Zusammenfassung des Urteils LA110042: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 24. August 2011 in einem Ehescheidungsverfahren entschieden, dass die Ehe der Gesuchsteller geschieden wird. Der Gesuchsteller muss der Gesuchstellerin Fr. 72'295.00 als Ausgleich für güterrechtliche Ansprüche zahlen. Zudem wird der hälftige Miteigentumsanteil der Gesuchstellerin an einer Liegenschaft auf den Gesuchsteller übertragen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 30'000.00, wobei weitere Kosten auf die Parteien aufgeteilt werden. Der Richter ist Dr. R. Klopfer.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LA110042 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 05.07.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung aus Arbeitsrecht |
Schlagwörter : | Berufung; Arbeit; Beklagten; Ferien; Arztzeugnis; Recht; Vorinstanz; Lehrverhältnis; Kündigung; Urteil; Parteien; Verfahren; Entscheid; Besprechung; Gespräch; Arztzeugnisse; Woche; Fernbleiben; Abwesenheit; Arbeitszeugnis; Berufungsverfahren; Absenz; Termin; Lehrverhältnisses; Verhalten; Zusammenhang; Bundesgericht; Krankheit |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 247 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 315 ZPO ;Art. 316 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 337 OR ;Art. 346 OR ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 107 II 233; 127 III 153; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LA110042-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, Ersatzoberrichter Dr. S. Mazan und Ersatzoberrichterin lic. iur. R. Blesi Keller sowie Gerichtsschreiber lic. iur. K. Vogel
in Sachen
,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Beklagter und Berufungsbeklagter
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.
betreffend Forderung aus Arbeitsrecht
Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts am Bezirksgericht Horgen vom 9. September 2011 (FV110027)
1. Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin unter Nachklagevorbehalt CHF 26'000.zuzüglich Zins zu 5 % seit 21. Oktober 2008 zu bezahlen.
Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin ein wohlwollendes und angemessenes Arbeitszeugnis ausund zuzustellen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. 8 % MwSt.) zu Lasten des Beklagten.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin den Betrag von Fr. 2'345.55 (brutto) zu bezahlen.
Das Verfahren bezüglich Ausund Zustellung eines Arbeitszeugnisses wird zufolge Gegenstandslosigkeit erledigt abgeschrieben.
Im darüber hinausgehenden Umfang wird die Klage abgewiesen.
Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.
Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschä- digung von Fr. 4'000.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
[Mitteilungssatz]
[Rechtsmittelbelehrung]
der Klägerin und Berufungsklägerin (Urk. 16 S. 2):
1. Es sei das Urteil des Bezirkgerichts Horgen vom 9. September 2011 im Umfang der Klageabweisung (Dispositiv-Ziff. 1 Abs. 3) und in Bezug auf die Prozessentschädigung (Dispositiv-Ziff. 3) aufzuheben.
Es sei der Berufungsbeklagte zu verpflichten, der Berufungsklägerin unter Nachklagevorbehalt CHF 23'654.45 zuzüglich Zins zu 5 % seit 21. Oktober 2008 zu bezahlen.
Eventualiter sei der Prozess zur Durchführung weiterer Erhebungen und zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurück zu weisen.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. 8 % MwSt.) zu Lasten des Berufungsbeklagten für das erstund zweitinstanzliche Verfahren.
Urk. 16 S. 12f. (sinngemäss):
Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin 5 % Zins seit dem 21. Oktober 2008 auf Fr. 2'345.55 (brutto) zu bezahlen.
des Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 21 S. 2):
Es sei der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen unter Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin und Appellantin.
I.
Die Parteien schlossen am tt. März 2006 einen Lehrvertrag ab, welcher am tt. Mai 2006 vom Mittelschulund Berufsbildungsamt genehmigt wurde. Die Klägerin und Berufungsklägerin (fortan Klägerin) sollte vom tt. August 2006 bis zum tt. August 2009 zur Tiermedizinischen Praxisassistentin ausgebildet werden (Urk. 4/2). Der Beklagte und Berufungsbeklagte kündigte das Lehrverhältnis mit Schreiben vom 1. Oktober 2008 fristlos (Urk. 4/3 Anhang 3 = Urk. 10/9; Urk. 10/8).
Mit der Eingabe vom 8. April 2011 sowie der Klagebewilligung des Friedensrichteramtes C. vom 25. März 2011 hob die Klägerin vor Vorinstanz eine Klage mit den eingangs erwähnten Begehren an. Betreffend den Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ist auf die Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen (Urk. 17 S. 2 Ziff. 1). Mit Urteil vom 9. September 2011 sprach die Vorinstanz der
Klägerin Fr. 2'345.55 (brutto) zu. Das Verfahren bezüglich Ausund Zustellung eines Arbeitszeugnisses wurde zufolge Gegenstandslosigkeit erledigt abgeschrieben. Im Mehrbetrag wurde die Klage abgewiesen (Urk. 17 S. 11). Die Klägerin hat fristgerecht Berufung erhoben (Urk. 13/2; Urk. 16). Die Berufungsantwort datiert vom 20. Dezember 2011 (Urk. 21). Sie wurde der Klägerin zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 22).
Gemäss Art. 316 ZPO kann die Rechtsmittelinstanz eine Verhandlung durchführen, aufgrund der Akten entscheiden (Abs. 1) einen zweiten Schriftenwechsel anordnen (Abs. 2). Diese Bestimmung verschafft der Berufungsinstanz einen grossen Ermessensspielraum, das Geeignete für den konkreten Fall vorzukehren (KUKO ZPO-Brunner, Art. 316 N 1). Die Berufungsinstanz kann selbst entscheiden, ob das Berufungsverfahren mündlich schriftlich durchgeführt wird. Wenn die Sache spruchreif ist, kann bereits nach der Berufungsschrift Berufungsantwort - d.h. ohne zweiten Schriftenwechsel bzw. ohne mündliche Berufungsverhandlung entschieden werden. Die Sache ist spruchreif und ein Aktenentscheid angezeigt, wenn sich die Berufungsinstanz bereits nach dem ersten Schriftenwechsel eine abschliessende Meinung bilden kann (Reetz/Hilber, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Kommentar, Art. 316 N 14). Wie im Folgenden zu zeigen sein wird, ist die Sache spruchreif. Es kann bereits nach dem ersten Schriftenwechsel aufgrund der Akten entschieden werden.
Mit der Berufung können unrichtige Rechtsanwendung und unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Im Rahmen der Berufungsbegründung ist darzulegen, weshalb die in der Berufungsschrift aufgeführten Berufungsanträge gestellt werden und gestützt auf welche Sachverhaltselemente und Rechtsgrundlagen sich diese Berufungsanträge rechtfertigen. Die Begründung eines Rechtsmittels hat zu erklären, weshalb der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten unrichtig sein soll. Der Berufungskläger hat sich dementsprechend mit den Entscheidgründen der Vorinstanz auseinanderzusetzen. Die Berufungsinstanz hat sodann die geltend gemachten Punkte zu prüfen. Sie hat nicht von sich aus den erstinstanzlichen Entscheid auf alle denkbaren Mängel zu untersuchen, wenn diese von keiner Partei gerügt wer-
den, es sei denn, der Sachverhalt sei geradezu willkürlich festgestellt das Recht sei geradezu willkürlich angewandt worden und diese Fehlerhaftigkeiten träten klar zutage (Reetz/Hilber, a.a.O., Art. 311 N 36). Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung mit den entsprechenden Rügen grundsätzlich den Umfang der Prüfungsbefugnis und der Prüfungspflicht der Berufungsinstanz umschreibt. Die Berufungsinstanz kann die gerügten Mängel frei und unbeschränkt überprüfen und sie muss sie auch überprüfen (Reetz/Hilber, a.a.O., Art. 310 N 5 f.). Dabei ist sie aufgrund der umfassenden Überprüfungsbefugnis nicht an die mit den Rügen vorgebrachten Argumente an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Sie kann Rügen auch mit abweichenden Erwägungen gutheissen abweisen.
Neue Vorbringen sind im Berufungsverfahren lediglich im Rahmen echter Noven zulässig. Dies sind neue Tatsachenvorbringen, welche kumulativ ohne Verzug vorgebracht werden (Art. 317 Abs. 1 lit. a ZPO) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO). Dies gilt auch für Verfahren unter wie vorliegend eingeschränktem Untersuchungsgrundsatz (Art. 247 Abs. 3 ZPO), ist doch eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO im Berufungsverfahren abzulehnen, da diese der im Gesetz eigens vorgesehenen abweichenden Regelung von Art. 317 ZPO entgegensteht (ZR 110/2011 Nr. 96; ZR 111/2012 Nr. 35). Auch die Natur des vorliegenden Verfahrens bzw. die eingeschränkte Untersuchungsmaxime gebieten kein uneingeschränktes Novenrecht in zweiter Instanz (BGE 107 II 233 Erw. 3; ZR 100/2001 Nr. 14; ZR 101/2002 Nr. 39).
Die Berufung hemmt die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheides im Umfang der Anträge (Art. 315 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin hat den erstinstanzlichen Entscheid, insoweit der Beklagte verpflichtet wurde, ihr Fr. 2'345.55 (brutto) zu bezahlen und das Verfahren bezüglich der Ausund Zustellung eines Arbeitszeugnisses zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben wurde (Urk. 17 S. 11 Dispositivziffer 1 Abs. 1 und 2; Urk. 16 S. 2), nicht angefochten. Unangefochten blieb sodann die erstinstanzliche Festsetzung der Entscheidgebühr. Der Beklagte hat mit der Berufungsantwort keine Anschlussberufung er-
hoben (Urk. 21 S. 2). Damit ist das erstinstanzliche Urteil im Umfang der vorab angeführten Punkte am 22. Dezember 2011 (Eingang der Berufungsantwort) in Rechtskraft erwachsen. Dies ist vorzumerken. Mithin ist im Berufungsverfahren noch über die Rechtmässigkeit der fristlosen Kündigung sowie allfälliger finanzieller Folgen aus einer ungerechtfertigterweise ausgesprochenen Kündigung zu entscheiden (Urk. 16 S. 5ff.). Im Weiteren ist die erstinstanzliche Entschädigungsregelung zu überprüfen (Urk. 16 S. 11f.).
II.
Die Klägerin blieb während der Lehre mehrmals und teils über längere Zeit der Arbeitsstelle fern. Dies geschah insbesondere vom 22. Mai bis zum
27. Mai 2008, vom 7. Juli bis zum 31. August 2008 und vom 1. September bis
zum 30. September 2008 (Urk. 8 S. 2; Prot. Vi S. 15). Die Klägerin macht geltend, was bestritten ist, sie habe ab Mai/Juni 2008 an einer Morgendepression gelitten. Dies sei eine Depression mit der Eigenheit, dass sie sich am Morgen manifestiere (Urk. 6 S. 6; Prot. Vi S. 6). Gemäss dem Beklagten erfolgten die Absenzen der Klägerin in den meisten Fällen ohne Arztzeugnis. Erst nach mehrmaligen Mahnungen und mit Verspätung seien die Zeugnisse eingereicht worden. Er habe die Klägerin, was bestritten ist, mehrmals teils mündlich und teils schriftlich verwarnt und sie auf ihre Pflichten bezüglich Arztzeugnisse eingehend aufmerksam gemacht (Urk. 8 S. 2; Prot. Vi S. 15). Letztlich hat die Klägerin hingegen auch gemäss den Behauptungen des Beklagten für die explizit erwähnten Perioden Arztzeugnisse beigebracht (Urk. 8 S. 3ff.). Weiter sind sich die Parteien einig, dass die Klägerin sich überwiegend per SMS beim Beklagten krank meldete (Urk. 8
S. 3; Prot. Vi S. 16 und 18). Bestritten ist, dass der Beklagte die Klägerin mehrmals darauf aufmerksam gemacht haben soll, dass er für eine Krankmeldung ein persönliches Telefongespräch vor Arbeitsbeginn erwarte (Urk. 8 S. 3). Gemäss Klägerin ist eine solche Weisung nie erteilt worden. Sodann habe der Beklagte sein Handy nicht abgenommen (Prot. Vi S. 16).
Gemäss Beklagtem kontaktierte ihn im September 2008 die Schulleitung und teilte ihm mit, die Klägerin sei mehrmals dem Unterricht unentschuldigt fern geblieben und habe einen verschobenen Prüfungstermin unentschuldigt nicht eingehalten. Die Schulleitung habe den erfolgreichen Schulabschluss bei so langer Absenz als gefährdet erachtet. Die Klägerin sei von ihm hierüber informiert worden. Sodann habe Herr D. vom Mittelschulund Berufsbildungsamt dem Beklagten aufgrund der vorliegenden Umstände dringend geraten, die Klägerin schriftlich zu verwarnen und von ihr eine Besprechung zu verlangen (Urk. 8 S. 6). Die Klägerin bestreitet diese Behauptungen (Prot. Vi S. 16f.).
Mittels eingeschriebenem Brief vom 26. September 2008, an die Klägerin am 29. September 2008 gesandt, machte der Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass sie seit über drei Wochen nicht zur Arbeit erschienen sei, ohne ihm für diese Absenz ein Arztzeugnis vorgelegt zu haben. Es sei mindestens das zweite Mal, dass sie bei einer Absenz von über einer Woche kein Arztzeugnis vorweise. Weiter wies der Beklagte darauf hin, dass er SMS-Mitteilungen von Absenzen nicht mehr akzeptiere. Sodann bat er die Klägerin, ihm bis zum 6. Oktober 2008 einen Termin für eine Besprechung des Lehrverhältnisses vorzuschlagen. Eine Kopie des Schreibens ging an Herrn D. (Urk. 7/7 = Urk. 10/5).
Mit Schreiben vom 30. September 2008 bestätigte die Klägerin den Erhalt des Schreibens vom 26. September 2008. Sie reichte ein undatiertes Arztzeugnis für die Zeitspanne vom 1. September bis 30. September 2008 nach. Weiter hielt sie fest, sie habe im letzten Jahr Ferien gebucht und sich dazu entschieden, diese auch zu nehmen. Sie wisse, es sei für den Beklagten bestimmt nicht erfreulich, doch denke sie, dass ihr die Ferien gut tun würden und dass sie danach wieder 100 % arbeiten werde. Sie sei ab dem 3. November 2008 wieder da (Urk. 10/6). Die Parteien hatten einen Ferienbezug durch die Klägerin (lediglich) vom 1. Oktober bis zum 21. Oktober 2008 vereinbart.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2008 kündigte der Beklagte der Klägerin fristlos (Urk. 4/3 Anhang 3 = Urk. 10/8; Urk. 10/9).
Umstritten sind die Ereignisse nachdem die Klägerin das Schreiben vom
26. September 2008 erhalten hat. So macht die Klägerin geltend, sie habe nach dem Erhalt des Schreibens versucht, mit dem Beklagten Kontakt aufzunehmen, um ihm mitzuteilen, dass sie ihre Ferien antreten werde und deshalb das Gespräch entweder sofort nach ihrer Rückkehr aus den Ferien stattfinden müsse. Sie habe am Dienstag, 30. September 2008, und am Mittwoch, 1. Oktober 2008, versucht, den Beklagten auf dem Handy anzurufen, um den Termin auf nach den Ferien zu verschieben. Der Beklagte habe das Handy jedoch nicht abgenommen. Sie habe deshalb in die Praxis des Beklagten telefoniert und E. mitgeteilt, dass sie den Beklagten telefonisch zu erreichen versuche. Er solle sie zurückrufen, damit das Lehrverhältnis, wie vom Beklagten gewünscht, besprochen werde könne. Der Beklagte habe sie nicht zurückgerufen. Sie habe auch das Lehrlingsamt angerufen, um mitzuteilen, dass sie den Beklagten nicht erreichen könne und am Donnerstag in die Ferien reise. Herr D. habe ihr gesagt, sie könne in die Ferien reisen, da sie die Ferien ordnungsgemäss eingegeben habe. Sie habe sodann dem Beklagten sofort einen Brief geschrieben, um ihm mitzuteilen, dass sie ihn zu erreichen versucht habe, dass sie die Ferien antreten werde und dass sie nach den Ferien die Arbeit wieder aufnehmen werde. Wie mit dem Arzt besprochen, sollte sie in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus den Ferien aufgrund ihrer Krankheit als Einstieg zu 50 %, danach wieder zu 100 % arbeiten. Unmittelbar bevor sie am 2. Oktober 2008 in die Ferien gereist
sei, sei sie in die Praxis von Dr. F.
gegangen. Dieser habe ihr mitgeteilt,
dass er mit dem Beklagten gesprochen habe (Urk. 6 S. 7f.).
Der Beklagte macht geltend, er habe Herrn D. um Unterstützung ersucht. Dieser habe mit der Klägerin Kontakt aufgenommen und versucht, sie auf die Ernsthaftigkeit der Lage aufmerksam zu machen. Herr D. habe der Klägerin empfohlen, sich unverzüglich mit ihm in Verbindung zu setzen (Urk. 8 S. 6). Nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 30. September 2008 habe er sich dazu entschlossen, nachdem dies anlässlich einer Besprechung des Schreibens auch von Herrn D. als korrekt betrachtet worden sei, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen (Urk. 8 S. 7). Den Haltern seiner Patienten gelinge es immer, ihn zu
erreichen. Mit Nichtwissen bestritt der Beklagte, ein Telefonat mit Dr. F. geführt zu haben (Prot. Vi S. 6).
2. Die Vorinstanz kam zum Schluss, die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt gewesen. Im Wesentlichen erwog sie, beim Lehrbetrieb (der Tierarztpraxis) handle es sich um einen kleineren Betrieb, bei welchem aufgrund der teils stationären Aufenthalte der Tiere eine hohe Präsenz der Mitarbeiter gewährleistet werden musste. Die Klägerin sei sich dessen sowie der Problematik ihres Fernbleibens durchaus bewusst gewesen. Das Schreiben des Beklagten vom 26. September 2008 sei unter diesem Blickwinkel zu beurteilen. Es lasse an Deutlichkeit kaum etwas zu wünschen übrig. Der Beklagte rüge das bisherige Verhalten der Klägerin scharf, insbesondere das zweimalige längere Fernbleiben ohne genügende Entschuldigung, ebenso die Einwegkommunikation per SMS, die es dem Beklagten kaum erlaubt habe, mit der Klägerin in ein Gespräch zu kommen sich einen persönlichen Eindruck über ihren Gesundheitszustand zu machen. Die zwar höflich, aber bestimmt in Aussicht gestellte Besprechung des Lehrverhältnis lasse keine andere Deutung zu, als dass der Beklagte ernsthaft mit dem Gedanken gespielt habe, das Lehrverhältnis mit der Klägerin zu beenden. Die Versendung des Schreibens als eingeschriebene Postsendung und die Mitteilung an das Mittelschulund Berufsbildungsamt lasse zudem die Ernsthaftigkeit der Lage für jeden durchschnittlichen Arbeitnehmer sofort erkennen. Die Klägerin sei im September 2008 bereits 24 Jahre alt gewesen. Unter all diesen Vorzeichen hätte die Klägerin den Ernst der Lage erkennen müssen. Sie habe denn auch umgehend auf das Schreiben reagiert und ihrerseits dem Beklagten einen Brief geschrieben. Hingegen sei sie darin der Aufforderung, einen Terminvorschlag für eine Besprechung zu machen, nicht nachgekommen und habe lediglich erklärt, dass sie nach ihren Ferien wieder 100 % arbeiten werde und ab dem 3. November 2008 wieder da sei. Die Klägerin mache nun geltend, dass mit ihren Ärzten besprochen worden sei, dass sie nach ihren Ferien (ab dem 22. Oktober 2008) mit einem Arbeitspensum von 50 % beginnen und dieses später auf 100 % erhöhen würde. Eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin von 50 % für die Zeit ab dem
22. Oktober bis zum 3. November 2008 lasse sich hingegen den Akten nicht entnehmen. Nachdem das Schreiben vom 30. September 2008 von der Klägerin
persönlich aufgesetzt worden sei, müsse sie sich allfällige Unklarheiten anrechnen lassen. Auch aus dem übrigen Zusammenhang lasse sich die Sachdarstellung der Klägerin nicht erstellen. Vielmehr habe der Beklagte davon ausgehen müssen, die Klägerin verlängere die bewilligten Ferien eigenmächtig um mehr als 10 Tage. Unter der Berücksichtigung des belasteten Lehrverhältnisses und des Schreibens des Beklagten vom 26. September 2008, in dem er das Lehrverhältnis in Frage gestellt habe, habe die Klägerin genügend Gründe gesetzt, welche eine fristlose Auflösung des Lehrverhältnisses rechtfertigen würden (Urk. 17 S. 7ff.).
3. Die Klägerin hält in der Berufung daran fest, die fristlose Kündigung sei ungerechtfertigterweise erfolgt (Urk. 16). Der Beklagte bestreitet dies (Urk. 21).
Der Lehrvertrag ist auf bestimmte Zeit geschlossen. Er endet normalerweise mit Ablauf der vereinbarten Dauer der beruflichen Bildung. Liegt ein wichtiger Grund vor, ist eine Auflösung des Lehrverhältnisses durch fristlose Kündigung möglich. Ein wichtiger Grund ist insbesondere das Fehlen der zur beruflichen Bildung erforderlichen Fähigkeiten und Eigenschaften auf Seiten der lernenden Person auf Seiten des Berufsbildners sowie das Fehlen objektiver Gegebenheiten, die zur erfolgreichen Durchführung der beruflichen Bildung erforderlich sind. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln von Art. 337ff. OR (BSK OR I- Portmann, Art. 346 N 1 und 4).
Der Beklagte beruft sich zur Rechtfertigung der ausgesprochenen fristlosen Kündigung nicht auf einen der in Art. 346 Abs. 2 OR genannten Gründe (Urk. 8 S. 6ff.; Prot. Vi S. 5f.), womit zu prüfen ist, ob die Kündigung gestützt auf Art. 337 OR gerechtfertigt war. Nach Art. 337 OR kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen (Abs. 1). Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Abs. 2). Über das Vorhandensein solcher Umstände entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (Art. 337 Abs. 3 OR). Nach der Rechtsprechung zu Art. 337 OR ist eine fristlose Entlassung nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt. Diese müssen einerseits objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauens-
grundlage zu zerstören zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zuzumuten ist, und anderseits auch tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung Erschütterung des gegenseitigen Vertrauens geführt haben. Sind die Verfehlungen weniger schwerwiegend, so müssen sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein (Urteil 4A_517/2010 des Bundesgerichtes vom 11. November 2010, Erw. 2) in Verbindung mit anderen Vorfällen einen wichtigen Grund darstellen.
5. Der Beklagte macht geltend, er habe die fristlose Kündigung am 1./2. Oktober 2008 unmittelbar nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 2008 schriftlich mitgeteilt habe, sie sei bis zum 3. November 2008 abwesend bzw. verlängere eigenmächtig ihre Ferien und verweigere somit die von ihm mit schriftlicher Verwarnung vom 26. September 2008 verlangte Besprechung des Lehrvertrages, ausgesprochen. All dies sei geschehen, nachdem die Klägerin schon vorher in unzumutbarem Umfang wiederholt der Arbeit fern geblieben sei (Urk. 8 S. 9).
Entgegen den Ausführungen der Klägerin in der Berufung ging die Vorinstanz zu Recht davon aus, dass sie sich der Problematik ihres Fernbleibens aufgrund der betrieblichen und personellen Situation im Lehrbetrieb durchaus bewusst war (Urk. 17 S. 7 Ziff. 3.2.3.; Urk. 16 S. 6). Es durfte ein Zusammenhang zwischen einer SMS der Klägerin vom 4. August 2008 und dem Schreiben vom
26. September 2008 hergestellt werden und das Schreiben vom 26. September 2008 unter diesem Blickwinkel (dem Bewusstsein über die Problematik des Fernbleibens) beurteilt werden. Zu beachten ist jedoch, dass die Abwesenheiten der Klägerin vom 22. Mai bis zum 27. Mai 2008, vom 7. Juli bis zum 31. August 2008 und vom 1. September bis zum 30. September 2008, wenn auch verspätet, mittels Arztzeugnissen belegt wurden (Urk. 10/2; Urk. 10/3; Urk. 10/7). Das Fernbleiben von der Arbeit zufolge Krankheit ist eine unverschuldete Verhinderung an der Arbeit. Es ist kein Grund für eine fristlose Entlassung (Art. 337 Abs. 3 OR). Als einzigen weiteren Vorfall schildert der Beklagte das Fernbleiben der Klägerin von der Arbeit am 23. Juni 2008 zufolge Krankheit ihres Hundes (Urk. 8 S. 9). Dieser Vorfall blieb unbestritten (Prot. Vi S. 16), betraf hingegen nur einen einzigen Tag.
Im Schreiben vom 26. September 2008 macht der Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass sie seit über drei Wochen nicht zur Arbeit erschienen sei, ohne ihm für diese Absenz ein Arztzeugnis vorgelegt zu haben. Dies sei bereits mindestens das zweite Mal, dass sie bei einer Absenz von über einer Woche kein Arztzeugnis vorweise. Sodann hielt der Beklagte fest, dass er SMSMitteilungen von Absenzen nicht akzeptiere. Weiter bat er die Klägerin höflich, ihm bis zum 6. Oktober 2008 einen Termin für eine Besprechung des Lehrverhältnisses vorzuschlagen. Das Schreiben trug den Betreff Abwesenheit ohne Arztzeugnis/Terminvereinbarung (Urk. 7/7).
Der Beklagte rügt im Schreiben klar, die Klägerin sei seit über drei Wochen abwesend, ohne die Abwesenheit mittels eines Arztzeugnisses zu belegen. Die Anwesenheit im Lehrbetrieb ist eine vertragliche Hauptpflicht des Lehrlings. Er hat sein Fernblieben vom Betrieb genügend zu entschuldigen. Bei Krankheit geschieht dies regelmässig mittels der Vorlegung eines Arztzeugnisses innert kurzer Zeit. Wie dargelegt war sich die Klägerin der Problematik ihrer Abwesenheit für den Betrieb durchaus bewusst. Umso mehr musste es ihr ein Anliegen sein, bei Krankheit diese möglichst rasch zu belegen. Da die pauschalen Behauptungen des Beklagten, er habe die Klägerin mehrmals teils mündlich und teils schriftlich verwarnt und sie eingehend auf ihre Pflichten bezüglich Arztzeugnis aufmerksam gemacht (Urk. 8 S. 2), bestritten wurden (Prot. Vi S. 16), hätte es am Beklagten gelegen, die behaupteten Abmahnungen im weiteren Verlauf des Verfahrens zu konkretisieren. Insbesondere wäre darzulegen gewesen, im Zusammenhang welcher, wie lange andauernden, unentschuldigten Abwesenheiten er hierauf wie hingewiesen habe. Dies hat der Beklagte sowohl vor Vorinstanz als auch im Berufungsverfahren unterlassen, weshalb davon auszugehen ist, dass das Schreiben vom 26. September 2008 die Problematik der Abwesenheiten ohne die fristgerechte Vorlegung eines Arztzeugnisses erstmals aufnimmt. Dennoch wird daraus für die Klägerin, welche im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bereits 24 Jahre alt war, klar ersichtlich, dass der Beklagte mit diesem Verhalten nicht einverstanden ist. Auch wenn der Beklagte im Schreiben nicht explizit festhält, dass er ihr diesbezügliches Verhalten in Zukunft nicht mehr toleriere, respektive von der Klägerin bei Krankheit die umgehende Einreichung eines Arztzeugnisses erwarte, musste
die Klägerin das Schreiben dahingehend verstehen. Sie hat es auch so verstanden, denn mit ihrem Antwortschreiben vom 30. September 2008 reichte sie das bis anhin fehlende Arztzeugnis umgehend nach. Mag die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auch eine etwas starke Wortwahl gewählt haben, indem sie festhielt, dass das bei den Akten liegende Schreiben an Deutlichkeit kaum etwas zu wünschen übrig lasse und die Klägerin darin scharf gerügt werde (Urk. 17
S. 8), kann nicht von aktenwidrigen und willkürlichen Annahmen ausgegangen werden (Urk. 16 S. 7 Ziff. 17). Für die Klägerin war unmissverständlich erkennbar, welche Verhaltensweise nicht mehr toleriert wird und wie sie sich in Zukunft zu verhalten hat (Urteil 4C.364/2005 des Bundesgerichtes vom 12. Januar 2006, Erw. 2.3 mit Verweisen). Gleich verhält es sich mit Bezug auf die Abmahnung der Mitteilung des Fernbleibens mittels SMS (Urk. 8 S. 3f.; Prot. Vi S. 16).
Nun hat die Abmahnung zugleich Rügeund Warnfunktion. Die Abmahnung muss daher dem Arbeitnehmer auch unmissverständlich klar machen, dass der Arbeitgeber die begangenen Fehler schwer gewichtet und deren Wiederholung nicht sanktionslos hinzunehmen bereit ist (Urteile des Bundesgerichtes 4C.364/2005 vom 12. Januar 2006, Erw. 2.3 mit Verweisen und 4C.187/2004 vom
5. Juli 2004, Erw. 5.1). Der Beklagte führte im Schreiben nach den erfolgten Rügen an, er bitte die Klägerin höflich, ihm bis zum 6. Oktober 2008 einen Termin für eine Besprechung des Lehrverhältnisses vorzuschlagen (Urk. 7/7). Auch wenn die Aufforderung zur Besprechung als Bitte erfolgte, war für die Klägerin klar erkennbar, dass der Beklagte das Lehrverhältnis zumindest besprechen will. Der Brief
wurde eingeschrieben versandt. Eine Kopie ging an Herrn D.
vom Mittelschulund Berufsbildungsamt. Die Ernsthaftigkeit der Situation war für die Klägerin erkennbar. Die Klägerin selbst hält in ihrem Antwortschreiben fest, sie möchte unbedingt ihre Lehre im 2009 abschliessen und wenn möglich bei ihm [dem Beklagten]. Sie bitte ihn darum, ihr diese Chance zu geben (Urk. 10/6). Die Klägerin war sich demnach bewusst, dass bei dem angekündigten Gespräch die Auflösung des Lehrverhältnisses Thema sein werde. Insoweit musste sich die Klägerin bewusst sein, dass der Beklagte die gerügten Verfehlungen schwer gewichtete und weitere Verfehlungen wie sie gerügt wurden, nicht sanktionslos akzeptieren wür- de. Nicht notwendig ist, dass die fristlose Entlassung für den Fall einer neuerlichen Begehung explizit angedroht wird (Urteile des Bundesgerichtes 4C.364/2005 vom 12. Januar 2006, Erw. 2.3 mit Verweisen und 4C.187/2004 vom 5. Juli 2004, Erw. 5.1). Entgegen den Ausführungen der Klägerin hat der Beklagte sie demnach für ihr Verhalten im Zusammenhang mit der verspäteten Einreichung der Arztzeugnisse und den Abwesenheitsmeldungen mittels SMS mit Schreiben vom
26. September 2008 abgemahnt beziehungsweise verwarnt (Urk. 16 S. 6f.).
Die erfolgte Abmahnung allein lässt hingegen bei einer erneuten Pflichtverletzung derselben einer anderen Art die Fortsetzung des Arbeitsvertrags dem Arbeitgeber bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht schon per se als unzumutbar erscheinen. Vielmehr sind zur Beantwortung dieser Frage wiederum die konkreten Umstände heranzuziehen. Abzustellen ist auf die Natur, Schwere und Häufigkeit der Verfehlungen sowie die Reaktion des Arbeitnehmers auf die erfolgte Rüge und Ermahnung. Es gilt jedoch im Auge zu behalten, dass nicht die Verwarnung als solche für die Frage der Berechtigung der fristlosen Entlassung ausschlaggebend ist, sondern die Tatsache, dass ein Verhalten des Arbeitnehmers die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber nach Treu und Glauben unzumutbar machen kann. Das kann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer trotz klarer Verwarnung das beanstandete Verhalten nicht ändert anderweitig seine vertraglichen Pflichten verletzt (vgl. hierzu BGE 127 III 153 Erw. 1c.).
Mit Schreiben vom 30. September 2008 bestätigte die Klägerin den Erhalt des beklagtischen Schreibens vom 26. September 2008. Sie reichte ein Arztzeugnis für die Zeitspanne vom 1. September bis zum 30. September 2008 nach. Weiter hielt sie fest, sie habe im letzten Jahr Ferien gebucht und sich dazu entschieden, diese auch zu nehmen. Sie wisse, es sei für den Beklagten bestimmt nicht erfreulich, doch denke sie, dass ihr die Ferien gut tun würden und dass sie danach wieder 100 % arbeiten werde. Sie sei ab dem 3. November 2008 wieder da (Urk. 10/6). Die Parteien hatten einen Ferienbezug durch die Klägerin (lediglich) vom 1. Oktober bis zum 21. Oktober 2008 vereinbart. Gemäss Beklagtem führte die mit diesem Schreiben ausgedrückte Verweigerung des verlangten Gespräches sowie die einseitig ausgesprochene Ferienverlängerung um zehn Tage
zur Aussprechung der fristlosen Kündigung. Zu prüfen ist somit, ob der Beklagte davon ausgehen durfte, die Klägerin verweigere das von ihm verlangte Gespräch und beziehe eigenmächtig zehn Tage zu viel Ferien und ob diese beiden Tatsachen nach der erfolgten Abmahnung und des dadurch angespannten Lehrverhältnisses objektiv geeignet waren, die für das Lehrverhältnis wesentliche und notwendige Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien derart zu zerstören zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Lehrvertrags bis zum Ende der Vertragsdauer nicht mehr zuzumuten war, und es anderseits auch tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung Erschütterung des gegenseitigen Vertrauens gekommen ist.
Der Beklagte leitet die Gesprächsverweigerung der Klägerin daraus ab, dass sie im Schreiben vom 30. September 2008 zur verlangten Besprechung keine Stellung genommen habe (Urk. 8 S. 6). Richtig ist, dass die Klägerin dem Beklagten in ihrem Schreiben keinen konkreten Terminvorschlag unterbreitet und ihm lediglich mitteilt, ab wann sie nach den Ferien wieder da sei. Dies kann hingegen nicht als Gesprächsverweigerung ausgelegt werden. Die Klägerin hält fest, dass sie in den Ferien sei und ab wann sie wieder zur Arbeit komme. Sie führt nicht an, dass sie dannzumal nicht zu einem Gespräch bereit wäre. Dies daraus schliessen zu wollen, dass sie keinen konkreten Terminvorschlag unterbreitet, geht fehl. Die angebliche Gesprächsverweigerung kann somit eine fristlose Kün- digung nicht rechtfertigen. Daran ändert weder das angespannte Lehrverhältnis etwas noch wenn, wie vom Beklagten behauptet, aber bestritten, Herr D. vom Lehrlingsamt der Klägerin tatsächlich empfohlen haben sollte, sich unverzüglich mit dem Beklagten in Verbindung zu setzen (Urk. 8 S. 6). Letzteres hat die Klägerin mittels des Schreibens vom 30. September 2008 getan. Offen bleiben kann sodann, ob die Klägerin sich vor ihrem Abflug noch vergebens darum bemüht hat, den Beklagten telefonisch zu erreichen (Urk. 6 S. 7f.). Weiter führte der Beklagte selbst vor Vorinstanz an, die fristlose Kündigung sei einzig und allein dadurch motiviert gewesen, dass dieses zusätzliche Schreiben bzw. diese zusätzliche, einseitig ausgesprochene Ferienverlängerung das Fass zum Überlaufen gebracht habe (Prot. Vi S. 6). Die angebliche Gesprächverweigerung erwähnt er in diesem Zusammenhang nicht.
Betreffend den mit dem Schreiben vom 30. September 2008 ausgesprochenen eigenmächtigen Ferienbezug macht die Klägerin nunmehr geltend, sie habe überhaupt keine Verlängerung der Ferien geplant gehabt. Sie sei am
21. Oktober 2008 aus den Ferien zurückgeflogen und habe die fristlose Kündigung in Empfang genommen. Das in ihrem Schreiben genannte Datum [3. November 2008] sei mit der Zeile vorher, 100 %, zu lesen, weil mit den Ärzten immer abgemacht gewesen sei, dass sie aufgrund ihrer Krankheit nicht sofort wieder zu 100 % einsteigen könne, sondern sie vorher wieder einen angemessenen Einstieg ins Arbeitsleben zu 50 % finden müsse. Hätte sie nicht die fristlose Kündigung erhalten, wäre sie am 22. Oktober 2008 zu 50 % zur Arbeit erschienen (Prot. Vi. S. 14). Die Klägerin ist an den Sinn, welchen ein Adressat vernünftigerweise ihrer Erklärung zugrunde legen durfte und musste, gebunden, da sie nicht behauptet, der Beklagte habe die abgegebene Erklärung tatsächlich so wie von ihr nunmehr geltend gemacht verstanden. Aufgrund des Wortlautes des Schreibens durfte der Beklagte davon ausgehen, die Klägerin plane bis zum 3. November 2008 Ferien. Eine geplante Arbeitsaufnahme zu 50 % ab dem 22. Oktober 2008 kann dem Schreiben nicht entnommen werden. Eine Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als Zeugen würde an diesem Ergebnis nichts ändern (Urk. 16 S. 6). Der Beklagte durfte den Inhalt des Schreibens für bare Münze nehmen. Die Klägerin hat nach einer monatelangen krankheitsbedingten Abwesenheit, nachdem sie vom Beklagten wegen den fehlenden und zu spät vorgelegten Arztzeugnissen abgemahnt wurde, zwar das Arztzeugnis für ihre bis zur Abmahnung unentschuldigte Abwesenheit von mehreren Wochen nachreicht, gleichzeitig ihrem Lehrmeister aber schriftlich mitteilt, sie werde zu den bewilligten drei Wochen Ferien noch weitere zehn Ferientage eigenmächtig beziehen. Es ist objektiv nachvollziehbar, dass diese Verhaltensweise der Klägerin die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien derart tiefgreifend erschütterte, dass dem Beklagten die Fortsetzung des Lehrvertrags für die verbleibenden zehneinhalb Monate bis Mitte August 2009 und damit die Erfüllung seiner Hauptpflicht als Lehrmeister, der optimalen Ausbildung der Klägerin, nicht mehr zuzumuten war. Wie bereits dargelegt, war sich die Klägerin der Problematik ihres krankheitsbedingten Fernbleibens von der Arbeit durchaus bewusst. Es hätte an ihr gelegen,
betreffend die angeblich geplante Rückkehr zu 50 % ab dem 22. Oktober 2008 bereits im Zeitpunkt der Abfassung ihres Schreibens klare Verhältnisse zu schaffen. Dies insbesondere auch darum, weil das bis anhin von ihr an den Tag gelegte Kommunikationsverhalten mittels SMS nicht optimal war und es nicht dem Erhalt des Vertrauens zwischen den Parteien diente, dass die Klägerin, was unbestritten ist, dem Beklagten mehrfach per SMS angekündigt hatte, sie erscheine wieder zur Arbeit und dies in der Folge nicht einhielt (Urk. 8 S. 7). Dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Lehrmeister und dem Lehrling nachhaltig zerstört wird, wenn der Lehrling im Bewusstsein der Problematik seines krankheitsbedingten Fernbleibens von der Arbeit nach einer erteilten Verwarnung betreffend zu spät und nicht eingereichte Arbeitszeugnisse und trotz drei Wochen bewilligter Ferien dem Arbeitgeber in Aussicht stellt, er beziehe nun eigenmächtig noch weitere zehn unbewilligte Ferientage, liegt auf der Hand. Dies ergibt sich denn auch aus dem Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 1. Oktober 2008 (Urk. 10/8). Nicht gefolgt werden kann in diesem Zusammenhang den Ausführungen der Klägerin in der Berufung, der Beklagte habe nach Erhalt ihres Schreibens vom 30. September 2008 keine fristlose Kündigung aussprechen wollen (Urk. 16
S. 8f.). Zumal die entsprechenden Behauptungen nicht mehr zu hören sind, da sie problemlos bereits vor erster Instanz hätten vorgebracht werden können und damit verspätet sind.
7. Damit erweist sich die Entlassung der Klägerin als gerechtfertigt im Sinne von Art. 337 Abs. 1 OR. Das vorinstanzliche Urteil ist zu bestätigen. Die Berufung ist abzuweisen.
Die Klägerin beanstandet mit der Berufung sodann, sie habe vor Vorinstanz mit Fr. 3'445.55 (Fr. 2'345.55 plus Fr. 1'100.für das Arbeitszeugnis) obsiegt. Dies entspreche 11,5 %. Der Beklagte obsiege demnach im Umfang von 88,5 %. Es resultiere eine reduzierte Prozessentschädigung von 77 % anstatt, wie von der Vorinstanz angenommen, von 80 %. Die Prozessentschädigung sei um Fr. 150.- (Fr. 4'000.minus Fr. 3'850.-) zu reduzieren (Urk. 16 S. 11f.).
Hat keine Partei vollständig obsiegt, so werden die Prozesskosten nach dem Ausgang des Verfahrens verteilt (Art. 106 Abs. 2 ZPO). Bei den Parteient-
schädigungen werden die Bruchteile des Obsiegens bzw. Unterliegens gegeneinander aufgewogen. Bei Streitigkeiten mit einem Streitwert beurteilt sich der Grad des Obsiegens in der Regel nach dem Verhältnis zwischen dem im Rechtsbegehren gestellten Antrag und dem schliesslich zugesprochenen Ergebnis (Jenny in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur ZPO, N 9 zu Art. 106). Zu beachten ist hingegen, dass die Festlegung der Höhe der Parteientschädigung gestützt auf die Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV) keine exakte Wissenschaft ist, weshalb es auch nicht zu beanstanden ist, wenn, wie dies die Vorinstanz gemacht hat, bei der Festsetzung der Bruchteile geringfügige Rundungen vorgenommen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Streitwert wie vorliegend nicht allzu hoch ist. Da die Klägerin im Weiteren zwar Kritik daran übt, dass die Vorinstanz für das Arbeitszeugnis nur einen Streitwert von Fr. 1'100.eingesetzt hat, es hingegen unterlässt, in diesem Zusammenhang einen bezifferten Antrag über die Reduktion der Prozessentschädigung zu stellen (Urk. 16 S. 12), ist die Berufung auch in diesem Punkt abzuweisen.
III.
Da der Streitwert des vorliegenden Verfahrens mit Fr. 23'654.45 brutto unter Fr. 30'000.liegt, werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 114 lit. c ZPO).
Die Klägerin wird für das Berufungsverfahren entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Gestützt auf die §§ 4 Abs. 1 und 2 sowie 13 Abs. 1 und 2 AnwGebV) erscheint es angemessen, dem Beklagten eine Prozessentschädigung von Fr. 2'000.zuzusprechen. Mangels Antrag ist kein Zuschlag für die Mehrwertsteuer geschuldet.
Es wird vorgemerkt, dass das Urteil des Einzelgerichtes am Bezirksgericht Horgen vom 9. September 2011 am 22. Dezember 2011 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als
der Beklagte verpflichtet wurde, der Klägerin den Betrag Fr. 2'345.55 (brutto) zu bezahlen,
das Verfahren bezüglich Ausund Zustellung eines Arbeitszeugnisses zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben wurde,
die Entscheidgebühr ausser Ansatz gefallen ist.
Schriftliche Mitteilung mit dem nachfolgenden Erkenntnis.
Die Berufung wird abgewiesen.
Das Berufungsverfahren ist kostenlos.
Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien und an das Bezirksgericht Horgen, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 23'654.45. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 5. Juli 2012
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Ein Mitglied des Gerichts:
Dr. S. Mazan
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. K. Vogel
versandt am: mc
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