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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LB120032: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall bezüglich Konkurseröffnung entschieden, bei dem die Schuldnerin gegen die Konkurseröffnung durch das Konkursgericht des Bezirks Dietikon Beschwerde eingelegt hatte. Die Schuldnerin konnte jedoch nicht ausreichend nachweisen, dass sie einen der gesetzlich vorgesehenen Konkurshinderungsgründe erfüllt und ihre Zahlungsfähigkeit glaubhaft gemacht hatte. Daher wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 750 wurden der Schuldnerin auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts LB120032

Kanton:ZH
Fallnummer:LB120032
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB120032 vom 14.09.2012 (ZH)
Datum:14.09.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes
Schlagwörter : Gewerbe; Zuweisung; Berufung; Grundstück; Beklagten; Recht; Vorinstanz; Grundstücke; Ertrag; Ertragswert; Eigentum; Gewerbes; Verfahren; Ehemann; Landwirts; Entscheid; Zugrecht; Zeitpunkt; Gemeinde; Sinne; Zuweisungsanspruch; Landwirtschaft; Übernahme; Eigentümer; Bundesgericht; Berufungsklägerin; Entschädigungsfolge; Parteien; önne
Rechtsnorm:Art. 317 ZPO ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 537 ZGB ;Art. 560 ZGB ;Art. 90 BGG ;Art. 91 ZPO ;
Referenz BGE:121 III 274; 127 III 99; 132 III 6; 134 III 1;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts LB120032

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr. LB120032-O

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur.

P. Diggelmann und die Ersatzrichterin Prof. Dr. I. Jent-Sørensen sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. I. Vourtsis-Müller

Beschluss und Urteil vom 14. September 2012

in Sachen

A. ,

Beklagte und Berufungsklägerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

gegen

  1. B. ,

  2. C. ,

  3. D. ,

Kläger und Berufungsbeklagte

1, 2, 3 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes

Berufung gegen ein Urteil der II. Abteilung des Bezirksgerichtes Horgen vom 29. Februar 2012; Proz. CP090003

Rechtsbegehren der Kläger:

(act. 2 S. 2)

„1. Es sei das im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. _, gestorben am tt.mm.1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindliche landwirtschaftliche Gewerbe, umfassend die Grundstücke in der Gemeinde G. , Kataster Nrn. 1, 2, 3, 4, 5 und 6 sowie das Grundstück in der Gemeinde H. , Kataster Nr. ...7, zum landwirtschaftlichen Ertragswert dem Kläger 2 integral zuzuweisen.

  1. Die Zuweisung sei in Anrechnung an den Erbteil des Klägers 2 am Nachlass des Erblassers vorzunehmen.

  2. Die Kosten des Verfahrens seien der Beklagten aufzuerlegen, und sie sei zu einer angemessenen Umtriebsentschädigung an die Kläger zu verpflichten.“

Rechtsbegehren der Beklagten:

(act. 20 S. 2)

1. Es seien die im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. , gest. tt.mm.1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke, umfassend die Grundstücke in der Gemeinde G. , Kat. Nr. 1, 2, 3, 4, 5 und 6 sowie das Grundstück in der Gemeinde H. , Kat. Nr. ...7, zum doppelten Ertragswert unter Übernahme der Grundpfandlasten der Beklagten zuzuweisen;

2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Eventualantrag:

  1. Das Wohnhaus, Assek. Nr. , mit ca. 2'000 m2, sei C. und D. zum Verkehrswert zuzuweisen;

  2. Die landwirtschaftlichen Grundstücke, Kat. Nr. 1, 2, 3, 4, 5 und 6 sowie Kat. Nr. ...7, seien der Beklagten zum doppelten Ertragswert, unter Übernahme der Grundpfandlasten, zuzuweisen;

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge.

Urteil des Bezirksgerichtes Horgen, II. Abteilung, vom 29. Februar 2012 (act. 65):
  1. Das Begehren der Kläger auf Zuweisung des im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. , gestorben am tt.mm.1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindlichen landwirtschaftlichen Betriebs an den Kläger 2 wird abgewiesen.

  2. Das Begehren der Beklagten auf Zuweisung der im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. , gestorben am tt.mm.1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke an sie wird abgewiesen.

  3. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 11'200.festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten werden je hälftig den Klägern 1-3 unter Solidarhaft und der Beklagten auferlegt.

  5. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 6./7. Mitteilung/Rechtsmittel

    Berufungsanträge:

    der Beklagten und Berufungsklägerin (act. 64):

    „1. Ziff. 2 des Rubrums, S. 22 des Urteils vom 29. Februar 2012 sei aufzuheben.

    1. Es sei die im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. , gest. tt.mm.1988, wohnhaft gewesen G. , befindlichen landwirtschaftlichen Grundstück, umfassend die Grundstücke in der Gemeinde G. , Kat. Nr.

      1, 2, 3, 4, 5 und 6 sowie das Grundstück in der Gemeinde H. , Kat. Nr. 7, zum doppelten Ertragswert unter Übernahme der Grundpfandlasten der Berufungsklägerin zuzuweisen;

    2. Ausgangs des Verfahrens sind die Kosten vor Vorinstanz, Ziff. 4 Rubrum, und die Parteientschädigung, Ziff. 5 Rubrum, neu zu verlegen;

    3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Berufungsbeklagten“.

Eventualantrag:

  1. Das Wohnhaus, Assek. Nr. , mit ca. 2000 m2, sei C. und D. zum Verkehrswert zuzuweisen.

  2. Die landwirtschaftlichen Grundstücke, umfassend die Grundstücke in der Gemeinde G. , Kat. Nr. 1, 2, 3, 4, 5 und 6 sowie das Grundstück in der Gemeinde H. , Kat. Nr. ...7, seien zum doppelten Ertragswert unter Übernahme der Grundpfandlasten der Berufungsklägerin zuzuweisen;

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge“.

    der Kläger und Berufungsbeklagten (act. 75):

    „Es sei die Berufung unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsklägerin abzuweisen“.

    Erwägungen:
    I.
    1. Die Parteien sind die Witwe und die Nachkommen des 1988 verstorbenen Landwirts E. . Sowohl die Kläger, der Sohn C. , der seit 1981 Pächter ist, als auch die Tochter A. verlangen die Zuweisung des in der Erbschaft befindlichen landwirtschaftlichen Gewerbes bzw. der landwirtschaftlichen Grundstücke zum landwirtschaftlichen Ertragswert bzw. zum doppelten Ertragswert an den Kläger 2 bzw. an die Beklagte. Die Witwe B. und der Sohn D. unterstützen ihrerseits die Zuweisung an C. .

    2. Die Vorinstanz hat die Zuweisung sowohl an den Kläger 2 als auch an die Beklagte abgelehnt und beide Begehren abgewiesen (act. 67 S. 22, DispositivZiff. 1 und 2).

Dagegen erhob einzig die Beklagte Berufung mit den eingangs gestellten Anträgen (act. 64 S. 2). Ihr wurde ein Kostenvorschuss von Fr. 9'000.-auferlegt und die Prozessleitung an die Referentin delegiert (act. 68). Der Kostenvorschuss ging, nach sicherheitshalber verlangter Fristerstreckung (act. 70, 71), rechtzeitig bei der Obergerichtskasse ein (act. 72). Die Kläger erstatteten fristgerecht die Berufungsantwort (act. 75). Diese wurde der Beklagten am 11. Juli 2012 zur Kenntnis zugestellt (act. 78). Die Sache ist spruchreif.

II.

1. Das vorinstanzliche Verfahren wurde nach den Regeln des kantonalen Prozessrechts geführt. Das war richtig, auch nachdem am 1. Januar 2011 die Schweizerische Zivilprozessordnung in Kraft gesetzt worden war, da hängige Verfahren „bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz“ dem bisherigen Verfahrensrecht unterstehen (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Das alte Recht gilt nicht mehr für Rechtsmittelverfahren, wenn ein Entscheid angefochten wird, der nach dem

  1. Januar 2011 eröffnet worden ist; dann sind, was das Verfahren angeht, die neuen Bestimmungen anzuwenden (Art. 405 Abs. 1 ZPO). Damit ist freilich keine Rückwirkung verbunden: die Rechtsmittelinstanz hat auch, wenn ihr Verfahren formell dem neuen Recht untersteht, zu prüfen, ob die erste Instanz die für sie massgebenden prozessualen Normen richtig angewendet hat (OGerZH NK100014 vom 12. Jan. 2011 = ZR 110/2011 Nr. 7).

  2. Die Vorinstanz hat entschieden (act. 65 S. 10 ff.), dass keine Zuweisung an den Kläger 2 möglich ist. Da die Kläger 1-3 diesbezüglich keine Berufung eingereicht haben, muss darauf nicht weiter eingegangen werden. Diesbezüglich ist der erstinstanzliche Entscheid rechtskräftig geworden, was im nachstehenden Beschluss festzustellen ist.

  3. Bezüglich der Zuweisung als landwirtschaftliche Grundstücke an die Beklagte hat die Vorinstanz gestützt auf Art. 21 Abs. 1 BGBB ausgeführt, dass eine Zuweisung der Gesamtheit der Einzelgrundstücke zum doppelten Ertragswert an einen Erben erfolgen könne, wenn er Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes sei darüber wirtschaftlich verfüge und dieses im ortsüblichen Bewirtschaftungskreis liege (act. 65 S. 19). Die Beklagte mache geltend, sie verfüge im Sinne von Art. 21 BGBB über 20.17 ha landwirtschaftliche Fläche und bringe die erforderliche Eignung mit, da sie die Bäuerinnenschule in erfolgreich absolviert habe. Sie könne die Übernahme finanzieren und habe mit ihrem Schwiegersohn einen Vertrag über die Errichtung einer Generationengemeinschaft abgeschlossen (act. 65 S. 19). Alleineigentümer des von der Beklagten (mit-)bewirtschafteten Landwirtschaftsbetriebes „I. “ sei der Ehemann der Beklagten und es liege keine Konstellation vor, die als wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BGBB angesehen werden könnte (act. 65 S. 20). Daher bestehe der gesetzliche Zuweisungsanspruch nicht.

  4. Die Beklagte macht in der Berufung (act. 64) geltend, die Vorinstanz sei davon ausgegangen, dass sie weder Eigentümerin noch wirtschaftlich Berechtigte eines landwirtschaftlichen Gewerbes sei (act. 64 S. 4). Die Beklagte, die als Bäuerin bestens ausgewiesen sei, habe auf dem Hof, den sie mit ihrem Ehemann betrieben habe, zusätzlich einen eigenen Nebenbetrieb, Ziegenhaltung und Hofladen, aufgebaut (act. 64 S. 5). Inzwischen stünden Betriebsinvestitionen in der Höhe von Fr. 1.3 Mio. an. Der Ehemann, geb. 1945, sei im AHV-Alter, so dass er keinen Anspruch auf Kredite mehr habe. Die Berufungsklägerin sei 53 Jahre alt und habe mit Blick auf diese Investitionskredite das Gewerbe am 28. März 2012 erworben. Das sei ein Novum i.S.v. Art. 317 ZPO, das erst mit der Urteilsfällung am 29. Februar 2012 entstanden sei. Die Beklagte erfülle nunmehr die Voraussetzungen gemäss BGE 132 III 6 ff. E. 3.4 und sie habe daher spätestens jetzt einen Zuweisungsanspruch. Es sei nie bestritten worden, dass das Gewerbe der Beklagten im Einzugsgebiet der zuzuweisenden Grundstücke sei; alle Grundstücke würden im Bewirtschaftungsbereich von 1,3 bis 1,5 km Fahrweg liegen (act. 64 S. 7). Mit einem Gewerbe von 20,17 ha verfüge die Beklagte nicht über eine überdurchschnittliche Existenz, sondern über ein Gewerbe, das einer Familie ein Auskommen biete (act. 64 S. 7) und das zusammen mit dem Schwiegersohn in einer Generationsgemeinschaft bewirtschaftet werde (act. 64 S. 8). Sie sei wirtschaftlich in der Lage, die erforderlichen Mittel für die Auszahlung der Miterben aufzubringen, was sich aus dem bereits vorgelegten Finanzierungsnachweis

    (act. 21/8) ergebe. Der doppelte Ertragswert werde durch das Amt für Landwirtschaft des Kantons Zürich festzulegen sein (act. 64 S. 8).

    Hinsichtlich des gestellten Eventualantrages macht die Beklagte geltend, das Wohnhaus sei heute von den Klägern 1 und 2 bewohnt und es lasse sich mit einem Umschwung mit den darauf befindlichen kleinen Gebäuden von ca. 2'000 m2 abtrennen bzw. freistellen, was sich aus dem in act. 43/4 eingereichten Situationsplan ergebe, wobei der Verkehrswert durch eine Schätzung festzustellen wäre (act. 64 S. 9). Mit der Zuweisung des arrondierten Wohnhauses zum Verkehrswert wäre die Beklagte ausdrücklich einverstanden (act. 64 S. 10).

  5. Die Kläger weisen darauf hin, dass der Streitwert anders als die Beklagte annehme ca. Fr. 300'000.-betrage (act. 75 S. 3 Rz 3). Im Berufungsverfahren gehe es nur noch um die Streitfrage, ob die Beklagte gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB einen Zuweisungsanspruch habe, wobei dies unter der Annahme geschehe, dass die im Nachlass befindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke kein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB seien (act. 75 S. 3 f.

Rz 4). Für das sog. Zugrecht seien die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erbganges massgeblich (BGer 5A_140/2009 E. 2.3). Die subjektiven und objektiven Voraussetzungen müssten daher im Zeitpunkt des Erbgangs erfüllt sein (act 75 S. 4). Die Beklagte sei seinerzeit weder Eigentümerin noch wirtschaftlich berechtigt gewesen (act. 75 S. 4 Rz 6), so dass nicht nachgeprüft werden müsse, ob der Generationenvertrag mit dem Schwiegersohn sowie die Eigentumsübertragung eine „prozesstaktische Massnahme“ sei. Mit der nachträglichen Eigentumsübertragung und der diesbezüglich bedeutungslosen nachträglichen Generationengemeinschaft lasse sich der Zuweisungsanspruch nicht begründen, weil die subjektiven Voraussetzungen entweder bei der Eröffnung des Erbganges i.S.v. Art. 537 Abs. 1 ZGB spätestens beim übereinstimmend auf den Sommer 1998 (act. 46 S. 2 und 3) datierten Teilungsbegehren erfüllt sein müssten (act. 75 S. 5 Rz 7). Das Zugrecht der Beklagten wäre allerdings auch bei Vorliegen der subjektiven Kriterien zu verneinen, weil auch die objektiven Voraussetzungen gemäss Art. 21 BGBB nicht erfüllt seien. Die Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes, das einen überdurchschnittlichen Ertrag abwerfe, verhindere den Zuweisungsanspruch gestützt auf Art. 22 BGBB in der Fassung 2003 zum Vornherein (act. 75

  1. 5 Rz 9 und 9.1). Das Gewerbe, dass die Beklagte von ihrem Ehemann übernommen habe, sei überdurchschnittlich im Sinne von Art. 22 aBGBB, was schon daraus ersichtlich sei, dass damit die Existenz zweier Familien und ausserdem noch Investitionen von Fr. 1.3 Mio. erwirtschaftet werden könnten. Schliesslich fehle auch das zentrale objektive Kriterium, nämlich die Gewerbeeigenschaft gemäss Art. 7 BGBB. Da das Teilungsbegehren im Sommer 1998 gestellt wurde, sei

    anders als die Vorinstanz meine - die Fassung des BGBB vom 31. Dezember 2003 massgeblich. Die Gewerbeeigenschaft sei zu bejahen, wenn Landwirtschaftsbetriebe eine halbe Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie erfordere (Art. 7 Abs. 1 BGBB ursprüngliche Fassung; act. 75 Rz 9.2), was gemäss BGE 121 III 274 ff. 2'100 Arbeitsstunden seien, was wiederum 0.75 Standardarbeitskräften (SAK) entspreche. Sogar nach Ansicht der Vorinstanz handle es sich um 0.99988 SAK. Daher liege ein Gewerbe vor, das wenn die Beklagte den Widerstand dagegen aufgebe sofort wieder aufgebaut werden könne. Und für die Zuweisung eines Gewerbes habe die Beklagte kein Zugrecht im Sinne von Art. 21 Abs. 1 BGBB. Daher müsse die fehlende Selbstbewirtschaftungseigenschaft und die ortsüblichen Bewirtschaftungsbereiche nicht mehr thematisiert werden (act. 75

    S. 7 S. 10).

    III.
    1. Die Beklagte weist in ihrer Berufungsbegründung (act. 64 S. 6 Rz 7) insbesondere auf die Übernahme des Landwirtschaftsbetriebes, der bisher ihrem Ehemann gehört hat, per 28. März 2012 hin (gemischte Schenkung, vgl. act. 66/1). Damit stehe ihr - das sei ein echtes Novum i.S.v. Art. 317 ZPO - das Eigentum und damit der Zuweisungsanspruch zu.

Noven sind im Berufungsverfahren nur noch zu berücksichtigen, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und wenn sie trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Die Tatsache der Eigentumsübertragung am 28. März 2012 an die Beklagte durch ihren Ehemann datiert aus der Zeit nach dem erstinstanzlich Entscheid (29. Februar 2012). Sie konnte daher offensichtlich erst im Berufungsverfahren geltend gemacht werden. Hier hat die Beklagte dann in der Berufungsschrift unverzüglich darauf hingewiesen (act. 64 S. 6 Rz 7). Aus prozessualer Sicht steht der Berücksichtigung damit nichts entgegen.

Eine andere Frage ist, ob der Erwerb des landwirtschaftlichen Betriebes der Beklagten aus materiellrechtlichen Gründen (noch) beachtet werden kann. Die Kläger machen geltend, dass es sich beim Generationengemeinschaftsvertrag der Beklagten mit dem Schwiegersohn und bei der Eigentumsübertragung vom

28. März 2012 um schlichte „prozesstaktische Massnahmen“ handle mit dem Ziel, den Zuweisungsanspruch zu begründen. Der nachträgliche Eigentumserwerb und die ohnehin unbedeutende nachträgliche Generationengemeinschaft seien unbehelflich, weil dies die subjektiven Voraussetzungen für die Ausübung des Zugsrechtes sowohl bei der Eröffnung des Erbganges i.S.v. Art. 537 Abs. 1 ZGB als auch das Teilungsbegehren i.S.v. Art. 94 Abs. 1 BGBB im Sommer 1998 das Zugrecht im Art. 21 Abs. 1 BGBB nicht erfülle. Die Beklagte hat diesbezüglich keine Stellung genommen, was ihr weil es sich um eine Rechtsfrage handelt - nicht schaden kann.

Die Kläger verweisen im vorliegenden Zusammenhang auf BGer 5A_140/2009 E. 2.3. Dort wurde entschieden, dass es bei landwirtschaftlichen Gewerben gemäss Art. 11 BGBB grundsätzlich auf die Situation im Zeitpunkt des Erbganges ankommt und dass Veränderungen, welche erst danach (z.B. durch Zukauf) eintreten, nicht beachtlich sind. In dem vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall lag der Tod des Erblassers gleich wie im vorliegenden Fall (dort: mehrere Jahrzehnte; hier: mehr als 20 Jahre) lange Zeit zurück, so dass das Bundesgericht erwog, ob nicht der Zeitpunkt des Teilungsbegehrens massgeblich sei; letztlich liess es dann die Frage offen.

Im erbrechtlichen Zusammenhang kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Erblassers an (vgl. z.B. Art. 560 Abs. 1 ZGB); daran knüpfen sich ausser die Eröffnung des Erbganges und der Erwerb der Erbschaft - drei damit zusammenhängende Wirkungen an: wer Erbe sein soll, ob

eine letztwillige Verfügung gültig ist sowie der Bestand und der Wert der Erbschaft (Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, Das schweizerische Zivilgesetzbuch,

  1. Auflage, Zürich 2009, N. 2 zu § 73). Damit stimmt grundsätzlich auch Art. 94 Abs. 1 BGBB betreffend das anwendbare Recht überein („Die Erbteilung richtet sich nach dem Recht, das bei der Eröffnung des Erbgangs gegolten hat ...“).

    Wie im zitierten bundesgerichtlichen Entscheid muss auch hier die Frage, ob es in Fällen mit lange fortbestehenden Erbengemeinschaften allenfalls auf den Zeitpunkt des Teilungsbegehens ankommen könnte, nicht beurteilt werden, weil auch das Teilungsbegehren - unbestrittenermassen erstmals 1998 gestellt

    (act. 46 S. 2 und 3, act. 52 S. 26 Rz 52, act. 65 S. 9 E. 2.575 S. 6 Rz 9.2.) weit

    zurückliegt. Unabhängig davon, auf welchen weit in der Vergangenheit zurückliegenden Zeitpunkt abzustellen ist, ist der Erwerb des Gewerbes des Ehemannes ganz erheblich später erfolgt, so dass dieser „Zukauf“ so so nicht berücksichtigt werden kann. Damit muss der Fall nach wie vor auf der Grundlage des vorinstanzlichen Verfahrens beurteilt werden. Die Frage eines allfälligen Rechtsmissbrauches, um in den Genuss einer billigen Grundstückszuweisung zu kommen, stellt sich daher nicht (Studer, a.a.O., N. 20 zu Art. 21 BGBB).

    1. Damit kommt es nicht auf die heutige, nach Fällung des vorinstanzlichen Entscheides entstandene Situation an, in der die Beklagte unstreitig Eigentümerin geworden ist, sondern es bleibt bei der Ausgangslage, wie sie die Vorinstanz beantworten musste, nämlich ob der Beklagten als im Betrieb des Ehemannes beschäftigten Bäuerin das Zugrecht zustand. Die Vorinstanz hat unter anderem erwogen, dass die Beklagte den Zuweisungsanspruch gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB nur dann geltend machen könnte, wenn sie im Sinne des Gesetzes wirtschaftlich über einen Landwirtschaftsbetrieb verfügte (act. 65 S. 19). Unbestritten ist, dass die Beklagte im massgeblichen Zeitpunkt keinen eigenen Landwirtschaftsbetrieb hatte, sondern gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem rechtlichen Eigentümer desselben, dessen Gewerbe bewirtschaftete.

      Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass grundsätzlich der Eigentumsbegriff von Art. 641 ff. ZGB massgeblich ist (Landwirtschaftsbetrieb „I. “ unbestrittenermassen im Alleineigentum des Ehemannes der Beklagten). Damit

      entfalle für die Beklagte die Möglichkeit, sich auf ihr Eigentum zu berufen. Und für eine dem Eigentum gleichgestellte wirtschaftliche Verfügungsmacht sei eine Konstellation erforderlich, welche es erlauben würde, das Gewerbe vertraglich gesetzlich sowie ohne Zutun Dritter in ihr Eigentum zu überführen, wie dies insbesondere bei einer Mehrheitsbeteiligung an einer juristischen Person mit Hauptaktivum „landwirtschaftliches Gewerbe“ gemäss Art. 4 Abs. 2 BGBB (in der geltenden und in der früheren Fassung) der Fall sei.

      Den Erwägungen der Vorinstanz ist zuzustimmen. Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Strukturerhaltungsziel (in anderem Zusammenhang betreffend die Zupacht dargestellt in BGE 127 III 99). Das Zuweisungsrecht an Einzelgrundstücken gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB (in der geltenden und in der früheren Fassung) ist im Hinblick auf die Arrondierung bestehender Betriebe und die bessere Auslastung bestehender Infrastrukturen geschaffen worden (Studer in Komm. BGBB, N. 2 zu Art. 21; derselbe [2. Auflage], a.a.O.). Es handelt sich daher um strukturpolitische Überlegungen und nicht um andere Zwecke, insbesondere nicht um den Schutz des Selbstbewirtschafters (Studer, a.a.O.). Die Zielsetzung der gesetzlichen Regelung wirkt sich direkt auf die Frage nach der erforderlichen Ansprechereigenschaft aus. Das Bundesgericht hat entschieden, dass Art. 21 Abs. 1 BGBB dann nicht angerufen werden kann, wenn der die Integralzuweisung beanspruchende Gesamteigentümer im Falle der Auflösung jenes Gesamteigentums das Gesamteigentum verlieren würde

      (BGer 5A_512/2007). Damit würde nämlich eine erfolgte Strukturbereinigung rückgängig und damit illusorisch gemacht, weil der Zuweisungsberechtigte dann zwar das aus der Erbschaft gezogene Grundstück behalten könnte, ihm aber das Gewerbe, welches das Zugrecht begründet hatte, abhanden käme. Mit Blick auf die Strukturbereinigung ist alsdann der Entscheid in BGE 134 III 1 E. 3.4.3. bezüglich einer juristischen Person als Eigentümerin des landwirtschaftlichen Gewerbes mit Mehrheitsbeteiligung des Zugberechtigten folgerichtig. Dank der Mehrheitsbeteiligung des Zugberechtigten wird hier sichergestellt, dass das landwirtschaftliche Gewerbe und das Zuggrundstück gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB als Einheit bestehen bleiben. Ein solcher Fortbestand der Einheit von landwirtschaftlichem Gewerbe und Zuggrundstück war hingegen in der Situation der Beklagten

      als Ehefrau des (im massgeblichen Zeitpunkt) Alleineigentümers des landwirtschaftlichen Gewerbes in keiner Weise gewährleistet. Dass eine güterrechtliche Konstellation wenn es diese dann überhaupt geben sollte vorgelegen hätte, die die Trennung des Gewerbes vom Zuggrundstück hätte verhindern können (vgl. die diesbezüglich kritischen Bemerkungen von Studer, a.a.O., N. 11 zu Art. 21 BGBB), ist nirgends behauptet.

      Studer fasst a.a.O. das Problem zusammen und bringt es auf den Punkt:

      „Generell soll mit einer ... wirtschaftlichen Verfügungsmacht später einmal das Eigentum am landwirtschaftlichen Grundstück erworben werden können ...“ und zwar ohne jegliches Zutun einer Drittperson. Das ist bei einer gemeinsamen Bewirtschaftung in ehelicher Gemeinschaft nicht gewährleistet und die mitarbeitende Bäuerin ist diesbezüglich vollständig auf den Goodwill des Eigentümer-Ehegatten angewiesen. Was den Generationengemeinschaftsvertrag anbelangt, hat die Vorinstanz zu Recht darauf hingewiesen, dass es diesbezüglich um die Nutzung bzw. Bewirtschaftung, nicht um das Eigentum bzw. die wirtschaftliche Verfügungsmacht geht (act. 65 S. 20). Darauf kann verwiesen werden.

    2. Ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass der Beklagten das Zugrecht gemäss Art. 21 Abs. 1 BGBB ohnehin nicht zusteht, so können weitere umstrittene Fragen unbeantwortet bleiben, nämlich ob die Erbschaftsgrundstücke landwirtschaftliche „Einzelgrundstücke“ (vgl. Studer, a.a.O., je N. 5 zu Art. 21 BGBB) ihrerseits ein landwirtschaftliches Gewerbe sind, ob die Beklagte durch ihre Ausbildung und ihre Tätigkeit ausreichend qualifiziert ist und wie es sich mit dem ortsüblichen Wirtschaftsbereich verhält. Ist das Zugrecht der Beklagten als solches zu verneinen, so muss auch nicht über die in ihrem Eventualantrag enthaltene Variante entschieden werden, da diese ebenfalls von der Bejahung des Zugrechts abhängt. Ihre Klage ist daher abzuweisen.

III.

Ist der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen, gilt dies gleichermassen für die erstinstanzlichen Kostenund Entschädigungsfolgen.

Was den Streitwert anbelangt, ist die Vorinstanz von Fr. 300'000.-ausgegangen (act. 65 S. 21). In der Berufung macht die Beklagte geltend, der doppelte Ertragswert belaufe sich auf ca. 100'000.--, definitiv sei der Wert durch das Amt für Landwirtschaft festzusetzen, während die Kläger auf dem Wert von Fr. 300'000.-beharren. Sie begründen dies damit, dass es nicht nur um den landwirtschaftlichen doppelten Ertragswert gehe, sondern dass auch das im Nachlass (und im Hauptbegehren) enthaltene Wohnhaus eingeschlossen sei, wobei auch die Möglichkeit des Wiederaufbaus des zerstörten Ökonomiegebäu- des zu berücksichtigen sei (act. 75 Rz 3). Ausserdem hätten die Kläger bereits in der Klageschrift (act. 2 Rz 13) darauf hingewiesen, dass für einen geplanten Verkauf an J. von einem Preis (zum landwirtschaftlichen Ertragswert) von Fr. 300'000.-ausgegangen worden sei (vgl. zu diesem Betrag auch act. 47/2). Da sich die Parteien damit über den Streitwert uneinig sind, setzt ihn das Gericht gemäss Art. 91 Abs. 2 ZPO fest. Die Beklagte macht keinerlei Angaben, warum nach ihrer Ansicht der tiefere Streitwert der richtige sein soll, während der Betrag von Fr. 300'000.-- nachvollziehbar begründet wird. Davon ist daher auszugehen. In Anwendung von § 4 Abs. 2 (Ermässigung wegen unkompliziertem Verfahren [vgl. auch die Vorinstanz in act. 65 S. 21]) und § 12 GerGebV ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 9'000.-festzusetzen und mit dem von der Beklagten geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Als unterliegende Partei hat sie die Kläger insgesamt mit Fr. 2'500.-- (zuzüglich Fr. 200.-- = 8 % MWSt) zu entschädigen, wobei auch dieser Betrag gemäss § 4 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 AnwGebV ermässigt werden musste. Zu entschädigende Mehrarbeit im Sinne von § 8 AnwGebV ist nicht ersichtlich.

Es wird beschlossen:
  1. Es wird festgestellt, dass die Abweisung des Begehrens der Kläger auf Zuweisung des im Nachlass des E. , geb. 25. Januar 1907, von F. , gestorben am 25. Februar 1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindlichen landwirtschaftlichen Betriebs an den Kläger 2 in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Schriftliche Mitteilung an die Parteien zusammen mit dem nachstehenden Erkenntnis.

Es wird erkannt:
  1. Das Begehren der Beklagten auf Zuweisung der im Nachlass des E. , geb. tt.mm.1907, von F. , gestorben am tt.mm.1988, wohnhaft gewesen ... G. , befindlichen landwirtschaftlichen Grundstücke an sie wird abgewiesen.

  2. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Dispositiv-Ziffer 3 und 4) wird bestätigt.

  3. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 9'000.-festgesetzt.

  4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Beklagten auferlegt.

  5. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern insgesamt für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von total Fr. 2'500.-zuzüglich Fr. 200.-- (8 % Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Horgen,

    II. Abteilung, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 300’000.--.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. A. Katzenstein

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. I. Vourtsis-Müller

versandt am:

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