Zusammenfassung des Urteils LB150047: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall zwischen einem Beklagten und einem Kläger entschieden, bei dem es um die Verletzung eines Vertrages bezüglich medizinischer Gutachten ging. Der Beklagte wurde dazu verurteilt, dem Kläger eine Geldstrafe zu zahlen. Die Gerichtskosten wurden dem Beklagten auferlegt. Der Richter war lic. iur. P. Diggelmann. Die Gerichtskosten betrugen CHF 10'250.-. Die verlorene Partei war männlich.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB150047 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 05.01.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Beklagten; Parteien; Vertrag; Berufung; Bezirksgericht; Gesellschaft; Klägers; Urteil; Konkurrenzverbot; Klage; Bereich; Beweis; Vertrages; Bezirksgerichts; Betrieb; Gutachter; Abteilung; Zusammenarbeit; Verfahren; Beweisverfahren; Klausel; Auffassung; Behauptung; Auslegung; Aktionärbindungsvertrag |
Rechtsnorm: | Art. 150 ZPO ;Art. 18 OR ;Art. 229 ZPO ;Art. 27 ZGB ;Art. 317 ZPO ;Art. 536 OR ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LB150047-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach, Ersatzrichterin Prof. Dr. I. Jent-Sørensen sowie Gerichtsschreiber lic. iur. T. Engler.
in Sachen
,
Beklagter und Berufungskläger
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X2.
gegen
,
Kläger und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.
betreffend Forderung
Berufung gegen ein Urteil der 4. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom
10. August 2015; Proz. CG120037
Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 100'000.00 nebst Zins zu 5% seit dem 10. November 2011 zu bezahlen;
unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zu Lasten des Beklagten.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 100'000.- nebst Zins zu 5 % seit 10. November 2011 zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 10'250.- (Pauschalgebühr) festgesetzt.
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Gerichtskosten werden dem Beklagten auferlegt und mit den geleisteten Vorschüssen des Klägers verrechnet.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Kostenvorschüsse in der Höhe von Fr. 10'250.zurückzuerstatten.
Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung von Fr. 18'418.- (inkl. Fr. 1'308.- Mehrwertsteuer und Fr. 760.für die Kosten des Schlichtungsverfahrens) zu bezahlen.
6./7. (Mitteilungen, Rechtsmittel)
des Beklagten (act. 108):
Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich 4. Abteilung vom 10. August 2015 (CG120037) sei aufzuheben und die Klage des Berufungsbeklagten sei vollumfänglich abzuweisen.
Eventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich 4. Abteilung vom
10. August 2015 (CG120037) aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt) zulasten des Berufungsbeklagten.
des Klägers (act. 117):
Die Berufung sei abzuweisen, und das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom
10. August 2015 (Geschäfts-Nr. CG120037-L) sei zu bestätigen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich MwSt zu Lasten des Berufungsbeklagten
Die Parteien sind Ärzte und sind auf dem Gebiet der medizinischen Dienstleistungen und medizinischen Abklärungen zugunsten von Sozialund Privatversicherungen tätig. Sie arbeiteten zusammen im Medizinischen Zentrum
C. / C. , welches vom Kläger und einem mittlerweile ausgeschiedenen anderen Arzt ab 1998 aufgebaut worden war. Die beiden hatten als einfache Gesellschaft und unter Zuzug verschiedener Spezialärzte in eigenen Räumlichkeiten eine Medizinische Abklärungsstelle / D. betrieben (in der Schweiz gibt es nach Darstellung des Klägers sechzehn solche Stellen, welche dem Bundesamt für Sozialversicherung/Abteilung IV regelmässig Gutachten liefern). Mitte 2005 trat der Beklagte als Nachfolger des altershalber ausscheidenden anderen Gründers in das C. ein.
Ab Frühjahr 2008 bedienten sich die Parteien für die administrativen Angelegenheiten des C. (Anstellung des Hilfspersonals, Aufwendungen für die Praxisräumlichkeiten, Medikamente und Verbrauchsmaterial) der von ihnen im Jahr zuvor gegründeten E. AG (E. für A'. /B'. ). Über ihre Zusammenarbeit schlossen sie zwei Verträge. In der Vereinbarung betreffend den Betrieb der einfachen Gesellschaft im medizinischen Bereich vom 4. April 2008 regelten sie den gemeinsamen Betrieb der D. in dem Sinn, dass diese in der Form der einfachen Gesellschaft geführt werde. Sie würden ihre Tätigkeit für die D. - Aerztliche Leistungen ausgeschlossen - über die E. AG abwickeln. Jeder Partner konnte Ärzte anstellen, allerdings nur im Einverständnis mit dem anderen. Der Geschäftsaufwand, insbesondere die Saläre der Angestellten und die Honorare der Konsiliar-Ärzte, wurde über ein Geschäftskonto bezahlt. An die E. AG, welche die organisatorischen und alle nicht-ärztlichen Belange der D. betreute, wurden monatliche Pauschalzahlungen ausgerichtet. An Gewinn und Verlust der einfachen Gesellschaft waren die Partner je hälftig berechtigt (im Einzelnen act. 6/10). Sodann schlossen die Parteien hinsichtlich der E. AG einen Aktionärsbindungsvertrag. Darin wurde im Rahmen des sehr weit gefassten statutarischen Zwecks der Gesellschaft (Beratung von Firmen im medizinischen Bereich sowie Erstellen von wissenschaftlichen Studien für die Pharmaindustrie) präzisiert, die Gesellschaft übernimmt die administrativen Arbeiten der D. sowie der Betriebsgesellschaft C. . Es wurden Einschränkungen für den Verkauf von Aktien und ein Angebots-Recht resp. eine entsprechende Pflicht für den Fall des so genannten Ausstiegs einer Partei vereinbart. Endlich legten die Parteien ein Konkurrenzverbot fest: während der Dauer des Vertrages und bis zwölf Monate nach Vertragsende durfte keine Seite eine die E. konkurrenzierende Tätigkeit betreiben und/ sich direkt indirekt an einem Unternehmen in der Schweiz beteiligen ihre Arbeitskraft Expertise einem solchen in einer Weise zur Verfügung zu stellen, die den Interessen der Gesellschaft zuwiderläuft. Verletzungen des Vertrages wurden mit einer Konventionalstrafe von Fr. 100'000 bedroht (act. 6/2).
Ab Juni 2011 war der Beklagte aus gesundheitlichen Gründen nur mit einem reduzierten Pensum (und nach Darstellung des Klägers nur im administrativen
Bereich) für das C. tätig, und auf Ende 2011 schied er dort aus. Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe eine konkurrenzierende Tätigkeit ausgeübt, indem er noch im Jahr 2011 eine Tätigkeit als medizinischer Gutachter aufgenommen habe und seine Honorare nicht etwa über ein Konto der von ihm und dem Kläger betriebenen D. , der E. AG des C. abwickelte (act. 3 Rz. 37). Er beansprucht die vertragliche Konventionalstrafe von Fr. 100'000.--. Der Beklagte räumt ein, dass er jedenfalls seit Januar 2012 im Kanton Schwyz als medizinischer Gutachter tätig ist, sieht das aber nicht als Verletzung vertraglicher Verpflichtungen gegenüber dem Kläger.
Das gerichtliche Verfahren wurde mit dem Schlichtungsverfahren eingeleitet, welches zur Klagebewilligung vom 13. Januar 2012 führte. Beim Bezirksgericht ging die Klage am 27. März 2012 ein. Nach dem Schriftenwechsel, in dessen Verlauf sich das Gericht erfolgslos um eine einvernehmliche Lösung bemüht hatte, verzichteten die Parteien auf eine mündliche Hauptverhandlung zur Sache, hingegen fand ein Beweisverfahren statt (Prot. I S. 15 ff.). Im Anschluss daran fällte das Bezirksgericht das angefochtene Urteil, mit welchem es die Klage guthiess.
Die Berufung des Beklagten erfolgte am 14. September 2015 rechtzeitig, ebenso wie die Zahlung des Kostenvorschusses für das Berufungsverfahren. Der Kläger beantwortete die Berufung am 4. Dezember 2015.
2. Das Bezirksgericht erwägt zusammengefasst, der Prozess entscheide sich an der Tragweite der Klausel zum Konkurrenzverbot. Das Beweisverfahren habe keinen übereinstimmenden Willen der Parteien in dem Sinn ergeben, dass (auch) jede ärztliche gutachterliche Tätigkeit eines der Partner verboten werden sollte. Darum analysiert das Bezirksgericht die Klausel objektiviert danach, was für vernünftige und korrekte Parteien unter den gegebenen Umständen der Sinn sein konnte und sein musste. Es kommt zum Schluss, nach Treu und Glauben erfasse das Konkurrenzverbot das Kerngeschäft der Zusammenarbeit der Parteien, nämlich das Erstellen von medizinischen Gutachten. Entgegen der Auffassung des Beklagten werde dieser damit nicht übermässig beruflich eingeschränkt, da er als Arzt durchaus etwa in einem Spital arbeiten könne, nur nicht als Gutachter für Versicherungen (im Einzelnen act. 110).
Der Beklagte stellt der Berufung (act. 108) eine längere Darstellung eines Sachverhalts voran, ohne zu erläutern, wo er das bereits so behauptet hat resp. warum es zulässig sein solle. Noven sind grundsätzlich ausgeschlossen (Art. 317 ZPO). Es ist verbreitet, in der Berufung frei einen Sachverhalt darzustellen ohne Angabe, was nicht neu und darum zulässig sei resp. warum Neues ausnahmsweise vorgetragen werden dürfe. Der Berufungsinstanz ist es nicht zumutbar, bei jedem Satz nachzuforschen, wo er im erstinstanzlichen Verfahren schon so eingebracht wurde. Solche Sachverhaltsdarstellung sind unbeachtet zu lassen. Der Beklagte kritisiert die Feststellung des Bezirksgerichts, dass die D. vor 2008 in Form einer einfachen Gesellschaft geführt worden sei, vielmehr habe er die Begutachtungstätigkeit auf eigene Rechnung geführt. Das Bezirksgericht habe zu Unrecht die Behauptung nicht berücksichtigt, dass der streitige Vertrag vom Anwalt des Klägers abgefasst wurde, und sie habe die Behauptungen zur differenzierten Art der Zusammenarbeit einerseits medizinisch, anderseits administrativ
übergangen. Der tatsächliche Wille der Parteien sei unrichtig festgestellt und namentlich übergangen worden, dass die Parteien nie die Absicht hatten, ein Konkurrenzverbot für den Beklagten im medizinischen Bereich abzuschliessen. Ob die Parteien schon vor der Gründung der E. AG eine gutachterliche Tätigkeit in einer einfachen Gesellschaft betrieben, sei gerade umstritten. Wenn das Bezirksgericht festhalte, die Parteien hätten es wohl befürwortet, alle Tätigkeiten über die E. abzuwickeln, widerspreche das den Aussagen des Klägers selber. Die Annahme des Bezirksgerichts, das Konkurrenzverbot beziehe sich (auch) auf die medizinische Tätigkeit des Beklagten, sei unhaltbar, dränge sich nach Treu und Glauben gerade nicht auf und würde die Persönlichkeitsrechte des Beklagten verletzen. Der klare Wortlaut des Vertrages sage es anders, und weil die E. gerade das Administrative abwickeln sollte und abwickelte, führte auch eine objektivierte Auslegung nicht zum gegenteiligen Schluss. Erneut weist er auf die Auslegungsregel gegen den Formulierenden hin, und das wird ergänzend ausgeführt. Insbesondere weist der Beklagte darauf hin, wenn die beiden Verträge einen inneren Zusammenhang hätten, wäre zu erwarten gewesen, dass auch
Bestimmungen zum Wechsel der Partner getroffen worden wären in dem Sinn, dass das Ausscheiden eines Aktionärs aus der E. AG auch die Beteiligung an der einfachen Gesellschaft beeinflusst hätte das sei aber gerade nicht so bestimmt. Unrichtig sei, dass sich die Nennung eines Konkurrenzverbotes im Gesellschaftsvertrag erübrigte, weil es von Gesetzes wegen galt: Art. 536 OR statuiere ein Verbot nur für die Zeit der bestehenden Gesellschaft und gerade nicht nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters. Endlich müsste ein Verbot, wie das Bezirksgericht es verstand, eingeschränkt werden, weil es als faktisches Berufsverbot im Sinne von Art. 27 ZGB eine übermässige Bindung aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht bedeutete.
Der Kläger findet dem gegenüber das angefochtene Urteil richtig und beantragt dessen Bestätigung (act. 117). Er bestreitet im Einzelnen die Darstellung und die Argumente des Beklagten. Im Besonderen verweist er darauf, dass er schon in der Klage behauptete, wegen gewisser Veränderung der Rahmenbedingungen zum Betrieb einer D. habe man am 4. April 2008 den Aktionärbindungsvertrag und den Vertrag über die Gründung der einfachen Gesellschaft geschlossen. Man habe sich sogar bis 2009 darum bemüht, auch die ärztlichen Leistungen über die E. AG abzuwickeln, aber das sei nicht gelungen, und darum seien die Erwägungen des Bezirksgerichts sehr wohl richtig. Der Beklagte habe übrigens selber in der Klageantwort gesagt, eine ärztliche Tätigkeit der
E. AG sei nicht zulässig gewesen. Dass der Anwalt des Klägers den Vertrag abgefasst habe, sei neu und darum unzulässig, und dazu hätte der Anwalt als Zeuge befragt werden müssen. Er (der Kläger) habe sodann sehr wohl ausgesagt, dass er mit der Konkurrenzklausel die Beteiligung des Beklagten an einer anderen Gutachterstelle verhindern wollte. Generell führt der Kläger aus, der Beklagte dürfe sich nicht darauf beschränken, eine andere Auffassung als das Bezirksgericht zu vertreten, sondern er müsste darlegen, dass das Vorgehen falsch und willkürlich sei resp. eine klare Verfehlung der Vorinstanz nachweisen.
Die Auffassung des Klägers zur Kognition des Obergerichts ist unzutreffend. Richtig ist, dass sich der Rechtsmittelkläger nicht auf allgemeine Bemerkungen beschränken kann, sondern sogar in Fällen der Untersuchungs- und der Erforschungsmaxime in Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid konkret ausführen muss, weshalb er mit diesem nicht einverstanden ist (OGerZH PF110034 vom 22. August 2011 und NQ110031 vom 9. August 2011). Die Kognition zur Feststellung des Sachverhaltes ist aber (nur) in der Beschwerde eingeschränkt, wo nach Art. 320 lit. b ZPO einzig die offensichtliche Unrichtigkeit korrigiert werden kann wobei auch hier alle formellen, prozessualen Fragen ohne Einschränkung überprüft werden können, weil das unter lit. a der Bestimmung
fällt. In der Berufung erlaubt Art. 310 lit. b ZPO gerade eine freie Überprüfung,
insbesondere auch des Ermessens bei der Beweiswürdigung. Und alle rechtliche Fragen sind ohnehin sowohl in der Beschwerde als auch in der Berufung der freien Prüfung durch die Rechtsmittelinstanz zugänglich davon, dass eine rechtliche Auffassung der Vorinstanz nur unter dem Aspekt der Willkür in anderer Weise nur eingeschränkt geprüft werden könnte, ist keine Rede (dazu statt Vieler nur Botschaft S. 7372 zu Art. 306 E-ZPO und Dike Kommentar ZPO-Blickenstorfer, Art. 310 N. 4 ff.).
Das Bezirksgericht hat Beweis erhoben zur Behauptung des Klägers, die Parteien seien übereinstimmend der Meinung gewesen, mit dem Konkurrenzverbot im Aktionärbindungsvertrag solle insbesondere die medizinische Zusammenarbeit im Bereich der ärztlichen Begutachtung geschützt werden (Prot. I S. 15 Ziff. 1.4). Es kommt zum Schluss, der Beweis habe nicht erbracht werden können (Urteil S. 8 ff.).
Der Kläger bestreitet zwar die Ausführungen des Beklagten zu diesem Punkt und zitiert sich selbst in seiner persönlichen Befragung (act. 117 Rz. 18). Das hilft ihm für seinen Standpunkt dass die den Vertrag Schliessenden ungeachtet des Wortlautes und einer objektivierten Auslegung des Erklärten unter einer die
E. AG konkurrenzierende[n] Tätigkeit übereinstimmend auch eine gutachterlich-medizinische Tätigkeit verstanden allerdings nicht weiter. Er weist nämlich nicht nach, dass das Beweisverfahren einen entsprechenden Willen des Beklagten ergeben hätte. Was er sich selbst unter der streitigen Klausel vorstellte,
bleibt unerheblich, wenn nicht auch der Beklagte der gleichen Auffassung war (Art. 18 OR).
Basis der Klage ist Ziffer 6.3 des Aktionärbindungsvertrages vom
4. April 2008: die Parteien als Aktionäre der E. AG verpflichteten sich, während der Dauer dieses Vertrages sowie während zwölf Monaten nach Vertragsende dazu, keine die E. AG konkurrenzierende Tätigkeit zu betreiben. Ferner verzichten die Vertragsparteien während dieser Zeit darauf, sich direkt indirekt an einem Unternehmen in der Schweiz zu beteiligen ihre Arbeitskraft Expertise einem solchen in einer Weise zur Verfügung zu stellen, die den Interessen der Gesellschaft zuwider läuft. Und Ziff. 7.2 des Vertrages statuiert die eingeklagte Strafe von Fr. 100'000.-für die Verletzung einer Bestimmung aus diesem Vertrag (act. 6/2). Entscheidend ist also, ob der Beklagte mit der Tätigkeit als medizinischer Gutachter diesen Vertrag verletzte.
Was eine die E. AG konkurrenzierende Tätigkeit ist resp. was die Interessen der Gesellschaft sind, kann in einem ersten Schritt anhand des statutarischen Zwecks geprüft werden. Dieser ist sehr weit gefasst (act. 6/7). Das Erstellen von Programmen der Datenverarbeitung scheidet aus, das wird dem Beklagten nicht vorgeworfen. Seine Tätigkeit als medizinischer Gutachter könnte bei einem weiten Verständnis von Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der ärztlichen Versorgung, der Gesundheitspflege, der medizinischen Dokumentation und der wissenschaftlichen Forschung in den Interessen-Bereich der E. AG fallen. Allerdings hatten die Parteien am gleichen Tag nicht nur den Aktionärbindungsvertrag, sondern auch die Vereinbarung über den Betrieb der D. abgeschlossen und dort ausdrücklich vereinbart, sie wollten ihre Tätigkeit Aerztliche Leistungen ausgeschlossen im Zusammenhang mit der D. über die E. [abwickeln], und Die E. organisiert die administrativen Belange sowie alle nicht ärztlichen Belange der D. (act. 6/10 Ziffern 1.3 und 3.2.2, Hervorhebungen beigefügt). Die E. AG war also im Bereich der medizinischen Begutachtung, welcher dem Beklagten als Vertragsverletzung vorgeworfen wird, gerade nicht tätig. Das stimmt überein damit, dass der Kläger in der Berufungsantwort betont und den Beklagten dabei behaftet, die E. AG habe
keine eigene medizinische Tätigkeit ausüben dürfen. Dann ist allerdings die medizinische Tätigkeit des Beklagten in einem ersten Schritt auch keine Verletzung des Vertrages.
Wer (resp. wessen Anwalt) den Vertrag aufsetzte und ob damit die Auslegungsregel gegen den Formulierenden zur Anwendung kommen könnte, muss offen bleiben: der Kläger weist richtig darauf hin, dass sich das entsprechende Zitat des Beklagten (act. 108 Rz. 26: act. 78 S. 4 und 6) auf eine Behauptung im Rahmen des Beweisverfahrens bezieht damals war die Novenschranke aber bereits geschlossen (Art. 229 ZPO; Prot. I S. 15 ff.). Damit bleibt auch die irrige Vorstellung des Klägers folgenlos, dass die Behauptung des Beklagten, wäre sie aufgestellt worden, im Beweisverfahren hätte erhärtet werden müssen dazu hätte es zuerst noch einer Bestreitung seitens des Klägers bedurft (Art. 150 ZPO).
Welche Tätigkeiten die Parteien vor dem 4. April 2008 ausübten, welche finanziellen Hintergründe die gewählten Vertragskonstruktionen beeinflussten und was die Parteien der E. AG für Aufgaben übertragen hätten, wenn das zulässig gewesen wäre, ist für die Auslegung des Vertrages nicht von wesentlicher Bedeutung. Wäre es gelungen, von den Behörden die Bewilligung für eine medizinische Tätigkeit der E. AG erhältlich zu machen (was man laut dem Kläger versuchte), würde sich die Situation vielleicht anders darstellen. Tatsächlich war das aber nicht so. Die Parteien haben in zwei separaten, umfangreichen und sehr detaillierten Verträgen einerseits die Organisation und Tätigkeit der D. , anderseits ihr Verhältnis als Aktionäre der E. AG geregelt. Bei einem objektivierten Verständnis lässt sich das Konkurrenzverbot des Aktionärbindungsvertrages nicht auf den Vertrag über den Betrieb der D. übertragen. Möglicherweise hätte es Gründe gegeben und wäre es aus der heutigen Sicht des Klägers sinnvoll gewesen, auch im letzteren Vertragswerk eine analoge Klausel zu formulieren; das haben die Parteien aber nicht getan. Richtig ist, dass der Beklagte offenbar im Rahmen der vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit der E. AG nicht in erster Linie seine Arbeitskraft Expertise (Aktionärbindungsvertrag Ziff. 6.2) zur Verfügung stellte. Im Zusammenhang der ganzen umfassend formulierten Klausel gelesen kann man daraus aber nicht mit dem Bezirksgericht
ableiten, das Konkurrenzverbot ziele objektiv verstanden auf die eigentliche Arbeitskraft und Expertise des Beklagten, der unstreitig auf medizinische Gutachten spezialisiert war. Ein solches Verständnis (so plausibel es aus heutiger Sicht des Klägers sein mag) überdehnte die Bedeutung der Bestimmung, die unbefangen gelesen einzig eine Konkurrenzierung der Tätigkeit der E. AG untersagt.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Damit kann offen bleiben, ob der Kläger das Konkurrenzverbot ohnehin nicht durchsetzen könnte, weil es gegen die Persönlichkeitsrechte des Beklagten verstiesse was das Bezirksgericht verneinte (Urteil S. 14).
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Kläger für beide Instanzen kostenpflichtig und hat er den Beklagten für dessen Aufwand im Prozess zu entschädigen. Die entsprechenden Gebühren ergeben sich aus den einschlägigen Verordnungen auf der Basis eines Streitwertes von Fr. 100'000.--; gegen die vom Bezirksgericht festgesetzten Beträge wird in der Berufung nichts eingewendet.
Die Berufung wird gutgeheissen, und die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr für das erstinstanzliche Verfahren wird festgesetzt auf Fr. 10'250.--.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 8'750.-festgesetzt.
Die Gebühren für beide Instanzen werden dem Kläger auferlegt. Sie werden aus den von den Parteien geleisteten Kostenvorschüssen bezogen; im Umfang von Fr. 8'750.-wird dem Beklagten der Rückgriff auf den Kläger eingeräumt.
Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten für das Verfahren in beiden Instanzen eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 22'000.-zuzüglich 8% Mehrwertsteuer zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beklagten unter Beilage einer Kopie der Berufungsantwort act. 117, sowie an das Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein, und an die Obergerichtskasse.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 100'000.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Der Vorsitzende:
lic. iur. P. Diggelmann
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. T. Engler
versandt am:
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