E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils KG090021: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall entschieden, dass A., der im Pflegezentrum C. lebt und unter Beistandschaft steht, zur Behandlung im Pflegezentrum zurückbehalten wird. A. hatte sich gegen eine fürsorgerische Freiheitsentziehung gewehrt. Es wurde festgestellt, dass A. an psychischen Störungen leidet und eine Betreuung benötigt, die nur in einer Anstalt gewährleistet werden kann. Das Gericht entschied, dass die Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung verhältnismässig ist und wies die Berufung ab. Die Kosten des Verfahrens wurden A. auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts KG090021

Kanton:ZH
Fallnummer:KG090021
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid KG090021 vom 03.12.2009 (ZH)
Datum:03.12.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Interessenkollision. Doppel- bzw. Mehrfachvertretung.
Schlagwörter : Interesse; Interessen; Beschuldigte; Gläubiger; Beschuldigten; Schiller; Kaspar; Konkurs; Kollokation; Mehrfachvertretung; Konflikt; Anwalt; SchKG; Recht; Mehrfachvertretungen; Klienten; Fellmann; Interessenwahrung; Walter; Gemeinschuldner; Interessenkollision; Konstellation; Lassvertrag; Verfahren; Mandanten; Schuldner; Mandat; Verfahren; Bundesgericht
Rechtsnorm:Art. 245 KG ;Art. 250 KG ;Art. 260 KG ;Art. 305 KG ;Art. 332 KG ;
Referenz BGE:134 II 108;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts KG090021

Art. 12 lit. c BGFA. Interessenkollision.

Doppelbzw. Mehrfachvertretung. Das Verbot der Doppelvertretung geht von der Vorstellung zweier im Streite liegender Parteien aus, deren Interessen gegenläufig sind. - Es gibt aber auch zulässige Formen von Mehrfachvertretungen. Bei der Rechtsberatung sind Mehrfachvertretungen im Grundsatz nicht verboten, wenn beide Parteien damit einverstanden sind. In strittigen Verfahren sind Mehrfachvertretungen zulässig, solange die Interessen der verschiedenen Mandanten parallel liegen.

Sachverhalt:

Die Beschuldigte 1 (B1) und der Beschuldigte 2 (B2) bilden eine Kanzleigemeinschaft.

Konstellation 1:

Mehrfachvertretungen bei Kollokationsklagen gegen einen Dritten bei Abwehr von Kollokationsklagen eines Dritten

B1 vertritt im Kollokationsprozess drei verschiedene Kläger und drei verschiedene Beklagte, wobei alle Verfahren durch Klagerückzug erledigt werden. B1 und B2 legen dar, dass die verschiedenen Mandanten zu jeder Zeit übereinstimmende und gleichgerichtete Interessen bei der ihnen übertragenen Wahrnehmung von Rechten gegen konkurrierende Gläubiger wahrten.

Konstellation 2:

Interessenwahrung für den Gemeinschuldner und für Gläubiger

Schuldner X., vertreten durch B1 und B2, schlägt Nachlassvertrag vor; Zustimmung der Gläubigermehrheit zum vorgeschlagenen Vertrag wird erreicht und der Vertrag dem Nachlassrichter zur Bestätigung vorgelegt; bei der Bestätigungsverhandlung wird Schuldner X. von B2 vertreten.

Aus den Erwägungen:

2.1. Art. 12 lit. c BGFA: Grundlagen

      1. Nach der Bestimmung von Art. 12 lit. c BGFA haben die Rechtsanwälte 'jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich privat in Beziehung stehen', zu vermeiden. Der Gesetzeswortlaut spricht von 'jedem' Konflikt; entsprechend ist von einem weiten Konfliktbegriff auszugehen (Kaspar Schiller, Schweizerisches Anwaltsrecht, Zürich 2009, N 794). Diese Norm steht im Zusammenhang mit der Generalklausel von Art. 12 lit. a BGFA, nach welcher die Rechtsanwälte 'ihren Beruf sorgfältig

        und gewissenhaft auszuüben' haben, wie auch mit Art. 12 lit. b BGFA, der sie zur Unabhängigkeit verpflichtet (BGE 134 II 108 E. 3).

        Das Gebot zur Vermeidung von widerstreitenden Interessen ist eines der Grundpfeiler der Berufspflichten des Anwaltes. Das Bundesgericht spricht in diesem Zusammenhang von einer 'règle cardinale' des Anwaltsberufes (Urteil des Bundesgerichts 2A.560/2004 vom 1. Februar 2005, E. 5.2; Urteil des Bundesgerichts 1A.223/2002 vom 18. März 2003, E. 5.2), die Lehre von einer Bestimmung mit 'hohem verfassungsmässigen Rang' und rechtsstaatlicher Unverzichtbarkeit (Kaspar Schiller, a.a.O., N 777, N 781).

      2. Der Umfang des entsprechenden Mandates bestimmt die für den Anwalt relevanten Klienteninteressen (Kaspar Schiller, a.a.O., N 782 ff.). Die entsprechende Treuepflicht gegenüber dem Klienten ist umfassender Natur und erstreckt sich auf alle Aspekte des Mandatsverhältnisses. Das Verbot von Interessenkonflikten bezweckt die unbeeinflusste Interessenwahrung; es beinhaltet aber auch ein Element des Vertraulichkeitsschutzes (Kaspar Schiller, a.a.O., N 779, N 780). Schiller unterscheidet angesichts der doppelten Funktion von Art. 12 lit. c BGFA, einerseits als Garantie der unbeeinflussten Interessenwahrung, anderseits als Vertraulichkeitsschutz, somit den Mandatskonflikt und den Vertraulichkeitskonflikt. Ein Mandatskonflikt liegt nach Schiller vor, wenn der Anwalt im Dilemma ist, ob er das Mandat im ausschliesslichen Interesse des Klienten führen, ob er auf die abweichenden Interessen einer anderen Person Rücksicht zu nehmen hat (Kaspar Schiller, a.a.O., N 805). Dagegen liegt ein Vertraulichkeitskonflikt vor, wenn der Anwalt im Dilemma ist, ob er vertrauliche Klienteninformationen mit Rücksicht auf die Interessen einer anderen Person zum Nachteil des Klienten verwenden, ob er dies im Interesse des Klienten zu unterlassen hat (Kaspar Schiller, a.a.O., N 816).

(...)

      1. Im Lichte der vorliegenden Verzeigung ist von den möglichen Konstellationen einer Interessenkollision vorab die 'Doppelvertretung' (vorherrschende Terminologie [vgl. u.a. BGE 134 II 108; Walter Fellmann, in: Fellmann/Zindel,

        Kommentar zum Anwaltsgesetz, Zürich 2005, Art. 12 N 86, N 96 ff; Georg Pfister, Aus der Praxis der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte des Kantons Zürich, in: SJZ 105/2009 S. 291]) bzw. sind die Mehrfachmandate / Mehrfachvertretungen (so die Terminologie nach Schiller [Kaspar Schiller, a.a.O., N 884]) genauer zu beleuchten.

        Das Verbot der Doppelvertretung geht von der Vorstellung zweier im Streite liegender Parteien aus, deren Interessen gegenläufig sind. Es bedarf keiner weiteren Erörterungen, dass in einem strittigen Verfahren ein Anwalt nicht die klägerische und gleichzeitig auch die beklagtische Seite, und damit offenkundig entgegen gesetzte Standpunkte, vertreten darf (Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 97, N 101). Dass in einem solchen Falle eine disziplinarrechtlich zu sanktionierende Konfliktsituation besteht, liegt auf der Hand, ungeachtet der Frage, ob die Parteien dies billigen nicht (Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 101; zur Zulässigkeit der Einwilligung des Klienten: Kaspar Schiller, a.a.O., N 825 ff.).

        Es gibt aber auch andere und zulässige Formen von Mehrfachvertretungen. Die Interessenwahrung mehrerer Klienten in der gleichen Sache mit gleicher Zielrichtung durch denselben Anwalt ist im Grundsatz nicht unzulässig. Die gemeinsame Interessenwahrung kann durchaus auch Vorteile für alle Beteiligten bringen. So können Kosten gespart, Aufwand und Koordinationsprobleme vermieden werden und die Interessen gebündelt und zielgerichtet gewahrt werden (dazu: Kaspar Schiller, a.a.O., N 884; Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 105; BGE 134 II 108 Erw. 4.2.4: Stichworte 'Prozessökonomie', 'Wirtschaftlichkeit'). Auch bei bestimmten Konstellationen, wie einer notwendigen Streitgenossenschaft, kann sich die gemeinsame Vertretung aufdrängen (Kaspar Schiller, a.a.O., N 887).

        Mehrfachvertretungen bergen indessen stets ein Konfliktpotenzial (Kaspar Schiller, a.a.O., N 884). Entsprechend ist sicherzustellen, dass die Interessen jedes einzelnen Mandanten gleichermassen vorbehaltlos gewahrt werden. Zur Klarstellung ist hierzu aber festzuhalten, dass entgegen der Darstellung der Beschuldigten keine Vermutung dafür besteht, dass bei einer Mehrfachvertretung die verschiedenen Parteien informiert sind und zustimmen (Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 105 f.). Somit ist vom Anwalt jeweils die Einwilligung aller einzuholen, und

        zwar nicht nur zur Offenlegung des allfälligen Konfliktpotenzials, sondern auch aus Gründen der Geheimhaltungspflicht (Kaspar Schiller, a.a.O., N 885; Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 106; Giovanni Andrea Testa, Die zivilund standesrechtlichen Pflichten des Rechtsanwaltes gegenüber dem Klienten, Diss. Zürich 2001, S. 109 ff.).

        Einigkeit besteht jedenfalls darüber, dass Mehrfachvertretungen bei der Rechtsberatung im Grundsatz nicht verboten sind, wenn beide Parteien damit einverstanden sind (Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 99 f.). Mehrfachvertretungen sind aber auch in strittigen Verfahren zulässig, solange die Interessen der verschiedenen Mandanten parallel liegen (Kaspar Schiller, a.a.O., N 887; Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 105). Heikler sind aufgrund der besonderen Struktur dieser Verfahren - Mehrfach-Verteidigungen in Strafverfahren. Wie das Bundesgericht im (zur Publikation bestimmten) Urteil BGE 1B_7/2009 vom 16. März 2009 festgehalten hat, sind aber auch solche Mehrfachverteidigungen nicht von vornherein unzulässig. Das Bundesgericht erachtet eine solche Interessenwahrung aber nur ausnahmsweise und bei ganz speziellen Konstellationen als zulässig, dann nämlich, wenn die Mitangeschuldigten 'durchwegs identische und widerspruchsfreie Sachverhaltsdarstellungen geben und ihre Prozessinteressen nach den konkreten Umständen nicht divergieren' (BGE 1B_7/2009 vom 16. März 2009, Erw. 5.8). Von diesen 'besonderen Ausnahmefällen' abgesehen, dürfen Anwältinnen und Anwälte keine Mehrfachverteidigungen von Mitangeschuldigten ausüben (BGE 1B_7/2009 vom 16. März 2009, Erw. 5.5; vgl. schon: BGE 134 II 108 Erw. 4.2.3

        S. 113). Auch die aktuelle Lehre vertritt die gleiche Ansicht (Kaspar Schiller, a.a.O., N 889; Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 107).

      2. Bei parallelen, gleichgerichteten bzw. deckungsgleichen Interessen besteht somit im Grundsatz kein Konflikt (Kaspar Schiller, a.a.O., N 884; BGE 134 II 108 Erw. 3 S. 110, Erw. 4.2.1 S. 111).

        Entscheidend ist damit aber in jedem einzelnen Fall die konkrete Interessenlage jedes Beteiligten, was auch die jüngste publizierte Bundesgerichtsrechtsprechung (BGE 134 II 108) dokumentiert. Wie das Bundesgericht in diesem neuen Entscheid festgehalten hat, genügt aber auch hier - die bloss abstrakte Möglichkeit

        des Auftretens von Differenzen zwischen den Vertragsparteien nicht, um auf eine unzulässige Doppelvertretung zu schliessen; ansonsten wäre es einem Rechtsanwalt überhaupt nie möglich, zwei Personen zugleich zu vertreten, da immer denkbar ist, dass es zwischen diesen auf die eine die andere Art zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Streitgegenstands kommt (BGE 134 II 108, Erw. 4.2.2).

        Ein Rechtsanwalt, der in der gleichen Angelegenheit zwei Mandanten vertritt, muss sich aber stets bewusst sein, dass deren Interessen zwar im Moment gleichgerichtet sein mögen, es zwischen ihnen künftig aber jederzeit zu Unstimmigkeiten mit gegensätzlichen Standpunkten kommen könnte. Entsprechend hat er alles zu unterlassen, was in einem allfälligen späteren Konflikt die Stellung eines Mandanten zum Vorteil des anderen schwächen könnte (BGE 134 II 108 Erw. 4.2.3 S. 112 f.).

        Entstehen bei paralleler Interessenwahrung zwischen den verschiedenen Klienten Meinungsverschiedenheiten, die zu einem Interessenkonflikt (Konfliktsituation) führen könnten, muss der Anwalt in der Regel das Mandat niederlegen (BGE 134 II 108 E. 4.2.1 S. 112; Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 105; Kaspar Schiller, a.a.O., N 890 f.); ob alle Mandate niederzulegen sind, ist im Einzelfall zu prüfen (Kaspar Schiller, a.a.O., N 891).

      3. Zu präzisieren wäre noch, dass das Verbot von Interessenkollisionen auch zwischen verschiedenen Anwälten gilt, wenn diese in einer Kanzleioder Anwaltsgemeinschaft zusammenarbeiten (Walter Fellmann, a.a.O., Art. 12 N 88). Anwälte einer Anwaltskanzlei dürfen damit nicht verschiedene Aufträge annehmen, die miteinander unverträglich sind bei denen widerstreitende Interessen zur Beurteilung stehen. Entsprechend sehen auch die Schweizerischen Standesregeln vom 10. Juni 2005 in Art. 14 vor, dass die Bestimmungen über die Vermeidung von Interessenkonflikten auf die Kanzleigemeinschaft und alle ihre Mitglieder anwendbar sind, wenn Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in einer Kanzleigemeinschaft arbeiten. In diesem Fall dürfen sie in der gleichen Sache keine Klienten mit gegensätzlichen Interessen vertreten. Alle Anwälte und Anwältinnen desselben Büros sind an das Konfliktverbot für sämtliche Klienten des ge-

samten Büros gebunden; sie sind 'wie ein einziger Anwalt' zu betrachten (Kaspar Schiller, a.a.O., N 895 mit Verweisungen).

    1. Würdigung

      1. Werden die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, so ergibt sich im Rahmen der Einzelfallbetrachtung, dass die Beschuldigten keinem konkreten Interessenkonflikt unterstanden. Dazu ist mangels ausreichender Darstellung in der Verzeigung auf die aktenmässig belegte Darstellung der Beschuldigten abzustellen. Dabei sind zwei verschiedene Themen zu beleuchten:

      2. Konstellation 1: Mehrfachvertretungen bei Kollokationsklagen gegen einen Dritten / Mehrfachvertretungen bei der Abwehr von Kollokationsklagen eines Dritten

        1. Aus den Akten bzw. der Darstellung der Beschuldigten ergibt sich Folgendes:

          Über X. wurde am 14. Dezember 2006 der Konkurs eröffnet.

          Im fraglichen Konkursverfahren wurden der Kollokationsplan und das Lastenverzeichnis vom 27. April 2007 bis 17. Mai 2007 öffentlich aufgelegt. In der Folge wurden dreizehn Kollokationsklagen nach Art. 250 Abs. 2 SchKG eingereicht. Die Beschuldigte 1 trat beim Bezirksgericht für drei verschiedene Kläger als Vertreterin auf. Diese Verfahren wurden am 5. März 2008 durch Klagerückzug erledigt. In drei weiteren Fällen vertrat die Beschuldigte 1 beim Bezirksgericht als Vertreterin drei verschiedene Beklagte. Auch diese Verfahren wurden durch KIagerückzug erledigt.

        2. Während des Konkursverfahrens, d.h. nach Eröffnung des Konkurses, besteht kein eigentlicher Interessengegensatz zwischen Gläubigern und Schuldner mehr. Es herrscht nur noch der 'Verteilungskampf' unter den Gläubigern über das vorhandene Substrat. Zwar hat ein Schuldner zu den Forderungen der Gläubiger Stellung zu nehmen (Art. 244 Satz 2 SchKG); die Erklärung des Gemeinschuldners ist für die Konkursverwaltung aber nicht bindend (Art. 245 SchKG). Nach erfolgter Kollokation durch die Konkursverwaltung können zudem einzig die

          Gläubiger Kollokationsklage führen (Art. 250 SchKG). Dabei ist zu unterscheiden, ob die Kollokation der eigenen einer fremden Forderung angefochten wird. Ficht der Kläger die Kollokation seiner eigenen Forderung an, so richtet sich die Klage gegen die Konkursmasse (Art. 250 Abs. 1 SchKG; als 'positiver Kollokationsprozess' bezeichnet [Kurzkommentar SchKG - Thomas Sprecher, Art. 250

          N 18]). Will er dagegen die Kollokation des Anspruchs eines anderen Gläubigers anfechten, so muss er gegen diesen Gläubiger klagen (Art. 250 Abs. 2 SchKG; als 'negativer Kollokationsprozess', 'Wegweisungsprozess' 'Querkollokationsprozess' bezeichnet [Kurzkommentar SchKG - Thomas Sprecher, Art. 250

          N 18]). In letzterem Fall ist weder der Gemeinschuldner noch die Konkursmasse Partei.

          Vorliegend strittig sind hier primär solche negativen Kollokationsklagen (Wegweisungsklagen; die Überlegungen gelten im Grundsatz und analog auch für Klagen nach Art. 260 SchKG).

        3. Die Beschuldigten legen nun dar, dass ihre verschiedenen Mandanten zu jeder Zeit übereinstimmende und gleichgerichtete Interessen bei der ihnen übertragenen Wahrnehmung von Rechten gegen konkurrierende Gläubiger (Kollokationsprozesse als Wegweisungsverfahren) wahrten. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass dem nicht so wäre. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern durch diese parallele Interessenwahrung die Interessen irgend eines von den Beschuldigten vertretenen Gläubigers beeinträchtigt sein könnten. Die betreffenden Gläubiger bestätigten denn auch, über die Mehrfachvertretung informiert gewesen zu sein. Eine Koordination und Bündelung von Gläubigerinteressen wurde vorliegend nach Darstellung der Beschuldigten ausserdem bewusst angestrebt.

          Die Vertretung mehrerer Gläubiger im Konkursverfahren, welche zielgerichtet und gebündelt Ansprüche gegen Dritte geltend machen Ansprüche von Dritten abwehren, begründet für sich alleine genommen keine disziplinarrechtlich relevante Interessenkollision.

          Trotzdem wäre auch bei dieser Konstellation theoretisch nicht ausgeschlossen, dass sich die Gefahr einer Interessenkollision verwirklichen könnte. Zu Recht

          spricht denn auch eine vertretene Partei von einem 'molekularen Tropfen Risiko'. Das genügt aber nicht für die Bejahung eines disziplinarrechtlich relevanten Interessenkonflikts. Anhaltspunkte, dass sich das theoretische Konfliktpotenzial zu einer konkreten Konfliktsituation entwickelt hat, liegen nicht vor.

        4. Zusammenfassend ist hier kein Verstoss gegen Art. 12 lit. c BGFA ersichtlich.

      1. Konstellation 2: Interessenwahrung für den Gemeinschuldner und für Gläubiger

        1. Aus den Akten bzw. der Darstellung der Beschuldigten ergibt sich Folgendes:

          Der Schuldner kann im Konkursverfahren einen Nachlassvertrag vorschlagen (Art. 332 Abs. 1 SchKG). Von diesem Recht hat der Gemeinschuldner X. Gebrauch gemacht. Dabei liess er sich durch die beiden Beschuldigten vertreten. Diese reichten, nachdem Lastenverzeichnis und Kollokationsplan rechtskräftig geworden waren, mit Eingabe vom 18. April 2008 dem Konkursamt einen Vertragsvorschlag ein. Das Konkursamt übernahm dann die ihm in Art. 332 Abs. 2 Satz 2 SchKG zugewiesene Sachwalterfunktion. Am 12. Juni 2008 reichten die Beschuldigten namens des Schuldners auf Verlangen der nunmehr als Sachwalterin amtierenden Konkursverwaltung weitere Dokumente zur Beurteilung der finanziellen Lage ein.

          Mit diesem Vorgehen waren sowohl der Gemeinschuldner X. wie auch die von den Beschuldigten vertretenen Gläubiger einverstanden.

          In Wahrnehmung der Sachwalterfunktion hat das Konkursamt den eingereichten Nachlassvertrag in der Folge begutachtet (Art. 332 Abs. 1 Satz 1 SchKG) und hierüber am 13. Juni 2008 einen positiven Bericht an die Gläubiger verfasst. Darin äusserte es sich zur Finanzlage des Schuldners, zum erwarteten Ergebnis der laufenden Konkursliquidation sowie zu den Vorund Nachteilen eines Nachlassvertrages für die Gläubiger.

          Am 10. Juli 2008 fand in den Räumlichkeiten des Konkursamtes die Gläubigerversammlung statt. Dieser Versammlung kam aber nur beratende Funktion zu. Die Zustimmung der Gläubigermehrheit zum vorgeschlagenen Vertrag wurde erreicht. In der Folge wurde dem Nachlassrichter der nach Art. 305 SchKG zustande gekommene Nachlassvertrag zur Bestätigung vorgelegt, was durch den am

          30. Juli 2008 eingereichten Sachwalterbericht des Konkursamtes geschah.

          Bei der Bestätigungsverhandlung wurde der Schuldner vom Beschuldigten 2 vertreten. Die Verhandlung wurde kontradiktorisch geführt, nachdem ausserhalb der Interessensphäre der von den Beschuldigten vertretenen Gläubiger, welche dem Nachlassvertrag zugestimmt hatten, andere Gläubiger, welche nicht von den Beschuldigten vertreten wurden, auf Verwerfung des Nachlassvertrages hatten plä- dieren lassen.

        2. Das Zustandekommen des Nachlassvertrages lag, wie die Beschuldigten glaubhaft darlegen, nicht nur im Interesse des vom Beschuldigten 2 vertretenen Gemeinschuldners, sondern auch in demjenigen der von der Beschuldigten 1 vertretenen Gläubiger. Dass diese Gläubiger mit vom Konkursamt rechtskräftig kollozierten Forderungen bestrebt waren, das Zustandekommen des Nachlassvertrages zu fördern und damit zu einer Dividende von 10% statt von 0% zu gelangen, wozu nicht nur die Ausübung der Stimmrechte gehörte, sondern, als 'Drehund Angelpunkt des Verfahrens', auch die Unterstützung des Gemeinschuldners, versteht sich von selbst. In der Wahrnehmung dieser gleichgerichteten Interessen, unabhängig ob zwischen den Gläubigern und dem Nachlassschuldner irgendwelche weiteren Beziehungen bestanden, liegt aber kein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten.

          Wenn man zudem der im Nachlassverfahren auftretenden Gegenpartei Glauben schenken möchte, so bestanden nicht nur solche materiell übereinstimmende und gleichgerichtete Interessen, sondern es gab offenbar auch persönliche, rechtliche, wirtschaftliche bzw. tatsächliche Beziehungen bzw. Verbindungen zwischen dem Gemeinschuldner X. und den ebenfalls durch die Beschuldigten vertretenen Gläubiger. Dies würde jedenfalls (auch) erklären, weshalb die gemeinsame Interessenwahrung angestrebt und umgesetzt wurde. Weiterungen können hierzu aber unterbleiben, da auch sonst keine Interessenkollision ersichtlich ist.

          Jedenfalls kann die Vertretung des Gemeinschuldners im Nachlassverfahren durch die Beschuldigten, nachdem vorgängig die Forderungen der ebenfalls von den gleichen Beschuldigten vertretenen Gläubiger rechtskräftig kolloziert worden waren, deshalb nicht als problematisch angesehen werden, weil diese gemeinsame Interessenwahrung offen gelegt wurde, weil für den Fall eintretender Interessengegensätze die Mandatsniederlegung thematisiert wurde und weil was entscheidend ist - die Interessenlage aller von den Beschuldigten vertretenen Beteiligten von Anfang an parallel, gleichgerichtet und deckungsgleich war. Damit liegt aber kein Konflikt vor.

          Die zielgerichtete, bewusste Bündelung der Interessen von Gläubigern und des Nachlassschuldners begründet unter diesen Kautelen keine disziplinarrechtlich relevante Interessenkollision.

          Zwar wäre auch bei dieser Konstellation wie bei allen Mehrfachvertretungen theoretisch nicht ausgeschlossen, dass sich die Gefahr einer Interessenkollision verwirklichen könnte, was die Beschuldigten mit den Mandanten besprachen. Vorliegend hat sich dieses theoretische Konfliktpotenzial aufgrund der bestehenden Aktenlage aber (noch) nicht zu einer Konfliktsituation entwickelt.

          Etwas anderes macht auch die Verzeigerin nicht geltend. Das von der Verzeigerin einzig angeführte bzw. dokumentierte Moment, dass für verschiedene Personen / Gesellschaften die gleichen Beschuldigten auftraten, genügt für die Annahme einer Interessenkollision wie dargelegt aber nicht.

        3. Damit liegt auch hier kein Verstoss gegen Art. 12 lit. c BGFA vor.

Beschluss der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte vom 3. Dezember 2009

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.