E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LB110006
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LB110006 vom 14.12.2011 (ZH)
Datum:14.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entzug Geschäftsführung und Vertretung
Schlagwörter : Berufung; Verfahren; Beklagten; Gesellschaft; Gesellschafter; Geschäftsführung; Geschäftsführer; Massnahme; Standslos; Gericht; Erstinstanzlich; Berufungsklägerin; Vertretung; Statuten; Erstinstanzliche; Prozessentschädigung; Gesellschafterversammlung; Urteil; Klage; Erfolgte; Ordentliche; änderung; Vorsorgliche; Partei; Verfahrens; Erstinstanzlichen; Zivilkammer; Parteien; Berufungsbeklagte; Vorliegende
Rechtsnorm: Art. 405 ZPO ; Art. 808a OR ; Art. 809 OR ; Art. 815 OR ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr. LB110006-O/U

Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie die Gerichtsschreiberin

Dr. K. Schröder

Beschluss vom 14. Dezember 2011

in Sachen

  1. ,

    Beklagte und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

    Kläger und Berufungsbeklagter vertreten durch Dr. iur. Y. ,

    betreffend Entzug Geschäftsführung und Vertretung

    Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Pfäffikon, 1. Abteilung, vom 15. Dezember 2010 (CG080021)

    Erwägungen:

    1. Die Parteien sind je zu 50% Gesellschafter der C. GmbH, welche in Z. ein Heim für Betreutes Wohnen betreibt. Beide waren zunächst auch

      Geschäftsführer der Gesellschaft und zu deren Vertretung befugt. Parallel zu ehelichen Problemen ergaben sich im Verlaufe des Jahres 2008 auch Probleme und

      Konflikte in der Geschäftsführung der Gesellschaft.

      Am 10. September 2008 machte der Kläger und Berufungsbeklagte (nachfolgend Kläger) das vorliegende Verfahren rechtshängig mit dem Begehren, es sei der Beklagten und Berufungsklägerin (nachfolgend Beklagte) gestützt auf Art. 815 Abs. 2 OR die Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung der C. GmbH zu entziehen. Diese Klage erfolgte zur Prosequierung einer vorsorglichen Massnahmeverfügung vom 29. Juli 2008, mit welcher der Beklagten bereits im Sinne einer vorsorglichen Massnahme die Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis entzogen worden war. Am 28. Januar 2009 bestätigte die I. Zivilkammer des Obergerichtes den vorsorglichen Entzug der Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis der Beklagten für die C. GmbH für die weitere Dauer des ordentlichen Verfahrens. Dieser Rekursentscheid vom 28. Januar 2009 ist rechtskräftig geworden.

      Das vorinstanzliche ordentliche Prozessverfahren wurde am 10. Februar 2010 mit dem Eingang der schriftlichen Stellungnahme des Klägers zur Duplik der Beklagten, welche diese anlässlich der mündlichen Hauptverhandlung vom 10. Januar 2010 erstattet hatte, abgeschlossen. Es erfolgten anschliessend unaufgefordert weitere Stellungnahmen der Parteien. Am 15. Dezember 2010 erliess die Vorinstanz das Urteil und entzog darin in Gutheissung der Klage der Beklagten und Berufungsklägerin definitiv die Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis für die C. GmbH.

    2. Die Beklagte erklärte am 14. Januar 2011 rechtzeitig Berufung gegen das ihr am 17. Dezember 2010 zugestellte Urteil und reichte am 16. März 2011 rechtzeitig die schriftliche Berufungsbegründung ein. Sie beantragt darin die Abweisung der Klage sowie die Herabsetzung der von ihr allenfalls zu leistenden Prozessentschädigung an die Gegenpartei um den Mehrwertsteueranteil auf Fr. 11'000.- netto (Urk.115, Urk. 119). Der Kläger beantragt in seiner Berufungsantwort vom

    3. Mai 2011 Nichteintreten auf die Berufung, eventualiter die Abweisung der Berufung (Urk. 125). Die Berufungsreplik erging am 8. Juli 2011 (Urk. 130), die Berufungsduplik am 28. September 2011 (Urk. 133). Letztere wurde der Beklagten am

24. November 2011 zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 134).

  1. Der Kläger verweist in seiner Berufungsantwort (Urk. 125 S. 3) auf eine anlässlich einer Gesellschafterversammlung am 7. Juni 2010 erfolgte Änderung der Statuten der C. GmbH. Diese erfolgte, um die Auflagen des kantonalen Sozialamtes für die Betriebsbewilligung - Trennung der operativen Heimleitung von der strategischen Geschäftsführung - zu erfüllen (Urk. 79 S. 4, Urk. 83). Gemäss Art. 10 Abs. 3 der neuen Statuten sind die Gesellschafter/Eigentümer der C. GmbH in Abweichung von Art. 809 Abs. 1 OR nicht mehr automatisch Geschäftsführer; Gesellschafter müssen vielmehr von der Gesellschafterversammlung ausdrücklich als Geschäftsführer gewählt werden. Mindestens 4 von 5 Geschäftsfüh- rern dürfen sodann nicht Gesellschafter sein; der Heimleiter darf der Geschäftsführung ebenfalls nicht angehören. An derselben Gesellschafterversammlung wurden entsprechend der Neuerung drei neue, von den Gesellschaftern/Eigentümern und damit von den Parteien unabhängige Geschäftsführer gewählt, unter Entlassung der Parteien als bisherige Geschäftsführer. Die Beklagte war an dieser Gesellschafterversammlung durch ihren Rechtsvertreter vertreten. Die mit Stichentscheid des Klägers als damals einzigem Geschäftsführer gemäss Art. 808a OR erfolgte Beschlussfassung zur Statutenänderung und die Wahl der neuen, unabhängigen Geschäftsführer ist rechtsverbindlich geworden und im Handelsregister entsprechend eingetragen (Urk. 100/1 sowie Urk. 127/1). Die Beklagte bestreitet im vorliegenden Berufungsverfahren nicht, dass diese Statuten- änderung und die Wahl der unabhängigen neuen Geschäftsführung unangefochten geblieben ist (Urk. 130 S. 3).

  2. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Befugnis der Beklagten als Gesellschafterin/Eigentümerin zur Geschäftsführung und Vertretung der C. GmbH von Gesetzes wegen. Mit der - nach Abschluss des vorinstanzlichen Schriftenwechsels erfolgten - Statutenänderung vom 7. Juni 2010 ist eine solche Funktion der Beklagten indessen objektiv unmöglich bzw. unzulässig geworden. Eine Wiedereinsetzung der Beklagten als Geschäftsführerin könnte nur durch Wahl der Gesellschafterversammlung erfolgen und es müsste dabei überdies das 4/5- Quorum von unabhängigen Geschäftsführern gewahrt werden können. In diese der Gesellschafterversammlung vorbehaltenen Kompetenzen kann das Gericht nicht eingreifen bzw. an deren Stelle eine Geschäftsführerwahl vornehmen. Damit

    ist aber das vorliegende Verfahren um Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin von Gesetzes wegen im Sinne von Art. 815 Abs. 2 OR gegenstandslos geworden und daher abzuschreiben.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten (Urk. 130 S. 4f) bleiben vorsorgliche Gestaltungsmassnahmen bis zur Fällung eines rechtskräftigen Urteils im ordentlichen Verfahren in Kraft und werden erst durch das Urteil mit Wirkung ex nunc ersetzt. Sie fallen nicht rückwirkend dahin. Eine allfällige Abweisung der Klage wür- de daher nichts am Umstand ändern, dass der Beklagten zur Zeit der Gesellschafterversammlung und der Statutenänderung vom 7. Juni 2010 die Geschäftsführungsbefugnis aufgrund des Massnahmeentscheides vom 28. Januar 2009 entzogen war. Eine rückwirkende Anfechtung der Gesellschaftsbeschlüsse im Falle einer Klageabweisung wäre daher nicht möglich; diesbezüglich fehlte auch ein Rechtsschutzinteresse der Beklagten an einem Urteil im vorliegenden Verfahren. Sollte die Beklagte ein Schadenersatzverfahren wegen unberechtigten vorsorglichen Massnahmen anstrengen wollen, so hätte sie gegebenenfalls in jenem Verfahren die Grundlagen dafür zu behaupten und nachzuweisen.

  3. Ist ein Verfahren gegenstandslos geworden, so werden die Kosten nach der hier anwendbaren Zürcherischen Zivilprozessordnung (vgl. Art. 405 Abs. 1 ZPO/CH) derjenigen Partei auferlegt, welche die Gegenstandslosigkeit veranlasst oder welche das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst oder welche im Verfahren mutmasslich unterlegen wäre (Frank/Sträuli/Messmer, ZPO § 65 N 1).

    1. Die Gegenstandslosigkeit des ordentlichen Verfahrens geht auf eine vom Kläger veranlasste Statutenänderung der C. GmbH zurück. Es war auch der Kläger, welcher das Verfahren überhaupt veranlasst hat. Dies rechtfertigt eine Auferlegung der vorinstanzlichen Kosten an ihn. Dass der Kläger erstinstanzlich obsiegt hat und sich daraus allenfalls eine Prognose für den definitiven Prozessausgang ableiten liesse, tritt demgegenüber in den Hintergrund.

      Abweichend ist hingegen hinsichtlich der Gerichtskosten für das Massnahmeverfahren zu entscheiden, welche vom erstinstanzlichen Massnahmerichter im Verfahren Proz.Nr. EO080003 gemäss Verfügung vom 29. Juli 2008 auf Fr. 6'000.- festgesetzt und von der II. Zivilkammer des Obergerichts als der diesbezüglichen

      Rekursinstanz im Verfahren Proz.Nr. NL080130 mit Beschluss vom 2. Oktober 2008 bestätigt worden sind, sowie hinsichtlich der eigenen Gerichtskosten ebendieser Rekursinstanz von Fr. 3'000.- (Urk. 8/30 und Urk. 8/36). Das Massnahmeverfahren war beim Eintritt der Gegenstandslosigkeit des ordentlichen Verfahrens bereits rechtskräftig und zulasten der Beklagten entschieden und die vorsorglichen Massnahmen hatten während des ganzen ordentlichen Verfahrens Bestand. Insofern sind sie von der Gegenstandslosigkeit nicht betroffen. Es rechtfertigt sich daher, diese Kosten der im Massnahmeverfahren unterlegenen Beklagten aufzuerlegen.

      Die Höhe der erstinstanzlichen Gerichtsgebühr, welche auf einem Streitwert von Fr. 100'000.- basiert (Urk. 114 S. 32 in Verb. mit Urk. 18 S. 16), blieb im Berufungsverfahren unbestritten. Hat der Kläger die erstinstanzlichen Kosten zu tragen, so schuldet er der Beklagten folgerichtig auch eine Prozessentschädigung. Diese ist in Analogie zur vorinstanzlichen Prozessentschädigung für den Kläger auf Fr. 11'000.- festzusetzen, zuzüglich Fr. 836.- (7,6%) Mehrwertsteuerzuschlag (vgl. Urk. 40 S. 2). Mit dieser Entschädigungsregelung wird gleichzeitig der Berufungsantrag der Beklagten bezüglich des Mehrwertsteuerzuschlags auf einer von ihr zu bezahlenden Prozessentschädigung gegenstandslos.

    2. Bezüglich der zweitinstanzlichen Kosten ist festzustellen, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Berufungserklärung und der Einleitung des Berufungsverfahrens Kenntnis von der rechtsgültigen Statutenänderung hatte und im Wissen darum ein gegenstandsloses Verfahren eingeleitet hat. Für das unnötigerweise verursachte zweitinstanzliche Verfahren wird demnach die Beklagte kostenund entschädigungspflichtig (§ 66 Abs. 1 ZPO/ZH). Auch zweitinstanzlich ist von einem Streitwert von Fr. 100'000.- auszugehen, für die Gerichtsgebühr jedoch eine Reduktion gemäss § 10 Abs. 1 GerGebVO vom 4. April 2007 auf Fr. 4'400.- vorzunehmen. Die Prozessentschädigung ist gemäss § 12 Abs. 1 und 4 AnwGebVO vom 21. Juni 2006 auf Fr. 6'600.- zuzüglich Fr. 528.- (8%) Mehrwertsteuer zu beziffern.

Es wird beschlossen:

  1. Die Klage betreffend Entzug der Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis der Beklagten und Berufungsklägerin für die C. GmbH wird als gegenstandslos abgeschrieben.

  2. Die erstinstanzliche Gerichtsgebühr von Fr. 8'750.- wird bestätigt.

  3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (CG080021) werden dem Klä- ger und Berufungsbeklagten auferlegt.

  4. Die Kosten des erstinstanzlichen Massnahmeverfahrens des Einzelrichters im summarischen Verfahren des Bezirkes Pfäffikon (Proz.Nr. EO080003) von Fr. 6'000.- sowie die Kosten des Rekursverfahrens der II. Zivilkammer des Obergerichtes (Proz.Nr. NL080130) von Fr. 3'000.- werden der Beklagten und Berufungsklägerin auferlegt.

  5. Der Kläger und Berufungsbeklagte wird verpflichtet, der Beklagten und Berufungsklägerin für das erstinstanzliche Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 11'836.- zu bezahlen.

  6. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 4'400.-.

  7. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden der Beklagten und Berufungsklägerin auferlegt.

  8. Die Beklagte und Berufungsklägerin wird verpflichtet, dem Kläger und Berufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 7'128.- zu bezahlen.

  9. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Pfäffikon, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  10. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 100'000.--.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

    1. Zivilkammer Zürich, 14. Dezember 2011

Die Gerichtsschreiberin:

Dr. K. Schröder

versandt am: mc

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz