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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:LA150011
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid LA150011 vom 11.01.2016 (ZH)
Datum:11.01.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Arbeitsrechtliche Forderung
Schlagwörter : Bonus; Recht; Arbeit; Beruf; Berufung; Klagt; Vorinstanz; Klagte; Klagten; Einkommen; Klage; Klage; Rechtsprechung; Ausbezahlt; Partei; Beklagten; Vergütung; Arbeitsverhältnis; Parteien; Fixlohn; Reglement; Betrag; Klägers; Lohnbestandteil; Auszahlung; Gekündigt; Urteil; Geschäftsjahr; Teilklage; Bundesgericht
Rechtsnorm: Art. 247 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 322 OR ; Art. 322d OR ; Art. 342 OR ; Art. 56 ZPO ; Art. 86 ZPO ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:139 III 155;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: LA150011-O/U.doc

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr. H.A. Müller und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. P. Knoblauch

Urteil vom 11. Januar 2016

in Sachen

  1. AG,

    Beklagte und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. rer. publ. et lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

    Kläger und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

    betreffend arbeitsrechtliche Forderung

    Berufung gegen ein Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich, 1. Abteilung, vom 9. Februar 2015 (AH140123-L)

    Rechtsbegehren (Urk. 1 S. 2):

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von CHF 30'000.- nebst Zins zu 5 % seit 1. September 2013 zu bezahlen.

    1. Der Kläger behält sich eine Mehrforderung und eine Nachklage ausdrücklich vor.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Urteil des Arbeitsgerichtes Zürich vom 9. Februar 2015 (Urk. 27):
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 30'000.- nebst Zins zu 5 % seit 1. September 2013 zu bezahlen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung von Fr. 5'000.- zu bezahlen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  5. Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, Postfach 2401, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begrün- den. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Berufungsanträge:

der Beklagten und Berufungsklägerin (Urk. 26 S. 2):

1. Es seien die Ziffern 1 und 3 des Urteils des Arbeitsgerichts Zürich, 1. Abteilung, vom 9. Februar 2015 (GeschäftsNr. AH140123) aufzuheben.

  1. Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen.

  2. Eventualiter sei das Verfahren an die Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhaltes und Neuentscheidung zurückzuweisen.

  3. Unter Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klägers / Berufungsbeklagten (zuzüglich 8% MWST).

des Klägers und Berufungsbeklagten (Urk. 31 S. 2):

1. Die Berufung sei abzuweisen.

  1. Unter Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungsklägerin (zzgl. MwSt).

    Erwägungen:

    I.

    1. Der Kläger trat 1991 als Lehrling in den C. ein, um den Beruf eines kaufmännischen Angestellten zu erlernen. Nach Beendigung der Lehre erhielt er eine Festanstellung im Bereich Wertschriftenhandel / Obligationen als Trader. Am

29. Juni 1998 wurde das Arbeitsverhältnis von der Beklagten übernommen, die den Kläger per 1. Juli 1999 zum Associate Director und per 1. März 2006 zum Director beförderte. Aufgrund interner Restrukturierungen wurde der Kläger per

  1. November 2012 freigestellt und in den sog. Coach-Prozess überführt; am 14. Januar 2013 erfolgte die Kündigung auf den 31. Juli 2013. Aufgrund einer Krankheit verlängerte sich das Arbeitsverhältnis bis 31. August 2013 (Urk. 8 S. 3, Urk. 9/1-6, Urk. 10 S. 3, Urk. 11/1-3; Prot. I S. 5).

    1. Das fixe Jahressalär betrug im Jahre 2004 Fr. 100'000.- und erhöhte sich sukzessive auf Fr. 180'000.- (ab 1. März 2010). Zusätzlich kam der Kläger in den Genuss von variablen Vergütungen. Die Compensation Statements weisen für die Geschäftsjahre 2004 bis 2010 folgende Boni aus (Urk. 22/1-7):

      Für die Geschäftsjahre 2011, 2012 und 2013 erhielt der Kläger keinen Bonus (Urk. 22/8-9). Im Geschäftsjahr 2011 fügte ein Mitarbeiter in der Beklagten einen Verlust in Milliardenhöhe zu (Urk. 8 S. 6, Urk. 10 S. 9, Prot. I S. 5, S. 11). In

      den Geschäftsjahren 2012 und 2013 stand der Kläger im Zeitpunkt der Ausrichtung in einem gekündigten bzw. in keinem Arbeitsverhältnis mehr (Urk. 8 S. 7, Urk. 10 S. 10). Die Abgangsentschädigung betrug Fr. 174'600.- brutto (Urk. 9/6+7).

      Für einen bestimmten Vergütungsanteil konnte der Kläger Beteiligungsrech- te beziehen (Equity Plus Programm bzw. Equity Ownership Plan [EOP] A- ward). So wurden dem Kläger zuletzt für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 Awards in der Höhe von Fr. 228'000.- bzw. Fr. 138'000.- zugeteilt. Gemäss den Lohnausweisen erzielte der Kläger in den Jahren 2007 bis 2013 das folgende steuerbare Einkommen (Urk. 14/1, Urk. 22/6, Urk. 22/7, Prot. I S. 12):

      Beteiligungsrechte Lohn (bis 2011 inkl. Cashbonus)

    2. Am 26. August 2014 reichte der Kläger Klage und Klagebewilligung bei der Vorinstanz mit obgenanntem Rechtsbegehren ein (Urk. 1, Urk. 3). Anlässlich der Hauptverhandlung vom 4. Dezember 2014 führte der Kläger aus, er habe in den Jahren 2011 bis 2013 zu Unrecht keinen Bonus, der zum Lohnbestandteil geworden sei, erhalten. Er habe daher für diese Jahre Anspruch auf zusätzlichen Lohn, und zwar auf Fr. 180'000.- im Jahr 2011, auf Fr. 180'000.- im Jahr 2012 und auf Fr. 120'000.- im Jahr 2013 (pro rata bis 31. August). Im Rahmen einer zulässigen Teilklage mache er von diesem Betrag einstweilen Fr. 30'000.- nebst Zins zu 5% ab 1. September 2013 geltend (Prot. I S. 3 f., S. 9 ff.; Urk. 8 S. 9). Die Beklagte widersetzte sich der Klage (Prot. I S. 4 ff., S. 17 ff.; Urk. 10). Am 22. Dezember 2014 erstattete die Beklagte eine Noveneingabe (Urk. 13). Der Kläger nahm dazu am 5. Februar 2015 Stellung (Urk. 21). Am 9. Februar 2015 hiess die Vorinstanz die Klage gut (Urk. 24 = Urk. 27).

    3. Gegen das ihr am 11. Februar 2015 zugestellte Urteil führt die Beklagte mit Eingabe vom 13. März 2015 Berufung mit obgenanntem Antrag (Urk. 26, Urk.

25/2). Die Berufungsantwort datiert vom 7. Mai 2015 (Urk. 31). Die Parteien reichten unaufgefordert weitere Stellungnahmen ein (Urk. 35, Urk. 40).

II.

  1. Die Vorinstanz erwog, die schriftlich getroffenen Vereinbarungen (Arbeitsvertrag samt Reglementen und Bonusschreiben) würden den Bonus zunächst als echte Gratifikation erscheinen lassen, weshalb zu prüfen sei, ob durch konkludentes Verhalten der Parteien eine Verpflichtung zur Ausrichtung der Gratifikation entstanden sei. Mit Rücksicht auf die Höhe der seit 2004 ausgerichteten Beträge, die den Fixlohn fast durchwegs deutlich überstiegen hätten, schloss die Vorinstanz, dass aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Boni trotz der vertraglich vorgesehenen und ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalte zumindest teilweise als Lohnbestandteil zu qualifizieren seien. In der Folge prüfte die Vorinstanz, ob der Fixlohn des Klägers eine Höhe erreichte, welche seine Lebenshaltungskosten erheblich überstieg und nach der mit BGE 139 III 155 präzisierten Rechtsprechung den Lohncharakter der Sondervergütung (wieder) entfallen lässt. In zeitlicher Hinsicht stellte die Vorinstanz bei der Prüfung dieser Frage darauf ab, welche Vergütungen jeweils für ein bestimmtes Jahr ausgerichtet wurden. Demgegenüber hielt sie den Zeitpunkt bzw. das Jahr, in dem ein Bonus effektiv ausbezahlt oder Beteiligungsrechte definitiv erworben wurden, nicht für massgeblich. Die Vorinstanz stellte fest, dass dem Kläger in den Jahren 2011 und 2012 neben den gevesteten Beteiligungsrechten der Vorjahre einzig die Fixlöhne in der Hö- he von Fr. 180'000.- ausgerichtet worden seien. Im Jahre 2013 seien - so die Vorinstanz weiter - zum anteilmässigen Lohn zwar eine Abgangsentschädigung und Awards erbracht worden, doch hätten diese Zahlungen ausser Acht zu bleiben, da sie im Zusammenhang mit der Kündigung und Beendigung des langjährigen Arbeitsverhältnisses stünden (Urk. 27 S. 9 bis S. 11).

  2. Die Vorinstanz ermittelte das Durchschnittseinkommen anhand des Medianlohns des Kantons Zürich für den privaten Sektor gemäss Schweizerischer Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik, der im Jahre 2012 Fr. 6'118.- pro Monat bzw. Fr. 73'416.- im Jahr (brutto) betrug. Sie hielt dafür, es lie-

ge kein Fall vor, in welchem das Einkommen des Arbeitnehmers den Durchschnittslohn um ein Vielfaches übersteige, habe das klägerische Einkommen mit einem Fixlohn von Fr. 180'000.- doch lediglich etwas mehr als das Doppelte des Medianlohns betragen. Auch die von der Beklagten dem Kläger zugestandenen Lebenshaltungskosten in der Grössenordnung von Fr. 120'000.- bis Fr. 140'000.- würden durch den Fixlohn nicht bei Weitem übertroffen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn weitere Vergütungen im Auszahlungsjahr berücksichtigt wür- den. Der vom Bundesgericht in BGE 139 III 155 beurteilte Fall habe sich in ganz anderen finanziellen Dimensionen bewegt, weshalb es bei der wiederholt bestä- tigten konstanten Rechtsprechung bleibe und der Kläger dem Grundsatz nach zusätzlich zum Fixlohn Anspruch auf die Ausrichtung eines Bonus habe. Was die Höhe des Vergütungsanspruchs betreffe, stehe zufolge der Teilklage nur ein Betrag von Fr. 30'000.- zur Debatte, wobei die Beklagte die fehlende Auszahlung eines Bonus für das Jahr 2012 alleine damit begründe, dass sie dem Kläger vor der Auszahlung im Januar 2013 gekündigt habe. Die Beklagte mache damit nicht geltend, die Kläger hätte ohne Kündigung für das Jahr 2012 den einstweilen geforderten Betrag von Fr. 30'000.- nicht ausbezahlt erhalten. Bei dieser Sachlage sei die Klage gutzuheissen, wobei offen bleiben könne, was der Kläger für das Jahr 2012 gesamthaft zugute habe. Weiter könne offen bleiben, ob für das Jahr 2011 aufgrund des schlechten Geschäftsjahres und ob für das Jahr 2013 aufgrund der Freistellung, der geleisteten Abgangsentschädigung und weiterer Vergütungen ein Bonusanspruch bestehe (Urk. 27 S. 11 ff.).

III.

1. Die Berufung wurde formund fristgerecht erhoben. Sie richtet sich gegen einen erstinstanzlichen Endentscheid. Da auch die Streitwertgrenze erreicht wird, ist auf die Berufung - unter Vorbehalt hinreichender Begründung - einzutreten (Art. 308 und Art. 311 ZPO). Mit der Berufung kann unrichtige Rechtsanwendung und unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO).

    1. Die Beklagte wirft der Vorinstanz vor, sie habe das Recht unrichtig angewendet, indem sie die Teilklage trotz mangelnder Substantiierung gutgeheissen habe. Der Kläger habe seine Gesamtforderung auf Fr. 480'000.- beziffert, wobei sich diese aus jeweils Fr. 180'000.- als Bonus für die Jahre 2011 und 2012 und aus Fr. 120'000.- als Bonus für das Jahr 2013 (pro rata) zusammensetze. Der Kläger habe es unterlassen zu substantiieren, welchen Teil der behaupteten Gesamtforderung er mit seiner Klage über Fr. 30'000.- geltend mache. So sei aufgrund der Klagebegründung offen geblieben, ob sich der teilklageweise geforderte Betrag auf das Jahr 2011, 2012 oder 2013 beziehe, oder ob dieser Betrag in einem bestimmten Verhältnis auf alle Jahre verteilt gefordert werde. Es sei der Beklagten unter diesen Umständen nicht möglich gewesen, ihre Verteidigungsrechte umfassend wahrzunehmen und die Teilklage substantiiert zu bestreiten. Indem die Vorinstanz die Forderung ohne entsprechende Substantiierung der Teilklage durch den Kläger und ohne Begründung dem Jahr 2012 zugeordnet habe, habe sie Bundesrecht verletzt (Urk. 26 S. 6).

    2. Der Kläger hält den Vorwurf der mangelnden Substantiierung für eine neue, unzulässige Tatsachenbehauptung. Nach seinem Verständnis wurde in der Klage hinreichend dargelegt, welche Ansprüche geltend gemacht werden und dass [er] diese Ansprüche in der Klage nur zum Teil geltend macht. Er habe sich gemäss Art. 86 ZPO darauf beschränken dürfen, nur einen Teil der Gesamtforderung einzuklagen. Die Beklagte habe ihre Verteidigungsrechte umfassend wahrgenommen und dargelegt, weshalb der Kläger ihrer Auffassung nach für die Jahre 2011 bis 2013 überhaupt keinen Bonusanspruch habe (Urk. 31 S. 3).

    3. Bei der Frage, ob ein Anspruch ausreichend substantiiert wurde, handelt es sich um eine Rechtsfrage. Der Einwand der Beklagten kann daher nicht an der Novenschranke von Art. 317 ZPO scheitern.

    4. Ist ein Anspruch (wie eine Geldforderung) teilbar, so kann auch nur ein Teil eingeklagt werden (Art. 86 ZPO). Vorliegend behauptet der Kläger, über drei verschiedene, individualisierbare Ansprüche für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu verfügen. Der Kläger hat sich in der Tat nie darüber ausgesprochen, welchen Teil jedes Anspruches er in welcher Reihenfolge fordert bzw. auf welche Jahre die

      mit der Teilklage eingeklagte Summe in welcher Höhe zu verteilen ist. Er hat lediglich ausgeführt, vom Total von Fr. 480'000.- würden einstweilen Fr. 30'000.- geltend gemacht (Urk. 8 S. 9).

    5. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es zur Subsumtion unter die massgeblichen Bestimmungen des materiellen Rechts nicht notwendig, dass die klagende Partei die Reihenfolge angibt, in welcher verschiedene Ansprüche, auf die sie ihre Teilforderung stützt, vom Gericht zu prüfen sind. Es genügt, wenn sie hinreichend substantiiert behauptet, dass eine die eingeklagte Summe übersteigende Forderung besteht. Das materielle Bundesrecht verlangt vom Berechtigten nicht, dass er angibt, worauf die von ihm geforderte Teilzahlung angerechnet wird (BGer 4A_91/2014 E. 5 und 4A_194/2012 E. 1.3 und 1.4).

    6. Die Vorinstanz ging damit zu Recht davon aus, die Klage sei hinreichend substantiiert. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, wenn sie den eingeklagten Teilanspruch an den Bonusanspruch des Jahres 2012 anrechnet. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Beklagten dadurch eine umfassende Verteidigung erschwert oder verunmöglicht worden wäre. Im Übrigen wäre dem Kläger bei unklarem oder unvollständigem Sachvortrag durch entsprechende Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und Ergänzung einzuräumen gewesen (Art. 56 ZPO, Art. 247 Abs. 1 ZPO), zumal der vorliegende Prozess von der sozialen Untersuchungsmaxime beherrscht wird (Art. 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ZPO). Die Beklagte legt nicht dar, welche Verteidigungsrechte sie nicht wahrnehmen konnte bzw. welche Tatsachenbehauptungen von ihr substantiierter bestritten worden wären, wenn sich der Kläger von allem Anfang an für die primäre Prüfung des Bonusanspruchs für das 2012 ausgesprochen hätte.

    1. Die Beklagte macht geltend, bei der Prüfung der Frage, ob ein sehr hohes Einkommen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorliege, seien alle in einem bestimmten Kalenderjahr ausgerichteten Vergütungen (und nicht nur der Fixlohn) zu berücksichtigen. Insbesondere müsse der Bonus dem Jahr der effektiven Auszahlung und der Wert einer Aktie der Periode des definitiven Erwerbs zugerechnet werden, sei doch entscheidend, ob der Arbeitnehmer genug Einkommen habe, um seine laufenden Kosten zu decken. Die Vorinstanz habe

      den Sachverhalt unrichtig festgestellt und das Recht unrichtig angewendet, indem sie bei der Beurteilung der Akzessorietät den tatsächlich ausbezahlten Bonus, die ausgerichteten Beteiligungsrechte und die Abgangsentschädigung nicht berücksichtigt und den ausbezahlten Bonus dem falschen Jahr zugewiesen habe. Für die Ermittlung und Zuordnung des Einkommens sei auf die Lohnausweise (Urk. 14/1) abzustellen (Urk. 26 S. 7 ff.). Demzufolge seien dem Kläger im Jahr 2011 Fr. 432'513.- (das 5.9-fache des schweizerischen Durchschnittslohns), im Jahr 2012 Fr. 278'941.- (das 3.8-fache des schweizerischen Durchschnittslohns) und im Jahr 2013 Fr. 431'211.- (das 8.8-fache des schweizerischen Durchschnittslohns) als eigentlicher Lohn ausbezahlt worden. Damit habe der Kläger seine Lebenshaltungskosten von schätzungsweise Fr. 120'000.- bis Fr. 140'000.- pro Jahr bei weitem decken können, weshalb vorliegend kein Anlass bestehe, mit Mitteln des zwingenden Arbeitnehmerschutzes in die Parteiabrede einzugreifen (Urk. 26 S. 13 ff.).

    2. Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung in dem zur Publikation vorgesehenen Entscheid 4A_653/2014 vom 11. August 2015 präzisiert und sich eingehend zur Frage geäussert, wo die Grenze zum sehr hohen Einkommen (seuil du très haut revenu) zu ziehen ist. Es hat zunächst erwogen, dass von der gesamten in einem bestimmten Jahr ausbezahlten Vergütung (Grundgehalt und Bonuszahlung) auszugehen ist, um zu entscheiden, ob das Kriterium der Akzessorietät zu beachten und der Bonus - je nach dem Verhältnis zum Basislohn - unter Umständen als Lohnbestandteil zu qualifizieren ist. Insofern kommt es nur auf das Jahr der tatsächlichen Auszahlung an, auch wenn der Bonus auf den Geschäftszahlen und/oder auf der Leistung des Vorjahres beruht. Sodann hat das Bundesgericht entschieden, dass nur dann von einem sehr hohen Einkommen gesprochen werden kann, wenn die Gesamtvergütungen den fünffachen Betrag des schweizerischen Medianlohns im Privatsektor übersteigen.

    3. Dieser Medianlohn betrug gemäss Angaben des Bundesamtes für Statistik im Jahr 2012 Fr. 6'118.- brutto pro Monat bzw. Fr. 73'416.- pro Jahr. Von einem sehr hohen Einkommen könnte im vorliegenden Zusammenhang daher erst gesprochen werden, wenn die Bruttobezüge des Klägers im Jahre 2012 Fr. 367'080.- überstiegen hätten. Gemäss Lohnausweis 2012 betrug das Basissalär

      Fr. 180'000.-. Zudem wurden im Jahre 2012 vom Kläger zu versteuernde Beteiligungsrechte von Fr. 98'941.05 erworben. Seine Gesamtvergütung betrug also Fr. 278'941.-. Sie bleibt damit um Fr. 88'139.- unter der Schwelle zum hohen Einkommen. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass die Gesamtvergütung des Klägers im Jahre 2012 das fünffache des schweizerischen Durchschnittslohns nicht erreicht sondern lediglich das 3.8-fache davon betragen habe (Urk. 26 S. 13). Nachdem der Kläger lediglich Fr. 30'000.- eingeklagt hat und die Grenze zum hohen Einkommen auch nach Hinzurechnung dieser Summe nicht erreicht wird, entfällt das Kriterium der Akzessorietät auch nicht teilweise. Vielmehr bleibt für die Beurteilung der Teilklage das Verhältnis von Bonus zum Lohn vollumfänglich entscheidrelevant.

    4. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die seit 2004 regelmässig ausbezahlten Boni, welche den Fixlohn mit Ausnahme der Jahre 2007 und 2008 fast durchwegs überstiegen hätten, nicht mehr bloss akzessorisch erschienen und zumindest teilweise zum Lohnbestandteil würden (Urk. 27 S. 9 f. E. 4.2.). Die Beklagte beanstandet zwar, die Vorinstanz habe aufgrund einer falsch ermittelten Gesamtvergütung (die in Tat und Wahrheit höher sei und das Verhältnis zwischen Lohn und Gratifikation bedeutungslos werden lasse) die Boni zu Unrecht auf ihren akzessorischen Charakter hin überprüft. Sie macht in der Berufung aber zu Recht nicht geltend, dass die Vorinstanz das Verhältnis zwischen Lohn und Sondervergütung falsch beurteilt habe, den über die Jahre ausbezahlten Boni lediglich eine zweitrangige Bedeutung zukomme und der akzessorische Charakter noch gewahrt sei. Für die Jahre 2004 bis 2006 erfolgten Bonuszahlungen, die - wie bereits für die Jahre 2001 bis 2003 (Urk. 21 S. 4) - das fixe Salär deutlich überstiegen (Urk. 8 S. 4, Urk. 21 S. 4 f., Urk. 22/1-3). In den Jahren 2007 und 2008 ging der Bonus - nachdem die Beklagte im Geschäftsjahr 2007 einen Verlust von Fr.

4.4 Mia. eingefahren hatte (Urk. 8 S. 5, Prot. I S. 5) - zwar auf gut die Hälfte bzw. auf 7% des fixen Salärs zurück (Urk. 22/4+5), doch übertrafen die für die Jahre 2009 und 2010 ausgerichteten variablen Vergütungen das fixe Salär bei Weitem und kompensierten insofern die beiden mageren Jahre zuvor (Urk. 22/6+7). Angesichts dieser Entwicklung ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, die von der Beklagten regelmässig ausbezahlten Boni erschienen nicht mehr akzessorisch.

    1. Die Beklagte trägt weiter vor, sie sei selbst dann berechtigt, die Auszahlung in den Jahren 2011 bis 2013 vollumfänglich zu verweigern, wenn der Bonus teilweise zum Lohnbestandteil werde. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werde der Bonus mangels Akzessorietät nicht zum Fixlohn, sondern sei dessen Höhe nach den im Vertrag vereinbarten Kriterien objektiv festzusetzen (mit Verweis auf BGer 4A_721/2012 E. 3.2 a.E.). Demnach seien vorliegend die vertraglichen Abreden, insbesondere das Arbeitsvertragsreglement Direktion (Urk. 11/7+8; fortan Reglement) für den Bonus massgebend. Im Zeitpunkt der Ausrichtung des Bonus für das Jahr 2012, d.h. im Februar 2013, sei das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt gewesen. Gestützt auf Art. 32a des Reglements habe die Beklagte die Auszahlung eines Bonus an den Kläger verweigern können. Für das Jahr 2012 bestehe gestützt auf die vertragliche Abrede zwischen den Parteien kein Bonusanspruch, da es an einer grundsätzlichen Voraussetzung einer Bonusauszahlung fehle (Urk. 26 S. 16 f.).

    2. Der Kläger entgegnet, der Bonus werde nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zwar nicht zum Fixlohn wohl aber zum Lohnbestandteil, über den der Arbeitgeber auch durch einseitig erlassene Reglemente etc. nicht nach freiem Belieben und Ermessen verfügen könne. Laut Coach Policy 2012 (Urk. 12/3) wür- den gekündigte Direktionsmitglieder im Coach-Prozess bis zur Beendigung des Arbeitsvertrags bonusfähig bleiben. Der Hinweis auf das Reglement sei daher unbehelflich und die willkürliche Verweigerung des Bonus für die Jahre 2011 bis 2013 durch nichts zu rechtfertigen (Urk. 31 S. 6 f.).

    3. Die Beklagte leitet das Recht, dem Kläger für das Jahr 2012 den Bonus zu verweigern, aus Art. 32a des Reglements ab. Demzufolge erhalten Direktionsmitglieder, deren Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung des Bonus gekündigt ist, keinen Bonus, auch nicht pro rata (Urk. 11/7+8 S. 11). Die Coach Policy bzw. die dazugehörigen Erläuterungen / Präzisierungen halten dazu fest, dass Angestellte, die sich im Coach-Prozess befinden, grundsätzlich bis zum Ende des Arbeitsvertrages bonusfähig bleiben (Urk. 12/3 Ziff. 6.4.2). Ob dadurch Art. 32a des Reglements modifiziert wurde, kann dahingestellt bleiben: Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der Lohn für bereits geleistete Arbeit nicht von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis oder vom Verbleib im Unternehmen

      abhängig gemacht werden. Dies gilt auch für Sondervergütungen mit Lohncharakter. Dass die Fälligkeit des Bonus, der Lohnbestandteil darstellt, in das auf die Referenzperiode folgende Jahr verlegt wird, ändert daran nichts. Zwar können die Parteien aufgrund des dispositiven Charakters von Art. 322 OR den Lohn durch Vereinbarung während laufendem Arbeitsverhältnis vor Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist reduzieren. Eine solche Vereinbarung kann aber nur für die Zukunft Wirkungen entfalten und sich nicht auf bereits erbrachte Arbeitsleistungen beziehen (BGer 4A_509/2008 E. 5.1, 4A_115/2007 E. 4.3.1; Brühwiler, Einzelarbeitsvertrag, 3. Aufl., Basel 2014, N 9 zu Art. 322d OR, S. 139 f.). Ein nachträglicher Verzicht auf Lohn, dem nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Art. 342 OR nicht entgegensteht (BGer 4A_187/2015 und 4A_199/2015 E. 6.2.2.2 mit weiteren Verweisen), liegt hier nicht vor, da die Zustimmung des Klägers zum Reglement vorgängig erfolgt war (Urk. 10 S. 6). Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass dem Kläger Art. 32a des Reglements bzw. der gekündigte Arbeitsvertrag nicht entgegengehalten werden kann, da der Bonus für das Jahr 2012 jedenfalls im eingeklagten Betrag von Fr. 30'000.- als Lohnbestandteil zu qualifizieren ist.

    4. Andere Verweigerungsgründe macht die Beklagte für das Jahr 2012 nicht geltend. Sie behauptet insbesondere nicht, der Bonus hätte in ungekündigtem Arbeitsverhältnis weniger als Fr. 30'000.- betragen. Ob die Beklagte berechtigt wäre, für die Jahre 2011 oder 2013 einen Bonus ganz oder teilweise zu verweigern, braucht hier nicht entschieden zu werden. Desgleichen kann offengelassen werden, ob die dem Kläger im Jahre 2013 ausbezahlte Abgangsentschädigung von Fr. 174'600.- (Urk. 9/7) einem Bonusanspruch für das Jahr 2013 ganz oder teilweise entgegenstehen würde.

    1. Die Beklagte hält schliesslich das angefochtene Urteil auch im Ergebnis für unhaltbar und stossend. Würden dem Kläger die eingeklagten Boni zugesprochen und für die Jahre 2011 und 2012 zusätzlich je Fr. 180'000.- sowie für das Jahr zusätzlich Fr. 120'000.- ausbezahlt, resultiere eine haarsträubende jährliche Gesamtvergütung von durchschnittlich Fr. 580'888.-, die der Kläger in den Jahren 2007 bis 2010 und während seiner gesamten Anstellung nicht erreicht habe, betrage die durchschnittliche jährliche Gesamtvergütung von 2007 bis 2010

      doch lediglich Fr. 287'570.-. Dies sei auch deshalb nicht zu rechtfertigen, weil der Kläger im Rahmen des Coach-Programms vor der Kündigung zusätzlich den Lohn für zwei Monate erhalten habe, ohne dafür arbeiten zu müssen. Angesichts dieser Zahlen sei im Lichte der mit BGE 139 III 155 begründeten Rechtsprechung die arbeitsrechtliche Schutzbedürftigkeit des Klägers zu verneinen (Urk. 26 S. 17 ff.).

    2. Entgegen der Darstellung der Beklagten (Urk. 26 S. 18 f. Rz 53, Rz 55 f.) wurden seitens des Klägers nicht Fr. 480'000.- sondern lediglich Fr. 30'000.- eingeklagt. Es wurde bereits ausgeführt, dass eine dem Kläger im (hier allein zu beurteilenden) Jahr 2012 ausgerichtete Vergütung von Fr. 278'941.- auch unter Hinzurechnung von Fr. 30'000.- noch nicht zu den sehr hohen Einkommen gerechnet werden kann (Erw. III/3.3). Eine Gesamtentschädigung von Fr. 308'941.- brutto führt unter Berücksichtigung der Vorjahre (2010 wurden dem Kläger Fr. 398'799.- und 2011 Fr. 432'513.- brutto vergütet) keineswegs zu einem falschen oder stossenden Ergebnis.

6. Die Berufung ist demnach abzuweisen. Die Beklagte ist in Bestätigung des angefochtenen Urteils zu verpflichten, dem Kläger Fr. 30'000.- zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. September 2013 zu bezahlen.

IV.

Bei diesem Ausgang ist das erstinstanzliche Kostendispositiv zu bestätigen. Das Berufungsverfahren ist kostenlos. Indes hat die unterliegende Beklagte dem Kläger eine Parteientschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) auszurichten.

Es wird erkannt:
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 30'000.- zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. September 2013 zu bezahlen.

  2. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Dispositiv Ziffern 2 und 3) wird bestä- tigt.

  3. Das Berufungsverfahren ist kostenlos.

  4. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'700.- zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Arbeitsgericht Zürich,

    1. Abt., je gegen Empfangsschein.

      Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 30'000.-.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

Zürich, 11. Januar 2016

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

Dr. L. Hunziker Schnider

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. P. Knoblauch

versandt am: js

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