Zusammenfassung des Urteils LB220022: Obergericht des Kantons Zürich
B.________, Eigentümer des Grundstücks „I.________“ in Altendorf, klagte gegen die Gemeinde Altendorf wegen einer privatrechtlichen Baueinsprache. Die Gemeinde plante den Bau eines öffentlichen Parks am See, wofür sie das Fuss- und Fahrwegrecht auf dem Grundstück von B.________ nutzen wollte. Der Einzelrichter entschied teilweise zugunsten von B.________. Die Gemeinde legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 4'000.00, und die Gemeinde muss B.________ CHF 1'500.00 als Entschädigung zahlen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB220022 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 07.12.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_61/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung Stockwerkeigentümerversammlungsbeschlüsse vom 30. März 2015 |
Schlagwörter : | Berufung; Urteil; Vorinstanz; Verfahren; Beklagten; Parteien; Stockwerkeigentümer; Recht; Jahresrechnung; Tatsache; Kläger; Wohnfläche; Beschlüsse; Verfahrens; Gericht; Klägern; Erwägungen; Wohnflächen; Bezirksgericht; Stockwerkeigentümergemeinschaft; Entscheid; Tatsachen; Ziffer; Horgen; Versammlung; Budget; Bundesgericht; Traktandum |
Rechtsnorm: | Art. 101 ZPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 151 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 970 ZGB ; |
Referenz BGE: | 138 III 374; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB220022-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler
Urteil vom 7. Dezember 2022
in Sachen
Beklagte und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Kläger und Berufungsbeklagte
1, 2, 3 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
betreffend Anfechtung Stockwerkeigentümerversammlungsbeschlüsse vom
Rechtsbegehren:
(act. 2 S. 2)
1. Beschluss Nr. 3 der Versammlung vom 30. März 2015 (Jahresrechnung 2014) sei aufzuheben.
Beschluss Nr. 4 der Versammlung vom 30. März 2015 (Budget
2015) sei aufzuheben.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zulasten der Beklagten.
Urteil des Bezirksgerichtes:
(act. 65)
Die unter den Traktanden Nrn. 3 und 4 der Stockwerkeigentümerversammlung vom 30. März 2015 gefassten Beschlüsse werden aufgehoben.
Die Entscheidgebühr wird auf CHF 4'000.– festgesetzt.
Es wird vorgemerkt, dass die Kläger die Kosten des Schlichtungsverfahrens in der Höhe von CHF 250.– getragen haben.
Die Gerichtskosten werden ohne interne Kostenbeteiligung der Kläger der Beklagten auferlegt und aus den von den Klägern geleisteten Kostenvorschüssen bezogen.
Den Klägern steht im Umfang von CHF 4'000.–, welche aus ihren Kostenvorschüssen bezogen, jedoch der Beklagten auferlegt werden, ein Rückgriffsrecht gegen die Beklagte zu.
Den Klägern steht überdies im Umfang von CHF 250.– ein Rückgriffsrecht gegen die Beklagte für die von ihnen getragenen Kosten des Schlichtungsverfahrens zu.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern ohne deren interne Kostenbeteiligung eine Parteientschädigung von CHF 4'650.– (zzgl. MWST) zu bezahlen.
5./6. [Mitteilungen / Rechtsmittel]
Berufungsanträge:
(act. 63 S. 2)
In Gutheissung der Berufung sei das Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, I. Abteilung, vom 22. März 2022 aufzuheben und es sei die Klage abzuweisen, soweit auf sie überhaupt einzutreten ist;
unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zuzüglich Mehrwertsteuer) zulasten der Kläger und Berufungsbeklagten.
Erwägungen:
An der E. -strasse 1-2 in F. /ZH steht eine Überbauung mit dem Namen A. . Die Kläger und Berufungsbeklagten (fortan: Kläger) sind Stockwerkeigentümer. Die Beklagte und Berufungsklägerin (fortan: Beklagte) ist die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer. Die Parteien standen und stehen sich in diversen Prozessen vor Bezirks-, Ober- und Bundesgericht gegenüber. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümergemeinschaft vom 30. März 2015. Gemäss den sich in der Minderheit befindenden Klägern lag der damals beschlossenen Jahresrech- nung 2014 (Traktandum Ziff. 3) sowie der Budgetfestsetzung 2015 (Traktandum Ziff. 4) ein falscher Nebenkostenverteilschlüssel zugrunde. Die Vorinstanz hat die entsprechende Anfechtungsklage geschützt und die unter Traktanden Nrn. 3 und 4 gefassten Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlung aufgehoben.
Der Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ist im angefochtenen Urteil des Bezirksgerichts Horgen (Vorinstanz) vom 22. März 2022 dargestellt (act. 65
S. 9 ff.); darauf kann verwiesen werden. Das Urteilsdispositiv ist vorne wiedergegeben.
Am 13. Mai 2022 erhob die Beklagte Berufung (act. 63). Mit Verfügung vom
27. Juni 2022 wurde ihr Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Gleichzeitig wurde das Rubrum dahingehend angepasst, dass die verstorbene bisherige Klägerin 2, deren Rechtsnachfolger der Kläger 1 ist, aus dem Rubrum
gestrichen wurde (act. 66). Mit Verfügung vom 23. August 2022 wurde das Fristerstreckungsgesuch der Beklagten für die Leistung des Kostenvorschusses abgewiesen und in Anwendung von Art. 101 Abs. 3 ZPO eine Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses angesetzt (act. 69). Innert dieser Nachfrist wurde der Kostenvorschuss alsdann bezahlt (act. 71). Weiterungen sind nicht erforderlich. Das Verfahren ist spruchreif (vgl. Art. 312 Abs. 1 HS 2 ZPO).
1. Die Beklagte ist durch das angefochtene Urteil beschwert. Es handelt sich um einen berufungsfähigen Entscheid (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO; vgl. act. 65 S. 44 E. V.1). Die Berufung wurde form- und fristgerecht erhoben (Art. 311 Abs. 1 ZPO; vgl. act. 60/2) und der Kostenvorschuss wurde (letztlich) geleistet (act. 71). Dem Eintreten auf die Berufung steht insoweit nichts entgegen.
Es kann mit Berufung sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (vgl. Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz kann sämtliche Mängel in Tat- und Rechtsfragen frei und uneingeschränkt prüfen (sog. volle Kognition in Tat- und Rechtsfragen), vorausgesetzt, dass sich die Berufung erhebende Partei mit den Entscheidgründen der ersten Instanz auseinandersetzt und konkret aufzeigt, was am angefochtenen Urteil am Verfahren der Vorinstanz falsch gewesen sein soll (vgl. ZR 110 [2011] Nr. 80, BGE 138 III 374 ff., E. 4.3.1 = Pra 102 [2013] Nr. 4); blosse Verwei-
se auf die Vorakten genügen nicht (vgl. ZK ZPO-REETZ/THEILER, 3. A. 2016, Art. 311 N 36 f.). Wiederholungen des bereits vor der ersten Instanz Vorgetragenen genügen den gesetzlichen Anforderungen an eine Begründung ebenso
wenig wie allgemeine Kritik am angefochtenen Entscheid bzw. an den erstinstanzlichen Erwägungen (vgl. auch BGE 138 III 374 ff., E. 4 = Pra 102 [2013] Nr. 4).
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur noch berücksichtigt werden, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Diejenige Partei, welche vor der Berufungsinstanz das Novenrecht beanspruchen will, hat darzutun und zu beweisen, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Im
Falle unechter Noven hat sie namentlich die Gründe detailliert darzulegen, weshalb sie die Tatsache das Beweismittel nicht schon vor erster Instanz hat vorbringen können (vgl. BGer 5A_330/2013 vom 24. September 2013, E. 3.5.1; OGer ZH LB170050 vom 22. September 2017, E. II./3; LB170028 vom 30. November 2017, E. II./1.2; LB140047 vom 5. Februar 2015, E. III./1b; LB130063 vom 17. September 2014, E. II./2; LB140014 vom 3. Juni 2014, E. III./2).
Diesen Anforderungen vermag die (teilweise schwierig verständliche) Berufungsschrift in verschiedener Hinsicht nicht zu genügen:
Die Vorinstanz hat erwogen, gemäss Versammlungsprotokoll vom 30. März 2015 sei unter Traktandum 3 gesamthaft ein Beschluss über die Genehmigung der Jahresrechnung gefällt worden. Dasselbe gelte für das Budget unter Traktandum 4, welches ebenfalls gesamthaft genehmigt worden sei. Es seien nicht etwa separate Beschlüsse über den Kostenverteiler, einzelne Abrechnungen die Höhe der Akonto-Zahlungen gefasst worden. Beide Beschlüsse könnten daher auch nur gesamthaft aufgehoben werden. Eine Aufhebung nur bezüglich einzelner Teile der Jahresrechnung, nämlich derjenigen, für die der monierte Kostenverteiler nach Wohnflächen gelte, sei entgegen der Beklagten nicht möglich (act. 65 E. IV.B.6.3). Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beklagte in ihrer Berufung nicht auseinander und macht auch nicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unrichtig festgestellt (act. 63 Rz I.B. S. 3 sowie Rz II.4. S. 8). Vielmehr wiederholt sie dazu im Wesentlichen nur das bereits vor Vorinstanz Vorgetragene (vgl. act. 53 S. 3). Ihre diesbezügliche Kritik ist daher nicht zu hören.
Unter dem Titel Materielles bringt die Beklagte vorab vor, es sei der Hintergrund des vorliegenden Verfahrens zu berichtigen bzw. zu ergänzen (act. 63 Rz II.1.). Das Rechtsmittelverfahren ist indes nicht dazu da, losgelöst vom vorinstanzlichen Urteil den Verfahrenshintergrund (gemeint wohl: die entsprechen- den Tatsachenbehauptungen) zu ergänzen. Die Beklagte unterlässt es in der Folge denn auch weitestgehend, sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen ausei- nander zu setzen und aufzuzeigen, was am vorinstanzlichen Urteil falsch sein soll, sondern wiederholt ihre vor Vorinstanz gemachten Behauptungen und begnügt sich mit rein appellatorischer Kritik am angefochtenen Urteil (act. 63 S. 4-6;
vgl. auch act. 13 S. 5, act. 53 S. 3). Inhaltliche Kritik am angefochtenen Urteil bringt die Beklagte lediglich insofern vor, als sie zumindest sinngemäss geltend macht, die Vorinstanz habe den Begriff der Gerichtsnotorietät verkannt. Darauf wird zurückzukommen sein (nachfolgend E. III.2. f.).
Soweit ersichtlich zum ersten Mal bringt die Beklagte schliesslich in ihrer Berufung vor, es bestehe kein Grund, Traktandum Ziffer 4 der Versammlung vom
30. März 2015 betreffend das Budget 2015 aufzuheben, weil erst in der Jahresrechnung 2015 über die Neben- und die weiteren Kosten definitiv abgerechnet würde und die Kostenschlüssel überprüft würden (act. 63 Rz II.4. S. 8). Es hätte an der Beklagten gelegen bereits vor Vorinstanz vorzubringen, der Kostenschlüssel sei noch nicht definitiv und würde in der Jahresrechnung 2015 noch überprüft werden. In der Berufungsinstanz ist dieses Vorbringen verspätet und damit nicht beachtlich.
1. In den Jahren 2012 und 2013 standen sich die Parteien des vorliegenden Verfahrens vor Gericht in Anfechtungsprozessen betreffend Beschlüsse der Stockwerkeigentümerversammlungen vom 11. November 2011 und 30. März 2012 gegenüber. An der Versammlung vom 11. November 2011 war u.a. eine Verteilung der laufenden Kosten nach Wohnflächen anstatt nach Wertquoten beschlossen worden, was die Kläger in der Folge anfochten. Im Rahmen jener Prozesse schlossen die Parteien am 24. April 2013 anlässlich einer Instruktionsverhandlung einen Vergleich, in dessen Ziffer 4 sie eine noch vorzunehmende Neuberechnung der Wohnungsflächen vereinbarten (act. 56, act. 4/7):
4. Die Parteien vereinbaren eine Neuberechnung der Wohnungsflächen, wobei insbesondere die Simse und Pflanzenräume nicht als Wohnfläche gezählt werden. Links auf der Ostseite Niveau 3 gelten solange als Wohnfläche, als dass sie von nur einer Partei benutzt werden können. Bei den Brücken sind nur die effektiven Flächen zu berechnen. Jede Partei ist berechtigt, im Büro von Herrn G._ die Berechnung der Wohnflächen
zu verifizieren durch einen Fachmann auf eigene Kosten verifizieren zu lassen.
Weiter vereinbarten die Parteien damals den Rückzug der jenen Verfahren zugrunde liegenden Klagen (act. 4/7 Ziffer 5). Diese Einigung vermochte indes keine Befriedung herbeizuführen. Unter anderem genehmigte eine Stockwerkeigentümerversammlung am 24. März 2014 die Jahresrechnung 2013 mit dem überarbeiteten Nebenkostenverteilschlüssel (aufgrund der vorgenommenen Neuberech- nung der Wohnflächen), was von den Klägern angefochten wurde (vorinstanzliches Verfahren CG140024-F). Die Vorinstanz hat in jenem Verfahren mit Urteil vom 2. Dezember 2019 entschieden, dass die Wohnflächenberechnung, welche dem überarbeiteten Verteilschlüssel zugrunde lag, gesetzes- und vergleichswidrig war. Die dagegen erhobene Berufung der Beklagten hatte vor Obergericht keinen Erfolg (OGer ZH, LB200003 vom 16. Dezember 2020), und auch das Bundesgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde der Beklagten ab, soweit es darauf eintrat (BGer 5A_89/2021 vom 29. August 2022). Nachdem nunmehr – entgegen der in der Berufungsschrift geäusserten Erwartung – das Urteil des Verfahrens CG140024-F höchstrichterlich bestätigt wurde, ist den Vorbringen der Beklagten gegen jenes Urteil der Boden entzogen (act. 63 Rz II.1.b und g S. 4 f.).
Im vorliegenden Verfahren ist nun der Genehmigungsbeschluss der Jahresrechnung 2014 sowie die Budgetfestsetzung 2015 angefochten. Diesen beiden Beschlüssen liegt derselbe Nebenkostenverteilschlüssel zugrunde, welcher bereits im Verfahren CG140024-F zu beurteilen war und sich als vergleichs- und gesetzeswidrig erwies (act. 65 S. 18 f. E. IV.B.2.4). Die Feststellung der Vorinstanz, dass bei diesen Beschlüssen derselbe Nebenkostenverteilschlüssel zur Anwen- dung kam, wurde von der Beklagten nicht nur nicht angefochten, vielmehr bestätigt sie in der Berufungsschrift selbst, dass bei der Jahresrechnung 2014 der gleiche Verteilschlüssel wie bei der im Verfahren CG140024-F beurteilten Jahresrechnung 2013 verwendet worden sei (act. 63 Rz II.1.f S. 5).
Die Vorinstanz hat sodann aus dem genannten Verfahren CG140024-F zwischen denselben Parteien die folgenden Ergebnisse als gerichtsnotorisch aufgeführt: Die Wohnflächenberechnung der Beklagten sei hinsichtlich der vor den einzelnen Wohnungen gelegenen Links, hinsichtlich des Zwischenraums (auch Wintergarten Pflanzenraum genannt) der Kläger 3 und 4 (nunmehr Kläger 2 und 3, Anmerkung hinzugefügt) sowie hinsichtlich der Waschküche und der rollstuhlgängigen Rampe der Pflegewohngruppe zu korrigieren. Die um diese Flächen korrigierte Wohnflächenberechnung habe folgende Veränderungen des Kostenverteilschlüssels zur Folge: Kläger 1 und 2 (nunmehr Kläger 1, Anmerkung hinzugefügt) -5.85%, Kläger 3 und 4 (nunmehr Kläger 2 und 3) -12.5%, Stockwer-
keigentümer H. +3.37%, Stockwerkeinheit 1.1 (Pflegewohngruppe)
+22.17% und Wohnbaukasten 5 -1.39%. Diese Abweichungen seien nicht in technischen Ungenauigkeiten der Berechnung begründet, sondern in der unterschiedlichen Anrechnung bzw. Nichtanrechnung bestimmter Räume. Schliesslich seien die festgestellten Abweichungen, die sich teils im zweistelligen Prozentbereich bewegten, ohne Weiteres als erheblich zu betrachten (act. 65 S. 20 f. E. IV.B.4, je mit Hinweis auf die genaue Stelle im Urteil CG140024-F).
Die Beklagte bringt hierzu in der Berufung vor, der Inhalt des Urteils im Verfahren CG140024 sei entgegen der Vorinstanz nicht gerichtsnotorisch und hätte daher im angefochtenen Urteil nicht Beachtung finden dürfen, soweit die Kläger im vorliegenden Verfahren die entsprechenden Behauptungen nicht vorgebracht hätten (act. 63 S. 5).
Die Rüge der Beklagten geht fehl. Wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat, gilt eine Tatsache als gerichtsnotorisch im Sinne von Art. 151 ZPO, wenn das Gericht sie aus seiner richterlichen Tätigkeit, insbesondere aus früheren Verfahren kennt (act. 65 S. 16 E. IV.A.2.4 unter Hinweis auf BSK ZPO-GUYAN,
Aufl. 2017, Art. 151 N 3). Weiter hat die Vorinstanz festgehalten, über den Wortlaut des Gesetzes hinaus bedürften gerichtsnotorische Tatsachen nach herrschender Lehre nicht nur keines Beweises, sondern müssten von den Parteien nicht einmal behauptet werden (act. 65 a.a.O. unter Hinweis auch KUKO ZPO- BAUMGARTNER, Art. 151 N 10). Die Beklagte setzt sich mit diesen Erwägungen inhaltlich nicht auseinander, sondern begnügt sich mit der Feststellung, der Inhalt des Urteils im vorangegangenen Verfahren CG140024 zwischen denselben Parteien sei nicht gerichtsnotorisch und dürfe nicht berücksichtigt werden. Das vermag den Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht zu genügen (vgl. oben, E. II.2.1.) und ist schon daher nicht beachtlich. Darüber hinaus träfe es inhaltlich nicht zu (vgl. etwa nebst den von der Vorinstanz genannten Belegstellen ZK ZPO HASENBÖHLER, 3. Aufl. 2016, Art. 151 N 7; STAEHE-
LIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2019, § 18 Rz 10; GULDENER,
Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 161 Fn 6).
Die Beklagte bringt in der Berufung vor, es seien zu Unrecht die Ziffern 14 und 15 ihres Benutzungs- und Verwaltungsreglements von der Vorinstanz nicht beachtet worden, denn das Verwaltungsreglement sei im Grundbuch angemerkt und daher als gerichtsnotorisch zu berücksichtigen, und zwar mit seinem ganzen Inhalt. Das Gericht müsse alle öffentlichen Urkunden vom Grundbuchamt einfor- dern, die für die Beurteilung erforderlich seien, dazu gehörten auch Dienstbarkeitstexte und angemerkte Stockwerkeigentümerreglemente. Aus Ziff. 14 ihres Reglementes ergibt sich laut der Beklagten, dass die Rampe und die in ihr erstellten Räume zu Recht in ihrem Nebenkostenverteiler nicht berücksichtigt worden seien (act. 63 Rz II.1.c S. 4, II.1.k S. 6, II.2.a S. 7).
Die Vorinstanz hat hierzu im angefochtenen Urteil festgehalten, gemäss Art. 151 ZPO bedürften offenkundige und gerichtsnotorische Tatsachen keines
Beweises. Einträge in öffentlichen Registern wie dem Grundbuch seien notorische Tatsachen im Sinne von Art. 151 ZPO, die weder behauptet noch bewiesen wer- den müssten. Als offenkundig könnten indes nur solche Tatsachen aus öffentlichen Registern gelten, die jedermann ohne besonderen Interessennachweis zugänglich seien. Im Bereich des Grundbuchs falle darunter gemäss Art. 970 Abs. 2 und 3 ZGB i.V.m. Art. 26 Abs. 1 lit. c GBV auch die Anmerkung des Reglements einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Gemeint sei damit aber nur der entsprechende Eintrag im Hauptbuch (so ausdrücklich Art. 970 Abs. 2 ZGB sowie die Marginalie zu Art. 26 GBV). Dort werde bei einer Anmerkung lediglich ein Stichwort sowie das Datum und die Belegnummer vermerkt (Art. 125 Abs. 1 GBV). Das Stichwort sei vorliegend Benutzungs- und Verwaltungsreglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft A. , E. -strasse 1, 3-4, 5, 6, 7, 8 und 2,
F. (Grundbuchanmeldung im Anhang zu act. 57). Der Inhalt des Reglements sei dagegen nicht auf dem Hauptbuchblatt eingetragen, sondern ergebe sich aus dem entsprechenden Beleg. Dieser wiederum sei nicht ohne Weiteres öffentlich zugänglich, sondern nur bei Glaubhaftmachung eines Interesses (Art. 970 Abs. 1 ZGB). Der Inhalt des Reglements sei damit ebenso wenig offenkundig wie
z.B. der Inhalt eines Kaufvertrags, der als Beleg für den Eintrag als Eigentümer einer Liegenschaft auf dem Hauptbuchblatt diene. Es handle sich also nicht um eine notorische Tatsache (act. 65 S. 24 E. II.B.5.7).
Die Beklagte setzt sich mit diesen überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz in ihrer Berufung nicht auseinander, sondern wiederholt ihren bereits vor Vorinstanz eingenommenen Standpunkt (act. 65 S. 23; vgl. oben, E. 3.1.), der Inhalt des Reglements sei notorisch. Es hat deshalb mit den soeben wiedergegebenen Erwägungen sein Bewenden. Die Vorinstanz war daher entgegen der Beklagten nicht gehalten, von sich aus den Inhalt des Stockwerkeigentümerreglements zu beachten, soweit dieser von den Parteien nicht rechtskonform behauptet wurde. Ist eine Tatsache nicht notorisch, so ist sie von den Parteien unter Geltung der Verhandlungsmaxime zu behaupten, wobei solche Behauptungen grundsätzlich nur beachtlich sind, wenn sie vor dem Fall der Novenschranke gemäss Art. 229 ZPO vorgebracht werden. Die Beklagte hat sich weder in der Klageantwort (act. 13) noch in der Duplik (act. 26) auf Ziffer 14 ihres Stockwerkeigentümerreglements berufen, sondern erst anlässlich der Hauptverhandlung (act. 53
S. 3 f.). Dies geschah nach dem soeben Dargelegten verspätet, und die Vorinstanz war damit entgegen der Beklagten (act. 63 S. 7) nicht gehalten, dieses verspätete Vorbringen noch zu berücksichtigen, wäre es doch der Beklagten bei zumutbarer Sorgfalt möglich gewesen, dieses Novum früher vorzubringen.
Die Berufung ist damit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Ausgehend vom Streitwert von
Fr. 50'000.– (vgl. act. 65 S. 27 E. V.1; act. 66 S. 2) ist die Gerichtsgebühr in Anwendung von § 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 GebV OG auf
Fr. 5'550.– festzusetzen.
Die Beklagte beantragt für den Fall, dass die Klage wider Erwarten teilweise gutzuheissen sei (also die Berufung nicht erfolgreich ist), es seien die Kläger im internen Verhältnis der Stockwerkeigentümergemeinschaft dennoch nicht von der Tragung der Kosten und Entschädigungen zu befreien. Die Ord- nung der Streitschlichtung in der Stockwerkeigentümergemeinschaft sei eine typische Verwaltungsangelegenheit. Die Lasten seien auf alle Eigentümer gemäss ihren Wertquoten zu verteilen und auch in der vorliegenden Konstellation rechtfertige sich keine Ausnahme. Die Kläger wären doppelt prämiert, wenn sie, obwohl sie nicht betroffen seien, ein Vetorecht für eine Aufteilung erhielten und damit ihre Zustimmung an Geldforderungen knüpfen könnten, und sich an den Rechtskosten nicht beteiligen müssten (act. 63 S. 9).
Diese Ausführungen der Beklagten sind schwer verständlich. Zu vermuten ist, dass sie sich damit auf die Regelung in den Dispositiv-Ziffern 3 und 4 des vorinstanzlichen Urteils bezieht, wonach die Kläger – in analoger Anwendung von Art. 106 Abs. 3 ZPO (act. 65 S. 27 E. V.3.) – von der internen Kostenbeteiligung bei der Beklagten ausgenommen seien. Die Kammer hat im zwischen den gleichen Parteien ergangenen Urteil LB200003 vom 16. Dezember 2020 festgehalten, dass Art. 106 Abs. 3 ZPO die Möglichkeit der internen Verlegung zwar nur bei mehreren Parteien auf derselben Seite gebe, die Handhabung durch das Bezirksgericht aber auch nicht als falsch erscheine (E. 4). Dass dem anders sein soll, tut die Beklagte nicht in verständlicher Weise dar. Für das obergerichtliche Verfahren ist von der Regelung der internen Kostentragung abzusehen.
Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen, der Beklagten nicht, weil sie unterliegt, den Klägern nicht, weil ihnen keine zu entschädigenden Aufwände entstanden sind.
Es wird erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird. Das Urteil des Bezirksgerichts Horgen vom 22. März 2022 (CG150020-F) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 5'550.– festgesetzt und der Berufungsklägerin auferlegt.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden mit dem von der Berufungsklägerin geleisteten Vorschuss von Fr. 5'550.– verrechnet.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagten unter Beilage eines Doppels von act. 63, sowie an das Bezirksgericht Horgen, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 50'000.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. E. Lichti Aschwanden
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Schnarwiler
versandt am:
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