Zusammenfassung des Urteils LB110058: Obergericht des Kantons Zürich
Der Beschwerdeführer erhielt zwei Zahlungsbefehle für Alimentenzahlungen und erhob Rechtsvorschlag, der jedoch abgelehnt wurde. Die Rechtsöffnung wurde erteilt, und der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Er reichte erneut Beschwerde ein, die ebenfalls abgewiesen wurde. Die Beschwerdefrist wurde nicht eingehalten, und die Beschwerde wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden nicht dem Beschwerdeführer auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LB110058 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 19.04.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Verjährung; Verjährungs; Mandat; Unfall; Recht; Berufung; Beklagten; Schaden; Versicherung; Haftung; Vorinstanz; Haftpflicht; Vortritt; Mandats; Urteil; Vortritts; Anwalt; Vorgehen; Sorgfalt; Klage; Sorgfalts; Sorgfaltspflicht; Schadens; Richter; Verjährungsverzicht; Gutachten; Ansprüche |
Rechtsnorm: | Art. 125 StGB ;Art. 135 OR ;Art. 141 OR ;Art. 15 VRV ;Art. 311 ZPO ;Art. 36 SVG ;Art. 41 VRV ;Art. 5 VRV ;Art. 59 SVG ;Art. 70 StGB ;Art. 83 SVG ;Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 123 III 219; 137 III 481; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr. LB110058-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur.
K. Montani Schmidt
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Beklagter und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Forderung
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 8. Abteilung, vom 21. Juli 2011 (CG100134)
(act. 2 S. 4)
1. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von
Fr. 2'000'000.-, nebst Zins zu 5 % seit 21. Mai 1999 zu bezahlen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Beklagten
(act. 27 S. 3)
Es sei vorfrageweise festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin wegen Unsorgfalt bei der Führung des Anwaltsmandates mit einer vollen Haftungsquote für den daraus entstandenen Schaden haftet.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Beklagten.
1. Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 40'750.festgesetzt.
Falls UP gewährt wurde: Die Gerichtskosten werden der klagenden Partei auferlegt.
Die klagende Partei wird verpflichtet, der beklagten Partei eine Parteientschädigung von Fr. 52'000.zu bezahlen.
....(Mitteilung)
....(Berufung).
der Klägerin und Berufungsklägerin (Urk. 43) :
Das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 21.07.2011 in der Proz.- Nr. CG100134 A. _/B. , sei vollumfänglich aufzuheben.
Es sei vorfrageweise festzustellen, dass die Haftung des Beklagten dem Grundsatz nach mit einer vollen Haftungsquote besteht und es sei danach die Sache zur Festlegung des Schadenersatzes an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Gerichtsund Parteikosten des vorinstanzlichen Urteils seien zu Lasten des Beklagten zu verlegen;
eventuell seien die Gerichtsund Parteikosten des vorinstanzlichen Urteils (Ziff. 2 und 4) im Falle des berufungsklägerischen Unterliegens der Höhe nach zu reduzieren und neu festzulegen;
subeventuell sei im Falle des berufungsklägerischen Unterliegens festzustellen, dass die Gerichtskosten gemäss Ziff. 2 und die Parteientschädigung gemäss Ziff. 4 des angefochtenen Urteils überhöht sind und nach Rückweisung an die Vorinstanz durch diese neu festzulegen sind.
Unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Beklagten.
des Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 51) :
Es sei in Bestätigung des Urteils des Bezirksgerichtes Zürich vom 21.07.2011 die Berufung abzuweisen, unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Klägerin.
I.
1. Am 4. August 2010 machte die Klägerin den vorliegenden Schadenersatzprozess über eine Forderung von Fr. 2'000'000.bei der Vorinstanz rechtshängig. Nach erfolgter Klageantwort beschränkte die Vorinstanz das Prozessthema einstweilen auf die Frage der grundsätzlichen Haftbarkeit des Beklagten. Die Replikund Duplikschriften ergingen demgemäss nur noch zum eingeschränkten Prozessthema. Nach Eingang der Duplik am 21. Juni 2011 erliess die Vorinstanz am
21. Juli 2011 das Urteil, in dem sie die Haftbarkeit des Beklagten verneinte (Urk. 44).
Gegen das vorinstanzliche Urteil erhob die Klägerin am 21. September 2011 schriftlich und begründet Berufung (Urk. 43). Der ihr mit Verfügung vom 27. September 2011 auferlegte Prozesskostenvorschuss von Fr. 40'750.wurde rechtzeitig geleistet (Urk. 48 und 49). In der Folge wurde dem Beklagten Frist zur schriftlichen Berufungsantwort angesetzt, welche am 10. November 2011 rechtzeitig bei der erkennenden Instanz eintraf und am 29. Februar 2012 der Klägerin zur Kenntnisnahme zugestellt wurde (Urk. 51, Urk. 54).
Das erstinstanzliche Urteil erging nach Inkrafttreten der Eidgenössischen Zivilprozessordnung. Nach deren Art. 405 Abs. 1 sind auf das vorliegende Berufungsverfahren daher die Bestimmungen dieser Zivilprozessordnung anwendbar. Das neurechtliche Berufungsverfahren kennt nur noch einen einfachen Schriftenwechsel. Im Berufungsverfahren sind die Parteien sodann mit neuen tatsächlichen Vorbringen und Beweismitteln ausgeschlossen, wenn sie diese bereits vor Vorinstanz hätten vorbringen können (Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO). Bei den mit der Berufungsantwort eingereichten Urkunden (Urk. 53) handelt es sich daher um unzulässige Noven, welche unbeachtlich sind und zu welchen der Berufungsklägerin das rechtliche Gehör nicht mehr ausdrücklich zu gewähren war. Mit der Erstattung der Berufungsantwort und deren Zustellung an die Berufungsklägerin erweist sich das Verfahren daher als spruchreif.
II.
Am 18. Juli 1992 kam es zu einer Kollision zwischen dem auf der C. - Strasse in D. fahrenden PW von E. und dem von rechts her durch die F. -Strasse kommenden und in die C. -Strasse einbiegenden PW des G. . Die zugezogene Polizei rapportierte gegen G. wegen Nichtgewähren des Vortritts beim Sicheinfügen in den Verkehr gemäss Art. 36 Abs. 4 SVG und Art. 5 Abs. 3 VRV (Urk. 5/1). In der Folge liess der zuständige Polizeirichter die Vortrittsverhältnisse durch die Polizei nochmals genauer abklären, welche feststellte, dass sich G. nicht auf einer Hofausfahrt, sondern auf einer Quartierstrasse befunden habe (Urk. 20/5). Ohne weitere Begründung erliess der Polizeirichter am 12. November 1992 einen Strafbefehl gegen E. wegen Nichtgewährung des Rechtsvortrittes gemäss Art. 36 Abs. 2 SVG (Urk. 5/70). Dieser Strafbefehl blieb unangefochten.
Die Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend nur noch Klägerin genannt) war Beifahrerin im PW des E. . Bereits auf der Unfallstelle klagte sie über Übelkeit und Schmerzen und liess sich in der Folge ärztlich behandeln, wobei die Kosten von den H. [Versicherung] (nachfolgend H. ) als ihrer persönlichen Unfallversicherung, von ihrer Krankenkasse und von ihr selber getragen wurden. Anfang 1998 gelangte die Klägerin erneut wegen des beim Unfall erlittenen Schleudertraumas an die H. , weil sich ihre Beschwerden intensiviert hatten. Die H. veranlasste in der Folge verschiedene medizinische Abklärungen. Am 2. September 1999 meldete die H. bei der I. [Versicherung] (nachfolgend I. ) als Haftpflichtversicherung von E. sowie bei der J. [Versicherung] (nachfolgend J. ) als Haftpflichtversicherung von G. Regressansprüche an (Urk. 5/44+45) und richtete am 31. August 2001 auch konkrete Regressforderungen an beide Versicherungen je zur Hälfte (Urk. 5/46). Von der J. holte die H. mindestens am 4. Oktober 2001 auch einen Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede bis 31.12.2005 ein, unter dem Vorbehalt der allenfalls bereits eingetretenen Verjährung (Urk. 5/48). Die
H. lud die J. am 5. September 2002 sodann zu einer aktiven Beteiligung am Begutachtungsprozess durch die K. ... ein (Urk. 5/49).
Weil sich die Abklärungen der H. dahinzogen, betraute die Klägerin am
21. Mai 1999 den Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend Beklagter) mit ihrer anwaltlichen Vertretung in Sachen Unfall vom 18.7.1992 betr. Versicherungsleistungen (Urk. 5/3). Der Beklagte zog zu Beginn seines Mandates die Akten des Strafverfahrens bei und stellte dabei die unterschiedliche Einschätzung der Vortrittssituation durch Polizei und Polizeirichter fest (Urk. 5/8+53). Bereits nach der ersten Kontaktaufnahme und noch vor der offiziellen Mandatierung hatte er der Klägerin mitgeteilt, es sei in ihrem Fall Vieles verpasst worden, es sei aber noch nicht hoffnungslos, vordringlich sei ein Verjährungsunterbruch gegenüber der I. (Urk. 5/2). So zeigte er am 30. Juni 1999 denn auch der I. seine Vertretung an und holte von ihr einen Verzicht auf die Verjährungseinrede ein, welcher am 20. Juli 1999 befristet bis 18. Juli 2001 erteilt wurde, unter Vorbehalt der allenfalls bereits eingetretenen Verjährung (Urk. 5/7+9); dieser Verjährungsverzicht wurde danach mehrmals verlängert bis mindestens 18. Juli 2006
(Urk. 20/11-13). In der Folge brachte sich der Beklagte immer wieder in den Abklärungsund Begutachtungsprozess bei der H. ein und hielt auch Kontakt mit der I. . Mit der J. nahm der Beklagte nie Kontakt auf.
Am 15. November 2000 erstattete das L. in M. ein Gutachten zu Handen der H. . Es bejahte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Kausalzusammenhang der damals aktuellen Beschwerden der Klägerin mit dem Unfall vom 18. Juli 1992 und bemass die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität mit 10% (Urk. 5/87). Gestützt auf dieses Gutachten gelangte der Beklagte am
30. November 2000 an die H. und stellte zusätzlich eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin zur Diskussion (Urk. 35/12). Die H. lehnte dies ab und sprach der Klägerin am 7. Mai 2001 eine Integritätsentschädigung gestützt auf eine Einschränkung von 10% zu (Urk. 35/13, Urk. 20/6). Daraufhin meldete der Beklagte am 8. Mai 2001 bei der I. prozentmässig konkret bezifferte Forderungen aus Erwerbsunfähigkeit, Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens, Haushaltsschaden sowie eine Genugtuungsforderung an (Urk. 5/16).
Nach der Geltendmachung einer weiteren gesundheitlichen Verschlechterung bei der Klägerin veranlasste die H. am 5. September 2002 eine erneute Begutachtung bei der K. .... Das entsprechende Gutachten vom 20. Juni 2003 bejahte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Kausalzusammenhang der meisten Beschwerden mit dem Unfallereignis vom 18. Juli 1992 und veranschlagte die Arbeitsfähigkeit mit 70% (Urk. 5/99). Gestützt darauf sprach die H. der Klägerin am 23. August 2004 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von 30% zu (Urk. 5/103). In der Folge bereitete der Beklagte auch eine Schadenseingabe an die I. vor. Am 2. Mai 2005 erhielt er Kenntnis von einem Gutachten, das die I. zur Frage des Vortrittes und des Verschuldens am Unfall vom 18. Juli 1992 in Auftrag gegeben hatte. Gemäss diesem Gutachten hatte E. (der Versicherungsnehmer der I. ) den Vortritt und G. (der Versicherungsnehmer der J. ) war vortrittsbelastet. Der Beklagte erkannte das daraus allenfalls sich ergebende Risiko eines Haftungsausschlusses der I. als Solidarschuldnerin, sah aber keinen Anlass zu einer Strategieänderung gegenüber der J. (Urk. 5/30).
Am 30. September 2005 erhob die Klägerin eine Schadenersatzklage gegen die I. als Haftpflichtversicherung des E. vor dem Kantonsgericht Zug aus dem Unfallereignis vom 18. Juli 1992. Mit Urteil vom 11. Dezember 2006 wies das Gericht die Klage ab. Es kam zum Schluss, dass nicht E. , sondern
G. vortrittsbelastet gewesen sei und diesen überdies ein grobes Verschulden treffe. Dies unterbreche die Solidarhaftung des E. bzw. der I. für die Betriebsgefahr im Sinne von Art. 59 Abs. 1 SVG. Als Eventualbegründung stellte das Gericht überdies eine Verjährung der Ansprüche gegen die I. fest, da der am 20. Juli 1999 abgegebene Verzicht auf die Verjährungseinrede eine Verlängerung der Verjährung nur bis zum 16. Juli 2004 bewirkt habe und diese Frist mit der Klageeinleitung nicht gewahrt worden sei (Urk. 5/65).
Das Zuger Obergericht bestätigte auf Berufung der Klägerin hin am 20. November 2007 die Klageabweisung. Es bestätigte die Auffassung der Vorinstanz bezüglich eines groben, die Solidarhaftung der I. unterbrechenden Unfallverschuldens des G. . Zur Verjährungsfrage erwog es, der im Jahre 1999 erklärte Verjährungsverzicht der I. habe nur die relative Verjährung, nicht aber die absolute Verjährung verlängert. Die absolute Verjährung sei daher am 18. Juli 2002 eingetreten und die Klage zu spät erfolgt (Urk. 5/67).
Das Bundesgericht bestätigte am 25. Februar 2008 die Klageabweisung ebenfalls. Es stellte zwar die obergerichtlichen Erwägungen zur absoluten Verjährung aus Gründen des rechtlichen Gehörs in Frage. Da es sich aber der Auffassung der Vorinstanzen hinsichtlich des groben Verschuldens des vortrittsbelasteten
G. am Unfall anschloss, einen Haftungsunterbruch der I. bejahte und aus diesem Grund die Klage verwarf, blieb die Frage der Verjährung vor Bundesgericht letztlich offen (Urk. 5/68).
Gemäss den Urteilen der Zuger Gerichte und des Bundesgerichtes hätte die Klägerin ihre Ansprüche ausschliesslich gegen die J. richten müssen. Diese sind inzwischen verjährt. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin daher den Ersatz ihres Schadens aus dem Unfall vom 18. Juli 1992 vom Beklagten. Sie wirft ihm eine Verletzung seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht vor.
Die Vorinstanz hat das Prozessthema einstweilen auf die Frage der Haftbarkeit
des Beklagten beschränkt. Im angefochtenen Urteil hat sich die Vorinstanz indessen lediglich mit der Frage der Sorgfaltspflichtverletzung befasst bzw. sich nur dazu geäussert. Zum Kausalzusammenhang zwischen der geltend gemachten Sorgfaltspflichtverletzung und dem geltend gemachten Rechtsverlust, insbesondere zur Frage der bereits eingetretenen Verjährung der klägerischen Ansprüche gegen die J. im Zeitpunkt der Mandatsübernahme, hat sich die Vorinstanz infolge der grundsätzlichen Verneinung einer Sorgfaltspflichtverletzung nicht ge- äussert (Urk. 44 S. 30f). Wie nachfolgend darzulegen ist, liegt nach der Auffassung der Berufungsinstanz eine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Da sich die Parteien sowohl vor erster Instanz als auch im Berufungsverfahren einlässlich auch zum Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Sorgfaltspflichtverletzung und dem Rechtsverlust der Klägerin geäussert haben und dies vorliegend eine rechtliche Frage ist (Verjährungseintritt), kann die Berufungsinstanz auch die Frage des Kausalzusammenhangs beurteilen und versteht nachfolgend das einstweilen auf die Haftung des Beklagten beschränkte Prozessthema sowohl als Prüfung der Sorgfaltspflichtverletzung als auch des Kausalzusammenhangs mit dem behaupteten Rechtsverlust der Klägerin.
II.
Die Vorinstanz verneinte eine Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten bei seiner Mandatsführung. Ein Anwalt hafte nicht für Risiken, die mit der Bildung und Durchsetzung einer Rechtsauffassung an sich verbunden seien; es stehe ihm dabei meist ein gewisser Entscheidungsspielraum zu. Der Anwalt hafte nur, wenn er bei der sich nachträglich als unrichtig erweisenden Beurteilung der Sachlage die Regeln der Fachkunst in unvertretbarer Weise missachtet habe. An den Beklagten als Haftpflichtspezialisten seien dabei erhöhte Anforderungen zu stellen. Eine solche massgebliche Verletzung der Sorgfaltspflicht wäre u.a. gegeben, wenn der Anwalt eine Frist versäume die Verjährung nicht rechtzeitig unterbreche. Massgeblich sei der Zeitpunkt der Mandatsübernahme im Jahre 1999 und die dem Beklagten damals bekannten Umstände. Der Beklagte habe sich damals
nicht einfach auf den unangefochten gebliebenen Strafbefehl gegen E. abstützen dürfen, da die Beurteilung des Strafrichters den Zivilrichter nicht binde und die Vortrittsfrage aufgrund der beigezogenen Strafakten kontrovers gewesen sei. Die mögliche Vortrittsbelastung des G. sei für ihn ersichtlich gewesen und er hätte hier mit vertretbarem Aufwand nähere Abklärungen tätigen können und müssen. Hingegen habe der Beklagte nicht voraussehen können, dass das Verhalten des G. später durch die Zivilgerichte als grob schuldhaft qualifiziert würde, sodass es die Solidarhaftung des E. bzw. der I. gemäss Art. 59 Abs. 1 SVG unterbrechen könnte. Die Vortrittssituation sei vor Ort durch keine Markierungen Signale gekennzeichnet gewesen und die Vortrittsmissachtung des G. in einer solchen Situation stelle keine klassische grobe Verkehrsregelverletzung dar. Habe der Beklagte aber bei der Mandatsübernahme wie auch bei der Klageeinleitung gegen die I. von einer ununterbrochenen Solidarhaftung des E. und des G. bzw. ihrer Versicherungen ausgehen können und habe er gegen einen dieser Solidarschuldner die Verjährung unterbrochen, so habe sich dieses Vorgehen innerhalb des anwaltlichen Ermessensspielraums bewegt; eine Missachtung der Regeln der Fachkunst in unvertretbarer Weise liege nicht vor. Ein gleichzeitiges und paralleles Vorgehen gegen beide Versicherungen wäre angesichts des Kostenrisikos (Streitwert 2 Mio Franken) nicht zumutbar und prozessökonomisch nicht sinnvoll gewesen, zumal eine Verjährungsprophylaxe gegen die J. ab Mandatsbeginn im Jahre 1999 über Jahre hinweg bis zum Vorliegen einer Haftungsanerkennung eines rechtskräftigen Zivilurteils im Jahre 2008 hätte betrieben werden müssen. Bemühungen zur Verjährungsunterbrechung gegen die J. hätten allenfalls sogar eine negative Feststellungsklage provozieren können, was nicht im Interesse der Klägerin gelegen hätte. Die Unterlassung einer Verjährungsunterbrechung und einer Klage gegen die J. stelle damit keine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Ob auch eine Verletzung der Aufklärungsund Informationspflicht vorliegt, indem der Beklagte gegenüber der Klägerin nie ein Vorgehen gegen die J. thematisiert hat, liess die Vorinstanz offen. Diese Unterlassung wäre nämlich nicht kausal für den Schaden der Klägerin, da es lebensfremd wäre anzunehmen, dass die Klägerin nach gehöriger Aufklärung sich für ein Vorgehen gegen die J. entschieden hätte, nachdem sie selber vor der Mandatierung des Beklagten bereits ein Vorgehen gegen die I. eingespurt gehabt habe und der Beklagte als spezialisierter Fachmann sich für ein Vorgehen gegen die I. entschieden habe (Urk. 44).
Die Klägerin hält auch im Berufungsverfahren an ihrem vorinstanzlichen Standpunkt fest, dass der Beklagte seinen Auftrag überhaupt nicht erfüllt habe und nicht bloss eine Schlechterfüllung im Sinne einer Sorgfaltspflichtverletzung vorliege. Sie habe dem Beklagten einen umfassenden Auftrag zur Geltendmachung von Versicherungsleistungen aus dem Unfall vom 18.7.1992 erteilt, ohne Einschränkung auf bestimmte Personen. Hinsichtlich G. und J. habe der Beklagte diesen Auftrag nicht erfüllt. Die Sorgfaltspflichtverletzung sei nicht nur anhand der Gegebenheiten bei der Mandatsübernahme im Mai 1999 zu prüfen, sondern richte sich laufend nach der Fallentwicklung. Nach Beizug der Strafakten habe der Beklagte nicht einfach auf die Einschätzung des Polizeirichters zum Vortritt abstellen dürfen, zumal die I. ihre Haftung nie anerkannt sowie einen Haftungsausschluss nach Art. 59 Abs. 1 SVG geltend gemacht habe. Der Beklagte sei nach einer ungenügenden Fallanalyse einzig gegen die I. vorgegangen und habe die Klägerin auch nie über den grundsätzlichen Schadenersatzanspruch gegen die J. aufgeklärt, nie eine diesbezügliche Instruktion eingeholt und auch nie ein Begehren gegen die J. gestellt. Trotz erkannter Verjährungsproblematik und der Verjährungseinrede der I. habe der Beklagte nichts unternommen, um die Ansprüche gegen die J. verjährungsrechtlich durch Streitverkündung abzusichern. Eine Verjährungsprophylaxe wäre mit einfachen Mitteln zu bewerkstelligen und zumutbar gewesen (Urk. 43).
Auch der Beklagte vertritt im Berufungsverfahren denselben Standpunkt wie vor Vorinstanz. Gegenstand des Mandates sei zunächst lediglich die Interessenwahrung für die Klägerin gegenüber der H. gewesen, welches Verfahren mit der Ausrichtung der Integritätsentschädigung abgeschlossen gewesen sei. Erst mit der Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die H. nach einem unerwarteten gesundheitlichen Rückfall sei das Fundament für allfällige Haftpflichtansprüche und eine Ausweitung des Mandates gegeben gewesen. Die Klägerin
hätte indessen schon vor seiner Mandatierung Kontakt richtigerweise - nur mit der I. aufgenommen und damit selber den Fall in diese Richtung eingespurt bzw. das Mandat begrenzt. Dieses Vorgehen habe sich gestützt auf den rechtskräftigen Strafbefehl gegen E. ergeben. Es habe kein Anlass bestanden, gegenüber der J. ein neues Kampffeld zu eröffnen, insbesondere auch nicht angesichts der bestehenden Verjährungsproblematik und weil die Deckungssumme der I. genügend hoch gewesen sei. Nachdem er von der
einen Verjährungsverzicht erlangt habe, habe er sich grundsätzlich gegenüber keinem der beiden Solidarschuldner mehr um die absolute Verjährung kümmern müssen. Hingegen sei die relative Verjährung gegenüber der J. beim Rückfall bereits eingetreten gewesen. Dass unter den Haftpflichtversicherern sodann keine Solidarität bestehe wegen eines groben Verschuldens des G. und eine Verjährungsunterbrechung gegen die I. ohne Wirkung
auf die J. bleiben würde, sei nicht vorhersehbar gewesen. Die Vortrittssituation vor Ort sei vielmehr unklar gewesen und er habe sich diesbezüglich auf die Abklärungen des Polizeirichters und den unangefochten gebliebenen Strafbefehl gegen E. verlassen können. Hätte er bei Mandatsübernahme auch bei der J. vorsorglich auf einen Verjährungsverzicht gedrängt, hätte er eine Verjährungseinrede geradezu provoziert, was Vergleichsgesprächen abträglich und taktisch falsch gewesen wäre; allenfalls hätte die J. sogar mit einer negativen Feststellungsklage reagiert. Mit der Vorinstanz könne offen bleiben, ob die Klägerin gehörig informiert und aufgeklärt worden sei. Da der Beklagte gegen die
keinen Prozess riskiert hätte, hätte sich ihm die Klägerin dahin sicher angeschlossen, denn sie habe kein Geld in den Prozess investieren wollen (Urk. 51).
IV.
Allgemeines zur Sorgfaltspflicht des Anwaltes
Zu den grundsätzlichen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Anwaltes bei der Ausführung seines Interessenwahrungsauftrages kann vorweg auf die Ausführungen im vorinstanzlichen Urteil verwiesen werden (Urk. 44 S. 18ff).
Ist der Mandatsumfang nicht ausdrücklich umschrieben worden, richtet sich der Umfang des Mandates nach den erkennbaren subjektiven Interessen der Auftraggeberin, die der Beauftragte notfalls zuerst zu ergründen hat. Stehen diese Ziele fest, hat der Anwalt anschliessend alles Notwendige vorzukehren, was zur Erreichung dieser Ziele objektiv nach den Regeln der Kunst erforderlich ist. Vermutungsweise wird das Mandat umfassend erteilt und bezieht sich auf die gesamte präsentierte Rechtsangelegenheit (Fellmann, Berner Komm. VI/2/4, 1992, OR 396 N 35, OR 398 N 412f; Ch. Bernhart, Die professionellen Standards des Rechtsanwalts, DIKE, 2.A. 2011, S. 231). Sodann schuldet der Anwalt seiner Mandantin eine umfassende Abklärung der objektiv wesentlichen Sachverhaltsund Rechtslage unter Berücksichtigung der grundlegenden, aktuellen Lehre und Rechtsprechung, insbesondere hat er seine Mandantin über die Gefahren und Erfolgsaussichten zu orientieren und zu beraten. Die Mandantin soll dadurch in die Lage versetzt werden, in vollständiger Kenntnis aller für das zu besorgende Geschäft wesentlichen Umstände die Vorund Nachteile abzuwägen und gestützt darauf selber eine kompetente Entscheidung zu treffen; nur so kann sie verbindlich in eine vorgeschlagene Massnahme einwilligen ihre Weisungsbefugnis wahrnehmen. Weiter hat der Anwalt so vorzugehen, dass er die angestrebten Ziele am sichersten erreicht, und alle unnötigen Risiken, wie z.B. das Verjährungsrisiko, vermeidet (Bernhart, a.a.O. S. 214ff, 257).
Der Anwalt hat grundsätzlich jedoch nicht für den Erfolg seiner Tätigkeit einzustehen, insbesondere nicht für die Risiken, die mit der Bildung einer Rechtsauffassung und deren Durchsetzung beispielsweise in einem Gerichtsverfahren verbunden sind. Es besteht bei der subjektiven Beurteilung der festgestellten objektiven Rechtsund Sachverhaltsumstände, der rechtlichen Meinungsbildung und des taktischen Vorgehens oft ein gewisser Ermessenspielraum. Ist der dabei eingenommene Standpunkt vertretbar, so begründet dies auch im Falle eines Misserfolgs der Bemühungen keine Sorgfaltspflichtverletzung des Anwaltes. Eine solche liegt hingegen vor, wenn der Anwalt bei den grundlegenden Rechtsund Tatsachenabklärungen objektiv massgebliche Umstände ausser Acht lässt, insbesondere sich ausschliesslich auf Informationen der Mandantin abstützt; wenn er sich gestützt auf das Tatsachenfundament, die bestehende Gesetzeslage und
die grundlegende Judikatur und Literatur eine fachlich unvertretbare Rechtsanschauung bildet, sich aufdrängende und verhältnismässige Vorkehren zur einstweiligen Rechtswahrung unterlässt. Zu den grundlegenden und gegebenenfalls haftungsbegründenden Vorkehren im Unterlassungsfall bei der Rechtswahrung gehört die Beachtung der materiellen und prozessualen Fristen, insbesondere der Verjährungsund Verwirkungsfristen, die der Anwalt notfalls auch ohne Instruktion der Mandantin unaufgefordert zu unterbrechen hat. Die Anforderungen bei der objektiven Abklärung und Beurteilung der Sachund Rechtslage sind umso höher, je qualifizierter bzw. spezialisierter ein Anwalt auf dem betreffenden Rechtsgebiet ist und wenn er gerade infolge dieser erhöhten Fachkompetenz zu Rate gezogen wird (vgl. dazu H.P. Walter, in Münch/Geiser, Schaden - Haftung - Versicherung, Rz.16.23ff).
Mandatsumfang
Der Beklagte liess sich zu Beginn seiner Tätigkeit von der Klägerin bevollmächtigen zur Interessenwahrung betreffend den Unfall vom 18.7.1992 betr. Versicherungsleistungen. Diese Auftragsumschreibung ist sehr allgemein und damit gleichzeitig sehr umfassend formuliert. Da für das betreffende Unfallereignis Ansprüche gegen mehrere Versicherungen in Frage kamen zwei Haftpflichtversicherungen, eine Unfallversicherung, Sozialversicherung, ev. Krankenversicherung
muss dieser offensichtlich vom Beklagten formulierte Auftragsumfang nach Treu und Glauben dahin verstanden werden, dass es darum gehen sollte, die Versicherungssituation ganz umfassend abzuklären und entsprechende Leistungsansprüche anzumelden. Die Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherer und die Sozialversicherer stehen dabei im Vordergrund und müssen in jedem Fall als von einem solchen Mandat erfasst gelten (vgl. dazu A. Ilery, in Münch/Geiser, Schaden
Haftung - Versicherung, Rz. 7.23). Gegen welche von mehreren Haftpflichtund Sozialversicherungen die Ansprüche tatsächlich auch geltend gemacht werden können und sollen, ist Gegenstand der nachfolgenden anwaltlichen Abklärungsund Beratungspflicht. In diesem Sinne kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass lediglich die Interessenwahrung gegenüber der H. als der persönlichen Unfallversicherung der Klägerin Inhalt seines Auftrages gebildet habe. Dass der Beklagte selber den Auftrag anders bzw. im vorerwähnten umfassenden
Sinn verstanden hat, ergibt sich u.a. aus dem Umstand, dass er von Anfang an auch Ansprüche gegen die I. als Haftpflichtversicherung angemeldet hat, welche von der H. als Unfallversicherung nicht gedeckt waren, und einen Verjährungsverzicht eingefordert hat (Urk. Urk. 5/7, 5/10). Auch der Brief des Beklagten an die Klägerin vom 4. Mai 1999, worin er mitteilt, es sei viel verpasst worden, aber noch sei die Lage nicht hoffnungslos und vordringlich sei ein Verjährungsverzicht (Urk. 5/2), spricht dafür, dass der Beklagte sein Mandat zu Recht als umfassendes Interessenwahrungsmandat auch gegenüber weiteren in Frage kommenden Versicherungen aus dem Unfall vom 18.7.1992 verstanden hat. Schliesslich korrespondierte der Beklagte nach der Mandatsübernahme immer wieder mit der I. bezüglich der Anspruchsregelung, und es fand am 21. Oktober 1999 auch eine Besprechung statt (Urk. Urk. 5/10, 5/13, 5/14, 5/15, 5/16). Der Einwand, das Mandat sei auf die Interessenwahrung gegenüber der H. als Unfallversicherung beschränkt gewesen, ist daher zurückzuweisen. Ebensowenig kann sich der Beklagte darauf berufen, die Klägerin persönlich habe bereits vor seiner Mandatierung Kontakt mit der I. als einer der beiden involvierten Haftpflichtversicherungen gehabt und damit die Mandatsführung gegen die I. eingespurt gehabt. Zum einen lässt sich ein solches Einspuren nicht damit begründen, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall im Jahre 1992 der I. auf deren Verlangen Arztzeugnisse zukommen liess (Urk. 5/4 in Verb. Urk. 51 S. 7), wobei unbekannt ist, ob die Klägerin der Halter die Unfallmeldung erstattet hat (vgl. auch Urk. 51 S. 26). Der sorgfältig handelnde Anwalt darf sich zum anderen aber auch nicht einfach auf die Ausführungen und Meinungen seiner Mandantin verlassen, sondern er hat die Sachlage nach objektiven Kriterien umfassend zu prüfen. Ergibt sich daraus eine abweichende Beurteilung der Sachlage ergeben sich daraus wesentliche neue Aspekte, so hat er seine Mandantin darüber aufzuklären und sich gegebenenfalls eine ausdrückliche Instruktion im Sinne einer Weichenstellung für das weitere Vorgehen erteilen zu lassen.
Dass der Beklagte vorliegend die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, es beständen parallel zur I. auch Haftpflichtansprüche gegen die J. sowie das Risiko eines Haftungsausschlusses gemäss Art. 59 Abs. 1 SVG des
einen anderen Versicherers, und dass ein auch paralleles - Vorgehen gegen die J. möglich und zumindest bis auf weiteres angezeigt sein könnte, hat der Beklagte weder vor Vorinstanz noch im Berufungsverfahren substanziert behauptet. Er hat lediglich geltend gemacht, die Klägerin habe ja selber gewusst, welche Versicherungen involviert gewesen seien und habe darüber nicht mehr informiert werden müssen bzw. sie habe selber die Sache gegen die I. eingespurt gehabt (Urk. 19 S. 15, Urk. 34 S. 9f, 15, Urk. 51 S. 14f, 22) bzw. es sei vordringlich nicht um eine Abwägung gegangen, gegen welche Haftpflichtversicherung vorzugehen sei, sondern darum, vom Unfallversicherer einen Schadensnachweis zu erlangen (Urk. 19 S. 16, 47). Der Beklagte bestritt sodann überhaupt eine Pflicht, von der Klägerin eine Instruktion hinsichtlich der anzugehenden Haftpflichtversicherung einzuholen (Urk. 19 S. 16). Dementsprechend hat er auch nie behauptet, von der Klägerin nach erfolgter Aufklärung über die potentiell Haftpflichtigen tatsächlich eine entsprechende Wahlerklärung eingeholt zu haben (Urk. 34 S. 26). Hat der Beklagte der Klägerin die Alternativen bzw. das Risiko eines einseitigen Vorgehens und einer einseitigen Rechtswahrung bereits zu Beginn des Mandates aber nicht klar aufgezeigt, so kann er sich hinsichtlich der Unterlassung eines anfänglichen Vorgehens auch gegen die J. nicht auf einen entsprechenden mutmasslichen Willen der Klägerin deren Verhalten vor der Mandatsübernahme berufen. Gegen einen mutmasslichen Verzicht auf ein Vorgehen gegen die J. durch eine aufgeklärte Klägerin spricht im Übrigen, dass die J. die Versicherung des ihr unbekannten Halters G. war und ihr ein Vorgehen gegen diesen Unbekannten psychologisch wohl leichter gefallen wäre als ein Vorgehen gegen die Versicherung ihres damaligen Freundes
E. unter Behauptung eines schuldhaften Verhaltens bzw. eines Fehlers ihres Freundes. Dies sieht selbst der Beklagte so (Urk. 34 S. 15). Auch wenn aufgrund des Strafbefehls gegen E. die Beweislage vordergründig gegenüber der I. komfortabler erschien, entband dies den Beklagten nicht von einer sorgfältigen Prüfung aller Risiken und zumindest einer entsprechenden Aufklärung der Klägerin.
Der Beklagte beruft sich weiter darauf, dass mit der Zusprechung der Integritätsentschädigung durch die H. am 7. Mai 2001 sein Mandat beendet gewesen
sei und der Fall erst nach einem weiteren gesundheitlichen Rückfall bei der Klägerin im April 2002 ohne sein Zutun von der H. wieder neu aufgenommen worden sei (Urk. 19 S. 19). Abgesehen vom engen zeitlichen Konnex ist aufgrund des Briefwechsels zwischen Klägerin und Beklagtem im April 2002 in jedem Fall mindestens von einer Wiederaufnahme des Mandatsverhältnisses mit dem Beklagten auszugehen : Am 17. April 2002 berichtete die Klägerin dem Beklagten über eine Verschlechterung ihres Zustandes und fragte ihn: Wo stehen wir in dem ganzen Fall und wie geht es weiter (Urk. 20/7). Am 18. April 2002 antwortete der Beklagte u.a. die I. habe sich noch nicht definitiv entschieden, ob sie die Unfallkausalität der Beschwerden anerkenne und, dass er diese gemahnt (habe), zu der ganzen Angelegenheit Stellung zu nehmen und, dass er der Klägerin für weitere Fragen zur Verfügung stehe (Urk. 5/20; vgl. auch den Brief vom
21. Juni 2001 betreffend noch pendente Forderungen gegen die I. ,
Urk. 5/17). Am 15. Mai 2002 gelangte der Beklagte brieflich an die I. und setzte ihr eine Frist bis 10. Juni 2002 an, um zur Kausalitätsfrage Stellung zu nehmen (Urk. 5/21). Am 12. Juli 2002 gelangte der Beklagte erneut an die I. (Urk. 5/21). War der Beklagte aber mindestens ab April 2002 erneut für die Klägerin in der Angelegenheit Unfall vom 18.7.1992 betr. Versicherungsleistungen und unmittelbar gegenüber der I. tätig, so trafen ihn dieselben Sorgfaltsund Aufklärungspflichten wie nach der Vollmachterteilung im Mai 1999 und wirkt sich ein allfälliger Unterbruch seiner anwaltlichen Aktivitäten zwischen Mai 2001 und April 2002 auf die Sachlage nicht aus. Durch den Rückfall im Frühjahr 2002 war die Notwendigkeit eines Vorgehens gegen die Haftpflichtversicherer sogar akuter denn je und an der möglichen Haftbarkeit der J. hatte sich noch weniger geändert.
Verjährungsrisiko und -unterbrechung
Der Beklagte hat vorliegend die Gefahr der Verjährung bereits bei der Mandats- übernahme erkannt und entsprechende Massnahmen zwecks Wahrung aller späteren Prozesschancen als vordringlich erachtet. Entsprechend hat er die I. um einen Verjährungsverzicht gebeten. Dieser wurde am 20. Juli 1999 für die Zeit bis 18. Juli 2001 ausgesprochen unter dem Vorbehalt, dass die Verjährung nicht bereits eingetreten war. Der Verzicht wurde in den späteren Jahren sodann immer
wieder verlängert (Urk. 5/9, Urk. 20/11-13). Anerkanntermassen hat der Beklagte aber nie gegenüber der J. ein Schadenersatzbegehren gestellt die Verjährung unterbrochen (Urk. 19 S. 15, Urk. 34 S. 15f), obschon sich die Verjährungsfrage bei der Mandatsübernahme bezüglich der J. nicht anders präsentierte als bezüglich der I. . Dies ist nicht nachvollziehbar. Der Verjährungsverzicht eines von mehreren Solidarschuldnern bindet nur diesen selbst, nicht aber die solidarisch Mithaftenden (Art. 141 Abs. 2 OR); der Verjährungsverzicht der I. war für die laufende Verjährung der Ansprüche gegen die
J. daher ohne Wirkung. Dies hätte der Beklagte als versierter Haftpflichtspezialist wissen müssen. Sodann entspricht es der Usanz der Versicherungen, bei Umständen wie den hier vorliegenden einen Verjährungsverzicht abzugeben (vgl. dazu auch BSK OR I-Däppen, Art. 141 N 3). Dass dies vorliegend und bei der J. anders gewesen wäre, ist nach der allgemeinen Lebensund Gerichtserfahrung nicht anzunehmen, nachdem der Beklagte es gar nicht erst versucht hat. Bezeichnenderweise hat sich ja auch die H. nach Erhalt der Rückfallmeldung am 2. September 1999 sogleich gegenüber beiden Haftpflichtversicherern, somit auch jener des G. , durch eine Regressanzeige (Urk. 5/44+45) und durch Verjährungsverzichte (Urk. 5/48) abgesichert. Und die
J. hat gegenüber der H. tatsächlich auch einen solchen Verzicht aus dem vorliegenden Unfallereignis abgegeben. Hätte die J. im Widerspruch zum Verjährungsverzicht gegenüber der H. gegenüber der Klägerin einen Verjährungsverzicht verweigert, hätte dem Beklagten noch immer die Möglichkeit des Verjährungsunterbruchs mittels einer vorsorglichen Betreibung offen gestanden (Art. 135 OR); die Einleitung einer ordentlichen Klage mit dem entsprechenden Kostenrisiko wäre dafür nicht nötig gewesen. Die Erwirkung eines Zahlungsbefehls im Juni 1999, allenfalls auch wiederholt in den folgenden Jahren und insbesondere nach dem Vorliegen des Gutachtens zur Vortrittssituation im Mai 2005, hätte genügt und wäre als eine sehr einfache und kostengünstige Absicherungsmassnahme ohne weiteres zumutbar gewesen. Dies auch unter dem Aspekt der Unsicherheit bezüglich einer allfälligen Haftung der J. überhaupt und ohne eine abschliessende Abklärung und Meinungsbildung zur Verschuldensfrage. Der Einwand, man hätte mit einer Verjährungsprophylaxe allenfalls eine negative
Feststellungsklage der J. provoziert, ist ein allzu hypothetisches und allzu weit hergeholtes Argument und ist als unbehilfliche Schutzbehauptung zu qualifizieren. Zum einen hat sich die Versicherungsusanz des Verjährungsverzichts u.a. gerade deshalb etabliert, um vorzeitige Prozesse mit ihrem Aufwandund Kostenrisiko auch für die Versicherungen zu vermeiden. Sodann reagiert vernünftigerweise keine Versicherung, die erstmals Kenntnis von möglichen und noch unbezifferten Schadensansprüchen einer einzelnen Geschädigten aus einem privaten Verkehrsunfall erhält, unvermittelt und ohne nähere Kenntnis von Schadensumfang und Haftungsmodalitäten in derart überschiessender Weise. Eine Verjährungsunterbrechung war schliesslich auch der Aufnahme von Vergleichsgesprächen nicht abträglich im Gegenteil : Ohne eine solche Unterbrechung spielte der Beklagte der J. die Einrede der eingetretenen Verjährung und damit ein neues und starkes Argument gegen jede Zahlungspflicht und damit auch einer vergleichsweisen Zahlung geradewegs zu. Verjährungsrechtliche Aspekte spielen in allen grösseren Haftungsfällen eine zentrale Rolle und sind im Versicherungsgeschäft Alltag. Versicherungen werden nicht erst durch die Anfrage nach einem Verjährungsverzicht andere verjährungsunterbrechende Handlungen für die Erhebung der Verjährungseinrede sensibilisiert. Hat der Beklagte gegenüber der I. innert nützlicher Frist zweckmässige verjährungsunterbrechende Handlungen vorgenommen, so ist nicht einzusehen, weshalb bei dieser Versicherung die angeführten angeblichen Bedenken nicht bestanden, wohl aber und nur bei der J. . Nicht weiter von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang schliesslich, ob das im Mai 1999 erteilte Mandat mit der Zusprechung der Integritätsentschädigung durch die H. abgeschlossen war und nach einem gesundheitlichen Rückfall am 17. April 2002 konkludent ein neues Mandat erteilt wurde (Urk. 19 S. 19 in Verb. mit Urk. 5/20+21 und Urk. 20/7). Noch im April 2002 hätte der Beklagte gegenüber der J. sowohl die absolute Verjährung unterbrechen können als auch die neu angelaufene relative Verjährung im Auge behalten müssen. Hat der Beklagte als Haftpflichtspezialist im vorliegenden Fall auch die einfachsten und zumutbaren Massnahmen gegenüber der J. als Solidarschuldnerin und potentiell allenfalls einzig Haftpflichtigen zur Verhinderung des Verjährungseintritts unterlassen, so muss dies grundsätzlich als Verletzung seiner
anwaltlichen Sorgfaltspflicht qualifiziert werden.
Risiko des Haftungsunterbruchs
ie aufgezeigt, muss von einem Anwalt erwartet werden können, dass er die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und die grundlegende Lehre und Rechtsprechung dazu kennt. Von einem auf Haftpflichtfälle spezialisierten Anwalt wie dem Beklagten ist daher zu erwarten, dass er nicht nur Kenntnis von der solidarischen Haftung mehrerer potentieller Unfallverursacher hat, sondern auch vom Risiko des Haftungsausschlusses des Halters im Falle des groben Verschuldens eines anderen Mitbeteiligten im Sinne von Art. 59 Abs. 1 SVG. Dieser Situation hat der beauftragte Anwalt mindestens zu Beginn seines Mandates Rechnung zu tragen, wenn es darum geht, die nötigen vorsorglichen Massnahmen zur Absicherung eines allfälligen späteren prozessualen Vorgehens zu treffen. Der beauftragte Anwalt hat sich dabei anhand vorhandener Dokumente und objektiver Beweismittel ein eigenes Bild über den Unfallhergang und das mögliche Verschulden aller Beteiligten zu verschaffen. Dabei muss er auch wissen, dass die Beurteilung eines Tatbestandes durch den Strafrichter den nachmaligen Zivilrichter nicht bindet (vgl. dazu M. Dähler/R. Schaffhauser, in Münch/Geiser, Schaden - Haftung - Versicherung, Rz. 11.26ff, 11.57ff, 11.61). Die Möglichkeit des Haftungsunterbruchs ist aber auch während der weiteren Mandatsführung im Auge zu behalten, falls sich bezüglich der Verschuldenssituation neue Erkenntnisse ergeben.
Vorliegend hat der Beklagte unmittelbar nach der Mandatierung die vorhandenen Strafakten zum Unfallablauf beigezogen. Daraus musste er entnehmen, dass im Unfallrapport die Vortrittssituation umgekehrt dargestellt wurde als im späteren Strafbefehl. Der Unfallrapport ging davon aus, der Kollisionsbeteiligte G. habe sich damals im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VRV in den Verkehr eingefügt und sei vortrittsbelastet gewesen, ohne die Situation aber näher zu beschreiben. Von den in dieser Gesetzesbestimmung zitierten Konstellationen des Sicheinfügens kam dabei vernünftigerweise nur das Überfahren eines Trottoirs in Frage, wie sich der von der Polizei damals erstellten Fotodokumentation unschwer entnehmen lässt; eine Hofausfahrt, aus welcher ein Sicheinfügen in den
Verkehr erfolgt sein könnte, ist dort nirgends erkennbar (Urk. 5/1, Urk. 5/69, insbes. Blatt 4,5 und 6). Wohl ist das Trottoir wegen der betreffenden Einmündung funktionsbedingt über einige Meter abgesenkt infolge der durchlaufenden Randsteineinfassung aber klar als solches noch erkennbar -, was an seiner rechtlichen Bedeutung als Vortrittsund Schutzfläche für Fussgänger nichts ändert (Art. 41 Abs. 2 VRV; R. Schaffhauser, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, RN 749). Auf den flankierenden Schutz durch das rechtsseitig entlang seiner Fahrbahn verlaufende Trottoir durfte sich auch E. verlassen. Dass die Polizei am 23. Oktober 1992 aufgrund eines zusätzlichen Abklärungsauftrages des Polizeirichters feststellte, G. habe sich nicht auf einer Hofausfahrt, sondern auf einer Quartierstrasse befunden und sei von dort in die C. - Strasse eingebogen, ging grundsätzlich am Kern des Problems vorbei, nämlich dass G. über ein Trottoir eingefahren war; immerhin erwähnt aber auch der Nachtragsrapport das Trottoir entlang der C. -Strasse (Urk. 20/5). Der Strafbefehl vom 12. November 1992 enthält keinerlei Begründung für die dort neu getroffene, von der polizeilich dokumentierten bisherigen Unfallsituation abweichende Annahme eines Vortrittsrechts von G. (Urk. 5/70). Ein sorgfältiges und unvoreingenommenes Aktenstudium durch den Beklagten hätte daher zur Erkenntnis führen müssen, dass die Vortrittssituation nicht klar und dass auch eine Vortrittsmissachtung durch G. und damit schuldhaftes Verhalten realistischerweise in Betracht zu ziehen war. Dass er dies tatsächlich auch erkannt hat, bestätigte der Beklagte letztlich selber in einem Schreiben vom 17. November 2008 (Urk. 5/53). Dass er sich aber mangels Bindungswirkung nicht einfach, wie dort erwähnt, auf die eine von zwei unterschiedlichen Meinungen, nämlich jene (unbegründete) des Polizeirichters abstützen durfte, wurde bereits ausgeführt.
E. wurde lediglich mit einer geringen Busse bestraft. Solche Bussen werden erfahrungsgemäss aus Gründen der Verhältnismässigkeit und aus Kostengrün- den auch dann nicht angefochten, wenn man die Busse für ungerechtfertigt hält. Auch hatte die Klägerin im Jahre 1992 noch keine grösseren Ansprüche an die
I. angemeldet gehabt, so dass auch seitens dieser Versicherung kein Anlass zu einer weiteren gerichtlichen Überprüfung des Strafbefehls bestand. Die Missachtung von Vortrittsregeln wird in der Rechtsprechung sodann je nach der
konkreten Konstellation immer wieder auch als grobe Verkehrsregelverletzung qualifiziert (J. Boll, Grobe Verkehrsregelverletzung, 1999, S. 91ff). Das Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens des G. und deren Qualifikation als grob schuldhaftes Verhalten liess sich bei Waltung der gehörigen Sorgfalt daher ebenfalls nicht von Anfang an ausschliessen und ignorieren. Weiter war dem Beklagten bekannt, dass die H. nach der ersten Rückfallmeldung ihre Regressansprüche sowohl gegenüber der I. als auch gegenüber der J. angemeldet und vorsorglich vor der Verjährung gerettet hatte. Sie hatte insbesondere auch die J. zur aktiven Teilnahme am Begutachtungsprozess zur Schadensfeststellung eingeladen. Auch dieses umsichtige Verhalten der H. war ein klarer Fingerzeig an den Beklagten, zumindest eine vorsorgliche Rechtswahrung seinerseits bei der J. vorzunehmen. Unbestrittenermassen hat sich die I. während der gesamten Abklärungsund Mandatszeit geweigert, eine Haftung anzuerkennen Abschlagszahlungen zu leisten (Urk. 5/9). Ob dies infolge Zweifels an der Unfallkausalität der Beschwerden infolge Zweifels an der Verschuldenslage aus Gründen der Verjährung geschah aufgrund von Urk. 20/10 ist das Letzte zu vermuten -, kann offen bleiben. Spätestens am 3. Mai 2005 hatte der Beklagte nämlich Kenntnis von einem Gutachten zur Vortrittssituation und zum Unfallverschulden, das die I. in Auftrag gegeben hatte. Dieses Gutachten kam zum Schluss, dass E. das Vortrittsrecht zustand. Nicht einmal dieses Gutachten nahm der Beklagte aber zum Anlass, Vorkehrungen für den Fall der Bejahung eines Haftungsunterbruchs wegen eines groben Verschuldens des G. in Betracht zu ziehen (Urk. 5/30). Diese Urkunde ist zum einen ein weiterer Beleg für die Verkennung der Haftungssituation und des Durchsetzungsrisikos. Zum anderen hätte der Beklagte in jenem Zeitpunkt sogar noch eine reale Möglichkeit zu einem Vorgehen gegen die J. gehabt: Da die Geschädigte im Jahre 2002 einen zweiten Rückfall erlitten hatte, dessen Unfallkausalität durch das Gutachten der K. ... vom 20. Juni 2003 bestätigt wurde, war die diesbezügliche relative Verjährungsfrist von 2 Jahren gegenüber der J. bei Kenntnisnahme des Verkehrsgutachtens noch nicht abgelaufen. Dem Beklagten und der Vorinstanz ist insoweit zuzustimmen, dass es einen gewissen Entscheidungsund Ermessensspielraum für einen Rechtsvertreter geben muss, gegen welchen
von mehreren Haftpflichtigen er letztlich rechtlich vorund das Prozessrisiko eingeht. Bei einer derart unklaren Haftungssituation wie der vorliegenden hätte dieses Risiko aber minimiert werden können und müssen durch die gleichzeitige Klage gegen den einen und die vorsorgliche Rechtswahrung gegen den anderen solidarisch haftenden Haftpflichtversicherer. Bei einem negativen Prozessausgang wären wohl Prozesskosten, nicht aber die Sache selber verloren gewesen.
Kausalzusammenhang
uss sich der Beklagte den Vorwurf der ungenügenden Verjährungsprophylaxe gegenüber der J. bei Voraussehbarkeit eines Haftungsunterbruchs gefallen lassen, ist weiter zu prüfen, ob sich dies tatsächlich auch auf den Rechtsschutz der Klägerin ausgewirkt hat, d.h. ob bei einem rechtzeitigen Handeln die Verjährung überhaupt noch hätte beeinflusst werden können ob sie bei Mandatsübernahme bei der späteren besseren Erkenntnis zur Vortrittssituation nicht vielmehr bereits eingetreten war.
Die zivilrechtliche Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus Motorfahrzeugunfällen tritt gemäss Art. 83 SVG grundsätzlich zwei Jahre nach Kenntnis des Schadens ein (relative Verjährung), spätestens aber zehn Jahre nach dem schädigenden Ereignis (absolute Verjährung). Beide Fristen können entweder durch Klage Betreibung gemäss Art. 135 Abs. 1 OR unterbrochen werden und beginnen dann jeweils neu zu laufen. Erfolgt indessen ein Verjährungsverzicht durch den Schuldner, so hat dieser keine Unterbrechung der Verjährungsfristen zur Folge, sondern nur eine entsprechende Verlängerung (BGE 123 III 219, 99 II 185). Der Fristenlauf beginnt mit Kenntnis von der Existenz, Beschaffenheit und den wesentlichen Merkmalen des Schadens. Solange sich z.B. bei einem Personenschaden die Schadensentwicklung noch im Fluss befindet und das Bestehen eines Dauerschadens noch offen ist, ist die fristauslösende Kenntnis des Schadens noch nicht erreicht. Da umgekehrt der Geschädigten die Möglichkeit der unbezifferten Forderungsklage offen steht, darf sie mit einem Geltendmachen ihrer Ansprüche auch nicht so lange zuwarten, bis der Schaden exakt beziffert werden kann. Für den Beginn des Verjährungslaufs genügt es, wenn die Geschädigte im grossen ganzen Kenntnis aller wesentlichen Elemente des Schadens hat und in der Lage ist, für alle Schadensposten auf dem Prozessweg Ersatz zu verlangen (BSK OR I-Däppen Art. 60 N 7; BK Bd. VI/1, R. Brehm, Art. 60 N 29ff).
Wird die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährung vorsieht, so gilt diese auch für den Zivilanspruch. Nach den im Zeitpunkt des Unfalls noch geltenden strafrechtlichen Verfolgungsverjährungsbestimmungen galt für die Vergehenstatbestände sowohl der groben Verkehrsregelverletzung nach Art. 90 Ziff. 2 SVG als auch der fahrlässigen Körperverletzung nach Art. 125 StGB eine Verjährungsfrist von 5 Jahren ab dem Tag der Ausführung der strafbaren Handlung, mithin ab Unfalltag (Art. 70 aStGB in der bis 1.10.2002 gültigen Fassung). Diese Frist konnte durch Handlungen der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte unterbrochen und bis auf maximal 7,5 Jahre verlängert werden; die Geschädigte konnte diese Frist mittels Unterbrechungshandlungen gemäss Art. 135 OR auf maximal 10 Jahre verlängern (BGE 137 III 481, 131 III 430).
Der Beklagte übernahm vorliegend das Mandat formell mit der Vollmachterteilung am 21. Mai 1999 (Urk. 5/3). In diesem Zeitpunkt war die ordentliche strafrechtliche Verfolgungsverjährung von 5 Jahren ab dem Unfalltag (12. Juli 1992) gegenüber G. bereits abgelaufen. Auch die letzte aktenkundige Handlung im Rahmen der Strafuntersuchung mit dem Nachtragsrapport zur Vortrittssituation am 23. Oktober 1992 lag mehr als 5 Jahre zurück.
Die absolute zivilrechtliche Verjährung von 10 Jahren war am 21. Mai 1999 noch nicht eingetreten und hätte bis zum 18. Juli 2002 noch unterbrochen werden kön- nen, sofern nicht bereits die relative zweijährige Verjährungsfrist ab der groben Kenntnis des Schadensumfanges abgelaufen war.
Dazu macht der Beklagte geltend, die erste, akute Verletzungsphase der Klägerin sei vor seiner Mandatierung bereits abgeschlossen gewesen. 1999 habe die Klägerin indessen einen Beschwerderückfall erlitten und sich deswegen an die
H. und später auch an ihn gewandt. Die H. veranlasste diverse medizinische Abklärungen, bis ein Gutachten des L. in M. am 15. November 2000 eine dauerhafte und unfallkausale Beeinträchtigung der körperlichen Integrität der Klägerin feststellte, was am 7. Mai 2001 zur Zusprechung einer entsprechenden Integritätsentschädigung der H. führte (Urk. 5/87, Urk. 20/6). Entgegen dem Beklagten (Urk. 52 S. 17) brachte dieses Gutachten sehr wohl einen Erkenntniszuwachs, nämlich hinsichtlich des Umfangs der Beschwerden (dauerhafte, nicht mehr weiter - und wie bisher angenommen therapierbare Beeinträchtigung) und hinsichtlich des Kausalzusammenhangs der -bisher bekannten - Beschwerden mit dem früheren Unfall. Bezeichnenderweise meldete der Beklagte denn auch umgehend am 8. Mai 2001 bei der I. Ansprüche infolge einer um 20% eingeschränkten Erwerbsfähigkeit, eines um 10% eingeschränkten wirtschaftlichen Fortkommens, einer um 15% reduzierten Haushaltführungsfähigkeit, eine 10%ige Integritätsbeeinträchtigung sowie eine Genugtuung von Fr. 10'000.an (Urk. 5/16). Damit belegte er, dass er nunmehr neu von einem dauerhaften, die bisher beanspruchten Heilungsund Therapiekosten übersteigenden Schaden für die Klägerin ausging und dass er diesen in groben Zügen zu quantifizieren vermochte. War der Beklagte namens der Geschädigten zu einer solchen groben Substanzierung der Schadensansprüche gegenüber der I. in der Lage, so wäre er es entsprechend auch gegenüber der J. gewesen. Der Beginn der relativen Verjährung gegenüber den Haftpflichtversicherungen ist daher frühestens auf den 15. November 2000 anzusetzen, an dem umgekehrt aber auch die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren noch nicht abgelaufen gewesen war. Damit hätte der Beklagte bei einem sofortigen Handeln unmittelbar gegen- über der J. in jenem Zeitpunkt die Verjährung noch erfolgreich unterbrechen und die Rechte der Klägerin wahren können.
Weiter lag am 20. Juni 2003 das K. -Gutachten vor, welches der Klägerin eine noch weitergehende körperliche Beeinträchtigung einschliesslich einer eingeschränkten Erwerbsfähigkeit etc. attestierte (Urk. 5/99). Zurecht hat selbst der Beklagte vor Vorinstanz darauf hingewiesen bzw. anerkannt, dass damit eine neue relative Verjährungsfrist von 2 Jahren ausgelöst wurde, während welcher er Ansprüche auch gegen die J. hätte anmelden können, hätte er vor Juli 2002 die absolute Verjährung gegen diese unterbrochen (Urk. 19 S. 18, Urk. 34 S. 17).
Die entsprechende Unterlassung bzw. die unzweckmässige Verjährungsverlängerung nur mit Wirkung für die I. ist damit als kausal für den späteren Anspruchsverlust der Klägerin zufolge Verjährung zu betrachten.
Zusammenfassung
Zusammengefasst muss sich der Beklagte den Vorwurf gefallen lassen, dass er sowohl zu Beginn des Mandates als auch in dessen weiterem Verlauf, insbesondere spätestens im Mai 2005 nach Kenntnis des von der I. in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachtens, das Risiko eines Haftungsausschlusses der I. infolge eines grob schuldhaften Verhaltens des G. pflichtwidrig verkannt hat. Weiter hat er bereits von Anfang an eine vorsorgliche Rechtswahrung gegen- über der J. _, sei es als mithaftende Solidarschuldnerin sei es als potentiell alleinhaftende Schuldnerin, durch eine geeignete, auch gegen die J. wirksame Verjährungsunterbrechung pflichtwidrig unterlassen. Die Ansprüche gegen die J. waren bei der Mandatsübernahme weder absolut noch relativ verjährt und die Unterbrechung wäre mit einfachen und zumutbaren Vorkehren möglich gewesen. Die vom Beklagten unternommenen Verjährungsunterbrechungen (Einholen eines einseitigen Verjährungsverzichts von der I. ) waren mit Bezug auf die J. rechtlich untauglich und stellen für sich bereits eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Hätte der Beklagte zu Beginn des Mandates den Eintritt der absoluten Verjährung gegen die J. unterbrochen, wäre infolge des gesundheitlichen Rückfalls bzw. der Akzentuierung der Beschwerden im Jahre 2002 die relative Verjährungsfrist sogar ein weiteres Mal ausgelöst worden und mit einem entschlossenen Handeln zu unterbrechen gewesen, insbesondere nach Kenntnis des K. -Gutachtens vom 20. Juni 2003 und ein weiteres Mal nach Kenntnis des Verkehrsgutachtens im Mai 2005. Diese Unterlassungen erscheinen als kausal für den definitiven Rechtsverlust der Klägerin gegenüber der J. . Wohl musste der Beklagte am Schluss zwangsläufig entscheiden, gegen welche der beiden Versicherungen er gerichtliche Klage einleiten wollte. Dass er sich für eine Klage gegen die I. entschied in Übereinstimmung mit dem Urteil des Strafrichters, war grundsätzlich zwar vertretbar und nicht sorgfaltswidrig. Der letztlich falsche Entscheid hätte indessen nicht zu einem Rechtsverlust für die Klägerin geführt, hätte der Beklagte zuvor rechtzeitig durch Verjährungsunterbrechung
sich die Möglichkeit eines späteren Vorgehens gegen die J. für den Fall eines negativen Prozessausgangs gegen die I. gewahrt. Dafür bzw. für einen daraus resultierenden Schaden haftet der Beklagte der Klägerin aus pflichtwidriger Unsorgfalt. Ob der Klägerin aus dem Rechtsverlust auch ein materieller Verlust (Schaden infolge einer ausgewiesenen und unfallkausalen gesundheitlichen Beeinträchtigung unter Berücksichtigung eventueller haftungsoder schadensmindernder Umstände) sowie Genugtuung und in welcher Höhe erwachsen ist, ist im weiteren Prozessverfahren zu prüfen.
V.
Die Vorinstanz hat zur Frage der Haftung des Beklagten ein Vorurteil im Sinne von § 189 ZPO/ZH erlassen, welches gleichzeitig zu einer definitiven Streiterledigung führte. Nachdem die Vorfrage der Haftung abweichend zu entscheiden ist, ist das die Klage abweisende Urteil der Vorinstanz aufzuheben und ist der Prozess zur Ermittlung des der Klägerin daraus allenfalls entstandenen Schadens und zur Festlegung des Schadenersatzes fortzuführen. Da sich die Vorinstanz zu den materiellen Folgen zwangsläufig nicht geäussert hat, ist das Verfahren im Sinne von Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO an die Vorinstanz zurückzuweisen.
VI.
Ist das angefochtene Urteil aufzuheben, entfallen auch die vorinstanzlichen Kostenund Entschädigungsfolgen. Damit wird das Berufungsbegehren der Klägerin, es seien die vorinstanzlichen Gerichtsund Parteikosten der Höhe nach zu reduzieren, gegenstandslos. Mangels Bezifferung des Antrages wäre im Berufungsverfahren allerdings auf das Begehren nicht einzutreten gewesen (Art. 311 ZPO; Reetz/Theiler, in Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger ZPO Komm.,
Art. 311 N 34).
Für das Berufungsverfahren sind einstweilen nur die Gerichtskosten in Anwendung der §§ 4 und 9 Abs. 2 GerGebVO festzusetzen. Deren Verlegung sowie die Regelung der Parteientschädigungen sind dem definitiven Entscheid der Vo-
rinstanz aufgrund des dannzumaligen Obsiegens bzw. Unterliegens vorzubehalten.
Es wird festgstellt, dass der Beklagte und Berufungsbeklagte wegen unsorgfältiger Führung des Mandats betreffend den Unfall vom 12. Juli 1992 für den der Klägerin und Berufungsklägerin deswegen entstandenen Schaden vollumfänglich haftet.
Das Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 8. Abteilung, vom 21. Juli 2011 wird demgemäss aufgehoben, und der Prozess wird zur Fortsetzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 20'000.-.
Die Regelung der Kostenund Entschädigungsfolgen des vorliegenden Berufungsverfahrens wird dem neuen Entscheid der Vorinstanz vorbehalten.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien und das Bezirksgericht Zürich, 8. Abteilung, je gegen Empfangsschein.
Die erstund zweitinstanzlichen Akten werden der Vorinstanz nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist zugestellt.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Vorentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 2'000'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Montani Schmidt
versandt am: mc
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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