Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG230074 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 18.09.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Zusammenfassung : | Herr A______ hat gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Genf Berufung eingelegt, das am 8. Januar 2019 ergangen ist. Das Gericht entschied unter anderem, dass Frau B______ das Sorgerecht für das Kind C______ erhält und Herrn A______ ein Besuchsrecht zugesprochen wird. Herr A______ wurde ausserdem verpflichtet, monatlich 3400 CHF für den Unterhalt von Frau B______ zu zahlen. Die Gerichtskosten wurden auf 3000 CHF festgelegt. Herr A______ beantragte, dass das Besuchsrecht erweitert wird und die Gerichtskosten zwischen den Parteien geteilt werden. Das Gericht wies den Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Urteils ab. |
Schlagwörter : | Klage; Recht; Beklagten; Betreibung; Frist; Gericht; Rechnung; Zahlung; Frist; Handel; Parteien; Klageantwort; Rechtsvorschlag; Verzug; Handelsgericht; Forderung; Schuld; Urteil; Wiederherstellung; Schlussrechnung; Zahlungsbefehl; Verzugszins; Kantons; Vergütung; Beseitigung; Rechtsbegehren; Verfügung; Säumnis; Schuldnerin; Gläubigerin |
Rechtsnorm: | Art. 102 OR ; Art. 104 OR ; Art. 105 ZPO ; Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 148 ZPO ; Art. 149 ZPO ; Art. 153 ZPO ; Art. 223 ZPO ; Art. 31 ZPO ; Art. 363 OR ; Art. 367 OR ; Art. 56 ZPO ; Art. 58 ZPO ; Art. 6 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 68 KG ; Art. 88 KG ; Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 144 III 152; 144 III 360; 144 III 394; |
Kommentar: | - |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG230074-O U/ei
Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, VizePräsident, und Oberrichterin Nicole Klausner, die Handelsrichter Giuseppe De Simone, Marco La Bella und Martin Kleiner sowie die Gerichtsschreiberin Nadja Maurer
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Advokat lic. iur. X.
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y.
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin folgende BetRüge zu bezahlen:
CHF 67'483.00 nebst Zins zu 5% seit 26.03.2022
CHF 2'907.90 nebst Zins zu 5% seit 26.02.2022
CHF 3'683.35 nebst Zins zu 5% seit 26.02.2022
CHF 350.05 nebst Zins zu 5% seit 20.12.2021
Es sei der Klägerin in der Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Bülach über folgende BetRüge
CHF 67'483.00 nebst Zins zu 5% seit 26.03.2022
CHF 2'907.90 nebst Zins zu 5% seit 26.02.2022
CHF 3'683.35 nebst Zins zu 5% seit 26.02.2022
CHF 350.05 nebst Zins zu 5% seit 20.12.2021
sowie Zahlungsbefehlskosten in Höhe von CHF 103.30 Rechts- öffnung zu erteilen;
Unter o/e Kostenfolge zzgl. MWST.
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in C. BL. Sie bezweckt die Herstellung und den Vertrieb von und den Handel mit Fenstern, Türen und Fensterkomponenten (act. 3/1). Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D. ZH. Sie bezweckt unter anderem den Betrieb eines bautechnischen Büros im Bereich Bauberatung, Projektierung, Planung und Durchführung für Neu- und Umbauten sowie Sanierungen aller Art (act. 3/2).
Prozessgegenstand
Die Klägerin führte für die Beklagte Schreinerarbeiten aus. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie von ihrer Vertragspartnerin die Bezahlung der noch offenen
Vergütung sowie (sinngemäss) die Beseitigung des im entsprechenden Betreibungsverfahren erhobenen Rechtsvorschlags.
Prozessverlauf
Am 23. März 2023 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin die Klage mit obigem Rechtsbegehren am Handelsgericht des Kantons Zürich ein (act. 1). Mit Verfügung vom 24. März 2023 wurde ihr Frist zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses angesetzt (act. 4). Die Verfügung wurde der Beklagten durch das
Stadtammannamt D.
zugestellt (act. 5/2). Nachdem die Klägerin den Vorschuss fristgerecht leistete, wurde der Beklagten mit Verfügung vom 31. März 2023 Frist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt (act. 6; act. 7). Die Verfügung konnte der Beklagten postalisch zugestellt werden (act. 8/2). Mit Verfügung vom 26. Juni 2023 wurde der Beklagten unter Androhung der Säumnisfolge eine Nachfrist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt (act. 11). Mit Eingabe vom
10. August 2023 (Datum Poststempel: 11. August 2023) ersuchte die Beklagte sinngemäss um Erstreckung der Nachfrist (act. 13). Mit Verfügung vom
14. August 2023 wurde ihr Fristerstreckungsgesuch abgewiesen (act. 14). Mit Eingabe vom 31. August 2023 ersuchte die Beklagte um Wiederherstellung und Ansetzung einer angemessenen Nachfrist für die Einreichung einer Klageantwort (act. 19).
Wiederherstellungsgesuch der Beklagten
gestützt auf Art. 148 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auf Gesuch einer säumigen Partei eine Nachfrist Gewähren zu einem Termin erneut vorladen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie kein nur ein leichtes Verschulden trifft. Das Gesuch ist innert 10 Tagen seit Wegfall des Säumnisgrundes einzureichen (Art. 148 Abs. 2 ZPO). Das leichte Verschulden umfasst jedes Verhalten, das ohne dass es akzeptierbar entschuldbar wäre nicht zum schwerwiegenden Vorwurf gereicht (Urteil des BGer 4A_20/2019 vom 29. April 2019, E. 2). Der Entscheid obliegt demjenigen Gericht, vor welchem die versäumte Frist zu
wahren gewesen wäre, vorliegend also dem Handelsgericht des Kantons Zürich (HOFFMANN-NOWOTNY/BRUNNER in: OBERHAMMER/DOMEJ/HAAS [Hrsg.], Kurzkommentar ZPO, 3. Aufl. 2021, N 3 zu Art. 149). Es kommt das summarische Verfahren zur Anwendung (STAEHELIN, in: SUTTER-SOMM/HASENB?-HLER/LEUENBERGER
[Hrsg.], ZPO-Komm., 3. Aufl. 2016, N 5 zu Art. 149; Urteil des OGer ZH RT150147 vom 22. September .2015, E. 2.2). grundsätzlich ist der Gegenpartei Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 149 ZPO) Ist ein Wiederherstellungsgesuch offensichtlich unzulässig unbegründet, so rechtfertigt es sich mangels Beschwer, von einer Anhürung der Gegenpartei abzusehen (HOFFMANN- NOWOTNY/BRUNNER, a.a.O., N 1 zu Art. 149). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Beklagte bringt vor, dass ihr kein grobes Verschulden in Bezug auf ihre Säumnis vorgeworfen werden könne. Sie habe vor und nach Klageerhebung versucht, mit der Klägerin direkt Kontakt aufzunehmen, um die offensichtlichen Miss- Verständnisse in Bezug auf die Begleichung der streitgegenständlichen BetRüge zu klüren. Dabei sei sie sich sicher gewesen, dass die Klägerin letztlich erkennen würde, von der Beklagten bereits bezahlt worden zu sein, was zu einer Beendigung der vorliegenden gerichtlichen Auseinandersetzung führen würde. Die Klügerin habe sich dann aber nicht mehr bei ihr gemeldet. Im Wissen um die laufen- de Frist habe sie (die Beklagte) mit dem Hinweis auf familiür bedingte Absenzen im Ausland um Fristerstreckung ersucht (act. 19 S. 3 f.).
Aus den Vorbringen der Beklagten ergibt sich kein rechtsgenügender Grund zur Fristwiederherstellung. Die Beklagte bringt einzig vor, dass nach ihrem Verständnis klar gewesen sei, dass sie die Klägerin bereits bezahlt habe und sich das vorliegende Verfahren aussergerichtlich beendigen lasse. Ob ihr die Zusen- dung einer E-Mail an die Klägerin im Februar 2023 dazu berechtigten Anlass gab, kann vorliegend offen bleiben. Denn die Zustellung der Klageschrift am 3. April 2023 veranlasste sie erst im Juli 2023 dazu, erneut mit der Beklagten Kontakt aufzunehmen (vgl. act. 19 Rz. 14). Ein Grund für dieses lange Zuwarten macht die Beklagte nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere behauptet sie nicht, dass ein Austausch zwischen den Parteien über eine aussergerichtliche Lösung erfolgt wäre die Klägerin ihr eine solche in Aussicht gestellt hätte.
Vielmehr meldete sich die Klägerin nicht bei der Beklagten (vgl. act. 19 Rz. 16). Spätestens nachdem der Beklagten mit Verfügung vom 26. Juni 2023 eine Nachfrist im Sinne von Art. 223 Abs. 1 ZPO angesetzt und sie auf die Säumnisfolgen- den hingewiesen wurde, durfte von ihr ein Aktivwerden (Mandatierung einer Rechtsvertretung eigenstündiges Verfassen einer Klageantwort) erwartet werden (vgl. act. 11). Daran ändert nichts, dass die Beklagte im damaligen Zeitpunkt nicht anwaltlich vertreten war. Dass sie sich erst nach der Abweisung ihres Fristerstreckungsgesuchs vom 10. August 2023, mithin mehrere Monate nach Fristansetzung, um eine Vertretung bemühte, ist ihr als nicht mehr leichtes Verschulden anzulasten. Im übrigen wird der dem Fristerstreckungsgesuch vom
10. August 2023 zugrunde liegende Urlaub ihres Treuhänders von der Beklagten zu Recht nicht als Wiederherstellungsgrund vorgebracht. Gemäss dem Gesagten ist das Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Erstattung der Klageantwort abzuweisen.
Da die Beklagte auch innert Nachfrist keine Klageantwort eingereicht hat und da sich die Angelegenheit als spruchreif erweist, ist androhungsgemäss dar- über zu entscheiden (Art. 223 Abs. 2 ZPO).
Formelles
Säumnisfolgen
Gemäss Art. 223 Abs. 2 ZPO trifft das Gericht bei definitiv versäumter Klageantwort einen Endentscheid, sofern die Angelegenheit spruchreif ist. Hierzu muss die Klage soweit geklürt sein, dass darauf entweder mangels Prozessvoraussetzungen nicht eingetreten sie durch Sachurteil erledigt werden kann. Steht dem Eintreten auf die Klage nichts entgegen, bedeutet Spruchreife, dass der Klagegrund im Hinblick auf die anwendbaren Rechtsnormen hinreichend substantiiert ist und darüber hinaus dass das Gericht an der Richtigkeit der klägerischen Tatsachenbehauptungen keine erheblichen Zweifel hat (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Unter den gegebenen Umständen ist, wenn es die klägerische Sachdarstellung erlaubt, nach dem Klagebegehren zu erkennen, andernfalls ist die Klage abzuweisen. Dabei hat das Gericht auch rechtshemmende, rechtshindernde und rechtsaufhebende Tatsachen zu berücksichtigen, soweit sie in der Klage selbst angeführt sind. Andere Tatsachen, die aus den Akten ersichtlich sind, dürfen nur insoweit beRücksichtigt werden, als sie für das Vorhandensein der von Amtes wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen von Bedeutung sind (Art. 60 ZPO). An der erforderlichen Spruchreife fehlt es zur Hauptsache , wenn das Klagebegehren die Begründung der Klage (noch) unklar, unbestimmt offensichtlich unvollständig ist (Art. 56 ZPO) dem Gericht die KlageBegründung in erheblichem Mass als unglaubhaft erscheint und es darüber Beweis erheben will (BGE 144 III 394 E. 4.3.2.2.; Art. 153 Abs. 2 ZPO; BSK ZPO-WILLISEGGER, 3. Aufl.
2017, Art. 223 N. 17 ff.; ERIC PAHUD, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 223 N.
3 ff.).
Prozessvoraussetzungen
Die örtliche und sachliche zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich sind gegeben (Art. 31 ZPO; Art. 6 ZPO i.V.m. 44 lit. b GOG). Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass; auf die Klage ist einzutreten.
Unbestrittener Sachverhalt
Gemäss den schlüssigen, unbestritten gebliebenen Vorbringen der Klägerin ist von folgendem Sachverhalt auszugehen: Die Klägerin erhielt den Zuschlag für Schreinerarbeiten im Rahmen des Neubaus von zwei Mehrfamilienhäusern in E. AG. Die Parteien vereinbarten hierfür ein Honorar von CHF 120'705.65 (zzgl. 7.7 % MWST). Zusätzlich wurde die Klägerin Mändlich von der Beklagten beauftragt, in den Wohnungen Nr. 11 und 7 folgende weitere Arbeiten auszuführen: Eine SchiebeTüre mit Stahlzarge anstatt einer DrehflügelTüre zu einem Preis von CHF 1'285, eine zusätzliche KellerTüre mit Stahlzarge für CHF 2'150, eine zusätzliche KellerausgangsTüre für CHF 2'785 sowie ein 1-fl?gliges Fenster in Holz für CHF 728 (act. 1 Ziff. 6 f.). Mit Schlussrechnung Nr. 2020/020 vom
25. Februar 2022 stellte die Klägerin für diese Arbeiten die nach Abzug zweier Akontozahlungen noch offene Forderung von CHF 67'483 (inkl. MWST) in Rechnung (act. 1 Ziff. 6 f.).
Zusätzlich wurde die Klägerin von der Beklagten gestützt auf eine schriftliche Offerte vom 12. Januar 2021 Mändlich damit beauftragt, bei den Eingangstüren zu den beiden Mehrfamilienhäusern zwei Aluminiumleisten für je CHF 250 [recte: je CHF 125, vgl. act. 3/8] anzubringen, unterhalb der Elektroeinführung zwei Blechabschlüsse für je CHF 385 anzubringen, zwei GleitschienenTürschliesser bei den HausTüren sowie einen bei der Türe zum gemeinsamen Veloraum für je CHF 560 zu montieren. Hierfür stellte die Klägerin mit Schlussrech- nung Nr. 2020/011 vom 24. Januar 2022 einen Forderungsbetrag von CHF 2'907.90 (inkl. MWST) in Rechnung (act. 1 Ziff. 8).
Im Auftrag der Beklagten hängte die Klägerin im zweiten Mehrfamilienhaus zwölf mangelbetroffene Türen aus, früheste jeweils eine Planetnut ein, setzte Pla- neten ein und hängte die Türen wieder ein. Mit Schlussrechnung Nr. 2020/012 vom 24. Januar 2022 stellte die Klägerin dafür ihren Honoraranspruch von CHF 3'683.35 (inkl. MWST) in Rechnung (act. 1 Ziff. 9).
Ferner beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Reparatur eines beschädigten Badezimmerfenster in einem der beiden Einfamilienhäusern. Die Klügerin stellte der Beklagten hierfür mit Schlussrechnung Nr. 2021/81 vom
18. November 2021 einen Betrag von CHF 350.05 in Rechnung (act. 1 Ziff. 10).
Die Klägerin setzte für sämtliche Rechnungen eine Zahlungsfrist von 30 Tagen. Nachdem die Beklagte den Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen war, leitete die Klägerin am 6. Januar 2023 die Betreibung ein. Die Beklagte erhob Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl des Betreibungsamts Bülach vom 9. Januar 2023 (act. 1 Ziff. 11).
Rechtliches
Gemäss Art. 363 OR ist die Bestellerin verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu leisten. Ihre Fälligkeit setzt die Ablieferung des Werkes voraus. Unter Ablieferung ist die in der Absicht der VertragsErfüllung vorgenommene übergabe des beendeten, wenn auch allenfalls mangelhaften Werkes an die Bestellerin zu verstehen. Sie kann durch übergabe durch ausDrückliche stillschweigende Mitteilung der Unternehmerin erfolgen. Ob eine Ablieferung erfolgte, bestimmt sich danach, ob die Unternehmerin zum Ausdruck brachte, dass die Arbeiten beendet sind. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Unternehmerin der Bestellerin die Schlussrechnung zukommen lässt (Urteil des Bundesgerichts 4A_51/2007 vom 11. September 2007 E. 4.5; ZINDEL/SCHOTT, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, N. 2 zu Art. 372 und N. 3 zu Art. 367 OR).
Verzugszins kann gefordert werden, wenn die Schuldnerin mit der Zahlung einer fälligen Geldleistung in Verzug ist, wobei der gesetzliche Verzugszins 5% pro Jahr beträgt (Art. 104 Abs. 1 OR). Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird die Schuldnerin durch Mahnung der Gläubigerin in Verzug gesetzt (Art. 102 Abs. 1 OR). Der Tag des fristauslösenden Zeitpunkts (z.B. Rechnungsoder Zustellungsdatum) wird nicht mitgezählt (BGE 144 III 152 E. 4.4.2.).
Die Gläubigerin kann im Zivilprozess die Beseitigung des durch die Schuldnerin erhobenen Rechtsvorschlags verlangen (Art. 79 Abs. 1 Satz 1 SchKG). Die entsprechende Klage muss sie innerhalb eines Jahres ab Zustellung des Zahlungsbefehls an die Gläubigerin erheben (Art. 88 Abs. 2 SchKG). Die Forderung muss als notwendige Voraussetzung identisch sein mit derjenigen, die in Betreibung gesetzt wurde (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, Art. 79 N 10a).
Vergütungsforderung
Die Klägerin erbrachte für die Beklagte Werkleistungen. Dafür schuldet die Beklagte der Klägerin die vereinbarten Vergütungen (Art. 363 OR). Der Vertragsschluss über die streitgegenständlichen Arbeiten sowie deren Ausführung sind vorliegend ebenso wenig strittig wie die dafür von der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung. Durch die Zusendung der Schlussrechnungen brachte die Klügerin zum Ausdruck, dass die Arbeiten beendet sind. Damit wurde das Werk implizit abgegeben und die Vergütungsforderungen sind fällig. Die Beklagte ist somit zu verpflichten, der Klägerin die BetRüge von CHF 67'483, CHF 2'907.90, CHF 3'683.35 und CHF 350.05, insgesamt CHF 74'424.30, zu bezahlen.
Verzugszins
Die in den Rechnungen angesetzten Zahlungsfristen von jeweils 30 Tagen qualifizieren als vorgezogene Mahnungen i.S.v. Art. 102 Abs. 1 OR. Die Klägerin macht implizit geltend, dass die Zahlungsfristen ab Datum der Rechnungsstellung zu verstehen seien. Dies blieb unbestritten. Für die Rechnung Nr. 2020/020 vom
25. Februar 2022 lief die Frist am 27. März 2022 ab; der Verzugszins ist ab dem
28. März 2022 geschuldet. Für die Rechnungen Nr. 2020/011 und 2020/012 vom
24. Januar 2022 liefen die Fristen am 23. Februar 2022 ab; der Verzugszins ist entsprechend dem Rechtsbegehren ab dem 26. Februar 2022 zu sprechen (Art. 58 Abs. 1 ZPO). Für die Rechnung Nr. 2021/081 vom 18. November 2021 lief die Frist zufolge des Wochenendes am 20. Dezember 2021 ab; der Verzugszins ist ab dem 21. Dezember 2021 geschuldet.
Beseitigung des Rechtsvorschlags
Die Klägerin verlangt sinngemäss die Beseitigung des Rechtsvorschlages im Umfang des eingeklagten Betrags. Der Zahlungsbefehl datiert vom 9. Januar 2023 (act. 3/3). Die vorliegende Klage wurde am 23. März 2023 und damit innerhalb der Jahresfrist eingereicht. In der Betreibung wird als Forderungsgrund Offene Rechnungen aus projektnummer F. -Strasse .../.../.../... in E. , BKP 273, 221 angegeben (act. 3/3). Die Identität der eingeklagten mit der in Betreibung gesetzten Forderung ist damit gegeben. Der Rechtsvorschlag ist somit in gleichem Umfang zu beseitigen, in welchem auch die Forderungsklage gutzuheissen ist (vgl. oben Ziff. 5).
Die Klägerin als Gläubigerin hat zudem bei (mindestens teilweise) erfolgreicher Betreibung von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Ersatz der Betreibungskosten. Sie ist deshalb berechtigt, von den Zahlungen der Beklagten als Schuldnerin in der Zwangsvollstreckung die Betreibungskosten vorab zu erheben (Art. 68 Abs. 2 SchKG). Die Betreibungskosten werden im Ergebnis zur Schuld geschlagen und sind von der Schuldnerin zusätzlich zum Betrag, welcher der Gläubigerin zugesprochen worden ist, zu bezahlen (BGer-Urteil 5A_455/2012 vom 5. Dezember 2012, E. 3.). Zur Durchsetzung der Kostenersatzpflicht erweist
sich die Beseitigung des Rechtsvorschlages deshalb als überflüssig (BGE 144 III 360 ff. E. 3.6.2).
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Li- nie nach dem Streitwert ( 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Der Streitwert beträgt CHF 74'424.30 (act. 1 S. 2). In Anwendung von 4 Abs. 1 sowie 10 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf CHF 5'600 festzusetzen. Die Beklagte unterliegt nahezu vollumfänglich, weshalb sie kostenpflichtig wird (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Gerichtskosten sind entsprechend Art. 111 Abs. 1 ZPO mit dem durch die Klägerin geleisteten Vorschuss zu verrechnen. Im entsprechenden Umfang ist ihr das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen (Art. 111 Abs. 2 ZPO).
Parteientschädigungen
Die Höhe der Parteientschädigung ist gestützt auf die Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 in erster Linie anhand des Streitwerts zu bemessen (AnwGebV; Art. 96 ZPO i.V.m. Art. 105 Abs. 2 ZPO). Beim vorliegen- den Streitwert beträgt die Grundgebühr rund CHF 9'200 ( 2 Abs. 1 lit. a und 4 Abs. 1 AnwGebV). Sie ist vorliegend mit der Begründung der Klage verdient ( 11 Abs. 1 AnwGebV). Mangels Darlegung der fehlenden Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist die Parteientschädigung praxisgemäss ohne Mehrwertsteuerzuschlag zuzusprechen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016 E. 4.5).
Das Gesuch um Wiederherstellung der Nachfrist zur Einreichung einer Klageantwort wird abgewiesen.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Erkenntnis.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin
CHF 67'483 nebst Zins zu 5 % seit 28. März 2022
CHF 2'907.90 nebst Zins zu 5 % seit 26. Februar 2022
CHF 3'683.35 nebst Zins zu 5 % seit 26. Februar 2022
CHF 350.05 nebst Zins zu 5 % seit 21. Dezember 2021 zu bezahlen.
Im Mehrbetrag (Zins) wird Ziffer 1 des Rechtsbegehrens abgewiesen.
Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 1, Betreibungsamt Bülach, Zahlungsbefehl vom 9. Januar 2023, wird im Umfang von
CHF 67'483 nebst Zins zu 5 % seit 28. März 2022
CHF 2'907.90 nebst Zins zu 5 % seit 26. Februar 2022
CHF 3'683.35 nebst Zins zu 5 % seit 26. Februar 2022
CHF 350.05 nebst Zins zu 5 % seit 21. Dezember 2021 beseitigt.
Im Mehrumfang (Zins, Kosten des Zahlungsbefehls) wird Ziffer 2 des Rechtsbegehrens abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 5'600.
Die Kosten werden der Beklagten auferlegt und aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Für die der Beklagten auferlegten Kosten wird der Klägerin das Rückgriffsrecht eingeräumt.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 9'200 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin im Doppel für sich und zuhanden des Betreibungsamtes Bülach sowie unter Beilage von act. 19 und act. 21/26.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 72'424.30.
Zürich, 18. September 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
Roland Schmid
Gerichtsschreiberin:
Nadja Maurer
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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