Zusammenfassung des Urteils LB190039: Obergericht des Kantons Zürich
Die A. GmbH wurde von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen aufgefordert, für die Jahre 2009 und 2010 Dividendenanteile in die Lohnsumme aufzunehmen und entsprechende Beiträge nachzuzahlen. Die Beschwerde gegen diese Nachzahlungen wurde abgelehnt, da die Dividenden als überhöht angesehen wurden. In der Beschwerde wurde argumentiert, dass die Dividenden nicht als Lohn umqualifiziert werden sollten, da der Inhaber angemessene Löhne bezogen habe. Das Gericht entschied jedoch, dass ein Teil der Dividenden als Lohn betrachtet werden sollte, da sie auf der Arbeitsleistung des Inhabers beruhten. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB190039 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 17.12.2019 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_94/2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Negative Feststellungsklage |
Schlagwörter : | Recht; LugÜ; SchKG; Feststellung; Berufung; Klage; Verbrauch; Verbraucher; Gericht; Vorinstanz; Betreibung; Feststellungsklage; Berufungs; Entscheid; Vertrag; Verfahren; Kläger; Zuständigkeit; LugÜ-; Beklagten; Beschluss; Klägers; Verbrauchers; Wohnsitz; Bundesgericht; Vollstreckung; Gerichtsstand; Bezirksgericht |
Rechtsnorm: | Art. 117 ZPO ;Art. 3 IPRG ;Art. 30a KG ;Art. 46 ZPO ;Art. 79 KG ;Art. 83 KG ;Art. 85 KG ;Art. 85a KG ;Art. 86 KG ;Art. 88 ZPO ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 129 III 197; 132 III 277; 132 III 778; 138 III 217; 144 III 175; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB190039-O/U
damit vereinigt Geschäfts-Nr. RB190018-O
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, die Oberrichterinnen Dr. S. Janssen und lic. iur. Ch. von Moos Würgler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. J. Freiburghaus
Beschluss vom 17. Dezember 2019
in Sachen
,
Kläger, Berufungskläger und Beschwerdeführer vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
Bank AG,
Beklagte, Berufungsbeklagte und Beschwerdegegnerin 1
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y1. , substituiert durch Rechtsanwalt MLaw Y2. ,
Beschwerdegegner 2
sowie
vertreten durch Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung,
betreffend negative Feststellungsklage
* * * * * * * * * * * *
Rechtsbegehren:
(Urk. 2 S. 2)
1. Es sei festzustellen, dass der Kläger der Beklagten die Forderung von CHF 104'555.00 zzgl. Zins zu 1.67% seit dem 25.02.2016 und CHF 40'623.00 offene Zinsen nicht schuldet;
2. Es sei die Vollstreckung der Betreibung mit der Nummer 1 beim Betreibungsamt Zürich 4 vorsorglichen gem. Art. 261 ff. ZPO einzustellen;
Alles u.K.u.E.F. zuzüglich MwSt. zu Lasten der Beklagten.
Beschluss des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung, vom 20. Juni 2019:
(Urk. 28 S. 16 f.)
Auf die Klage wird nicht eingetreten.
Das Gesuch um eine vorsorgliche Massnahme wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 5'000.-.
Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 2'931.60 zu bezahlen.
[Mitteilungssatz]
[Rechtsmittelbelehrung]
Berufungsanträge:
des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 27 S. 2):
Es sei der vorinstanzliche Beschluss in Ziffer 1 und 4 bis 6 aufzuheben und mit der Auflage, auf die Klage einzutreten, an die Vorinstanz zurückzuweisen zur materiellen Entscheidung in der Sache;
Alles u. K. u. E. F. für beide Instanzen zuzüglich MwSt. zu Lasten der Beklagten und Appellatin.
Prozessantrag:
Es sei dem Appellanten (auch) im Rechtsmittelverfahren vollumfängliche unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und der Unterzeichnende als Rechtsanwalt zu bestellen.
der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 31 S. 2):
1. Es sei die Berufung des Berufungsklägers vom 26. August 2019 gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 20. Juni 2019 (CG190028-L) betreffend negative Feststellungsklage abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt) zulasten des Berufungsklägers.
Beschwerdeanträge:
des Klägers und Beschwerdeführers (Urk. 34/27 S. 2):
1. Es sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides Ziff. 3 dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung für die 1. Instanz zu gewähren.
Es sei dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und der Unterzeichnete als unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.
Alles u.K.u.E.F. zuzüglich MwSt. zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
Erwägungen:
Sachverhalt
Der Kläger und Berufungskläger (nachfolgend: Kläger) ist eine Privatperson mit Wohnsitz in Zürich. Die Beklagte und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) ist ein deutsches Kreditinstitut mit Sitz in C. . Eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, die D1. AG, gewährte dem Kläger ein Darlehen zur Finanzierung einer noch zu sanierenden Eigentumswohnung in E. [Ort], Thüringen, Deutschland. Das Darlehen wurde durch eine Grundschuld nebst dinglicher und persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung über DM 210'000.gesichert. Am 4. Dezember 1997 wurde eine entsprechende öffentliche Urkunde eines deutschen Notars errichtet (Urk. 3/4). Mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 kündigte die unter anderem aus der D1. AG hervorgegangene D2. AG das besagte Darlehen (Urk. 3/10). In der Folge wurde die Wohnung zwangsversteigert und die Rechtsvorgängerin der Beklagten für ihre Forderung teilweise befriedigt (Urk. 3/11.1.-12.2). Der letzte Beschluss des Amtsgerichts Rudolstadt datiert vom 14. November 2005 (Urk. 3/13).
Am 25. April 2017 wurde der Kläger betrieben und erhob Rechtsvorschlag (Urk. 2 S. 11). Mit Schreiben vom 8. Mai 2017 gelangte der Rechtsvertreter der Beklagten an den Kläger und hielt unter anderem fest, dass der von der Beklag-
ten eingeklagte Betrag auf einer Grundschuld-Urkunde basiere, welche in der Schweiz wie ein rechtskräftiges Urteil durchgesetzt werden könne. Aus diesem Grund werde er aufgefordert, den von ihm erhobenen Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 2 des Betreibungsamtes Zürich 4 zurückzuziehen, ansonsten der Betrag eingeklagt werde (Urk. 3/14). Am 11. Januar 2018 unterschrieb der damals nicht vertretene Kläger eine Schuldanerkennung, wonach er der Beklagten CHF 155'978.zuzüglich Zins zu 1.67% seit dem 25. Februar 2016 auf CHF 104'555.schulde (Urk. 3/15), und leistete daraufhin fünf Abschlagszahlungen in der Höhe von insgesamt CHF 4'400.- (Urk. 3/18 S. 2).
In der Folge mandatierte der Kläger seinen Rechtsvertreter, und es kam zu einem Schriftenwechsel zwischen den Rechtsvertretern der Parteien, der zu keiner Einigung führte.
Mit Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich 4 vom 28. Juni 2018 betrieb die Beklagte den Kläger über CHF 104'555.- nebst Zins zu 1.67 % seit 25. Februar 2016 und Fr. 46'023.00 (Urk. 3/19). Der Kläger erhob Rechtsvorschlag. Gestützt auf die besagte öffentliche Urkunde wurde der Beklagten mit Entscheid des Einzelgerichts Audienz am Bezirksgericht Zürich vom 22. Oktober 2018 definitive Rechtsöffnung erteilt. Eine vom Kläger hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. März 2019 ab (Urk. 2 S. 2 f.).
Mit Klageschrift vom 29. März 2019 (Urk. 2) erhob der Kläger am Bezirksgericht Zürich eine negative Feststellungsklage und erklärte, diese stütze sich auf Art. 85a Abs. 1 SchKG (Urk. 2 S. 2 Rz 4). Gleichzeitig stellte er den Antrag, die Vollstreckung der Betreibung mit der Nummer 1 beim Betreibungsamt Zürich 4 sei vorsorglich gemäss Art. 261 ff. ZPO einzustellen (Urk. 2 S. 2). Nach einer entsprechenden Rückfrage durch das Einzelgericht für SchKG-Klagen (Urk. 5) ersuchte der klägerische Rechtsvertreter, die negative Feststellungsklage im Sinne von Art. 88 ZPO zu behandeln (Urk. 6). In der Folge wurde das Verfahren der 4. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich zugeteilt (Urk. 7/1).
Mit Beschluss vom 25. April 2019 wurde der Beklagten Frist angesetzt, um zum Gesuch des Klägers um vorläufige Einstellung der Betreibung Stellung zu nehmen (Urk. 10). Mit Eingabe vom 6. Mai 2019 nahm die Beklagte Stellung und erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit (Urk. 12). Mit Referentenverfügung vom 7. Mai 2019 wurde das Verfahren auf die Frage der Zuständigkeit beschränkt und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt (Urk. 14). Die Stellungnahme des Klägers datiert vom 24. Mai 2019 (Urk. 18-20/1-16). Mit Beschluss vom 20. Juni 2019 trat die Vorinstanz auf die Klage nicht ein. Das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen wurde, soweit darauf eingetreten wurde, abgewiesen. Ebenfalls abgewiesen wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 28).
Prozessgeschichte
Bezüglich des Verlaufs des erstinstanzlichen Verfahrens sei auf den angefochtenen Entscheid vom 20. Juni 2019 verwiesen (Urk. 28 S. 2-4).
Der vorinstanzliche Entscheid vom 20. Juni 2019 wurde den Parteien am
24. Juni 2019 zugestellt (Urk. 22-24). Die Doppel der Urk. 18, 19/1-2 und 20/1-16 wurden dem Rechtsvertreter der Beklagten mit separater Post am 25. Juni 2019 zugestellt (Urk. 25).
In der Folge erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Juli 2019 Beschwerde (Urk. 34/27) und mit Schriftsatz vom 26. August 2019 Berufung (Urk. 27). Die Beschwerde wurde unter der Geschäftsnummer RB190018-O angelegt und die Berufung unter der vorliegenden Geschäftsnummer LB190039-O.
Im Berufungsverfahren wurde mit Verfügung vom 4. Oktober 2019 die Berufungsschrift vom 26. August 2019 der Beklagten zugestellt und ihr Frist für die Berufungsantwort angesetzt (Urk. 30). Die Berufungsantwort der Beklagten ging fristgerecht am 7. November 2019 ein (Urk. 31) und wurde dem Kläger mit Verfügung vom 12. November 2019 zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 33). Weitere Eingaben der Parteien erfolgten nicht.
Die vorinstanzlichen Akten wurde beigezogen (Urk. 1-26). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Teilrechtskraft
Der Beschluss der Vorinstanz, wonach das Gesuch um eine vorsorgliche Massnahme abgewiesen wird, soweit darauf eingetreten wird (Urk. 28 S. 16 DispositivZiffer 2) wurde nicht angefochten und erwächst damit in Rechtskraft. Davon ist Vormerk zu nehmen.
Prozessvereinigung
Da sich die Berufung und die Beschwerde des Klägers gegen den gleichen Entscheid richten, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren zu vereinigen (Art. 125 lit. c ZPO) und das Verfahren RB190018 unter der Geschäfts-Nr. LB190039 weiterzuführen. Das Verfahren RB190018 ist als dadurch erledigt abzuschreiben. Die Akten des Beschwerdeverfahrens RB190018 sind als Urk. 34 zu den Akten des vorliegenden Verfahrens zu nehmen.
Ausgangslage
Der Kläger führte vor Vorinstanz aus, dass er jegliche Zugeständnisse hinsichtlich der an ihn gestellten Forderung widerrufen und zudem einen Grundlagenirrtum hinsichtlich der Gesamtforderung sowie die Verjährung geltend gemacht habe (Urk. 2 S. 12 Rz 23). Aufgrund der offensichtlichen Übervorteilung durch die Beklagte seien die klägerischen Zugeständnisse nichtig (Urk. 2 S. 12 Rz 23). Das Grundgeschäft für den Erwerb einer Liegenschaft enthalte einen klassischen Fall von verstecktem Dissens. Wenn der Kläger gewusst hätte auch nur hätte ahnen können, welch enormes finanzielles Risiko er mit diesem Schein-Darlehens-Vertrag eingegangen sei, hätte er den Vertrag resp. die Bewil-
ligung für die Vertretung in dieser Angelegenheit natürlich nie unterzeichnet. Das Grundgeschäft enthalte somit einen Willensmangel und sei nichtig. Die Voraussetzungen für die Annahme einer absichtlichen Irreführung seien dem Sachverhalt aufs deutlichste zu entnehmen, und sei dank den Internet-Themen zu den Schrottimmobilien zusätzlich glaubhaft gemacht (Urk. 2 S. 14 Rz 28). Darüber hinaus sei der vorliegende (bestrittene) Rechtsanspruch gemäss dem in diesem Fall anwendbaren deutschen Recht verwirkt. Die Verwirkung ergebe sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und stelle eine rechtsvernichtende Einwendung dar, die von Amtes wegen berücksichtigt werden müsse (Urk. 2
S. 14 Rz 29).
Die Beklagte liess vor Vorinstanz ausführen, dass es sich in der Hauptsache um einen internationalen Sachverhalt handle. Entsprechend sei die örtliche Zuständigkeit gemäss den völkerrechtlichen Verträgen bzw. dem IPRG zu prüfen. Vorliegend sei das Lugano-Übereinkommen anwendbar und ein Klägergerichtsstand sei nicht gegeben. Das Bezirksgericht Zürich sei somit örtlich nicht zustän- dig und auf die negative Feststellungsklage werde nicht einzutreten sein (Urk. 12
S. 2 Rz 3).
In der Stellungnahme zur Unzuständigkeitseinrede (Urk. 18) führte der Kläger vor Vorinstanz aus, dass er sich auf zwei primäre Grundlagen stütze, welche für die Annahme eines Klägergerichtsstandes sprächen. Die anhängig gemachte negative Feststellungsklage könne nach anerkannter schweizerischer Lehre und Rechtsprechung dann am Wohnsitz des Klägers eingebracht werden, wenn sie in einem direkten Zusammenhang mit einem Vollstreckungsverfahren in derselben Sache stehe (Urk. 18 S. 4 Rz 10 f.). Die Identität des Streitgegenstandes werde in der Klageschrift einlässlich begründet und sei zu Recht auch nicht bestritten. Um ein forum running handle es sich nicht, da die Beklagte zurzeit keine Veranlassung habe, irgendwelche Klagen gegen den Kläger anhängig zu machen, habe sie doch mit der definitiven Rechtsöffnung die Möglichkeit erhalten, ihre (vermeintlichen) Ansprüche in der Schweiz vollstrecken zu lassen. Umgekehrt habe der Kläger ein Rechtsschutzinteresse daran, durch den Richter feststellen zu lassen, dass das Recht der Beklagten, diese geltend gemachten An-
sprüche durchzusetzen, nicht gegeben sei. So sei auch für den Kläger unzumutbar, zuerst die Vollstreckung über sich ergehen zu lassen, um sich hernach mit einer Rückforderungsklage schadlos zu halten.
Der Kläger gehe davon aus, dass LugÜ Art. 5.3. (evtl. Art. 2) anwendbar sei. Grund dafür sei, dass nach Lehre und Rechtsprechung ein widerrechtlicher Inhalt eines Vertrages i.w.S., der den Vertrag nichtig mache, zu den Handlung die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt sei zu rechnen sei. Als solche falle somit der Gerichtsstand ebenfalls auf den Wohnsitz des Klägers (Urk. 18 S. 5 Rz 11).
Die Vorinstanz trat mangels Zuständigkeit auf die Klage nicht ein. Sie führte dazu unter Hinweis auf BGE 132 III 778 E. 2.1. aus, dass das Bundesgericht festgehalten habe, dass der Klägergerichtstand für die negative Feststellungsklage grundsätzlich nicht zur Verfügung stehe. Anders als die Aberkennungsklage sei die vorliegende negative Feststellungsklage nicht mit dem Betreibungsverfahren verbunden; sie entfalte keinerlei Reflexwirkungen auf dieses. Es kämen folglich die normalen Zuständigkeitsvorschriften des LugÜ zur Anwendung und diese würden keinen Klägergerichtsstand für materiellrechtliche Klagen kennen, welche mit einem Vollstreckungsverfahren zusammenhängen würden (Urk. 28 S. 5
Ziff. 3).
Die Vorinstanz führte weiter aus, dass der Kläger meine, dass nach Lehre und Rechtsprechung ein widerrechtlicher Inhalt eines Vertrages im weiteren Sinne, der den Vertrag nichtig mache, zu den Handlungen, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt seien, zu rechnen sei. Der Handlungsbzw. Erfolgsort der angeblichen unerlaubten Handlung liege nach Auffassung des Klägers offenbar an seinem Wohnsitz, weshalb er dort einen Gerichtsstand zu erkennen glaube. Dabei verkenne er, dass es sich vorliegend klarerweise um eine vertragliche Streitigkeit handle. Der von ihm als inexistent bezeichnete Anspruch würde sich im Falle seiner Begründetheit aus einem Darlehensvertrag herleiten. Etwas anderes lasse sich dem klägerischen Tatsachenvortrag nicht entnehmen. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger unter anderem einwende, der Vertrag sei ungültig nichtig. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung sei somit nicht gegeben (Urk. 28 S. 6 lit. b).
Frage der örtliche Zuständigkeit für die negative Feststellungsklage nach Art. 88 ZPO
Vorab ist festzuhalten, dass der Kläger von der Vorinstanz aufgefordert wurde, sich zu erklären, welche Art von Verfahren er wähle (Urk. 5). Der Kläger entschied sich nicht für eine Klage nach Art. 85a SchKG, sondern für die negative Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO (Urk. 6).
Der Kläger rügt im Berufungsverfahren, dass die Vorinstanz von überholten Bundesgerichtsentscheiden ausgegangen sei. So habe sie insbesondere den Entscheid des Bundesgerichts vom 14.03.2018 (4A_417/2017) übersehen, wo das Bundesgericht in einer Praxisänderung den schweizerischen Gerichtsstand der Klägerin im Prinzip neuerdings auch für negative Feststellungsklagen anerkannt habe und damit den einleuchtenden Überlegungen jener Klägerschaft gefolgt sei (Urk. 27 S. 4 f. Rz 8).
Die Beklagte hält dazu in ihrer Berufungsantwort fest, der Kläger verkenne, dass es im erwähnten Entscheid des Bundesgerichts nicht um die Frage der örtlichen Zuständigkeit gehe. Der Entscheid beschäftige sich vielmehr mit der Frage, wann ein genügendes Rechtsschutzinteresse für die negative Feststellungsklage bestehe. Bei der örtlichen Zuständigkeit und dem Rechtsschutzinteresse handle es sich um selbständige Prozessvoraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssten. Da die Vorinstanz bereits die örtliche Zuständigkeit zu Recht verneine, habe sie sich mit einem allfälligen Rechtsschutzinteresse des Berufungsklägers gar nicht auseinandergesetzt (Urk. 31 S. 2 Rz 4).
Im vom Kläger zitierten Entscheid befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob für eine negative Feststellungsklage ein besonderes Rechtsschutzinteresse zu verlangen sei. Zusammenfassend kam es zum Schluss, dass jedenfalls im internationalen Verhältnis das Interesse einer Partei, bei einem bevorstehenden Gerichtsverfahren einen ihr genehmen Gerichtsstand zu sichern, als genügendes Feststellungsinteresse zu qualifizieren sei (BGE 144 III 175 E. 5.4 = BGer 4A_417/2017 vom 14. März 2018, E. 5.4).
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, welches Gericht für die negative Feststellungsklage des Klägers gegen die ausländische Beklagte örtlich zuständig ist. Der zitierte Entscheid liefert keine Antwort auf diese Frage.
Zur Klage nach Art. 85a SchKG
Der Kläger räumt ein, dass er sich in der Klage nicht weiter zur internationalen Zuständigkeit geäussert habe. Die ursprüngliche Begründung habe sich denn auch auf Art. 85a SchKG bezogen, die als Vollstreckungsbestandteil nach einhelliger Meinung sowohl nach schweizerischem als auch nach LugÜ-Recht am Ort der Betreibung, somit dem Ort der Vollstreckung zu erheben sei (Urk. 27 S. 5 Rz 9). Es falle auf, dass zwischen Art. 85a Abs. 1 SchKG und Art. 88 ZPO insofern kein Unterschied bestehe, als in beiden Fällen die negative Feststellungsklage als Instrument zur Verfügung stehe. Eine verfahrensmässige Spezifizierung erfolge in beiden Artikeln nicht. Wie sowohl der Lehre als auch der Rechtsprechung entnommen werden könne, bestehe denn auch insofern Übereinstimmung, als in beiden Fällen ein materielles Sachurteil gefällt werde. Offensichtlich sei der Gesetzgeber bei der Umsetzung von Art. 85a Abs. 1 SchKG davon ausgegangen, dass der Kläger einer negativen Feststellungklage infolge des Verbotes der Beweislastumkehr sein Anliegen, nämlich etwas nicht zu schulden, das von ihm verlangt werde, nicht beweisen müsse, da der Beklagte seinen behaupteten Anspruch zu beweisen habe. Von letzterem werde erwartet, dass er dazu in der Lage sei, weil er ja eine Betreibung angehoben habe. Im Verfahren selbst gebe es insofern ebenfalls keine Unterschiede, als sich die sachliche Zuständigkeit und die entsprechenden Auswirkungen aus dem Streitwert ergäben (Urk. 27 S. 5
Rz 10). Die Zuständigkeit nach SchKG ergebe sich ohne weiteres daraus, dass alle (hier interessierenden) Verfahren am Betreibungsort stattfänden. Das sei für Binnenverhältnisse kein Problem. Im eurointernationalen Verhältnis würden auch im Verfahren nach Art. 85a Abs. 1 SchKG die Art. 2 ff. LugÜ anzuwenden sein (Urk. 27 S. 5 f. Rz 11). Komplexer, weil vom Gesetzgeber nicht detailliert geregelt, sei die Klage nach Art. 88 ZPO. Wolle man nicht den Gläubiger bevorteilen, rechtfertige es sich, diesen mit einer negativen Feststellungsklage am selben Ort ins Recht zu fassen, an welchem dieser den Schuldner mit einer ordentlichen Klage
ins Recht fassen müsste. Dies entspreche einem Teil der Lehrmeinungen und offensichtlich seit vergangenem Jahr indirekt auch der Meinung des Bundesgerichtes. Nicht nachvollziehbar sei die Unterscheidung der Anwendung der beiden Gesetzesartikel, nachdem sie sowohl ein gleiches Verfahren erheischten als auch mit einem materiellen Sachurteil endeten. Es dürfe angenommen werden, dass der Gesetzgeber insofern auch keinen (wesentlichen) Unterschied beabsichtigt habe, nachdem er in Art. 85a Abs. 1 SchKG nur darauf verweise, dass der Schuldner vom Gericht feststellen lassen könne, dass eine Schuld nicht bestehe. Benenne man dieses Vorgehen, so sei es eine negative Feststellungsklage. Der Unterschied bestehe also im Vorgehen darin, dass im einen Fall eine Betreibung (und noch kein Rechtsvorschlag) angehoben worden sei und im anderen Fall diese Vorgabe durch den Friedensrichter ersetzt werde. Es wäre darüber hinaus indessen auch stossend, für die negative Feststellungsklage andere Zuständigkeitsregeln anzuwenden als für die Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG, sei die Aberkennungsklage doch letztlich nichts anderes als eine negative Feststellungsklage (Urk. 27 S. 6 f. Rz 12 ff.).
Bei der Klage gemäss Art. 85a SchKG kann der Betriebene am Gericht des Betreibungsortes Klage erheben auf Feststellung, dass die Schuld nicht nicht mehr besteht gestundet ist. Prozessthema ist ausschliesslich der materielle Bestand Nichtbestand der Schuld (BSK SchKG-Bodmer/Bangert Art. 85a
N 2). Die Klage hat eine Doppelnatur: Sie entfaltet sowohl materiellrechtliche als auch betreibungsrechtliche Wirkungen (BGE 129 III 197, 198). Als materiellrechtliche Klage bewirkt sie, gleich wie die Aberkennungsklage und im Gegensatz zur Klage nach Art. 85 SchKG, die Feststellung, dass die Schuld nicht nicht mehr besteht (bzw. gestundet ist). Zudem hat die Klage nach Art. 85a SchKG die betreibungsrechtliche Wirkung, dass der Richter im Erfolgsfall wie im Verfahren nach Art. 85 SchKG die Betreibung aufhebt einstellt (BSK SchKGBodmer/Bangert, Art. 85a N 3).
Der Nachweis eines besonderen Feststellungsinteresses ist bei der Klage nach Art. 85a SchKG nicht erforderlich; es genügt die Tatsache, dass eine Person betrieben ist (BSK SchKG-Bodmer/Bangert, Art. 85a N 4).
Örtlich zuständig ist das Gericht des Betreibungsortes. Diese Zuständigkeit ist im Hinblick auf die betreibungsrechtlichen Wirkungen der Klage nach Art. 85a SchKG ausschliesslich und zwingend. Die Art. 9 ff. ZPO sind gemäss Art. 46 ZPO nicht anwendbar, und nur das vom SchKG bezeichnete Gericht am Betreibungsort ist als Vollstreckungsgericht zuständig, eine vorläufige endgültige Einstellung der Betreibung gar deren Aufhebung anzuordnen. Dies steht der Beurteilung der materiellrechtlichen Lage durch ein anderes, gemäss ZPO LugÜ zuständiges Gericht ein Schiedsgericht nicht entgegen; diese erfolgt dann aber nicht unter den besonderen Voraussetzungen und Wirkungen der Klage nach Art. 85a SchKG, sondern nach den allgemeinen Regeln für Leistungsoder Feststellungsklagen (BSK SchKG-Bodmer/Bangert, Art. 85a N 24).
Art. 30a SchKG behält im internationalen Verhältnis die völkerrechtlichen Verträge und die Bestimmungen des IPRG vor. Zu beachten ist dabei auch hier, dass die materiellrechtliche und die vollstreckungsrechtliche Komponente der Klage gemäss Art. 85a SchKG von einander nicht getrennt werden können und wegen der Territorialität des Vollstreckungsrechts deshalb nur ein Gerichtsstand in der Schweiz in Frage kommt (BGE 132 III 277, 280 = Pra 2007, 59). Stellt das IPRG keinen Gerichtsstand für eine negative Feststellungsklage zur Verfügung, so ist deshalb eine Notzuständigkeit gemäss Art. 3 IPRG zu prüfen.
Im Anwendungsbereich des LugÜ steht der Gerichtsstand des Betreibungsortes nicht zur Verfügung. Wegen der materiellrechtlichen Wirkung der Klage nach Art. 85a SchKG handelt es sich nicht um eine vollstreckungsrechtliche Angelegenheit, für das die gemäss Art. 22 Ziff. 5 LugÜ ein Gerichtsstand am Vollstreckungsort (Betreibungsort) bestehen würde. Ergibt sich aufgrund des LugÜ ein vom Betreibungsort abweichender Gerichtsstand, steht dem Betriebenen im Ergebnis die Klage nach Art. 85a SchKG mit ihren besonderen Voraussetzungen und betreibungsrechtlichen Wirkungen nicht zur Verfügung. Immerhin aber kann der Betriebene auch gestützt auf ein im Ausland ergangenes Feststellungsurteil am Gericht des Betreibungsortes die Aufhebung Einstellung der Betreibung verlangen (BSK SchKG-Bodmer/Bangert, Art. 85a N 25).
Vor Vorinstanz berief sich der Kläger auf einen angeblichen Klägergerichtsstand bei direktem Zusammenhang mit einem Vollstreckungsverfahren in derselben Sache. Gemäss den vorstehenden Erwägungen steht ein solcher Gerichtsstand auch bei einer Klage nach Art. 85a SchKG im internationalen Verhältnis nicht zur Verfügung.
Feststellungsklage gemäss Art. 88 ZPO
Die Feststellungklage führt nicht zur richterlichen Änderung eines Rechts eines Rechtsverhältnisses, sondern lediglich zur positiven negativen Feststellung des Bestehens eines Rechts eines Rechtsverhältnisses (BSK ZPOWeber, Art. 88 N 1). Mit Art. 88 ZPO ist klargestellt, dass Rechtsgrundlage der Feststellungsklage nicht etwa das Privat-, sondern das Prozessrecht ist. Mangels materiellrechtlicher Anspruchsgrundlage kann die Sachlegitimation der Parteien für die Feststellungsklage auch nicht anhand privatrechtlicher Normen ermittelt werden, sondern ist ebenfalls Frage des Zivilprozessrechts (BSK ZPO-Weber, Art. 88 N 3).
Internationaler Sachverhalt mit Anwendbarkeit des LugÜ
Gemäss unbestritten gebliebener und zutreffender Feststellung der Vorinstanz liegt eine internationale Streitigkeit vor, auf welche das LugÜ zur Anwendung gelangt (Urk. 28 S. 4 Ziff. II.1. lit. a). Ebenfalls zutreffend ist, dass grundsätzlich gemäss Art. 2 LugÜ Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit grundsätzlich vor den Gerichten des Wohnsitzstaates zu verklagen sind (BSK LugÜ- Dallafior/Honegger, Art. 2 N 4 f.).
Vorab und von Amtes wegen (Art. 25 LugÜ) ist allerdings zu prüfen, ob der Anwendungsbereich von Art. 22 LugÜ eröffnet ist (BSK LugÜ-Dallafior/Honegger, Art. 2 N 3). Art. 22 LugÜ nennt zwingende internationale Zuständigkeiten, von denen die Parteien nicht abweichen können. Der Grund dieser zwingenden Zustän- digkeiten liegt in der intensiven Sachnähe der in Art. 22 LugÜ genannten Fälle zum Gericht am jeweiligen Anknüpfungsort, die eine andere Zuständigkeit als un-
geeignet erscheinen lässt (BSK LugÜ-Güngerich, Art. 22 N 1). Art. 22 LugÜ verdrängt nicht nur den Gerichtsstand nach Art. 2 LugÜ, sondern auch die besonderen Gerichtsstände nach Art. 5 LugÜ.
Gemäss Art. 22 Ziff. 5 LugÜ sind ausschliesslich zuständig für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll durchgeführt worden ist.
Nicht in den Anwendungsbereich von Art. 22 Ziff. 5 LugÜ, weil keine Vollstreckungsverfahren, fallen die Anerkennungsklage (Art. 79 SchKG), die Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) die negative Feststellungsklage (Art. 85a SchKG) sowie die Rückforderungsklage (Art. 86 SchKG). Mit diesen Klagen kann der Schuldner ein Urteil erwirken, das sich über den Nichtbestand der in Betreibung gesetzten Forderung ausspricht. Auch wenn diese Klagen einen Einfluss auf das Betreibungsverfahren haben - dieses kann nicht mehr fortgeführt werden bzw. auf Betreibungsdruck hin Bezahltes ist zurückzuerstatten liegt eine materiellrechtliche Streitigkeit vor (BSK LugÜ-Güngerich, Art. 22 N 79 ff.).
Bei der vorliegenden Klage auch wenn von einer solchen gemäss Art. 85a SchKG ausgegangen würde handelt es sich um eine materiellrechtliche Streitigkeit, weshalb der Anwendungsbereich von Art. 22 Ziff. 5 LugÜ nicht eröffnet ist.
Weiter ist zu prüfen, ob es sich um eine Versicherungs-, Verbraucheroder Arbeitssache im Sinne von Art. 8 ff., 15 ff. 18 ff. LugÜ handelt. Vorliegend käme die Anwendung des Verbrauchertatbestandes im Sinne von Art. 15 ff. LugÜ in Frage.
Der Kläger macht geltend, die Argumentation der Vorinstanz in Erwägung 6 könne ohne weiteres auf einen Verbrauchertatbestand zutreffen. Da die Rechtsanwendung Sache des Gerichtes sei und nicht notwendigerweise vorgetragen werden müsse, hätte die Vorinstanz mit Fug die Zuständigkeit aus dieser
Verbraucherangelegenheit annehmen und gutheissen können und angesichts der verselbständigten Sachverhaltsannahme auch müssen (Urk. 27 S. 11 Rz 30).
Die Normen der Verbrauchersachen (Art. 15-17 LugÜ) beabsichtigen, die Position des Verbrauchers zu verbessern und ihn dadurch zu schützen (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 4). Grundsätzlich sind die speziellen Zuständigkeitsvorschriften für Verbrauchersachen nur anwendbar, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 7).
Zu den Anwendungsvoraussetzungen zählen das Vorliegen eines privaten Endverbrauchers sowie einer Vertragsbeziehung zwischen einem solchen Verbraucher und einer beruflich gewerblich tätig werdenden Person. Durch
Art. 15 LugÜ wird der Anwendungsbereich auf drei Typen von Verbrauchergeschäften eingeschränkt, namentlich auf Abzahlungsgeschäfte (lit. a), auf drittfinanzierte Käufe (lit. b) und das Tätigwerden des Unternehmers im bzw. die Ausrichtung seiner Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers (lit. c). Bei allen anderen Verbrauchersachen kommen die allgemeinen Vorschriften von Art. 2 ff. LugÜ zur Anwendung (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 8).
Neben der Voraussetzung des Wohnsitzes bzw. der Niederlassung des der Beklagten in einem Vertragsstaat müssen drei weitere Voraussetzungen erfüllt sein, damit Art. 15-17 LugÜ und somit die Bestimmungen über die Verbrauchersachen zur Anwendung gelangen: Erstens muss ein Vertragspartner die Eigenschaft eines Verbrauchers haben, der in einem Rahmen handelt, der nicht seiner beruflichen gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, zweitens muss ein Vertrag zwischen diesem Verbraucher und einem beruflich gewerblich Handelnden tatsächlich geschlossen worden sein, und drittens muss dieser Vertrag zu einer der Kategorien von Art. 15 Abs. 1 lit a-c LugÜ gehören. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, so dass, wenn es an einer der drei Voraussetzungen fehlt, die Zuständigkeit nicht nach den Regeln über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen bestimmt werden kann (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 13).
Verbraucher i.S. von Art. 15 LugÜ können nur natürliche Personen sein (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 14). Das Bundesgericht berücksichtigt bei der Auslegung von Art. 15 LugÜ auch die Normen des schweizerischen Rechts zum Konsumentenvertrag. Für den Begriff des Verbraucheroder Konsumentenvertrags ist somit entscheidend, dass der Vertrag zwischen einem Anbieter und einem Verbraucher (Konsument) geschlossen wird und die vertragliche Sache Leistung für dessen privaten Bedarf bestimmt ist. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beinhalten Verbraucherverträge gemäss Art. 15 LugÜ und Art. 120 Ziff. 1 IPRG Leistungen, die für den persönlichen familiären Gebrauch des Konsumenten bestimmt sind und nicht im Zusammenhang mit seiner beruflichen gewerblichen Tätigkeit stehen. Somit können grundsätzlich alle obligationenrechtlichen Verträge unter den Begriff des Verbraucherbzw. Konsumentenvertrages fallen, sofern die Vertragsparteien Anbieter und Konsumenten sind (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 15).
Der Vertragspartner kann eine natürliche juristische Person sein. Entscheidend ist, dass sie im Rahmen ihrer beruflichen gewerblichen Tätigkeit handelt (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 18).
Das Bundesgericht stellt bei der Interpretation des Begriffs des Verbrauchervertrages nicht nur auf das schweizerische Konsumentenrecht ab, sondern berücksichtigt auch die Rechtsprechung des EuGH. Der EuGH bestätigt in seiner ständigen Rechtsprechung, dass nur ein solcher Vertrag unter die Verbraucherbestimmungen fällt, den eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schliesst. Somit bleibt der entscheidende Anknüpfungspunkt, dass der massgebliche Vertrag weder einer beruflichen noch einer gewerblichen Sphäre zugerechnet werden kann (BSK LugÜ-Gehri, Art. 15 N 19 f.).
Art. 15 LugÜ steht als Grundlage nicht für sämtliche Verbraucherklagen zur Verfügung. Vielmehr muss es sich um einen Vertrag handeln, wie er in den lit. a bis c von Art. 15 LugÜ spezifiziert wird. Dabei haben lit. a und lit. b konkrete Vertragstypen vor Augen, während die Generalisierung in lit. c gleichsam einen Auffangtatbestand bildet (Schnyder, LugÜ-Schnyder, Art. 15 N 7). Art. 15 Abs. 1 lit. c LugÜ enthält einen Auffangtatbestand, der in allen anderen Fällen als in den
Fällen von lit. a und lit. b - die Anwendbarkeit des Abschnittes 4 zum Ergebnis haben kann. Art. 15 ff. LugÜ sind danach zu beachten, wenn der Anbieter im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche gewerbliche Tätigkeit aus- übt eine solche auf diesen Staat ausrichtet - und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Relevantes und bis heute umstrittenes Anknüpfungskriterium ist das Ausrichten einer Tätigkeit auf den Markt, in welchem sich der Verbraucher befindet (Schnyder, LugÜ-Schnyder, Art. 15 N 14). Anders als in den Fällen von lit. a und lit b ist die Bestimmung von lit. c nicht auf Verträge beschränkt, die die Erbringung einer Dienstleistung die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben. Erfasst werden (beispielsweise) auch Kreditgeschäfte, die nicht zur Finanzierung eines Kaufs von Waren getätigt werden (Schnyder, LugÜ-Schnyder, Art. 15 N 16).
Zentral ist die Frage, wann und in welchen Fällen ein Unternehmen, das an sich keiner beruflichen gewerblichen Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers nachgeht, dennoch diese auf den betreffenden Staat (und möglicherweise auf andere LugÜ-Staaten) ausrichtet.
Schon dem Wortlaut der Bestimmung nach muss klar werden, dass das Ausrichten nicht in der Tätigkeitsausübung im Wohnsitzstaat des Verbrauchers aufgeht. Ausrichten bedeutet also nicht (lokales) Tätigsein. Es hat daher - ähnlich wie im Dienstleistungsverkehr - Fälle im Auge, in denen eine Marktbearbeitung von aussen her, aus dem Ausland erfolgt. Transportmittel können namentlich sein Printmedien, TV-Werbung, Websites sofern sie (auch) auf den Heimmarkt des Verbrauchers ausgerichtet sind (Schnyder, LugÜ-Schnyder, Art. 15 N 19).
Zwischen der Marktausrichtung und dem Vertragsschluss muss sodann ein Zusammenhang bestehen (Schnyder, LugÜ-Schnyder, Art. 15 N 17).
Gemäss den Ausführungen des Klägers, die von der Beklagten weder im Zusammenhang mit der Erhebung der Unzuständigkeitseinrede vor Vorinstanz noch im Berufungsverfahren - und somit in einem Zeitpunkt, in dem die Frage, ob eine Verbrauchersache vorliegen könnte, sowohl von der Vorinstanz (Urk. 28
S. 11 Ziff. II. 7.) als auch vom Kläger (Urk. 27 S. 11 Rz 30) thematisiert worden
war bestritten wurden, hat er im Jahr 1997 im Internet nach einem Darlehen von CHF 20'000.gesucht. Aufgrund einer Annonce wurde der Kläger von einem deutschen Vermittler kontaktiert, der ihm anstatt eines klassisches Darlehens ein Angebot andrehte, sich über eine blosse Darlehensaufnahme hinaus an einer Eigentumswohnung zu beteiligen. Mit den zu erreichenden Mietzinsen sollte der Kläger nicht nur das ersehnte Darlehen sofort erhalten, sondern es sollten auch gleichzeitig mit dem Wegfallen der Darlehensrückzahlung innert kürzester Zeit alle anfallenden Mehrkosten des Eigentumserwerbs mit den Mietzinsen getilgt und darüber hinaus Steuervorteile erzielt werden können. Dafür sei mittels verschiedensten (und völlig undurchsichtigen) Vertretungsverhältnissen in Abwesenheit des Klägers eine Grundschuld bestellt worden und der Kläger sei unvermittelt Eigentümer einer Eigentumswohnung geworden, die er noch nie gesehen einen Beschrieb usw. dazu erhalten habe, mit einem angeblichen Kaufwert von DM 210'000.-. Die Mitwirkung des Notars habe die Geschichte glaubhaft gemacht und der in Geldsachen (offensichtlich) unerfahrene Kläger habe sich (wie auch Hunderttausende in den vergangenen 30 Jahren) über den Tisch ziehen lassen (Urk. 2 S. 3 f. Rz 5).
Das Angebot auf einer Internetseite und die darauf folgende Kontaktaufnahme eines deutschen Vermittlers mit dem Kläger in der Schweiz erfüllt das Erfordernis der Ausrichtung, in diesem Fall auf den schweizerischen Markt, der von Deutschland aus bearbeitet wurde. Die übrigen Voraussetzungen von
Art. 15 Abs. 1 lit. c LugÜ sind ebenfalls erfüllt: Die Beklagte ist eine deutsche Bank und der Kläger ist eine natürliche Person, die das Darlehen für den privaten bzw. familiären Gebrauch benötigte. Aus diesem Grund steht der Wohnsitz des Verbrauchers, vorliegend Zürich, als Klageort zur Verfügung.
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die örtliche Zuständigkeit der Vorinstanz zu bejahen ist. Der angefochtene Beschluss ist somit hinsichtlich der Dispositiv-Ziffern 1 und 4 - 6 aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zwecks Durchführung des Verfahrens und neuer Entscheidung zurückzuweisen.
Gesuch des Klägers um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren
Der Kläger beantragt, es seien die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten aufzuerlegen und es sei ihm für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und in der Person von Rechtsanwalt Dr. iur.
X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand für das Berufungsverfahren zu bestellen (Urk. 27 S. 2).
Die Beklagte beantragt, es seien die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen und dieser sei zu verpflichten, ihr eine angemessene Prozessentschädigung zu bezahlen (Urk. 31 S. 2).
Nach Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtlos erscheint (lit. b). Wer diese Bedingungen erfüllt, hat ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtbeistand, soweit dies zur Wahrung seiner Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Der Kläger hat schon vor Vorinstanz (Urk. 20/1-16) seine engen finanziellen Verhältnisse glaubhaft dargetan. Gegen ihn läuft eine Einkommenspfändung (Urk. 20/16). Er hat somit als mittellos im Sinne von Art. 117 lit. a ZPO zu gelten. Seine Rechtsmittelanträge sind nicht als aussichtslos im Sinne von Art. 117 lit. b ZPO zu betrachten (dazu BGE 138 III 217 E. 2.2.4) und eine anwaltliche Verbeiständung erscheint zur Wahrung seiner Rechte notwendig.
Dem Kläger ist daher die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und in der Person von Rechtsanwalt Dr. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.
Der Kläger beantragt im Beschwerdeverfahren die Aufhebung der Ziffer 3 des Beschlusses des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 20. Juni 2019 und
die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung für die erste Instanz (Urk. 34/27 S. 1).
Wie vorstehend ausgeführt, ist der vorinstanzliche Beschluss hinsichtlich der Dispositiv-Ziffern 1 und 4 - 6 aufzuheben und zur Durchführung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Vorinstanz wird im Rahmen dieses Verfahrens über das Gesuch des Klägers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu entscheiden haben. Entsprechend ist in Gutheissung der Beschwerde Ziff. 3 des angefochtenen Beschlusses aufzuheben.
Die Beschwerde des Klägers ist nicht aussichtslos. Die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. vorstehend
E. III) sind ebenfalls erfüllt, weshalb dem Kläger auch für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und in der Person von Rechtsanwalt Dr. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen ist.
Bei diesem Verfahrensausgang (Rückweisung) rechtfertigt es sich, lediglich eine Entscheidgebühr für das Rechtsmittelverfahren festzusetzen. Der Entscheid über die Kostenauflage und eine allfällige Parteientschädigung ist dem neuen Entscheid der Vorinstanz zu überlassen.
Es ist von einem Streitwert von CHF 145'178.auszugehen. Die Entscheidgebühr für das vereinigte Berufungsverfahren ist gestützt auf § 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 GebVO OG auf Fr. 3'600.festzusetzen.
Es wird beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren RB190018 wird mit dem vorliegenden Berufungsverfahren LB190039 vereinigt, unter dieser Prozessnummer weitergeführt und als dadurch erledigt abgeschrieben.
Es wird vorgemerkt, dass Dispositiv-Ziffer 2 des Beschlusses des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 20. Juni 2019, in Rechtskraft erwachsen ist.
Die Dispositiv-Ziffer 1 und die Dispositiv-Ziffern 3 bis 6 des Beschlusses des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 20. Juni 2019 werden aufgehoben. Die Sache wird zur Durchführung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Dem Kläger wird für das Berufungsund Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und Rechtsanwalt Dr. iur. X. als unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'600.festgesetzt.
Der Entscheid über die Kostenund Entschädigungsfolgen im vereinigten Berufungsverfahren wird der Vorinstanz überlassen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 145'178.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 17. Dezember 2019
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. J. Freiburghaus versandt am:
am
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