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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils LA220021: Obergericht des Kantons Zürich

Die A.________ AG hat Beschwerde gegen die Kostenrechnung des Betreibungsamtes Höfe erhoben, welche sie als zu hoch empfindet. Das Kantonsgericht Schwyz wies die Beschwerde ab, worauf die A.________ AG erneut Beschwerde einreichte. Die Beschwerde wurde jedoch aufgrund verspäteter Einreichung nicht behandelt. Die Beschwerdeführerin monierte zudem, dass der Bezirksgerichtsvizepräsident nicht befugt sei, in SchKG-Angelegenheiten Entscheide zu fällen. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen, ohne Kosten und Entschädigungen zuzusprechen.

Urteilsdetails des Kantongerichts LA220021

Kanton:ZH
Fallnummer:LA220021
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LA220021 vom 12.01.2023 (ZH)
Datum:12.01.2023
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_117/2023
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrechtliche Forderung
Schlagwörter : Kündigung; Berufung; Beklagten; Recht; Vorinstanz; Urteil; Alter; Klägers; Verfahren; Berufungsverfahren; Erwägung; Erwägungen; Fürsorgepflicht; Parteien; Arbeitnehmer; Pensionierung; Vorbringen; Beweis; Entschädigung; Streitwert; Sinne; Blick; Alternative; Behauptung; Klage
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 2 ZGB ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 335 OR ;Art. 336 OR ;Art. 336b OR ;Art. 57 ZPO ;Art. 8 ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:125 III 277; 130 III 699; 132 III 115; 138 III 374; 139 III 466; 142 III 413; 144 III 394;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts LA220021

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LA220021-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. iur. S. Janssen und Ersatzoberrichter Dr. iur. P. Bischoff sowie Gerichtsschreiberin MLaw D. Frangi

Urteil vom 12. Januar 2023

in Sachen

  1. ,

    Beklagter und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

    Kläger und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

    betreffend arbeitsrechtliche Forderung

    Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich, 3. Abteilung, im or- dentlichen Verfahren vom 16. August 2022 (AN210039-L)

    Modifiziertes Rechtsbegehren des Klägers:

    (Urk. 20, S. 2)

    1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 40'500.00 zuzüglich Zins von 5% seit 1. Januar 2021 zu bezahlen,

    1. sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 4'289.75 zuzüglich Zins von 5% seit 1. Januar 2021 zu bezahlen [der Rest, also die Fr. 11'229.90, wurden durch Teilvergleich erledigt],

    2. es sei vom Nachklagevorbehalt Vormerk zu nehmen;

    3. unter Kosten- und Entschädigungsfolgten inkl. Parteikosten für das Schlichtungsverfahren zuzüglich Mehrwertsteuerzusatz zu Lasten der Beklagten.

Urteil des Arbeitsgerichts Zürich, 3. Abteilung, vom 16. August 2022:

(Urk. 31, S. 25 f. = Urk. 34, S. 25 f.)

  1. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 27'430.– netto nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 2021 zu bezahlen.

    Im Mehrumfang wird die Klage abgewiesen.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 6'250.– festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten werden im Betrag von Fr. 2'500.– dem Kläger und im Betrag von Fr. 3'750.– dem Beklagten auferlegt.

    Sie werden aus dem vom Kläger geleisteten Vorschuss bezogen. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den Gerichtskostenvorschuss im Umfang von Fr. 3'750.– zu ersetzen.

  4. Die Kosten für das Schlichtungsverfahren belaufen sich auf

    Fr. 530.–. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 320.– für die bereits von ihm geleisteten Kosten des Schlichtungsverfahrens zu ersetzen.

  5. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung von Fr. 1'675.– (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  6. [Schriftliche Mitteilung]

  7. [Rechtsmittel: Berufung; Frist: 30 Tage]

Berufungsanträge des Beklagten und Berufungsklägers:

(Urk. 33, S. 2)

1. Das Urteil der Einzelrichterin des Arbeitsgerichts Zürich,

3. Abteilung, vom 16. August 2022 (Geschäfts-Nr.: AN2100393-L) sei insoweit aufzuheben, als es den Berufungskläger und Beklagten verpflichtet, dem Berufungsbeklagten und Kläger Fr. 27‘430.– netto nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 2021 zu bezahlen. Soweit die Klage im Mehrumfang abgewiesen wird, sei das Urteil zu bestätigen.

  1. Die Klage sei abzuweisen.

  2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich MwSt.) für beide Verfahren zu Lasten des Klägers und Berufungsbeklagten.

    Erwägungen:

    1. Prozessgeschichte

      1. Am 24. August 2021 gingen bei der Vorinstanz mit Poststempel vom 23. August 2021 die dem Kläger und Berufungsbeklagten (nachfolgend: Kläger) ausgestellte Klagebewilligung des Friedensrichteramts der Stadt Zürich, Kreise …, vom

      22. April 2021 (Urk. 3) und dessen Klageschrift vom 23. August 2021 mit dem ursprünglichen Rechtsbegehren lautend auf eine Forderung von insgesamt

      Fr. 58‘727.45 ein (Urk. 1).

      Im Zuge der Instruktionsverhandlung vom 18. Januar 2022 und des dort geschlossenen Teilvergleichs hinsichtlich der Überstundenthematik (Urk. 17 und 18) reichte der Kläger mit Datum und Poststempel vom 18. März 2022 seine Replik mit dem eingangs genannten modifizierten Rechtsbegehren ein, so dass fortan nurmehr die behauptete missbräuchliche Kündigung und der geforderte Lohnersatz bzw. eine Forderung von insgesamt Fr. 44‘789.75 nebst Zins Prozessgegenstand bildeten (Urk. 20).

      Zum weiteren erstinstanzlichen Verfahrensverlauf und zur Fristwahrung sämtlicher Verfahrenshandlungen der Parteien sei auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen (Urk. 31, S. 2 f. = Urk. 34, S. 2 f.).

      Der das erstinstanzliche Verfahren abschliessende Entscheid der Vorinstanz datiert vom 16. August 2022 (Urk. 31 = Urk. 34; nachfolgend: Urk. 34).

      2. Mit Datum und Poststempel vom 14. September 2022, eingegangen am

      15. September 2022, erhob der Beklagte und Berufungskläger (nachfolgend: Beklagter) fristgerecht Berufung gegen das ihm am 18. August 2022 zugestellte vorinstanzliche Urteil (Urk. 32/2) und stellte die eingangs genannten Berufungsanträge (Urk. 33). Mit Verfügung vom 20. September 2022 wurde dem Beklagten Frist zur Leistung eines Vorschusses für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens in Höhe von Fr. 3'500.– angesetzt (Urk. 37). Der Beklagte leistete den Vorschuss fristgerecht (Urk. 38).

      3. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann vorliegend in Anwendung von Art. 312 Abs. 1 zweite Satzhälfte ZPO auf das Einholen einer Berufungsantwort des Klägers verzichtet werden. Das Berufungsverfahren ist somit spruchreif.

    2. Prozessuales

      1. Gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO sind erstinstanzliche Endentscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten mit Berufung anfechtbar, sofern der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10‘000.– beträgt.

      Das vorinstanzliche Urteil und die zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren erfüllen die vorgenannten Voraussetzungen, so dass in vorliegender arbeitsrechtlicher Angelegenheit die Berufung zulässig ist.

        1. Gemäss Art. 310 ZPO kann mit Berufung die unrichtige Feststellung des Sachverhalts die unrichtige Rechtsanwendung geltend gemacht werden. Dabei kommt der Berufungsinstanz unbeschränkte Kognition zu, d.h. sie hat eine

          umfassende Überprüfungsbefugnis über die Streitsache hinsichtlich der sich stellenden Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage nach der richtigen Ermessensausübung. Folglich ist die Berufungsinstanz sowohl bei der Tatsachenfeststellung als auch bei der Rechtsanwendung frei (Art. 57 ZPO: „iura novit curia“), d.h. sie ist weder an die Argumente der Parteien noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 144 III 394, Erw. 4.1.4; BGer 5A_184/2013 vom

          26. April 2013, Erw. 3.1; ZK ZPO-REETZ/HILBER, Art. 318 N 21).

          Nichtsdestotrotz hat der Berufungskläger im Sinne von Art. 311 ZPO in seiner Berufungsschrift hinreichend begründet aufzuzeigen, inwiefern das vorinstanzliche Urteil in den angefochtenen Punkten fehlerhaft sein bzw. an den gerügten Mängeln leiden soll. Dafür ist der Berufungskläger gehalten, die von ihm angefochte- nen vorinstanzlichen Erwägungen genau zu bezeichnen, sich im Einzelnen argumentativ mit diesen auseinanderzusetzen und mittels präziser Verweisungen auf die Akten darzulegen, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden bzw. aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Ungenügend sind folglich pauschale Behauptungen der Fehlerhaftigkeit des vorinstanzlichen Urteils sowie pauschale Verweise auf frühere Vorbringen deren blosse Wiederholung

          (BGE 138 III 374, Erw. 4.3.1; BGer 5A_164/2019 vom 20. Mai 2020, Erw. 5.2.3;

          BGer 5A_751/2014 vom 28. Mai 2015, Erw. 2.1).

          Im Lichte dieser Anforderungen an die Berufungsbegründung – welche sinngemäss auch für eine allfällige Berufungsantwort gelten (BGer vom 11. April 2016, 4A_580/2015, Erw. 2.2) – bedeutet das Berufungsverfahren somit keine blosse Fortführung gar Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens, sondern vielmehr eine Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils mit Blick auf die erhobe- nen Rügen. Was nicht den vorgenannten Anforderungen nicht genügend beanstandet wird, hat die Berufungsinstanz nicht zu überprüfen – es sei denn, das vorinstanzliche Urteil würde an einem offensichtlichen Mangel leiden. Der vorgenannte, in Art. 57 ZPO statuierte Grundsatz „iura novit curia“ erfährt insofern also eine Relativierung im Berufungsverfahren (BGE 144 III 394, Erw. 4.1.4; BK ZPO-HURNI, Art. 57 N 21 und N 39 ff.).

        2. Gemäss Art. 317 Abs. 1 lit. a und b ZPO werden neue Tatsachen und neue Beweismittel im Berufungsverfahren nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten. Damit ist gemeint, dass – über den zu engen Gesetzeswortlaut hinaus – neue Tatsachenbehauptungen, neue Bestreitungen von Tatsachenbehauptungen, neue Beweismittel und neue Einreden rechtlicher Art nur noch unter den vorgenannten, kumulativen Voraussetzungen zulässig sind. Als neu gelten Tatsachenbehauptungen Beweisanträge auch, wenn sie im Berufungsverfahren zwar lediglich erneuert werden, dabei aber unterlassen wird aufzuzeigen, dass und wo sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingebracht wurden und aus welchen Aktenstellen sich das ergibt (ZK ZPO- REETZ/HILBER, Art. 317 N 31).

          Die Zivilprozessordnung statuiert für das Berufungsverfahren also ein restriktives Novenrecht, das Noven nur ausnahmsweise und unter strengen Voraussetzungen zulässt, und verlangt von den Parteien somit, sämtliche Tatsachen und Beweismittel schon im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen. Im Umkehrschluss haben die Parteien das erstinstanzliche Verfahren grundsätzlich abschliessend zu führen, da das Berufungsverfahren nicht dessen Ergänzung Vervollständigung dient, sondern – wie bereits erwähnt (siehe vorstehend II. 2.1.) – vielmehr eine Überprüfung des vorinstanzlichen Urteils mit Blick auf die erhobenen Rügen ermöglichen soll. Davon ausgenommen ist die Konstellation, dass erst das vorinstanzliche Urteil Anlass dazu gibt, bestimmte Noven vorzubringen (BGE 139 III 466, Erw. 3.4; BGE 142 III 413, Erw. 2.2.2).

          Bringt im Berufungsverfahren eine Partei neue Tatsachen neue Beweismittel vor, hat sie folglich zu behaupten und zu beweisen, dass sie dies ohne Verzug tut und – im Falle von unechten Noven – dass sie im bisherigen Prozessverlauf umsichtig und sorgfältig handelte, besagte Noven aber dennoch nicht bereits früher geltend machen bzw. benennen konnte. Der anderen Partei steht der Gegenbeweis offen (BGer 5A_330/2013 vom 24. September 2013, Erw. 3.5.1).

        3. Soweit der Beklagte in seiner Berufungsschrift den vorgenannten Anforderungen an die Berufungsbegründung (siehe vorstehend II. 2.1. ff.) nicht nach-

      kommt, namentlich soweit er Ausführungen zum Sachverhalt dessen rechtlicher Subsumtion macht, ohne konkret Bezug auf das angefochtene Urteil zu nehmen, ohne sich detailliert mit den vorinstanzlichen Erwägungen und deren angeblicher Fehlerhaftigkeit auseinanderzusetzen, ohne Aktenverweise auf Behauptungen im erstinstanzlichen Verfahren anzubringen ohne die Zulässigkeit von Noven (einschliesslich der pauschalen Wiederholung früherer Vorbringen bzw. der pauschalen Verweisung darauf) darzutun (namentlich Urk. 33, S. 6–8), sind seine Ausführungen jedoch grundsätzlich unbeachtlich.

      3. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1–32). Auf die Parteivorbringen ist nur insoweit einzugehen, als sie nicht schon aus den vorgenannten prozessualen Gründen unbeachtlich sind (siehe vorstehend II. 2.) und dies für die Entscheidfindung notwendig ist.

    3. Materielles

  1. Vorliegend stehen sich als Parteien der Beklagte als Wirt des Restaurants C. in Zürich (Arbeitgeber) und der Kläger als dessen langjähriger Koch (Arbeitnehmer) gegenüber. Gemäss der seitens des Beklagten nicht bestrittenen vorinstanzlichen Sachverhaltserstellung hatte der Kläger seit rund 30 Jahren für den Beklagten gearbeitet, war der Kläger zuletzt als stellvertretender Küchenchef im Restaurant C. tätig gewesen, wurde das Arbeitsverhältnis durch den Beklagten mit Einschreiben vom 16. Juni 2020 per Ende August 2020 gekündigt und erfolgte die Kündigung rund elf Monate vor der Pensionierung des damals 64jährigen Klägers (Urk. 34, S. 13 f.).

  2. Für das Berufungsverfahren massgeblicher Prozessgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens bildete der vom Kläger geltend gemachte modifizierte Entschädigungsanspruch wegen missbräuchlicher Kündigung (Art. 336 OR) in Höhe von Fr. 40‘500.– und für Lohnersatz (Art. 23 L-GAV) in Höhe von Fr. 4‘289.75, je zuzüglich Zins von 5% seit 1. Januar 2021 (Urk. 34, S. 2)

    1. Mit Blick auf die geltend gemachte missbräuchliche Kündigung hiess die Vorinstanz die Klage teilweise gut und bejahte einen Entschädigungsanspruch im

      Umfang von viereinhalb Monatslöhnen in Höhe von total Fr. 27‘430.– netto nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 2021. Im Mehrumfang, d.h. hinsichtlich des wegen missbräuchlicher Kündigung geltend gemachten darüber hinausgehenden Entschädigungsanspruchs sowie hinsichtlich des für Lohnersatz geltend gemachten gesamten Anspruchs, wies sie die Klage ab (Urk. 34, S. 25).

    2. Die Vorinstanz legte zunächst die für den vorliegenden Fall relevanten rechtlichen Grundlagen dar (Urk. 34, S. 8 ff.), stellte sodann die Anwendbarkeit des Landes-Gesamtarbeitsvertrags des Gastgewerbes (L-GAV) auf das verfahrensgegenständliche Arbeitsverhältnis sowie das Vorliegen der formellen Voraussetzungen für den vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch wegen missbräuchlicher Kündigung im Sinne von Art. 336b Abs. 1 und 2 OR fest

      (Urk. 34, S. 13 f.) und bejahte schliesslich eine missbräuchliche Kündigung im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. a OR aus folgenden Gründen (Urk. 34, S. 14 f.):

      Der im Zeitpunkt der Kündigung seit rund 30 Jahren für den Beklagten arbeiten- de, 64-jährige Kläger gelte im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zweifellos als Arbeitnehmer fortgeschrittenen Alters mit langer Dienstzeit. Bei ei- ner Kündigung nur elf Monate vor der Pensionierung habe der mindestens teilweise arbeitsunfähige Kläger realistischerweise und auch für den Beklagten offenkundig keine Möglichkeit mehr gehabt, bis zur Pensionierung eine neue Stelle zu finden. Mit Blick auf diese Umstände sei vorliegend von einer erhöhten Fürsorgepflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger auszugehen, gestützt auf welche der Beklagte einerseits den Kläger über die Kündigung hätte rechtzeitig informieren und ihn dazu anhören müssen sowie andererseits zur Suche nach Lösungen zur Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet gewesen wäre.

    3. Das Vorbringen des Beklagten, wonach das an die Parteien gerichtete Schreiben der D. vom 17. März 2020 (Ausschöpfung der Leistungen der Krankentaggeldversicherung per 23. Mai 2020) als sinngemässe Information bzw. Vorwarnung für die alsdann erfolgende Kündigung zu verstehen gewesen sei, gehe fehl, da der Kläger nach einer derart langen Zusammenarbeit allein aufgrund des Hinweises auf die Einstellung der Krankentaggeldzahlungen noch nicht mit einer Kündigung habe rechnen müssen (Urk. 34, S. 15).

      Ebenso wenig vermöge das Vorbringen des Beklagten zu überzeugen, wonach die Sperrfrist von 180 Tagen gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OR im Zeitpunkt der Kündigung ja längst abgelaufen gewesen sei, so dass die Kündigung weder unvermittelt noch unerwartet gekommen sein könne, da aus diesem Umstand nicht abgeleitet werden könne, dass ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Sperrfrist jederzeit mit einer Kündigung rechnen müsse und insofern schon vorgewarnt sei. Umso weniger noch könne so argumentiert werden, wenn ein Arbeitsverhältnis so lange gedauert habe und ein Arbeitnehmer so kurz vor der Pensionierung gestanden sei wie in casu (Urk. 34, S. 15 f.).

      Indem der Beklagte mit dem Kläger nie über die Kündigung gesprochen und ihn folglich dahingehend auch nie vorgewarnt habe, habe er gegen seine erhöhte Fürsorgepflicht verstossen, weshalb die Kündigung unter diesem Aspekt als missbräuchlich zu qualifizieren sei (Urk. 34, S. 16).

    4. Das Vorbringen des Beklagten, wonach allein die Kündigung es dem an- dauernd arbeitsunfähigen Kläger ermöglicht habe, nach der Einstellung der Krankentaggeldzahlungen per 23. Mai 2020 massiven Lohneinbussen zu entgehen und den fehlenden Lohnersatz bei einer anderen Institution (gemeint: Sozialversicherung) einzufordern, womit er (der Beklagte) seine Fürsorgepflicht gerade nicht verletzt habe, sondern dieser vielmehr nachgekommen sei, verfange nicht. Denn selbst wenn die Kündigung für den Kläger die finanziell günstigste Lösung gewesen wäre, habe das den Beklagten nicht von seiner Pflicht entbunden, zusammen mit dem Kläger nach einer sozialverträglicheren Alternative zur Kündigung zwecks Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zu suchen, zumal der Kläger ja auch nicht durchgehend 100% arbeitsunfähig und vor der Kündigung gerade nicht krankgeschrieben gewesen sei (Urk. 34, S. 16 f.).

      Indem der Beklagte mit dem Kläger nie über die Kündigung und eine sozialverträglichere Alternative dazu gesprochen und eine solche auch überhaupt nicht in Erwägung gezogen habe, habe er abermals gegen seine erhöhte Fürsorgepflicht verstossen, weshalb die Kündigung auch unter diesem Aspekt als missbräuchlich zu qualifizieren sei (Urk. 34, S. 17).

    5. Vor diesem Hintergrund erweise sich schliesslich auch das vom Beklagten noch vorgebrachte Argument, wonach er auf ein voll funktionierendes Team angewiesen und die Kündigung somit aus betrieblichen Gründen unabdingbar gewesen sei, als obsolet. Denn gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung verlange eine Kündigung nach langer Dienstdauer und kurz vor der Pensionierung eines betagten Arbeitnehmers stets ein schonendes Vorgehen des Arbeitgebers. Und an dieser Voraussetzung einer schonenden Rechtsausübung im Lichte von Art. 2 ZGB fehle es mit Blick auf die vorgenannten Aspekte, welche zur Bejahung einer missbräuchlichen Kündigung geführt hätten, ja eben gerade (Urk. 34, S. 17).

    1. Soweit der Beklagte in seiner Berufung vorab erläutert, was im vorinstanzlichen Urteil korrekt wiedergegeben und ausgeführt worden sei, und soweit er dabei die Vorinstanz bestätigende Feststellungen, Hervorhebungen Zusammenfassungen macht (Urk. 33, S. 4–6), braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden (siehe vorstehend II. 2.3.).

    2. Nicht anders verhält es sich mit der gewissermassen „vor die Klammer gezogenen“ einleitenden Pauschalrüge des Beklagten, wonach die Vorinstanz den Sachverhalt unrichtig erfasst, fälschlicherweise eine reine Alterskündigung ange- nommen und gestützt darauf eine missbräuchliche Kündigung bejaht habe (Urk. 33, S. 6–8). Abgesehen davon, dass die Rüge materiell unbegründet ist (siehe nachfolgend III. 4.4.), verfällt der Beklagte an dieser Stelle in appellatorische Kritik, ohne dabei konkreten Bezug auf das angefochtene Urteil zu nehmen, ohne sich detailliert mit den vorinstanzlichen Erwägungen und deren angeblicher Fehlerhaftigkeit auseinanderzusetzen und ohne Aktenverweise auf das vorinstanzliche Urteil Behauptungen im erstinstanzlichen Verfahren anzubringen, womit er den Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht genügt (siehe auch schon vorstehend II. 2.3.).

    3. In prozessualer Hinsicht macht der Beklagte sodann geltend, die Vorinstanz habe die Beweislastregel von Art. 8 ZGB und den davon abgeleiteten Grundsatz, wonach der Gekündigte die Missbräuchlichkeit der von ihm angefochtenen Kün- digung zu beweisen habe, verletzt und zu Unrecht eine Beweislastumkehr vorge- nommen (Urk. 33, S. 9–10).

Soweit nicht abermals von einer ungenügenden Berufungsbegründung aus den vorgenannten Gründen auszugehen ist (siehe vorstehend III. 4.2.), vermögen die Ausführungen des Beklagten nicht zu überzeugen: Zum einen ist seine Darstellung, wonach er die Kündigung „klar und überzeugend mit der andauernden Arbeitsunfähigkeit“ des Klägers begründet habe, tatsachenwidrig, wurde die Kündigung, wie schon die Vorinstanz festhielt (Urk. 34 S. 15), doch gerade ohne Angabe von irgendwelchen Gründen ausgesprochen (Urk. 5/5). Zum anderen basiert die Rüge des Beklagten auf der doppelt unzutreffenden Prämisse, dass die Vorinstanz eine reine Alterskündigung angenommen und gestützt darauf zu Unrecht eine missbräuchliche Kündigung bejaht habe. Denn wie sich aus den weiteren Erwägungen ergibt, ging die Vorinstanz vielmehr unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des konkreten Falles von einer erhöhten Fürsorgepflicht des Beklagten aus, sah sie diese als verletzt an und erkannte sie letztlich zu Recht auf eine missbräuchliche Kündigung (siehe nachfolgend III. 4.4.).

Folglich kann aus den Vorbringen des Beklagten entgegen seiner Ausführungen gerade nicht abgeleitet werden, die Vorinstanz hätte vom Kläger einen Vollbeweis für das Vorliegen einer reinen Alterskündigung verlangen müssen und ihm nicht das sich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu missbräuchlichen Kün- digungen ergebende minder strenge Beweismass der hohen Wahrscheinlichkeit zugestehen sowie umgekehrt vom Beklagten den Beweis dafür verlangen dürfen, dass die Kündigung auch ausgesprochen worden wäre, wenn der als missbräuchlich zu bewertende Grund nicht existiert hätte (BGE 130 III 699, Erw. 4.1; BGE 125 III 277, Erw. 3c; BGer 4A_430/2010 vom 15. November 2010, Erw. 2.1.3;

BSK OR-PORTMANN/RUDOLPH, Art. 336 N 31).

      1. Mit Blick auf den Kern des vorinstanzlichen Urteils, d.h. hinsichtlich der von der Vorinstanz vorgenommenen tatsächlichen und rechtlichen Würdigung (Urk. 34, S. 14 ff.; siehe auch vorstehend III. 3.), macht der Beklagte abermals, bisweilen auf seine früheren Ausführungen verweisend (siehe vorstehend III. 4.2.) geltend, die Vorinstanz habe allein auf das Alter des damals 64-jährigen Klägers abgestellt, fälschlicherweise eine reine Alterskündigung angenommen und gestützt darauf eine missbräuchliche Kündigung bejaht. Zwischen dem Alter des Klägers

        und der Kündigung durch den Beklagten habe es jedoch keinen Zusammenhang gegeben, da für Letztere alleine das schwere Knieleiden, die sich daraus ergebende lange Arbeitsunfähigkeit und die letztlich nicht mehr gegebene Einsatzfähigkeit des Klägers massgebend gewesen seien. Deshalb habe keine erhöhte Fürsorgepflicht im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Platz greifen können, womit die Kündigung auch nicht missbräuchlich gewesen sei (Urk. 33, S. 7, 10–12 und 14).

      2. Zunächst ist festzustellen, dass sich keine vorinstanzlichen Erwägungen dafür finden, dass die Vorinstanz für ihr Urteil allein auf das Alter des damals 64jährigen Klägers abgestellt hätte. Denn wie der Beklagte zu Recht bemerkt, gibt es in den Unterlagen und Ausführungen beider Parteien keinerlei Hinweise, geschweige denn Belege dafür, dass der Beklagte den Kläger allein wegen seines Alters entlassen hätte (Urk. 33, S. 9). Nichts Anderes lässt sich den vorinstanzlichen Erwägungen entnehmen, wo mitnichten nur auf das Alter des Klägers abgestellt wurde, sondern sämtliche vorliegend relevanten Umstände (Alter, Dienstalter, Zeitpunkt vor der Pensionierung etc.) thematisiert wurden (Urk. 34, S. 14 f.). Die redundante Behauptung des Beklagten, die Vorinstanz habe fälschlicherweise eine reine Alterskündigung angenommen, entbehrt somit jeglicher Grundlage.

      3. Sodann sind die Hintergründe sowie Sinn und Zweck der von den Parteien und der Vorinstanz zitierten einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung in Erinnerung zu rufen: Weil Fälle einer reinen Alterskündigung, d.h. wo der Arbeitgeber die Kündigung eines betagten Arbeitnehmers unzulässigerweise allein mit dessen Alter als einer von Gesetzes wegen geschützten persönlichen Eigenschaft begründet, in der Praxis kaum vorkommen bzw. sich durch Vorschieben weiterer Gründe (z.B. ungenügende Arbeitsleistung) leicht vertuschen lassen, prüft das Bundesgericht Fälle, wo Arbeitnehmern gekündigt wird, die ein hohes Alter haben, eine lange Dienstzeit beim Arbeitgeber aufweisen und kurz vor der Pensio- nierung stehen, unter der Generalklausel von Art. 336 Abs. 1 lit. a OR. Sind die vorerwähnten Voraussetzungen kumulativ erfüllt, statuiert das Bundesgericht für solche Fälle eine erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die einer Kündigung durch diesen zwar nicht entgegensteht, von ihm aber eine die auf dem Spiel stehenden Interessen berücksichtigende schonende Rechtsausübung verlangt, was namentlich bedingt, dass der Arbeitgeber zum einen den Arbeitnehmer frühzeitig über die beabsichtigte Kündigung in Kenntnis setzt und zum anderen eine die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigende, sozialverträglichere Alter- native zur Kündigung zwecks Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zumin- dest prüft (BGE 132 III 115, Erw. 2.1–2.4. und 5.3–5.5; BGer 4A_44/2021 vom

        2. Juni 2021, Erw. 4.3.2; BGer 4A_384/2014 vom 12. November 2014, Erw. 4.2.2

        und 5.2; BSK OR-PORTMANN/RUDOLPH, Art. 336 N 24 ff.).

      4. Mit Blick auf die konkreten, vom Beklagten nicht bestrittenen Umstände des vorliegenden Falles, wo es um einen im Zeitpunkt der Kündigung 64-jährigen Kläger geht, der rund 30 Jahre für den Beklagten arbeitete und lediglich rund elf Mo- nate vor der Pensionierung stand, steht mit der Vorinstanz (Urk. 34, S. 14 f.; siehe auch vorstehend III. 3.2.) ausser Frage, dass die vorerwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung einschlägig ist und den Beklagten eine erhöhte Fürsorgepflicht traf.

        Dies verkennt der Beklagte, wenn er meint, seine erhöhte Fürsorgepflicht mit der Behauptung in Abrede stellen zu können, wonach das Alter des Klägers doch irrelevant gewesen sei, weil er diesem ausschliesslich wegen dessen schlechten Gesundheitszustands und der sich daraus ergebenden fehlenden Arbeitsbzw. Einsatzfähigkeit gekündigt habe (Urk. 33, S. 7, 10–12 und 14). Am kumulativen Vorliegen der anwendungsbegründenden Umstände für besagte Rechtsprechung ändert sich dadurch nämlich nichts.

      5. Steht die den Beklagten treffende erhöhte Fürsorgepflicht fest, gilt für ihn folglich auch das Gebot der schonenden Rechtsausübung mit seinen Ausprägungen der frühzeitigen Information des Klägers über die beabsichtigte Kündigung und der Prüfung von sozialverträglicheren Alternativen mit diesem zusammen.

        Die vorinstanzlichen Erwägungen, dass bzw. weshalb der Beklagte das Gebot zur schonenden Rechtsausübung verletzt habe (Urk. 34, S. 15 ff.; siehe auch vorstehend III. 3.3.–3.5.), sind einlässlich und überzeugend. Inwiefern sie falsch sein sollen, vermag der Beklagte, soweit er sich überhaupt mit ihnen auseinandersetzt

        und nicht einfach seine Vorbringen vor erster Instanz wiederholt, nicht aufzuzeigen.

        1. Zwar moniert der Beklagte zu Recht (Urk. 33, S. 11), dass die Vorinstanz im Zusammenhang mit dem Schreiben der D. vom 17. März 2020 (von der Vorinstanz versehentlich als Schreiben vom 22. September 2020 bezeichnet unter Hinweis auf Urk. 14/9, wo aber auf die eigentlich gemeinte Urk. 14/3 verwiesen wird) bloss mutmasste, dass der Kläger dessen Inhalt falsch verstanden haben könnte (Urk. 34, S. 15).

          Die offenkundig lediglich der Vollständigkeit halber noch angeführte vorinstanzliche Mutmassung über ein allfällig zusätzliches subjektives Unvermögen des Klägers vermag jedoch am Umstand nichts zu ändern, dass besagtes Schreiben der D. ja schon aus objektiven Gründen keine rechtsgenügende Information bzw. Vorwarnung an den Kläger darstellen konnte, gestützt auf welche er als jahrzehntelanger, kurz vor der Pensionierung stehender Arbeitnehmer mit einer Kündigung hätte rechnen müssen. Auf diese der ergänzenden Mutmassung vorausgehende, zutreffende vorinstanzliche Herleitung (Urk. 34, S. 15) geht der Beklagte mit keinem Wort ein.

        2. Weiter macht der Beklagte wie schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend, der Kläger habe nach Ablauf der in casu geltenden Sperrfrist von 180 Tagen nach Art. 336c Abs. 1 lit. b OR sehr wohl mit einer Kündigung rechnen müssen, was er neu auch noch damit begründet, dass nebst der Sperrfrist zusätzlich ja auch die Leistungsdauer von 720 Tagen Krankentaggeldern ausgeschöpft gewesen sei. Jedenfalls bei einer solchen Gesamtbetrachtung habe sich eine frühzeitige Information bzw. Vorwarnung des Klägers erübrigt, was die Vorinstanz verkenne (Urk. 33, S. 11).

          Die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen, wonach ein Arbeitnehmer nach abgelaufener Sperrfrist nicht automatisch mit einer Kündigung rechnen müsse, schon gar nicht bei langjähriger Beschäftigung und kurz bevorstehender Pensionierung (Urk. 34, S. 15 f.), werden vom Beklagten nicht bestritten (Urk. 33,

          S. 11).

          Sodann wurde festgestellt, dass der Kläger auch gestützt auf die Ankündigung der D. betreffend die baldige Einstellung der Krankentaggeldleistungen nicht mit einer Kündigung rechnen musste (siehe vorstehend III. 4.4.5.1.). Inwiefern der Umstand der alsdann tatsächlich erfolgten Einstellung der Krankentaggeldleistungen daran etwas zu ändern vermöchte, ist nicht ersichtlich. Dies noch umso weniger, als von einem rechtlichen auch nur praxisüblichen Automatismus einer Kündigung nach Ausschöpfung der Krankentaggeldleistungen keine Rede sein kann, was sich nur schon aus besagtem Schreiben der D. ergibt, wo explizit festgehalten wird, dass bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers der Versicherungsschutz im Rahmen der Restarbeitsfähigkeit bestehen bleibe (Urk. 14/3).

          Musste der Kläger also weder unter dem Aspekt des Ablaufs der Sperrfrist noch unter demjenigen der Einstellung der Krankentaggeldleistungen mit einer Kündigung rechnen, kann eine Kombination dieser Aspekte aber zu keinem anderen Resultat führen. Entgegen der Darstellung des Beklagten vermag ihn die von ihm geforderte Gesamtbetrachtung nicht von seiner sich aus der Fürsorgepflicht ergebenden Pflicht zur frühzeitigen Information des Klägers über die beabsichtigte Kündigung zu entbinden.

          Soweit der Beklagte in diesem Kontext eine Verletzung des Prinzips der Kündigungsfreiheit im Sinne von Art. 335 Abs. 1 OR sowie eine Überdehnung des Kün- digungsschutzes von Art. 336 Abs. 1 lit. a OR und 336c Abs. 1 lit. b OR geltend macht (Urk. 33, S. 11 und 13–14), verkennt er, dass ihm nicht das – auch vorliegend bestehende – grundsätzliche Kündigungsrecht abgesprochen wird, sondern dass er sich aufgrund der Art und Weise der von ihm vollzogenen Kündigung den Vorwurf der Verletzung des Gebots der schonenden Rechtsausübung gefallen lassen muss. Seine Ausführungen gehen somit an der Sache vorbei.

        3. Mit Blick auf seine sich aus der Fürsorgepflicht ergebenden Pflicht zur Prüfung von sozialverträglicheren Alternativen zu einer Kündigung bringt der Beklagte vor, dass es solche wegen des Gesundheitszustands des Klägers von vornherein nicht gegeben habe, weshalb er auch keine entsprechende Pflicht gehabt habe bzw. habe verletzen können. Sodann scheint er an seinem früheren

Vorbringen festzuhalten, wonach die Kündigung ohnehin die für den Kläger finanziell beste und damit sozialverträglichste Lösung gewesen sei, weil dieser nur so hätte massiven Lohneinbussen entgehen und bei einer Sozialversicherung Lohnersatz beziehen können (Urk. 33, S. 7 f. und 11 f.).

Der Beklagte wiederholt dabei im Wesentlichen seine schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente, jedoch ohne sich mit den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen, wonach es einerseits möglicherweise doch Beschäftigungsmöglichkeiten für den im Zeitpunkt der Kündigung gerade nicht krankgeschriebenen Kläger gegeben hätte und andererseits die für den Kläger ideale Lösung von diesem mitzubestimmen sei, mithin die diesbezüglich antizipierten Einschätzungen des Beklagten ihn nicht von seiner Pflicht entbunden hätten, zusammen mit dem Kläger nach einer sozialverträglicheren Alternative zur Kündigung zwecks Aufrechterhaltung des Arbeitsverhält- nisses zu suchen (Urk. 34, S. 16 f.).

Soweit der Beklagte deshalb mit seinen diesbezüglichen Vorbringen im Berufungsverfahren überhaupt zu hören ist, bleibt lediglich festzustellen, dass seine Behauptungen der „nicht mehr gegebenen Einsatzfähigkeit“ des Klägers (Urk. 33,

S. 7) bzw. dass dieser „gesundheitlich gar nicht mehr arbeitsfähig“ (Urk. 33, S. 8) und „krankheitsbedingt auf Dauer nicht mehr einsatzbereit“ (Urk. 33, S. 8) gewesen sei, tatsachenwidrig sind, da sich aus dem aktenkundigen Schreiben der

D. vom 11. November 2021 ergibt, dass der Kläger ab dem 9. März 2020 – und damit im Zeitpunkt der Kündigung vom 16. Juni 2020 – wieder voll arbeitsfähig war (Urk. 22/25). Damit verfängt auch die Berufung des Beklagten auf das oh- nehin unzulässige Novum der Behauptung eines „lebhaften, körperlich anstrengenden Küchenbetriebs“, der jegliche Einsatzmöglichkeiten für den Kläger ausgeschlossen habe (Urk. 33, S. 7), nicht. Von der vom Beklagten behaupteten Alter- nativenlosigkeit zur von ihm ausgesprochenen Kündigung kann also von vornherein nicht ausgegangen werden, womit auch nicht ersichtlich ist, weshalb er von seiner einschlägigen Fürsorgepflicht befreit gewesen sein soll.

    1. Die Vorinstanz ging also zu Recht davon aus, dass den Beklagten hinsichtlich des Klägers eine erhöhte Fürsorgepflicht traf, dass er zur schonenden

      Rechtsausübung angehalten war und dass er dagegen verstiess, indem er weder den Kläger vorgängig über die von ihm beabsichtigte und am 16. Juni 2020 ausgesprochene Kündigung informierte und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gab noch mit dem Kläger zusammen sozialverträglichere Alternativen dazu zumindest prüfte. Folglich bejahte die Vorinstanz zu Recht einen Anwendungsfall einer missbräuchlichen Kündigung im Sinne von Art. 336 Abs. 1 lit. a OR.

    2. Der Beklagte äussert sich in seiner Berufungsschrift ausschliesslich zur Frage des (Nicht-)Vorliegens einer missbräuchlichen Kündigung, nicht aber auch zur Höhe der von der Vorinstanz festgesetzten Pönale. Nachdem die vorinstanzlichen Erwägungen dazu ohne weiteres nachvollziehbar sind (Urk. 34, S. 18 ff.), e contrario also nicht als offenkundig mangelhaft erscheinen (siehe vorstehend

II. 2.1.), hat die Berufungsinstanz die von der Vorinstanz festgesetzte Entschädigung im Umfang von viereinhalb Monatslöhnen in Höhe von total Fr. 27‘430.– netto nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 2021 nicht zu überprüfen.

6. Im Ergebnis sind die Berufungsanträge 1 und 2 des Beklagten, soweit mit diesen nicht die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils verlangt wird, abzuweisen. Folglich ist das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich, 3. Abteilung, vom 16. August 2022 insoweit zu bestätigen.

IV. Kosten- und Entschädigungsfolgen

1. Beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens sind auch die von der Vorinstanz festgelegten Kosten- und Entschädigungsfolgen (Dispositivziffern 2–5) zu bestätigen.

    1. Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt Fr. 27'430.–. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert bis Fr. 30'000.– werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 114 lit. c ZPO). Für die Kostenlosigkeit des Verfahrens ist je- doch der erstinstanzliche Streitwert massgebend. Wenn das Verfahren vor erster Instanz aufgrund der Höhe des Streitwerts wie im vorliegenden Fall kostenpflichtig ist, gilt dies auch für das Rechtsmittelverfahren, und zwar auch dann, wenn der Streitwert im zweitinstanzlichen Verfahren die Streitwertgrenze von Fr. 30'000.–

      nicht mehr erreicht (OGer ZH LA170006 vom 21.03.2017, E. 4.1.; OGer ZH LA160005 vom 03.08.2016, E. IV.2.1.; OGer ZH LA130006 vom 14.05.2014, E. 5.1.).

    2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr ist in Anwendung von § 12 i.V.m. § 4 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 3'500.– festzusetzen, ausgangsgemäss dem Beklagten aufzuerlegen und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss (Urk. 38) zu verrechnen.

    3. Der Beklagte als im Berufungsverfahren unterliegende Partei hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Aufgrund seines vollumfänglichen Unterliegens ist dagegen grundsätzlich der Beklagte dem Kläger gegenüber für das Berufungsverfahren entschädigungspflichtig (Art. 95 Abs. 3 und Art. 106 Abs. 1 ZPO).

Nachdem die Berufung des Beklagten direkt abzuweisen ist, mithin im Berufungsverfahren keine Notwendigkeit für einen Schriftenwechsel bestand und der Kläger keine Berufungsantwort einzureichen, sondern einzig von der Anzeige des Berufungseingangs (Urk. 36) Kenntnis zu nehmen hatte, ist freilich kein Aufwand im Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. a und b ZPO erkennbar, welchen der Beklagte dem Kläger zu entschädigen hätte. Demzufolge sind im Berufungsverfahren keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung des Beklagten wird abgewiesen und das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich, 3. Abteilung, vom 16. August 2022 wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'500.– festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden dem Beklagten auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Für das Berufungsverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage des Doppels von Urk. 33, an die Obergerichtskasse sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 27‘430.–.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 12. Januar 2023

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Der Vorsitzende:

lic. iur. A. Huizinga

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw D. Frangi

versandt am: ya

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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