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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LB190029: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht musste über eine Schiedsklausel in einem Darlehensvertrag zwischen X Investment & Co. und einer anderen Partei entscheiden. Die Streitfrage war, ob die Schiedsklausel auch für die Komplementärin der Kommanditgesellschaft gilt. Die Vorinstanz entschied, dass die Komplementärin durch die externe Schuldübernahme an die Schiedsklausel gebunden sei. Die Berufungsklgerin argumentierte dagegen und monierte, dass die Vorinstanz keine Feststellungen zur Willenserklärung der Berufungsklägerin getroffen habe. Das Bundesgericht hatte bereits entschieden, dass eine externe Schuldübernahme den Übergang der Schiedsklausel bewirkt. Letztendlich entschied das Obergericht, dass die Schiedsklausel auch für die Komplementärin gilt, da sie von Gesetzes wegen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.

Urteilsdetails des Kantongerichts LB190029

Kanton:ZH
Fallnummer:LB190029
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB190029 vom 12.03.2020 (ZH)
Datum:12.03.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kommanditgesellschaft. Schiedsklausel. Komplementär.
Schlagwörter : Schuld; Berufungsklägerin; Schiedsklausel; Gesellschaft; Schiedsvereinbarung; Vorinstanz; Komplementär; Wille; Vertrag; Schuldübernahme; Willen; Kommanditgesellschaft; Gesetzes; Drittwirkung; Bundesgericht; Rechtsprechung; Erwägungen; Darlehensvertrag; Entscheid; Partner; Verbindlichkeiten; Schuldübernehmer; Gesellschafter; Schiedsgericht; Übergang; Schuldner; Unrecht; Willenserklärung
Rechtsnorm:Art. 176 IPRG ;Art. 178 IPRG ;Art. 7 IPRG ;
Referenz BGE:120 II 331; 134 III 565; 145 III 199;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LB190029

Art. 7 IPRG, Kommanditgesellschaft, Schiedsklausel, Komplementär. Eine von der Kommanditgesellschaft geschlossene Schiedsvereinbarung gilt auch für die Komplementärin.

(aus den Erwägungen des Obergerichts:)

(III) 1. Die Berufungsbeklagte hatte ihren Sitz zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags wie offenbar auch heute noch in Victoria auf den Seychellen, die Berufungsklägerin hatte und hat ihren Sitz in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Die Schiedsklausel im Darlehensvertrag sieht vor, dass das Schiedsgericht den Sitz in der Schweiz, genauer gesagt in Zürich haben soll. Die vorliegend strittige sachliche Zuständigkeit beurteilt sich damit gemäss Art. 176 Abs. 1 IPRG i.V.m. Art. 7 IPRG. Weiter liegt eine schiedsfähige Streitsache vor. Unter Vorbehalt einer Hinfälligkeit, Unwirksamkeit Unerfüllbarkeit nach Art. 7 lit. b IPRG (dazu nachfolgend E. 3) liegt damit jedenfalls zwischen der X Investment & Co. und der Berufungsbeklagten eine Schiedsvereinbarung über eine zukünftige Streitsache (Schiedsklausel) vor. Die entsprechenden zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz sind denn auch unangefochten geblieben.

    1. Die Vorinstanz hat offen gelassen, ob die Berufungsklägerin den Vertrag jedenfalls die Schiedsklausel für sich selber unterzeichnet habe und damit als Partei der Schiedsvereinbarung anzusehen sei nicht. Die Berufungsklägerin sei in jedem Fall aufgrund der Drittwirkung an die Schiedsklausel gebunden.

      Die argumentative Herleitung der Vorinstanz basiert dabei primär auf BGE 134 III 565 ff. In jenem Entscheid hatte das Bundesgericht entschieden, eine externe Schuldübernahme, sei sie befreiend kumulativ, bewirke grundsätzlich den Übergang der im Vertrag enthaltenen Schiedsklausel auf den Übernehmer der Schuld. Zusammenfassend erwog die Vorinstanz, wenn wie vorliegend der Komplementär (General Partner) für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Limited Partnership) von Gesetzes wegen hafte (gestützt auf Abschnitt 4 Ziffer 2 des vorliegend unstreitig anwendbaren Limited Partnership

      Acts 1907), so liege insoweit letztlich die gleiche Konstellation vor wie bei einer (kumulativen) Schuldübernahme. Wenn eine Partei, die eine Schuld vertraglich (kumulativ) übernehme, an die Schiedsklausel gebunden sei, so müsse dies genauso gelten, wenn eine Partei von Gesetzes wegen für die Schuld einer anderen Partei einstehen müsse. Zudem sei offensichtliches Ziel des Bundesgerichts, dass ein vertraglicher Anspruch unabhängig davon, gegen welchen Schuldner er eingeklagt werde, im gleichen staatlichen schiedsgerichtlichen - Verfahren durchgesetzt werden könne; dies habe gleichermassen zu gelten, ob die (kumulative) Verpflichtung zur Bezahlung einer Schuld einzelfallweise per Vertrag erfolge von Gesetzes wegen bestehe

    2. Die Berufungsklägerin bringt gegen das angefochtene Erkenntnis vor, die Vorinstanz habe die Schiedsklausel zu Unrecht auf sie ausgedehnt. Sie macht vorab geltend, die Vorinstanz habe es unterlassen, Feststellungen zu treffen betreffend Willenserklärung der Berufungsklägerin, an die Schiedsklausel gebunden zu sein, weshalb der angefochtene Entscheid mangels festgestellter Tatsachengrundlage aufzuheben sei. Die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Drittwirkung der Schiedsklausel angenommen. Der von der Vorinstanz vorgenommene Analogieschluss was im Falle einer vertraglichen (kumulativen) Schuldübernahme gelte, müsse auch gelten, wo eine Partei von Gesetzes wegen für die Schuld eine anderen Partei einstehen müsse sei verfehlt, weil der gesetzlich Haftende von der konkreten Schiedsvereinbarung viel weiter weg stehe als der Schuldübernehmer, er müsse die Schiedsvereinbarung nicht einmal kennen. Die Rechtsprechung zur externen Schuldübernahme sei nicht einschlägig und die Vorinstanz habe sich nicht mit der inhaltlichen Begründung von BGE 134 III 565 auseinander gesetzt, habe doch das Bundesgericht den Übergang der Schiedsklausel auf den Schuldübernehmer aus dem Schuldübernahmevertrag abgeleitet. Damit sei klar, dass es einer (Willens-)Erklärung bedürfe, an die Schiedsklausel gebunden sein zu wollen. Indem die Vorinstanz darüber hinweg gehe, setze sie sich sowohl zu Art. 178 Abs. 2 IPRG als auch zu BGE 134 III 565 diametral in Widerspruch, so dass der vorinstanzliche Entscheid als qualifiziert rechtsfehlerhaft im Sinne von willkürlich erscheine.

      1. Die Vorinstanz hat, wie die Berufungsklägerin zutreffend geltend macht, nicht geprüft, ob die Berufungsklägerin mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags durch H. in ihrem Namen (for: General Partner) ihren Willen ausdrückte, an die im Darlehensvertrag enthaltene Schiedsvereinbarung gebunden zu sein. Entgegen der Berufungsklägerin ist dies allerdings gar nicht zu prüfen. Der (kumulative) Schuldübernehmer wird (Mit-)Schuldner, weil er sich im Schuldübernahmevertrag, wie es der Name sagt, vertraglich zum Schuldner macht. Es kommt diesfalls sehr wohl darauf an, was er vertraglich übernehmen wollte, ist doch die Willenserklärung Voraussetzung seiner (vertraglichen) Haftbarkeit. Anders im Fall des Komplementärs. Dessen Belangbarkeit hängt nicht davon ab, ob er eine Schuld der Gesellschaft übernehmen wollte nicht: Vielmehr haftet er von Gesetzes wegen subsidiär für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ganz unabhängig von seinem Willen, für eine konkrete vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft haften zu wollen nicht. Die wiederholt vorgetragene Rüge der Berufungsklägerin, die Vorinstanz habe sich zu Unrecht nicht damit befasst, ob es vorliegend der Wille der Berufungsklägerin gewesen sei, (den Vertrag und damit) die Schiedsklausel zu übernehmen, geht aus diesem Grund fehl.

      2. Das Bundesgericht hat in BGE 134 III 565 festgehalten, die externe Schuldübernahme, ob befreiend kumulativ, bewirke den Übergang der im Vertrag enthaltenen Schiedsklausel, wobei diese Regel auf andere Formen von Sicherheiten nicht anwendbar sei (Regeste, E. 3.2). Vorliegend gründet die Haftbarkeit der Berufungsklägerin wie soeben dargelegt indes nicht auf einer (vertraglichen) Schuldübernahme, sondern auf Gesetz, weshalb es auf ihren Willen zur Übernahme des Vertrags und der darin enthaltenen Schiedsklausel nicht ankommt. Dazu kommt ein Zweites. In BGE 134 III 565 ging es inhaltlich um die Drittwirkung einer Schiedsklausel auf die Konzernmutter, welche für ihre Tochtergesellschaft eine Garantie abgegeben hatte (aus den veröffentlichten Erwägungen ergibt sich das nicht; vgl. aber BGer 4A_128/2008 v. 19. August 2008, Faits, A.). Auch im von der Berufungsklägerin zitierten Entscheid 4A_646/2018, BGer v. 17. April 2019 (auszugsweise publiziert in BGE 145 III 199) ging es um die Frage der Drittwirkung einer Schiedsvereinbarung auf eine konzernverbundene Gesellschaft. Anders als ein Komplementär, der von

Gesetzes wegen subsidiär für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, besteht eine Belangbarkeit einer (Dritt-)Gesellschaft für Verbindlichkeiten einer konzernverbundenen Gesellschaft nur in bestimmten Ausnahmefällen, wobei diese ausnahmsweise Haftung nicht auf Gesetz, sondern auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruht (BGE 120 II 331). Auch aus diesem Grund ist entgegen der Berufungsklägerin aus diesen bundesgerichtlichen Urteilen nicht abzuleiten, dass eine Drittwirkung der Schiedsvereinbarung auf den Komplementär nur nach Massgabe einer entsprechenden Willenserklärung zu bejahen wäre.

    1. Da es vorliegend auf den Willen der Berufungsklägerin zur Übernahme des Vertrags und der darin enthaltenen Schiedsklausel nicht ankommt, ist folglich auch unerheblich, ob sich die Berufungsklägerin im Sinne von BGE 134 III 565 allenfalls in das Loan Agreement eingemischt hätte nicht. Die entsprechenden Ausführungen der Berufungsklägerin gehen an der Sache vorbei.

      Es ist daher fast schon müssig festzuhalten, dass die Berufungsklägerin im vorliegenden Fall durch die Unterzeichnung des Vertrags sehr wohl um die Schiedsklausel wusste. Dies wäre zwar grundsätzlich nicht erforderlich, lässt indes die Argumentation der Berufungsklägerin in sich zusammensinken, der aus gesetzlicher Haftung in Anspruch Genommene stehe von der konkreten Schiedsvereinbarung viel weiter weg als der Schuldübernehmer, müsse er diese ja nicht einmal kennen; im vorliegenden Fall jedenfalls ist dem augenscheinlich nicht so.

    2. Die Berufungsklägerin moniert sodann, die Vorinstanz führe keine einschlägige Kasuistik an. Dass auch die Berufungsklägerin keine einschlägige Kasuistik freilich mit entgegengesetztem Inhalt anführt, ist aus den bisherigen Erwägungen bereits ersichtlich. Das Bundesgericht hat sich zur Frage der Geltung einer Schiedsvereinbarung (auch) im Falle der Belangung eines Komplementärs soweit ersichtlich bisher nicht geäussert, überhaupt scheint die Frage die hiesigen Gerichte bisher selten beschäftigt zu haben. Das Walliser Kantonsgericht hat indes entschieden, die von einer Kollektivgesellschaft unterzeichnete Schiedsklausel gelte auch für Klagen aus den entsprechenden Ansprüchen gegen die Gesellschafter (ZWR 1998 218). Dasselbe hat bei der

Kommanditgesellschaft für den Komplementär zu gelten. Gleich wie das Walliser Kantonsgericht hatte übrigens schon das Zürcher Obergericht im Falle einer Kollektivgesellschaft entschieden, allerdings bereits vor sehr langer Zeit (ZR 16 Nr. 10). In der schweizerischen Literatur sind Äusserungen zur Bindungswirkung einer Schiedsvereinbarung auf Komplementäre einer Kommanditgesellschaft ebenfalls nicht allzu zahlreich. Wo sich Autoren hierzu äussern, wird die Bindungswirkung des Schiedsvertrags der Gesellschaft auf die unbeschränkt haftenden Gesellschafter soweit ersichtlich überall bejaht (BSK ZPO-GIRSBERGER,

3. A. 2017, Art. 357 N 39; RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerische

Schiedsgerichtsbarkeit, 2. A. 1993, § 14 III.1.b; HARTMANN, BK VII/1, Art. 552-619 OR, Art. 556 N 18; vgl. weiter die Nachweise in ZWR 1998 219). Auch die deutsche Literatur und Rechtsprechung geht ganz überwiegend davon aus, dass bei den Kommanditgesellschaften die von der Gesellschaft abgeschlossene Schiedsvereinbarung auch den unbeschränkt haftenden Gesellschafter ergreift (BAUMBACH/LAUTERBACH/ALBERS/HARTMANN, Zivilprozessordnung, 77. A. 2019, §

1029 ZPO N 25; SCHWAB/WALTER, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. A. 2005, 7 Rz 35 [S.

64]; BGH NJW-Rechtsprechungs-Report 1991 424; OLG München, Beschluss v. 13.11.2003, in: Zeitschrift für Schiedsverfahren [SchiedsVZ] 2004 45 f.; OLG München, 29 U 4891/96 v. 13.02.1997, in: NJW 1998 199; weiter gehend

MUSIELAK/VOIT, Zivilprozessordnung, 15. A. 2018, § 1029 ZPO N 8: Die Schiedsvereinbarung gelte bei der Kommanditgesellschaft nicht nur für den Komplementär, sondern auch für den Kommanditär, da dieser wenn auch summenmässig beschränkt ebenfalls für die Gesellschaftsverbindlichkeiten hafte; ebenso wohl THOMAS/PUTZO/SEILER, Zivilprozessordnung, 40. A. 2019, § 1029 ZPO N 14; BGH NJW-Rechtsprechungs-Report 2002 1462 [ggf. Weitergeltung der Schiedsvereinbarung für den Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft auch nach dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft]).

Obergericht, II. Zivilkammer Urteil vom 12. März 2020 Geschäfts-Nr.: LB190029-O/U

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