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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LB150076
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB150076 vom 12.07.2016 (ZH)
Datum:12.07.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Berufung; Inventar; Beklagten; Vorinstanz; Debitoren; Bezug; Aktie; Angefangene; Fehlend; Aktien; Fehlende; Klägers; Gewährleistung; Widerkläger; Klage; Widerklage; Darlehen; Angefangenen; Urteil; Widerbeklagte; Aktienkaufvertrag; Forderung; Material; Beweis; Rungen; Rechnung; Widerbeklagten; Parteien; Entscheid; Fehlenden
Rechtsnorm: Art. 210 OR ; Art. 317 ZPO ; Art. 90 BGG ; Art. 960 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LB150076-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter

lic. iur. et phil. D. Glur und Ersatzrichterin Prof. Dr. I. Jent-Sørensen sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. O. Canal.

Urteil vom 12. Juli 2016

in Sachen

  1. ,

    Beklagter, Widerkläger und Berufungskläger vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

Kläger, Widerbeklagter und Berufungsbeklagter vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Forderung

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil vom 25. August 2015; Proz. CG120010

Rechtsbegehren:

des Klägers, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten (act. 2):

1. Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von Fr. 86'314.85 zu bezahlen.

Der Beklagte sei ferner zu verpflichten, dem Kläger folgenden Zins zu bezahlen:

2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MWSt) zulasten des Beklagten.

des Beklagten, Widerklägers und Berufungsklägers (act. 10): 1. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen.

  1. Der Widerbeklagte sei zu verpflichten, dem Widerkläger

    CHF 100'000.00 samt Zins zu 5% seit Klageeinreichung zu bezahlen.

  2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klägers.

Urteil des Bez irksgerichtes Hinwil vom 25. August 2015:
  1. Der Beklagte und Widerkläger wird verpflichtet, dem Kläger und Widerbeklagten Fr. 83'302.10 nebst Zins zu 1% für die Zeit vom 8. Juli 2010 bis

    31. Dezember 2011 und Zins zu 5% ab 1. Januar 2012 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.

  2. Die Widerklage wird vollumfänglich abgewiesen.

  3. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 16'000.- ; die weiteren Auslagen betragen: Fr. 1'278.- Zeugenentschädigungen.

    Fr. 17'278.-

    Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

    Verlangt keine der Parteien eine schriftliche Begründung des Urteils, ermässigt sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.

  4. Die Kosten werden vollumfänglich dem Beklagten und Widerkläger auferlegt. Die Kosten werden in der Höhe von Fr. 9'650.- aus dem Kostenvorschuss des Beklagten und Widerklägers und im darüber hinausgehenden Umfang aus dem Kostenvorschuss des Klägers und Widerbeklagten bezogen. Der nicht beanspruchte Teil des Kostenvorschusses des Klägers und Widerbeklagten (bei unbegründetem Entscheid Fr. 7'105.35, bei begründetem Entscheid Fr. 1'772.-) wird diesem zurückerstattet.

  5. Der Beklagte und Widerkläger wird verpflichtet, dem Kläger und Widerbeklagten den geleisteten und nicht zurückerstatteten Kostenvorschuss gemäss Dispositiv-Ziffer 4 (bei unbegründetem Entscheid Fr. 2'294.65, bei begründetem Entscheid Fr. 7'628.-) zu ersetzen. Zudem wird der Beklagte und Widerkläger verpflichtet, dem Kläger und Widerbeklagten die Kosten des Schlichtungsverfahrens, nämlich Fr. 600.-, zu ersetzen.

  6. Der Beklagte und Widerkläger wird verpflichtet, dem Kläger und Widerbeklagten eine Parteientschädigung von Fr. 30'800.- (zzgl. MwSt.) zu bezahlen.

  7. (Mitteilungen)

  8. (Rechtsmittel)

    Berufungsanträge:

    des Beklagten, Widerklägers und Berufungsklägers (act. 106):

    1. Ziff. 1 des Urteils des Bezirksgerichts Hinwil vom 25. August 2015 (CG120010) sei aufzuheben.

    2. Die Klage vom 11. Juni 2012 sei abzuweisen.

    3. Die Kosten gemäss Ziff. 3., 4., 5., und 6. des Urteils des Bezirksgerichts Hinwil vom 25. August 2015 (CG120010) seien gemäss Verfahrensausgang im Berufungsverfahren neu zu verlegen.

    4. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen des Berufungsbeklagten.

des Klägers, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten (act. 115 S. 2):

  1. Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen.

  2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich MWSt) zulasten des Berufungsklägers.

Erwägungen:

I.

1. Die Klagebewilligung des Friedensrichteramtes Hinwil vom 26. Juni 2012 und die Klagebegründung vom 11. Juli 2012 gingen am 12. Juli 2012 bei der Vorinstanz ein. Mit der Klageantwort vom 2. Oktober 2012 wurde Widerklage erhoben. Am 21. August 2013 fand eine Instruktionsverhandlung statt, bei dieser Gelegenheit geführte Vergleichsgespräche blieben erfolglos. Nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels und Eingang der Widerklageduplik vom 3. März 2014 wurden die Parteien auf den 8. Juli 2014 zur mündlichen Hauptverhandlung vorgeladen, auf deren Durchführung sie jedoch verzichteten. Daraufhin wurde am

30. September 2014 der Beweisbeschluss erlassen. Am 17. und 23. Juni 2015 fand die Beweisverhandlung statt. Am 25. August 2015 nahmen die Parteien mündlich Stellung zum Beweisergebnis. Anschliessend fällte das Gericht das Urteil. Dieses wurde den Parteien zunächst schriftlich in unbegründeter Form mitgeteilt (act. 99). Auf Ersuchen des Beklagten vom 3. September 2015 (act. 101) fertigte das Bezirksgericht die Begründung aus (act. 103 = act. 109).

2. Die begründete Fassung des vorinstanzlichen Urteils vom 25. August 2015 wurde dem Beklagten am 16. November 2015 zugestellt (act. 104). Mit Eingabe vom 16. Dezember 2015 (act. 106) erhob er rechtzeitig Berufung. Der Vorschuss

für die Kosten des Berufungsverfahrens wurde vom Beklagten innert Frist geleistet. Der Kläger beantwortete die Berufung am 17. März 2016 (act. 115), wobei ihm eine Nachfrist anzusetzen war, um die Eingabe zu unterzeichnen (act. 116 und 118). Die Berufungsantwort wurde der Gegenpartei am 17. Juni 2016 zugestellt (act. 119 und 120).

II.

1. Hintergrund dieses Verfahrens ist ein Unternehmenskauf. Von den insgesamt 100 Aktien der C. AG verkaufte der Kläger mit Aktienkaufvertrag vom

7. Juli 2010 (act. 3/3) 40 Aktien an den Beklagten und 60 Aktien an D. . Der Kaufpreis wurde auf CHF 6'700 pro Aktie festgesetzt. Davon zahlten die Käufer CHF 4'000 pro Aktie und der Rest wurde als Darlehen gestundet. Im Darlehensvertrag vom selben Tag (act. 3/2) wurde für das Darlehen ein Zins von 1 % vereinbart und der Beklagte verpflichtete sich, die Darlehenssumme von

CHF 108'000 in jährlichen Raten von CHF 21'600 zurückzuzahlen. Der Beklagte leistete keine Zinsoder Amortisationszahlungen. Mit Schreiben vom 2. April 2015 kündigte der Kläger den Darlehensvertrag (act. 3/4).

  1. Mit seiner Klage verlangte der Kläger die Rückzahlung der Darlehenssumme, wobei er dem Beklagten gestützt auf den Aktienkaufvertrag unter dem Titel Gewährleistung eine Reduktion um CHF 21'685.15 zugestand, was eine Restforderung von CHF 86'314.85 ergab. Der Beklagte beantragte vor Vorinstanz die Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf Rückzahlung des Kaufpreises im Umfang von CHF 100'000.

    Die Vorinstanz wies die Widerklage wegen Verjährung vollumfänglich ab (act. 109

    S. 12 E. 2). Von der ausstehenden Darlehensforderung nahm sie eine Reduktion um CHF 10'887.02 für nicht einbringliche Debitoren und CHF 13'810.86 für nicht verbuchte Rechnungen und Rückstellungen vor und hiess die Forderung des Klä- gers im Umfang von CHF 83'302.10 gut (act. 109 S. 23 E. 4).

  2. Im Berufungsverfahren verlangt der Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage. Gegen die grundsätzlich anerkannte Darlehensforderung bringt er Forderungen aus Gewährleistung aus dem Aktienkaufvertrag zur Verrechnung.

    Im Einzelnen macht er folgende Verrechnungsforderungen geltend, die er jeweils zu 40% auf das ausstehende Darlehen anrechnet:

    Fehlendes Inventar CHF 397'968.75

    Fehlende Debitoren und angefangene Arbeiten CHF 135'184.50 Nicht verbuchte Rechnungen und Rückstellungen CHF 45'247.15 Nicht zurückbezahltes Darlehen CHF 20'053.00 Total CHF 588'453.40

    Aus verfahrensökonomischen Gründen beschränkt er sich im Berufungsverfahren auf die Geltendmachung der mit Bezug auf das fehlende Inventar, die fehlenden Debitoren und die angefangenen Arbeiten verbleibenden Differenzen (act. 106

    S. 10 Ziff. 3.3). Damit bleibt es im Übrigen beim Entscheid der Vorinstanz, welcher ihm für nicht verbuchte Rechnungen und Rückstellungen CHF 13'810.86 zugestand, während seine Gegenforderung für ein nicht zurückbezahltes Darlehen des Klägers abgewiesen wurde (act. 109 S. 21 ff.).

    Die Abweisung der Widerklage blieb unangefochten (act. 106 S. 3).

    Der Kläger verlangt die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils (act. 115 S. 2).

  3. Die Gewährleistungsansprüche des Beklagten aus dem Aktienkaufvertrag sind verjährt, was zur Abweisung seiner Widerklage führte. Die einredeweise Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bleibt jedoch über den Eintritt der Verjährung hinaus möglich, wenn innerhalb der Verjährungsfrist Mängelrüge erhoben wurde (Art. 210 Abs. 5 OR).

    Der Beklagte macht geltend, D. habe mit Schreiben vom 24. Januar 2011 (act. 11/3) eine Mängelrüge erhoben, die (gestützt auf die vertraglichen Gewährleistungsbestimmungen; act. 11/2 S. 6) auch für ihn Geltung habe.

    Die Vorinstanz hatte erwogen, mit jenem Schreiben werde zumindest sinngemäss zum Ausdruck gebracht, dass für die darin genannten Positionen (nicht eingebrachte Debitoren und angefangene Arbeiten, nicht verbuchte Rechnungen sowie nicht vorhandenes Inventar) Gewährleistung verlangt werde. Hinsichtlich des geltend gemachten fehlenden Inventars dürfte der Kläger aufgrund der von ihm unbestrittenermassen bereits am 22. September 2010 erhaltenen Liste mit fehlenden Gegenständen in der Lage gewesen sein, den Umfang der Beanstandungen zu ermessen. Betreffend Rechnungen, Debitoren und angefangene Arbeiten sei ein Umfang der Beanstandung aus dem Schreiben vom 24. Januar 2011 demgegenüber nicht zu erkennen. Das Schreiben verweise zwar auf eine separate provisorische Aufstellung, die jedoch im vorliegenden Prozess nicht eingereicht worden sei (act. 109 S. 13 f. E. 3.1.3).

    Die Vorinstanz bejahte daher das Vorliegen einer genügenden Rüge mit Bezug auf das fehlende Inventar (vgl. dazu unten 7 ff.), nicht jedoch für die Debitoren (act. 109 S. 18 E. 3.3.2) und die angefangenen Arbeiten (act. 109 S. 19 f.

    E. 3.4.2).

  4. Die Vorinstanz erwog, D. habe mit Schreiben vom 24. Januar 2011 mit Wirkung auch für den Beklagten gerügt, dass erhebliche Zahlungen aus Debitoren nicht eingegangen seien. Die im Schreiben erwähnte separate, provisorische Aufstellung, welche dem Schreiben wohl beigelegen habe, sei im vorliegenden Prozess aber, soweit ersichtlich, nicht eingebracht worden. Und selbst wenn dem so wäre, habe der Beklagte die Ausführungen des Klägers in der Replik bzw. Widerklageantwort zu den Debitoren (mit Ausnahme der Qualifikation einer Zahlung der SUVA) nicht bestritten, so dass ohnehin auf die Darstellung des Klägers abzustellen sei (act. 109 S. 18 E. 3.3.2).

Auch bei den angefangenen Arbeiten sei der Kläger als Verkäufer aufgrund des Schreibens vom 24. Januar 2011 nicht in der Lage gewesen, den Umfang der Beanstandung hinsichtlich der angefangenen Arbeiten zu ermessen, da keine Quantifizierung stattgefunden habe. Spätestens nach Vorliegen der Revision der E. AG vom 28. April 2011 wäre dem Beklagten eine definitive Quantifizierung möglich gewesen. Nach dem 24. Januar 2011 sei jedoch keine weitere Rüge erfolgt (act. 109 S. 19 f. E. 3.4.2).

Der Beklagte behauptet, bei der von der Vorinstanz vermissten Aufstellung handle es sich um die Klageantwortbeilage 10. Überdies sei mit dem Schreiben vom

24. Januar 2011 auch eine Aufstellung über nicht verbuchte Rechnungen zugestellt worden. Das gleiche gelte hinsichtlich der angefangenen Arbeiten. Zudem sei dem Kläger aufgrund der an einem im Schreiben erwähnten Treffen vom

7. Januar 2011 besprochenen Listen sehr wohl in der Lage gewesen, den Umfang der Beanstandungen bestimmen zu können (act. 106 S. 7 f. m.H. auf act. 11/10, act. 11/11 und act. 11/14).

Vor Vorinstanz hatte der Beklagte zur Einhaltung der Rügeobliegenheit in Bezug auf die Debitoren und angefangenen Arbeiten keine Ausführungen gemacht, obwohl der Kläger die Einhaltung der Rügefrist in Bezug auf die angefangenen Arbeiten ausdrücklich bestritten hatte (act. 18 S. 12). Der Beklagte hätte daher Anlass gehabt und es wäre ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, die Behauptung, dass der Kläger mit dem Schreiben vom 24. Januar 2011 zusätzliche Aufstellungen über nicht verbuchte Rechnungen und angefangene Arbeiten erhalten habe, bereits im vorinstanzlichen Verfahren aufzustellen, so dass diese Urkunden entsprechend in die Würdigung, ob die Mängelrüge genügend substanziiert war, hätten einfliessen können (vgl. act. 115 S. 8).

Daher handelt es sich dabei im Berufungsverfahren um unzulässige neue Tatsachen und Beweismittel (wobei nicht das Beweismittel an sich neu ist, sondern seine Anrufung zum Beweis der Substanziierung der Mängelrüge), die nicht mehr zu berücksichtigen sind (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Der vorinstanzlichen Würdigung, dass das Schreiben von D. vom 24. Januar 2011, ausser in Bezug auf das fehlende Inventar, keine substanziierte Mängelrüge darstellt, ist unter diesen Umständen zuzustimmen. Mit Bezug auf die Gewährleistung wegen Debitoren und angefangene Arbeiten ist die Verrechnungseinrede des Beklagten demnach wegen ungenügender Substanziierung der Mängelrüge nicht zu hören.

6. Im Sinne einer alternativen Begründung hielt die Vorinstanz fest, selbst wenn in Bezug auf die Debitoren und die angefangenen Arbeiten eine rechtsgenügende Rüge erfolgt wäre, würde sich am Ergebnis nichts ändern (ausser in Bezug auf eine Rückzahlung der SUVA, welche der Kläger - nach Auffassung des Beklagten, welche die Vorinstanz teilt - zu Unrecht von der von ihm grundsätzlich anerkannten Verrechnungsforderung in Abzug brachte). Auch wenn das keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, ist darauf kurz einzugehen.

  1. Zu den angefangenen Arbeiten schrieb die Vorinstanz, nach dem klaren Wortlaut des Aktienkaufvertrags garantiere der Kläger für die Debitoren, ohne die angefangenen Arbeiten zu erwähnen (act. 109 S. 20 E. 3.4.3, Hervorhebung im Original). Dabei übersieht sie, dass der Verkäufer für die bilanzierten Debitoren garantiert. Dieser Zusatz verweist auf die dem Vertrag beigefügte Bilanz vom

    31. Dezember 2009, in der, wie der Beklagte anmerkt (act. 106 S. 9), die angefangenen Arbeiten nicht ausgeschieden, sondern nur zusammen mit den Debitoren aufgeführt werden (act. 11/2). Auch wenn eine separate Aufstellung dieser Positionen existierte (act. 109 S. 20 E. 3.4.3 m.H. auf act. 11/9), lässt sich das Vertragsverständnis des Beklagten, dass die Gewährleistung für die bilanzierten Debitoren die ganze Bilanzposition 1100 Debitoren/angef. Arbeiten umfasst, vor diesem Hintergrund nicht von der Hand weisen. Das nützt dem Beklagten jedoch nichts, da keine rechtzeitige substanziierte Mängelrüge erfolgte (vgl. oben 5).

  2. Zu den Debitoren hatte die Vorinstanz erwogen, da der Beklagte die Ausfüh- rungen des Klägers zu den Debitorenverlusten (ausser in Bezug auf die Zahlung der SUVA, für die ihm die Vorinstanz folgte) nicht bestritten habe, sei auf die Darstellung des Klägers abzustellen (act. 109 S. 18 E. 3.3.2 a.E.).

In der Duplik bezeichnete der Beklagte die Differenzen der Parteien in Bezug auf den Debitorenverlust als geringfügig und erwähnte einzig die SUVA-Zahlung von CHF 3'277.25, die nicht als Debitoreneingang gebucht werden könne (act. 23 S. 9 Zu b.), worin ihm die Vorinstanz Recht gab (act. 109 S. 19). In der Widerklageantwort nahm er nicht auf die Berechnung des Klägers Bezug, sondern äusserte sich lediglich allgemein (act. 40 S. 8 lit. b).

In der Berufung verweist der Beklagte auf die allgemeine Bestreitungsformel am Anfang der Widerklagereplik (act. 106 S. 8). Angesichts der detaillierten klägerischen Darstellung (act. 18 S. 12 f.) ist eine allgemeine Bestreitung ungenügend, da mit dem Detaillierungsgrad einer Behauptung auch die Anforderungen an die Substanziierung der Bestreitung wachsen. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu diesen Ausführungen nicht geschwiegen, sondern sich in der Duplik grundsätzlich zustimmend geäussert und lediglich in Bezug auf die SUVA-Zahlung einen Vorbehalt angebracht hatte (act. 23 S. 9 lit. b). Damit hatte er spezifisch auf die klä- gerischen Ausführungen Bezug genommen, so dass ohnehin kein Raum für einen Rückgriff auf die allgemeinen Bestreitungsformel blieb. Wollte er in der Widerklagereplik auf seine früheren Ausführungen in der Duplik zurück kommen, hätte er dies ausdrücklich kundtun müssen.

Mit Bezug auf die Debitoren ist der vorinstanzlichen Alternativbegründung demnach zuzustimmen. Mit seiner Berufung, mit der er unter Verweis auf Klageantwortbeilage 10 nach Abzug des Delkrederes von CHF 7'500 einen Verrechnungsanspruch von CHF 31'275.05 geltend macht (act. 106 S. 8), während die Vorinstanz einen Betrag von CHF 27'217.55 ermittelte, von dem sie ihm 40% bzw. CHF 10'887.02 als Kaufpreisreduktion zugestand (act. 109 S. 19 E. 3.3.4), hätte der Beklagte daher auch dann keinen Erfolg, wenn eine rechtzeitige Mängelrüge vorläge.

7. Der Kläger hatte als Verkäufer im Aktienkaufvertrag vom 7. Juli 2010 die Gewährleistung für das Vorhandensein der in der beiliegenden Inventarliste aufgeführten Gegenstände übernommen. Damit wurde auf die Inventarliste vom

31. Dezember 2004 verwiesen (act. 11/2 S. 5 Ziff. 11 und Anhang).

  1. Der Beklagte macht geltend, bei der Inventarisierung, die er alleine habe vornehmen müssen, weil der Kläger seine Mitarbeit verweigerte, habe sich herausgestellt, dass verschiedenes Inventar und Material fehlten. Sie hätten festgestellt, dass der Kläger lange Zeit vor der Unterzeichnung des Aktienkaufvertrags erhebliche Teile des Inventars mit einem Neuwert von CHF 517'291.65, von dem der Beklagte 75% oder CHF 387'938.75 zur Verrechnung bringt, an Dritte verkauft habe (act. 10 S. 4 f. Ziff. 4.1.2).

  2. Der Kläger bestreitet nicht, dass er abgelehnt habe, bei der Inventarisierung mitzuwirken. Er macht geltend, dieses Unterfangen wäre zum einen sinnlos und andererseits höchst zeitintensiv gewesen. Der Bestand hätte sich auch aufgrund der Lieferscheine kontrollieren lassen, was dem Beklagten als Vorarbeiter bekannt gewesen sei (act. 18 S. 5 lit. d). Die Zählungen des Beklagten stellten lediglich eine nachweislich falsche Parteibehauptung dar, die zum Nachweis des angeblichen fehlenden Inventars nicht tauglich sei (act. 18 S. 6 ff. lit. e). Er anerkennt, dass Teile, die in der Inventarliste enthalten und die an eine Baufirma vermietet waren, nach Ablauf der Mietdauer gegen Bezahlung eines Restkaufpreises in das Eigentum der Mieterin übergingen. Der Beklagte habe jedoch von dieser Vermietung gewusst und im Übrigen handle es sich dabei um einen in der Baubranche sehr üblichen Vorgang (act. 18 S. 8 lit. f). Er macht geltend, dass der aktuelle Zeitbzw. Verkehrswert eingesetzt werden müsse, der viel tiefer wäre

    (act. 18 S. 10). Überdies sei während der gleichen Zeit sehr viel Material neu angeschafft worden, das allfällige fehlende Gegenstände sowohl zahlenmässig als auch wertmässig weit mehr als nur kompensiere (act. 18 S. 11).

  3. Die Vorinstanz hatte erwogen, der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass die C. AG zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aktienkaufvertrages nicht mehr Eigentümerin aller Gegenstände gemäss der Inventarliste vom 31. Dezember 2004 war. Mit der zum Beweis angerufenen Liste der fehlenden Gegenstände gelinge ihm der Beweis des fehlenden Materials nicht (act. 109 S. 15 f. E. 3.2.3). Durch den Verkauf von vermietetem Material an Dritte habe zwar durchaus eine Differenz zum Inventar zum Zeitpunkt des Übergangs der Kaufsache, nicht aber zwingend auch zum Inventar vom 31. Dezember 2004 resultiert. Es sei nämlich nicht ausgeschlossen, dass zwischen dem 31. Dezember 2004 und dem Übergang der Kaufsache neues Material angeschafft worden sei. Das mache der Klä- ger denn auch geltend und werde vom Beklagten nicht bestritten. Bei den Gegenständen auf der Liste handle es sich um Gattungsware. Sei in der Zeit vom

    31. Dezember 2004 bis zum 7. Juli 2010 mehr Ware angeschafft als verkauft worden, liege daher grundsätzlich keine Verletzung der vertraglichen Zusicherung vor, dass die Gegenstände gemäss Inventarliste vom 31. Dezember 2004 vorhanden seien (act. 109 S. 16 f. E. 3.2.4).

  4. Dass es zum Verkauf von Inventarbestandteilen kam, ist unbestritten. Der Kläger (und mit ihm die Vorinstanz) beruft sich darauf, bei den Inventarsachen handle es sich um Gattungssachen. Es mache daher nichts, wenn einzelne Sachen verkauft worden seien. Entscheidend sei nur, ob die Sachen in der Gattung und Menge vorhanden seien, was der Fall sei (act. 46 S. 4 lit. a). Das ist grundsätzlich richtig. Allerdings trifft den Kläger die Behauptungsund Beweislast für die Beschaffung des gattungsund mengenmässig richtigen Ersatzes, nachdem feststeht, dass ein Teil des Inventars verkauft worden war und somit fehlte.

Eine genaue Lektüre seiner Rechtsschriften zeigt, dass der Kläger nicht behauptet, die von ihm geltend gemachten Neuanschaffungen hätten sämtliche durch Verkäufe entstandenen Lücken geschlossen: (also v.a. solche, welche der Beklagte als fehlend behauptet; act. 18 S. 11). Er argumentiert vielmehr über den Wert und macht geltend, der Wert der Neuanschaffungen übersteige den Wert des fehlenden Materials (act. 18 S. 11). Entgegen der Vorinstanz ist damit grundsätzlich eine Gewährleistung zu bejahen, weil das vertraglich zugesicherte Inventar nicht vollständig vorhanden war.

  1. Laut Aktienkaufvertrag reduziert sich der Kaufpreis bei einem Gewährleistungsfall um den entsprechenden Substanzverlust, wobei der Kaufpreis des Beklagten entsprechend seinem Aktienanteil um 40% des Substanzverlusts reduziert wird (act. 11/2 S. 7). Es gilt daher, den mit den fehlenden Inventarteilen verbundenen Substanzverlust zu ermitteln.

    1. In der Widerklage hatte sich der Beklagte auf eine eigene Liste der fehlenden Gegenstände mit einem Total von CHF 517'291.65 bezogen, die er dem Klä- ger am 22. September 2010 übergeben hatte. Davon setzte er 75% ein (act. 10

      S. 4 f. Ziff. 4.1.2). Im Berufungsverfahren verweist er auf die Aufstellung des an Dritte verkauften Materials mit einem Total von CHF 276'117.45, was einen Verrechnungsanspruch des Beklagten in der Höhe von CHF 109'732 ergebe

      (act. 106 S. 6 m.H. auf act. 24/3). Dabei orientiert er sich jeweils an den im Inventar per 31. Dezember 2004 ausgewiesenen Stückpreisen, die dort als Bruttopreise bezeichnet werden (act. 11/2).

    2. Der Kläger hält es nicht für angängig, den Preis für eine Neuanschaffung, ob reduziert oder nicht, in Rechnung zu stellen. Wenn schon sei der Zeitbzw. der aktuelle Verkehrswert einzusetzen, zu dem das Inventar an einen Dritten verkauft werden könne. Dieser belaufe sich nicht auf 75% des Neuanschaffungspreises, sondern sei viel tiefer (act. 18 S. 10; act. 115 S. 6 f.).

    3. Das dem Aktienkaufvertrag beigefügte Inventar per 31. Dezember 2004 weist ein handschriftliches Total von CHF 2'781'540 auf (act. 11 S. 2). Laut unwidersprochener Darstellung des Klägers handelt es sich dabei bloss um einen Teil der zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen Materialvorräte (act. 18 S. 3). Ein Vergleich dieser Zahl mit dem Kaufpreis von CHF 670'000 oder mit den bilanzierten Materialvorräten per 31. Dezember 2009 von CHF 599'300 (act. 11/2) führt vor Augen, dass die in dieser Liste aufgeführten Preise keine brauchbare Grundlage für die Ermittlung des mit dem Fehlen einzelner Teile des Inventars verbundenen Substanzverlusts darstellen.

      Auch der Kaufpreis von CHF 233'182.05 (act. 23 S. 7; act. 19/18), zu dem die F. AG das Material am Ende des Mietverhältnisses von der C. AG

      übernahm, was laut den Feststellungen der Vorinstanz ein branchenüblicher Vorgang darstellt, bei dem die Miete an den Kaufpreis angerechnet wird (act. 109 S. 17 m.H. auf act. 81 S. 4), ist keine brauchbare Grundlage, da dieser Betrag auf dem Wiederbeschaffungswert beruht und damit den in die Bilanz eingeflossenen Abschreibungen des laut unwidersprochener Darstellung des Klägers zwischen 15 und 30 Jahre alten Materials (act. 18 S. 10) keine Rechnung trägt.

      Der Aktienkaufvertrag umschreibt den Begriff des Substanzverlusts als kleinerer Wert Aktiven und / oder nichtbilanzierte Passiven und verweist damit auf die Werte der Bilanz. Wie oben aufgezeigt wurde, sind diese Zahlen wesentlich tiefer als die Vorstellungen des Beklagten. In der Bilanz sind alle Aktiven höchstens nach dem Werte anzusetzen, der ihnen im Zeitpunkt, auf welchen die Bilanz errichtet wird, für das Geschäft zukommt (Art. 960 Abs. 2 OR). Das verdeutlicht, dass es entgegen der Auffassung des Beklagten (act. 40 S. 7) nicht auf den Wiederbeschaffungs-, sondern auf den Zeitwert ankommt.

    4. Der Beklagte machte keine Ausführungen dazu, wie der Zeitwert zu ermitteln wäre, sondern er beschränkte sich auf die Angabe des Wiederbeschaffungswerts, der jedoch für die Bestimmung des Substanzverlusts nicht relevant ist, obwohl ihn der Kläger darauf hingewiesen hatte.

    Die Vorbringen des Beklagten sind damit in Bezug auf ein wesentliches Tatbestandsmerkmal unvollständig. Auch wenn eine Gewährleistung grundsätzlich gegeben wäre (vgl. oben 7), ist er daher mit seiner Verrechnungseinrede in Bezug auf das fehlende Inventar nicht zu hören.

  2. Im Ergebnis hat der Beklagte mit seiner Berufung demnach keinen Erfolg. Während er in Bezug auf die Debitoren und die angefangenen Arbeiten die rechtzeitige substanziierte Erhebung einer Mängelrüge und damit die Entstehung einer Gewährleistungsforderung auch im Berufungsverfahren nicht dartun konnte, hat er mit Bezug auf das fehlende Inventar keine Behauptungen zum damit verbundenen Substanzverlust aufgestellt und kann deshalb die Höhe einer allfälligen Verrechnungsforderung nicht beweisen.

Es bleibt damit bei der Reduktion der Darlehensforderung von CHF 108'000.00 um CHF 10'887.02 für nicht einbringliche Debitoren und um CHF 13'810.86 für nicht verbuchte Rechnungen und Rückstellungen, welche die Vorinstanz, hauptsächlich gestützt auf entsprechende Zugeständnisse des Klägers, vorgenommen hatte, was eine Restforderung von CHF 83'302.10 ergibt (vgl. act. 109 S. 23 E. 4).

Somit ist die Berufung abzuweisen und das Urteil der Vorinstanz zu bestätigen.

III.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beklagte die Verfahrenskosten zu tragen und dem Kläger eine Parteientschädigung zu bezahlen.

Es wird erkannt:
  1. Die Berufung wird abgewiesen. Das Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom

    25. August 2015 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 8'000.- festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Beklagten, Widerkläger und Berufungskläger auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Der Beklagte, Widerkläger und Berufungskläger wird verpflichtet, dem Klä- ger, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 7'020.- (Fr. 6'500.- zuzüglich 8% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Hinwil und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 83'302.10.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. A. Katzenstein

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. O. Canal

versandt am:

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