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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG220085
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG220085 vom 28.11.2023 (ZH)
Datum:28.11.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Marke / UWG
Zusammenfassung : Die Eheleute A und B haben sich nach 17 Jahren Ehe und 4 Jahren Trennung scheiden lassen. Das Gericht hat entschieden, dass die Kinder bei A bleiben und B ein angemessenes Unterhaltsbeitrag zusteht. A hat ein ausreichendes Einkommen, um diesen Beitrag zu leisten. B, die nie berufstätig war, wird aufgrund ihrer persönlichen und finanziellen Situation keine Arbeit aufnehmen können. Das Gericht berücksichtigt die Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten beider Parteien und entscheidet, dass A einen monatlichen Beitrag von 2900 CHF an B leisten soll, beginnend ab dem 18. Juli 2019. Es wird keine zeitliche Begrenzung für diesen Beitrag festgelegt.
Schlagwörter : Marke; Marken; Recht; MSchG; Beklagten; Zeichen; Verkehr; Verwechslung; Verkehrskreis; Schweiz; Klage; Partei; Verwechslungsgefahr; Kennzeichnung; Präparat; Kennzeichnungskraft; Feststellung; Verkehrskreise; Ophthalmologe; Parteien; Gericht; Arzneimittel; Ophthalmologen; Wirkstoff; Erwägung; Praxis; Patient; Aussprache; Urteil
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ; Art. 109 IPRG ; Art. 110 IPRG ; Art. 129 IPRG ; Art. 136 IPRG ; Art. 229 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 59 ZPO ; Art. 8 MWSTG ; Art. 91 ZPO ; Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:119 II 473; 122 III 382; 123 III 357; 126 III 315; 127 III 160; 128 III 441; 128 III 96; 133 III 490; 135 III 378; 136 III 102; 140 III 251; 140 III 312; 73 II 57; 84 II 441; 92 II 62;
Kommentar:
-
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG220085-O U/dz

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. Claudia Bühler, Präsidentin, und Oberrichterin Flurina Schorta, die Handelsrichterin Dr. Esther N?geli, die Handelsrichter Dr. Peter Felser und Stefan Vogler sowie die Gerichtsschreiberin Nadja Kiener

Beschluss und Urteil vom 28. November 2023

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X.

    gegen

    B1. Inc.,

    Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2.

    betreffend Marke / UWG

    Inhaltsverzeichnis

    Rechtsbegehren 3

    Sachverhalt und Verfahren 3

    1. Sachverhaltsübersicht 3

      1. Parteien und ihre Stellung 3

      2. Prozessgegenstand 3

    2. Prozessverlauf 4

Erwägungen 5

  1. Formelles 5

    1. zuständigkeit 5

    2. Anwendbares Recht 5

    3. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse 6

      1. Ausgangslage 6

      2. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse nach Art. 52 MschG 6

      3. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse nach Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG 7

      4. Zwischenfazit 9

    4. Weitere Prozessvoraussetzungen 9

    5. Eingabe der Beklagten vom 19. Oktober 2023 9

  2. Materielles 10

    1. Ausgangslage 10

    2. Parteistandpunkte 11

    3. Nichtigkeitsklage nach Art. 52 MSchG 12

      1. Einleitung 12

      2. Aktiv- und Passivlegitimation 12

      3. Relative AusschlussGründe 13

        1. Massgebliche Verkehrskreise 15

          1. Parteibehauptungen 15

          2. Rechtliches 15

          3. Würdigung 16

        2. Warenidentität bzw. Warengleichartigkeit 19

          1. Parteibehauptungen 19

          2. Rechtliches 19

          3. Würdigung 19

        3. Kennzeichnungskraft 21

          1. Parteibehauptungen 21

          2. Rechtliches 21

          3. Würdigung 22

        4. Zeichenähnlichkeit 24

          1. Schriftbild 24

          2. Wortklang 26

          3. Sinngehalt 28

          4. Zwischenfazit 30

        5. Verwechslungsgefahr 30

      4. Fazit 33

  1. Kosten- und Entschädigungsfolgen 33

    1. Streitwert 33

    2. Gerichtsgebühr 34

    3. Parteientschädigungen 34

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2)

1. Es sei die Nichtigkeit der Schweizer Marke der Beklagten CH-Nr.

1 C. , eingetragen für 'Pharmazeutische präparate' in Klasse 5, festzustellen und es sei in Anwendung von Art. 54 MSchG das Nichtigkeitsurteil dem IGE nach Erlass zuzustellen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.

Sachverhalt und Verfahren
  1. Sachverhaltsübersicht

    1. Parteien und ihre Stellung

      Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in D. . Sie bezweckt die Beteiligung an Unternehmen, die auf dem Gebiet der Gesundheit Ernährung tätig sind. Sie kann sich auch an Unternehmen der Biologie, Chemie, Physik, Informatik verwandter Gebiete beteiligen. Ausserdem ist sie berechtigt, liegenschaften und Immaterialgüterrechte im In- und Ausland zu erwerben, zu belasten, zu verwerten und zu verkaufen (act. 1 Rz. 8 und Rz. 23 und act. 3/2).

      Die Beklagte ist eine US-amerikanische Gesellschaft mit Hauptsitz in E. im

      US-Bundesstaat F.

      (act. 1 Rz. 8 und act. 3/3-5). Sie Gehört zur B. Gruppe, ein US-amerikanischer, multinational tätiger Biotechnologiekonzern ebenfalls mit Sitz in E. , der sich auf die Entdeckung, Entwicklung und Bereitstellung von Therapien zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen spezialisiert hat (act. 1 Rz. 24 und act. 14 Rz. 23).

    2. Prozessgegenstand

      Die Klägerin ist Inhaberin der am tt.mm.2017 hinterlegten Marke CH- Nr. 2G. für Pharmazeutische präparate der Klasse 5 (act. 1 Rz. 25 und act. 3/13). Sie beantragt, gerichtlich festzustellen, dass die Schweizer Marke der Beklagten Nr. 1 C. , eingetragen für Pharmazeutische präparate in Klasse 5, nichtig sei (act. 1 S. 2). Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei (act. 14 S. 2).

  2. Prozessverlauf

Die Klägerin reichte am 1. Juni 2022 (Datum Poststempel) die Klage samt Beilagen hierorts ein (act. 1 und act. 3/2-52). Mit Verfügung vom 7. Juni 2022 wurde der Klägerin Frist angesetzt, um für die Gerichtskosten einen Vorschuss von CHF 15'000 zu leisten. Die Nämliche Frist als Nachfrist wurde ihr angesetzt, um eine neue rechtsgültige Vollmacht einzureichen (act. 4). Diesen Aufforderungen kam die Klägerin innert Frist nach (act. 6, act. 7 und act. 8). Die Klageantwort vom

19. September 2022 wurde fristgemäss eingereicht (act. 9, act. 14 und act. 16/2- 19). Mit Verfügung vom 21. September 2022 wurde die Prozessleitung an Oberrichterin Flurina Schorta als Instruktionsrichterin delegiert (act. 17). Am

18. Oktober 2022 lud das Handelsgericht zur Vergleichsverhandlung vom

12. Dezember 2022 vor (act. 19). Mit Schreiben vom 14. November 2022 teilte die Rechtsvertreterin der Klägerin eine Adressänderung mit (act. 20).

Nachdem die Vergleichsverhandlung vom 12. Dezember 2022 ohne Ergebnis geblieben war, wurde ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet und der Klägerin ei- ne einmalige Frist angesetzt, um einstweilen einen zusätzlichen Vorschuss für die Gerichtskosten von CHF 15'000 zu leisten (act. 22). Der zusätzliche Vorschuss wurde fristgemäss geleistet (act. 24). Die Replik vom 2. März 2023 erging rechtzeitig (act. 27 und act. 28/1-9). Die Duplik vom 22. Mai 2023 (act. 31 und act. 32/20-31) wurde ebenfalls innert Frist erstattet und mit Verfügung vom

  1. ai 2023 der Klägerin zugestellt (act. 33).

    Mit Verfügung vom 10. Oktober 2023 wurde den Parteien Frist angesetzt, um zu erklären, ob auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichtet werde (act. 37). Die Klägerin verzichtete mit Eingabe vom 18. Oktober 2023 auf die Durchführung einer Hauptverhandlung (act. 39). Mit Eingabe vom 19. Oktober 2023 reichte die Beklagte zwei Beilagen ein (act. 40 und act. 41/32-33). Mit einer weiteren Eingabe vom 23. Oktober 2023 verzichtete sie ebenfalls auf die Durchführung einer Hauptverhandlung (act. 42).

    Das Verfahren erweist sich als spruchreif, weshalb ein Urteil zu Fällen ist (Art. 236 Abs. 1 ZPO).

    Erwägungen
    1. Formelles

  1. zuständigkeit

    Die örtliche und sachliche zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich ist gegeben (Art. 22 Ziff. 4 i.V.m. Art. 109 Abs. 1 IPRG und Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 5 Ziff. 3 i.V.m. Art. 129 IPRG sowie Art. 5 Abs. 1 lit. a und lit. d i.V.m. Art. 6 Abs. 4 lit. a ZPO und 44 lit. a GOG) und unbestritten geblieben (act. 1 Rz. 8 ff. und act. 14 Rz. 4 ff.).

  2. Anwendbares Recht

    Im internationalen Verhältnis wendet das Gericht in der Regel sein eigenes Prozessrecht an. Auf das Verfahren findet demnach die Schweizerische Zivilprozessordnung Anwendung.

    Immaterialgüterrechte, wozu Markenrechte gehören, unterstehen dem Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird (Art. 110 Abs. 1 IPRG). Vorliegend stätzt sich die Klägerin in ihrer Klage auf den Markenschutz in der Schweiz, weshalb Schweizer Recht anzuwenden ist.

    Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb unterstehen dem Recht des Staates, auf dessen Markt die unlautere Handlung ihre Wirkung entfaltet (Art. 136 Abs. 1 IPRG). Vorliegend finden die behaupteten und bestrittenen unlauteren Handlungen in der Schweiz statt bzw. behauptet die Klägerin eine Auswirkung auf den Schweizer Markt. Entsprechend ist Schweizer Recht anzuwenden.

    Anzumerken ist an dieser Stelle zudem, dass der Verletzte neben der Verletzung eines Immaterialgüterrechts zugleich eine Verletzung wegen unlauteren Wettbewerbs geltend machen kann. Art. 110 IPRG schliesst die Anwendung von Art. 136 IPRG nicht aus (BSK IPRG JEGHER/KUNZ, Art. 110 N 6).

  3. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse

    1. Ausgangslage

      Die Klägerin beantragt die gerichtliche NichtigErklärung einer Schweizer Marke der Beklagten, wobei sie sich primür auf markenrechtliche (UngültigErklärung der Marke gestützt auf relative AusschlussGründe), kumulativ respektive ergänzend auch auf lauterkeitsrechtliche Anspruchsgrundlagen (UngültigErklärung der Marke gestützt auf ein unlauteres Vorgehen bei der Zeichenbildung seitens der Beklagten) beruft (vgl. act. 1 Rz. 6 und Rz. 17).

      Die Beklagte bestreitet einen Feststellungsanspruch der Klägerin aus UWG. Da sie die streitgegenständliche Marke in der Schweiz im Geschäftsverkehr noch gar nicht verwende, könne keine Verletzung stattgefunden haben. Ein andauernder STürungszustand sei nicht eingetreten, womit es der Klägerin an einem schutzwürdigen Interesse gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG fehle. Ausserdem sei die Feststellungsklage stets subsidiür zu Leistungsoder Gestaltungsklagen (act. 14 Rz. 4 ff.).

    2. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse nach Art. 52 MschG

      Wer ein rechtliches Interesse nachweist, kann vom Gericht feststellen lassen, dass ein Recht Rechtsverhältnis nach MSchG besteht (Art. 52 MSchG). Der Begriff des rechtlichen Interesses nach Art. 52 MSchG ist in einem weiten Sinne zu verstehen. Selbst die BeRücksichtigung eines tatsächlichen Interesses ist nicht ausgeschlossen (BGE 140 III 251 E. 5.1.). Ein schutzwürdiges Interesse an der NichtigErklärung einer Marke hat jede Person, die durch ihren Bestand behindert wird befürchten muss, in absehbarer Zeit dadurch behindert zu werden (BSK MSchG FRICK, Art. 52 N 21).

      Der vorliegende Streitgegenstand betrifft die Wortmarken G.

      der Klägerin

      bzw. C. der Beklagten, welche für dieselbe Warenklasse eingetragen wor- den sind. Die Parteien befinden sich hinsichtlich einer potentiellen Verwechslungsgefahr der Beklagtenmarke mit der Marke der Klägerin in Konflikt. Die Beklagte hat ihre Marke zwar im Markenregister eintragen lassen, und ihr Arzneimittel wurde in der Schweiz zugelassen, indessen wird es derzeit hierorts noch nicht verwendet. Mit einem Markteintritt ist aber in absehbarer Zeit durchaus zu rech- nen (vgl. act. 1 Rz. 21, Rz. 38 und Rz. 44 ff. sowie act. 14 Rz. 9). Entsprechend liegt ohne Weiteres und unbestrittenermassen ein ausreichendes Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse der Klägerin i.S.v. Art. 52 MSchG vor.

    3. Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse nach Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG

      Gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG kann der Verletzte dem Richter beantragen, die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt.

      Das Bundesgericht hat die Feststellungsklage nach Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG als eigenstündigen Anspruch qualifiziert, der die Voraussetzungen der allgemeinen zivilprozessualen Feststellungsklage nicht zu erFällen braucht (Urteil BGer 4C.369/2004 vom 21. Januar 2005). Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG verlangt, dass sich die Verletzung weiterhin sTürend auswirkt. Dieses Erfordernis soll sicherstellen, dass die Feststellungsklage nur erhoben werden kann, wenn der Kläger einer anhaltenden Beeinträchtigung seines Ansehens ausgesetzt ist, die sich mittels gerichtlicher Feststellung beseitigen lässt. Mit anderen Worten dient die Feststellungsklage im Wettbewerbsrecht der Beseitigung von STürungen, die von einer abgeschlossenen Verletzungshandlung ausgegangen und zum Dauerzustand geworden sind (BGE 123 III 357 E. 1c). Vorausgesetzt wird entsprechend, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung eines fortbestehen- den STürungszustandes geltend machen kann. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die eigentliche Verletzungshandlung weiterhin andauert. Vielmehr kann die Verletzung zwar abgeschlossen sein, die daraus entstandene STürung kann aber weiterhin vorhanden sein, sie ist dann zu einem Dauerzustand geworden (typische AnwendungsFälle sind z.B. Verletzungen in der Presse; zum Ganzen: BSK UWG R?ETSCHI/ROTH, Art. 9 N 49 ff. und Dike-Komm. UWG DOMEJ, Art. 9 N 22 ff.).

      Es ist unbestritten, dass die streitgegenständliche Marke der Beklagten in der Schweiz noch nicht verwendet wird (vgl. act. 1 Rz. 21, Rz. 38 und Rz. 44 ff. sowie

      act. 14 Rz. 6 und Rz. 100). Der blosse Eintrag im Markenregister kann nicht mit einem Marktauftritt gleichgesetzt werden, stellt mithin keine Verletzungshandlung dar, kann durch diesen doch keine Rufausbeutung i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG erfolgen. Die Klägerin behauptet denn auch nichts Gegenteiliges, zumal sie es unterlässt, sich zur diesbezüglichen Kritik der Beklagten zu äussern. Ein sich weiterhin auswirkender STürungszustand, den es zu beseitigen gelte, ist damit nicht gegeben.

      Hinzu kommt, dass eine Feststellungsklage stets subsidiür zur Leistungsoder Gestaltungsklage ist. Kann das verfolgte Rechtsschutzziel auch mit einer Unterlassungsoder Beseitigungsklage zur Gänze erreicht werden, so ist eine Feststellungsklage unzulässig (BGE 135 III 378 E. 2.2. und BSK UWG R?ETSCHI/ROTH, Art. 9 N 53). Gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a UWG kann, wer durch unlauteren Wettbewerb in seiner Kundschaft, seinem Kredit beruflichen Ansehen, in seinem Geschäftsbetrieb sonst in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht verletzt wird, beim Richter beantragen, eine drohende Verletzung zu verbieten. Mit dieser Unterlassungsklage soll verhindert werden, dass ein Schaden überhaupt eintritt, zumindest dessen Höhe in Grenzen gehalten werden. Sie setzt eine Erstbegehungsoder eine Wiederholungsgefahr voraus. Die Erstbegehungsgefahr ist relevant, wenn der Gegner noch keine Rechtsverletzung jener Art, wie sie verboten werden soll, begangen hat. Notwendig ist, dass der Gegner eine unlautere Handlung zu setzen beabsichtigt, was sich in erster Linie aus typischen Vorbereitungshandlungen erschliessen lässt, so z.B. aus der Anmeldung verletzender Zeichen (BSK UWG R?ETSCHI/ROTH, Art. 9 N 18 und Dike-Komm. UWG

      • DOMEJ, Art. 9 N 10 ff. und N 24). Die Klägerin befürchtet, dass infolge der Eintragung der Beklagtenmarke ins Markenregister und der Erteilung der heilmittelrechtlichen Zulassung die Gefahr besteht, dass die Beklagte die Marke C. könftig in unlauterer Weise gebraucht (= Erstbegehungsgefahr). Entsprechend hätte sie gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG ein Unterlassungsbegehren stellen können.

        Mangels Eintritts einer Verletzung und mithin Vorliegens eines andauernden Störungszustands sowie gestützt auf den Umstand, dass die Klägerin eine Leistungsklage hätte anheben können, mangelt es ihr an einem berechtigten Rechtsschutzbzw. Feststellungsinteresse hinsichtlich der gestützt auf Art. 3 Abs. 1 lit. e

        i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. c UWG geltend gemachten Ansprüche, weshalb diesbezüglich auf die Klage nicht einzutreten ist.

    4. Zwischenfazit

      Wie soeben aufgezeigt, ist auf die Klage soweit sie Ansprüche aus Lauterkeitsrecht betrifft nicht einzutreten.

      Nachfolgend ist über den geltend gemachten markenrechtlichen Anspruch (UngültigErklärung der Marke der Beklagten gestützt auf relative AusschlussGründe) zu befinden.

  4. Weitere Prozessvoraussetzungen

    Die weiteren Prozessvoraussetzungen nach Art. 59 Abs. 2 ZPO sind hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus Markenrecht unbestrittenermassen erfüllt und geben zu keinen Weiterungen Anlass. Auf die Klage ist diesbezüglich einzutreten.

  5. Eingabe der Beklagten vom 19. Oktober 2023

Am 19. Oktober 2023 reichte die Beklagte in Ausübung des unbedingten Replikrechts eine Eingabe ein (act. 40).

Nach Abschluss des zweiten Schriftenwechsels können neue Tatsachen nur unter den Voraussetzungen von Art. 229 ZPO ins Verfahren eingebracht werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Noven ohne Verzug ins Verfahren eingebracht wer- den (Art. 229 Abs. 1 ZPO). Ausserdem dürfen die Tatsachen und Beweismittel erst nach dem letzten Schriftenwechsel entstanden gefunden worden sein (echte Noven, lit. a) trotz zumutbarer Sorgfalt nicht früher vorgebracht wor- den sein können (unechte Noven, lit. b). Diejenige Partei, die der Meinung ist, sie könne sich auf neue Tatsachen und/oder Beweismittel stätzen, muss für jede einzelne neue Tatsache und jedes einzelne neue Beweismittel substantiiert dartun,

dass die zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (ZK ZPO LEUENBERGER, Art. 229 N 10).

Im vorliegenden Verfahren ist der Aktenschluss mit dem Abschluss des zweiten Schriftenwechsels, also mit der Duplik der Beklagten vom 22. Mai 2023 (act. 31), eingetreten (BGE 140 III 312 E. 6). Mit Zustellung der Duplik an die Klägerin wur- de der Aktenschluss ausDrücklich verfügt (act. 33).

In ihrer Eingabe vom 19. Oktober 2023 weist die Beklagte das Gericht auf die beigelegten ausländischen Entscheidungen hin (act. 40). Dabei handelt es sich einerseits um einen Entscheid des britischen Markenamts UKIPO vom 26. Juli 2023 und andererseits um einen Entscheid des Landgerichts Hamburg vom

11. August 2023 (act. 41/32-33). Da sich die Eingabe der Beklagten nicht auf eine kürzlich eingereichte Eingabe der Klägerin bezieht, zu welcher sie noch nicht Stellung nehmen konnte, erfolgt sie nicht in Ausübung ihres Replikrechts. Als Noveneingabe ist die Eingabe der Beklagten verspätet, da die damit eingereichten Entscheide bereits vor rund drei bzw. zwei Monaten ergangen sind und die Beklagte nicht näher ausgefährt hat, weshalb sie sie erst jetzt einreichen kann. Die Eingabe der Beklagten samt Beilagen hat daher Unberücksichtigt zu bleiben. Kommt hinzu, dass deren BeRücksichtigung nichts am Verfahrensausgang zu ändern verMöchte.

II. Materielles

  1. Ausgangslage

    Die Klägerin ist Inhaberin der Schweizer Marke Nr. 2, eingetragen am tt.mm.2017 (act. 3/13). Die Schweizer Marke Nr. 1 der Beklagten wurde am tt.mm.2021 hinterlegt (act. 3/6). Die Marken beider Parteien beanspruchen damit Gültigkeit für den Schweizer Markt für Waren und Dienstleistungen der Klasse 5 (Pharmazeutische und veterinürmedizinische Erzeugnisse sowie präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnürztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide) gemäss dem Abkommen von Nizza über die Internationale Klassifikation

    von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken. Bei beiden Eintragungen handelt es sich um reine Wortmarken.

    Das klägerische präparat G. wurde von Swissmedic in zwei Darreichungsformen zugelassen, namentlich als Durchstechflasche und als Fertigspritze. Es wird in der Schweiz seit 2020 für die Behandlung der ... (...) H. - Degeneration (sog. ... H. ), die den allmöhlichen Verlust des menschlichen

    Sehvermögens verursacht, als Fertigspritze vertrieben. G.

    enthält den

    Wirkstoff I. und ist nebst J. (Wirkstoff: K. ) und L. (Wirkstoff: M. ) ein präparat zur N. -A-Therapie (= N. A Therapie), das derzeit in der Schweiz zur ophthalmologischen Behandlung zugelassen ist (act. 1 Rz. 26 ff. und act. 14 Rz. 24).

    Das beklagtische präparat C. beinhaltet den neueren Wirkstoff K. . Es ist seit 13. Juli 2022 in der Schweiz zugelassen, wobei dessen Inverkehrsetzung noch bevorsteht (act. 1 Rz. 38 ff.; act. 14 Rz. 33 und Rz. 92; act. 27 Rz. 9 f. und Rz. 38). Die beiden präparate haben im Wesentlichen vergleichbare Anwen- dungsbereiche, sind trotz unterschiedlicher Wirkstoffe auch im Produktprofil ähnlich und werden mittels Injektion unmittelbar in den GlasKörper des Auges gespritzt. Die Beklagte beabsichtigt mit ihrem Arzneimittel als Biosimilar zum erfolgreichen J. in den schweizerischen Markt einzusteigen und mit einem für Biosimilars typisch günstigeren Preis H. -Medikamente erschwinglicher zu machen (act. 14 Rz. 15 und act. 27 Rz. 5 ff.).

  2. Parteistandpunkte

    Die Klägerin macht geltend, zwischen ihrer Marke und der Marke der Beklagten bestehe Verwechslungsgefahr i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG, weshalb die Beklagte durch (potentielle) Verwendung ihres Zeichens die klägerischen Markenrechte verletze. Daher klagt sie auf UngültigErklärung der Marke (Art. 52 MSchG) gestützt auf relative AusschlussGründe.

    Die Beklagte bestreitet das Vorliegen einer Markenrechtsverletzung mangels Verwechslungsgefahr. Abgesehen von einem gemeinsamen Anfangsbuchstaben

    bestehe zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Marke keinerlei relevante ähnlichkeit. Soweit die Klägerin ihre Klage auf Ansprüche aus Markenrecht stätzt, schliesst die Beklagte demzufolge auf Klageabweisung

  3. Nichtigkeitsklage nach Art. 52 MSchG

    1. Einleitung

      Das Markenrecht verleiht dem Inhaber einer Marke innerhalb des Schutzbereichs das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu gebrauchen und darüber zu verfügen (Art. 13 Abs. 1 MSchG). Nach Art. 52 MSchG kann, wer ein rechtliches Interesse nachweist, vom Gericht feststellen lassen, dass ein Recht Rechtsverhältnis gemäss diesem Gesetz besteht nicht besteht. Diese markenrechtliche Feststellungsklage in Form der Löschungsoder Nichtigkeitsklage erlaubt die NichtigErklärung und Löschung einer Marke aus dem Markenregister. Wer die Feststellungsklage anhebt, kann sich in diesem Zusammenhang unter anderem auf die relativen AusschlussGründe gemäss Art. 3 MSchG berufen (Urteil BGer 4A_265/2020 E. 4.1.).

    2. Aktiv- und Passivlegitimation

      Zur Nichtigkeitsklage aktivlegitimiert ist, wer ein Feststellungsinteresse geltend macht. Passivlegitimiert ist jene Person, gegenüber welcher das festzustellende Recht Rechtsverhältnis besteht. Als NichtigkeitsGründe kommen insbeson- dere relative AusschlussGründe gemäss Art. 3 Abs. 1 MSchG in Betracht (BGE 136 III 102 E. 3.1.; BSK MSchG FRICK, Art. 52 N 18 und SHK MSchG STAUB,

      Art. 52 N 18, N 23 und N 44). Anders als im Verletzungsverfahren nach Art. 55 Abs. 1 MSchG ist für die Beurteilung der Warengleichheit bzw. -gleichartigkeit bei der Nichtigkeitsklage allein auf die RegistereintRüge der zu beurteilenden Marken abzustellen (Urteil BGer 4A_265/2020 E. 10.3., in: sic! 2021, S. 410). Wurde im Vorfeld bereits ein Widerspruchsverfahren durchlaufen, ist das Zivilgericht nicht an diesen Entscheid gebunden, denn beim Widerspruchsverfahren handelt es sich um ein Verwaltungsverfahren sui generis, in dem die WiderspruchsBehörde

      mit eng begrenzter Kognition entscheidet, wobei der Entscheid bloss vorläufiger Natur ist (Urteil BGer 4A_129/2020 vom 26. Oktober 2020 E. 3.3., in: sic! 2021,

      S. 246 und Urteil HGer ZH HG170041 vom 28. Oktober 2019 E. 1.3.).

      Vorab ist festzuhalten, dass kein Widerspruchsverfahren für die im Streit stehen- de Schweizer Marke Nr. 1 der Beklagten durchlaufen wurde.

      Die Klägerin als Inhaberin der älteren Marke hat ein Feststellungsinteresse an der NichtigErklärung der Marke der Beklagten (vgl. Erwägung Ziff. I.2.3. vorstehend) und ist entsprechend aktivlegitimiert. Die Beklagte als Inhaberin der jüngeren Marke, welche nichtig erklärt werden soll, ist passivlegitimiert. Als relativer Ausschlussgrund kommt die Verwechslungsgefahr gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG in Betracht, infolge Markenähnlichkeit sowie Identität Gleichartigkeit der Waren.

    3. Relative AusschlussGründe

Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a MSchG sind Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die mit einer älteren Marke identisch sind und für die gleichen Waren Dienstleistungen bestimmt sind (sog. Doppelidentität). Nach Art. 3 Abs. 1 lit. b und lit. c MSchG sind Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die ähnlich identisch wie die prioritätsältere Marke sind und für gleiche gleichartige Waren Dienstleistungen gebraucht werden, wenn sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Bestimmung besteht, wenn das jüngere Zeichen die ältere Marke in ihrer Unterscheidungsfunktion beeinträchtigt. Es wird zwischen unmittelbarer und mittelbarer Verwechslungsgefahr unterschieden. Unmittelbare Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn zu befürchten ist, dass sich die massgeblichen Verkehrskreise durch die ähnlichkeit der Zeichen irreführen lassen, und Waren Dienstleistungen, die das eine das andere Zeichen tragen, der falschen Inhaberschaft der Marke zurechnen. Von mittelbarer Verwechslungsgefahr ist auszugehen, wenn die massgeblichen Verkehrskreise die Zeichen zwar auseinanderhalten können, aufgrund ihrer ähnlichkeit aber falsche Zusammenhänge vermuten. Entscheidend ist der Gesamtein- druck, der in der Erinnerung des Adressatenkreises hinterlassen wird (BGE 128 III

441 E. 3.1.; BGE 128 III 96 E. 2a; BGE 127 III 160 E. 2a, in: sic! 2001, S. 314;

BGE 122 III 382 E. 1., in: sic! 1997, S. 46; Urteil BGer 4A_265/2020 vom

28. Dezember 2020 E. 8.1., in: sic! 2021, S. 405).

Ob eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr besteht, ist gestützt auf den Registereintrag der älteren Marke im Vergleich zum tatsächlichen drohenden Gebrauch des jüngeren Zeichens zu beurteilen. Anders als im Lauterkeitsrecht sind die streitgegenständlichen Zeichen als solche zu vergleichen, während ausserhalb des Zeichens liegende Umstände unbeachtlich bleiben. Der Massstab, der an die Unterscheidbarkeit anzulegen ist, ist abhängig von der Gleichartigkeit der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.2.). Je näher sich die Waren Dienstleistungen sind, desto Grösser wird das Risiko von Verwechslungen und desto sTürker muss sich das jüngere Zeichen vom älteren abheben, um die Verwechslungsgefahr zu bannen. Daneben sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.3.) und die Zeichenähnlichkeit (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.4.) von Belang. Diese Vorfragen sind zu beantworten, um im Rahmen einer Gesamtbewertung die Verwechslungsgefahr (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.5.) beurteilen zu können. Von Bedeutung ist dabei, an welche Verkehrskreise sich die betreffenden Waren Dienstleistungen richten (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.1.). Bei diesen Vorfragen handelt es sich um Rechtsfragen. Tatfragen sind demgegenüber beispielsweise die konkrete Wahrnehmung des Zeichens in den massgebenden Verkehrskreisen, die Bekanntheit der Marke, die Verkehrsdurchsetzung, und als Indiz ob es zu tatsächlichen Verwechslungen gekommen ist (BGE 128 III 441 E. 3.1.; BGE 128 III 96 E. 2a; BGE 126 III 315 E. 6b/bb; BGE

122 III 382 E. 1. und E. 3a, in: sic! 1997, S. 48; Urteil BGer 4A_265/2020 vom

28. Dezember 2020 E. 8.1. f., in: sic! 2021, S. 405 f. m.w.H.; BSK MSchG ST?- DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 32 f. und SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 39

ff.).

      1. Massgebliche Verkehrskreise

        1. Parteibehauptungen

          Die Klägerin macht geltend, die Verkehrskreise, an die sich die beiden präparate richten, seien einerseits Fachpersonen (act. 1 Rz. 57 ff. und act. 27 Rz. 46), andererseits aber auch viele dem Arzt in der Distributionskette vorgelagerte Personen, so etwa medizinische Praxisassistenten, Laborangestellte, im Klinikbereich das Pflegepersonal, sonstige Praxis- und Klinikmitarbeiter, Klinikapotheker einKäufer sowie generell die für den Vertrieb des präparats verantwortlichen Firmen (Grosshändler) und ihre Angestellten. Obschon der Aufmerksamkeitsgrad von Ophthalmologen grundsätzlich hoch sei, sei das Verständnis, welches die verschiedenen Teile des sog. Fachpublikums pharmazeutischen Marken entgegenbringen würden, durchaus unterschiedlicher Natur, je nachdem, ob es sich um Ophthalmologen, Fach-, Pflegeoder reines Verwaltungspersonal handle. Die ähnlichkeit der präparat-Namen G. und C. könne folglich beim Arzt und/oder bei den in der Vertriebskette vorgelagerten Personen Verwechslungsbzw. Assoziationsgefahr erzeugen (act. 1 Rz. 60 ff. und act. 27 Rz. 49 ff.).

          Die Beklagte bestreitet, dass der vorliegend massgebende Verkehrskreis neben hochspezialisierten Fachkröften für Augenheilkunde noch weitere Personen in der Distributionskette gar Patienten erfasst (act. 14 Rz. 40 ff. und act. 31 Rz. 14 ff.)

        2. Rechtliches

          Zur Beantwortung der Frage, ob die mit ähnlichen Marken versehenen Waren verwechselbar sind, ist auf das Verständnis und die Aufmerksamkeit der im konkreten Einzelfall aktuell und potentiell angesprochenen Verkehrskreise abzustellen. Dazu sind die massgeblichen Produkte normativ objektiviert gestützt auf das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der älteren Marke zu definieren, und ist die aktuelle sowie potenzielle Abnehmerschaft zu eruieren. Sodann ist der Grad der Aufmerksamkeit der Verkehrskreise zu ermitteln, wobei auf die Durchschnittsauffassung innerhalb der relevanten Verkehrskreise abzustellen ist (BSK MSchG

          • ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 119 und N 162 ff. und SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 50 ff. m.w.H.).

        3. Würdigung

          Unbestritten ist, dass die streitgegenständlichen präparate primür von Fachürzten (Ophthalmologen) genutzt werden, zumal sie nach einer Gründlichen Anamnese hinsichtlich möglicher Reaktionen von diesen mittels Injektion ins Auge verabreicht werden (vgl. act. 1 Rz. 60 und Rz. 62 und act. 27 Rz. 46). Es ist davon auszugehen, dass ein hochspezialisierter Facharzt für Augenheilkunde die in diesem Gebiet in der Schweiz zugelassenen Arzneimittel mit Namen und Wirkstoff kennt und diese unterscheiden kann. Es ist ferner naheliegend, dass Ophthalmologen nicht bloss gestützt auf einen Markennamen, sondern vor allem gestützt auf den für die Behandlung am besten geeigneten Wirkstoff entscheiden, welches Medikament sie bestellen und dem Patienten verabreichen. Der Aufmerksamkeitsgrad von Fachürzten im Umgang mit pharmazeutischen Marken ist im Unterschied zum breiten Publikum demzufolge als hoch einzustufen (vgl. auch BSK MSchG ST?- DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 169), was implizit auch die Klägerin anerkennt (vgl. act. 1 Rz. 60).

          Umstritten ist, ob auch die dem Ophthalmologen in der Distributionskette vorgelagerten Personen (wie etwa medizinische Praxisassistenten, Laborangestellte etc.) zum massgeblichen Verkehrskreis der präparate gehören. In BGE 84 II 441 vom

          28. Oktober 1958 erwog das Bundesgericht, dass bei der Entscheidung der Frage der Verwechselbarkeit auf den letzten Abnehmer abzustellen sei, was bei Injektionsmittel Fachleute seien (vgl. E. 2.). Die Klägerin macht geltend, dass diese Rechtsprechung überholt sei. Der besagte Entscheid des Bundesgerichts stamme aus einer Zeit, als die Realität im Alltag eines Arztes in einer Praxis in einem Spital noch ganz anders ausgesehen habe. In den damaligen Einzelpraxen habe der Arzt die Medikamente selber bestellt zumindest stets die übersicht über Medikamentenbestellungen gehabt. Dies sei in den heute weit verbreiteten Praxisgemeinschaften anders (act. 27 Rz. 47 ff.). Zunächst ist anzumerken, dass sich die änderung einer Rechtsprechung nur rechtfertigt, wenn sich dafür hinreichend ernsthafte Gründe anführen lassen. Die Gründe, die gegen die bisherige Praxis

          und zugunsten einer neuen Betrachtungsweise sprechen, müssen insgesamt gewichtiger sein als die nachteiligen Auswirkungen, welche die Praxisänderung insbesondere auf die Rechtssicherheit hat (BGE 126 III 315 E. 4bb). Damals wie heute gab und gibt es verschiedene Personen, die in der Distributionskette mit ei- nem ophthalmologischen Medikament in Kontakt kommen (so z.B. Klinikapotheker -einKäufer Grosshändler und ihre Angestellten). Die Klägerin führt zwar zu Recht aus, dass es heutzutage vermehrt Gemeinschaftspraxen gibt, bei welchen Medikamentenbestellungen wohl häufig bei einem einzigen Praxismitarbeiter zusammenlaufen; allerdings dürfte dies in Spitälern auch schon früher so gehandhabt worden sein. Es fehlen zudem jegliche Anhaltspunkte dafür, dass diese spezifischen Personen im Unterschied zu Praxisassistenten im Jahr 1985 nicht schlechter geschult sein sollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein grosser Teil des Personals gut geschult ist (so gibt es heute z.B. auch eine fachspezifische Weiterbildung zur Ophthalmologischen Medizinischen Praxisassistentin, OMPA), und ein weiterer zumindest praktisch sehr erfahren. Entschei- dend ist aber ohnehin, dass das Bundesgericht einzig Fachürzte als massgeblicher Verkehrskreis betrachtet, weil bei diesen die (Letzt-)Verantwortung für die richtige und verwechslungsfreie Anwendung von Injektionsmitteln liegt. Sowohl damals wie auch heute mussten und müssen Sorgfältige Ophthalmologen die notwendigen Weisungen erteilen und ihr Personal entsprechend schulen und instruieren, um derartige Verwechslungen zu verhindern (vgl. BGE 84 II 441 E. 2.). Ophthalmologen sind (als Letztabnehmer) gehalten, die allenfalls von ihren Mitarbeitern bestellten und weiteren ihnen in der Distributionskette vorgelagerten Personen bereitgestellten Injektionsspritzen zu überprüfen. Die von der Klägerin dargelegten Umstände rechtfertigen jedenfalls nicht, von der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen. In der Konsequenz sind die von der Klägerin genannten, dem Arzt in der Distributionskette vorgelagerten Personen nicht zum massgeblichen Verkehrskreis zu Zählen.

          Dass schliesslich auch Patienten zum massgeblichen Verkehrskreis gehören würden, macht die Klägerin in ihrer Replik anders als noch in der Klageschrift nicht mehr explizit geltend. Nach stündiger Rechtsprechung richten sich auch rezeptpflichtige Pharmazeutika an den Endverbraucher (= Patienten), werden von

          diesem jedoch mit einer Erhöhten Aufmerksamkeit, wenn auch nicht mit einem erhöhten Unterscheidungsvermögen, gekauft. Sind die Medikamente demgegen- über nicht verschreibungspflichtig, so ist die Sichtweise des breiten Publikums massgebend, welches Pharmazeutika mit einer geringen Aufmerksamkeit und ei- nem geringeren Unterscheidungsvermögen als Fachkreise erwirbt (zum Ganzen: BSK MSchG ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 169). Im vorliegenden

          Fall ist der Klägerin zwar dahingehend zuzustimmen, dass der Arzt in aller Regel die Therapie mit dem Patienten bespricht und ihm ein bestimmtes Medikament empfiehlt (vgl. act. 1 Rz. 66), doch anders als in den vorgenannten Fällen erhält der Patient weder ein Rezept noch das gekaufte Arzneimittel je selbst in die Hand, womit selbst ein Verhören des Patienten stets ohne Konsequenzen bleibt. Dass der Patient der Behandlung nur deshalb zustimmt, weil der Arzt das klägerische beklagtische Arzneimittel empfiehlt, ist äusserst unwahrscheinlich, zumal der Patient die präparate regelmässig nicht im Detail kennen wird. Vielmehr liegt die Empfehlung und Verabreichung eines der beiden präparate wiederum in der alleinigen Verantwortung des Sorgfältig handelnden und mithin sehr aufmerksamen Ophthalmologen. Patienten gehören demzufolge nicht zum massgeblichen Verkehrskreis, handelt es sich doch bei ihnen in der vorliegenden Konstellation nicht um Letztabnehmer.

          Zusammengefasst ist der massgebliche Verkehrskreis auf Ophthalmologen als Letztabnehmer beschränkt. Demzufolge ist die Zeichenähnlichkeit und Verwechslungsgefahr anhand einer Erhöhten wenn nicht gar grösstmöglichen Aufmerksamkeit zu beurteilen, zumal nach stündiger Rechtsprechung Fachürzte über ein besonderes Unterscheidungsvermögen in Bezug auf Medikamente verfügen, die sie an Patienten verschreiben benutzen (vgl. BSK MSchG - ST?DE- LI/BIRKH?USER, Art. 3 N 169 m.w.H.).

      2. Warenidentität bzw. Warengleichartigkeit

        1. Parteibehauptungen

          Die Klägerin macht in ihrer Klageschrift geltend, in markenrechtlicher Hinsicht liege Warenidentität vor, zumal die konfligierenden Marken für präparate mit der identischen therapeutischen Indikation, der identischen Darreichungsform und der identischen Anwendung eingesetzt würden (act. 1 Rz. 67 ff.). In ihrer Replik präzisiert sie diese Behauptung dahingehend, dass die präparate der Parteien mit Bezug auf die beiden Indikationen Behandlung der ... H. -Degeneration und Behandlung des ... O._ im markenrechtlichen Sinne Warenidentitäten aufweisen würden. Hinsichtlich der weiteren therapeutischen Indikationen im Bereich

          der Ophthalmologie für C. Rz. 54).

          sei von Warenähnlichkeit auszugehen (act. 27

          Die Beklagte bestreitet eine Warenidentität, zumal die Marke der Beklagten ein Bio-similar zum Medikament J. sei und eine breitere therapeutische Indikation aufweise, die konfligierenden Arzneimittel unterschiedliche Wirkstoffe enthielten und keine Substituierbarkeit gegeben sei. Vielmehr liege lediglich eine Warengleichartigkeit vor (act. 14 Rz. 47 ff. und act. 31 Rz. 21 ff.).

        2. Rechtliches

          Im Schweizer Markenrecht gilt das Spezialitätsprinzip, welches besagt, dass eine Marke immer nur in Bezug auf die in der Markeneintragung beanspruchten Waren und Dienstleistungen geschätzt ist. Ausgenommen davon ist einzig die berühmte Marke. Je nach Verfahrensart kommen unterschiedliche Beurteilungskriterien zur Anwendung. Bei Nichtigkeitsklagen ist auf die tatsächlich im Markenregister beanspruchten Waren und Dienstleistungen abzustellen (BSK MSchG ST?DE- LI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 115 ff.).

        3. Würdigung

          Es ist unbestritten und durch den Swissregauszug belegt, dass die streitgegenständlichen Marken für die Klasse 5 (Pharmazeutische präparate) registriert

          sind (act. 1 Rz. 67 ff und act. 14 Rz. 11 sowie act. 3/16 und act. 3/13). Das unter der klägerischen Marke vertriebene und das könftig in der Schweiz zu vertreiben- de Produkt der Beklagten sind sehr nahe verwandt: Es handelt sich um hochspezialisierte Medikamente in Form von Injektionslösungen (teilweise in Spritzen verpackt), die von Augenürzten direkt in den GlasKörper des Auges des Patienten gespritzt werden. Der enthaltene Wirkstoff ist aber nicht identisch. Zwar hemmen beide Wirkstoffe den N. A (N. -A) und sollen insbesondere das Fortschreiten der ... H. verlangsamen (act. 1 Rz. 71 und act. 14 Rz. 47 ff.). In- dessen ist unbestritten, dass das Produkt der Beklagten darüber hinaus eine breitere therapeutische Indikation aufweist (so z.B. auch zur Behandlung eines Visusverlustes infolge eines retinalen Venenverschlusses durch choroidale Neovaskularisation infolge einer pathologischen Myopie; vgl. act. 14 Rz. 34 und act. 27 Rz. 40 sowie act. 16/17 und act. 16/18). Bezüglich dieser weiteren therapeutischen Indikation für das Arzneimittel C. ist unbestrittenermassen von Warenähnlichkeit auszugehen (act. 27 Rz. 54). Dies entspricht im Ergebnis denn auch der stündigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach pharmazeutische präparate ungeachtet ihres Indikationsbereichs, ihrer Darreichungsform einer Allfälligen Rezeptpflicht als gleichartig gelten, da bezüglich Vertriebskanälen, Herstellungsstätten, verwendetem Know-how und medizinischem Verwendungszweck übereinstimmung besteht. Die Verneinung der Gleichartigkeit hätte Nämlich zur Folge, dass ein identisches Zeichen zur Kennzeichnung von unterschiedlichen Arzneimitteln verwendet werden und somit eine Verwechslungsgefahr begünstigen könnte, was für die Abnehmer unter Umst?n- den mit gesundheitlich weitreichenden Folgen verbunden wäre (BVGer B- 5119/2014 vom 17. März 2016 E. 5.2. sowie BSK MSchG ST?DELI/BRAUCHBAR

          BIRKH?USER, Art. 3 N 141 und SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 343, je mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Demzufolge ist bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ein strenger Massstab anzulegen.

      3. Kennzeichnungskraft

        1. Parteibehauptungen

          Die Klägerin behauptet ein originür unterscheidungsKräftiges Zeichen mit normalem Schutzumfang, welches durch den intensiven Gebrauch seit 2020 eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben und damit eine weit weniger hohe Hürde zu überwinden habe (act. 1 Rz. 87 ff. und act. 27 Rz. 89 ff.).

          Die Beklagte macht eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft infolge Anlehnung von Wortbestandteilen an Sachbegriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs (so die Endung G''. an ..., d.h. Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus) geltend, die im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren beschreibend seien, und bestreitet überdies die Etablierung der klägerischen Marke (act. 14 Rz. 74 ff. und act. 31 Rz. 45 ff.).

        2. Rechtliches

          Der Schutzumfang einer Marke bestimmt sich nach ihrer Kennzeichnungskraft,

          d.h. der Fähigkeit einer Marke, sich dem Publikum als Marke einzupRügen. Der Schutzumfang ist umso Grösser, je höher die Kennzeichnungskraft ist. Im Markenrecht wird zwischen stark, normal und schwach kennzeichnungsKräftigen Marken unterschieden. Dazu werden die Originalität und Fantasie der Marke wie auch die Intensität ihres Gebrauchs bewertet. Der Gesamteindruck der Marke wird durch die kennzeichnungsKräftigen Bestandteile Geprägt. Schwache Elemente beeinflussen den Gesamteindruck weniger und gemeinfreie Elemente spielen eine noch untergeordnetere Rolle. Von einer normalen Kennzeichnungskraft ist bei Akronymen, Slogans und im Verkehr durchgesetzten Marken auszugehen. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ist anzunehmen, wenn das Zeichen als Marke für die beanspruchten Waren Dienstleistungen vom Gewohnten abweicht.

          Die Kennzeichnungskraft kann sodann durch die Benutzung der Marke gesteigert werden. Benutzung und begleitende Werbung Erhöhen die Bekanntheit der Marke und somit die Kennzeichnungskraft. Bei der Bekanntheit einer Marke handelt es sich um eine Tatfrage, die von derjenigen Partei zu beweisen ist, die sich darauf

          stätzt (BSK MSchG ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 45 ff. und SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 73 ff.).

        3. Würdigung

          In einem ersten Schritt bestimmt sich die Kennzeichnungskraft einer Marke nach ihrer Unterscheidungskraft, wobei originür eine normale Unterscheidungskraft vermutet wird. Als urspränglich schwach gelten Marken, deren wesentliche Bestandteile gemeinfrei sind sich eng an gemeinfreie Bestandteile anschliessen. Im Vordergrund stehen Bestandteile mit beschreibendem Gehalt (SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 83 mit Hinweisen zur Rechtsprechung sowie N 89 f.). Als schwach qualifizierte die Praxis beispielsweise die Wortbestandteile Kamill (beschreibend für ein Produkt, welches Kamille enthält), Actif bzw. acti (beschreibend für Lebensmittel) Botox (starke Anlehnung an den Sachbegriff Botulinumtoxin; vgl. zum Ganzen SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 91).

          Es ist unbestritten und offensichtlich, dass es sich bei der Klagemarke G. um ein Kunstwort handelt (act. 1 Rz. 83; act. 14 Rz. 66; act. 27 Rz. 82 und act. 31 Rz. 42), dessen wesentliche Bestandteile gemeinfrei und nicht besonders einprägsam, auffällig fantasievoll sind. Hinzu kommt, dass der Wortbestandteil G''. der Klagemarke zwar Assoziationen mit Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus weckt, doch sind diese Sachbezeichnungen für ein Arz- neimittel zur Behandlung der Augenkrankheit H. beschreibend. Nach dem Gesagten ist originür von einer leicht abgeschwächten Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke auszugehen.

          Wie bereits ausgefährt, können sowohl schwache als auch normal kennzeich- nungsKräftige Marken durch die Benutzung und die begleitende Werbung eine erhöhte Bekanntheit und damit Kennzeichnungskraft erlangen. Zu deren Nachweis verlangt die Praxis einerseits den langjährigen, intensiven Gebrauch der Marke und andererseits eine intensive Werbung. Dies bedeutet, dass derjenige, der sich auf die Bekanntheit einer Marke beruft, durch geeignete Belege die Intensität und Dauer der Benutzung, den Werbeaufwand und/oder mittels einer demoskopischen Umfrage sowie mittels Erklärungen von Berufsverbänden (mit geringerem

          Beweiswert) belegen muss, dass die Marke Bekanntheit erlangt hat (BSK MSchG

          • ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 51 und N 57 sowie SHK MSchG ?

            JOLLER, Art. 3 N 102 ff. mit Hinweisen zur Rechtsprechung).

            Unbestritten und erstellt ist, dass das klägerische Arzneimittel seit 2020 in Gebrauch ist. Zur Intensität des Gebrauchs führt die Klägerin in ihrer Klageschrift

            einzig aus, die VerKäufe von G.

            hätten sich seit der Lancierung im Jahr

            2020 gefestigt und die Marke habe inzwischen eine leicht gesteigerte Kennzeich- nungskraft erlangt (act. 1 Rz. 87 f.). Sie unterlässt es hingegen, detailliertere Ausführungen zur Intensität des Gebrauchs der Marke und zum Werbeaufwand sowie zur Bekanntheit zu machen. In der Einleitung der Klageschrift finden sich zwar weiter Nettoumsatzzahlen von G. sowie grobe Angaben zu den Verkaufszahlen in der Schweiz (vgl. act. 1 Rz. 34 f.), doch stellt die Klägerin diese Behauptungen nicht in Zusammenhang mit der Kennzeichnungskraft und deren Voraussetzungen. Auch auf entsprechende Kritik der Beklagten hin (vgl. act. 14 Rz. 28), liefert die Klägerin keine näheren Angaben zum Werbeaufwand und zur Bekanntheit ihres Produkts (act. 27 Rz. 23 ff.). Aufgrund der substantiierten Bestreitungen der Beklagten reicht es aber nicht aus, weiterhin lediglich pauschal zu behaupten, die Marke werde seit 2020 intensiv für ein pharmazeutisches präparat in der Schweiz genutzt und habe sich inzwischen am Markt etabliert (act. 27 Rz. 90), ohne näher darzutun, woraus sich dies konkret ableiten lässt. Auch der Umstand, dass die arzneimittelrechtliche Zulassung von G. inzwischen erweitert wur- de (vgl. act. 27 Rz. 35 f.), sagt nichts über den Werbeaufwand die Bekanntheit des präparats aus.

            Hinzu kommt, dass sich mit den von der Klägerin präsentierten Beweisofferten bestenfalls die Intensität und Dauer der Benutzung erstellen liesse, nicht jedoch die Bekanntheit der Marke und/oder der betriebene Werbeaufwand.

            Insgesamt vermag der erstellte Gebrauch der Marke der Klägerin die eher geringe originüre Kennzeichnungskraft leicht zu Erhöhen, was im Ergebnis zu einer durchschnittlichen bzw. normalen Kennzeichnungskraft führt.

      4. Zeichenähnlichkeit

        Eine Marke geniesst in derjenigen Ausgestaltung Schutz, wie sie im Markenregister eingetragen ist. Die Frage, ob sie durch ein jüngeres Kennzeichen verletzt wird, beurteilt sich deshalb anhand des Registereintrags des Geschützten Zeichens. Abzustellen ist auf die Durchschnittsauffassung innerhalb der relevanten Verkehrskreise. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Verkehrskreis jeweils aus einer unbestimmten Anzahl von Personen zusammensetzt. Diese bringen ei- nerseits eine ähnliche Interessenlage sowie ein ähnliches Niveau an Allgemeinbildung, Marktwissen, Aufmerksamkeit, Unterscheidungsfühigkeit und Erfahrung mit sich. Andererseits bestehen zwischen den einzelnen Personen aber auch wesentliche Unterschiede. Im Rahmen einer normativen Abwägung ist der Durchschnitt aller Interessen zu eruieren, wobei letztlich das Verständnis eines Teils des Verkehrskreises aufgrund seines normativen Gewichts genügen kann (SHK MSchG ASCHMANN, Art. 2 lit. a N 31 und SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 52 f.).

        Massgeblich ist jeweils der Gesamteindruck, wobei darauf abzustellen ist, welches Erinnerungsbild der Marke beim Abnehmer zurückbleibt. Dabei ist die ähnlichkeit anhand des Schriftbilds (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.4.1.), des Wortklangs (Aussprache, Silbenmass, Vokalfolge; vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.4.2.) und des Sinngehalts (vgl. nachfolgend Erwägung Ziff. II.3.3.4.3.) zu prüfen.

        1. Schriftbild

          Das Schriftbild wird vor allem durch die Wortlänge sowie die Art und Stellung der verwendeten Buchstaben Geprägt. Die Wortlänge ergibt sich aus der Anzahl Buchstaben. Kurzwürter werden optisch und akustisch leichter erfasst und pRügen sich besser ein als längere Würter. In Bezug auf einzelne Buchstaben betrachtet die Praxis beispielsweise O und Q als ähnlich (SHK MSchG - JOLLER, Art. 3 N 141 ff.).

          Vorliegend geht es um die Wortmarken

          G. vs. C.

          Es ist unbestritten und augenscheinlich, dass die beiden Marken nur aus Grossbuchstaben bestehen und mit dem Buchstaben 3 beginnen. Weiter unbestritten und nicht zu übersehen ist, dass beide Marken die Buchstaben 3, 4 und 5 in derselben Reihenfolge enthalten. Auch trifft es zu, dass die beiden Würter aus drei Silben bestehen (...-...-... [G. ] bzw. ...-...-... [C. ]) und die kongruenten Buchstaben jeweils am Anfang einer Silbe stehen (act. 1 Rz. 76 ff.; act. 14 Rz. 54 ff.; act. 27 Rz. 66 ff. und act. 31 Rz. 25 ff.). Unzutreffend ist hingegen die klägerische Behauptung, dass sie alle an der exakt selben Stelle stehen (insbesondere 5 steht an 4. bzw. 5. Stelle), zumal die beiden Würter auch unterschiedlich lang (5 vs. 7 Buchstaben) sind. Ausserdem reicht der Umstand, dass zwei Würter gleiche Buchstaben enthalten, für sich allein nicht aus, um das Erin- nerungsbild des Betrachters wesentlich zu pRügen, besteht das Alphabet doch nur aus 26 Buchstaben, womit es beinahe unvermeidbar ist, dass in unterschiedlichen Würtern identische Buchstaben zu finden sind. Im vorliegenden Fall stechen die identischen Buchstaben 3, 4 und 5 jedenfalls anders als von der Klägerin behauptet nicht besonders hervor und pRügen das Erinnerungsbild des Betrachters nicht massgeblich. Markant ins Auge sticht bei der Beklagtenmarke C. vielmehr der Doppelvokal 4 4, der in der deutschen Sprache eher selten und wenn dann tendenziell in kurzen Worten (z.B. P. , P1. , P2. , P3. etc.) auftritt, sowie die speziellen Buchstaben 6 und 7. Unzutreffend ist weiter die klägerische Behauptung, wonach die beiden Marken in der Wortmitte denselben Buchstaben 5 enthielten (act. 1 Rz. 77 und act. 27 Rz. 68). Dass das 5 bei beiden Marken der erste Buchstabe der Endung bildet (vgl. act. 27 Rz. 67) trifft zwar zu, doch ist dieser Umstand nicht derart offensichtlich, dass sich dies im Erinnerungsbild des Betrachters abspeichern würde.

          Obgleich beide Marken mit dem Buchstaben 3 beginnen, müssen auch die Folgebuchstaben beRücksichtigt werden, fokussiert der Betrachter doch nicht einzig auf den Anfangsbuchstaben eines Wortes. Das 3 8 der Klagemarke ist als Wortanfang ziemlich unauffällig, während das 3 6 der Beklagtenmarke in der deutschen Sprache eher aussergewöhnlich ist (seltene Würter wie z.B. Q. , Q1. , Q2. ). Die einzelnen Buchstaben 8 und 6 sind

          auch nicht besonders ähnlich, ist das 6 eher vertikal und das 8 horizontal ausgerichtet.

          Ferner wird die Klagemarke G.

          insgesamt als kürzeres Zeichen wahrge-

          nommen, das aufgrund der gängigeren Buchstaben leichter erfasst werden kann. Am aussergewöhnlichsten scheint der Buchstabe 5 bzw. das Wortende 5 9,

          das einen runden Abschluss bildet. Demgegenüber wird C.

          mit sieben

          Buchstaben als längeres Zeichen empfunden, dessen markante Bezugspunkte nicht auf der Endung, sondern vielmehr auf dem Doppelvokal 4 4 (den es bei der klägerischen Marke nicht gibt) und den eminenten Buchstaben 6 und 7 liegen. Anders als das 9 der klägerischen Marke bildet das 7 sodann einen präg- nanten Abschluss des Wortes.

          Aufgrund dieser unterschiedlich hervorstechenden Merkmale im Schriftbild prägt sich beim Betrachter trotz gewissen Gemeinsamkeiten ein deutlich unterschiedliches Erinnerungsbild ein. Bei der Verwendung von Arzneimitteln ist per se bereits eine sehr hohe Vorsicht geboten. Da es sich beim relevanten Verkehrskreis ausschliesslich um Ophthalmologen handelt, die eine sehr hohe Aufmerksamkeit walten lassen und über grosses Fachwissen und entsprechende Erfahrung bzw. Ausbildung verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass sie fühig sind, trotz den genannten Gemeinsamkeiten, die deutlichen Unterschiede klar zu erkennen.

          Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die konfligierenden Zeichen im Schriftbild hinreichend unterscheiden.

        2. Wortklang

          Beim gesprochenen Wort bleibt der Wortklang im Gedächtnis haften. Dieser variiert je nach zugrunde gelegter Aussprache massgeblich. Bei der Prüfung der Klangwirkung ist nach stündiger Praxis die Aussprache in allen Landessprachen gemäss allgemein gültigen Sprachregeln zu berücksichtigen (BGE 73 II 57). Dabei ist auf das Silbenmass, die Aussprachekadenz und die Aufeinanderfolge der sonoren Vokale zu achten (BGE 119 II 473 E. 2c und BSK MSchG ST?DE-

          LI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 63). Abzustellen ist in allen Sprachen auf die Standardlautung, wie sie beispielsweise in Würterbüchern festgehalten wird. Massgebend ist die korrekte Aussprache und Betonung (SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 154).

          Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den konfligierenden Zeichen unbestritte- nermassen um Kunstwürter, d.h. um lexikalisch nicht nachgewiesene Begriffe (vgl. act. 1 Rz. 83; act. 14 Rz. 66; act. 27 Rz. 82 und act. 31 Rz. 42). Wie zuvor ebenfalls bereits ausgefährt, bestehen beide Marken aus drei Silben (...-...-... [G. ] bzw. ...-...-... [C. ]). Eine übereinstimmende Silbenanzahl kann insbesondere dann zu einem ähnlichen Wortklang führen, wenn die Vokalabfolge zweier Marken gleich ist, führt dies doch häufig zu einem weitgehend übereinstimmenden Wortklang (SHK MSchG - JOLLER, Art. 3 N 157 und N 160 mit Hinweisen zur Rechtsprechung). Der Klang bzw. die Aussprache der beiden Marken hängt wesentlich von der Sprache ab. Die Klägerin macht geltend, die Marken würden auf Deutsch, Englisch und insbesondere auf Französisch sehr ähnlich wenn nicht gar identisch ausgesprochen (act. 1 Rz. 79 ff. und act. 27 Rz. 73 ff.).

          Unbestritten ist, dass die beiden Marken auf Deutsch G. (für G. ) und C1. , C2. C3. (für C. ) ausgesprochen wer- den (act. 1 Rz. 82; act. 14 Rz. 62 und act. 27 Rz. 76). Dem Wortanfang kommt bei der Beurteilung des Klangbilds eine besondere Bedeutung zu (BGE 122 III 382

          E. 5.; Urteil BVGer B-5709/2007 vom 16. Januar 2009 E. 5. und BSK MSchG ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 66). Der Wortanfang G'. ist je- nem von C1'. , C2'. C3'. nicht sehr ähnlich. Auch die Wortenden (G''. vs. C''. ) sowie die phonetische Vokalabfolge (8-4- 9 vs. 10-11-4-11 bzw. 12-4-11 bzw. 11-4-11) unterscheiden sich klar. Die Markenähnlichkeit ist folglich gering.

          Hinsichtlich der Aussprache auf Franz?sisch ist strittig, ob bei der Beklagtenmarke C. , das 7 am Ende des Wortes als 13 ausgesprochen wird nicht.

          Die Aussprache der Marke G.

          als G1. und jene des Wortteils

          C3. (für C. ) ist hingegen unbestritten (act. 1 Rz. 80; act. 14 Rz. 62; act. 27 Rz. 75 f. und act. 31 Rz. 33 f.). Da sich der Wortanfang (G1'. vs.

          C3'. ) bereits unterscheidet, die phonetischen Vokalabfolgen (8-4-9 vs. 11-4-11) nebst dem identischen Buchstaben 4 in der Wortmitte keine Gemeinsamkeiten aufweisen und das Wortende 5 9 der Klagemarke dem Worten- de 5 11 5 11 13 der Beklagtenmarke ohnehin nicht besonders stark ?h- nelt, ist eine starke Markenähnlichkeit bereits zu verneinen. Entsprechend kann offen gelassen werden, ob das 7 der Beklagtenmarke als 13 ausgesprochen wird nicht.

          Bezüglich der englischen Aussprache der Wortmarken ist zunächst anzumerken, dass Ausspracheregeln einer Fremdsprache dort beRücksichtigt werden, wo es sich klarerweise um ein Fremdwort handelt und die angesprochenen Verkehrskreise über die entsprechenden Aussprachekenntnisse verfügen. Ist dies nicht der Fall, so wird die Aussprache gemäss den Regeln der Landessprachen zugrunde gelegt. Letztere finden auch auf reine Fantasiezeichen Anwendung (BSK MSchG

          • ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 61). In casu handelt es sich unbestrittenermassen um Fantasiezeichen, womit lediglich die Aussprache gemäss den Landessprachen relevant wäre. Selbst wenn die englische Aussprache herangezogen und auf die Darstellung der Klägerin abgestellt würde, würde dies aber zu keinem anderen Ergebnis führen: Die Klägerin führt aus, dass auf Englisch der Wortanfang der Klagemarke mit G2'. und jener der Beklagten mit C4'. (d.h. insbesondere Doppel-4 4 als 9) ausgesprochen wird (act. 1 Rz. 79 und act. 27 Rz. 74). Damit unterscheiden sich nicht nur die Wortanfänge, sondern auch die phonetischen Vokalabfolgen (8-11-4-9 vs. 10-11-9-11) in genügendem Mass, liegt der Fokus bei der Marke der Beklagten doch auf dem Doppel-4 4, das auf Englisch als 9 ausgesprochen wird; im Unterschied zum Einzel-4 bei der Klagemarke, das als solches Aussprache findet.

            Zusammengefasst ist nicht von der Hand zu weisen, dass die streitgegenständlichen Marken bezüglich ihres Wortklangs nahe verwandt sind, doch schaffen insbesondere die Wortanfänge sowie die phonetisch unterschiedlichen Vokale der konfligierenden Marken eine hinreichende Unterscheidbarkeit für erfahrene, geschulte und besonders aufmerksame Ophthalmologen.

        3. Sinngehalt

          Sodann ist zu prüfen, ob der erkennbare Sinngehalt der beiden konfligierenden Zeichen leicht zu Verwechslungen führen kann (BSK MSchG ST?DE- LI/BRAUCHBAR BIRKH?USER, Art. 3 N 80). Entscheidend für den gleichen Sinngehalt können neben der eigentlichen Wortbedeutung auch Gedankenverbindungen sein, die das Zeichen unweigerlich hervorruft (Urteil BVGer B-1641/2007 vom 3. Oktober 2007 E. 6.3.).

          Bestritten werden von der Beklagten die klägerischen Ausführungen, wonach zwischen den beiden Marken in konzeptioneller Hinsicht eine ähnlichkeit (gleiches Prinzip der Markenbildung) bestehe, welche auch semantisch durch die übereinstimmenden Gedankenassoziationen unterstrichen werde. Beide Marken würden aus einem Wortanfang ohne erkennbare Wortbedeutung und einem Wortende bestehen (Zweiteilung als Prinzip der Zeichenbildung). Hinzu komme, dass das französischsprechende Publikum und wahrscheinlich auch die deutschsprechen- de Bevölkerung die Endungen G''. und C''. wegen des Anklangs an die Begriffe ... und ... als gleichbedeutend hinstellen und als Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus verstehen könnten (act. 1 Rz. 83 ff.; act. 14 Rz. 66 ff.; act. 27 Rz. 82 ff. und act. 31 Rz. 38 ff.).

          Zunächst ist anzumerken, dass der übereinstimmende Sinngehalt regelmässig dann nicht ausreicht, um eine direkte Verwechslungsgefahr zu begründen, wenn die betroffenen Verkehrskreise erkennen, dass es sich aufgrund des unterschiedlichen Klang- und Schriftbilds um zwei verschiedene Marken handelt (wie dies vorliegend der Fall ist). Die übereinstimmende Bedeutung kann jedoch den Ein- druck erwecken, dass es sich um die Marke desselben Markeninhabers handelt, sodass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr hervorgerufen wird. Eine solche setzt jedoch voraus, dass der übereinstimmende Sinngehalt der Marken derart offensichtlich ist (ins Auge springt), dass die Marken ohne Grössere gedankliche Anstrengungen miteinander in Verbindung gebracht werden können (OFK MSchG

          • WILLI, Art. 3 N 82 f.). Der Klägerin ist beizupflichten, dass die Endungen G''. und C''. wegen des Anklangs an die Begriffe ... und ... eine Assoziation mit Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus wecken kön- nen. Von einem offensichtlichen ins Auge springen eines übereinstimmenden

            Sinngehalts bzw. einer ähnlichkeit in konzeptioneller Hinsicht kann hingegen nicht die Rede sein. Hierfür muss die Bedeutung der Marken eindeutig sein und keine andere Interpretation zulassen (vgl. BSK MSchG ST?DELI/BRAUCHBAR BIRKH?U- SER, Art. 3 N 82; OFK MSchG WILLI, Art. 3 N 83 und SHK MSchG JOLLER,

            Art. 3 N 179) und die Klägerin führt selbst aus, dass die beiden Kunstwürter kei- nen sofort erkennbaren exakten, sondern entfernten Sinngehalt aufweisen wür- den, indem die deutsch- und französischsprachige Bevölkerung eine besagte Assoziation verstehen könnte (vgl. act. 1 Rz. 83 und act. 27 Rz. 82). Hinzu kommt, dass eine gedankliche AssoziationsMöglichkeit mit Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus, also mithin gemeinfreien Elementen, keine markenrechtlich hinreichende Zeichenähnlichkeit begründet, sondern als Sachbezeichnung für Arzneimittel zur Behandlung der Augenkrankheit H. vielmehr beschreibend ist, zumal die Arzneimittel das Augenlicht bzw. die Sehkraft und das Sehvermögen erhalten bzw. verbessern sollen (vgl. hierzu auch SHK MSchG JOLLER, Art. 3 N 172 mit Beispielen der Rechtsprechung). Dies umso mehr, als der betroffene Verkehrskreis, namentlich Ophthalmologen, höchstmögliche Aufmerksamkeit an den Tag legen und in der Lage sein müssen, beschreibende und entfernte Sinngehalte auseinanderhalten zu können. Ein durchschnittlicher Ophthalmologe wird sich nicht leichtfertig von einer AssoziationsMöglichkeit leiten lassen, sondern sich je nach Diagnose eines Patienten für eine Behandlung mit einem bestimmten Wirkstoff entscheiden. Der Wirkstoff in diesem speziellen Umfeld dürfte absolut entscheidend für die Wahl des Medikaments sein. Die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung infolge der AssoziationsMöglichkeiten mit Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus besteht damit nicht.

        4. Zwischenfazit

          Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl in Bezug auf den Wortklang, das Schriftbild sowie den Sinngehalt keine rechtserhebliche Zeichenähnlichkeit zwischen den Wortmarken G. und C. besteht.

      5. Verwechslungsgefahr

Schliesslich ist in einer abschliessenden Gesamtbetrachtung die Verwechslungsgefahr zu beurteilen. abhängig von der Aufmerksamkeit der massgeblichen Verkehrskreise sind die Kriterien der Gleichartigkeit der Waren Dienstleistungen, der Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der Zeichenähnlichkeit zuei- nander in Kontext zu setzen (Urteil BGer 4C_258/2004 vom 6. Oktober 2004 E. 2., in: sic! 2005, S. 124 und Urteil HGer ZH HG200039 E. 2.4.2.7.1.2.).

Zwar ist von einer sehr hohen Aufmerksamkeit des massgeblichen Verkehrskreises (Ophthalmologen) auszugehen (Erwägung Ziff. II.3.3.1.), doch zugleich infolge Gleichartigkeit der Waren ein strenger Massstab an die Unterscheidbarkeit anzulegen (Erwägung Ziff. II.3.3.2.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kennzeichnungskraft der klägerischen Wortmarke durchschnittlich ist (Erwägung Ziff. II.3.3.3.) und keine rechtserhebliche Zeichenähnlichkeit besteht (Erwägung Ziff. II.3.3.4.).

Wie aufgezeigt, ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei der Entscheidung der Frage der Verwechselbarkeit auf den letzten Abnehmer abzustellen, was bei Injektionsmittel Fachleute vorliegend Ophthalmologen sind. Es ist davon auszugehen, dass ein hochspezialisierter Facharzt für Augenheilkunde die in diesem Gebiet in der Schweiz zugelassenen Arzneimittel mit Namen und Wirkstoff kennt. Vor diesem Hintergrund sind die Wortmarken G. und C. als für Fachleute genügend unterscheidbar zu betrachten: Insbesondere besteht keine ernsthafte Gefahr, dass der alleinige Umstand, dass die beiden Marken nur aus Grossbuchstaben bestehen, mit dem Buchstaben 3 beginnen und die Buchstaben 3, 4 und 5 in derselben Reihenfolge enthalten, Anlass zu Verwechslungen gibt. Diese gemeinsamen Buchstaben stechen Nämlich nicht besonders hervor. Vielmehr kommt dem seltenen Doppelvokal 4 4 sowie den speziellen

Buchstaben 6 und 7 der Beklagtenmarke C.

besondere Unterscheidungskraft zu, welche im Unterschied zu den gängigeren Buchstaben des insgesamt kürzeren Zeichens G. denn auch deutlich ins Auge stechen. Ebenso hinterlässt der aussergewöhnliche Wortanfang 3 6 der Beklagtenmarke ein deutlich unterschiedliches Erinnerungsbild als das 3 8 der Klagemarke. Gewisse klangliche ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen, doch sind die unterschiedlichen Wortanfänge und phonetisch unterschiedlichen Vokale zu entfernt, als dass sie entscheidend ins Gewicht fallen könnten. Alsdann sind die gedanklichen AssoziationsMöglichkeiten mit Sicht, Sehvermögen, Sehkraft, Augenlicht, Visus primür beschreibender Natur und vermögen keine markenrechtlich hinreichende Zeichenähnlichkeit zu begründen. Ein offensichtlich übereinstimmender Sinngehalt der Marken liegt nicht vor. Hinzu kommt, dass sich Ophthalmologen nicht leichtfertig von potentiellen AssoziationsMöglichkeiten leiten lassen und nicht gestützt auf einen blossen Markennamen, sondern vor allem gestützt auf den für die Behandlung am besten geeigneten Wirkstoff entscheiden, welches Medikament sie bestellen und dem Patienten verabreichen. Praktisch betrachtet ist die Verwechslungsgefahr in Fällen wie dem vorliegenden, wo das präparat für den Fachmann bestimmt bleibt, ohnehin wesentlich geringer als bei der Abgabe gegen Rezept an den Patienten beim freien Verkauf an das grosse Publikum. Da es sich vorliegend nicht um quasi identische Massenprodukte des töglichen Gebrauchs handelt, kann die Klägerin auch nichts aus dem angerufenen Entscheid des Handelsgerichts Aargau vom 8. September 2016 betreffend Getreideriegel (Urteil HGer AG vom 8. September 2016, in: sic! 2017, S. 423) dem Entscheid des Bundesgerichts in Sachen RIVELLA vs. apiella (BGE 126 III 315) zu ihren Gunsten ableiten und sich auf eine genügende assoziative Verwechslungsgefahr berufen (vgl. act. 1 Rz. 91 ff. und act. 27 Rz. 101). Vielmehr ist vorliegend eben gerade nicht davon auszugehen, dass der massgebliche Verkehrskreis (namentlich besonders aufmerksame Ophthalmologen mit besonders hohem Unterscheidungsvermögen und eben keine nicht besonders aufmerksame Kunden breitester Gesellschaftsschichten mit geringem Unterscheidungsvermögen) aufgrund der beschriebenen Zeichenähnlichkeit und der ähnlichkeit der Waren falsche Zusammenhänge zwischen den Marken vermuten würde. Die Gefahr, dass die Konsumenten die mit den beiden Marken gekennzeichneten Waren für austauschbar halten und daher, wenn sie in der Masse des Angebots das einmal geschätzte Produkt wieder zu finden suchen, nicht darauf achten, ob sie die Waren der einen der anderen Marke einkaufen (vgl. act. 1 Rz. 93), besteht vorliegend nicht, kennt doch ein hochspezialisierter Facharzt für Augenheilkunde die

auf diesem Gebiet in der Schweiz zugelassenen Arzneimittel mit Namen und Wirkstoff und kann diese entsprechend auseinanderhalten.

Den kollidierenden Marken haftet demnach genügende Unterscheidungskraft an. Zusammengefasst besteht weder eine unmittelbare noch eine mittelbare ei- ne assoziative Verwechslungsgefahr.

3.4. Fazit

Aufgrund der sehr hohen Aufmerksamkeit und des besonderen Unterscheidungsvermögens des massgeblichen Verkehrskreises sowie infolge einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke der Klägerin sind trotz bestehender Warenähnlichkeit hinreichende Unterscheidungsmerkmale der Marken vorhanden, sodass keine rechtserhebliche Zeichenähnlichkeit und mithin weder eine unmittelbare noch eine mittelbare noch eine assoziative Verwechslungsgefahr besteht. Der relative Ausschlussgrund gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. c MSchG ist damit nicht gegeben. Die Klägerin kann der Beklagten den Gebrauch ihrer Marke nicht verbieten.

III. Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Streitwert

    Lautet das Rechtsbegehren nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien nicht darüber einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Die Praxis geht im Immaterialgüterrecht bei wirtschaftlich eher unbedeutenden Zeichen von einem Streitwert von CHF 50'000. bis CHF 100'000. aus, bei bedeutenden Immaterialgüterrechten von einem Wert von über CHF 100'000 (BGE 133 III 490 E. 3.3.; ZürCHER, Der Streitwert im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrechtsprozess, in: sic! 2002, S. 505 sowie BSK MSchG FRICK, Vorb. Art. 51a-60 N 84).

    Die Klägerin spricht von einer wirtschaftlich bedeutenden, soliden Hausmarke und beziffert den Streitwert in ihrer Klageschrift mit CHF 250'000 (act. 1 Rz. 21). Aus Sicht der Beklagten ist angesichts des Marktpotentials für Arzneimittel für ...

    H.

    von einem Streitwert von mindestens CHF 1'000'000 auszugehen

    (act. 14 Rz. 9). Divergiert das Interesse der klagenden Partei von jenem der beklagten Partei, ist auf den Höheren Wert abzustellen (BGE 92 II 62 E. 4 f.; ZK ZPO

    • STEIN-WIGGER, Art. 91 N 26 mit Hinweisen auf Botschaft und Literatur). Entsprechend wurde der Streitwert mit Verfügung vom 13. Dezember 2022 einstweilen auf CHF 1'000'000 festgesetzt und die Klägerin aufgefordert, einen zusätzlichen Vorschuss für die Gerichtskosten von CHF 15'000 zu leisten. Dies wurde von der Klägerin in der Folge nicht beanstandet (vgl. act. 27 Rz. 4).

  2. Gerichtsgebühr

    Beim vorliegenden Streitwert beträgt die ordentliche Gerichtsgebühr rund CHF 30'000.. Der Aufwand für die Bearbeitung und die Schwierigkeit des vorliegenden Falles bewegen sich im üblichen Rahmen. Die Gerichtsgebühr ist folglich auf CHF 30'000 festzusetzen. Aufgrund ihres vollumfänglichen Unterliegens zufolge Klageabweisung und im übrigen Nichteintreten sind die Gerichtskosten der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss zu decken.

  3. Parteientschädigungen

Die Beklagte hat eine Parteientschädigung beantragt, welche ihr aufgrund ihres vollumfänglichen Obsiegens zuzusprechen ist (Art. 105 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 1 ZPO; ZK ZPO-JENNY, Art. 105 N 6). Bei berufsmässig vertretenen Parteien richtet sich die Höhe der Parteientschädigung nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV; Art. 95 Abs. 3 lit. b und Art. 96 ZPO

i.V.m. 48 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 des Anwaltsgesetzes vom 17. November 2003). Grundlage für die Festsetzung der Höhe der Parteientschädigung bildet in erster Linie der Streitwert ( 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV), aufgrund dessen die Grundgebühr berechnet wird ( 4 Abs. 1 AnwGebV). Die gestützt auf den Streitwert von CHF 1'000'000 ermittelte Grundgebühr von rund CHF 31'400 deckt den Aufwand für die Erarbeitung einer Rechtsschrift und die Teilnahme an der Hauptverhandlung ab ( 11 Abs. 1 AnwGebV). Für die Vergleichsverhandlung und die zweite Rechtsschrift ist gestützt auf 11 Abs. 2 AnwGebV ein Zuschlag

von insgesamt rund 25 % der Grundgebühr zu berechnen. Folglich ist die Klägerin zu verpflichten, der Beklagten eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 39'200 zu bezahlen. Diese ist ohne Mehrwertsteuerzuschlag zuzusprechen (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a sowie Art. 8 Abs. 1 MWSTG).

Das Handelsgericht beschliesst:
  1. Auf die Klage wird nicht eingetreten, soweit sie Ansprüche aus Lauterkeitsrecht betrifft.

  2. Die Kosten- und Entschädigungsfolgen richten sich gemäss nachfolgendem Erkenntnis.

  3. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.

Das Handelsgericht erkennt:
  1. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 30'000.

  3. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 39'200 zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage der Doppel von act. 40, act. 41/32-33 und act. 42, an die Beklagte unter Beilage des Doppels von act. 39 sowie an das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE), Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Be-

schwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 1'000'000.

Zürich, 28. November 2023

Handelsgericht des Kantons Zürich

Präsidentin:

Dr. Claudia Bühler

Gerichtsschreiberin:

Nadja Kiener

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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