Zusammenfassung des Urteils LC110034: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Ehescheidungsklage, bei der der Beklagte und Berufungskläger die Einrede der abgeurteilten Sache erhob. Es wurde über die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für die gütliche Auseinandersetzung von in Ungarn gelegenen Liegenschaften gestritten. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung des Beklagten ab und entschied, dass kein anerkennungsfähiges ungarisches Urteil zur gütlichen Auseinandersetzung vorliegt. Die Klägerin wurde in allen Punkten bestätigt, und der Beklagte wurde zur Zahlung von Gerichtskosten und einer Prozessentschädigung verurteilt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LC110034 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 03.10.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ehescheidung |
Schlagwörter : | üter; Berufung; Gericht; Scheidung; Urteil; Auseinandersetzung; Ungarn; Recht; Verfahren; Parteien; Beklagten; Liegenschaft; Zuständigkeit; Bezirksgericht; Scheidungsverfahren; Schweiz; Gerichte; Verfügung; Einrede; Entscheid; Liegenschaften; Miteigentum; Urteils; Grundbuch; Bundesgericht |
Rechtsnorm: | Art. 114 ZGB ;Art. 126 ZPO ;Art. 23 IPRG ;Art. 25 IPRG ;Art. 311f ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 58 IPRG ;Art. 60 IPRG ;Art. 63 IPRG ;Art. 65 IPRG ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LC110034-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur.
S. Subotic
in Sachen
,
Beklagter und Berufungskläger
gegen
,
Klägerin und Berufungsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Ehescheidung
Berufung gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Zürich, 8. Abteilung, vom 18. April 2011 (FE070348)
1. Es sei die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 18. April 2011 (im weiteren : Verfügung) aufzuheben.
Es sei das Urteil des Hauptstädtischen Gerichts in Budapest vom 6. September 2010 anzuerkennen.
Es sei auf die Klage wegen des Vorliegens der res iudicata nicht einzutreten.
Falls die Rechtsbegehren 1-3 nicht gutheissen werden, sei die Sache an die erste Instanz zurückzuweisen.
Falls das Rechtsbegehren 4 nicht gutgeheissen wird, sei es auf die Klage bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten bzw. sei das Verfahren bezüglich der güterrechtlichen Auseinandersetzung als gegenstandslos abzuschreiben.
Falls die Rechtsbegehren 1-3 nicht gutheissen werden, sei das Verfahren gemäss Art. 126 ZPO auszusetzen, bis das Oberste Gericht von Ungarn entschieden hat.
1. Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, und die Verfügung des Bezirksgerichtes Zürich vom 18. April 2011, Prozess-Nr. FE070348, sei zu bestätigen bzw. die Einrede der abgeurteilten Sache sei abzuweisen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten und Berufungsklägers.
1. Mit Verfügung vom 18. April 2011 wies der Einzelrichter der 8. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich die vom Beklagten im Scheidungsverfahren der Parteien erhobene Einrede der abgeurteilten Sache ab (Urk. 2). Gegen diese Verfügung erhob der Beklagte am 28. Mai 2011 rechtzeitig Berufung. Die ihm mit Verfügung
vom 7. Juni 2011 auferlegte Vorschussleistung von Fr. 4'000.bezahlte der Beklagte und Berufungskläger (nachfolgend nur noch Beklagter) innert der ihm am
Juli 2011 angesetzten Nachfrist (Urk. 7). Der Klägerin und Berufungsbeklagten (nachfolgend nur noch Klägerin) wurde darauf am 26. Juli 2011 Frist zur schriftlichen Beantwortung der Berufung angesetzt. Mit Eingabe vom 3. August 2011 zog der Beklagte seinen Berufungsantrag Nr. 6 zurück, was der Klägerin umgehend bekannt gegeben wurde (Urk. 9 + 10). Ein von der Klägerin am 10. August 2011 gestelltes Begehren um Verpflichtung des Beklagten zur Leistung einer Sicherheit für die Prozessentschädigung wurde am 22. August 2011 abgewiesen (Urk. 11 + 12). Am 29. August 2011 erstattete die Klägerin rechtzeitig die Berufungsantwort (Urk. 13). Diese wurde dem Beklagten am 9. September 2011 formlos zugestellt (Urk. 14). Unaufgefordert erstattete der Beklagte am 20. September 2011 eine umfassende Stellungnahme zur Berufungsantwort der Klägerin (Urk. 15), welche Letzterer am 28. September 2011 wiederum formlos zugestellt wurde (Urk. 17).
Das vorliegende Berufungsverfahren untersteht den Bestimmungen der schweizerischen Zivilprozessordnung, da es sich gegen einen am 19. April 2011 eröffneten Zwischenentscheid richtet (Art. 405 Abs. 1 ZPO/CH; ZR 110 Nr. 32). Gemäss Art. 311f ZPO findet im Berufungsverfahren nur ein einfacher Schriftenwechsel statt. Da vorliegend die Berufungsantwort der Klägerin keine neuen tatsächlichen Behauptungen Einreden enthielt, war die Einholung einer Stellungnahme des Beklagten dazu nicht erforderlich und wurde ihm diese daher nur zur Kenntnisnahme zugestellt. Wenn der Beklagte trotzdem dazu eine ausführliche Rechtsschrift im Sinne einer Replik verfasst und nochmals zu allen Ausführungen der Klägerin in der Berufungsantwort einlässlich Stellung genommen hat (Urk. 15), so ist er damit nicht mehr zu hören und es ist nachfolgend auf diese Ausführungen grundsätzlich nicht mehr einzugehen.
Zusammen mit der Berufungsreplik hat der Beklagte die Verfügung des Obersten Gerichts von Ungarn vom 26. April 2011 eingereicht, woraus sich ergeben soll, dass das Urteil des zweitinstanzlichen - Hauptstädtischen Gerichts in Ungarn vom 6. September 2010 rechtskräftig und vollstreckbar geworden sein soll (Urk. 16/1). Dabei weist er selber darauf hin, dass ihm dieser Entscheid bereits am 3. August 2011 bekannt gewesen ist und er als Folge davon am 3. August
2011 seinen Berufungsantrag 5 zurückgezogen hat. Wäre er aber bereits am
August 2011 zur Einreichung dieses Urteils in der Lage gewesen, so ist die Einreichung erst am 22. September 2011 gemäss Art. 317 Abs. 1 lit. a ZPO verspätet erfolgt und nicht weiter beachtlich.
Weiter reichte der Beklagte Urkunden des Bezirksgrundbuchamtes der Stadt
(in Ungarn) ein, aus denen sich ergeben soll, dass die vom zweitinstanzlichen Hauptstädtischen Gericht in Ungarn mit Urteil vom 6. September 2010 angeordnete Aufhebung des Miteigentums der Parteien an 5 Grundstücken in
(Stadt in Ungarn) und deren Überführung ins Alleineigentum des Beklagten am 31. März 2011 im Grundbuch eingetragen worden sei (Urk. 16/2). Diese Urkunde trägt einen Eingangsstempel vom 7. April 2011, wobei unbekannt ist, von wem dieser Stempel stammt und ob der Beklagte nicht bereits anlässlich der Berufungsbegründung vom 27. Mai 2011 davon Kenntnis hatte. Die Frage der Beachtlichkeit bzw. der verspäteten Einreichung dieser Urkunde kann indessen offen bleiben. Der grundbuchliche Vollzug der Aufhebung des Miteigentums der Parteien an diesen Grundstücken ist für den vorliegenden Entscheid nicht von Bedeutung, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden.
Die Parteien sind schweizerisch-ungarische Doppelbürger mit Wohnsitz in der Schweiz. Am 13. März 2007 erhob die Klägerin beim Bezirksgericht Zürich eine Scheidungsklage im Sinne von Art. 114 ZGB. Der Beklagte seinerseits reichte in Budapest/Ungarn eine Scheidungsklage ein, welche indessen erst am 27. April 2007 rechtshängig wurde. Am 30. März 2007 erhob der Beklagte ein erstes Mal beim Bezirksgericht Zürich die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, insbesondere hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Diese Einrede wurde vom Bezirksgericht am 11. Juli 2007 abgewiesen, welches erwog, dass das Verfahren zeitlich zuerst in Zürich anhängig gemacht worden sei und die Schweizer Gerichte auch zur Beurteilung der güterrechtlichen Auseinandersetzung über in Ungarn gelegene Liegenschaften zuständig sei. Die Zuständigkeit hinsichtlich der güterrechtlichen Auseinandersetzung war in der Folge Gegenstand von 3 Rechtsmittelverfahren und wurde durch alle Rechtsmittelinstanzen bestätigt. Das zuletzt dazu angerufene Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom 11. Juni 2010 verbindlich festgestellt, für Klagen auf Scheidung ausländischer Staatsangehöriger
seien die schweizerischen Gerichte am schweizerischen Wohnsitz des Klägers zuständig. Eine Heimatzuständigkeit sei nur gegeben, wenn keiner der Ehegatten seinen Wohnsitz in der Schweiz habe (Art. 60 IPRG), wobei bei Doppelbürgern gemäss Art. 23 Abs. 1 IPRG ausschliesslich die schweizerische Staatsangehörigkeit massgebend sei, woraus sich wiederum die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte ergebe. Die für die Scheidung zuständigen schweizerischen Gerichte seien auch für die Regelung der Nebenfolgen zuständig (sog. Annexkompetenz gemäss Art. 63 Abs. 1 IPRG), was sich auch bereits aus Art. 51 lit. b IPRG ergebe, wonach für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle einer Ehescheidung die für letztere zuständigen schweizerischen Gerichte zuständig seien. Die internationale Zuständigkeit des schweizerischen Ehescheidungsrichters bei ausländischen Staatsangehörigen hänge sodann nicht von der Anerkennungsfähigkeit des schweizerischen Ehescheidungsurteils im Heimatstaat des geschiedenen Ehegatten ab. Im Unterschied zum Erbrecht habe der IPRG-Gesetzgeber keinen Vorbehalt zugunsten einer allenfalls ausschliesslichen Zuständigkeit des Belegenheitsstaates vorgesehen, weshalb der schweizerische Scheidungsrichter nicht umhin komme, in umfassender Weise auch über das Güterrecht zu entscheiden. Das Bundesgericht erklärte gestützt darauf das Bezirksgericht Zürich sowohl für die Ehescheidungsklage als auch für die Regelung der Nebenfolgen einschliesslich der güterrechtlichen Auseinandersetzung bezüglich der in Ungarn gelegenen Grundstücke als zuständig (Urk. 4/123).
Das vom Beklagten in Ungarn angerufene erstinstanzliche Scheidungsgericht (Zentralbezirksgericht ..) hat in Kenntnis des in der Schweiz hängigen Scheidungsverfahrens am 20. September 2007 sein Verfahren zum Scheidungspunkt eingestellt, gleichzeitig aber die Weiterführung des Verfahrens zur güterrechtlichen Auseinandersetzung beschlossen und dafür ein separates Verfahren angelegt. Mit Urteil von 24. September 2009 hat es die güterrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen (Urk. 3/1, Urk. 4/129/1). Die von der Klägerin angerufene Rechtsmittelinstanz (Hauptstädtisches Gericht als zweitinstanzliches Gericht) hat am 6. September 2010 das erstinstanzliche Urteil bezüglich der güterrechtlichen Aufteilung des beweglichen Vermögens aufgehoben, da diese im schweizerischen Scheidungsverfahren vorzunehmen sei. Bezüglich des in Ungarn gelegenen Liegenschaftsvermögens der Parteien hat es die erstinstanzlich vorgenommene güterrechtliche Auseinandersetzung hingegen bestätigt. Es erachtete sich aufgrund der ungarischen Zivilprozessordnung als dafür ausschliesslich zustän- dig, da es um dingliche Ansprüche gehe und ein diesbezügliches schweizerisches Scheidungsurteil im ungarischen Grundbuch nicht eintragungsfähig sei (Urk. 4/149). Beide Gerichte hielten in ihren Urteilen fest, dass die Klägerin ihre Zuständigkeit während des gesamten Verfahrens ausdrücklich bestritten habe, wiesen aber die Unzuständigkeitseinrede vollständig bzw. teilweise ab (Urk. 4/129/1 S. 3, 6 bzw. Urk. 4/149 S. 3, 7, 8).
Der Beklagte erhebt vorliegend die Einrede der abgeurteilten Sache unter Hinweis darauf, dass seit dem Entscheid des Bundesgerichtes vom 11. Juni 2010 ein rechtskräftiges ungarisches Urteil zur güterrechtlichen Auseinandersetzung bezüglich des in Ungarn gelegenen Liegenschaftsvermögens ergangen bzw. bekannt geworden sei.
Das Verfahren zur güterrechtliche Auseinandersetzung wurde vom erstinstanzlichen ungarischen Gericht ausdrücklich vom dort eingeleiteten, umfassenden Scheidungsverfahren abgetrennt und separat weitergeführt, weil das Gericht das Hauptverfahren einstellte (Urk. 3/1). Entgegen der Behauptung des Beklagten (Urk. 1 S. 2) steht das güterrechtliche Verfahren somit klar im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe und ist kein Verfahren im Sinne eines von einer Scheidung unabhängigen, auf einem anderweitigen Rechtsgrund basierenden Prozesses über güterstandsrechtliche Fragen. Wenn der Beklagte auf die Möglichkeit einer güterrechtlichen Auseinandersetzung nach Änderung des Güterstandes verweist, so ist festzustellen, dass eine freiwillige auf anderen Gründen beruhende Güterstandsänderung unter Fortsetzung der Ehe nie Gegenstand eines Verfahrens zwischen den Parteien war. Der Beklagte führt sodann selber aus, dass in Ungarn die güterrechtliche Auseinandersetzung wahlweise im Scheidungsverfahren, in einem Widerklageverfahren in einem formell separaten Verfahren erfolgen kann (Urk. 1 S. 4). Auf die rein verfahrenstechnische Abwicklung der güterrechtlichen Auseinandersetzung kann es daher nicht ankommen; massgeblich ist der Sachzusammenhang mit der Eheauflösung. Für die Anerkennung eines solches Urteils zu den Nebenfolgen einer Scheidung kommt daher nicht Art. 58
Abs. 1 IPRG sondern Art. 58 Abs. 2 IPRG zur Anwendung, welcher Artikel wiederum auf die Art. 59ff IPRG verweist. Zurecht zitiert der Beklagte denn auch die Botschaft zu Art. 58 IPRG und den dort verankerten Grundsatz der urteilsmässigen Einheit von Scheidungspunkt und Nebenfolgen (Urk. 1 S. 6 Nr. 20). Zusätzlich zu den in Art. 65 IPRG vorgeschriebenen Anerkennungsvoraussetzungen für ausländische Scheidungsurteile sind indessen auch die allgemeinen Voraussetzungen zur Anerkennung eines ausländischen Urteils zu beachten. Dazu gehört gemäss Art. 25 und 26 IPRG u.a., dass das ausländische Urteil rechtskräftig ist und von einem nach den Regeln des schweizerischen internationalen Privatrechts zuständigen Gericht erlassen wurde. Keine solche Zuständigkeit ist u.a. gegeben, wenn das ausländische Gericht die frühere inländische Rechtshängigkeit nicht beachtet hat (BSK IPRG-Bopp, Art. 65 N 16ff, insbes. N 21). Dies gilt unabhängig davon, ob im Heimatstaat ein grundsätzlich anerkennungsfähiger Gerichtsstand bestehen würde; auf Art. 23 Abs. 3 IPRG kommt es vorliegend daher ebenfalls nicht an.
Das Bundesgericht hat bereits in seinem Entscheid vom 11. Juni 2010 verbindlich erkannt, dass das schweizerische Recht eine umfassende und untrennbare Zuständigkeit des Scheidungsrichters für den Scheidungspunkt und die güterrechtlichen Nebenfolgen kennt. Daran ändere die von der ungarischen Gerichtsbarkeit für sich gestützt auf das innerstaatliche ungarische Recht beanspruchte ausschliessliche Zuständigkeit hinsichtlich der in Ungarn gelegenen Liegenschaften der Parteien und eine dadurch allenfalls entstehende Unwirksamkeit des schweizerischen Urteils im Auslandsstaat nichts. Dem ist nichts beizufügen. Erweist sich ein schweizerisches Scheidungsurteil im Ausland als nicht vollstreckbar, ist es nachträglich allenfalls zu modifizieren (vgl. dazu auch BSK IPRGCourvoisier, Art. 51 N 15; Heini, Zürcher Kommentar, N 12 vor Art. 51-58 IPRG). Fehlt damit aus Schweizer Sicht eine vorrangige Zuständigkeit der ungarischen Gerichte für die Beurteilung der güterrechtlichen Auseinandersetzung infolge Scheidung, ist die Zuständigkeit nach der zeitlichen Priorität der Rechtshängigkeit der Scheidungsverfahren zu beurteilen. Diese liegt klar bei den Schweizer Gerichten. Ist die Ungarische Gerichtsbarkeit nicht zuständig, fehlt damit eine Grundvoraussetzung zur Anerkennung des Urteils des Hauptstädtischen Gerichts als
zweitinstanzliches Gericht vom 6. September 2010 und es liegt keine abgeurteilte Sache vor. Es kann daher offen bleiben, ob das zweitinstanzliche ungarische Urteil tatsächlich rechtskräftig geworden ist.
Die Klägerin hat sich im Übrigen auch nicht auf die ungarische Gerichtsbarkeit eingelassen, wie beide ungarischen Urteile ausdrücklich festhalten (Urk. 4/129/1
S. 3 unten; Urk. 4/149 S. 8 unten).
Das ungarische Urteil vom 6. September 2010 scheint zwischenzeitlich offenbar bereits insofern vollstreckt worden zu sein, als das Miteigentum der Parteien an den 5 Grundstücken in E. aufgehoben und der Beklagte als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist (Urk. 15 S. 2 in Verb. m. Urk. 16/2). Dieser Grundbucheintrag hat indessen nur sachenrechtliche Wirkung, indem er die Eigentumsverhältnisse nach Auflösung des Miteigentums regelt. Die güterrechtliche Auseinandersetzung stellt demgegenüber eine umfassende vermögensmässige Auseinandersetzung der Parteien dar, indem der Umfang der beidseitigen Eigengüter und Errungenschaften festgestellt wird, einschliesslich der gegenseitigen Ersatzforderungen zwischen Eigengütern und Errungenschaften. Bei Liegenschaften ist darüber hinaus auch eine allfällige Mehrwertbeteiligung massenfremder Investitionen zu ermitteln. Anschliessend werden die derart ermittelten Errungenschaften rechnerisch geteilt und schliesslich festgelegt, welcher Ehegatte in Anrechnung auf seinen Vorschlagsanteil welche Vermögenswerte erhält. Der bereits erfolgten Auflösung bzw. Aufteilung gewisser Miteigentumswerte kommt daher nur beim konkreten Vollzug der Vorschlagsteilung allenfalls eine Bedeutung zu, nicht aber bei der grundlegenden Ermittlung der beidseitigen Vermögensmassen und des Vorschlags. Die vorzeitige Miteigentumsauflösung hat damit lediglich die Bedeutung einer vorgezogenen Teilungsregel, präjudiziert die güterrechtliche Auseinandersetzung in ihrer Gesamtheit aber nicht. Eine Gesamtbeurteilung haben die ungarischen Gerichte nicht vorgenommen, sondern einfach den Wert der dortigen Liegenschaften den Parteien schematisch je zur Hälfte zugesprochen. Zu verweisen ist diesbezüglich sodann auf die Anträge der Klägerin in der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vom 20. September 2010. Dort beantragte auch sie ausdrücklich die Auflösung des Miteigentums hinsichtlich der 5 Grundstücke in E. in der Art, dass diese ins Alleineigentum des Beklagten
zu überführen seien (Urk. 4/132 S. 18). Da das Gericht infolge der Verhandlungsmaxime an die Anträge der Parteien zum Güterrecht gebunden ist, kann es bezüglich der Eigentumsverhältnisse an den Liegenschaften in E. gar nicht zu sich widersprechenden Urteilen kommen. Gleich verhält es sich hinsichtlich der Wohnung in F. , welche das ungarische Berufungsgericht der Klägerin als Alleineigentümerin zugesprochen hat. Auch hier beantragt die Klägerin im schweizerischen Scheidungsverfahren dieselbe Zuweisung (Urk. 4/132 S. 15). Widersprüche können sich somit auch hier keine ergeben, selbst wenn die Eigentumsänderung hier offenbar grundbuchamtlich noch nicht vollzogen worden ist. Die Eigentumszuweisung bezüglich der ungarischen Liegenschaften wird daher Bestandteil der wesentlich umfassenderen güterrechtlichen Auseinandersetzung im schweizerischen Scheidungsprozess sein. Als blosse und unbestrittene Teilungsregel vermag sie jedoch die Vorschlagsermittlung und -ausgleichung nicht zu präjudizieren. Insofern kann keine res iudicata vorliegen und ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin hinsichtlich einer umfassenden Beurteilung der güterund vermögensrechtlichen Aspekte hinsichtlich dieser Grundstücke besteht nach wie vor.
Kommt dazu, dass das zweitinstanzliche Gericht in Ungarn nur die Eigentumsverhältnisse an den 5 Liegenschaften in E. sowie an einer Wohnung in
F. geregelt hat, weil hier Miteigentum bestand, nicht jedoch jene an einer weiteren Liegenschaft, welche der Beklagte unbestrittenermassen anfangs 2004 in G. (Ungarn) zu Alleineigentum erworben hat (Urk. 4/132 S. 18, Urk. 15 S. 4). Nach Meinung der Klägerin wurde diese aus ehelich geäufneten Errungenschaftsmitteln finanziert, was dazu führen würde, dass die für diesen Kauf verwendeten Mittel bei der Vermögensermittlung eventuell zu beachten wären, obschon der Kauf erst nach dem güterrechtlichen Stichtag vorgenommen wurde. Ebensowenig hat das ungarische Gericht über das weitere eheliche Vermögen wie z.B. die Eigengutsersatzforderung der Klägerin (Urk. 4/132 S. 19ff) entschieden. Auch unter diesem Aspekt kann daher nicht von einer res iudicata zum Güterrecht ausgegangen werden, wie sie der Beklagte mit den Rechtsbegehren Ziffer 3 und 5 seiner Berufung bei der erkennenden Kammer geltend macht.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch auf eine Erwägung im allerdings nur in einer privat erstellten Übersetzung vorliegenden zweitinstanzlichen ungarischen Urteil hinzuweisen. In Erwägung 5 befasst sich das Gericht mit der dinglichen Wirkung von güterrechtlichen Entscheiden und stellt in Erwägung 5.3. fest, dass ein Schweizer Urteil nicht direkt im ungarischen Grundbuch eintragungsfähig sei (Urk. 4/149 S. 8). Damit ist indessen nur gesagt, dass ein schweizerisches Urteil bezüglich Liegenschaften in Ungarn keine unmittelbar dingliche Wirkung für den nötigen Grundbucheintrag hat. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein schweizerischer Güterrechtsentscheid in Form eines Leistungsurteils mittels eines Anerkennungsund Vollstreckungsverfahrens in Ungarn die Form eines Gestaltungsurteils mit unmittelbar dinglicher Wirkung erlangen kann und dadurch im ungarischen Grundbuch eintragungsfähig wird.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass grundsätzlich kein anerkennungsfähiges ungarisches Urteil zur güterrechtlichen Auseinandersetzung über das Grundeigentum der Parteien in Ungarn und schon gar nicht über das gesamte Vermögen der Parteien vorliegt. Den in Ungarn zwischenzeitlich bereits vollzogenen Urteilsteilen kommt höchstens die Bedeutung einer Teilungsregel zu, die überdies mit den - unbestrittenen - Anträgen der Klägerin auch im vorliegenden Scheidungsverfahren übereinstimmt. Demgemäss besteht nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin an einem Urteil zur umfassenden güterrechtlichen Auseinandersetzung im Schweizer Scheidungsverfahren in dem von ihr beantragten Sinn. Die Berufung des Beklagten ist daher unbegründet und die Einrede der abgeurteilten Sache ist abzuweisen.
Es erübrigen sich damit Erwägungen zur Zulässigkeit der Berufungsbegehren im Einzelnen. Der Antrag auf Anerkennung des Urteils des Hauptstädtischen Gerichts in Budapest wurde erstmals im Berufungsverfahren gestellt und wäre gemäss Art. 317 ZPO in jedem Fall unzulässig. Sodann beantragt der Beklagte dem Wortlaut seiner Berufungsanträge nach die Berücksichtigung einer umfassenden res iudicata für die gesamte Scheidungsklage bzw. für die gesamte güterrechtliche Auseinandersetzung (Urk. 1 S. 2 Anträge 3 und 5), während er vor Vorinstanz lediglich die Beachtung der Liegenschaftsverteilung als res iudicata verlangt hat
(Urk. 4/146 bzw. Urk. 4/148). Ausführungen zu den Abweichungen zwischen den erstund zweitinstanzlichen Rechtsbegehren erübrigen sich aber aufgrund der vorstehenden Erwägungen ebenfalls.
Bei diesem Ausgang der Berufungsverfahrens wird der Beklagte vollumfänglich kostenund entschädigungspflichtig (Art.106 Abs. 1 ZPO).
Die Berufung des Beklagten und die von ihm erhobene Einrede der abgeurteilten Sache werden abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 3'000.--.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Beklagten und Berufungskläger auferlegt.
Der Beklagte und Berufungskläger wird verpflichtet, der Klägerin und Berufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Zürich,
8. Abteilung, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 3. Oktober 2011
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Vorsitzende:
Dr. R. Klopfer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. S. Subotic
versandt am: ss
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