Zusammenfassung des Urteils LB180014: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerin hat gegen die Beklagte, eine Haftpflichtversicherung, geklagt, um Schadenersatz und Genugtuung für gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einem Verkehrsunfall im Jahr 1998 zu erhalten. Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage ab, und die Gerichtskosten wurden der Klägerin auferlegt. Die Klägerin legte Berufung ein und forderte eine Neubeurteilung des Falls sowie eine höhere Entschädigung. Das Obergericht des Kantons Zürich entschied jedoch erneut gegen die Klägerin und bestätigte die Entscheidung des Bezirksgerichts. Die Vorinstanz verneinte den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin, insbesondere aufgrund einer als inadäquat eingestuften medizinischen Behandlung mit Opioiden. Die Beklagte argumentierte, dass die schädliche Opioid-Behandlung einen derart hohen Wirkungsgrad aufwies, dass der Unfall nicht mehr als adäquate Ursache angesehen werden konnte. Die Klägerin hingegen betonte, dass die medizinische Behandlung zum Zeitpunkt des Unfalls nicht als ungewöhnlich angesehen wurde und dass die Adäquanz zwischen dem Unfall und den Folgen der Opioidabhängigkeit weiter bestehen sollte. Letztendlich wurde die Klage abgewiesen, und die Klägerin wurde zur Zahlung der Gerichtskosten und einer Parteientschädigung verurteilt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB180014 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 15.02.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Opiat; Gutachten; Unfall; Vorinstanz; MEDAS; Beruf; Berufung; Opioid; Kausalzusammenhang; MEDAS-Gutachten; Opiate; Tramal; Recht; Unfallereignis; Schaden; Entzug; Schmerzen; Abhängigkeit; Opiatabhängigkeit; Adäquanz; Gutachter; Therapie; Opioide; Behandlung; önne |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 16 ZGB ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 41 OR ;Art. 42 OR ;Art. 44 OR ;Art. 46 OR ;Art. 55 ZPO ;Art. 58 SVG ;Art. 59 SVG ;Art. 62 SVG ;Art. 65 SVG ;Art. 8 ZGB ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 102 II 363; 116 II 519; 119 Ib 334; 123 III 110; 130 III 182; 131 III 12; 138 III 374; 138 III 537; 140 III 24; 142 III 413; 143 III 42; 144 III 394; 80 II 348; 98 II 23; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB180014-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. N.A. Gerber
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. , betreffend Forderung
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 7. Abteilung, vom
14. September 2017 (CG130057-L)
(Urk. 2 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin 1 einen nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden, Fr. 1'000'000.-- übersteigenden Betrag für Schadenersatz und Genugtuung aus dem Unfallereignis vom tt. Juli 1998 zu bezahlen; zuzüglich Zins zu
5 % ab Unfalltag. 2.
3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge inkl. 8 % MWSt zulasten der Beklagten.
(Urk. 135 und Urk. 141)
Die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:
CHF 53'200.- ; die Barauslagen betragen:
CHF 750.- Gutachten MEDAS Zentralschweiz; CHF 53.- Zeugenentschädigung.
Die Gerichtskosten werden der Klägerin auferlegt, jedoch einstweilen auf die Staatskasse genommen. Die Klägerin wird auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO hingewiesen.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 54'063.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien je gegen Gerichtsurkunde.
Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammer, Postfach 2401, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.
Der Klägerin und Berufungsklägerin (Urk.140 S. 2):
1. Es sei der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 14.9.2017 im Verfahren CG130057-L aufzuheben.
Es sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, der Berufungsklägerin einen nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden, Fr. 1'000'000.- übersteigenden Betrag für Schadenersatz und Genugtuung aus dem Unfallereignis vom 11.7.1998 zu bezahlen; zuzüglich Zins zu 5% ab Unfalltag.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MwSt.) sowie unter neuer Festsetzung der vorinstanzlichen Kosten und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsbeklagten.
Der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 146 S. 2):
Die Berufung sei unter Kostenund Entschädigungsfolge (zuzüglich MWSt) zulasten der Klägerin und Berufungsklägerin und unter Bestätigung des angefochtenen Entscheids vollumfänglich abzuweisen.
I.
Am tt. Juli 1998 ereignete sich auf der spanischen Autobahn A7 eine Auffahrkollision (Urk. 5/23). Gemäss angefochtenem Urteil befand sich die Klägerin und Berufungsklägerin (fortan Klägerin) auf dem Rücksitz des Fahrzeugs ihres Onkels (Opel ...), als dieser wegen eines Staus seine Fahrt verlangsamte und der Mazda eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs in das Heck des
Opels prallte (Urk. 141 S. 3). Nach der Weiterfahrt an den Ferienort wurde die
Klägerin in C.
hospitalisiert und am 15. Juli 1998 mit der Rega in die
Schweiz repatriiert, wo sie bis am 17. Juli 1998 im Inselspital Bern hospitalisiert war (Urk. 5/25). Vom 17. Juli bis 13. August 1998 weilte die Klägerin im Zieglerspital Bern (Urk. 5/27) und vom 13. August bis 23. September 1998 in der Rehaklinik Bellikon zur weiteren Behandlung bzw. Rehabilitation (Urk. 5/29). Diagnostiziert wurden u.a. ein HWS-Schleudertrauma bei Status nach Auffahrunfall (Urk. 5/25), ein HWS-Distorsionstrauma mit Kontusion des Halsmarks (Urk. 5/27) und ein Irritationszustand der HWS und des Schultergürtels (Urk. 5/29). In den Jahren 2001 und 2006 erfolgten weitere Klinik-Aufenthalte im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil und im Salem-Spital (Schmerzzentrum Hirslanden) Bern (Urk. 5/41, Urk. 5/49 und Urk. 5/50). Im Verlaufe der Behandlung wurden der Klägerin zur Schmerzlinderung das Opioid Tramal und seit ihrem Aufenthalt im Salem-Spital Bern im Jahre 2006 infolge eines akuten lumbovertebragenen Schmerzsyndroms sog. Opiate verschrieben. Ihre vor dem Unfall in Teilzeit ausgeübte Erwerbstätigkeit als Nachtwache und im Ambulanzdienst nahm die Klägerin nach dem Unfall nie mehr auf.
Am 27. Januar 2000 und am 11. Dezember 2003 erstattete das Zentrum für Medizinische Begutachtung (Medizinische Abklärungsstelle der Eidg. Invalidenversicherung [MEDAS]) zuhanden des Unfallversicherers zwei Gutachten (Urk. 5/40 [ZMB-Gutachten 1], Urk. 5/46 [ZMB-Gutachten 2]). Im ZMB-Gutachten 1 diagnostizierten die Gutachter u.a. eine HWS-Distorsion und Hinterkopfkontusion nach Auffahrunfall am tt. Juli 1998, eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und somatoformer Schmerzstörung (Differentialdiagnose: dissoziative Störung gemischt = Konversionsstörung), eine kleine, mediane Diskushernie C5/6, eine chronische Lumbago und eine Adipositas, wobei sie die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zu 70% ausschliesslich mit psychiatrischen und psychosomatischen Befunden begründeten (Urk. 2 S. 11, Urk. 5/40 S. 21, S. 25). Im ZMB-Gutachten 2 wurden diese Diagnosen bestätigt und ausserdem ein deutlicher Abusus des Opioides Tramal festgestellt (Urk. 5/46 S. 24 f., S. 28). In ihren Urteilen vom 27. April 2006 und 16. August 2007 bejahten das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg und das Bundesgericht den natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom tt. Juli 1998 (bei welchen die Versicherte ein Schleudertrauma der HWS mit dem dafür typischen Beschwerdebild erlitten habe) und den über den 31. Juli 2004 hinaus anhaltenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Einschränkungen der Arbeitsund Erwerbsfähigkeit (Urk. 5/65, Urk. 5/66).
Mit Eingabe vom 1. Februar 2011 stellte die Klägerin beim Bezirksgericht Zürich ein Gesuch um vorsorgliche Beweisführung mit dem Antrag, [e]s sei ein gerichtliches Gutachten zur Frage der medizinischen Dauerfolgen des von der Gesuchstellerin am 11.7.1998 erlittenen Unfalls erheben zu lassen (Urk. 12/1). Mit Verfügung vom 21. April 2011 wurde als Gutachterstelle die MEDAS Zentralschweiz mit einem namentlich bezeichneten Expertenteam unter der Federführung von Dr. D. bestellt (Urk. 12/19a). Am 18. Januar 2012 erstattete die MEDAS Zentralschweiz das beantragte Gutachten (Urk. 12/23 = Urk. 5/54; fortan MEDAS-Gutachten). Die Diagnosen mit wesentlicher Einschränkung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit lauteten wie folgt (Urk. 5/54 S. 49; Urk. 2 S.14 f.):
Chronisches fibromyalgiformes Ganzkörperschmerzsyndrom multifaktorieller Genese mit
chronischen Kopfschmerzen, möglicherweise mit zervikaler Komponente, mit zervikospondylogener Ausstrahlung beidseits, rechtsbetont; Kopfschmerzen mit teilweisem Übergang in Migräne; Verdacht auf Analgetika-Kopfschmerzsyndrom
chronischen Nacken-Hinterkopf-Beschwerden bei anamnestisch HWS-Distorsionstrauma am tt.07.1998; magnetresonanztomographisch links-foraminale Diskushernie C3/4 und mediane Diskusprotrusionen C4/5 und C5/6 ohne Nervenwurzelkompression
sekundärer früherer Opioid-Abhängigkeit, jetzt bereits langjähriger Hochdosis-Opiatabhängigkeit (Oxycontin in retardierter und in löslicher Form)
ausgeprägten unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen vor allem durch das Opiat mit im Vordergrund stehenden Schlafstörungen, mit Blasenstörung, mit Verdacht auf opiatinduzierte Schmerzen
chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ICD-10 F45.51
begleitender Angststörung ICD-10 F41.8
Dysthymia ICD-10 F34.1 DD: subsyndromale Depression
Als weitere Diagnosen ohne wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, aber mit Krankheitswert, wurden u.a. erwähnt (Urk. 5/54 S. 49; Urk. 2 S. 15):
Unspezifische Rückenschmerzen bei Fehlstatik und bei massiver Adipositas (morbide Adipositas bei 161 cm Körpergrösse/115 kg/BMI 45)
Segmentdegenerationen L4/5 und L5/S1 mit leichtgradigen Osteochondrosen, medianer Protrusion L4/5 und kleiner medianer Diskushernie L5/S1 ohne sichere Nervenwurzelkompression; chronisches lumbospondylogenes Syndrom
- [ ]
Die MEDAS-Gutachter führten aus, das Studium der Akten lasse darauf schliessen, dass ursprünglich somatische (d.h. körperliche) Faktoren als Schmerzauslöser im Vordergrund gestanden hätten, die dann im Laufe der Zeit durch nicht-somatische Faktoren abgelöst worden seien. In Bezug auf die Schmerzchronifizierung (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren) müssten sie davon ausgehen, dass das Unfallereignis vom tt. Juli 1998 eine Teilursache der heutigen Schmerzen darstelle. Hinzu komme das gravierende Problem, dass die Hauptursache der heute attestierten hochgradigen Arbeitsunfähigkeit die sekundäre Opiatabhängigkeit sei. Die hauptsächlichsten Einschränkungen seien heute durch die Opiat-Nebenwirkungen verursacht. Diese Opiate seien aber von den Ärzten wegen der als unfallbedingt betrachteten Schmerzen der Versicherten verschrieben worden. Die Abhängigkeit sei somit iatrogen, weshalb die Opiatabhängigkeit als indirekte Unfallfolge (Folge der missglückten Therapie) bezeichnet werden müsse. Die begleitende Angststörung, die sich vor allem beim Autofahren auswirke, sei ganz überwiegend eine Folge des Unfalls (Urk. 5/54 S. 50 f., Urk. 2 S. 15 f.).
Am 1. Juli 2013 ging die Klageschrift vom 27. Juni 2013 samt Klagebewilligung vom 14. März 2013 mit obgenanntem Rechtsbegehren bei der Vorinstanz ein (Urk. 1, Urk. 2). Die Klägerin machte mit der Klage gegenüber der Beklagten als Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers gestützt auf Art. 58 i.V.m. Art. 65 SVG im folgenden Umfang Schadenersatz und Genugtuung geltend (Urk. 2 S. 29, S. 76):
Zinsen (bis 31. Dezember 2013) Fr. 198'017.00
Abzüglich Akonto Fr. 209'145.00
Für den Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens kann grundsätzlich auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 141 S. 3 ff.). Am 8. Dezember 2015 erging zur klägerischen Behauptung, [d]ass die Arbeitsfähigkeit der Klägerin im Zeitraum Juli 2006 bis 2012 40 % weniger betragen hat eine Beweisverfügung (Urk. 83), worauf die Vorinstanz das MEDAS-Gutachten ergänzen liess (Urk. 86, Urk. 87) und im Rahmen der Hauptverhandlung vom 12. Mai 2016 einen Zeugen einvernahm (Prot. I S. 18 f., Urk. 95). Mit Beschluss vom 23. November 2016 wurden die Anträge der Klägerin auf Abtrennung des Prozesses betreffend die Teilforderung zukünftiger Schaden, eventualiter auf Sistierung des gesamten Prozesses, und der Antrag der Beklagten auf Erlass eines umfassenden Beweisbeschlusses abgewiesen (Urk. 113). Mit Eingabe vom 8. Dezember 2016 bezifferte die Klägerin den Erwerbsschaden (Erwerbsausfall) ohne Anrechnung der IVLeistungen ab 2017 - neu mit Fr. 1'277'183.- (Urk. 119 S. 6). Am 14. September 2017 fällte die Vorinstanz das eingangs im Dispositiv aufgeführte Urteil (Urk. 131), worauf die Klägerin mit Eingabe vom 16. Oktober 2017 fristgerecht die schriftliche Begründung verlangte (Urk. 133, Urk. 134).
Gegen das ihr am 23. Februar 2018 in begründeter Fassung zugestellte Urteil führt die Klägerin mit Eingabe vom 9. April 2018 Berufung mit den eingangs aufgeführten Anträgen (Urk. 135, Urk. 136, Urk. 140). Zugleich ersuchte sie um unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 140 S. 5). Am 8. Juni 2018 erstattete die Beklagte die Berufungsantwort (Urk. 146), die der Klägerin am 25. Juni 2018 zur Kenntnisnahme zugestellt wurde (Urk. 147). Weitere Eingaben sind nicht erfolgt.
II.
Die Vorinstanz äusserte sich zunächst zur Haftungsgrundlage (Art. 58 SVG) und zum unmittelbaren Forderungsrecht der Klägerin gegenüber der Beklagten (Art. 65 Abs. 1 SVG), zum Verweis auf die obligationenrechtlichen Bestimmungen (Art. 62 SVG) und zur Festsetzung des Schadens gemäss Art. 42 und Art. 46 OR (Urk. 141 S. 6 f.). Sie stellte sodann fest, dass keine den Kausalzusammenhang unterbrechende Umstände und kein grobes Verschulden der Geschädigten im Sinne vom Art. 59 Abs. 1 SVG vorliegen (Urk. 141 S. 7 f.).
Da die Beklagte bestritt, dass die von der Klägerin behaupteten Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen sind (Urk. 141 S. 8 ff.), prüfte die Vorinstanz, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen besteht. Sie wies darauf hin, dass für die Bejahung der Kausalität das Setzen einer Teilursache einer mittelbaren Ursache genügt und das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zur Anwendung gelangt (Urk. 141 S. 13 f.).
Die Vorinstanz hielt dafür, die unmittelbar nach dem Unfall diagnostizierten Beschwerden seien durch die eingereichten Urkunden (Urk. 5/24-29) belegt. Sie ging mangels anderer Erklärungen - davon aus, dass insbesondere das Schleudertrauma vom besagten Unfall stammt (Urk. 141 S. 14). Für die Vorinstanz waren auch die neben den organischen HWS-Problemen mit Sensibilitätsstörungen und starken Schmerzen behaupteten weiteren Beschwerden (Aufmerksamkeitsprobleme, Störungen der Frontalhirnfunktionen und des Gedächtnisses, deutliche Depression und Angststörung, Harnverhalt und Adipositas) durch die ärztlichen Unterlagen dokumentiert, wobei sie mangels Relevanz für die Invalidität bzw. Arbeitsfähigkeit ausdrücklich offenliess, ob Harnverhalt und Adipositas auf den Unfall zurückgeführt werden können. Zu den Einwendungen der Beklagten hinsichtlich unfallfremder Faktoren für allfällige gesundheitliche Störungen der Klägerin hielt die Vorinstanz fest, die ZMB-Gutachten 1 und 2 würden den natürlichen Kausalverlauf nicht widerlegen (Urk. 141 S. 14 f.).
Aufgrund des ZMB-Gutachtens 1 vom 27. Januar 2000 taxierte die Vorinstanz von den im weiteren Verlauf festgestellten Beschwerden die Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion, die somatoforme Schmerzstörung sowie die HWS-Distorsion und Hinterkopfkontusion als natürliche Unfallfolge; sie wies darauf hin, dass bereits in diesem Gutachten die psychosomatische Entwicklung erwähnt werde (Urk. 141 S. 15). Aufgrund des Austrittsberichts des Schweizer
Paraplegiker-Zentrums Nottwil vom 6. Juli 2001 bejahte die Vorinstanz die natürliche Kausalität auch mit Bezug auf die chronisch invalidisierende Schmerzsymptomatik bei Zustand nach HWS-Trauma und die erwiesenermassen daraus resultierenden Folgen (mittelschwere Störung der Aufmerksamkeit, leichte bis mittelschwere Störungen der Frontalhirnfunktionen und des Gedächtnisses, deutliche Depression und Angststörung). Diese Beschwerden würden sich so die Vorinstanz - nahtlos in das bereits vorgängig abgehandelte Beschwerdebild einreihen (Urk. 141 S. 16).
Die Vorinstanz betrachtete auch die Empfehlung des Einsatzes des Medikamentes Tramal als natürlich-kausale Unfallfolge. Zwar stehe in den entsprechenden Berichten nicht explizit, für welche Diagnose Tramal empfohlen werde, doch liege auf der Hand, dass dieses stark schmerzstillende Medikament nicht gegen den Harnverhalt die Adipositas sondern vielmehr im Zusammenhang mit der chronischen Schmerzsymptomatik nach dem HWS-Trauma empfohlen worden sei, zumal bereits am 1. Dezember 1998 im Zusammenhang mit dem Unfallereignis Tramal als Reservetherapie erwähnt werde. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass die im ZMB-Gutachten 2 erwähnten psychosomatischen und psychischen Befunde (woraus für die Gutachter eine Arbeitsunfähigkeit von 70% bzw. 50% resultierte) eine Reaktion auf das HWS-Trauma darstellten und damit natürlich kausal zum Unfall seien. Schliesslich bewertete die Vorinstanz auch die mit dem Abusus von Tramal verbundene Arbeitsunfähigkeit als natürlich-kausale Unfallfolge (Urk. 141 S. 16 f.).
Die Vorinstanz bejahte schliesslich auch die natürliche Kausalität der Verabreichung von opiathaltigen Medikamenten (Oxycontin und Oxynorm): Zwar möge sein, dass auch aufgrund des Hexenschusses Schmerzmittel verschrieben worden seien. Es liege indes völlig auf der Hand, dass Oxycontin und Oxynorm im Juli 2006 anstelle von Tramal verordnet worden seien, nachdem zu diesem Zeitpunkt bereits eine Abhängigkeit der Klägerin bestanden habe. Für die Vorinstanz stand diese Verschreibung ohne Zweifel im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Diagnosen. Auch die aktuellen Beeinträchtigungen betrachtete die Vorinstanz als durch das (gerichtliche) MEDAS-Gutachten erstellt und natürlich kausal zum Unfallereignis. Gemäss Gutachten sei der Unfall als Teilursache der heutigen Schmerzen einzustufen und die Opiatabhängigkeit damit als indirekte und natürlich kausale Unfallfolge zu qualifizieren (Urk. 141 S. 17).
Die Vorinstanz verwarf unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung den Einwand der Beklagten, das MEDAS-Gutachten vermöge ein im vorliegenden Verfahren einzuholendes Gutachten nicht zu ersetzen. Das MEDASGutachten sei schlüssig, widerspruchsfrei und umfassend. Die Beklagte habe sich dazu äussern können und die Gelegenheit zur Stellung von Ergänzungsfragen gehabt. Die Beklagte bringe auch keine konkreten Einwände dagegen vor. Soweit sie in diesem Zusammenhang geltend mache, den Gutachtern hätten die Krankenakten der Klägerin vor dem Unfallzeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden, wäre im Rahmen einer allfälligen Schadensberechnung unter dem Titel Vorzustände darauf zurückzukommen. Die Vorinstanz sah daher von der Einholung eines weiteren Gutachtens ab (Urk. 141 S. 18).
Demzufolge betrachtete die Vorinstanz die natürliche Kausalität der Opiatabhängigkeit, der opiatbezogenen Nebenwirkungen und der Einschränkung der Arbeitsfähigkeit als erstellt. Was das angeblich geringe Delta-v betreffe, so sei dieses Argument unbehelflich, nachdem durch die vorliegenden Gutachten die natürliche Kausalität erwiesen sei und damit einem allfälligen geringen Delta-v keine eigenständige Bedeutung mehr zukomme. Zusammenfassend stelle sich die Kausalkette wie folgt dar: Unfall - Schmerzen - Schmerztherapie - Opiatabhängigkeit/Opiatnebenwirkungen gesundheitliche Einschränkungen. Dabei genüge es, dass der Unfall zusammen mit anderen Bedingungen im Sinne einer Teilursache den Schaden bewirkt habe (Urk. 141 S. 18 f.).
Nach allgemeinen Ausführungen zum adäquaten Kausalzusammenhang stellte sich die Vorinstanz im Rahmen der Prüfung der Adäquanz die Frage, ob das Unfallereignis als wesentliche (rechtlich erhebliche) Ursache für die heute vor allem auf einer Opiatabhängigkeit (bzw. den Nebenwirkungen der Opiattherapie) beruhenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin zu betrachten sei (Urk. 141 S. 19 ff.).
Die Vorinstanz erwog, es sei grundsätzlich keineswegs ungewöhnlich, dass ein Patient im Rahmen einer Schmerztherapie mit Medikamenten behandelt werde, die unerwünschte Nebenwirkungen verursachen. Auch eine ärztliche Fehltherapie liege nicht derart ausserhalb des gewöhnlichen Geschehens, dass damit nicht zu rechnen wäre. Besonders sei im vorliegenden Fall, dass bereits vor etlichen Jahren ein Abusus des Opioids Tramal erkannt, aber nicht angegangen worden sei, und heute eine schwere Opiatabhängigkeit bestehe (Urk. 141 S. 21). Das MEDAS-Gutachten drücke mit wünschenswerter Klarheit aus, dass
die Therapie mit Opioiden/Opiaten nie indiziert gewesen sei (sondern sich im Gegenteil von Anfang an verboten hätte);
dass an der Therapie festgehalten worden sei, obwohl im Gutachten [ZMP-Gutachten 2] dringend zum Entzug geraten worden sei;
dass die heutige Opiatabhängigkeit der Klägerin iatrogen (vom Arzt verursacht) sei;
dass die heutigen Beeinträchtigungen der Klägerin auf den Nebenwirkungen der Opiattherapie beruhten, wobei diese unendlich schwer ins Gewicht fallen würden, während die eigentlichen Unfallfolgen von Anfang an eher geringfügiger Natur gewesen und schon lange nicht mehr objektivierbar seien.
Anhand des ZMB-Gutachtens 2 und des MEDAS-Gutachtens zeigte die Vorinstanz auf, dass sich das ursprüngliche somatische Beschwerdebild in eine psychosomatische/neuropsychische Symptomatik und medikationsbedingt in eine Opiatabhängigkeitsthematik mit massiven Nebenwirkungen verlagerte. Die Vorinstanz konstatierte ein krasses Missverhältnis zwischen der Primärwirkung der Auffahrkollision (deren unmittelbaren Folgen eher geringfügig gewesen seien und schon lange nicht mehr objektiviert werden könnten) und dem Sekundärschaden,
d.h. der zufolge falscher bzw. nicht abgesetzter bzw. nicht geänderter Medikation eingetretenen Opiatabhängigkeit, die nebst den beschriebenen Einschränkungen auch eine Erwerbsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Sie folgerte, dass damit der Verkehrsunfall als Ursache für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen total in den Hintergrund getreten sei. (Urk. 141 S. 24 f.).
Die Vorinstanz kam zu Schluss, es erscheine in Würdigung der gesamten Umstände nicht billig, die Beklagte für die Folgen der schweren Opiatabhängigkeit, an denen die Klägerin im Wesentlichen leide, einstehen zu lassen. Daran
ändere auch nichts, dass die Opiatabhängigkeit als iatrogen zu werten sei. Zum einen ergebe sich aus dem MEDAS-Gutachten, dass die Verschreibung von Tramal bzw. der Opiate für die Heilbehandlung der damals allenfalls noch bestehenden, auf jeden Fall geringen Unfallfolgen nicht indiziert und damit keineswegs notwendig gewesen sei. Zum anderen ergebe sich aus den medizinischen Berichten, dass die Abhängigkeitsproblematik ärztlicherseits aufgegriffen worden sei, die Klägerin sich gegen einen Entzug aber gewehrt habe, woran sich ihre Abhängigkeit zeige. Wenn die Behandlung der Klägerin selbst für den medizinischen Fachmann auch mit dem bestmöglichen Verständnis nicht mehr nachvollziehbar sei, bedeute dies, dass die konkrete Verlaufscharakteristik klar ausserhalb derjenigen liege, die auf der Basis eines umsichtig behandelnden Arztes noch zu erwarten wäre. Mit anderen Worten seien auch die beklagten Beschwerden weit weg von den Folgen, mit denen ein Schädiger aus einer Auffahrkollision zu rechnen gehabt habe, da diese nur durch das Hinzutreten ganz aussergewöhnlicher und ausserhalb des normalen Geschehens liegender Umstände möglich gewesen seien (Urk. 141 S. 25 f.).
Infolgedessen sei so die Vorinstanz weiter - die vom Schädiger gesetzte Ursache mit der Zusatzursache (der schädlichen Opiatbehandlung) total in den Hintergrund gedrängt worden. Die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers für die Folgen einer zwar ärztlich verschriebenen, aber nicht indizierten, nicht notwendigen und damit schädlichen Therapie haftbar zu machen, würde dem Grundsatz von Recht und Billigkeit widersprechen. Die Adäquanz zwischen dem Unfallereignis und den Folgen der schweren Opiatabhängigkeit (nach verweigertem Entzug bzw. weiterer Einnahme dieser Medikamente nach Verschrieb durch andere Ärzte) sei daher zu verneinen. Die Klage sei demzufolge abzuweisen (Urk. 141 S. 26).
III.
Die Berufung wurde formund fristgerecht erhoben. Sie richtet sich gegen einen erstinstanzlichen Endentscheid. Da die Streitwertgrenze erreicht wird,
ist auf die Berufung - unter Vorbehalt hinreichender Begründung einzutreten (Art. 308 und Art. 311 ZPO).
Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufung ist zu begründen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Es ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu betrachten ist. Dies setzt voraus, dass der Berufungskläger im Einzelnen die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, und die Aktenstücke nennt, auf denen seine Kritik beruht. Es genügt nicht, lediglich auf die vor erster Instanz vorgetragenen Vorbringen zu verweisen, auf frühere Prozesshandlungen hinzuweisen den angefochtenen Entscheid in allgemeiner Weise zu kritisieren (BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375). Auf Rügen, die eine sachbezogene Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils vermissen lassen, ist nicht einzutreten. Die Parteien sind grundsätzlich gehalten, erstinstanzlich gestellte Beweisanträge, denen nicht entsprochen wurde, vor der zweiten Instanz zu wiederholen (BGE 144 III 394 E. 4.2 S. 398), Diese Begrün- dungsanforderungen gelten sinngemäss auch für den Inhalt der Berufungsantwort (BGer 5A_660/2014 vom 17. Juni 2015, E. 4.2 m.w.Hinw.; 4A_258/2015 vom 21.
Oktober 2015, E. 2.4.2).
Abgesehen von offensichtlichen Mängeln hat sich das Berufungsgericht grundsätzlich auf die Beurteilung der in der Berufung und Berufungsantwort gegen das erstinstanzliche Urteil erhobenen Beanstandungen zu beschränken. Die Rügen der Parteien geben mithin das Prüfungsprogramm der Berufungsinstanz vor; der angefochtene Entscheid ist grundsätzlich nur auf die gerügten Punkte hin zu überprüfen. In rechtlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht, in Anwendung des Grundsatzes iura novit curia, bei dieser Prüfung jedoch weder an die Erwägungen der ersten Instanz noch an die mit den Rügen vorgetragenen Argumente der Parteien gebunden. In tatsächlicher Hinsicht ist es nicht an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, auch wenn mangels entsprechender Sachverhaltsrügen der Parteien im Berufungsverfahren der erstinstanzliche Entscheid nach dem Gesagten in der Regel als Grundlage des Rechtsmittelverfahrens dient
(BGE 144 III 394 E. 4.1.4 S. 397 f. mit Hinweis auf BGE 142 III 413 E. 2.2.4 und
weitere Entscheide). Das Berufungsgericht kann die Rügen der Parteien folglich auch mit abweichenden Erwägungen gutheissen abweisen (sog. Motivsubstitution; BGer 2C_124/2013 vom 25. November 2013, E. 2.2.2; Reetz/Hilber, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Komm., Art. 318 N 21; Seiler, Die Berufung nach ZPO, Zürich 2013, N 1507; für das Verfahren vor Bundesgericht: BGE 138 III 537 E. 2.2 S. 540; 137 III 385 E. 3 S. 386; BSK BGG-Meyer/Dormann, Art. 106 N 11 f.).
Neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) können im Berufungsverfahren nur unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden, d.h. wenn sie kumulativ ohne Verzug vorgebracht wurden (lit. a) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (lit. b). Wer sich auf (unechte) Noven beruft, hat deren Zulässigkeit darzutun und ihre Voraussetzungen notwendigenfalls zu beweisen (BGE 143 III 42 E. 4.1 S. 43; BGer 5A_86/2016 vom 5. September 2016, E. 2.1, je m.w.Hinw.). Neue rechtliche Argumente (Vorbringen zum Recht) stellen keine Noven im Sinne von Art. 317 Abs. 1 ZPO dar und können in der Berufung uneingeschränkt vorgetragen werden (BGer 4A_519/2011 vom 28. November 2011, E. 2.1; 5A_351/2015 vom 1. Dezember 2015, E. 4.3). Sie dürfen sich allerdings nicht auf unzulässige neue Tatsachen stützen.
Die Klägerin rügt mit ihrer Berufung, die Vorinstanz habe das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs in Verletzung von Art. 58 Abs. 1 SVG zu Unrecht verneint:
Sie weist zunächst darauf hin, dass im Haftpflichtrecht das Verhalten des Geschädigten eines Dritten im Normalfall den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Verhalten des Schädigers auch dann nicht zu beseitigen vermöge, wenn das Verschulden des Geschädigten des Dritten dasjenige des Schädigers übersteige. Vielmehr unterbreche das Verhalten eines Dritten den Kausalzusammenhang nur, wenn diese Zusatzursache derart ausserhalb des normalen Geschehens liege, derart unsinnig sei, dass damit aus
einer objektiven retrospektiven Prognose heraus - nicht habe gerechnet werden müssen (Urk. 140 S. 10 f.).
Die Klägerin macht geltend, die Vorinstanz habe Lehre und bundesgerichtliche Rechtsprechung zum adäquaten Kausalzusammenhang bei unzweckmässiger ärztlicher Behandlung missachtet. Lehre und Rechtsprechung würden die Adäquanz bei medizinischen Kunstfehlern regelmässig bejahen. Entscheidend sei nicht ein Missverhältnis zwischen Primärursache und Schaden, sondern ob in der Kette Unfall - Schmerzen - Schmerzbehandlung - Abhängigkeit jeweils von einem Glied zum nächsten ein adäquater Kausalzusammenhang im Sinne einer durchgehenden Kausalkette bestehe. Die Vorinstanz widerspreche sich, wenn sie im Ergebnis eine Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs durch die schädliche Opiat-Behandlung postuliere und initial auch unerwünschte Nebenwirkungen und eine ärztliche Fehltherapie als keineswegs ungewöhnlich bezeichne. Die Überbrückung dieses Widerspruchs mit dem Hinweis, die Opiattherapie habe die vom Schädiger gesetzte Ursache völlig in den Hintergrund gedrängt, weil die Therapie nie notwendig gewesen sei und die Klägerin sich bereits vor Jahren gegen einen Entzug gewehrt habe, halte vor Lehre und Rechtsprechung nicht stand. Einerseits liege eine ärztliche Fehlbehandlung noch im Rahmen des normalen, grundsätzlich zu erwartenden Geschehens; andererseits werde im Haftpflichtrecht nicht nach somatisch-objektivierbaren und anderen Beschwerden unterschieden, so dass auch ein Bagatellfall als geeignet erscheine, bspw. psychische Probleme auszulösen (Urk. 140 S. 11 ff.).
Die Klägerin vertritt weiter den Standpunkt, die Vorinstanz habe die Adäquanzfrage und die Schadenminderungsthematik - unter Ausserachtlassung fehlender Behauptungen in unzulässiger Weise vermischt, wenn von Medikamentenentzug die Rede sei. Zudem habe sich die Vorinstanz nicht auf einen der klassischen Unterbrechungsgründe (in casu wohl schweres Selbstoder Drittverschulden) festgelegt. Auch die Beklagte habe es unterlassen, konkret ein schweres Selbstoder Drittverschulden der Klägerin bestimmter Ärzte zu behaupten und entsprechende Beweise zu offerieren. Mangels Vorbringen könnten Grad und Schwere eines allfälligen (bestrittenen) Verschuldens gar nicht beurteilt werden. Die Vorinstanz (wie auch die Beklagte) habe vielmehr hauptsächlich Aussagen aus den späteren Gutachten zitiert und dann die Adäquanz verneint (Urk. 140 S. 14 f.).
Die im Urteil wiedergegebenen Auszüge aus den Gutachten liessen so die Klägerin weiter weder ein (grobes) Selbstnoch ein Drittverschulden erkennen. Sie habe die Opioide und Opiate nicht in Eigenregie, sondern stets auf ärztliche Anordnung hin eingenommen. Auch die Frage, ob sie nach Aufforderung im ZMBGutachten 2 mittels eines Entzugs eine positive Veränderung ihres Gesundheitszustands hätte erreichen müssen bzw. können, müsse verneint werden. Dieser Aspekt beschlage zudem die Schadensminderungspflicht, auch wenn ihn die Vorinstanz in die Adäquanzdiskussion eingeflochten habe. Überdies fehle es auch diesbezüglich an konkreten Vorbringen der Beklagten, die für schadenmindernde Umstände behauptungsund beweisbelastet sei. Es fehle an einer Tatsachengrundlage hinsichtlich der Schadenminderungsproblematik. Die Vorinstanz habe in Verletzung der Verhandlungsmaxime (Art. 55 Abs. 1 ZPO) ohne die nötigen Behauptungen in Eigenregie auf den nicht stattgefundenen Entzug abgestellt und diesen in die Adäquanzbeurteilung einbezogen. Der implizite Standpunkt, der fehlende Entzug unterbreche den Kausalzusammenhang, habe ohne Feststellungen zur Möglichkeit, Zumutbarkeit, Erfolgsaussichten und Wirkungen eines Entzugs sowie eine Aussage zum (schweren) Selbstverschulden der Klägerin keine rechtliche Grundlage. Im Übrigen würden sich aus dem MEDAS-Gutachten die fehlenden Erfolgsaussichten eines Entzugs ergeben. Sollten darüber noch Zweifel bestehen, wäre ein Ergänzungsgutachten einzuholen (Urk. 140 S. 15 ff.).
Die Klägerin hält schliesslich dafür, dass die medizinische Meinungslage betreffend den Einsatz von Opioiden/Opiaten bei Schmerzstörungen entgegen der Auffassung der Vorinstanz bei Therapiebeginn keineswegs klar gewesen sei. Aus dem MEDAS-Gutachten und aus weiteren Publikationen ergebe sich, dass es zum Zeitpunkt des Therapiebeginns wie auch in späteren Jahren keineswegs speziell ungewöhnlich gewesen sei, Schmerzpatienten mit Opioiden und Opiaten zu behandeln. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei die Therapie mit Opioiden/Opiaten zu Beginn der Therapie und in den Folgejahren nicht kontraindiziert gar von Anfang an verboten gewesen. Der medizinische Wissensstand sei damals ein anderer gewesen. Heute herrsche offenbar eine andere Einschätzung vor als vor zwanzig Jahren. Unter diesem Gesichtspunkt könne den behandelnden Ärzten kein grobes Drittverschulden vorgeworfen werden (Urk. 140 S. 17 ff.).
Zuletzt begründet die Klägerin, weshalb infolge nie näher substantiierter Vorzustände, eines etwaigen entfernten adäquaten Kausalzusammenhangs und der Behandlung mit Opioiden eine Reduktion der Haftung der Beklagten im Rahmen der Schadenersatzbemessung nicht angezeigt ist (Urk. 140 S. 20 ff.).
Die Beklagte vertritt in der Berufungsantwort die Auffassung, die Vorinstanz sei zum richtigen Schluss gekommen und habe die Adäquanz zu Recht verneint. Die von der Klägerin geschilderten Fälle würden vom vorliegenden Fall in wesentlichen Punkten abweichen. Im vorliegenden Fall bestehe infolge der inadäquaten, von Anfang an per se schädlichen medizinischen Opiat-Behandlung keine durchgehende Kausalkette. Die inadäquate und schädliche medizinische Behandlung mit Opioiden und Opiaten mit der daraus resultierenden Abhängigkeit könne nach allgemeiner Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht als durch einen Strassenverkehrsunfall begünstigt erscheinen. Zwischen den angeblichen, bestrittenen - Schmerzen unmittelbar nach dem Unfallereignis von 1998 und der Schmerzbehandlung mit Opioiden und später Opiaten bestehe ein gutachterlich festgestelltes Missverhältnis, das die Adäquanzkette durchbreche. Wie das Gutachten in aller Klarheit festgestellt habe, seien die Schmerzen nicht zur Auslösung einer Therapie mit starken Schmerzmitteln (Opioide und Opiate) geeignet gewesen. Hier fehle ein wichtiges Glied in der Adäquanzkette. Die Vorinstanz sei nach wertender Betrachtungsweise zu Recht zum Schluss gekommen, dass die inadäquate Opiat-Therapie einen so hohen Wirkungsgrad aufweise, dass der Unfall nicht als adäquate Ursache herhalten könne. Die Adäquanz sei zu verneinen, weil in Würdigung der gesamten Umstände nicht billig erscheine, die Beklagte für den durch die Opiatabhängigkeit verursachten Schaden, der in einem krassen Missverhältnis zu den eher geringfügigen, schon lange nicht mehr objektivierbaren Folgen der Auffahrkollision im Jahre 1998 stehe, einstehen
zu lassen. Ein schweres Selbstverschulden der Klägerin sei sehr wohl behauptet worden, nämlich die willentliche Verweigerung des von den Gutachtern und dem Hausarzt empfohlenen Entzugs der inadäquaten Schmerzmittel (Urk. 146 S. 6 f.). Die Vorinstanz habe den fehlenden Entzug in ihre Würdigung bezüglich Adäquanz einbeziehen dürfen. Es sei zudem nicht der fehlende Entzug, der gemäss vorinstanzlichem Urteil zur Verneinung der Adäquanz geführt habe (Urk. 146 S. 10). Das der Klägerin anzulastende Verschulden wäre für die Verneinung der Adäquanz bzw. für das Fehlen eines Glieds in der Adäquanzkette zwar nicht notwendig, führe aber umso mehr zu diesem Schluss (Urk. 146 S. 8).
Auch die Beklagte stellt die vorinstanzliche Urteilsbegründung in Frage. Sie rügt, die Vorinstanz habe den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Opiat-Abhängigkeit zu Unrecht bejaht (Urk. 146
S. 4, S. 6; dazu unten E. 3).
Auf die rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz zum adäquaten (rechtserheblichen) Kausalzusammenhang und zu den Unterbrechungsgründen kann verwiesen werden (Urk. 141 S. 19 f. Ziff. 36 bis 38). Im Sinne einer Ergänzung ist festzuhalten, dass der adäquate Kausalzusammenhang unterbrochen wird, wenn zu einer an sich adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der beiden Ursachen (BGE 130 III 182 E. 5.4; 116 II 519 E. 4b S. 524, je mit Hinweisen). Die Anforderungen der Praxis sind hoch. Das Verhalten des Geschädigten eines Dritten vermag den Kausalzusammenhang nur zu unterbrechen, wenn diese Zusatzursache derart ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig ist, dass damit nicht zu rechnen war. Im Normalfall wird der Kausalzusammenhang selbst dann nicht unterbrochen, wenn das Verhalten des Geschädigten des Dritten dasjenige des Schädigers übersteigt (BGE 116 II 519 E 4b S. 524 mit Hinweisen). Ob und inwieweit der adäquate Kausalzusammenhang vorliegt, beurteilt sich retrospektiv nach Massgabe der objektiven Vorhersehbarkeit (BGE 119 Ib 334 E. 5b, 112 II 439 E. 1d und 101 II 69 E. 3a).
Aus den Erwägungen wird nicht restlos klar, ob die Vorinstanz die Adäquanz allein aufgrund eines Verhaltens Dritter verneinte ob sie nebst dem Drittverschulden zusätzlich ein Selbstverschulden der Geschädigten für die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs als notwendig erachtete. Für ein ausschliessliches Drittverschulden spricht, dass die Vorinstanz als Zusatzursache die schädliche Opiat-Behandlung bzw. die zwar ärztlich verschriebene, aber nicht indizierte, nicht notwendige und damit schädliche Therapie nennt, für deren Folgen die Beklagte nicht einzustehen habe (Urk. 141 S. 26). In die gleiche Richtung weist die Vorinstanz, wenn sie den Sekundärschaden als Opiatabhängigkeit, die zufolge falscher bzw. nicht abgesetzter bzw. nicht geänderter Medikation eingetreten sei, bezeichnet (Urk. 141 S. 25). An anderen Stellen weist die Vorinstanz aber auch auf ein Verhalten der Klägerin hin, das als Mitverschulden an der gegenwärtigen Situation aufgefasst werden könnte, so etwa, wenn sie konstatiert, dass die Besonderheit des vorliegenden Falles darin liege, dass bereits vor etlichen Jahren ein Abusus des Opioids Tramal erkannt, aber nicht angegangen worden sei (Urk. 141 S. 21), aber wenn sie erwähnt, dass die Abhängigkeitsproblematik ärztlicherseits aufgegriffen worden sei, die Klägerin sich aber gegen einen Entzug gewehrt habe (Urk. 141 S. 25), wenn sie schliesslich zum Ergebnis gelangt, dass die Adäquanz zwischen dem Unfallereignis und den Folgen der schweren Opiatabhängigkeit (nach verweigertem Entzug bzw. weiterer Einnahme dieser Medikamente nach Verschrieb durch andere Ärzte) zu verneinen sei (Urk. 141 S. 26). In der Folge wird daher auf beide Unterbrechungsgründe eingegangen, zumal die Beklagte vorträgt, sie habe vor Vorinstanz ein schweres Selbstverschulden der Klägerin behauptet (Urk. 146 S. 7 f. Ziff. 39 mit Verweis auf Urk. 53 S. 5 Ziff. 19 und Urk. 66).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine unzweckmässige ärztliche Behandlung nicht ausserhalb des Rahmens des Voraussehbaren, weshalb auch eine verfehlte Behandlung, die zur Verschlimmerung der Unfallfolgen führt, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den dadurch ausgelösten Störungen nicht aufzuheben vermag (BGE 80 II 348 = Pra 44 [1955] Nr. 39). Auch die Lehre bejaht die Adäquanz bei medizinischen Kunstfehlern, wenn die primäre Verletzung eine adäquate Verletzung des Unfalles darstellt. Ist jedoch der Fehler des Spitalpersonals als grobes Drittverschulden zu qualifizieren, kann der Kausalzusammenhang entfallen (Oftinger/Stark, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Zürich 1995, § 3 N 105; BK-Brehm, Art. 41 OR N 148a). Auch in Deutschland vermag der Fehler eines Dritten den Zurechnungszusammenhang in der Regel nicht zu unterbrechen. Nur schwerste Fehler bzw. besonders schwere Kunstfehler eines die Zweitschädigung herbeiführenden Arztes können in Einzelfällen billigerweise nicht mehr dem durch den Ersteingriff begrün- deten Schadensrisiko zugeordnet werden (Staudinger-Schiemann, 2017, § 249 BGB Rz 64 und Rz 70; Rüssmann in: jurisPK-BGB, 2012, § 249 Rz 37).
Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz löste der Unfall bei der Klägerin nebst anderen Symptomen eine chronisch invalidisierende Schmerzsymptomatik (bei Zustand nach HWS-Trauma) aus, an die sich eine Schmerztherapie mit Opioiden und Opiaten anschloss, die zu einer Opiatabhängigkeit mit Opiatnebenwirkungen führte, die ihrerseits gesundheitliche Einschränkungen bzw. eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zur Folge hatte (Urk. 141 S. 16 ff.). Die Vorinstanz anerkennt, dass eine ärztliche Fehltherapie nicht derart ausserhalb des gewöhnlichen Geschehens liegt, dass damit nicht zu rechnen wäre (Urk. 141 S. 21). Die Besonderheit des vorliegenden Falles soll gemäss Vorinstanz darin liegen, dass gemäss ZMB-Gutachten 2 bereits vor etlichen Jahren (2003) ein Abusus des Opiods Tramal erkannt, aber nicht angegangen worden sei, und heute eine schwere Opiatabhängigkeit bestehe (Urk. 140 S. 21). Dies ist freilich noch nicht alles: Die Vorinstanz taxierte die Behandlung mit Opiaten gestützt auf das MEDAS-Gutachten als nicht mehr nachvollziehbare (nicht indizierte, nicht notwendige und schädliche) ärztliche Behandlung und als ganz aussergewöhnlichen, ausserhalb des normalen Geschehens liegenden Umstand, mit dem nicht zu rechnen war. Im Ergebnis bejahte die Vorinstanz somit ein schweres Drittverschulden.
Die Vorinstanz stützt ihre Argumentation im Wesentlichen auf zwei Aussagen im MEDAS-Gutachten: Zum einen ergebe sich daraus, dass die Verschreibung von Tramal bzw. der Opiate für die Heilbehandlung der damals allenfalls noch bestandenen, auf jeden Fall geringen Unfallfolgen nicht indiziert und
damit keineswegs notwendig gewesen sei (Urk. 141 S. 25 mit Verweis auf Urk. 5/54 S. 48). Zum anderen sei die Behandlung der Klägerin selbst für den medizinischen Fachmann auch mit dem bestmöglichen Verständnis nicht mehr nachvollziehbar (Urk. 141 S. 26 mit Verweis auf Urk. 5/54 S. 23). Das letzte Zitat aus dem MEDAS-Gutachten bezieht sich auf den Aufenthalt im Salem-Spital (Schmerzzentrum Hirslanden) im Juli 2006, in dessen Verlauf die bereits tramadolabhängige Klägerin auf eine Hochdosis Opiat gesetzt wurde (Urk. 5/54 S. 23).
Soweit sich die Klägerin in der Berufungsschrift auf ärztliche Publikationen und Leitlinien beruft, um ihren Standpunkt, den behandelnden Ärzten könne kein Drittverschulden vorgeworfen werden, zu stützen, kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Diese Beilagen (Urk. 142/12-14) stammen aus den Jahren 2010 und 2012 und hätten bereits vor Vorinstanz als Beweismittel angerufen werden können. Die Klägerin hält zwar dafür, sie sei erst durch das angefochtene Urteil veranlasst worden, die Frage der Adäquanz zu vertiefen, nachdem sie mit Blick auf den Beschluss vom 23. Januar 2014 betreffend unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 34) nicht mit einer Verneinung der Adäquanz habe rechnen müssen (Urk. 140 S. 14). Dem kann indes nicht gefolgt werden. Der Entscheid betreffend unentgeltliche Prozessführung ergeht im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) und entfaltet keinerlei präjudizielle Wirkungen. Das MEDASGutachten wurde von der Klägerin eingereicht. Die Beklagte hatte bereits in der Klageantwort eingewendet, die haftungsbegründende Kausalität sei nicht gegeben, weil die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die schwere Opiatabhängigkeit verursacht würden und die Verschreibung der Opiate und vorher des Tramals für die Heilbehandlung der damals allenfalls noch bestandenen, auf jeden Fall geringen Unfallfolgen, nicht indiziert und keineswegs notwendig gewesen sei; die Adäquanz sei zu verneinen, insbesondere was die Folgen der schweren Opiatabhängigkeit betreffe (Urk. 22 S. 13 f.). Auch in der Duplik erfolgten entsprechende Einwendungen (Urk. 53 S. 10 Ziff. 48). Damit kann nicht gesagt werden, erst das vorinstanzliche Urteil habe Anlass geboten, die Frage des (groben) Drittverschuldens infolge ärztlicher Fehlbehandlung zu vertiefen.
Die Klägerin macht aber auch geltend, aus dem MEDAS-Gutachten selbst könne kein grobes Drittverschulden der behandelnden Ärzte abgeleitet werden.
Im MEDAS-Gutachten wird in diesem Zusammenhang einerseits ausgeführt, dass es bei der Klägerin zu einer katastrophalen Entwicklung gekommen sei. Aus den Akten gehe hervor, dass die Versicherte ab 2001 unter einer durch das Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil verordneten Tramaltherapie gestanden sei. Obwohl im ZMB-Gutachten 2 im Jahre 2003 klar und eindeutig die Diagnose einer Opioidabhängigkeit auf Tramal gestellt und eine Entzugstherapie gefordert worden sei, sei dies wegen der damaligen Tramal-Abhängigkeit der Klägerin nicht gelungen. 2006 sei dann die heute bestehende katastrophale Situation eingeleitet worden, indem die Klägerin im Salem-Spital (Schmerzzentrum Hirslanden) Bern hochdosiert mit Opiat-Infusionen behandelt und nachher unter eine OpiatDauertherapie gesetzt worden sei, welche sie bis heute befolge. Ohne somatische Befunde sei eine Opiat-Therapie nicht indiziert. Die gleichzeitige Verschreibung von Oxynorm-Tropfen, also einem rasch wirksamen Opiat, das auch rasch abhängig mache, an eine psychosomatisch/neuropsychisch derart angeschlagene Frau mit Dissoziationen sei auch mit dem bestmöglichen Verständnis nicht mehr nachvollziehbar. Bei der Klägerin handle es sich um eine Opiat-Schwerstabhängige durch ärztliche Verschreibung (Urk. 5/54 S. 23, S. 41 f.; vgl. auch Urk. 87 S. 3).
Wie die Klägerin zu Recht moniert, hält das MEDAS-Gutachten andererseits aber auch fest, dass um das Jahr 2000 herum von gewissen Instituten empfohlen worden sei, auch bei somatoformen Schmerzen bzw. Fibromyalgie alle Stufen des WHO-Schmerzbehandlungsschemas zu durchlaufen, also über die Opioide bis hin zu den Opiaten. Man habe auch gewisse schmerzlindernde Wirkungen vor allem durch das Opiod Tramal festgestellt, aber das Abhängigkeitspotential zu wenig realisiert. Seit einigen Jahren spreche die Literatur eine klare und eindeutige Sprache: Opioide seien bei Fibromyalgie und somatoformen Schmerzstörungen klar nicht indiziert; sie würden nichts nützen, aber abhängig machen (Urk. 5/54 S. 41). Weiter wird im MEDAS-Gutachten vermerkt, dass es sich bei der
Klägerin deshalb um einen tragischen Fall handle, weil man heute klar und eindeutige wisse, dass Opiate bei sog. weichteilrheumatischen Schmerzen (Schmerzen ohne eindeutigen somatischen Befund) nicht wirksam und nicht indiziert seien. Als man bei der Klägerin vor etwa zehn Jahren mit dem Opioid Tramal zu therapieren begonnen habe, habe man von einer damals noch publizierten (allerdings geringen) Wirksamkeit dieses Pharmakons bei genannten Schmerzzuständen ausgehen können; man habe aber die Suchtund Abhängigkeitsgefahr vernachlässigt. Es sei auch sehr gut möglich und durch neue Publikationen postuliert, dass die Opiattherapie per se jetzt die Schmerzen der Versicherten unterhalte; somit bestehe ein Teufelskreis zwischen Schmerzen und Opiateinnahme (Urk. 5/54 S. 48). An einer anderen Stelle ist im MEDAS-Gutachten von einer so gefährlichen und gemäss heutigen Erkenntnissen überhaupt nicht indizierten Therapie die Rede (Urk. 5/54 S. 42). Als die 2004 erfolgte Abklärung im E. am Inselspital Bern (Urk. 5/54 S. 22) thematisiert und die Klägerin gefragt wurde, was man denn wegen dem Tramal gesagt habe, er [der MEDAS-Gutachter] verstehe nicht ganz die Beurteilung, gab die Klägerin zur Antwort: «Da hat man um den heissen Brei herumgeredet», das habe sie konfus gemacht. Das ZMB spreche von Überdosis, von nötigem Entzug, das Paraplegiker-Zentrum habe ihr gesagt, Tramal sei das einzig Richtige für sie, das E. hätte darum herum geredet. Diese Antwort der Klägerin wurde im MEDAS-Gutachten wie folgt kommentiert: Recht hat sie, das war ja damals eine grosse Kontroverse (Urk. 5/54 S. 32). Schliesslich wurde im MEDAS-Gutachten aus psychiatrischer Sicht die Indikation zur Opiattherapie für den Fall einer somatoformen Schmerzstörung generell in Frage gestellt (Urk. 5/54 S. 47).
Für die Unterbrechung des Kausalzusammenhangs bedarf es eines schwer schuldhaften Verhaltens eines Dritten, mit dem schlechthin nicht gerechnet werden musste. Als schweres Verschulden gilt (nebst dem Vorsatz) die grobe Fahrlässigkeit. Sie liegt vor, wenn der Haftpflichtige bzw. der Dritte unter Verletzung der elementarsten Vorsichtsgebote handelt und dadurch ausser Acht lässt, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen (BK-Brehm, Art. 41 OR N 197a, mit Verweis auf die Rechtsprechung). Aus dem im MEDAS-Gutachten geäusserten Unverständnis über die im Jahre 2006 begonnene Behandlung mit Opiaten (Urk. 5/54 S. 23) kann aber entgegen der Vorinstanz nicht auf ein schweres Drittverschulden geschlossen werden. Diese Beurteilung beruht auf den in jüngerer Zeit gewonnenen Erkenntnissen über die Wirksamkeit bzw. Nebenwirkungen von Opioiden und Opiaten bei somatoformen Schmerzen. Wie der Hinweis im MEDASGutachten auf eine grosse Kontroverse (Urk. 5/54 S. 32) impliziert, bestand früher offenbar ein Meinungsstreit über die Indikation dieser Substanzen. Dies wird dadurch bestätigt, dass vor etwa 10 Jahren (d.h. ca. 2002) noch von einer publizierten Wirksamkeit von Tramal bei somatoformen Schmerzen auszugehen war (Urk. 5/54 S. 48). Dass die im gleichen Atemzug genannte Vernachlässigung der Suchtund Abhängigkeitsgefahr auf der Verletzung einer elementaren Vorsichtspflicht beruht, sagt das MEDAS-Gutachten hingegen nicht. Erst [s]eit einigen Jahren (Urk. 5/54 S. 41) bzw. heute (Urk. 5/54 S. 48, S. 42) besteht ein wissenschaftlicher Konsens bzw. ein gesteigertes Bewusstsein dafür, dass Opioide und Opiate beim klägerischen Beschwerdebild nicht indiziert, sondern im Gegenteil schädlich sind und abhängig machen können. Ebenso erscheinen erst [i]n letzter Zeit Publikationen mit Studien über die erhöhte Schmerzempfindlichkeit bei Dauerbehandlung mit Opiaten (opiatinduzierte Schmerzen), auch wenn bereits 1968 eine Publikation erschien, die auf die Problematik hinwies (Urk. 5/54 S. 42 f.).
Das ZMB-Gutachten 2, in dessen Kenntnis das MEDAS-Gutachten verfasst wurde, ändert daran nichts. Zwar wurden bereits damals (2003) Störungen durch Opioide (erheblicher Tramal-Abusus) diagnostiziert (Urk. 5/46 S. 25) und als allerersten Schritt eine Entzugsbehandlung bzw. ein schrittweises Reduzieren dieses nichtindizierten Opioides empfohlen (Urk. 5/46 S. 28), nachdem die Klägerin auf den hohen Konsum von Tramal hingewiesen worden war (Urk. 5/46 S. 30). Allein daraus kann aber weder unterstellt werden, die Schmerzbehandlung mit Tramal habe aus damaliger Sicht gegen sämtliche Regeln der ärztlichen Kunst verstossen, noch supponiert werden, die 2006 im Salem-Spital (Schmerzzentrum Hirslanden) Bern einsetzende und dann weitergeführte Schmerzbehandlung mit Opiaten stelle nach dem damaligen Wissensstand einen krassen Verstoss gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht dar.
Die Beweislast für ein erhebliches Drittverschulden liegt bei der Beklagten (BK-Walter, Art. 8 ZGB N 528). Die Beklagte hat vor Vorinstanz keine substantiierten Ausführungen darüber gemacht, welcher Arzt welche elementarsten Vorsichtsgebote missachtet hat. Sie beschränkte sich unter Hinweis auf das MEDAS-Gutachten auf die Feststellung, zwischen dem Unfallereignis und den durch die Opiatabhängigkeit verursachten Beschwerden bestehe keine Kausalität, weil die Verschreibung der Opiate und vorher des Tramals nicht indiziert und keinesfalls notwendig gewesen sei (Urk. 22 S. 13 Ziff. 58). Damit ist kein Verstoss gegen elementare Regeln der ärztlichen Sorgfaltspflicht und damit auch keine Grobfahrlässigkeit dargetan. Weiter stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, im Verhältnis zu ihr seien die behandelnden Ärzte, die der Klägerin die Opioide bzw. Opiate verschrieben hätten, als Hilfspersonen bei der ihr anzulastenden Vergrösserung des Schadens durch ihre Opioidund Opiatabhängigkeit anzusehen (Urk. 53 S. 10 Ziff. 50). Auch dieses Vorbringen deutet nicht auf ein konkretes krasses Fehlverhalten hin. In der Berufungsantwort legt die Beklagte denn auch nicht dar, welches der von ihr vorgetragenen Argumente bzw. welches prozesskonform offerierte Beweismittel die Vorinstanz übergangen hätte. Als relevant betrachtet sie einzig, dass die Gutachter die Opiat-Therapie als schädlich und inadäquat beurteilt hätten. Damit ist aber noch nicht dargetan, dass die schädliche Therapie auf einem grobfahrlässigen Verhalten beruht. In den Beweisbeschluss der Vorinstanz (Urk. 83) sind denn auch keine entsprechenden Beweisthemen eingeflossen, was ebenso unbeanstandet blieb.
Nach dem Gesagten kann die Behandlung der bei der Klägerin aufgetretenen Schmerzen mit Opioiden und Opiaten nicht als kausalitätsunterbrechendes Drittverschulden gewertet werden.
Der adäquate Kausalzusammenhang kann auch durch ein Selbstverschulden des Geschädigten unterbrochen werden (E. III./2.3). Jedenfalls bei Gefährdungshaftungen wird zur Unterbrechung der Adäquanz ein schweres bzw. grobes Verschulden verlangt (BK-Brehm, Art. 41 OR N 139b+c). Die Unterbrechung des Kausalzusammenhanges ist ebenfalls zu bejahen, wenn der Geschä- digte die Möglichkeit hätte, die Schädigung zu vermeiden, sie jedoch bewusst
hinnimmt, was in der Regel wiederum einem schweren Selbstverschulden entspricht (BK-Brehm, Art. 41 OR N 139d, mit Verweis auf BGE 98 II 23 E. 3 S. 29). Auch bezüglich eines Selbstverschuldens der Klägerin ist die Beklagte behauptungsund beweisbelastet.
In der Berufungsantwort verweist die Beklagte auf ihre Vorbringen zum Selbstverschulden in der Duplik und in der Stellungnahme vom 17. April 2015 (Urk. 146 S. 7 f.). In der Duplik trug sie vor, gemäss MEDAS-Gutachten habe die Klägerin mit dem Beizug eines Anwalts gedroht, wenn von ihr eine Entzugsbehandlung verlangt werde. Dies zeige in aller Deutlichkeit, dass sie nicht bereit sei, gegen ihre Opiatsucht zu kämpfen und auf die für sie lebensgefährdende und ihr eigentliches gesundheitliches Problem darstellende Einnahme von Opiaten zu verzichten (Urk. 53 S. 5 Ziff. 19). In ihrer Stellungnahme vom 17. April 2015 führte die Beklagte unter Bezugnahme auf einen (neu eingereichten) Bericht von Dr. F. vom 6. Dezember 2013 (Urk. 59/2) aus, die Klägerin habe dessen Praxis
wütend verlassen, als sie erfahren habe, dass Dr. F.
die Empfehlung im
MEDAS-Gutachten bezüglich stationärer Entzugsbehandlung und Neueinstellung ohne Opiode unterstütze (Urk. 66 S. 6). Die Beklagte leitet in der Berufungsantwort daraus ab, sie habe damit vor Vorinstanz ein schweres Selbstverschulden der Klägerin behauptet. Die Klägerin, von Beruf Krankenpflegerin und keine medizinische Laiin, habe sich den Empfehlungen der Gutachter und ihres Hausarztes willentlich und unter Androhung rechtlicher Schritte widersetzt. Ihr Verschulden sei klar vorhanden (Urk. 146 S. 7 f.).
Im MEDAS-Gutachten wird in der Tat ausgeführt, dass die Klägerin in Aussicht stellte, einen Anwalt beizuziehen, wenn von ihr eine Entzugsbehandlung verlangt werde (Urk. 5/54 S. 42). Die Aussage muss aber im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Der MEDAS-Gutachter bezeichnete die Klägerin als Schwerstabhängige. Er hätte mit ihr ernsthaft die Situation diskutiert und ihr gesagt, sie stehe in einer lebensgefährlichen Therapie, ein Entzug sei unumgänglich. Gerade in der mangelnden Einsicht und Bereitschaft für einen Entzug zeige sich ihre Abhängigkeit (Urk. 5/54 S. 42). Weiter hielt das MEDAS-Gutachten fest, die Durchführung eines Entzugs sei nach so vielen Jahren einer hochdosierten
Opioidund Opiattherapie sehr schwierig, auch wenn bei einer so gefährlichen und gemäss heutigen Erkenntnissen überhaupt nicht indizierten Therapie nicht einfach beide Augen zugedrückt werden dürften (Urk. 5/54 S. 42). Ein Entzug stelle extrem hohe Anforderungen an die Motivation der Klägerin und der behandelnden Ärzte (Urk. 5/54 S. 48).
Ein Selbstverschulden setzt Urteilsfähigkeit bzw. Verschuldensfähigkeit voraus. Eine verminderte Urteilsfähigkeit ist geeignet, die Folgen eines allfälligen Selbstverschuldens abzuschwächen (BGE 102 II 363 E. 4 S. 367 f.; siehe zu diesem Entscheid auch BK-Brehm, Art. 41 OR N 181a+b). Verschuldensfähigkeit setzt wiederum die Einsicht in die Schädigungsmöglichkeit voraus und die Willenskraft, das schädigende gefährliche Verhalten unterlassen zu können (BK-Brehm, Art. 41 N 180). Im Rahmen der Verschuldensfähigkeit muss die hinreichende charakterliche Festigkeit vorausgesetzt werden, welche die Möglichkeit gibt, gemäss an sich vorhandenem vernunftmässigem Verständnis der Dinge zu handeln. Es muss wertend festgestellt werden, ob aufgrund von Alter und Entwicklungsstufe bzw. angesichts vorhandener Defizite (geistige Behinderung, psychische Störung, Rausch ähnlicher Beeinträchtigungen) von dem Betreffenden hätte erwartet werden können, dass er sich korrekt verhält (BK-Bucher/AebiMüller, Art. 16 ZGB N 142 f.). Als einzelne Zustände, welche die Fähigkeit zu vernunftgemässem Handeln beeinträchtigen, erwähnt Art. 16 ZGB auch psychische Störungen (Psychosen und Psychopathien), Rausch ähnliche Zustände. Neben Alkoholund Drogenrausch kommen auch die Nebenwirkungen von Medikamenten in Betracht (BK-Bucher/Aebi-Müller, Art. 16 ZGB N 101 und 106; vgl. auch BSK ZGB I-Fankhauser, Art. 16 N 31: infolge Alkohol-, Medikamentenoder Drogenmissbrauchs eingetretene Hirnschädigung Persönlichkeitsveränderung).
Aufgrund der gutachterlich festgestellten schweren Opiatabhängigkeit kann der Klägerin ihr Widerstand gegen einen Entzug wenn überhaupt - nur in schwer herabgesetztem Ausmass zum Vorwurf gemacht werden. Ihr Widerstand ist laut MEDAS-Gutachten gerade Ausdruck ihrer (psychischen) Abhängigkeit. Das MEDAS-Gutachten stellte denn auch fest, dass die Klägerin einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung auch zur Behandlung der unbedingt notwendigen Entzugstherapie bedarf (Urk. 5/54 S. 52). Diagnostiziert wurden u.a. eine Hochdosis-Opiatabhängigkeit bei sekundärer früherer Opioid-Abhängigkeit (mit Arzneimittelnebenwirkungen vor allem durch das Opiat [Schlafstörungen, Blasenstörung, Verdacht auf opiatinduzierte Schmerzen]) sowie eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, wobei die Klägerin geklagt habe, das Opiat sei ihre einzige Hilfe, was ihre MedikamentenAbhängigkeit belege (Urk. 5/54 S. 42, S. 49). Die Willenskraft, das schädigende Verhalten unterlassen zu können, ist bei der Klägerin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen stark eingeschränkt, da ihr die Opioide und Opiate von Ärzten verschrieben wurden (Urk. 5/54 S. 48: durch ärztliche Verschreibung schwerst opiatabhängig). Die Abhängigkeit der Klägerin ist somit nicht selbstverursacht sondern iatrogen (d.h. durch den Arzt verursacht). Ein kausalitätsunterbrechendes Selbstverschulden fällt daher ausser Betracht.
Aus den wesentlich gleichen Gründen kann auch dem in der Klageantwort erwähnten Umstand, dass es bereits 2004 zu einem Konflikt gekommen sei, weil der Hausarzt das Tramal habe absetzen wollen, nachdem im ZMB-Gutachten 2 das Problem des hohen Tramalkonsums angesprochen worden sei, bei der Beurteilung der Adäquanz keine Bedeutung zukommen (Urk. 22 S. 14, Urk. 5/46 S. 30, Urk. 5/47 S. 1). Bereits damals wurden Störungen durch Opioide (erheblicher Tramal-Abusus) diagnostiziert und Probleme auf psychischer und psychosomatischer Ebene festgestellt (Urk. 5/46 S. 25, S.30), so dass als allererster Schritt eine Entzugsbehandlung bzw. ein schrittweises Reduzieren des nicht indizierten Opioides empfohlen wurde (Urk. 5/46 S. 28). Dass die Klägerin, welche die Substanz als hilfreich erlebte (Urk. 5/46 S. 28), trotz ihrer abgeschlossenen Ausbildung nichts dagegen unternahm (Urk. 22 S. 14), kann ihr nicht als schweres Selbstverschulden angelastet werden, welches das Unfallereignis völlig in den Hintergrund zu drängen vermag. Dies umso mehr, als die Ärzte im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil im Jahre 2004 empfahlen, die Therapie mit Tramal bei guter Schmerzlinderung und guter Verträglichkeit seit über einem Jahr beizubehalten (Urk. 5/54 S. 22, Urk. 5/48).
Nachtzutragen bleibt schliesslich, dass sich dem Bericht von Dr. F. entnehmen lässt, dass sich die Klägerin nach anfänglichem Widerstand bereit erklärte, die Situation und Möglichkeiten zu evaluieren, worauf eine Überweisung an das Salem-Spital Bern und später zur nochmaligen Standortbestimmung an das Insel-Spital Bern erfolgte (Urk. 59/2). Weitere Beweisanträge hat die Beklagte, die auch für ein Selbstverschulden beweisbelastet ist, diesbezüglich nicht gestellt (Urk. 66 S. 2).
2.9 Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Vorinstanz hat den adäquaten Kausalzusammenhang zu Unrecht verneint und damit das Recht unrichtig angewendet (Art. 310 lit. a ZPO). Damit kommt aber auch eine Kürzung des Ersatzanspruchs wegen allfälliger schwacher Adäquanz um 100% und damit eine Klageabweisung entgegen der Auffassung der Beklagten (Urk. 146 S. 5, S. 12) nicht in Betracht. Denn dies würde auf eine Verneinung der Adäquanz hinauslaufen. Der geringen Intensität einer Unfallursache im Zusammenspiel mit anderen ist bei der Schadenersatzbemessung Rechnung zu tragen (BGE 123 III 110 E. 3c S. 115).
3.1 Die Beklagte rügt mit der Berufungsantwort, die Vorinstanz hätte nicht nur die Adäquanz, sondern auch den natürlichen Kausalzusammenhang verneinen müssen. Dies aus zwei Gründen:
Das Unfallereignis vom tt. Juli 1998 entfalle als Ursache für die Folgen der Opiatabhängigkeit bereits deshalb, weil die Opiat-Therapie ihren Anfang nicht mit der Behandlung allfälliger (bestrittener) Schmerzen als Folge des Unfallereignisses, sondern mit der Behandlung eines exazerbierten bzw. lumbovertebragenen Schmerzsyndroms ihren Anfang genommen habe, das in keinem Zusammenhang mit dem Unfallereignis gestanden habe (Urk. 146
S. 4 Ziff. 22 mit Verweis auf Urk. 53 S. 5 Ziff. 18, Urk. 146 S. 6 Ziff. 28, S. 8
Ziff. 41, S. 10 Ziff. 44, S. 13 Ziff. 55).
Der natürliche Kausalzusammenhang entfalle auch wegen des geringen Delta-v von deutlich weniger als 10 km/h. Die Beklagte offeriere zum Beweis weiterhin ein verkehrstechnisches und biomechanisches Gutachten, da die
medizinischen Gutachter ihre Beurteilung des Kausalzusammenhangs in Unkenntnis des geringen Delta-v vorgenommen hätten (Urk. 146 S. 4 f. Ziff. 22). Zudem hätten den Gutachtern keine medizinischen Akten aus der Zeit vor dem Unfallereignis und keine Akten der Krankenkassen der Klägerin vorgelegen. Diese weiteren Akten seien auch für die gutachterliche Beurteilung des natürlichen Kausalzusammenhangs unentbehrlich (Urk. 146 S. 12 Ziff. 12).
Die Beklagte hat in der Duplik ausgeführt, die opiathaltigen Medikamente Oxycontin und Oxynorm seien der Klägerin im Schmerzzentrum Hirslanden (Salem-Spital) in Bern wegen eines exazerbierten bzw. akuten lumbovertebragenen Schmerzsyndroms verabreicht worden, nachdem die Klägerin zu Hause in G. einen massiven Hexenschuss erlitten habe, völlig immobil gewesen sei, nicht mehr aus dem Bett gekommen und unter grössten Schmerzen ins Spital eingeliefert worden sei. Da dieses akute lumbale Schmerzsyndrom bzw. dieser Hexenschuss im Juli 2004 (recte: 2006; vgl. Urk. 146 S. 4 Ziff. 22) in keinem Zusammenhang mit dem hier zu beurteilenden Unfallereignis vom tt. Juli 1998 stehe, könne auch die als Folge der Behandlung des Hexenschusses eingetretene Opiatabhängigkeit der Klägerin nicht als unfallkausal betrachtet werden (Urk. 53
S. 5 Ziff. 18). Die MEDAS-Gutachter hätten übersehen, dass die Klägerin nicht wegen allfälliger, durch das Unfallereignis verursachten, Schmerzen schwerst opiatabhängig sei, sondern auch ohne den Unfall schwerst opiatabhängig geworden wäre, da sie die Opiate als Folge ihrer chronischen Lumbago erhalten habe, die klar unfallfremd sei (Urk. 53 S. 7 Ziff. 28). Sie berief sich dabei auf den Austrittsbericht des Salem-Spitals vom 31. Juli 2006 (Urk. 5/50), auf das MEDASGutachten (Urk. 5/54) und auf ein (noch einzuholendes) medizinisches Gerichtsgutachten (Urk. 53 S. 5 Ziff. 18).
Die Klägerin hielt dem entgegen, es könne ganz sicher nicht sein, dass Ursache für die schadenstiftende Opiateinnahme ein Hexenschuss sechs Jahre nach dem Unfall sei. Die Behauptung der Beklagten sei widersinnig, weil im zitierten Spitalbericht nicht einmal das Wort Hexenschuss bzw. Lumbago erscheine, die Klägerin schon während langer Zeit zuvor unter Dauermedikation mit den fraglichen Medikamenten gestanden habe und es wohl keinem Arzt in den Sinn käme, einen Hexenschuss, der von selbst wieder abklinge, mit den stärksten auf dem Markt zugelassenen Schmerzmitteln zu therapieren (Urk. 77 S. 4 Ziff. 5).
Anlass der vom Notfallarzt veranlassten Hospitalisation im Juli 2006 (zunächst im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil, dann im Salem-Spital) war in der Tat eine akute Lumbalgie bzw. Lumboischialgie bzw. ein exazerbiertes lumbovertebragenes Schmerzsyndrom, wobei nach wie vor ein chronifiziertes und generalisiertes Schmerzsyndrom bei Status nach HWS-Schleudertrauma vom tt. Juli 1998 und der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert wurde; im Austrittsbericht des Salem-Spitals ist weiter von einem akuten exazerbierten vor allem lumbalen Symptomenkomplex die Rede (Urk. 5/50, Urk. 5/54 S. 22 f.; Hervorhebung durch das Gericht). Bei einer Lumbago (von lat. lumbus: Lende) handelt es sich um einen sog. Hexenschuss in Form eines akut auftretenden, heftigen Kreuzschmerzes (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl., S. 1246). Im MEDAS-Gutachten wird zum Aufenthalt im Salem-Spital (Schmerzzentrum Hirslanden) Bern angemerkt, dass die Klägerin jetzt auf eine Hochdosis Opiat gesetzt werde (Urk. 5/54 S. 23).
Der Vorinstanz ist der Einwand der Beklagten nicht entgangen. Sie hielt dazu fest, es möge sein, dass auch aufgrund des Hexenschusses Schmerzmittel verschrieben worden seien. Offenkundig sei indes, dass die Medikamente Oxycontin und Oxynorm im Juli 2006 anstelle von Tramal verordnet worden seien, nachdem zu diesem Zeitpunkt bereits eine Abhängigkeit (Abusus) der Klägerin bestanden habe. Diese Verschreibung stehe ohne Zweifel und unter Hinweis auf die bereits gemachten Ausführungen im Zusammenhang mit den zuvor erwähnten Diagnosen. Im Übrigen behaupte nicht einmal die Beklagte, dass die Medikation mit hochdosierten Opiaten Standardtherapie bei einem Hexenschuss ein anderer Einsatzgrund gegeben wäre (Urk. 141 S. 17).
Wenn die Beklagte mit der Berufungsantwort lediglich ihre erstinstanzlichen Vorbringen wiederholt (E. III/3.1), setzt sie sich mit der vorinstanzlichen Begrün- dung nicht auseinander und zeigt nicht auf, weshalb diese fehlerhaft ist. Insoweit kommt die Beklagte den Begründungsanforderungen (E. III/1.2) nicht genügend
nach. Die Beklagte dringt bereits aus diesem Grund mit ihrem (erneuerten) Einwand nicht durch.
Davon abgesehen kann auch nicht unterstellt werden, die MEDASGutachter hätten übersehen, dass die Klägerin die Opiate als Folge ihrer chronischen Lumbago erhalten hat (Urk. 53 S. 7 Ziff. 28). Im MEDAS-Gutachten werden die Vorgänge im Juli 2006 detailliert beschrieben und sogar durch den Gutachter Dr. D. im Zusammenhang mit der Opiat-Abgabe kommentiert (Urk. 5/54 S. 22 f.). In ihrer Beurteilung erwähnen die Gutachter ausdrücklich auch unfallfremde Faktoren wie degenerative Veränderungen, Fehlstatik, eventuell Adipositas und Spreiz-Senkfuss beidseits. Sie kamen dann aber zum Schluss, dass sich die insgesamt als geringfügig zu betrachtenden unfallfremden Faktoren ohne Unfallereignis kaum zum heute bestehenden massiven Beschwerdebild entwickelt hätten und die Opiatverschreibung wegen den als unfallbedingt betrachteten Schmerzen vorgenommen worden sei, wobei in Bezug auf die Schmerzchronifizierung davon ausgegangen werden müsse, dass das Unfallereignis vom tt. Juli 1998 eine Teilursache der heutigen Schmerzen darstelle (Urk. 5/54 S. 50 f.).
An ihrem Einwand, das MEDAS-Gutachten stelle kein gerichtliches Gutachten im Sinne von Art. 183 ff. ZPO dar (Urk. 53 S. 5 Ziff. 21), hält die Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht nicht mehr fest, auch wenn sie nach wie vor die Einholung eines Medizinischen Gerichtsgutachtens beantragt (Urk. 146 S. 4 Ziff. 22). Die Vorinstanz hat zur Frage der Verwertbarkeit des MEDAS-Gutachtens Stellung bezogen (Urk. 141 S. 18). Die Beklagte macht nicht geltend, dass ihr im vorliegenden Hauptprozess das rechtliche Gehör dazu nicht gewährt wurde (BGE 140 III 24 E. 3.3.1.3 S. 27).
Schliesslich haben die MEDAS-Gutachter im Rahmen einer (von der Vorinstanz veranlassten) Gutachtensergänzung vom 9. März 2016 zur Frage Stellung genommen, ob sich ihre Aussage (nämlich: dass heute im Vordergrund der Einschränkung in allen Tätigkeiten die Opiat-Abhängigkeit stehe, wobei eine RestArbeitsfähigkeit von 40% in einer körperlich leichten, vorwiegend eher sitzenden, geistig nicht anforderungsreichen Tätigkeit bestehe) auf den gesamten Zeitraum der Opiat-Abhängigkeit, mithin ab Juli 2006, übertragen lasse. Sie haben die Fra-
ge bejaht und erläutert, dass sich der Zeitraum sogar noch bis auf das Jahr 2003 zurückdatieren lasse. Im Jahre 2003 sei im ZMB-Gutachten 2 die Hauptdiagnose einer Opioid-Abhängigkeit (Tramal) gestellt worden, weshalb die Klägerin zu 75% arbeitsunfähig sei; ein Entzug sei empfohlen, aber nicht durchgeführt worden. Man dürfe ruhig auch festhalten, dass ab 2003 respektive schon vorher eine iatrogene Opioid-Abhängigkeit bestanden habe. 2006 sei dann aus völlig unverständlichen Gründen diese Opioid-Abhängigkeit wiederum durch Ärzte (wiederum iatrogen) in eine Opiat-Therapie umgewandelt worden. Es sei schon damals bekannt gewesen, dass Tramal als sogenannter Platzhalter für eine spätere OpiatAbhängigkeit dienen könne. Die geänderte Therapie müsse schlicht als Katastrophe bezeichnet werden. Bei der Begutachtung im Jahre 2012 hätten sie der Versicherten noch eine Rest-Arbeitsfähigkeit von 40% in einer adaptierten, körperlich leichten Tätigkeit attestiert. Sie kämen somit auf in etwa die gleiche Arbeitsunfähigkeit, wie sie das ZMB-Gutachten 2 mit 75% attestiert habe. Somit könne festgehalten werden, dass die Klägerin nicht erst ab Juli 2006, sondern schon mindestens seit 2003 durch ihre Abhängigkeiten in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei, zunächst durch eine Opioid-Abhängigkeit, dann durch eine Opiat-Abhängigkeit (Urk. 87 S. 3).
Die Beklagte widersprach in ihrer Stellungnahme vom 4. Mai 2016 der gutachterlichen Ansicht nur insoweit, als sie für den Zeitraum ab 2003 von einer höheren Arbeitsfähigkeit als 40% ausging (Urk. 94). Im Übrigen lässt sich der Stellungnahme der Beklagten nichts entnehmen, was die Feststellungen im Ergänzungsgutachten in Frage stellen würde. Das Ergänzungsgutachten stützt die vorinstanzliche Annahme, dass die Opiate die Opioide gleichsam ersetzten, der Einsatz von Opiaten durch die vorgängige Opioid-Behandlung zumindest mitverursacht wurde und die Opiatabhängigkeit daher ebenfalls als natürlich-kausale Folge des Unfallereignisses betrachtet werden muss.
Mit Delta-v wird die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung am (angestossenen) Fahrzeug bezeichnet. Die Vorinstanz ging nur knapp darauf ein, indem sie ausführte, durch die ZMB-Gutachten und das MEDAS-Gutachten sei
die natürliche Kausalität erwiesen, womit einem allfälligen geringen Delta-v keine eigenständige Bedeutung mehr zukomme (Urk. 141 S. 18).
Die Beklagte zeigt nicht auf, wo sie im vorinstanzlichen Verfahren den Einwand, der natürliche Kausalzusammenhang entfalle wegen des geringen Delta-v, erhoben und die Einholung eines verkehrstechnischen/biomechanischen Gutachtens beantragt hätte (Urk. 146 S. 5 Ziff. 22). Nachdem die Gutachter und die Vorinstanz eine längere Kausalkette zu beurteilen hatten, bleibt letztlich auch unklar, hinsichtlich welcher Beschwerden (Diagnosen) mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit die natürliche Kausalität bestritten wird. Der Einwand ist daher auch unsubstantiiert. Im MEDAS-Gutachten werden ursprünglich objektivierbare Befunde bzw. somatische Faktoren als Schmerzauslöser erwähnt, die im Laufe der Zeit durch nicht-somatische Faktoren abgelöst wurden, wobei eigentliche Unfallfolgen schon lange nicht mehr zu objektivieren sind (Urk. 5/54 S. 44, S. 48, S. 50). Auch das ZMB-Gutachten 2 ging bereits 2003 von einer psychosomatischen Entwicklung aus, die überwiegend wahrscheinlich durch den Unfall ausgelöst wurde, wobei rein somatisch gesehen keine Unfallfolgen mehr auszumachen waren (Urk. 5/46 S. 20, S. 26 und S. 30).
Mit einer biomechanischen Beurteilung eines kranio-zervikalen Beschleunigungstraumas (Schleudertrauma) können Beschwerden nur aus biomechanischer Sicht beurteilt werden. Es wird festgestellt, ob die in casu vorliegenden Beschwerden aus biomechanischer Sicht erklärbar sind nicht. Dabei werden Kausalitätsfragen nicht direkt beantwortet, da diese noch von vielen ausserhalb der Biomechanik liegenden Faktoren abhängen (Voisard/Weber, Kraniozervikales Beschleunigungstrauma - Eine kritische Auseinandersetzung mit Bezug auf die Entwicklung der Fahrzeugsicherheit und der medizinischen Bildgebung, in: Strassenvekehr/Circulation routière 2/2011 S. 51 ff., S. 56; HaftpflichtKomm-Giger, Art. 58 SVG N 53). Das Bundesgericht hat in verschiedenen Entscheiden den natürlichen Kausalzusammenhang trotz eines Delta-v von weniger als 10 km/h bzw. eines sehr geringen Heckschadens von Fr. 374.bejaht (vgl. die im Aufsatz von Martelozzo, Der intensitätsarme Kausalzusammenhang und die Bedeutung der vorgelagerten Prüfung des Ursachenzusammenhangs, HAVE
3/2018 S. 264 ff., zitierten Entscheide 4C.402/2006 vom 27. Februar 2006, 4A_307/2008 und 4A_311/2008 vom 27. November 2008 und BGer 4A_695/2016 vom 22. Juni 2017). Ebenso lehnt es das Bundesgericht im Rahmen der Beurteilung der Adäquanz ab, fixe Adäquanz-Grenzwerte bzw. eine Bagatelloder Harmlosigkeitsgrenze festzulegen (BGer 4A_275/2013 vom 30. Oktober 2013 E. 5.2).
Im MEDAS-Gutachten wird angegeben, dass im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren das Unfallereignis dem mittleren Bereich im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zugeordnet wurde (Urk. 5/54 S. 24, vgl. auch Urk. 5/66 S. 7). Die MEDAS-Gutachter sind von einem nicht massiven Unfallereignis und von Anfang an eher geringfügigen eigentlichen Unfallfolgen ausgegangen. Dabei hinterfragten sie nach nochmaliger Einsicht in die MRI-Aufnahmen von damals sogar eine (im Ziegler-Spital Bern diagnostizierte) Kontusion des Halsmarkes, die sie weder erkennen noch erklären konnten (Urk. 5/54 S. 40, S. 48). Trotzdem kamen sie auch vor dem Hintergrund, dass in den Akten der Unfallmechanismus nur sehr vage geschildert wird und keine fachtechnische Unfallanalyse vorliegt (Urk. 5/54 S. 43) - nach Würdigung der umfangreichen medizinischen Akten (Urk. 5/54
S. 41: eine unendliche Kette von Abklärungen, Therapien, Begutachtungen) und aufgrund eigener Erhebungen zum Schluss,
dass ursprünglich somatische Faktoren (als Schmerzauslöser) bzw. ein ursprünglich lokales Nacken-Kopfschmerzsyndrom durch nicht-somatische Faktoren bzw. ein generalisiertes Schmerzsyndrom abgelöst wurden (Urk. 5/54 S. 43 f., S. 50);
dass die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bzw. das chronische fibromyalgiforme Ganzkörperschmerzsyndrom (Urk. 5/54 S. 43, S. 47 und S. 50), die Auswirkungen der Opioidund Opiatabhängigkeit (Urk. 5/54 S. 50) sowie die begleitende Angststörung (Urk. 5/54 S. 50) als (überwiegend wahrscheinliche) Folgen des Unfallereignisses betrachtet werden müssen, und sei es zufolge multifaktorieller Genese auch nur im Sinne einer Teilursache bzw. einer indirekten (mittelbaren) Unfallursache (Urk. 5/54 S. 43, S. 47 und S. 49 f.).
Damit enthält das MEDAS-Gutachten (im Gegensatz zur in BGer 4A_540/2010 E. 2.2 beurteilten Konstellation) Aussagen zum natürlichen Kausalzusammenhang und zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit, die mit einem Deltav von weniger als 10 km/h nicht einfach aus den Angeln gehoben werden könnten. Zumal nicht von einem Bagatellunfall gesprochen werden kann, nachdem feststeht, dass die ganze untere Heckpartie des Unfallautos eingedrückt wurde (Urk. 24/3) und sich die Reparaturkosten in Spanien auf mehrere tausend Franken beliefen (Klägerin: Fr. 7'500.-; Beklagte: höchstens Fr. 3'750.-; Urk. 2 S. 9, Urk. 22 S. 4; Urk. 5/23 letztes Blatt). Zuvor war bereits das ZMB-Gutachten 2 zum Schluss gekommen, dass der Unfall überwiegend wahrscheinlich als Auslöser der bei der Klägerin aufgetretenen psychosomatischen Entwicklung und psychischen Störung im Sinne einer vorwiegend apathisch-gehemmten depressiven Symptomatik zu betrachten ist (Urk. 5/46 S. 26).
Die Beklagte will krankhafte Vorzustände sowohl bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs als auch im Rahmen der Schadenersatzbemessung berücksichtigt wissen. Sie bemängelt, den Gutachtern hätten keine medizinischen Akten aus der Zeit vor dem Unfallereignis und keine Akten der Krankenkassen der Klägerin vorgelegen, weshalb die von den Gutachtern festgehaltene Unfallkausalität bestritten werde. Nach Vorliegen dieser Akten sei durch ein medizinisches Gerichtsgutachten eine neue Beurteilung vorzunehmen. Zwar sei die Beklagte nach Art. 8 ZGB für Vorzustände grundsätzlich beweisund behauptungspflichtig. Sie sei jedoch darauf angewiesen, dass ihr alle medizinischen Akten vorgelegt würden, insbesondere auch jene aus der Zeit vor dem Unfallereignis. Sie habe daher die Edition dieser Akten verlangt und bestehe nach wie vor darauf, falls die Berufung nicht abgewiesen werde. Diese weiteren Akten seien für die gutachterliche Beurteilung des bestrittenen natürlichen Kausalzusammenhangs unentbehrlich (Urk. 146 Ziff. 54 S. 12). In der Klageantwort und in der Duplik hatte sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die medizinischen Akten vor dem tt. Juli 1998 und die Akten der Krankenkassen der Klägerin berufen, welche die (von der Klägerin zu nennenden) Ärzte bzw. Krankenkassen zu edieren hätten (Urk. 22 S. 9 Ziff. 27, S. 22 [Beilagenund Beweismittelverzeichnis]).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann die konstitutionelle Prädisposition der geschädigten Person als mitwirkender Zufall zu einer Kürzung des Ersatzanspruchs führen und insofern die Schadensberechnung (Art. 42 OR) die Bemessung des Schadenersatzes (Art. 43/44 OR) beeinflussen. Eine vorbestehende Gesundheitsschädigung, die sich auch ohne das schädigende Ereignis ausgewirkt hätte, ist bei der Schadensberechnung nach Art. 42 OR zu berücksichtigen; dem Haftpflichtigen ist nur der tatsächlich auf das Ereignis zurückzuführende Schaden zurechenbar, für das er haftet. Daher sind die vermögensrechtlichen Folgen vorbestehender Schwächen, die sich mit Sicherheit doch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne das schädigende Ereignis (z.B. in einer verkürzten Lebensoder Aktivitätsdauer) ausgewirkt hätten, anteilmässig auszuscheiden. Wäre der Schaden dagegen ohne den Unfall überhaupt nicht eingetreten, so bleibt der Haftpflichtige auch dann voll verantwortlich, wenn der krankhafte Vorzustand den Eintritt des Schadens begünstigt dessen Ausmass vergrössert hat. Dem Anteil der Prädisposition kann in diesem Fall im Rahmen von Art. 44 OR Rechnung getragen werden (BGE 131 III 12 E. 4 S. 14 mit weiteren Hinweisen). Wer widerrechtlich einen gesundheitlich geschwächten Menschen schädigt, hat kein Recht darauf, so gestellt zu werden, als ob er einen Gesunden geschädigt hätte (Kieser/Landolt, Unfall - Haftung - Versicherung, N 862 Fn 1822, mit Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung).
Die Beklagte entnimmt die von ihr angeführten Vorzustände (histrionisch-akzentuierte Persönlichkeit, Diskushernie C5/6, chronische Lumbago, Adipositas, Beschwerden wegen eines im Jahre 1995 erlittenen Skiunfalls und eines 1998 erfolgten Sturzes auf die Schulter sowie schwierige psychosoziale Situation vor und nach dem Unfallereignis) den ZMB-Gutachten 1 und 2 und dem MEDASGutachten (Urk. 146 S. 11 f.). Diese Vorzustände einschliesslich Diskushernie C3/4 und mediane Diskusprotrusionen C4/C5 waren somit den MEDASGutachtern bekannt und fanden auch Eingang in die von ihnen gestellten Diagnosen und Beurteilungen (Urk. 5/54 S. 3, S. 10 ff., S. 18 ff., S. 43, S. 49). Die MEDAS-Gutachter führten die hauptsächlichsten Einschränkungen aber nicht auf irgendwelche Vorzustände zurück, sondern auf die Opiat-Nebenwirkungen bzw. die Opiattherapie, die ihrerseits wegen der unfallbedingt betrachteten Schmerzen angeordnet wurde, weil in Bezug auf die Schmerzchronifizierung davon ausgegangen werden muss, dass das Unfallereignis eine Teilursache der heutigen Schmerzen darstellt. Dabei haben die Gutachter auch in Rechnung gestellt, dass sich die insgesamt als geringfügig zu betrachtenden unfallfremden Faktoren (degenerative Veränderungen, Fehlstatik, eventuell Adipositas, Fussbeschwerden mit Spreiz-Senkfuss beidseits) ohne Unfallereignis kaum zum heute bestehenden massiven Beschwerdebild entwickelt hätten und bezüglich der körperlichen Einschränkungen heute eher unfallfremde Faktoren im Vordergrund stünden (Urk. 5/54 S. 50 f.). Inwiefern weitere Akten für die gutachterliche Beurteilung des Kausalzusammenhangs notwendig sein sollen, ist nicht ersichtlich und zeigt auch die Beklagte nicht auf, weshalb sie die Kausalitätsbeurteilung des MEDASGutachtens (Urk. 22 S. 9, Urk. 146 S. 12: mit Vorsicht zu geniessen) nicht in Frage zu stellen vermag. Ebenso ist nicht ersichtlich, inwiefern die behaupteten Vorzustände die Unfallfolgen gänzlich in den Hintergrund drängen könnten, so dass die Adäquanz geradezu verneint werden müsste. Die Vorinstanz hat denn auch festgehalten, auf Vorzustände und unfallfremde Ursachen werde bei einer allfälligen Schadensberechnung noch zurückzukommen sein (Urk. 141 S. 15).
Eine zu edierende Urkunde muss genügend (hinreichend bestimmt) bezeichnet werden. Die vage Hoffnung, dass mit einem allgemein gefassten Antrag möglicherweise einschlägige Dokumente gefunden werden, genügt nicht. Die Edition darf nicht auf eine Ausforschung der Gegenpartei herauslaufen und nicht dazu dienen, die Begründung des Prozessstandpunktes der Gegenpartei erst zu ermöglichen. Für den Verpflichteten muss zweifelsfrei feststehen, welche Urkunden er einreichen muss (BSK ZPO-Schmid, Art. 160 N 23 f.). Zudem kann einem Editionsantrag nur entsprochen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die zu edierenden Urkunden überhaupt existieren (Gäumann/Marghitola, Editionspflichten nach der eidgenössischen Zivilprozessordnung, in: Jusletter 14.11.2011, Rz 22). Vor diesem Hintergrund erscheinen die Editionsanträge der Beklagten ohnehin sehr weit bzw. unbestimmt gefasst. Nach dem in E. III/3.4.3 Ausgeführten muss aber nicht weiter darauf eingegangen werden.
Weitere substantiierte Beanstandungen werden von der Beklagten nicht erhoben. Pauschal Schmerzen zu bestreiten, stellt keine Berufungsrüge dar (Urk. 146 S. 4 Ziff. 22: allfälliger (bestrittener) Schmerzen; Urk. 146 S. 7 Ziff. 35: den
angeblichen, bestrittenen - Schmerzen). Die Parteien erörtern auch allfällige Herabsetzungsgründe wie Vorzustände, schwacher bzw. entfernter Kausalzusammenhang und Selbstverschulden (Urk. 140 S. 20 ff., Urk. 146 S. 8 Ziff. 31, S. 11 f. Ziff. 53 f.). Zu diesen Punkten, die Gegenstand der Schadenersatzbemessung sind, hat die Vorinstanz keine Stellung beziehen müssen, da sie die Klage abwies. Weitere Ausführungen im Berufungsverfahren erübrigen sich daher.
Ist der natürliche und adäquate Kausalzusammenhang zu bejahen, ist das Verfahren zur weiteren Anspruchsprüfung bzw. zur Fortsetzung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 ZPO). In die Thematik der Schadensberechnung bzw. Schadensersatzbemessung gehört der im Berufungsverfahren wiederholte Einwand, dass eine Entzugstherapie der Klägerin möglich gewesen wäre, ein Entzug die Arbeitsunfähigkeit und den Schaden auf Null mindern würde bzw. kein durch die Akontozahlungen nicht bereits abgegoltener Schaden besteht (Urk. 146 S. 5 Ziff. 22, S. 8 f. Ziff. 42).
IV.
Infolge der Rückweisung ist die Verteilung der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und der Entscheid über die Parteientschädigungen dem neuen Entscheid der Vorinstanz vorzubehalten (Art. 104 Abs. 4 ZPO; KUKO-Schmid, Art. 104 ZPO N 7). Der Streitwert übersteigt Fr. 1 Mio.
Die Vorinstanz hat der Klägerin die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt (Urk. 32). Die Klägerin stellt auch im Berufungsverfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Urk. 140 S. 5 ff.). Die IVund UVG-Renten betragen Fr. 3'077.pro Monat (Urk. 143/2+3). Zudem erhält die Klägerin von ihrer erwachsenen Tochter H. für Kost und Logis Fr. 1'300.pro Monat. Der Grundbetrag beträgt Fr. 1'100.-, die Mietkosten (inkl. Hobbyraum) belaufen sich auf Fr. 1'895.- (Urk. 143/8, Urk. 140 S. 6). Für Telefon/Radio/TV/Internet sind gerichtsübliche Fr.
100.zu veranschlagen. Die Krankenkasse schlägt mit Fr. 426.60 (KVG) und mit Fr. 257.95 (VVG) zu Buche (Urk. 143/9). Die weiteren Ausgaben (Steuern, AHVBeiträge, Kosten Berufsbeistandschaft, Elektrizität, Hausratund Haftpflichtversicherung), total ca. Fr. 400.-, ergeben sich aus dem KlientInnenkontoauszug
(Zahlungskonto) der Berufsbeistandschaft I.
(Urk. 143/11). Einem Bedarf
von knapp Fr. 4'200.stehen Einnahmen von Fr. 4'377.gegenüber. Per 31. Dezember 2016 wies das Zahlungskonto der Klägerin einen Saldo von Fr. 5'661.90 und per 29. März 2018 einen Saldo von Fr. 6'185.70 auf (Urk. 143/11). Selbst wenn die Zusatzversicherungen (VVG) aus dem Bedarf gestrichen würden, wäre die Klägerin mit Blick auf die Höhe der anfallenden Gerichtsund Anwaltskosten als mittelos zu betrachten. Über nennenswerte Vermögenswerte verfügt die Klägerin nicht (Urk. 143/11 S. 9 ff.). Demzufolge kann der Klägerin die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt werden (Art. 117 f. ZPO).
Der Klägerin wird für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und in der Person von Rechtsanwalt X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.
Das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 7. Abteilung, vom 14. September 2017 wird aufgehoben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 20'500.festgesetzt.
Die Regelung der Prozesskosten des vorliegenden Berufungsverfahrens wird dem neuen Entscheid des Bezirksgerichtes vorbehalten.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstund zweitinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert übersteigt Fr. 1 Mio.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 15. Februar 2019
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. N.A. Gerber versandt am:
am
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