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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LB210017: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschwerdeführer X._____ hat gegen den Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Nordbünden Beschwerde eingereicht, da die Errichtung einer Beistandschaft abgelehnt wurde. Nach verschiedenen Untersuchungen und Berichten wurde entschieden, dass keine Erwachsenenschutzmassnahme für X._____ erforderlich sei. Dagegen legte X._____ Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden ein und forderte weitere Abklärungen bezüglich Erwachsenenschutzmassnahmen. Das Gericht hob den Entscheid auf und wies die Sache zur erneuten Beurteilung an die KESB Nordbünden zurück.

Urteilsdetails des Kantongerichts LB210017

Kanton:ZH
Fallnummer:LB210017
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB210017 vom 19.10.2021 (ZH)
Datum:19.10.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Recht; Feststellung; Beklagten; Berufung; Vorinstanz; Feststellungsklage; Parteien; Ungewissheit; Leistung; Klage; Feststellungsinteresse; Leistungs; Meinung; Meinungsverschiedenheit; Leitplanke; Rechtsverhältnis; Grundsätze; Nationalstrassen; Entscheid; Gericht; Leitplanken; Verfahren; Zeitwert; Zusammenhang; Fälle; Leistungsklage; Schadenregulierung; Schadenregulierungspraxis
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 116 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 42 OR ;Art. 57 ZPO ;Art. 58 SVG ;Art. 74 SVG ;Art. 76b SVG ;Art. 88 ZPO ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:114 II 253; 131 III 319; 135 III 378; 138 III 374; 141 III 68; 142 III 413;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LB210017

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LB210017-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin

Dr. L. Hunziker Schnider und Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos Würgler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Urteil vom 19. Oktober 2021

in Sachen

Schweizerische Eidgenossenschaft, Klägerin und Berufungsklägerin

vertreten durch A. ,

gegen

B. ,

Beklagte und Berufungsbeklagte vertreten durch Rechtsanwalt X. ,

betreffend Forderung

Berufung gegen einen Beschluss des Bezirksgerichtes Zürich,
10. Abteilung, im ordentlichen Verfahren vom 8. März 2021 (CG200038-L)

* * * * * * * * * * * * * * * * * *

Rechtsbegehren:

der Klägerin (Urk. 2 S. 2):

  • 1. Es sei festzustellen, dass die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze für das zwischen der Klägerin und Beklagten ausservertragliche Rechtsverhältnis betreffend die Vorteilsanrechnung massgebend sind.

    2. Es sei festzustellen, dass die Beklagte mit ihrer Schadenregulierungspraxis in widerrechtlicher Art und Weise gegen die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze verstösst, indem sie beschädigte Leitplanken der Nationalstrassen zum Zeitwert ersetzt.

    des Beklagten (Urk. 13 S. 2):

  • 1. Auf die Feststellungsklage vom 10. Juni 2020 sei nicht einzutreten.

  1. Eventualtier sei die Feststellungsklage vom 10. Juni 2020 vollumfänglich abzuweisen.

  2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MWST, sofern die Beklagte nicht der MWST unterliegt, zu Lasten der Klägerin.

Beschluss des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung, im ordentlichen Verfahren vom 8. März 2021:

(Urk. 20 S. 8 = Urk. 27 S. 8)

  1. Auf die Klage wird nicht eingetreten.

  2. Die Entscheidgebühr von Fr. 2'000.wird auf die Gerichtskasse genommen.

  3. Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 3'231.- (inkl. 7.7% MwSt.) zu bezahlen.

  4. [Schriftliche Mitteilung]

  5. [Rechtsmittelbelehrung: Berufung, 30 Tage]

    Berufungsanträge der Klägerin:

    (Urk. 24 S. 2)

    1. Es sei der Beschluss der Vorinstanz vom 8. März 2021 (Verfahren CG200038-L/U) aufzuheben und in reformatorischer Gutheissung der Berufung auf die Klage vom 10. Juni 2020 einzutreten.

    1. Es sei ein genügendes Feststellungsinteresse anzuerkennen.

    2. Eventualiter sei der vorinstanzliche Beschluss aufzuheben und mit der Auflage, auf die Klage einzutreten, an die Vorinstanz zurückzuweisen zu materieller Entscheidung in der Sache.

    3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Beklagten und Berufungsbeklagten.

      Erwägungen:

      1. Sachverhalt und Prozessverlauf
  1. Sachverhalt

    1. Die Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend: Klägerin) ist die Schweizerische Eidgenossenschaft und damit Eigentümerin der Nationalstrassen (Art. 8 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen [NSG, SR 725.11]). Beim Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Beklagter), der als Verein im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen ist, handelt es sich um das B. , welches die Haftung für Schäden deckt, die durch ausländische Motorfahrzeuge und Anhänger in der Schweiz verursacht werden, soweit nach dem Strassenverkehrsgesetz (SVG) eine Versicherungspflicht besteht (Art. 74 Abs. 2 lit. a und Art. 76b SVG). Die in der Schweiz zum Betrieb der Motorfahrzeug- Haftpflichtversicherung zugelassenen Versicherungseinrichtungen bilden und betreiben gemeinsam das B. (Art. 74 Abs. 1 SVG). Geschäftsführender Versicherer des Beklagten ist die C. (Art. 76b Abs. 4 lit. a SVG).

    2. Durch die unfallbedingte Beschädigung von Infrastrukturanlagen im Eigentum der Klägerin werden nicht nur direkte, z.B. Leitplankenersatz, sondern auch indirekte Kosten, wie beispielsweise Aufräumarbeiten, generiert. Gemäss der Klägerin ist die Schadenabwicklung dieser Kosten mit einem grossen Aufwand verbunden, weil zwischen den Parteien keine Einigkeit darüber bestehe, unter welchen Voraussetzungen eine Vorteilsanrechnung zum Tragen komme (Urk. 24 S. 5 Rz 15).

    3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass seitens des Beklagten grundsätzlich eine ausservertragliche Schadenersatzpflicht gegenüber der Klägerin be-

      steht. Strittig zwischen den Parteien ist die im Einzelfall vorzunehmende Bemessung der Höhe des jeweiligen Schadenersatzanspruchs der Klägerin. Konkret geht es dabei um die Frage, ob die beschädigten Infrastrukturanlagen der Natio- nalstrassen zum Neuoder Zeitwert zu ersetzen sind. Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte habe für die Neuanschaffungskosten aufzukommen. Die Entschädigung des Zeitwerts stellt ihrer Ansicht nach einen Verstoss gegen die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze dar, da eine Vorteilsanrechnung neu für alt nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen vorgenommen werde dürfe (Urk. 2 Rz 14 ff., 42 ff., 55 ff.; Urk. 13 Rz 30 ff., 114 ff.; Urk. 18 S. 5). Mit der vorliegenden Feststellungsklage verlangt die Klägerin die Feststellung, dass einerseits die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze für das zwischen der Klägerin und Beklagten ausservertragliche Rechtsverhältnis betreffend die Vorteilsanrechnung massgebend sind und andererseits, dass der Beklagte mit seiner Schadenregulierungspraxis in widerrechtlicher Art und Weise gegen die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze verstösst, indem er beschädigte Leitplanken der Nationalstrassen zum Zeitwert ersetzt (Urk. 2 S. 2).

    4. Nachdem der Beklagte mit seiner Klageantwort das Nichteintreten auf die Feststellungsklage beantragt hatte mit der Begründung, es fehle sowohl an einer genügenden Ermächtigung/Bevollmächtigung von A. als auch an einem Feststellungsinteresse, und es sei bereits eine im Kern identische Feststellungsklage rechtshängig (Urk. 13 S. 12 ff., 72 ff. 90 ff.), beschränkte die Vorinstanz das Verfahren auf diese Fragen und setzte der Klägerin Frist zur Stellungnahme an. Die entsprechende Stellungnahme der Klägerin ging rechtzeitig ein (Urk. 18 und 19).

    5. In der Folge verneinte die Vorinstanz ein Feststellungsinteresse der Klägerin und trat auf die Klage nicht ein (Urk. 27 S. 7 und 8).

  2. Prozessverlauf

    1. Der vorinstanzliche Entscheid vom 8. März 2021 konnte dem Beklagten am

      10. März 2021 (Urk. 22) und der Klägerin am 11. März 2021 (Urk. 21) zugestellt

      werden. In der Folge erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. April 2021 rechtzeitig Berufung (Urk. 24). Mit Schreiben vom 22. April 2021 wurde dem Beklagten angezeigt, dass eine Berufung erhoben worden ist (Urk. 30).

    2. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-23). Da sich die Berufung sogleich als unbegründet erweist, kann auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO).

II. Prozessuales
  1. Berufungsvoraussetzungen

    Nach Eingang der Berufung prüft die Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen das Vorliegen der Rechtsmittelvoraussetzungen. Diese sind vorliegend gegeben. Die Berufung ging rechtzeitig, schriftlich begründet und mit konkreten Anträgen versehen bei der Rechtsmittelinstanz ein (Urk. 21 und 24). Die Klägerin ist durch das vorinstanzliche Urteil beschwert und zur Rechtsmittelerhebung legitimiert; die Streitwertgrenze ist erreicht und für das Rechtsmittel gegen den vorinstanzlichen Entscheid ist das angerufene Obergericht zuständig. Auf die Berufung ist einzutreten.

  2. Berufungsverfahren

    1. Das Berufungsverfahren stellt keine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens dar, sondern ist nach der gesetzlichen Konzeption als eigenständiges Verfahren ausgestaltet (BGE 142 III 413 E. 2.2.1 m.w.Hinw. auf die Botschaft zur Schweizerischen ZPO, BBl 2006, S. 7374). Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über unbeschränkte Kognition bezüglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensausübung (Angemessenheitsprüfung; BGer 5A_184/2013 vom 26. April 2013, E. 3.1). In der schriftlichen Berufungsbegründung (Art. 311 ZPO) ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu betrachten ist bzw. an einem der genannten Mängel leidet. Das setzt (im Sinne einer von Amtes wegen zu prüfenden wei-

      teren Eintretensvoraussetzung) voraus, dass der Berufungskläger die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, sich argumentativ mit diesen ausei- nandersetzt und mittels genügend präziser Verweisungen auf die Akten aufzeigt, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden bzw. aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Die pauschale Verweisung auf frühere Vorbringen deren blosse Wiederholung genügen nicht (vgl. BGE 138 III 374 E. 4.3.1). Was nicht

      oder nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen entsprechenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden; diese hat sich abgesehen von offensichtlichen Mängeln grundsätzlich auf die Beurteilung der Beanstandungen zu beschränken, die in der schriftlichen Begründung formgerecht gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben werden (vgl. BGE 142 III 413 E. 2.2.4 m.w.Hinw.). Insofern erfährt der Grundsatz iura novit curia (Art. 57 ZPO) im Berufungsverfahren eine Relativierung (BK ZPO I- Hurni, Art. 57 N 21 und N 39 ff.; Glasl, DIKE-Komm-ZPO, Art. 57 N 22). Die Begründungsanforderungen gelten auch für die Berufungsantwort, wenn darin Erwägungen der Vorinstanz beanstandet werden, die sich für die im kantonalen Verfahren obsiegende Partei ungünstig auswirken können (BGer 4A_258/2015 vom 21. Oktober 2015, E. 2.4.2; BGer 4A_580/2015 vom 11. April 2016, E. 2.2; BGer

      4A_496/2016 vom 8. Dezember 2016, E. 2.2.2; ZK ZPO-Reetz/Theiler, Art. 312

      N 11).

    2. Im Berufungsverfahren sind neue Tatsachen und Beweismittel resp. über den insoweit zu engen Wortlaut hinaus neue Tatsachenbehauptungen, neue Bestreitungen von Tatsachenbehauptungen, neue Einreden (rechtlicher Art) und neue Beweismittel (ZK ZPO-Reetz/Hilber, Art. 317 N 31) - nach Art. 317 Abs. 1 ZPO nur noch zulässig resp. zu berücksichtigen, wenn sie kumulativ ohne Verzug vorgebracht werden (Art. 317 Abs. 1 lit. a ZPO) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317

      Abs. 1 lit. b ZPO). Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber für das Berufungsverfahren ein Novenrecht statuiert, das nur unter restriktiven Voraussetzungen aus- nahmsweise Noven zulässt. Der ZPO liegt die Idee zugrunde, dass alle Tatsachen und Beweismittel in erster Instanz vorzubringen sind und der Prozess vor der erstinstanzlichen Richterin grundsätzlich abschliessend zu führen ist. Jede Partei, welche neue Tatsachen geltend macht neue Beweismittel benennt, hat zunächst zu behaupten und zu beweisen, dass dies ohne Verzug geschieht. Will eine Partei unechte Noven geltend machen, so trägt sie die Beweislast für die Zulässigkeit der Noven. Sie muss zusätzlich Behauptungen aufstellen und Beweise benennen, aus denen sich ergibt, dass sie umsichtig und sorgfältig gehandelt hat, aber dennoch keine frühere Kenntnis von den neu vorgebrachten Tatsachen und Behauptungen Beweismitteln hatte. Der anderen Partei steht der Gegenbeweis offen (vgl. zum Ganzen BGer 5A_330/2013 vom 24. September 2013, E. 3.5.1 m.w.H.).

  3. Ausgangslage

    1. Die Vorinstanz kam zusammenfassend zum Schluss, dass die zwischen den Parteien herrschende Meinungsverschiedenheit wie es die Klägerin nenne - nicht dazu führe, dass die Rechtsstellung der Klägerin ihr Anspruch ungewiss sei; die Klägerin wisse, dass sie ihre Ansprüche gegenüber dem Beklagten jeweils rechtlich durchsetzen könne. Es bestehe mithin keine Ungewissheit über ein bestimmtes Recht Rechtsverhältnis (Urk. 27 S. 4 f. Ziff. 2). Der Klage fehle es aber auch an der für das Feststellungsinteresse notwenigen Unzumutbarkeit (Urk. 27 S. 5 Ziff. 3). Hinzu komme, dass die Klägerin zum einen im Zusammenhang mit künftigen Schadenereignissen noch nicht entstandene haftpflichtrechtliche Ansprüche abstrakt geprüft und die ihrer Ansicht nach geltenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze verbindlich festgestellt haben möchte. Zum an- deren beantrage sie die Feststellung, dass die Schadenregulierungspraxis des Beklagten in Bezug auf die beschädigten Leitplanken widerrechtlich sei und verlange damit eine abstrakte Überprüfung der erwähnten Praxis. All diese Fragen könnten nicht Gegenstand einer Feststellungklage sein. Es gehe nicht an, mit der Feststellungsklage statt individueller Rechtsbeziehungen allgemeine Fragen zu klären (Urk. 27 S. 6 f. Ziff. 4). Mangels Feststellungsinteresses sei auf die Klage nicht einzutreten, weshalb sich Weiterungen zur Klageänderung sowie zu den

      Fragen der genügenden Bevollmächtigung und Litispendenz erübrigten (Urk. 27

      S. 7 Ziff. 5).

    2. Die Klägerin macht berufungsweise die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts und eine unrichtige Rechtsanwendung geltend (Urk. 24 S. 8 Rz 26).

    3. Nachfolgend ist detailliert auf die einzelnen Rügen der Klägerin einzugehen, soweit diese entscheidrelevant sind.

  4. Feststellungsklage

    1. Die Vorinstanz hielt die rechtlichen Prämissen korrekt fest (Urk. 27 E. II.1.

      S. 3 f.): Mit der Feststellungsklage verlangt die Klägerin die gerichtliche Feststellung, dass ein Recht ein Rechtsverhältnis besteht nicht besteht (Art. 88 ZPO). Das Feststellungsurteil ist somit einer Vollstreckung nicht zugänglich (BK ZPO-Markus, Art. 88 N 6). Jede Feststellungsklage setzt ein Feststellungsinteresse voraus. Die klagende Partei muss dartun, dass sie ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung hat (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Feststellung von Rechten und Rechtsverhältnissen dann zu bejahen, wenn die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien ungewiss ist, die Fortdauer dieser Ungewissheit der klagenden Partei nicht zugemutet werden kann, die Feststellungsklage geeignet ist, diese Ungewissheit zu beseitigen, und (grundsätzlich) die Ungewissheit nicht auf andere Weise, insbesondere nicht durch Leistungs- und Gestaltungsklage, behoben werden kann. Das Feststellungsinteresse muss dabei nicht ein rechtliches, sondern nur ein rechtserhebliches (schutzwürdiges) Interesse sein und kann mithin auch faktischer (z.B. wirtschaftlicher) Natur sein (BGE 135 III 378, E.2.2; Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 7). Es ge- nügt nicht jede Ungewissheit; erforderlich ist vielmehr, dass ihre Fortdauer der Klägerin nicht mehr zugemutet werden darf, weil sie sie in ihrer Bewegungsfreiheit behindert (BGE 141 III 68 E.2.3 S. 71 mit Hinweisen). Ein Feststellunginteresse fehlt der Klägerin in der Regel, wenn ihr eine Leistungs-, Unterlassungsoder Gestaltungsklage zur Verfügung steht, die sofort eingereicht werden kann und die es

      ihr erlaubte, direkt die Beachtung ihres Rechts die Erfüllung der Forderung zu erwirken. In diesem Sinne ist die Feststellungsklage im Verhältnis zu einer Leistungsklageoder Gestaltungsklage subsidiär (BGE 135 III 378 E. 2.2). Kann das Feststellungsinteresse nicht in dieser Weise bejaht werden, fehlt es an einer Prozessvoraussetzung und das Gericht hat ohne Prüfung der materiellen Rechtslage auf die Klage nicht einzutreten (ZK ZPO-Bessenich/Bopp, Art. 88 N 8; Flavia Weber, Die Feststellungklage nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Diss. Basel 2013, S. 61 Rz 118).

    2. Ungewissheit über den Bestand von Rechten und Rechtsverhältnissen

      1. Die Vorinstanz erwog, dass die zwischen den Parteien herrschende Mei- nungsverschiedenheit, nämlich ob die beschädigten Infrastrukturanlagen der Nationalstrassen zum Neuoder Zeitwert zu ersetzen seien bzw. ob die Schadenregulierungspraxis des Beklagten widerrechtlich sei, nicht dazu führe, dass die Rechtsstellung der Klägerin ihr Anspruch ungewiss sei; die Klägerin wisse, dass sie ihre Ansprüche gegenüber dem Beklagten jeweils rechtlich durchsetzen könne. Es bestehe mithin keine Ungewissheit über ein bestimmtes Recht Rechtsverhältnis (Urk. 27 S. 4 f. E. II.2.).

      2. Die Klägerin rügt in ihrer Berufung, dass die Vorinstanz unberücksichtigt lasse, dass die erhebliche unzumutbare Ungewissheit sich gemäss herrschender Lehre nicht darauf beschränken könne, ob die Rechtsbeziehungen der Parteien ungewiss seien. Gemäss herrschender Lehre sei nämlich nicht gemeint, dass die Parteien sich über ihre Rechte Rechtsverhältnisse unsicher sein müssten, sondern es müsse vielmehr zwischen den Parteien eine Meinungsverschiedenheit bestehen. Eine solche Situation ergebe sich regelmässig aus den Behauptungen von Rechten durch den Beklagten, wenn sich diese Rechte gegen den Kläger richteten mit den eigenen Rechtsbehauptungen des Klägers in Widerspruch stünden (Urk. 24 S. 8 Ziff. 29). Dass eine solche Meinungsverschie- denheit zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehe, werde weder von den Parteien bestritten noch von der Vorinstanz in Abrede gestellt. Diese Meinungsverschiedenheit habe die Klägerin anhand von sieben Fällen in ihrer Klageschrift vom 10. Juni 2020 ausführlich und unter Vorlage der entsprechenden Beweismit-

        tel dargelegt. Diese nicht in der Zahl einmaligen Fälle veranschaulichten die aus Sicht der Klägerin widerrechtliche Schadenregulierungspraxis des Beklagten, welcher die gestützt auf Art. 58 i.V.m. Art. 74 Abs. 2 lit. a SVG geschuldeten For- derungen 1) nicht bezahle, da keine Quittung über den Kaufpreis der beschädigten Nationalstrasseninfrastruktur vorliege; 2) unter Abzug eines willkürlichen Betrages und unter Missachtung der in Art. 42 OR zugrundeliegenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze bezahle; 3) ohne Abzug aber mit der Hintertür Klausel ohne Anerkennung einer Rechts- und Leistungspflicht und ohne Präjudiz für weitere Fälle bezahle (Urk. 24 S. 8 f. Ziff. 30).

      3. Eine Ungewissheit über den Bestand des fraglichen Rechts bzw. Rechtsverhältnisses liegt bereits dann vor, wenn zwischen den Parteien eine nach aussen hin manifestierte unterschiedliche Auffassung darüber besteht und demnach die eine Partei den Bestand des Rechts Rechtsverhältnisses behauptet und die andere diesen bestreitet (Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 8). Die die Rechtsstellung der klagenden Partei beeinträchtigende Ungewissheit wird üblicherweise durch Bestreitungen, Anmassungen Berühmungen der Gegenpartei ausgelöst (BK ZPO-Markus, Art. 88 N 18; Bodmer Bernhard, Die allgemeine Feststellungsklage im schweizerischen Privatrecht, Diss. Basel und Frankfurt a.M. 1984 [nachfolgen zitiert: Bodmer, Feststellungklage], S. 89).

      4. Die Ausführung der Vorinstanz, wonach die Klägerin wisse, dass sie ihre Ansprüche gegenüber dem Beklagten jeweils rechtlich durchsetzen könne, ist nicht zu beanstanden und wird von ihr nicht bestritten. Gemäss dem Vorbringen der Klägerin kam es jedoch bei einer von ihr im Zusammenhang mit einer beschädigten Leitplanke (Vorfall vom 12. Juli 2017) angestrebten Leistungsklage nicht zur richterlichen Prüfung der klägerischen Ansprüche und der damit zusammenhängenden grundsätzlichen Frage, ob der Ersatzoder Zeitwert massgeblich sei, weil der Beklagte, nach Erhalt der Vorladung zur Schlichtungsverhandlung bekannt gegeben habe, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für zukünftige Fälle, den Neuwert der beschädigten Leitplanke zu überweisen. Damit habe der Beklagte die gerichtliche Klärung der behaupteten andauernden Meinungsverschiedenheit verhindert (Urk. 24 S. 10 Rz 34 ).

      5. Der Klägerin ist zuzustimmen, dass durch die vom Beklagten verhinderte Klärung der zwischen den Parteien strittigen Fragen eine Ungewissheit besteht. Zu prüfen ist, ob diese, wie vom Bundesgericht gefordert, unzumutbar ist.

    3. Unzumutbarkeit der fortdauernden Ungewissheit

      1. Die Vorinstanz erwog, dass es der Klage auch an der für das Feststellungsinteresse notwendigen Unzumutbarkeit fehle. Selbst wenn man davon ausginge, die Rechtslage stelle sich für die Klägerin ungewiss dar, so stünden ihr Leistungsansprüche für bestehende Schadenereignisse bereits jetzt gegen den Beklagten zu. Inwiefern es für die Klägerin unumgänglich sei, zuerst eine allgemeine gerichtliche Feststellung zu erwirken, bevor sie die konkreten Ansprüche gegen den Beklagten einklage, sei nicht ersichtlich. Es sei für die Klägerin durchaus zumutbar, für allfällige noch offene Forderungen bei zukünftigen Schadenereignissen eine Leistungsklage zu erheben, mit welcher sie die Beachtung ihres Standpunktes erwirken bzw. die Praxis des Beklagten gerichtlich klären lassen könne. Daran bzw. an der fehlenden Unzumutbarkeit ändere auch die von der Klägerin geschilderte Vorgehensweise des Beklagten nichts (Urk. 27 S. 5 Ziff. 3).

      2. Die Klägerin rügt, die Vorinstanz habe ein bedeutendes und schutzwürdiges Interesse an der richterlichen Klärung der Meinungsverschiedenheit nicht als begründet erachtet. Dabei sei von der Vorinstanz nicht gewürdigt worden, dass 1) die Taktik der Beklagten zu einer Pattsituation führe, die zeitraubende und ressourcenverschleudernde Diskussionen rund um die Vorteilsanrechnung mit sich führten, dass 2) die Taktik der Beklagten bis zum heutigen Zeitpunkt die richterliche Klärung der Meinungsverschiedenheit verhindert habe, dass 3) bei einem nächsten Unfallereignis Diskussionen rund um die Vorteilsanrechnung zwischen den Parteien wieder von vorne ausgetragen werden müssten, 4) die Klägerin für den Differenzbetrag nicht übernommenen Betrag für die gestützt auf Art. 74 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 58 SVG entstandenen Schäden einspringen müsse und das Feststellungsinteresse auf weit über CHF 30'000.zu liegen komme und 5) dass die Nationalstrassen in elf Gebietseinheiten (GE I - GE IX) unterteilt seien, welche im Auftrag der Klägerin für die Rechnungstellung und Schadensbeseitigung zuständig seien und pro Gebietseinheit in den vergangenen Jahren und bis

        zum heutigen Zeitpunkt aufgrund der Meinungsverschiedenheiten Ausstände von über CHF 30'000.im Zusammenhang mit der Schadenabwicklung entstanden seien und noch weiterwachsen würden, und 6) die Klägerin sich in Bezug auf die Schadenabwicklung mit verschiedenen Ansprechpersonen innerhalb der dem Beklagten als Mitglieder angehörenden Versicherungsgesellschaften konfrontiert sehe, die gleich gelagerte Fälle nicht einheitlich behandelten bzw. keine einheitliche Schadenregulierungspraxis verfolgten (Urk. 24 S. 10 f. Rz 36). Unter diesen dargelegten Gründen könne schlicht nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Fortdauer dieser Ungewissheit bzw. Meinungsverschiedenheit für die Klägerin als Eigentümerin der Nationalstrassen von 2254,5 Kilometern, angesichts des hohen, von der Klägerin zu jeweils mehreren zehntausend Franken zu übernehmenden Schadenbetrages, nicht länger zugemutet werden könne. Dies auch nicht zuletzt, da der Bagatellcharakter der Ungewissheit aufgrund der gleichen sich immer wie- der stellenden haftpflichtrechtlichen Grundsatzfragen und der damit im Zusammenhang stehenden wachsenden Schadensumme zu verneinen sei (Urk. 24

        S. 11 Rz 38). Das Feststellungsinteresse werde von der Vorinstanz auch verworfen, da keine Unzumutbarkeit vorliege, die wirtschaftlicher Natur sei. Im Weiteren sehe es die Vorinstanz als nicht nachvollziehbar, dass bei Annahme einer Ungewissheit der Rechtslage - die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit das berufliche Fortkommen der Klägerin beschränkt wäre ( ). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung in Bezug auf das Argument der Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit sei hauptsächlich für Privat- und juristische Personen und insbesondere im Zusammenhang mit negativen Feststellungsklagen entwickelt worden. Bei den in Frage stehenden Infrastrukturanlagen handle es sich je- doch um mit Steuergeldern finanziertes Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Insofern sei die Klägerin nicht nur in der Pflicht, eine korrekte Scha- denabwicklung gestützt auf die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze vorzunehmen, sondern stehe gegenüber der Eidgenössischen Finanzverwaltung diesbezüglich auch in der Verantwortung (Urk. 24 S. 11 f. Rz 39 f.). Unter Hinweis auf BGE 114 II 253 E.2 macht die Klägerin zudem geltend, dass sie aufgrund der Meinungsverschiedenheit der immer grösser werdenden Ausstände ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran habe, ob die in ihrer

        Klageschrift vom 10. Juni 2020 vertretene Rechtsauffassung im Zusammenhang mit der Vorteilsanrechnung ein für alle Mal zutreffe (Urk. 24 S. 12 Rz 41 f.).

      3. Nicht jede bestehende Ungewissheit zwischen den Parteien führt zu einem schutzwürdigen Interesse an der Erhebung einer Feststellungklage. Nach Massgabe der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist das Rechtsschutzinteresse nur dann gegeben, wenn die fortdauernde Ungewissheit der klagenden Partei nicht zugemutet werden kann (BGE 135 III 378, E. 2.2.). Diese Unzumutbarkeit wird bei Geldforderungen dann bejaht, wenn die Klägerin durch die bestehende Ungewissheit in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsbzw. Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt ist (BGE 131 III 319 E. 3.5, Pra 2009 Nr. 138 E. 2.2. S. 937; Füllemann,

        DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 9).

      4. Die von der Klägerin geltend gemachten finanziellen Ausstände wachsen ihr nicht an, weil eine Verletzung andauert, sondern diese setzen sich aus verschiedenen Schadensfällen zusammen. Die von der Klägerin in der Klageschrift aufgeführten sieben Fälle (Urk. 2 S. 6 ff.) erstrecken sich über einen Zeitraum von drei Jahren, sind nicht gleich gelagert und es gibt verschiedene Gründe, weshalb vom Beklagten nicht die volle Schadenssumme bezahlt wurde. Die Klägerin hat einzig bei dem von ihr geschilderten Vorfall vom 12. Juli 2017 mit einer beschä- digten Leitplanke (Urk. 2 S. 6 f.) eine Klage eingeleitet. Bei den anderen Fällen hat sie, nach entsprechenden Schriftenwechseln mit dem Beklagten, die Angelegenheit auf sich beruhen lassen, ohne den Rechtsweg zu beschreiten. Die von der Klägerin geschilderten Fälle zeigen das vorprozessuale Verhalten des Beklagten auf. Dieses mag als lästig erscheinen und es ist der Klägerin beizupflichten, dass darin eine gewisse Ressourcenverschleuderung immanent ist. Eine Unzumutbarkeit kann darin jedoch nicht gesehen werden, zumal die Klägerin weder in ihrem Handeln noch in ihren Entscheidungen behindert wird.

    4. Subsidiarität

      1. Die Vorinstanz hielt weiter fest, dass ein Feststellungsinteresse dann fehle, wenn der klagenden Partei eine Leistungs-, Unterlassungsoder Gestaltungsklage zur Verfügung stehe, die sofort eingereicht werden könne und die es ihr erlau-

        ben würde, direkt die Beachtung ihres Rechts die Erfüllung einer Forderung zu erwirken. In diesem Sinne sei die Feststellungsklage im Verhältnis zu einer Leistungsoder Gestaltungsklage subsidiär. Die Ausnahmen vom Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage müssten restriktiv ausgelegt werden. Es könnten nur ganz aussergewöhnliche Umstände ein genügendes Interesse begründen, materiell auf die Feststellungsklage einzutreten. Es stehe somit keinesfalls im Belieben des Klägers, der über eine Leistungsklage verfüge, dem Gericht einzelne (abstrakte) Rechtsfragen auf dem Weg der Feststellungsklage zu unterbreiten, wie wenn er ein Rechtsgutachten einholte (Urk. 27 S. 4).

      2. Die Klägerin rügt, von der Vorinstanz sei nicht berücksichtigt worden, dass die Feststellungsklage gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht schlechthin als der Leistungsoder Gestaltungsklage nachgehend zu betrachten sei, so dass sie immer ausgeschlossen wäre, wenn auf Leistung Gestaltung geklagt werden könne. Eine solche selbständige Bedeutung werde bejaht, wenn es darum gehe, nicht nur die fällige Leistung zu erhalten, sondern die Gültigkeit des ihr zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses auch für dessen künftige Abwicklung feststellen zu lassen. Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gelte also nicht, wenn die Feststellungsklage einen anders gearteten bzw. umfassenden Rechtsschutz gewähre und die klagende Partei gerade dieses Schutzes bedürfe (Urk. 24 Rz 44 S. 12 f.). Im vorliegenden Fall bedürfe es aus Sicht der Klägerin eines solchen umfassenden Rechtsschutzes, da der Beklagte durch sein Verhalten zu verstehen gebe, dass er die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen und von der herrschenden Lehre entwickelten Grundsätze weiterhin verletzen und missachten werde (Urk. 24 S. 12 f. Rz 44-46).

      3. Soweit ersichtlich wurden die zwischen den Parteien strittigen Fragen noch nicht gerichtlich geklärt. Wie schon die Vorinstanz festgehalten hat (Urk. 27 S. 5 Ziff. 3), steht der Klägerin für allfällige noch offene Forderungen bei zukünftigen Schadenereignissen eine Leistungsklage gegen den Beklagten zur Verfügung, mit welcher sie die von ihr geltend gemachte Meinungsverschiedenheit zwischen den Parteien gerichtlich klären lassen kann. Eine solche im Zusammenhang mit einem Schadensfall zu erheben, ist ihr ohne weiteres möglich und zu-

        mutbar. Sie hat denn auch mit keinem Wort dargelegt, weshalb ihr eine solche Leistungsklage nicht möglich wäre. Wenn sich die Klägerin aufgrund von Korrespondenz sonstigen Verhaltens des Beklagten vom Beschreiten des Rechtsweges abhalten lässt, so hat sie sich das selber zuzuschreiben. Wie sich der Beklagte nach gerichtlicher Klärung der geltend gemachten Meinungsverschiedenheit künftig verhalten würde, steht nicht fest.

      4. In Bezug auf das erste Rechtsbegehren ist damit ein Feststellungsinteresse zu verneinen.

    5. Mit dem zweiten Rechtsbegehren verlangt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagte mit seiner Schadenregulierungspraxis in widerrechtlicher Art und Weise gegen die aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätze verstösst, indem er beschädigte Leitplanken der Nationalstrassen zum Zeitwert ersetzt (Urk. 2 S. 2).

      1. Die Vorinstanz führte dazu aus, dass die Klägerin mit diesem Feststellungsbegehren eine abstrakte Überprüfung der erwähnten Praxis verlange. Diese Fragen könnten nicht Gegenstand einer Feststellungklage sein. Es gehe nicht an, mit der Feststellungklage statt individueller Rechtsbeziehungen allgemeine Fragen zu klären. Ausserdem komme es bei der Schadensberechnung wie die Klägerin selber ausführe - unter anderem darauf an, ob es sich um einen wertbeständigen nicht wertbeständigen Gegenstand handle. Da zur Infrastruktur der Nationalstrassen nicht nur Leitplanken, sondern zahlreiche weitere Anlagen gehörten, sei die Vornahme der von der Klägerin verlangten Beurteilung bzw. Feststellung von vornherein nicht möglich. Auch die Behandlung des zweiten Begehrens der Klägerin würde sich angesichts der unterschiedlichen Fahrzeugrückhaltesysteme (Leitschranke, Leitmauer, Anpralldämpfer) der sich in Zukunft allenfalls gestützt auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse ändernde Materialbeschaffenheit als nicht zielführend bzw. unmöglich erweisen (Urk. 27 S. 7).

      2. Die Klägerin lässt dazu ausführen, dass im Zusammenhang mit der aus Art. 74 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 58 SVG resultierenden Schadenabwicklung immer wieder Leitplanken zur Diskussion stünden, welche aus den von ihr dargelegten

        rechtlichen und sicherheitsrelevanten Gründen immer zum Anschaffungswert bzw. Neuwert ersetzt werden müssten. Der Beklagte vertrete hier eine andere Meinung und entschädige diese unter Missachtung der aus Art. 42 OR resultierenden haftpflichtrechtlichen Grundsätzen zum Zeitwert (Urk. 24 S. 14 Rz 51). Die Vorinstanz habe mit ihren Ausführungen eine unrechtmässige Erweiterung des Rechtsbegehrens vorgenommen, zumal sich die technischen Ausführungen in ihrer Klageschrift vom 10. Juni 2020 unmissverständlich auf Leitplanken bezögen (Urk. 24 S. 15 Rz 53). Vorliegend mache sie ein spezifisches Feststellungsinteresse für Leitplanken geltend und nicht für irgendwelche Fahrzeugrückhaltesysteme (Urk. 24 S. 15 Rz 55). Zudem sei das Feststellungsinteresse rechtlicher Natur, da ein die Begehren gutheissendes Urteil einen erheblichen Einfluss auf die Schadenregulierung im Zusammenhang mit Forderungen aus Art. 74 Abs. 2 lit. a

        i.V.m. Art. 58 SVG haben werde (Urk. 24 16 Rz 56).

      3. Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, dass abstrakte Rechtsfragen sowie hypothetische fiktive Rechtsverhältnisse nicht Inhalt einer Feststellungsklage bilden können, weil die Gerichte zur Streitentscheidung berufen sind und nicht zu theoretischen Rechtsbelehrungen. Die Gerichte sollen nicht mittels Feststellungsklage in die Rolle von Gutachtern gedrängt werden können (Bodmer, Feststellungsklage, S. 62, mit weiteren Hinweisen). Eine Streitsache muss somit dem Richter auf dem zu diesem Zweck vorgesehen Weg in ihrer Gesamtheit vorgelegt werden; der Gläubiger, der über eine Leistungsklage verfügt, kann jedenfalls nicht wählen, Rechtsfragen abzutrennen, um sie dem Richter auf dem Weg einer Feststellungsklage separat zu unterbreiten (Pra. 2009 Nr. 138

        E. 2.2.).

      4. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog (Urk. 27 S. 6 f. Ziff. 4), verlangt die Klägerin eine abstrakte Überprüfung der von ihr behaupteten Schadenregulierungspraxis des Beklagten, was nicht Gegenstand einer Feststellungklage sein kann.

      5. Soweit die Klägerin behauptet, dass der Beklagte die Leitplanken immer zum Zeitwert entschädige, so hat sie selbst in ihrer Klage ausgeführt, dass beim Vorfall vom 12. Juli 2017 der Beklagte letztlich den ganzen von ihr geforderten

        Betrag, mithin den Ersatzwert, bezahlt hat (Urk. 2 S. 6 f. Rz 15-26). Eine eigentliche Praxis des Beklagten, nur den Zweitwert zu entschädigen ist damit nicht auszumachen. Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte den vollen Betrag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für zukünftige Fälle bezahlt hat (vgl. Urk. 4/15).

      6. Wie bereits ausgeführt, steht der Klägerin für die von ihr geltend gemachten Meinungsverschiedenheiten die Leistungsklage zur Verfügung. Eine solche zu erheben ist ihr ohne Weiteres zumutbar. Wird im Rahmen einer solchen Leistungsklage die zwischen den Parteien strittigen Frage entschieden, so haben sich die Parteien diesem Urteil zu beugen. Damit fehlt es auch beim zweiten Rechtsbegehren an einem Feststellungsinteresse.

    6. Zusammenfassend ergibt sich, dass ein Feststellungsinteresse nicht bejaht werden kann, weshalb auf die Klage nicht einzutreten ist. Es erübrigt sich, auf die weiteren Vorbringen der Klägerin einzugehen. Es kann somit auch offen bleiben, ob die Vorinstanz eine unzulässige Erweiterung des Rechtsbegehrens vorge- nommen hat.

    7. Damit erweist sich die Berufung der Klägerin als unbegründet. Sie ist dem- nach abzuweisen und der Beschluss der Vorinstanz vom 8. März 2021 ist zu bestätigen.

III. Kosten- und Entschädigungsfolgen
    1. Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist bei einem Streitwert von mindestens Fr. 30'000.auf Fr. 2'000.festzusetzen (§ 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 der GebVO OG).

    2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde grundsätzlich die Klägerin kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Da gemäss § 200 lit. a GOG dem Kanton Zürich in Zivilverfahren keine Gerichtskosten auferlegt werden, gilt die Kostenfreiheit auch für die Klägerin (Art. 116 Abs. 2 ZPO). Die Kosten sind deshalb auf die Gerichtskasse zu nehmen.

    3. Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen, der Klägerin zufolge ihres Unterliegens und dem Beklagten mangels Aufwendungen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und der Beschluss des Bezirksgerichts Zürich, 10. Abteilung, vom 8. März 2021 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beklagten unter Beilage des Doppels von Urk. 24, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 30'000.-.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 19. Oktober 2021

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

Dr. D. Scherrer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz

versandt am: ya

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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