wie lange sie sich tatsächlich jeweils irgendwo in der Schweiz und wie lange zu welchen Zwecken sie sich in Tschechien aufhält (Urk. 1 S. 4 Ziff. 6).
Für die Bestimmung des Wohnsitzes können allenfalls auch die beruflichen Beziehungen und finanziellen Verhältnisse mitbestimmend sein. Ausdruck davon ist u.a. der Begriff des Wochenaufenthalters, wo sich eine Person nur an den Wochenenden und in der Freizeit bei seiner Familie aufhält, unter der Woche aus beruflichen Gründen aber an einem anderen Ort weilt. Auch solche Personen haben ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Regel aber am Wohnsitz der Familie. Vorliegend macht die Klägerin geltend, ihre beruflichen Aktivitäten in Tschechien
reduziert zu haben und ihren Lebensunterhalt heute mit der Verwaltung von Immobilien in der Schweiz zu bestreiten, welche sie allein im Miteigentum mit ihrer Schwester von den Eltern geerbt hat (Urk. 1 S. 4 Ziff. 5+6). Diese Immobilien befinden sich indessen in I. / G. und werden von der Klägerin und ihrer Schwester unter der Firma Immobilienverwaltung J. mit Sitz in
, im dafür umgenutzten ehemaligen Elternhaus der Klägerin und ihrer
Schwester verwaltet. Die Klägerin führte vor Vorinstanz dazu ausdrücklich aus, dass die Verwaltungstätigkeit für die 20 Mieteinheiten durch sie und ihre Schwester vor Ort stattfinde, u.a. weil sie auch die Leitung und Überwachung von Renovationsarbeiten an 6 Wohnungen und 4 Reihenhäusern in G. bzw. die Erstellung von Projekten für noch unüberbautes dortiges Land umfasse (Urk. 27
S. 4 Ziff. 4f, Urk. 28/125 S. 2). Die Bestreitung dieser vorinstanzlichen Behauptungen zur Liegenschaftenbetreuung vor Ort in der Berufungsbegründung (Urk. 43 S. 15f) ist damit ein unzulässiges Novum und nicht mehr zu hören (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Damit übt die Klägerin aber die berufliche Tätigkeit nicht in der Stadt Zürich, sondern schwergewichtig im örtlichen Umfeld der Immobilien in I. / G. aus. Sie vermag damit kein berufliches Aktivitätszentrum in der Stadt Zürich namhaft zu machen, der den Lebensmittelpunkt aufgrund ihrer persönlichen Beziehungen zum Lebenspartner in den Hintergrund treten liesse. Dass die gemeinsam mit der Schwester betriebene Immobilienverwaltungsfirma auch eine Korrespondenzadresse an der F. -Strasse ... hat (Urk. 16/6), widerlegt diese Annahme nicht. Diese praktische Vorkehr dient der Sicherstellung des geschäftlichen Postempfangs, da die an der Immobilienfirma und der Immobilienverwaltung gleichermassen mitbeteiligte Schwester der Klägerin tatsächlich an dieser Postadresse wohnt bzw. sich hauptsächlich dort aufhält, während die Klägerin nach wie vor rund vier Monate im Jahr in Tschechien weilt, um ihren Weinbaubetrieb und ihre Prozesse zu betreuen (Urk. 28/125), dann aber bei ihrem Lebenspartner in der Westschweiz.
Ist ein Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin jedenfalls in der Stadt Zürich nicht auszumachen, kann offen bleiben, ob die Klägerin mittlerweile ihren beruflichen Schwerpunkt nicht mehr in ihrem tschechischen Weinbaubetrieb sondern im Immobilienbereich in der Schweiz hat. Zurecht hat sich die Vorinstanz dazu nicht weiter geäussert. Immerhin belegen weder die Einsetzung eines Managements für den Weinbaubetrieb, ein defizitärer Geschäftsgang noch die Beeinträchtigung der Weinberge durch Naturgewalten für sich allein eine geringere Präsenz der Klägerin vor Ort (Urk. 1 S. 4 Ziff. 6, Urk. 28/125, Urk. 27 S. 4 Ziff. 17,
S. 7 Ziff. 26ff). Die letztgenannten Umstände könnten gegenteils auch eine erhöhte Präsenz der Klägerin zur Krisenbewältigung nahelegen.
Die erkennende Kammer hat bereits in ihrem Entscheid vom 16. Februar 2012 darauf hingewiesen, dass die förmlichen Meldeverhältnisse und als Folge davon eine Steuerpflicht sowie die Zustellung behördlicher Post bzw. die aus der Verwendung einer bestimmten Meldeadresse resultierende Post höchstens als Indiz für einen tatsächlichen Wohnsitz gelten kann, einen solchen für sich allein aber noch nicht belegt begründet (so auch die Klägerin selber in Urk. 43 S. 25). Daher kann die Klägerin nach wie vor aus der Zustellung von behördlicher gerichtlicher Post, auch aus Tschechien, an die von ihr jeweils angegebene Zürcher Meldeadresse und die dort allenfalls erfolgende Erledigung dieser Post keinen zentralen Lebensmittelpunkt in Zürich eine zeitlich überwiegende physische Präsenz ableiten. Die Klägerin verweist selber auf die Möglichkeiten der örtlich unabhängigen Korrespondenzerledigung durch Homeoffice (Urk.1 S. 4 Ziff. 7, Urk. 27 S. 5 Ziff. 20f, Urk. 43 S. 16, 18, 24). Auch der Brief des Gemeindeamtes vom 11. Oktober 2012 erfolgte offenkundig einzig aufgrund der von ihr angegebenen Meldeadresse in der Schweiz; dass zuvor eine nähere Prüfung der tatsächlichen Aufenthaltsund Lebensverhältnisse der Klägerin stattgefunden hätte, ergibt sich auch daraus nicht. Der Brief bestätigt sodann ohnehin keinen Wohnsitz in der Stadt Zürich (Urk. 28/133). Der Verzicht auf den Erwerb von Wohneigentum ist für die Wohnsitzfrage ebenfalls nicht von Bedeutung (Urk. 27
S. 6 Ziff. 23). Schliesslich lässt sich auch aus dem Beitritt der Klägerin zu Organisationen wie kantonaler Hauseigentümerverband, Schweizerischer Automobilclub und die Immatrikulation ihres Fahrzeugs im Kanton Zürich kein Wohnsitz in der Stadt Zürich ableiten (Urk. 27 S. 4, Urk. 28/125 S. 2). Diese Institutionen sind kantonal gesamtschweizerisch organisiert und setzen keinen persönlichen sozialen Lebensmittelpunkt eine physische Präsenz in der Stadt Zürich voraus, sondern bestenfalls eine geschäftliche Tätigkeit im Kanton Zürich.
Zusammengefasst ergibt sich aufgrund der vorstehenden Erwägungen, dass die Klägerin keine tatsächlichen Elemente für eine überwiegende physische Präsenz in der Stadt Zürich darlegen konnte. Die primären familiären Beziehungen im Rahmen einer gefestigten Partnerschaft und damit der soziale Lebensmittelpunkt sind im Raum Freiburg/Bern zu verorten, wo sich die Klägerin nach ihren eigenen Ausführungen auch vorzugsweise physisch aufhält. Aus diesen Umständen ist kein familiärer Lebensmittelpunkt als Ausdruck der Absicht eines dauernden Verbleibs in der Stadt Zürich erkennbar. Die Wohnung der Schwester an der
F. -Strasse ... in Zürich dürfte früher eine gewisse Bedeutung als vorläufiger Zufluchtsort für die kinderlose Klägerin gehabt haben, nachdem sie vom Beklagten kurzfristig aus der ehelichen Wohnung in C. in Tschechien hinausgeworfen worden war, sich persönlich neu orientieren musste und in dieser Umbruchsphase verständlicherweise die Unterstützung und Hilfe ihrer Herkunftsfamilie in der Schweiz suchte. Mittlerweile hat die Klägerin ihr persönliches Lebensumfeld in der Schweiz aber anderweitig konsolidiert. Die Adresse an der F. - Strasse ... in Zürich fungiert zur Hauptsache als blosse Meldeadresse und ist Ort der familiären Kontaktpflege zu Schwester und Nichte, nicht aber mehr Ort der Pflege der nunmehr im Zentrum stehenden festen Partnerbeziehung. Die Meldeadresse kann schliesslich auch nicht als hauptsächlicher Ort der Berufsausübung der Klägerin betrachtet werden, was unter Umständen noch als Indiz für einen Wohnsitz gelten könnte. Damit ist auf die vorliegende Klage mangels örtlicher Zuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich nicht einzutreten und der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen.
Geht man von einem zentralen Lebensmittelpunkt der Klägerin bei ihrem Partner aus, besteht durchaus ein Wohnsitz in der Schweiz und damit ein schweizerischer Gerichtsstand gemäss Art. 59 lit. b IPRG. Insofern kann auf eine Prüfung verzichtet werden, ob der Klägerin ein ersatzweiser Gerichtsstand an ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b IPRG zustehen würde. Immerhin würde auch der gewöhnliche Aufenthalt gemäss dieser Bestimmung eine
regelmässige bzw. überwiegende physische Anwesenheit sowie einen Beziehungsschwerpunkt am Aufenthaltsort gleich wie für einen Wohnsitz voraussetzen. Für die Bestimmung des Aufenthaltsortes entfällt lediglich die Voraussetzung der subjektiven Absicht eines dauernden Verweilens (BSK IPRG - C. Westenberg, Art. 20 N 22f; Keller/Kren Kostkiewicz, Zürcher Kommentar zum IPRG, Art. 20 N 42ff). In diesem Sinne sind die Berufungsrügen der Klägerin betreffend eine Aufenthaltszuständigkeit unbegründet (Urk. 43 S. 33ff). Da die Stadt Zürich nicht Heimatort der Klägerin ist, ist auch nicht weiter auf die Heimatzuständigkeit und die Voraussetzungen einer Klage am Heimatgerichtsstand gemäss Art. 60 IPRG auf die Voraussetzungen zur Gewährung eines Notgerichtsstandes in der Stadt Zürich gemäss Art. 3 IPRG einzugehen (Urk. 43 S. 37ff). Ist auf die Klage zufolge örtlicher Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich nicht einzutreten, er- übrigen sich schliesslich auch Ausführungen zur Litispendenz. Dazu fehlte es im Übrigen mangels eines erstinstanzlichen Entscheides zu diesem Thema an einem Anfechtungsobjekt im Berufungsverfahren (Urk. 43 S. 43).
Ist die Berufung der Klägerin abzuweisen und der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid zu bestätigen, wird die Klägerin für beide Instanzen gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO kostenpflichtig. Der für die Kostenfestsetzung massgebliche Streitwert beträgt Fr. 10'677'000.- (Urk. 1 S. 2). Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2, § 2 lit. c und d sowie § 12 GebV OG auf Fr. 20'000.festzusetzen. Die erstinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 30'000.blieb unangefochten und ist zu bestätigen.
Die dem Beklagten zufolge des Unterliegens der Klägerin zugesprochene vor-
instanzliche Parteientschädigung blieb ebenfalls unangefochten und ist zu bestätigen. Parteientschädigungen für das Berufungsverfahren sind nicht zuzusprechen; der Klägerin nicht wegen ihres Unterliegens, dem Beklagten nicht mangels wesentlicher Umtriebe.
Es wird erkannt:
Auf die Klage wird nicht eingetreten.
Die Dispositiv-Ziffern 2 - 4 des erstinstanzlichen Urteils werden bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 20'000.-.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Klägerin und Berufungsklägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Prozesskostenvorschuss bezogen.
Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beklagten/Berufungsbeklagten unter Beilage des Doppels von Urk. 43, an das Migrationsamt des Kantons Zürich sowie an das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung), je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 10'677'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Zürich, 22. April 2015
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Präsidentin:
Dr. L. Hunziker Schnider
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. J. Freiburghaus
versandt am: kt
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