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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LA210036
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LA210036 vom 27.06.2022 (ZH)
Datum:27.06.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrechtliche Forderung
Zusammenfassung : Die Kantonsgerichtsvizepräsidentin Daniela Pérez-Steiner hat in einem Fall vorsorglicher Beweisführung entschieden, dass die Berufung von A.________ nicht zulässig ist, da sie den geforderten Kostenvorschuss nicht bezahlt hat. Die Gerichtskosten von Fr. 500.00 werden A.________ auferlegt, zudem muss sie Berufungsgegner B.________ mit Fr. 600.00 entschädigen. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden.
Schlagwörter : Arbeit; Beweis; Berufung; Aktien; Arbeitsvertrag; Recht; Reglement; Arbeitsgericht; Mitarbeiter; Bonus; Holding; Gericht; Klage; Arbeitsverhältnis; Urteil; Anspruch; Beklagten; Urkunden; Mitarbeiterbeteiligung; Vertrag; Parteien; Edition; Arbeitsgerichts; Gratifikation; Vertrags; Berufungskläger; Auskunft
Rechtsnorm:Art. 152 ZPO ; Art. 154 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 292 StGB ; Art. 309 ZPO ; Art. 315 ZPO ; Art. 322d OR ; Art. 34 ZPO ; Art. 343 OR ; Art. 358 ZPO ; Art. 55 ZPO ; Art. 59 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 90 BGG ; Art. 97 OR ;
Referenz BGE:130 III 495; 137 III 32; 140 III 312; 141 III 569; 142 III 413; 143 III 297; 144 III 519;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LA210036-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende,

Oberrichter Dr. M. Kriech, Ersatzoberrichterin Dr. C. Schoder sowie Gerichtsschreiber Dr. Chr. Arnold

Urteil vom 27. Juni 2022

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X.

    gegen

  2. AG,

    Beklagte und Berufungsbeklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. und/oder Rechtsanwalt MLaw Y2.

    betreffend arbeitsrechtliche Forderung

    Berufung gegen einen Beschluss und ein Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich,

    1. Abteilung, im ordentlichen Verfahren vom 16. August 2021 (AN200011-L)

      Klagebegehren (modifiziert):

      (Urk. 1 S. 2 und Urk. 18 S. 2-3)

      1. Es sei die Beklagte unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB (Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO) zu verpflichten, gegenüber dem Kläger wie folgt Auskunft zu erteilen und die nachfolgenden Urkunden offenzulegen und zu edieren:

        • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zur Höhe des Bonus-Pot gemessen am Geschäftserfolg (bereinigter EBIT) in den Jahren 2018 und 2019, d.h. Gesamtbetrag der aus dem Bonus-Pot netto an die Geschäftsleitungsmitglieder 2018 und 2019 ausbezahlten Boni und/oder variablen Gehälter;

        • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zu den für die Höhe der ausbezahlten variablen Gehälter relevanten Erfolgsbeiträge resp. zu der persönlichen Zielerreichung der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder in den Jahren 2018 und 2019 (anonymisiert);

        • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zur Berechnung des an die Geschäftsleitungsmitglieder ausbezahlten variablen Gehalts und der prozentualen Verteilung des Bonus-Pot aufgrund der persönlichen Zielerreichung/Erfolgsbeiträge der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder (anonymisiert) in den Jahren 2018 und 2019;

        • Edition der anonymisierten Lohnausweise mit den an die Geschäftsleitungsmitglieder und sonstigen Mitarbeiter der Beklagten ausbezahlten Boni resp. variablen Gehälter 2018 und 2019;

        • Edition der Bilanz und Erfolgsrechnung der Beklagten 2018 und 2019.

      2. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen nach der beantragten Auskunftserteilung und Edition der Urkunden gemäss Ziffer 1.a sowie Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffernden Betrag, mindestens aber netto CHF 53'001.55 (Richtwert variables Gehalt Dezember 2018 sowie Januar bis August 2019) zu bezahlen, zuzüglich Verzugszinsen von 5% seit 1. September 2019.

      3. Es sei dem Kläger nach der beantragten Auskunftserteilung und der Edition der Urkunden gemäss Ziffer 1.a sowie Durchführung des Beweisverfahrens Frist anzusetzen, die Forderung gemäss Ziffer 1 abschliessend zu beziffern.

      4. Eventualiter für den Fall, dass die beantragte Auskunftserteilung und Edition der Urkunden und Abnahme weiterer Beweismittel gemäss Replik und Duplik zur Höhe des ausbezahlten variablen Salärs abgewiesen wird, sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger netto CHF 53'001.55 (Richtwert variables Gehalt Dezember 2018 sowie Januar bis August 2019) zu bezahlen, zuzüglich Verzugszinsen von 5% seit 1. September 2019.

    1. Es sei die Beklagte weiter zu verpflichten, dem Kläger einen nach Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffernden Betrag, mindestens aber

      CHF 25'000.— zu bezahlen (Schadenersatz aufgrund verunmöglichtem Kauf und Verkauf von Aktien der B. Holding AG, nachfolgend B. Hol- ding), zuzüglich Verzugszinsen von 5% seit 1. September 2019.

    2. Es sei dem Kläger nach der Durchführung des Beweisverfahrens Frist anzusetzen, die Forderung gemäss Ziffer 2 abschliessend zu beziffern.

    3. Eventualiter für den Fall, dass die beantragte Auskunftserteilung und Edition von Urkunden und Abnahme weiterer Beweismittel gemäss Klage und Replik zur Bewertung der Aktien der B. Holding per 31. August 2018 und dem von der C. AG bezahlten Kaufpreis abgewiesen wird, sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den im Ermessen des Gerichts zu schätzenden Schaden aufgrund des verunmöglichten Kaufs und Verkaufs von B. Holding Aktien zu ersetzen und zu bezahlen.

  1. Unter dem Vorbehalt der Nachklage.

  2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der Beklagten.

Beschluss des Arbeitsgerichts Zürich vom 16. August 2021

(Urk. 44 S. 39-40)

  1. Auf Rechtsbegehren Ziffer 2 (2.a bis 2.c) der Klage wird nicht eingetreten.

  2. Über die Kosten und die Entschädigung wird mit nachfolgendem Erkenntnis entschieden.

  3. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.

  4. (Rechtsmittel)

Urteil des Arbeitsgerichts Zürich vom 16. August 2021

(Urk. 44 S. 40)

  1. Die Klage wird – soweit darauf eingetreten wurde – vollumfänglich abgewiesen.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 9'600.— festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt.

    Die Gerichtskosten werden vorab aus dem von dem Kläger geleisteten Vorschuss bezogen.

  4. Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 12'635.— (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  5. (Mitteilungen)

  6. (Rechtsmittel)

    Berufungsanträge:

    des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 43 S. 2-4):

    1. Es sei der Beschluss über die Rechtsbegehren Ziff. 2 der Klage resp. Replik (Ziff. 2.a bis 2.c) gemäss Dispositiv-Ziff. 1 aufzuheben, auf die Klage einzutreten und diese gestützt auf die nachfolgenden Rechtsbegehren des Berufungsklägers gemäss Klage resp. Replik gutzuheissen resp. Dispositiv-Ziff. 1 entsprechend abzuändern:

        1. Es sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, dem Berufungskläger ei- nen nach Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffernden Betrag, mindestens aber CHF 25'000 zu bezahlen (Schadenersatz aufgrund

          verunmöglichtem Kauf und Verkauf von Aktien der B.

          Holding

          AG, nachfolgend B. Holding), zuzüglich Verzugszins von 5% seit

          1. September 2019.

        2. Es sei dem Berufungskläger nach der Durchführung des Beweisverfahrens Frist anzusetzen, die Forderung gemäss Ziff. 2 abschliessend zu beziffern.

        3. Eventualiter für den Fall, dass die beantragte Auskunftserteilung und Edition von Urkunden und Abnahme weiterer Beweismittel gemäss

      Klage und Replik zur Bewertung der Aktien der B.

      Holding per

      31. August 2018 und dem von der C.

      AG bezahlten Kaufpreis

      abgewiesen wird, sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, dem Berufungskläger den im Ermessen des Gerichts zu schätzenden Schaden

      aufgrund des verunmöglichten Kaufs und Verkaufs von B. ding Aktien zu ersetzen und zu bezahlen.

      HolEventualiter sei Dispositiv-Ziff. 1 des Beschlusses aufzuheben, auf die Klage einzutreten und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    2. Es sei das Urteil über die Rechtsbegehren Ziff. 1 der Klage resp. Replik (Ziff. 1.a bis 1.d) gemäss Dispositiv-Ziff. 1 aufzuheben und die Klage gestützt auf die nachfolgenden Rechtsbegehren des Berufungsklägers gemäss Klage resp. Replik gutzuheissen resp. Dispositiv-Ziffer 1 entsprechend abzuändern:

        1. Es sei die Berufungsbeklagte unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB (Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO) zu verpflichten, gegenüber dem Berufungskläger wie folgt Auskunft zu erteilen und die nachfolgenden Urkunden offenzulegen und zu edieren:

          • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zur Höhe des Bonus-Pot gemessen am Geschäftserfolg (bereinigter EBIT) in den Jahren 2018 und 2019, d.h. Gesamtbetrag der aus dem Bonus-Pot netto an die Geschäftsleitungsmitglieder in den Jahren 2018 und 2019 ausbezahlten Boni und/oder variablen Gehälter;

          • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zu den für die Höhe der ausbezahlten variablen Gehälter relevanten Erfolgsbeiträge resp. zu der persönlichen Zielerreichung der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder in den Jahren 2018 und 2019 (anonymisiert);

          • Schriftliche Auskunft und/oder Edition von Buchhaltungsbelegen und sonstigen Urkunden zur Berechnung des an die Geschäftsleitungsmitglieder ausbezahlten variablen Gehalts und der prozentualen Verteilung des Bonus-Pot aufgrund der persönlichen Zielerreichung/Erfolgsbeiträge der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder (anonymisiert) in den Jahren 2018 und 2019;

          • Edition der anonymisierten Lohnausweise mit den an die Geschäftsleitungsmitglieder und sonstigen Mitarbeiter der Berufungsbeklagten ausbezahlten Boni resp. variablen Gehälter 2018 und 2019;

          • Edition der Bilanz und Erfolgsrechnung der Berufungsbeklagten 2018 und 2019.

        2. Es sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, dem Berufungskläger ei- nen nach der beantragten Auskunftserteilung und Edition der Urkunden gemäss Ziff. 1.a sowie Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffernden Betrag, mindestens aber netto CHF 53'001.55 (Richtwert variables Gehalt Dezember 2018 sowie Januar bis August 2019) zu bezahlen, zuzüglich Verzugszinsen von 5% seit 1. September 2019.

        3. Es sei dem Berufungskläger nach der beantragten Auskunftserteilung und der Edition der Urkunden gemäss Ziff. 1.a sowie Durchführung des Beweisverfahrens Frist anzusetzen, die Forderung gemäss Ziff. 1 abschliessend zu beziffern.

        4. Eventualiter für den Fall, dass die beantragte Auskunftserteilung und Edition der Urkunden und Abnahme weiterer Beweismittel gemäss Replik und Duplik zur Höhe des ausbezahlten variablen Salärs abgewiesen wird, sei die Berufungsbeklagte zu verpflichten, dem Beru-

      fungskläger netto CHF 53'001.55 (Richtwert variables Gehalt Dezember 2018 sowie Januar bis August 2019) zu bezahlen, zuzüglich Verzugszinsen von 5% seit 1. September 2019.

      Eventualiter sei das Dispositiv Ziff. 1 des Urteils aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    3. Es seien Ziff. 2 des Beschlusses sowie Ziffer 2 bis 3 des Urteils betreffend Kostenfolgen aufzuheben resp. abzuändern und sämtliche Gerichtskosten der Berufungsbeklagten aufzuerlegen und diese gleichzeitig zu verpflichten, dem Berufungskläger eine Parteientschädigung (zzgl. MWST) zu bezahlen.

      der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 52 S. 3):

      1. Die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist, und der Beschluss und das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich vom 16. August 2021 (AN200011-L/U) seien zu bestätigen.

      2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zu Lasten des Berufungsklägers.

      3. Sämtliche vom Berufungskläger gestellten Beweisanträge seien vollumfänglich und unter Kostenfolgen zu Lasten des Berufungsklägers abzuweisen.

Erwägungen:

I.

(Sachverhalt und Prozessgeschichte)

  1. A. (Kläger und Berufungskläger; fortan Kläger) und B. AG (Beklagte und Berufungsbeklagte; fortan Beklagte) schlossen am 12. November 2018 einen Arbeitsvertrag (Urk. 6/4). Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, das die Entwicklung, die Vermarktung und den Vertrieb von Software-Lösungen anbietet. Der Kläger übernahm bei der Beklagten per 1. Dezember 2018 eine Vollzeitstelle als Head of Sales und ständiges Mitglied der Geschäftsleitung. Die Parteien vereinbarten ein Jahressalär von CHF 200'000.--, bestehend aus zwölf Monatslöhnen. Des Weiteren enthält der Arbeitsvertrag unter dem Titel «Gehalt und weitere Leistungen» eine Regelung betreffend Bonus sowie unter der Überschrift «Besondere Bestimmungen» die Möglichkeit zum Kauf von Aktien der Muttergesellschaft der

    Beklagten, i.e. der B.

    Holding AG (fortan B.

    Holding). Im Arbeitsvertrag wird auf ein Mitarbeiteraktionärs-Reglement (Urk. 6/4 S. 5),

    d.h. das Reglement über den Erwerb von Aktien durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Verwaltungsräte (Urk. 6/2; fortan Mitarbeiterbeteiligungs- Reglement) verwiesen. Dieses enthält in Ziffer 17 eine Schiedsklausel, wo- nach Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Mitarbeitern bzw. den Berechtigten im Zusammenhang mit Aktienbeteiligungen ausschliesslich durch ein dreiköpfiges Schiedsgericht mit Sitz in Bern zu entscheiden sind.

    Am 15. April 2019 kündigte die Beklagte dem Kläger unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist per 31. Juli 2019 und stellte ihn bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses frei. Aufgrund einer Erkrankung des Klägers verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis zum 31. August 2019.

    Daraufhin verklagte der Kläger die Beklagte auf Bezahlung eines variablen Lohnbestandteils für die Monate Dezember 2018 und Januar bis August 2019 von insgesamt mindestens CHF 53'002.55 netto. Der Kläger stützte diese Forderung auf die im Arbeitsvertrag enthaltene Bonus-Regelung (vgl. Urk. 1 S. 6 ff.). Des Weiteren machte der Kläger einen Schadenersatzanspruch von mindestens CHF 25'000 für einen entgangenen Gewinn geltend. Den Schadenersatzanspruch begründete der Kläger damit, dass die Beklagte ihre Aktien an der B. Holding am tt.mm.2019 an C. (Schweiz) AG verkauft und die B. Holding am tt.mm.2019 mit C. (Schweiz) AG fusioniert habe, wodurch der Anspruch auf den Bezug von Aktien der B. Holding im Wert von CHF 25'000 vereitelt worden sei (Urk. 1 S. 12 ff.).

  2. Nach Abschluss des Schriftenwechsels verzichteten die Parteien auf die Durchführung einer Hauptverhandlung unter Vorbehalt eines allfälligen Beweisverfahrens (Urk. 39 und Urk. 40).

  3. Das Arbeitsgericht Zürich wies die Klage mit Urteil vom 16. August 2021 ab, soweit es darauf eintrat (Urk. 44). Den Nichteintretensentscheid begründete das Gericht damit, dass die Möglichkeit zum Erwerb von Aktien der B. Holding nicht arbeitsrechtlicher Natur sei und die Parteien eine Schiedsklausel vereinbart hätten. Das Gericht sei daher zur Beurteilung der Schadenersatzforderung wegen des vereitelten Aktienerwerbs nicht zuständig. Die Abweisung der Klage stützte das Arbeitsgericht darauf, dass der im Arbeitsvertrag vereinbarte Bonus kein variabler Lohnbestandteil, sondern eine Gratifikation sei. Dabei handle es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten. Selbst wenn der Kläger Anspruch auf einen Bonus hätte, so hätte er nicht dargelegt, dass der Anspruch auch bei unterjähriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestünde.

  4. In der Folge legte der Kläger am 15. September 2021 gegen den Beschluss und das Urteil des Arbeitsgerichts beim Obergericht des Kantons Zürich Berufung mit den eingangs aufgeführten Anträgen ein (Urk. 43).

  5. Mit Verfügung vom 17. September 2021 wurde dem Kläger Frist zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses in der Höhe von CHF 8'000.— angesetzt (Urk. 46). Der Vorschuss ging rechtzeitig bei der Gerichtskasse ein (Urk. 49).

  6. Mit Verfügung vom 3. März 2022 wurde der Berufungsbeklagten Frist zur Einreichung einer Berufungsantwort angesetzt (Urk. 51). Die Berufungsantwort ging innert der angesetzten Frist am 5. April 2022 bei der I. Zivilkammer ein (Urk. 52). Der Kläger beanspruchte das Replikrecht (Urk. 56).

II.

(Zulässigkeit der Berufung)

  1. Angefochten sind zwei erstinstanzliche Endentscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten mit einem je über CHF 10'000.— liegenden Streitwert. Dagegen steht die Berufung offen (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 309 ZPO liegt nicht vor. Die Berufungsanträge sind ebenfalls zulässig. Die weiteren Voraussetzungen des Sachentscheids sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Berufung ist einzutreten.

  2. Die Berufung hemmt die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheids im Umfang der Anträge (Art. 315 Abs. 1 ZPO). Der Kläger beantragte die vollständige Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses und des erstinstanzlichen Urteils, eventualiter die Rückweisung der Sache zur neuen Beurteilung. Der angefochtene Beschluss und das angefochtene Urteil sind demnach in keinem Teil in Rechtskraft erwachsen.

  3. Mit Berufung kann sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Sachverhaltsfeststellung gerügt werden (Art. 310 lit. a und lit. b ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über eine umfassende Befugnis zur Überprüfung der Streitsache und kann das erstinstanzliche Urteil demnach auf rechtliche und tatsächliche Mängel überprüfen (BGE 142 III 413 E. 2.2.4).

  4. Die Berufungsschrift ist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 Abs. 1 ZPO). Aus einer Rechtsmittelschrift muss hervorgehen, dass und weshalb der Rechtsuchende einen Entscheid anficht und inwieweit dieser geändert aufgehoben werden soll. Die beanstandeten Teile des Entscheids müssen genau bezeichnet werden (BGE 141 III 569 E. 2.3.3; 137 III 617 E. 4.2.2). Liegen dem Entscheid mehrere selbständige Begründungen zugrunde, muss sich der Berufungskläger in seinem Rechtsmittel mit allen Begründungen auseinandersetzen (BGer, Urteil 4A_133/2017 vom 20.6.17 E. 2.2).

III.

(Schadenersatzforderung / Zuständigkeit) 1.

    1. Das Arbeitsgericht trat auf die Schadenersatzklage aus Vereitelung des Bezugs von B.

      Holding-Aktien nicht ein, weil es die Grundlage dieser

      Forderung nicht im Arbeitsvertrag verortete, die Streitsache schiedsfähig sei und eine gültige Schiedsklausel vorliege. Zur Rechtsgrundlage erwog das Arbeitsgericht, die Zuteilung von B. Holding-Aktien von der Beklagten

      auf den Kläger hätte vorausgesetzt, dass die Parteien einen Aktienkaufvertrag abgeschlossen hätten. Dies ergebe sich aus Ziffer 9 des Arbeitsvertrags und Ziffer 16 des Mitarbeiterbeteiligungs-Reglements. Dem Kläger sei sei- nen Aussagen zufolge bewusst gewesen, dass er CHF 25'000 hätte investieren müssen (Urk. 44 S. 14). Im Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement sei vorgesehen, dass der Übernahmepreis der B. Holding-Aktien jeweils anhand verschiedener Grössen und Faktoren bestimmt werde. Es lasse sich daraus nicht entnehmen, dass die Aktien zu einem stark vergünstigten Preis abgegeben worden wären und deshalb als Naturallohn Naturalgratifikation betrachtet werden müssten (Urk. 44 S. 15). Der Arbeitnehmerschutz entfalle, wenn der Arbeitnehmer beim Erwerb von Mitarbeiterbeteiligungen vornehmlich als Anleger handle, der das mit der Anlage verbundene Risiko in der Erwartung eines hohen Kapitalgewinns aus freien Stücken akzeptiere (Urk. 44 S. 11). Die Möglichkeit zum Erwerb von Aktien sei im Arbeitsvertrag denn auch nicht unter dem Titel Gehalt und weitere Leistungen, sondern unter dem Titel Besondere Bestimmungen aufgeführt worden. In Ziffer 2 des Beteiligungsreglements sei zudem klar festgehalten worden, dass kein Anspruch auf Zuteilung von Aktien bestehe (Urk. 44 S. 15). Bei der Aktienbeteiligung handle es sich folglich nicht um einen Bestandteil des Arbeitsvertrags, sondern um eine davon losgelöste Investition. Die Schutzbestimmungen des Arbeitsrechts kämen demnach nicht zum Tragen. Die Streitigkeit sei somit grundsätzlich schiedsfähig (Urk. 44 S. 14 und S. 15-16).

    2. Der Kläger wandte im Wesentlichen ein, entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei ihm der Bezug von Aktien der Muttergesellschaft im Arbeitsvertrag zugesichert worden. Er habe sein Bezugsrecht noch während laufen- dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht. Der Schadenersatzanspruch aus der Vereitelung dieses Bezugsrechts stütze sich demnach ebenfalls auf den Arbeitsvertrag. Die Beklagte habe die Unmöglichkeit verschuldet. Sie hafte dem Kläger für den entgangenen Gewinn gestützt auf Art. 97 OR. Die Scha- denersatzpflicht der Beklagten greife umso mehr, als die Kündigung des Arbeitsverhältnisses missbräuchlich gewesen sei. Es liege eine Verletzung des Arbeitsvertrags vor, weil die Beklagte dem Kläger keine Aktien der Muttergesellschaft mehr beschaffen könne (Urk. 43 S. 17; Urk. 56 S. 7). Der Arbeitsvertrag enthalte keine Schiedsklausel. Das Mitarbeiterbeteiligungs- Reglement, das die Schiedsklausel enthalte, wäre erst in einem späteren Zeitpunkt in Kraft getreten, wenn ein entsprechender Kaufvertrag unterzeichnet worden wäre. Somit wäre auch die Schiedsklausel erst nach Unterzeichnung des Kaufvertrags in Kraft getreten (Urk. 43 S. 16; Urk. 56 S. 7). Sämtliche Ansprüche, die ihre Grundlage im Arbeitsvertrag hätten, seien von den ordentlichen Gerichten zu beurteilen (Urk. 43 S. 18).

    3. Die Beklagte schloss sich der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts an, wo-

nach es sich bei der Möglichkeit zum Erwerb von B.

Holding-Aktien

um eine vom Arbeitsvertrag losgelöste Klausel über eine Investitionsmöglichkeit handle. Es fehle daher an der sachlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts (Urk. 52 S. 13). Der Standpunkt des Klägers, dass sich der Anspruch auf den Bezug von Aktien auf den Arbeitsvertrag abstütze, sei falsch, weil sich die Parteien über die wesentlichen Vertragsbestandteile betreffend den Aktienbezug (wie Kaufpreis, Rückkaufs- und Mitkaufsrechte) gar noch nicht geeinigt hätten (Urk. 52 S. 22).

2.

    1. Vorliegend ist die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts strittig. Das Gericht tritt auf eine Klage nur ein, wenn die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 59 Abs. 1 ZPO). Zu den Prozessvoraussetzungen gehören u.a. die sachliche und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (Art. 59 Abs. 2 lit. b ZPO). Das Gericht prüft die Prozessvoraussetzungen, mithin seine Zustän- digkeit, von Amtes wegen (Art. 60 ZPO).

    2. Für arbeitsrechtliche Klagen ist das Gericht am Wohnsitz Sitz der beklagten Partei an dem Ort, wo die arbeitnehmende Person gewöhnlich ihre Arbeit verrichtet, zuständig (Art. 34 Abs. 1 ZPO). Die sachliche Zustän- digkeit des Arbeitsgerichts bestimmt sich nach § 20 Abs. 1 lit. a GOG, wo- nach erstinstanzlich das Bezirksgericht als Arbeitsgericht Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden entscheidet. Unter der Voraussetzung, dass der eingeklagte Schadenersatzanspruch als arbeitsrechtliche Forderung qualifiziert werden müsste, wäre im vorliegenden Fall das Arbeitsgericht Zürich zuständig, da der Kläger in den Büroräumlichkeiten der Beklagten an der D. -Strasse … in … Zürich gewöhnlich seine Arbeit verrichtete (Urk. 6/4 Ziff. 1 sowie Urk. 1 S. 4 und Urk. 13 S. 3).

    3. Art. 34 Abs. 1 ZPO spricht von arbeitsrechtlichen Klagen, was unverändert aus Art. 24 des per 1. Januar 2011 aufgehobenen Gerichtsstandesgesetzes vom 24. März 2000 übernommen wurde. Jene Bestimmung ersetzte aArt.

      343 Abs. 1 OR, welcher von Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis sprach. Diese Begrifflichkeit verwendet auch § 20 Abs. 1 lit. a GOG. Der Be- deutungszusammenhang legt nahe, dass sich die Bestimmungen über die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts lediglich in der Terminologie (arbeitsrechtliche Klagen, Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhält- nis), nicht aber in ihrem sachlichen Geltungsbereich unterscheiden.

      Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 34 Abs. 1 ZPO ist der Begriff der arbeitsrechtlichen Klage weit zu verstehen. Darunter fallen sämtliche Klagen über Ansprüche, die auf Regeln gründen, welche auf Arbeitsverträge anwendbar sind. Dazu gehören auch Klagen, die sich auf spezialgesetzliche Vorschriften zur Regelung des Arbeitsverhältnisses stützen (BGE 137 III 32 E. 2.1). Ein Teil der Rechtslehre will es genügen lassen, dass der geltend gemachte Anspruch seinen Ursprung in einem Arbeitsverhältnis hat (URS FELLER/JÜRG BLOCH, in: Zürcher Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2016, Art. 34 N. 14). Nicht dazu zählen jedenfalls aber Klagen über Ansprüche, die nicht ihren Ursprung in einem Arbeitsverhältnis haben, sondern nur in Zusammenhang damit stehen (FRANK EMMEL, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, Art. 343 OR N. 2, mit Hinweis auf Darlehensverträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer).

      Lehre und Rechtsprechung zu § 20 Abs. 1 lit. a GOG setzen in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung voraus, dass die

      Klage bzw. die Streitigkeit ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis hat; ein bloss natürlicher Kausalzusammenhang zu einem Arbeitsverhältnis reicht zur Qualifizierung als Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis nicht aus (RO- BERT HAUSER/ERHARD SCHWERI/VIKTOR LIEBER, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess, 2. Aufl. 2012, § 20 N. 15 mit Verweis auf ZR 96 (1997) Nr. 111). Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausserhalb des Arbeitsverhältnisses, wie etwa aus Mietoder Darlehensvertrag, werden demnach nicht erfasst (ZR 96 (1997) Nr. 111).

    4. Bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ist primär auf den vom Kläger eingeklagten Anspruch und dessen Begründung abzustellen. Die Zuständigkeit des Gerichts hängt von der gestellten Frage ab, nicht von deren Beantwortung, die im Rahmen der materiellen Prüfung zu erfolgen hat. In Bezug auf die rechtliche Würdigung der klägerischen Vorbringen ist das Gericht aber nicht an die Auffassung des Klägers gebunden. Hängt die Zuständigkeit davon ab, ob Ansprüche aus Arbeitsvertrag geltend gemacht werden, sind die klägerischen Tatsachenbehauptungen im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung von Amtes wegen daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihnen auf das Bestehen eines solchen Vertrages schliessen lässt. Erscheint eine derartige rechtliche Qualifikation als ausgeschlossen, ist auf die Klage nicht einzutreten (BGE 137 III 32 E. 2.2; BGer, Urteil 4A_484/2018 vom

10.12.19 E. 5.2).

3.

    1. Im Arbeitsvertrag wurde unter dem Titel 9 «Besondere Bestimmungen» dem

      Kläger die Möglichkeit zum Kauf von B.

      Holding Aktien eingeräumt

      (Urk. 6/4 S. 5). Die Vertragsklausel lautet: Aus Treasury Shares Bestand der Holding (falls vorhanden) von E. / von F. . Umfang: Im Gegenwert von 25'000 CHF pro Anstellungsjahr, jeweils einmal jährlich (zwischen Mitte Mai und Mitte Juni) während den ersten drei Jahren der Anstellung bei B. (erstmals Mai/Juni 2019). Preis und Bestimmungen: zum jährlich festgesetzten Mitarbeiterpreis und den Bestimmungen des Mitarbei-

      teraktionärs-Reglements unterliegend. Im Fall einer Kapitalerhöhung vor Ablauf der 3 Jahre kann der Aktienkauf vorgezogen werden (Verwässerungsschutz).

      Diese Klausel stipuliert eine Form der Mitarbeiterbeteiligung. Darunter wird eine dem Arbeitnehmer gebotene Möglichkeit verstanden, sich am Kapital Erfolg der Arbeitgebergesellschaft selbst an einer mit dieser im gleichen Konzern verbundenen anderen Gesellschaft zu beteiligen (vgl. THOMAS JUTZI/KSENIA WESS, Gesellschaftsgründung mit Mitarbeiterbeteiligung, Gestaltungsmöglichkeiten bei unterschiedlichen Rechtsformen, in: Aktuelle Fragen aus dem Gesellschaftsrecht – insbesondere aus der Sicht des Notariats, Bern 2018, S. 125). Mitarbeiterbeteiligungen bezwecken die Steigerung der Attraktivität des Arbeitgebers und die Bindung des Kaders an die Unternehmung (vgl. DOMINIQUE PORTMANN, Mitarbeiterbeteiligung – Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen im schweizerischen Arbeitsrecht, Bern 2005, S. 48 ff.).

      Vorliegend wurde dem Kläger ein Recht zum Erwerb von Mitarbeiteraktien der Muttergesellschaft eingeräumt. Der Kläger erhielt die Möglichkeit, während einer bestimmten Zeitspanne in der Zukunft Aktien zu einem vordefi- nierten Ausübungspreis zu erwerben (vgl. CHRISTOF HELBLING, Mitarbeiteraktien und Mitarbeiteroptionen in der Schweiz, 2. Aufl. 2003, S. 15 f.).

    2. Optionsrechte sind Bestandteil des Arbeitsvertrages, wenn sie Teil der Entlöhnung des Arbeitnehmers sind. In diesem Fall wird die Einräumung des Optionsrechts in das Synallagma der vertraglichen Hauptpflichten eingebun- den und bildet Bestandteil des Arbeitsvertrags (ISABELLE WILDHABER, Das Arbeitsrecht bei Umstrukturierungen, 2. Aufl. 2011, S. 208). Dasselbe muss gelten, wenn die Auslegung des Arbeitsresp. des Optionsgewährungsvertrags ergibt, dass die Optionen als Gratifikation (bspw. als Dienstaltersgeschenk) ausgegeben werden (WOLFGANG PORTMANN/ROGER RUDOLPH, in: Basler Kommentar zum Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, Art. 322 Rz. 25).

      Handelt es sich beim Optionsrecht des Arbeitnehmers um Lohn, weil das Optionsrecht die Aktien unentgeltlich unter ihrem Marktwert abgegeben werden, so ist zu gewährleisten, dass die zwingenden Schutzvorschriften des Arbeitsrechts nicht unterlaufen werden (BGE 130 III 495 E. 4.2.1; vgl. zu den Schutzbestimmungen im Einzelnen RÉMY WYLER/BORIS HEINZER, Droit du travail, 4. Aufl. 2019, Rz. 1248 und Rz. 1250; ULLIN STREIFF/ADRIAN VON KAENEL/ROGER RUDOLPH, Arbeitsvertrag – Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. 2012, Art. 322 Rz. 22 S. 309). Zu den zwingend zu beachtenden Schutzvorschriften gehören namentlich die Gerichtsstandsvorschriften für das Arbeitsrecht (Art. 34 f. ZPO).

      Dagegen wird die Gewährung eines Optionsrechts zu anderen Zwecken, etwa zur Motivation und Bindung des Kaders an das Unternehmen, nicht zwangsläufig zu einem Recht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis. Das Mitarbeiteroptionsrecht ist mit dem Arbeitsverhältnis zwar verknüpft und das Bestehen eines Arbeitsvertrags stellt eine Voraussetzung der Einräumung des Optionsrechts dar. Jedoch liegen solche Optionsrechte ausserhalb des arbeitsrechtlichen Synallagmas (WILDHABER, a.a.O., S. 209, mit Hinweis auf andere Rechtsverhältnisse, die nur im Zusammenhang mit ei- nem Arbeitsverhältnis begründet werden, aber auf einem gesonderten Rechtsakt beruhen, wie bspw. Leasingverträge für Firmenfahrzeuge). Diese Sichtweise deckt sich mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach stets aufgrund der Verhältnisse des Einzelfalls zu beurteilen ist, ob sich die Optionsgewährung als Bestandteil des Arbeitsvertrags als davon losgelöste Investition ausnimmt (BGE 130 III 495 E. 4.2.2).

      Eine solche, nicht Bestandteil des Arbeitsvertrags bildende Investition ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer vornehmlich als Anleger handelt, der das mit der Anlage verbundene Risiko in der Erwartung eines hohen Kapitalgewinns aus freien Stücken akzeptiert. Diesfalls gelten die Bestimmungen des Optionsgewährungsvertrags ohne Rücksicht auf die zwingenden Vorschriften des Arbeitsrechts (BGE 130 III 495 E. 4.2.2; bestätigt in BGE 141

      III 489, nicht publ. E. 6.2.2.1; PORTMANN/RUDOLPH, a.a.O., Art. 322 Rz. 28).

    3. Die Vorinstanz hat diese Grundsätze im Wesentlichen richtig dargestellt.

Nachfolgend ist zu prüfen, ob es sich beim Recht zum Bezug von B. Holding-Aktien um einen Lohnbestandteil handelt, was dazu führen würde, dass die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften zur Anwendung kämen und eine arbeitsrechtliche Streitigkeit vorläge.

4. Im vorliegenden Fall fällt zunächst auf, dass die Möglichkeit zum Bezug von B. Holding-Aktien nicht unter dem Titel 3 des Arbeitsvertrags mit den Bestimmungen über das Gehalt, sondern am Schluss des Vertrags unter dem Titel 9 bei den Besonderen Bestimmungen aufgeführt wird (Urk. 6/4

S. 5). Die Stellung der Klausel betreffend das Bezugsrecht im Vertrag lässt aus objektiver Sicht betrachtet nicht darauf schliessen, dass das Bezugsrecht von den Parteien als Lohnbestandteil gedacht war. Auch der Vertragstext lässt sich nicht a priori so verstehen, dass das Bezugsrecht im Gegenwert von CHF 25'000 pro Anstellungsjahr Lohn darstellt. Der Kläger machte nicht geltend, dass sich die Parteien subjektiv anders verstanden hätten.

In Ziffer 9 des Arbeitsvertrags ist nirgends die Rede von einem Optionspreis. Der Kläger erhielt ein unentgeltliches, jährlich ausübbares Recht zum Bezug

von B.

Holding-Aktien im Umfang von CHF 25'000 (maximale Bezugsmenge). Der Preis der einzelnen B.

Holding-Aktie richtete sich

nach dem Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement, worauf in der Vertragsklausel verwiesen wird. Gemäss Ziffer 3 des Reglements wird der Übernahmewert der Aktien jeweils auf der Grundlage der geprüften Jahresrechnungen der Gruppengesellschaften der letzten zwei Geschäftsjahre und dem Budget des laufenden Jahres ermittelt. Stichtag der Bewertung ist das jeweilige Abschlussdatum der letzten Jahresrechnung. Wie die Vorinstanz hervorhob, hätte der Kläger die Aktien somit nicht zu einem Spezialpreis für Mitarbeiter erworben, sondern er hätte Aktien im Gegenwert von CHF 25'000 zu dem nach dem Reglement festgesetzten Preis kaufen können. Sodann hätte der Kauf von Mitarbeiteraktien einen Anlageentscheid des Klägers vorausgesetzt, den er in Erwartung einer Wertsteigerung der Aktien gefällt hätte. Daraus wird deutlich, dass der Kläger als Investor gehandelt hätte und im Umfang von CHF 25’000 ein Investitionsrisiko eingegangen wäre, wenn er B. Holding-Aktien bezogen hätte.

Bei der gegebenen Sachlage ist somit nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Recht auf den Bezug von B. Holding-Aktien als eine vom Arbeitsvertrag losgelöste Investitionsmöglichkeit qualifizierte. Zweifelsohne hat der geltend gemachte Schadenersatzanspruch seinen Ursprung in ei- nem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Handelt es sich vorliegend aber um eine Investitionsmöglichkeit des Klägers, hat der Anspruch zwar seinen Ursprung im Arbeitsverhältnis, ist aber – gleich wie im Falle eines Darlehens-, Mietoder Leasingvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer (vgl. E. III/2.3 und E. III/3.2 hiervor) – nicht Bestandteil desselben. Die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts zur Beurteilung der Scha- denersatzforderung ist demnach unabhängig der Frage der Schiedsklausel zu verneinen.

5.

    1. Das Arbeitsgericht befasste sich sodann mit der Frage, ob die in Ziffer 17 des Mitarbeiterbeteiligungs-Reglements enthaltene Schiedsklausel zur Anwendung komme. Gemäss den Erwägungen im angefochtenen Urteil werde im Arbeitsvertrag unter Titel 9 Möglichkeit zum Kauf von B. Holding Aktien auf das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement explizit verwiesen. Um gültig zu sein, müsse eine Schiedsvereinbarung schriftlich verfasst sein in einer anderen Form erfolgen, die den Nachweis durch Text ermögliche. Die Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung mit der Unterschrift der Parteien sei nicht erforderlich. Eine Verweisung auf eine Schiedsvereinbarung sei zulässig, wenn die Vereinbarung, welche die Verweisung enthalte (hier der Arbeitsvertrag), in Textform vorliege und wenn das die Schiedsklausel beinhaltende Dokument, auf das verwiesen werde (hier das Beteiligungsreglement), ebenfalls in Textform vorliege. Diese formalen Gültigkeitsvoraussetzungen seien vorliegend erfüllt (Urk. 44 S. 16-17).

      Der Kläger stelle zwar in Abrede, das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement erhalten zu haben, und behaupte, das Reglement habe auch nicht über die Intranet-Seite der Beklagten abgerufen werden können. Zum Beweis dieser Behauptung habe der Kläger die Befragung der Parteien offeriert. Die Durchführung eines Beweisverfahrens würde aber nicht zielführend sein, da Aussage gegen Aussage stehe. Zudem sei weder nachvollziehbar noch glaubhaft, dass der Kläger das Reglement nicht erhalten nachgefordert habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das Mitarbeiterbeteiligungs- Reglement Vertragsbestandteil geworden sei (Urk. 44 S. 17).

    2. Der Kläger zog die rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts zu den Gültigkeitsvoraussetzungen der Schiedsabrede nicht in Zweifel. Jedoch wiederholte er seinen Standpunkt, dass er das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement nie erhalten habe. Seinem Arbeitsvertrag mit der Beklagten sei nicht zu ent- nehmen, dass ein Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement beigelegt worden wäre. Darin werde nur festgehalten, dass der Kläger von einem Regulativ für Mitarbeitende und einem Spesenreglement Kenntnis genommen habe (Urk. 43 S. 10). Auch die von der Beklagten eingereichten Unterlagen wür- den nichts beweisen (Urk. 56 S. 5). Betreffend die Frage, ob der Kläger das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement erhalten habe, sei der Sachverhalt nicht erstellt. Das Arbeitsgericht hätte deshalb gemäss Art. 154 ZPO eine Beweisverfügung erlassen und die Beweisanträge des Klägers abnehmen müssen. Es liege eine Verletzung des Beweisantragsrechts, mithin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor (Urk. 43 S. 7-8; Urk. 56 S. 4-6).

    3. Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, die Vorinstanz habe ihre Überzeugung gestützt auf die im Recht liegenden Urkunden gebildet und sei in antizipierter Beweiswürdigung zum Schluss gekommen, eine Parteibefragung würde an ihrer Überzeugung nichts mehr ändern. Der Beweisführungsanspruch des Klägers sei dadurch nicht verletzt worden (Urk. 52 S. 6). Der Erlass einer Beweisverfügung würde im vorliegenden Fall sinnlos sein, da die Vorinstanz nur Urkunden gewürdigt habe und die Parteien überdies

auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet hätten (Urk. 52 S. 7-8). Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beweiskraft einer Parteibefragung herabgesetzt wäre, da der Kläger Eigeninteressen am Ausgang des Verfahrens habe. Der Verzicht auf die Durchführung einer Parteibefragung sei in solchen Fällen zulässig (Urk. 52 S. 9-10).

Die Beklagte habe mittels Urkunden (Arbeitsvertrag, Eintritts-Checkliste, Auszug aus dem Intranet) bewiesen, dass der Kläger das Aktienbeteiligungs-Reglement erhalten habe (Urk. 52 S. 10 und S. 12). Wenn der Kläger das Reglement nicht resp. – wie in der Replik im erstinstanzlichen Verfahren behauptet – erst an der Schlichtungsverhandlung erhalten hätte, so würde sich die Frage stellen, wie er dann bereits in seinem Schreiben vom 12. Mai 2019 auf die Bestimmungen des besagten Reglements, namentlich auf die Tag-/Drag- Along-Klauseln, habe Bezug nehmen können. Der Kläger habe in diesem Schreiben, mit dem er eine Aktienzuteilung habe verlangen wollen, das Reglement jedenfalls nicht nachgefordert (Urk. 52 S. 12).

6.

    1. Haben die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen, so lehnt das angerufene staatliche Gericht seine Zustän- digkeit ab, es sei denn, die beklagte Partei habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen, die Schiedsvereinbarung sei offensichtlich ungültig nicht erfüllbar es liegen von der beklagten Partei zu vertretende Gründe vor, dass das Schiedsgericht nicht bestellt werden kann (Art. 61 lit. a-c ZPO).

    2. Art. 358 ZPO regelt die Form der Schiedsvereinbarung. Gemäss dieser Vorschrift hat die Schiedsvereinbarung schriftlich in anderer Form zu erfolgen, die den Nachweis durch Text ermöglicht. Eine Schiedsvereinbarung kann auch durch eine Verweisung zustande kommen, wenn sowohl der Hauptvertrag als auch das Dokument mit der Schiedsvereinbarung, auf das verwiesen wird, dem Formerfordernis der Textform genügen. Das Bundesgericht hat diesbezüglich entschieden, dass eine globale Verweisung auf

      das die Schiedsklausel enthaltende Dokument genügt und eine ausdrückliche Verweisung auf die Schiedsklausel nicht erforderlich ist (BGer, Urteil 4P.230/2000 vom 7.2.21 E. 2a; vgl. dazu THOMAS SUTTER-SOMM/BENEDIKT

      SEILER, in: Handkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2021, Art. 358 Rz. 6; MARKUS MÜLLER-CHEN/RAHEL EGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl. 2016, Art. 358 Rz. 18 ff.).

    3. Eine Schiedsklausel gilt als von der anderen Vertragspartei übernommen, wenn das Reglement, auf das im Vertrag global verwiesen wird, der anderen Partei vor zumindest beim Vertragsabschluss abgegeben wurde ein Globalverweis besteht und das Reglement zwar nicht ausgehändigt wur- de, aber aufgrund von Handelsbräuchen sonstigen Umständen mit ei- ner Schiedsklausel gerechnet werden musste (vgl. zur Ungewöhnlichkeitsregel SUTTER-SOMM/SEILER, a.a.O., Art. 358 Rz. 6; DANIEL GIRSBERGER, in:

      Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, Art. 357 Rz. 27 f.).

      Dabei ist stets nach dem Vertrauensprinzip unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall zu beurteilen, ob auf die Zustimmung der Parteien zur Schiedsklausel geschlossen werden kann (BGer, Urteil 4P.230/2000 vom

      7.2.21 E. 2a mit Hinweis auf ein nicht publiziertes Urteil vom 31. Oktober 1996 E. 3c).

    4. Die beweispflichtige Partei hat Anspruch darauf, für rechtserhebliche bestrittene Vorbringen – etwa betreffend die Frage der Aushändigung eines Reglements, auf das global verwiesen wurde – zum Beweis zugelassen zu wer- den, wenn ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des anwendbaren Prozessrechts entspricht (Art. 152 Abs. 1 ZPO). Dieser Anspruch schliesst indessen nicht aus, dass das Gericht nach pflichtgemässer (antizipierter) Beweiswürdigung zum Schluss kommt, ein form- und fristgerecht beantragter und an sich tauglicher Beweis vermöge seine aufgrund der bereits abgenommenen Beweise gewonnene Überzeugung von der Wahrheit Unwahrheit einer behaupteten und bestrittenen Tatsache nicht zu

erschüttern. In diesem Fall darf das Gericht auf die Abnahme von beantragten Beweismitteln verzichten (BGE 143 III 297 E. 9.3.2; 140 I 285 E. 6.3.1). Der Erlass einer Beweisverfügung wird damit ebenfalls hinfällig (vgl. Art. 154 Satz 1 ZPO).

  1. Das Arbeitsgericht erachtete es vorliegend in antizipierter Beweiswürdigung als erstellt, dass der Kläger das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement erhalten hatte. Es begründete dies im Einzelnen damit, dass nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Kläger das Mitarbeiterbeteiligungs-Reglement nicht verlangt habe, wenn die Möglichkeit des Aktienerwerbs für ihn einen so wesentlichen Vertragsbestandteil gebildet habe. Zudem sei nicht glaubhaft, dass der Kläger das Reglement nicht erhalten habe, da er seine Schadenersatzklage eben gerade auf das besagte Reglement abstütze (Urk. 44 S. 17).

    Der Kläger wandte diesbezüglich ein, gemäss der Bestimmung unter Titel 9 des Arbeitsvertrags hätte er erst im Mai/Juni 2019 B. Holding-Aktien verlangen können. Es sei daher sehr wohl nachvollziehbar, dass er nicht sofort nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags im November 2018 die Herausgabe des Mitarbeiterbeteiligungs-Reglements verlangt habe. Dies hätte er erst im Zeitpunkt des Aktienkaufs getan, zu welchem es aufgrund der Fusion der B. Holding mit C. aber nicht mehr gekommen sei (Urk. 43 S. 10). Mit diesem Einwand brachte der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck, dass er im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags im November 2018 auf die Aushändigung des Reglements verzichtet hatte. Es erscheint daher treuwidrig, wenn sich der Kläger im Nachhinein darauf beruft, das Reglement nicht erhalten zu haben, um die darin enthaltene Schiedsklausel nicht gegen sich gelten zu lassen. Im Verzicht auf die Aushändigung des Reglements ist nach dem Vertrauensprinzip vielmehr die Zustimmung des Klägers zu den darin enthaltenen Bestimmungen zu sehen. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass der Kläger das besagte Reglement bei Vertragsabschluss nicht erhalten habe, wäre dieser Einwand treuwidrig und demnach unbeachtlich. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, dass das Reglement mit der Schiedsabrede Vertragsbestandteil geworden und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts zu verneinen sei, ist somit nicht zu beanstanden.

  2. Nach dem Gesagten ergibt sich, dass erstens der eingeklagte Schadenersatzanspruch nicht arbeitsrechtlicher Natur und die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bereits aus diesem Grund zu verneinen ist. Zweitens liegt eine Schiedsabrede vor, die nicht offensichtlich ungültig ist. Demnach ist nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit auch aus diesem Grund verneinte und auf die Klage nicht eintrat. Die Berufung erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.

IV.

(Gratifikation / Zusicherung)

1.

    1. Im vorinstanzlichen Verfahren war strittig, ob es sich beim vertraglich vorgesehenen Bonus um einen variablen Lohnbestandteil um eine Gratifikation handelt, die der Arbeitgeber freiwillig leistet. Das Arbeitsgericht kam zum Schluss, dass der Bonus als Gratifikation und nicht als variabler Lohnbestandteil verstanden werden müsse. Massgeblich sei, dass die Ausrichtung der Leistung und deren Höhe im Ermessen der Beklagten gestanden und der Bonus im Verhältnis zum vereinbarten Lohn eine bloss sekundäre Vergütung dargestellt habe (Urk. 44 S. 33-36).

      Weiter prüfte das Arbeitsgericht, ob der Bonus verabredet worden sei und eine einklagbare Verpflichtung des Arbeitgebers darstelle. Das Gericht erwog, dass aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrags und der Systematik der Vertragsbestimmungen kein Anspruch auf Auszahlung einer Gratifikation hergeleitet werden könne. Der Kläger sei zwar der Ansicht, die Beklagte habe ihm den Bonus zugesichert, was sich laut Kläger aus einer vom 26. Oktober 2018 datierenden E-Mail von E. , dem CEO der Beklagten, ergeben solle. Aus der Formulierung dieser E-Mail könne aber keine Zusicherung herausgelesen werden. Hinzu komme, dass die besagte E-Mail lediglich im Rahmen der Vertragsvorgespräche geschrieben worden sei. Beide Parteien hätten für ihre gegensätzlichen Standpunkte die Parteibefragung des Klägers und von E. sowie die Zeugenaussage von G. , Geschäftsleitungsmitglied der Beklagten, beantragt. Es würde somit Aussage gegen Aussage stehen. Aus diesem Grund sei von der Durchführung eines Beweisverfahrens abzusehen. Es sei somit nicht erstellt, dass dem Kläger ein Bonus zugesichert worden sei (Urk. 44 S. 37).

      Ausserdem hätten die Parteien nicht behauptet, dass ein Bonus pro rata temporis im Falle des unterjährigen Arbeitsverhältnisses verabredet worden

      sei. Aus dem Arbeitsvertrag gehe eine solche Abrede ebenfalls nicht hervor (Urk. 44 S. 38).

    2. In der Berufungsschrift hielt der Kläger zunächst fest, dass er das Urteil des Arbeitsgerichts nicht anfechte, soweit der Bonus als Gratifikation und nicht als variabler Lohnbestandteil qualifiziert worden sei (Urk. 43 S. 13). Indessen sei ihm die Auszahlung eines Bonus (pro rata) zugesichert worden, was er in der Klage und der Replik dargetan habe (Urk. 43 S. 14). Das Arbeitsgericht habe die offerierten Beweise nicht abgenommen und die vorhandenen Beweise unzutreffend gewürdigt (Urk. 43 S. 13; Urk. 56 S. 8).

      Der Kläger habe der Beklagten in den Vertragsverhandlungen mitgeteilt, dass er das gleiche Lohn-Package haben wolle, wie er es bei seinem früheren Arbeitgeber erhalten habe. Die Beklagte habe dem zugestimmt. Das Arbeitsgericht habe es aber abgelehnt, eine Partei- und Zeugenbefragung durchzuführen (Urk. 43 S. 14). In der E-Mail vom 26. Oktober 2018 habe E. die Auszahlung des Bonus einzig vom budgetierten EBIT abhängig gemacht. Die vereinbarten Ziele seien für das Jahr 2018 erreicht worden. Der Kläger habe hierfür den Urkundenbeweis erbracht und die Befragung mehrerer Zeugen offeriert. Auch diese Beweise seien nicht abgenommen worden (Urk. 43 S. 14).

    3. Die Beklagte bestritt, dass dem Kläger eine Gratifikation zugesichert worden sei. Die betreffenden Rechtsbegehren des Klägers seien aber ohnehin obsolet. Erstens gebe es keinen Anspruch auf eine Zahlung pro rata temporis. Wie im angefochtenen Urteil festgehalten worden sei, habe der Kläger nie behauptet, dass die Parteien einen Anspruch pro rata temporis vereinbart hätten. Ein solcher Anspruch bestehe daher nicht (Urk. 52 S. 14, 19 und 21). Zweitens habe der Kläger anerkannt, dass es sich beim Bonus um eine Gratifikation handle und die Festlegung der Höhe im Ermessen der Beklagten als Arbeitgeberin gelegen habe. Der Kläger selbst habe ausgeführt, dass der Bonus bei null liegen könne und kein Anspruch auf eine bestimmte Bonushöhe bestehe. Hinzu komme, dass die Beklagte ihre Gewinnziele nicht er-

reicht habe und deshalb keinen Bonus ausbezahlt hätte, selbst wenn ein Anspruch darauf bestanden hätte (Urk. 52 S. 19, 21).

Ausserdem habe der Kläger seine eigene Befragung nicht nicht formgerecht beantragt, da sich der Antrag nicht eindeutig einer bestimmten Tatsachenbehauptung zuordnen lasse (Urk. 52 S. 14 f. und S. 16). Auch habe der Kläger nicht aufgezeigt, welche offenen Fragen in der Parteibefragung noch hätten geklärt werden können und inwiefern die Parteibefragung für den Verfahrensausgang erheblich sei (Urk. 52 S. 15, 17).

  1. Erachtet das Gericht in antizipierter Würdigung der vorhandenen Beweise einen Sachverhalt als erstellt, so kann es die Abnahme weiterer Beweismittel ablehnen (vgl. E. III/6.4 hiervor). Indessen verletzt das Gericht das Beweisrecht einer Partei, wenn es objektiv taugliche und formgültig beantragte Beweise zu rechtserheblichen Tatsachen nicht abnimmt, obwohl es die Sachvorbringen dazu weder als erstellt noch als widerlegt erachtet (BGE 143 III 297 E. 9.3.2).

    Parteibefragungen und Beweisaussagen sind gesetzlich vorgesehene (Art. 168 Abs. 1 lit. f ZPO), objektiv taugliche Beweismittel. Soweit die gesetzliche Pflicht zur freien Beweiswürdigung Platz greift, ist es nicht zulässig, einem bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Beweismittel von vornherein jeden Beweiswert abzusprechen. Dies gilt auch für die Parteibefragung und die Beweisaussage im Sinn von Art. 168 Abs. 1 lit. f ZPO. Eine geschickte Befragung durch das Gericht kann erfahrungsgemäss ein gutes Mittel sein, die Wahrheit zu erforschen, wenn die beklagte Partei – zumal in Konfrontation mit der Gegenpartei – eindringlich verhört wird und auf unerwartete Fragen Antwort geben muss. Zudem gewinnt das Gericht, das die Befragung durchführt, einen persönlichen Eindruck, der ihm gestatten kann, die Glaubwürdigkeit der befragten Personen zu beurteilen (BGE 143 III 297 E. 9.3.2, mit Hinweisen).

  2. Die Beweisabnahme durch das Gericht setzt voraus, dass die beweispflichtige Partei dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützt, darlegt und die Beweise dazu angibt (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Welche Tatsachen zu behaupten sind, ergibt sich aus der materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage. Die Behauptungslast ist erfüllt, wenn die Partei in ihrem Tatsachenvortrag in allgemeiner Weise sämtliche Tatsachen benennt, die unter die massgeblichen Normen zu subsumieren sind. Bestreitet der Prozessgegner das an sich schlüssige Vorbringen der behauptungsbelasteten Partei, greift eine über die Behauptungslast hinausgehede Substantiierungslast. Die behauptungsbelastete Partei kann gezwungen sein, die rechtserheblichen Tatsachen nicht nur in den Grundzügen, sondern so umfassend und klar darzulegen, dass darüber Beweis abgenommen werden kann (BGE 144 III 519 E. 5.2.1.1; 127 III 365 E. 2b).

    Der Aktenschluss tritt nach dem zweiten Schriftenwechsel ein. Neue Tatsachen und Beweismittel können danach nur noch nach den Voraussetzungen von Art. 229 Abs. 1 ZPO in den Prozess eingebracht werden (BGE 140 III 312 E. 6.3.2).

  3. Im angefochtenen Urteil hielt das Arbeitsgericht fest, es sei nicht erstellt, dass dem Kläger die Ausrichtung eines Bonus zugesichert worden sei (Urk. 44 S. 37). Da das Gericht den Sachverhalt diesbezüglich als nicht erstellt erachtete, verfügt der beweisbelastete Kläger grundsätzlich über einen Anspruch auf Abnahme seiner Beweisanträge. Das Arbeitsgericht hätte die beantragte Partei- und Zeugenbefragungen daher nicht mit der Begründung ablehnen dürfen, eine Partei- und Zeugenbefragung sei nicht zielführend, weil „Aussage gegen Aussage“ stehe. Wie dargetan, ist es nicht zulässig, einem tauglichen Beweismittel die Überzeugungskraft von vornherein abzusprechen.

Der Beweisanspruch des Klägers setzt allerdings voraus, dass er die wesentlichen Tatsachen, auf die er seine Forderung stützt, rechtzeitig dargelegt und gegebenenfalls detailliert substantiiert hat. Ein Rechtsanspruch auf eine Gratifikation, i.e. eine Sondervergütung, die neben dem Grundlohn bei bestimmten Anlässen, bspw. an Weihnachten zum Abschluss des Geschäftsjahrs, ausgerichtet wird, setzt eine Vereinbarung voraus (Art. 322d

Abs. 1 OR). Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Ereignis, anlässlich dem die Sondervergütung ausgerichtet wird, so besteht ein Anspruch pro rata ebenfalls nur dann, wenn es vereinbart wurde (Art. 322d Abs. 2 OR).

In der Klageschrift behauptete der Kläger, er und die Beklagte hätten vereinbart, dass er neben dem Grundlohn Anspruch auf ein variables Salär habe. Demnach habe er einen Anspruch pro rata für die Monate Dezember 2018 und Januar bis August 2019 (Urk. 1 S. 6-9, S. 17-18). Die Beklagte bestritt, dass neben dem Grundgehalt ein variables Salär vereinbart worden sei. Der Arbeitsvertrag sehe lediglich vor, dass die Möglichkeit bestehe, ei- nen Bonus zu erhalten. Beim besagten Bonus handle es sich klarerweise um eine Gratifikation (Urk. 13 S. 14-19). In der Replik wiederholte der Kläger, dass ein variables Salär vereinbart worden sei, und fügte hinzu, dass, sofern das Arbeitsgericht den geltend gemachten Anspruch wider Erwarten aber als Gratifikation qualifiziere, dem Kläger gemäss Vertragswortlaut ein Bonus in jedem Fall zugesichert worden sei (Urk. 18 S. 16 Rz. 38).

Diesen in der Replik im erstinstanzlichen Verfahren getätigten Äusserungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger die klare Behauptung aufgestellt hätte, die Zusicherung des allfällig als Gratifikation qualifizierten Bonus habe auch das unterjährige Arbeitsverhältnis erfasst. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die anspruchsbegründende Tatsache unter Art. 322d Abs. 2 OR subsumieren zu können. Dass sich eine solche Zusicherung aus dem Vertragswortlaut ergebe, entspricht nicht den Tatsachen (vgl. Urk. 6/4: Arbeitsvertrag, Ziff. 3.3). Ebenso wenig legte der Kläger substantiiert dar, wann und wo und zwischen welchen Personen diese Vereinbarung getroffen wor- den sei. Somit fehlt es an einer für die Anwendung von Art. 322d Abs. 2 OR erforderlichen Tatsachenbehauptung.

Die in der Berufungsschrift aufgestellten Behauptungen sind verspätet. Ausserdem wären sie unbehelflich. Der Kläger brachte vor, es sei eine Gratifikation pro rata zugesichert worden. Er habe anlässlich der Vertragsverhandlungen kommuniziert, dass er dasselbe Lohn Package wie bei seiner früheren Arbeitgeberin erhalten müsse, was ihm zugesagt worden sei. Diesen

Äusserungen lässt sich wiederum nicht entnehmen, dass der Kläger eine klare und substantiierte Behauptung aufgestellt hätte, der Gratifikationsanspruch sei auch für das unterjährige Arbeitsverhältnis abgemacht worden. Ebenso wenig liesse sich diesen Äusserungen entnehmen, dass der Kläger bei seiner früheren Arbeitgeberin einen Rechtsanspruch auf eine anteilsmässige Sondervergütung bei unterjährigem Arbeitsverhältnis gehabt habe.

In Ermangelung rechtzeitig vorgebrachter Tatsachenbehauptungen zum Anspruch auf eine Gratifikation pro rata temporis beim unterjährigen Arbeitsverhältnis kam das Arbeitsgericht – im Ergebnis – somit zu Recht zum Schluss, dass die beantragten Beweise zur Frage der Zusicherung eines Gratifikationsanspruchs und zu den für die Bonushöhe massgeblichen Gewinnzielen der Beklagten nicht abgenommen werden müssen. Eine Verletzung des Beweisantragsrechts liegt im Ergebnis nicht vor. Die Berufung erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.

V.

Nach dem Gesagten ist die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts abzuweisen und dieses Urteil zu bestätigen. Die Gerichtsgebühr ist in Anwendung der Bemessungskriterien von § 4 GebV OG auf CHF 8'000.-festzusetzen, dem Kläger aufzuerlegen und von der geleisteten Prozesskaution zu beziehen. Ausserdem hat der Kläger die Beklagte für die Aufwendungen im Berufungsverfahren zu entschädigen. Der Streitwert beträgt (mindestens) CHF 78'001.55. Somit ist die Entschädigung in Anwendung von § 4 und § 13 Abs. 2 AnwGebV auf CHF 5'200.-- (inkl. MWST) festzusetzen.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Arbeitsgerichts Zürich vom 16. August 2021 bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf CHF 8'000.-festgesetzt, dem Kläger auferlegt und von der geleisteten Prozesskaution bezogen.

  3. Der Kläger wird verpflichtet, die Beklagte für das Berufungsverfahren mit CHF 5'200.-zu entschädigen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage eines Doppels von Urk. 56, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert

30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 78'001.55.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 27. Juni 2022

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

Dr. D. Scherrer

Der Gerichtsschreiber:

Dr. Chr. Arnold

versandt am: st

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