Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB210035 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 20.07.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO |
Schlagwörter : | Berufung; Recht; Feststellung; Vorinstanz; Betreibung; Entscheid; Verfahren; Rechtsmittel; Parteien; Erstinstanzlich; Forderung; Klage; Angefochten; Feststellungsklage; Angefochtene; Erstinstanzliche; Klagten; Beschluss; Erhob; Berufungsverfahren; Regel; Bundes; Ungewissheit; Beklagten; Vorinstanzliche; Erhoben; Schutzwürdige; Interesse; Gericht; Rückweisung |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ; Art. 191c BV ; Art. 311 ZPO ; Art. 318 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 62 ZPO ; Art. 79 KG ; Art. 85a KG ; Art. 88 ZPO ; Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 119 II 368; 135 III 378; 137 III 617; 141 III 68; 142 III 413; 144 III 175; 144 III 394; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Weitere Kommentare: |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB210035-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. M. Kriech, Vorsitzender, Oberrichterin
lic. iur. Ch. von Moos Würgler und Oberrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. C. Faoro
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. _,
gegen
,
Beklagter und Berufungsbeklagter
betreffend Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO
A. (fortan Klägerin) und B. (fortan Beklagter) sind zwei natürliche Personen. Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, er habe der Klägerin im Jahr 2005 ein Darlehen in der Höhe von rund Fr. 50'000.– zzgl. Zins gewährt. Er hat sie in der Folge in periodischen Abständen immer wieder betrieben; im Rah- men der Vollstreckungsverfahren erfolgten Zahlungen der Klägerin von rund
Fr. 25'000.–. Es resultierte zuletzt ein Verlustschein vom Juni 2020 in Höhe von mehr als Fr. 40'000.–. Im vorliegenden Verfahren ersucht die Klägerin um Fest- stellung, dass das angebliche Darlehen nicht existiert. Die Prozessgeschichte präsentiert sich wie folgt:
Sache zu stellen, und zwar so, dass diese Anträge zum Dispositiv des zweitin- stanzlichen Urteils erhoben werden können. Auf Berufung hin bestätigt die Beru- fungsinstanz das angefochtene Urteil oder entscheidet neu; eine Rückweisung hat die Ausnahme zu bleiben (BGE 137 III 617 E. 4.3; ZK ZPO-Reetz/Theiler, Art. 311 N 34; BK-Sterchi, Art. 311 ZPO N 14 f.; Hungerbühler/Bucher, DIKE-
Komm-ZPO, Art. 311 N 16; ZPO-Rechtsmittel-Kunz, Art. 311 ZPO N 60; Seiler, Die Berufung nach ZPO, Rz. 875 ff.). Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn ein Entscheid in der Sache von vornherein nicht möglich ist, vermag ein blosser Rückweisungsantrag zu genügen. Das trifft etwa dann zu, wenn ein erstinstanzli- cher Nichteintretensentscheid angefochten wird, der ergangen ist, ohne dass zu- vor ein ordnungsgemässes Verfahren durchgeführt worden wäre (Hungerbüh- ler/Bucher, DIKE-Komm-ZPO, Art. 311 N 20 f.).
Die Klägerin ersucht das Obergericht in ihrem Hauptberufungsantrag, die Vorinstanz zu einem spezifischen Tun anzuweisen (Urk. 40 S. 2). Wie soeben er- wähnt kann die Rechtsmittelinstanz auf eine Berufung hin den angefochtenen Entscheid bestätigen, neu entscheiden oder bei gegebenen Voraussetzungen die Sache an die erste Instanz zurückweisen (Art. 318 Abs. 1 ZPO). Bei einer Rück- weisung ist die Erstinstanz – wie auch die Rechtsmittelinstanz für den Fall einer neuerlichen Berufung – zwar an die Erwägungen der Zweitinstanz zur Sache ge- bunden (KUKO ZPO-Brunner/Vischer, Art. 318 N 8), die Kompetenz zur weiterge- henden Erteilung von Weisungen (über das Anfechtungsobjekt hinaus) kennt die ZPO aber nicht. Vielmehr verletzt die von der Klägerin beantragte Anweisung die von Bundes- und Kantonsverfassung eingeräumte richterliche Unabhängigkeit.
Anforderungen an die Berufungsschrift
Art. 311 N 36). Die Beanstandungen am angefochtenen Entscheid haben die Par- teien innert der Berufungs- bzw. Berufungsantwortfrist vollständig vorzutragen (BGE 142 III 413 E. 2.2.4 mit Hinweisen). Vor Obergericht haben die Parteien mit- tels klarer und sauberer Verweisungen auf die Ausführungen vor der Vorinstanz zu zeigen, wo sie die massgeblichen Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen vorgetragen und auch Beweisanträge gestellt haben.
Mit einer Feststellungsklage verlangt die Klägerin die gerichtliche Feststel- lung, dass ein Recht oder ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht (Art. 88 ZPO). Jede Feststellungsklage setzt ein Feststellungsinteresse voraus (BGE 119 II 368 E. 2a). Die Klägerin muss mithin dartun, dass sie ein schutzwürdiges Inte- resse an der Feststellung hat (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Feststellungsklage zuzulassen, wenn die Kläge- rin an der sofortigen Feststellung ein erhebliches schutzwürdiges Interesse hat, welches kein rechtliches zu sein braucht, sondern auch bloss tatsächlicher Natur sein kann. Diese Voraussetzung ist namentlich gegeben, wenn die Rechtsbezie- hungen der Parteien ungewiss sind und die Ungewissheit durch die richterliche Feststellung behoben werden kann. Dabei genügt nicht jede Ungewissheit; erfor- derlich ist vielmehr, dass ihre Fortdauer der Klägerin nicht mehr zugemutet wer- den darf, weil sie sie in ihrer Bewegungsfreiheit behindert (BGE 144 III 175 E. 5; 141 III 68 E. 2.3; 136 III 523 E. 5). Ein Feststellungsinteresse fehlt in der Regel, wenn eine Leistungs-, Gestaltungs- oder Unterlassungsklage zur Verfügung steht, die sofort eingereicht werden kann und die es der Klägerin erlauben würde, direkt die Beachtung ihres Rechts oder die Erfüllung der Forderung zu erwirken. In die- sem Sinne ist die Feststellungsklage im Verhältnis zu einer Leistungs- oder Ge- staltungsklage subsidiär (BGE 135 III 378 E. 2.2).
Besondere, gelockerte Grundsätze gelten für die negative Feststellungskla- ge einer Schuldnerin, welche in der gegen sie angehobenen Betreibung Rechts- vorschlag erhoben hat. Danach dürfen an die Zulassung der negativen Feststel- lungsklage (betreffend die in Betreibung gesetzte Forderung) während des lau- fenden, durch Rechtsvorschlag gehemmten Betreibungsverfahrens keine hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr ist das schutzwürdige Interesse an der Feststellung des Nichtbestands der Forderung grundsätzlich zu bejahen, sobald diese in Betreibung gesetzt wurde (BGE 141 III 68 E. 2.6.1.1 S. 76 und E. 2.7;
s.a. BGE 144 III 175 E. 5.3.2).
2019 ebenfalls mögliche Klage nach Art. 85a SchKG) angewiesen, welche ihr die gelockerte bundesgerichtliche Praxis gewährt. Hat der Gläubiger bezüglich der in Betreibung gesetzten Forderung hingegen bereits eine Leistungsklage erhoben, entscheidet das Gericht im Rahmen dieser (Leistungs-)Klage über den Bestand der Forderung, womit die diesbezügliche Ungewissheit beseitigt wird.
Fr. 25'079.55 an den Beklagten akzeptiert und nicht rückgefordert habe. Unter den gegebenen Umständen erscheine eine sofortige Feststellung des Nichtbe- standes der Forderung nicht als angebracht und der Klägerin sei zuzumuten, die Klärung der Streitfrage auf dem Betreibungsweg abzuwarten. Es sei nämlich nicht geltend gemacht worden, dass der Beklagte keine Schritte unternommen habe, um die Betreibung weiterzuverfolgen. Auf die Klage sei mangels Feststellungsin- teresses nicht einzutreten. (Urk. 41 S. 8).
für kreditwürdig erklärt und bei der Wohnungsvergabe nicht berücksichtigt worden (Urk. 40 S. 4 ff.).
heben. Da die Betreibung durch den Beklagten bis anhin nicht fortgesetzt wurde, stehen auch keine vollstreckungsrechtlichen Behelfe zur Verfügung, die Unsi- cherheit zeitnah zu beseitigen. Im Übrigen steht nunmehr die Rechtshängigkeit der vorliegenden Feststellungsklage (Art. 62 Abs. 1 ZPO) einer allfälligen Aner- kennungs- bzw. Aberkennungsklage entgegen (Art. 59 Abs. 2 lit. d ZPO). Das weitere Kriterium gemäss der früher verwendeten Formulierung, wonach die Fort- dauer der Ungewissheit für die Klägerin unzumutbar sein müsse, ist angesichts der angeführten gelockerten bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch ohne wei- teres zu bejahen (vgl. E. 5.1.). Die im angefochtenen Beschluss angeführten As- pekte des langjährigen Bestehens der Ungewissheit und der Bezahlung von rund Fr. 25'000.– an den Beklagten führen zu keinem gegenteiligen Schluss. Das Feststellungsinteresse der Klägerin an der Klage ist daher zu bejahen, der ange- fochtene Nichteintretensentscheid aufzuheben und die Sache in Gutheissung der Berufung zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen, oh- ne dass auf die weiterführenden Argumente der Klägerin in der Berufungsschrift eingegangen werden müsste.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'500.– festgesetzt.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 48'600.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 20. Juli 2022
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. C. Faoro versandt am:
ya
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.