Zusammenfassung des Urteils HG210234: Handelsgericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall geht es um eine Berufungsklage bezüglich der Testamentseröffnung im Nachlass von D. und E. Der Berufungskläger war durch ein Testament von 2007 als Erbe eingesetzt, während die Berufungsbeklagten in einem Testament von 2020 bedacht wurden. Das Gericht entschied zugunsten der Berufungsbeklagten und bestätigte ihre Erbenstellung. Der Berufungskläger legte Berufung ein, argumentierte, dass die beiden Testamente sich ergänzen und nicht widerrufen wurden, was vom Gericht jedoch abgelehnt wurde. Das Gericht entschied, dass das Testament von 2020 das ältere Testament widerruft und die Berufung abgewiesen wird.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG210234 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 09.05.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Büroräumlichkeiten; Obergeschoss; Recht; Klage; Mietzins; Miete; Mietvertrag; Parteien; Ziffer; Mieter; Beklagten; Mietobjekt; Liegenschaft; -strasse; Mietverhältnis; Gericht; Trages; Über; Betreibung; Betriebskosten; Mietzinse; Mietvertrages; Zahlung; Vermieter; Sicherheit; Betrag; Schweizerische; Mietrecht; Sachverhalt |
Rechtsnorm: | Art. 104 OR ;Art. 106 ZPO ;Art. 115 OR ;Art. 153 ZPO ;Art. 223 ZPO ;Art. 253 OR ;Art. 255 OR ;Art. 257b OR ;Art. 257d OR ;Art. 257e OR ;Art. 264 OR ;Art. 266g OR ;Art. 33 ZPO ;Art. 56 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 60 ZPO ;Art. 68 KG ;Art. 79 KG ;Art. 82 OR ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 117 II 158; 123 III 124; 127 III 548; 129 III 360; 135 III 441; 144 III 360; 144 III 394; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG210234-O U/mk
Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, und Oberrichter Dr. Daniel Schwander, die Handelsrichterin Dr. Eliane Ganz, die Handelsrichter Christoph Pfenninger und Dr. Martin Liebi sowie der Gerichtsschreiber Christian Markutt
in Sachen
Klägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X2. ,
gegen
Beklagte
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den Betrag von CHF 270'318.10 zuzüglich 5% Zins auf CHF 35'843.85 seit
September 2020, zuzüglich 5% Zins auf CHF 83'860.40 seit
1. April 2021, zuzüglich 5% Zins auf CHF 14'862.60 seit
15. August 2020, zuzüglich 5% Zins auf CHF 69'358.80 seit
April 2021 zu bezahlen unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Klageerweiterung beziehungsweise des Nachklagerechts;
Es sei die Klägerin für berechtigt zu erklären, die bei der UBS Switzerland AG, … [Adresse], auf dem Mieterkautionssparkonto Nr. 1.MKG, lautend auf den Namen der Beklagten, angelegte Mieterkaution (inklusive aufgelaufener Zinsen) vollumfänglich unter Anrechnung an den Betrag gemäss Ziffer 1 hiervor zu beziehen;
Es sei der Klägerin in der Betreibung Nr. 2 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Zahlungsbefehl vom 19. Februar 2021) für den in Betreibung gesetzten Betrag von CHF 101'408.70 zuzüglich 5% Zins seit 1. Oktober 2020 Rechtsöffnung zu erteilen;
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich MwSt.) zu Lasten der Beklagten.
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in C. und dem wesentlichen Zweck des Erwerbs, der Veräusserung, Vermietung und … (act. 3/II).
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich und bezweckt zur Hauptsache die Verwaltung sowie den Erwerb und die Veräusserung von Beteiligungen und Vermögenswerten aller Art im In- und Ausland (act. 3/III).
Prozessgegenstand
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin als Vermieterin von Büroflächen gegenüber der Beklagten als Mieterin verschiedene Ansprüche aus dem Mietverhältnis betreffend Liegenschaft D. -strasse 3 / E. [Strasse] 4, … Zürich, geltend.
Prozessverlauf
Mit Eingabe vom 18. November 2021 (Datum Poststempel) reichte die Klägerin hierorts die Klage ein (act. 1). Mit Verfügung vom 19. November 2021 wurde der Klägerin u.a. Frist zur Leistung des Gerichtskostenvorschusses angesetzt (act. 4). Nachdem der Gerichtskostenvorschuss rechtzeitig geleistet wurde (act. 8), wurde der Beklagten mit Verfügung vom 17. Dezember 2021 Frist zur Erstattung der Klageantwort bis zum 3. März 2022 angesetzt (act. 9). Nachdem die Beklagte in- nert Frist weder die Klageantwort einreichte noch rechtzeitig um Fristerstreckung nachgesucht hatte, wurde ihr mit Verfügung vom 8. März 2022 eine Nachfrist bis zum 29. März 2022 angesetzt (act. 11). Obschon der Beklagten sämtliche Verfügungen zugestellt werden konnten (act. 5/2; act. 10/2; act. 12/2), hat sich diese bis heute nicht vernehmen lassen.
Formelles
Versäumte Klageantwort
Gemäss Art. 223 Abs. 2 ZPO trifft das Gericht bei definitiv versäumter Klageantwort einen Endentscheid, sofern die Angelegenheit spruchreif ist. Hierzu muss die Klage soweit geklärt sein, dass darauf entweder mangels Prozessvoraussetzungen nicht eingetreten sie durch Sachurteil erledigt werden kann. Steht dem Eintreten auf die Klage nichts entgegen, bedeutet Spruchreife, dass der Klagegrund im Hinblick auf die anwendbaren Rechtsnormen hinreichend substantiiert ist und – darüber hinaus – dass das Gericht an der Richtigkeit der klägerischen Tatsachenbehauptungen keine erheblichen Zweifel hat (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Unter den gegebenen Umständen ist, wenn es die klägerische Sachdarstellung erlaubt, nach dem Klagebegehren zu erkennen, andernfalls ist die Klage abzuweisen. Dabei hat das Gericht auch rechtshemmende, rechtshindernde und rechtsaufhebende Tatsachen zu berücksichtigen, soweit sie in der Klage selbst angeführt sind. Andere Tatsachen, die aus den Akten ersichtlich sind, dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als sie für das Vorhandensein der von Amtes wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen von Bedeutung sind (Art. 60 ZPO). An der erforderlichen Spruchreife fehlt es – zur Hauptsache –, wenn das Klagebegehren die Begründung der Klage (noch) unklar, unbestimmt offensichtlich unvollständig ist (Art. 56 ZPO) dem Gericht die Klagebegründung in erheblichem Mass als unglaubhaft erscheint und es darüber Beweis erheben will (BGE 144 III 394 E. 4.3.2.2.; Art. 153 Abs. 2 ZPO; BSK ZPO-WILLISEGGER, 3. Aufl.
2017, Art. 223 N. 17 ff.; ERIC PAHUD, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 223 N.
ff.). Da die Beklagte innert (Nach-)Frist keine Klageantwort eingereicht hat, ist androhungsgemäss zu verfahren. Entsprechend haben die klägerischen Behauptungen grundsätzlich als unbestritten zu gelten.
Prozessvoraussetzungen
Die örtliche Zuständigkeit des hiesigen Handelsgerichts stützt sich auf Art. 33 ZPO, da die Mietsache in der Stadt Zürich gelegten ist. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG, da (i) die geschäftliche Tätigkeit der Parteien (Miete Geschäftsräume) betroffen ist, (ii) ein CHF 15'000.– übersteigender (Mindest-)Streitwert (vgl. Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG) vorliegt und (iii) beide Parteien im schweizerischen Handelsregister eingetragen sind. Die übrigen Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass; auf die Klage ist mithin einzutreten. Wie sogleich zu zeigen ist, erweist sich die Sache als spruchreif.
Materielles
Unbestrittener Sachverhalt
Gemäss den von Seiten der Beklagten unbestritten gebliebenen klägerischen Darstellungen ist grundsätzlich von folgendem Sachverhalt auszugehen:
1. Mietverhältnis
Am 6. November 2019 schlossen die Parteien einen Mietvertrag betreffend
Büroräumlichkeiten im 4. und 5. Obergeschoss der Liegenschaft D. -
strasse 3, … Zürich, ab. Als Mietbeginn wurde der 1. August 2020 vereinbart. Es wurde ein Nettomietzins von jährlich CHF 124'605.– zuzüglich Heiz- und Betriebskosten von CHF 8'520.– und Mehrwertsteuern von 7.7% vereinbart. Der Bruttomietzins beträgt jährlich CHF 143'375.65 bzw. quartalsweise CHF 35'843.90. Abgeschlossen wurde das Mietverhältnis für eine befristetet Dauer bis 31. Juli 2025, der Mietzins zahlbar im Voraus am 1. Tag des Quartals (act. 1 Rz. 13; act. 3/1).
Für die Büroräumlichkeiten im 4. und 5. Obergeschoss wurden Heiz- und Betriebskosten von monatlich CHF 710.– vorgesehen (CHF 2'130.– pro Quartal). Werden diese Kosten auf die entsprechende Fläche der Räumlichkeiten im 4. Obergeschoss (115 m2) und im 5. Obergeschoss (98 m2) aufgeteilt, ergeben sich für das 4. Obergeschoss Heiz- und Betriebskosten von CHF 383.35 (CHF 710.– / 213 m2 x 115 m2) und für das 5. Obergeschoss ergeben sich Heiz- und Betriebskosten von CHF 326.65 (CHF 710.– / 213 m2 x 98 m2) (act. 1 Rz. 14).
Für die Büroräumlichkeiten im 4. Obergeschoss wurde monatlich ein Nettomietzins von CHF 5'606.25 zuzüglich Heiz- und Betriebskosten von CHF 383.35 vereinbart. Hinzu kommen die Mehrwertsteuern von CHF 461.20 (7.7% x [CHF 5'606.25 + CHF 383.35]). Daraus resultiert ein monatlicher Bruttomietzins von CHF 6'450.80. Für die Büroräumlichkeiten im
5. Obergeschoss wurde monatlich ein Nettomietzins von CHF 4'777.50 zuzüglich Heiz- und Betriebskosten von CHF 326.65 vereinbart. Hinzu kommen die Mehrwertsteuern von CHF 393.00 (7.7% x [CHF 4'777.50 +
CHF 326.65]). Daraus resultiert ein monatlicher Bruttomietzins von CHF 5'497.15 (act. 1 Rz. 15; act. 3/1).
Mit Nachtrag Nr. 1 vom 10./17. Januar 2020 mietete die Beklagte zusätzlich
Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E.
…, …
Zürich. Als Mietbeginn wurde der 1. Februar 2020 vereinbart. Für diese Fläche wurde ein Nettomietzins von jährlich CHF 51'520.– zuzüglich Heiz- und Betriebskosten von CHF 3'680.– und Mehrwertsteuer von 7.7% (CHF 4'250.40) vereinbart. Daraus resultiert ein Bruttomietzins für das
1. Obergeschoss von jährlich CHF 59'450.40 bzw. CHF 14'862.60 pro Quartal bzw. CHF 4'954.20 pro Monat. Gemäss Ziff. 5 des Nachtrages Nr. 1 blieben alle weiteren Bestimmungen des Mietvertrages unverändert in Kraft. Demnach wurde betreffend die Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E. …, Zürich, eine befristete Dauer bis 31. Juli 2025 vereinbart. Auch der betreffend die Fläche im 1. Obergeschoss geschuldete Mietzins ist jeweils im Voraus am 1. Tag des Quartals zahlbar (act. 1 Rz. 16; act. 3/2).
Mietkaution
Für die Flächen im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E. 4 Zürich, hat die Beklagte eine Mietzinskaution von CHF 30'000.– geleistet. Es wurde ein Kautionssparkonto bei der UBS Switzerland AG eröffnet. Die Mietkaution befindet sich auf dem Mietkautionssparkonto Nr. 1.MKG. (act. 1 Rz. 18).
Obwohl die Parteien vereinbart haben, dass die Beklagte für die Mietobjekte im 4. und 5. Obergeschoss der Liegenschaft D. -strasse 3, Zürich, eine Kaution im Betrag von CHF 72'000.– zu leisten hat, hat die Beklagte keine Kaution bezahlt. Es besteht lediglich die erwähnte eine Kaution von CHF 30'000.– (act. 1 Rz. 19).
Mietzinsforderung für sämtliche Mietobjekte pro Monat
Insgesamt wurde ab 1. August 2020 ein Nettomietzins von CHF 14'677.10 pro Monat zuzüglich Heiz- und Betriebskosten (akonto) von CHF 1'016.65
und Mehrwertsteuer von 7.7% (CHF 1'208.40) vereinbart. Daraus resultiert ein Bruttomietzins von monatlich CHF 16'902.15 respektive quartalsweise CHF 50'706.45, zahlbar quartalsweise im Voraus auf den 1. eines jeden Quartals (act. 1 Rz. 20; act. 3/1-2).
Zahlungsverzug Beklagte / Beendigung des Mietverhältnisses
In Ziff. 9 des Mietvertrages verpflichtete sich die Beklagte, einen Betrag in der Höhe von CHF 72'000.– zur Sicherstellung sämtlicher Ansprüche der Vermieterin aus dem vorliegenden Mietvertrag zu leisten. Die Mietzinskaution war vor der Übergabe der Mietobjekte zu überweisen. Im Unterlassungsfall war die Vermieterin berechtigt, die Übergabe zu verweigern. Die Beklagte hat der Klägerin die gemäss Mietvertrag geschuldete Sicherstellung von CHF 72'000.– (bis heute) nicht überwiesen. Dies führte dazu, dass der Beklagten die Büroräumlichkeiten im 4. und 5. Obergeschoss der Liegenschaft D. -strasse 3, Zürich, nicht übergeben wurden (act. 1 Rz. 21; act. 3/1).
Die gemäss Nachtrag Nr. 1 geschuldete Sicherstellung von CHF 30'000.– hat die Beklagte fristgerecht einbezahlt, weshalb der Beklagten die Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E. übergeben wurden (per 1. Februar 2020) (act. 1 Rz. 22; act. 3/2).
4, Zürich,
Ab 1. August 2020 bezahlte die Beklagte keine bzw. nur noch unvollständige Mietzinse (act. 1 Rz. 23; act. 3/3).
Die Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E. 4,
Zürich, hat die Beklagte der Klägerin am 4. November 2020 zurückgegeben. Die Flächen im 4. und 5. Obergeschoss der Liegenschaft D. -strasse 3, Zürich, musste die Beklagte nicht zurückgeben, da sie ihr – mangels Bezahlung der Kaution – nie übergeben wurden (act. 1 Rz. 24).
Schadenminderung / Suchbemühungen
In der Folge hat sich die Klägerin bemüht, die streitgegenständlichen Flächen im 1., 4. und 5. Obergeschoss (wieder) zu vermieten.
Dafür hat sie im Internet Inserate aufgeschaltet, wie beispielsweise auf homegate.ch, scout24.ch, immowelt.ch, nzz.ch und flatfox.ch (act. 1 Rz. 26; act. 3/4-5).
Betreffend die Mietobjekte im 4. und 5. Obergeschoss der Liegenschaft D. -strasse 3, … Zürich, wurden neue Mietverträge abgeschlossen. Für das Mietobjekt im 4. Obergeschoss per 1. Dezember 2021, für das
5. Obergeschoss per 1. November 2021. In Bezug auf die Vermietung der Flächen im 1. Obergeschoss der Liegenschaft E. 4 gibt es Interessenten. Es laufen diesbezügliche Vertragsverhandlungen (act. 1 Rz. 27).
6. Höhe der Forderung
Für das Mietobjekt im 4. Obergeschoss wurden von August 2020 bis November 2021 (16 Monate; gesamthaft entsprechend CHF 103'212.80) keine Mietzinse geleistet. Für das Mietobjekt wurde per 1. Dezember 2021 ein Mietvertrag mit einer Drittpartei geschlossen (act. 1 Rz. 28; act. 3/1).
Für das Mietobjekt im 5. Obergeschoss wurden von August 2020 bis Oktober 2021 (15 Monate; gesamthaft entsprechend CHF 82'457.25) keine Mietzinse geleistet. Für das Mietobjekt wurde per 1. November 2021 ein Mietvertrag mit einer Drittpartei geschlossen (act. 1 Rz. 29; act. 3/1).
Für das Mietobjekt im 1. Obergeschoss wurden von August 2020 bis Dezember 2021 (17 Monate; gesamthaft entsprechend CHF 84'221.40) keine Mietzinse/Schadenersatzforderungen geleistet (act. 1 Rz. 30; act. 3/2).
Die Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 31. Mai 2021 weist für die Periode 1. Juli 2019 - 30. Juni 2020 Heiz- und Betriebskosten von CHF 223.35 aus (act. 1 Rz. 31; act. 3/6).
Mit Zahlungsbefehl vom 19. Februar 2021 wurde die Beklagte auf einen Betrag von CHF 101'408.70 zuzüglich Zins von 5% seit 1. Oktober 2020 betrie-
ben. Die der Klägerin diesbezüglich angefallenen Betreibungskosten belaufen sich auf CHF 203.30 (act. 1 Rz.32; act. 3/7).
Rechtliches
Für das Überlassen des Mietobjektes schuldet die Mieterin der Vermieterin einen Mietzins (Art. 253 OR; Art. 257 ff. OR). Bei Wohn- und Geschäftsräumen sind nach Art. 257b Abs. 1 OR zudem als Nebenkosten tatsächliche Aufwendungen des Vermieters für Leistungen, die mit dem Gebrauch zusammenhängen, geschuldet. Soweit das Mietverhältnis im Sinne von Art. 255 Abs. 2 OR befristet ist, tritt die Beendigung in der Regel mit Ablauf der vereinbarten Dauer ein. Vorbehalten ist dabei u.a. die Zahlungsverzugskündigung nach Art. 257d OR. Ist der Mieter mit der Zahlung fälliger Mietzinse im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenutztem Ablauf der Frist (30 Tage bei Wohn- und Geschäftsräumen) das Mietverhältnis gekündigt werde (Art. 257d Abs. 1 OR). Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, kann der Vermieter mit einer Frist von mindestens 30 Tagen (Art. 257d Abs. 2 OR) auf Ende eines Monats kündigen. Sind nicht alle Voraussetzungen von Art. 257d OR erfüllt und erweist sich die ausserordentliche Kündigung daher als unwirksam bzw. nichtig, kann sie auch nicht in eine ordentliche Kündigung auf den nächstmöglichen Kündigungstermin umgewandelt werden; eine Konversion ist mit dem Wesen der Kündigung als Gestaltungsrecht nicht vereinbar (DANIEL REUDT, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257d
N. 60; BGE 135 III 441 E. 3 = PRA 99 [2010] Nr. 30; BSK OR I-WEBER, 7. Aufl.
2020, Art. 257d N. 9 ff.).
Nicht von Art. 257d OR erfasst sind indes übrige Leistungen, so namentlich Sicherheitsleistungen im Sinne von Art. 257e OR, Betreibungskosten, Schadenersatz (ZK OR-HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2019, Art. 257d N. 11; DANIEL REUDT, SVITKomm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257d N. 6). Hier kommen u.U. die üblichen Verzugsfolgen nach Art. 102 ff. OR zur Anwendung (BGE 123 III 124 E. 3b; DANIEL REUDT, a.a.O., Art. 257d N. 16).
Vorausgesetzt für die Anwendbarkeit von Art. 257d OR gemäss Abs. 1 ist zudem die Übernahme der Sache. Soweit man mit dem Bundesgericht vom italienischen Gesetzestext ausgeht, lässt sich die Meinung vertreten, dass richtigerweise für eine Übernahme bereits genügt, wenn der Vermieter die Erfüllung angeboten hat,
d.h. die unbewegliche Sache dem Mieter korrekt zur Verfügung gestellt hat (BGE 127 III 548 E. 3; BSK OR I-WEBER, 7. Aufl. 2020, Art. 257d N. 2; DANIEL REUDT,
SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257d N. 6, N. 10
u. 15 f.).
Die Rückgabe des Mietobjekts beendet das Mietverhältnis nicht, sofern nicht aufgrund einer Vereinbarung unmissverständlichen Verhaltens der Parteien von einem Auflösungsvertrag auszugehen ist (IRENE BIBER, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 255 N. 3 unter Hinweis auf BGE 117 II 158). Selbst wenn sich die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages die Schriftlichkeit vorbehalten haben, kann der Aufhebungsvertrag mündlich abgeschlossen werden (Art. 115 OR). Davon ausgenommen ist der Fall, dass die Parteien die Abänderung des Vertrages als formbedürftig vereinbart hätten, denn dann unterliegt auch der Auflösungsvertrag dieser Form (URBAN HULLIGER, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 272b N. 26). Bei einer vorzeitigen Rückgabe der Mietsache bzw. (analog) Nichtantritt der Miete soll nach Art. 264 OR – auch für befristete Mietverhältnisse – der Mieter von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit sein, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt, andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag Gesetz endet beendet werden kann (HANS BÄTTIG, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 264 N. 7).
Art. 257e OR regelt die Modalitäten der vom Mieter gestellten Sicherheit (sog. Kaution Depot). Bleibt die Sicherheitsleistung nach Übergabe der Mietsache aus, kann, je nach vertretener Meinung, eine Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne von Art. 266g OR in Betracht kommen (DANIEL REUDT, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257e N. 20). Bleibt die Sicherheitsleistung indes vor Übergabe der Mietsache aus, kann der Vermieter nach den allgemeinen Verzugsregeln von Art. 107/109 OR vorgehen respektive u.U. auch die Übergabe der Mietsache gestützt auf Art. 82 OR verweigern (DANIEL REUDT, SVIT-Komm., Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257e N. 21; ZK OR-HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2019, Art. 257e N. 14).
Würdigung
Wie bereits erwähnt, ist zu beachten, dass die klägerischen Darstellungen grundsätzlich als unbestritten zu erachten sind. Damit ist lediglich noch zu prüfen, ob diese auch schlüssig sind und keine erheblichen Zweifel an deren Richtigkeit bestehen (Art. 153 Abs. 2 ZPO). Zusammengefasst macht die Klägerin mit der folgenden Tabelle eine Gesamtforderung von CHF 270'318.10 geltend:
Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG D.
-strasse 3
Hinsichtlich der Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG D. -strasse 3 wurde nachvollziehbar dargetan, dass per 6. November 2019 ein Mietvertrag abgeschlossen wurde (act. 3/1). In Ziffer 9 [S. 9] des Mietvertrages wurde die Verpflichtung der Mieterin statuiert, vor Übergabe des Mietobjektes eine Sicherheitsleistung von CHF 72'000.– zu leisten, wobei vorbehalten wurde, dass im Unterlassungsfall die
Übergabe verweigert werden könne. Zwar wurde von der Klägerin nicht ausgeführt, inwiefern die Beklagte zur Leistung der Sicherheit angehalten und gemahnt worden wäre, indes blieb schliesslich unbestritten, dass diese vorausgesetzte Sicherheitsleistung bis heute, und damit insbesondere auch im massgeblichen Zeitpunkt 1. August 2020, nicht geleistet wurde. Für die Situation der fehlenden Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 257e OR vor Übergabe der Mietsache würden die rechtlichen Grundlagen an sich ein Vorgehen nach den allgemeinen Verzugsregeln gemäss Art. 107/109 OR das Verweigerungsrecht nach Art. 82 OR nahelegen. Die Klägerin hat sich nicht näher dazu geäussert. In rein tatsächlicher Hinsicht blieb jedenfalls unbestritten, dass die Klägerin das Mietobjekt in Einklang mit Ziffer 9 des Mietvertrages per 1. August 2020 nicht übergeben hat. Ins Recht gelegt wurde – auch für die Büroräume 4. und 5. OG – lediglich eine Kündigung infolge Zahlungsverzug 257d OR vom 18. September 2020 auf den 31. Oktober 2020 (act. 3/3). Nach einhelliger Meinung kommt für die Leistung einer Sicherheitsleistung im Sinne von Art. 257e OR die Anwendung von Art. 257d OR indes nicht in Betracht. Weitere Ausführungen Dokumente zur Beendigung dieses Mietverhältnisses (4. und 5. OG) seitens der Klägerin fehlen. Ebensowenig wurde geltend gemacht, dass die Parteien den Mietvertrag durch einen (konkludenten) Auflösungsvertrag beendet hätten, wobei angesichts des vereinbarten Formvorbehalts von Ziff. 24 [S. 14] des Mietvertrages ohnehin die schriftliche Form dafür vorausgesetzt gewesen wäre. Nicht erheblich ist, dass das Mietobjekt unbestritte- nermassen gar nie übergeben wurde.
Zusammengefasst ist mangels entsprechender Darstellungen die Beendigung des
Mietvertrages betreffend Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG D.
-strasse 3
nicht dargetan. Damit kann auch kein Schadenersatz aus der Auflösung des Mietverhältnisses zum Tragen kommen. Da beim geltend gemachten Schadenersatz eine andere Anspruchsgrundlage vorliegt als bei der Forderung von Mietzins, kommt eine Umdeutung iura novit curia nicht in Betracht; ebensowenig lässt sich der Sachverhalt vom Gericht ergänzen. Allerdings spricht nichts gegen die von der Klägerin geltend gemachten Mietzinse für die drei Monate August bis Oktober 2020. Weder deren vertragliche Grundlage noch das Ausbleiben der Leistung sind bestritten. Angesichts des massgeblichen zugrundeliegenden Sachverhalts,
dass die Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG gar nie übernommen wurden, und unter Berücksichtigung, dass es bei den Nebenkosten im Sinne von Art. 257a und 257b OR auf den tatsächlichen Gebrauch ankommt, ist nicht ersichtlich, weshalb der Bruttomietzins – samt Nebenkosten – geschuldet sein soll. Eine Aufschlüsselung und Begründung entsprechender ohnehin geschuldeter (Neben-)Kosten von Schadenersatz lässt sich weder der Klagebegründung noch den ins Recht gelegten Unterlagen nachvollziehbar entnehmen. Damit sind lediglich die Nettomietzinse ohne Nebenkosten geschuldet.
Der gesamte Nettomietzins für die Büroflächen im 4. OG samt MwSt. von 7.7 % für drei Monate beträgt damit CHF 18'113.85 (3 x [CHF 5'606.25 +7.7 %]). Für die Büroflächen im 5. OG beträgt der gesamte Nettomietzins samt MwSt. von 7.7 % CHF 15'436.10 (3x CHF 4'777.50 + 7.7 %) (vgl. act. 1 Rz. 37 u. 38). In Übereinstimmung mit den Angaben gemäss Ziffer 1.1 des Mietvertrags (act. 3/1) ergibt dies eine gesamte Mietzinsforderung inkl. MwSt. für die Büroräumlichkeiten 4.
und 5. OG D.
-strasse 3 von CHF 33'549.95.
Büroräumlichkeiten 1. OG E. 4
Der Mietvertrag (sog. Nachtrag) vom 10./17. Januar 2020 betreffend Büroräumlichkeiten 1. OG E.
ist unbestrittenermassen gültig zustandegekommen.
Die vorausgesetzte Sicherheitsleistung von CHF 30'000.– wurde von der Beklagten (Mieterin) geleistet und die Mietsache per 1. Februar 2020 übergeben. Obschon sich die Klägerin auf eine Zahlungsverzugskündigung nach Art. 257d OR stützt, äussert sie sich, wie bei den Büroräumlichkeiten 4. und 5 OG, mit kei- nem Wort zu der notwendigen Ansetzung der Zahlungsfrist bzw. Kündigungsan- drohung, ebensowenig wurden massgebliche Dokumente ins Recht gelegt. Unbestritten ist, dass die Beklagte die Büroräumlichkeiten per 4. November 2020 zurückgegeben hat. Die Beendigung des Mietvertrages der Büroräumlichkeiten
1. OG E.
4 ist nicht dargetan. In Bezug auf den geltend gemachten Schadenersatz nach Oktober 2020 ist auf das oben Gesagte zu verweisen. Die Mietzinse August bis Oktober 2020 sind dagegen in Gesamthöhe von CHF 14'862.60 (3x CHF 4'954.20) (vgl. act. 1 Rz. 39) ausgewiesen. Unbestrittenermassen wur- den diese bis anhin nicht beglichen; die vertragliche Grundlage findet sich in Ziffer
2 (act. 3/2). Da die Büroräumlichkeiten unbestrittenermassen tatsächlich über- nommen worden sind, ist hier – im Gegensatz zu den Büroräumlichkeiten 4. und
5. OG – ohne Weiteres von Bruttomietzinsen auszugehen; die angefallenen Nebenkosten sind unbestritten und plausibel gemacht.
Es besteht somit für die Büroräumlichkeiten 1. OG E. rung samt MwSt. von CHF 14'862.60.
4 eine MietzinsfordeWeiter macht die Klägerin einen Verzugszins von 5 % geltend. Im Mietvertrag (bzw. durch Verweis in Ziffer 5 Nachtrag) ist gemäss Ziffer 1.1 als Verfalltag der 1. Tag des Quartals vorgesehen (act. 3/1-2). Verzugszinsen sind als unmittelbare Folge des Rückstandes des Mieters mit der vertraglichen Hauptleistung geschul- det; in Ziffer 6 [S. 8] des Mietvertrages wurde der Verzugszins ebenso vorgesehen (Art. 104 Abs. 1 OR; ZK OR-HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2019, Art. 257d N. 10).
Plausibel und unbestritten ist der mittlere Verfalltag 1. September 2020 für die Mietzinse August bis Oktober 2020 betreffend 4. und 5. OG sowie für das 1. OG per 15. August 2020 (vgl. act. 1 Rz. 44 u. 46). Die entsprechenden Verzugszinse sind zuzusprechen.
Die weiter verlangten Heiz- und Betriebskosten in Höhe von CHF 223.35 für die Periode 2019/2020 lassen sich weder aufgrund von Darstellungen in der Klagebegründung (act. 1 Rz. 41) noch mittels der eingereichten Heiz- und Betriebskostenabrechnung (act. 3/6) eindeutig den Büroräumlichkeiten 1. OG E. 4 zuordnen. Für die anderen Büroräumlichkeiten im 4. und 5. OG sind ohnehin, wie oben dargelegt, keine Nebenkosten zu vergüten. Die Forderung ist abzuweisen.
Die von der Klägerin separat ausgewiesene (Schadens-)Position Betreibungskos- ten in Höhe von CHF 203.30 (vgl. act. 1 Rz. 33) ist – da für diese gestützt auf Art. 68 Abs. 2 SchKG ohnehin keine Rechtsöffnung notwendig ist (BGE 144 III 360 E. 3.6.2) – nicht eigens zuzusprechen respektive ist darauf mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten (Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich HG200031 vom 2. Juni 2020 E. 4.4.).
Fazit
Gestützt auf den unbestrittenen und insoweit schlüssigen Sachverhalt und die zutreffenden Rechtsgrundlagen sind für die Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG
D. -strasse 3 sowie 1. OG E.
4 zusammengefasst Mietzinse von
CHF 48'412.55 (CHF 33'549.95 + CHF 14'862.60) ausgewiesen. Dementsprechend ist die Klage im Umfang von CHF 48'412.55 zuzüglich Verzugszinsen von 5 % Zins auf CHF 33'549.95 seit 1. September 2020 und auf CHF 14'862.60 seit 15. August 2020 gutzuheissen und im restlichen Umfang abzuweisen (Rechtsbe- gehren-Ziffer 1).
Mietkaution (Rechtsbegehren-Ziffer 2)
Die Klägerin verlangt in Rechtsbegehren-Ziffer 2, sie sei für berechtigt zu erklären, die bei der UBS Switzerland AG, … [Adresse], auf dem Mieterkautionssparkonto Nr. 1 .MKG, lautend auf den Namen der Beklagten, angelegte Mieterkaution (inklusive aufgelaufener Zinsen) vollumfänglich unter Anrechnung an den Betrag gemäss Rechtsbegehren-Ziffer 1 zu beziehen. Die Sicherheit durch den Mieter im Sinne von Art. 257e OR deckt grundsätzlich sowohl ausbleibende Mietzinse als auch Schadenersatz mit Bezug zum Mietobjekt sowie die Entschädigung für die Benutzung des Mietobjektes nach Auflösung des Mietvertrages ab (ZK OR- HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2019, Art. 257e N. 5; DANIEL REUDT, SVIT-Komm., Das
Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Art. 257e N. 8 unter Hinweis auf BGE 129 III 360 E. 2). Eine explizite Anweisung an die Bank ist für die Auszahlung nach Art. 257e OR nicht vorausgesetzt (DANIEL REUDT, a.a.O., Art. 257e N. 26 m.w.H.).
Gemäss unbestrittenem Sachverhalt besteht für die Flächen im 1. OG E. 4 eine Mietzinskaution von CHF 30'000.– auf dem Mietkautionssparkonto Nr. 1.MKG bei der UBS (vgl. act. 1 Rz. 18). Für die Büroflächen im 4. und 5. OG wurde gemäss Ziffer 9 [S. 9] des Mietvertrags (act. 3/1) ursprünglich eine Mietkaution in Höhe von CHF 72'000.– vorgesehen, welche indes unbestrittenermassen nie geleistet wurde. Zur Deckung der der Klägerin hinsichtlich der Büroflächen 1. OG E. 4 zuzusprechenden Mietzinse in Höhe von CHF 14'862.60 ist der Klägerin ohne Weiteres der Zugriff auf die geleistete Mietkaution zu gewähren. Fraglich ist, inwiefern auch für die übrigen zuzusprechenden Mietzinse (4.
und 5. OG D. -strasse 3) ein Zugriff auf die ursprünglich im Rahmen der Miete 1. OG E. 4 geleistete Kaution zu gewähren ist.
Auffallend ist Ziffer 3 des Nachtrags des Mietvertrages betreffend die Büroflächen
1. OG (act. 3/2): Das bereits eröffnete Mieterkautionssparkonto bei der UBS AG (CH5MKG) mit dem Kautionsbetrag in Höhe von CHF 72'000.00 wird um CHF 30'000.00 auf CHF 102'000.00 erhöht.. Offenbar wäre somit zunächst vorgesehen gewesen,
für die Liegenschaft D. -strasse/E.
auch ein gemeinsames Konto zu
errichten. Die Klägerin macht hierzu keine Ausführungen. Sie verlangt – ohne nach Büroräumlichkeiten zu differenzieren – gemäss Rechtsbegehren-Ziffer 2 Zugriff auf die vorhandene Mietkaution. Die unbestrittenen Vertragsgrundlagen, so insbesondere Ziffer 3 und 5 des Nachtrags vom 6. November 2019 (act. 3/2), sowie die klägerischen Ausführungen lassen jedenfalls auf ein grundsätzlich einheit-
liches Mietverhältnis Liegenschaft D. -strasse/E.
schliessen. Dass in
der Folge offenbar weder das ursprünglich im Nachtrag erwähnte UBS Konto CH5MKG noch ein anderes gemeinsames Konto zum Tragen kam, ändert nichts am einheitlichen Mietverhältnis. Zusammengefasst ist der Klägerin auch hinsicht- lich der gutzuheissenden Forderung betreffend Büroräumlichkeiten 4. und 5. OG
D. -strasse 3 Zugriff auf die von der Beklagten gesamthaft geleistete Sicher-
heit zu gewähren.
Rechtsvorschlag (Rechtsbegehren-Ziffer 3)
Gemäss Rechtsbegehren-Ziffer 3 fordert die Klägerin zudem (sinngemäss) die Beseitigung des Rechtsvorschlags in der Betreibung Nr. 2, Betreibungsamt Zürich 1 (Zahlungsbefehl vom 19. Februar 2021; act. 3/7). Mit Gutheissung der Klage im Sinne von Art. 79 SchKG ist der entsprechende Rechtsvorschlag im Umfang von CHF 48'412.55 zuzüglich Verzugszinsen von 5 % Zins auf CHF 33'549.95 seit
1. September 2020 und auf CHF 14'862.60 seit 15. August 2020 zu beseitigen. Wie bereits erwähnt, ist für die Betreibungskosten keine Beseitigung des Rechtsvorschlags nötig (BGE 144 III 360 E. 3.6.2 mit Hinweis auf Urteil des Bundesgerichts 5A_455/2012 vom 5. Dezember 2012 E. 3).
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
Die Kosten- und Entschädigungsfolgen sind nach Obsiegen und Unterliegen der Parteien im Prozess festzulegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Hat keine Partei vollstän- dig obsiegt, so werden die Prozesskosten nach dem Ausgang des Verfahrens verteilt (Art. 106 Abs. 2 ZPO). Die Klägerin obsiegt im Betrag von CHF 48'412.55 und unterliegt im Betrag von CHF 221'905.55 (CHF 270'318.10 ./. CHF 48'412.55). Somit obsiegt die Klägerin zu rund 20 % und unterliegt zu rund 80 %. Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Vorliegend beträgt der Streitwert CHF 270'318.10. In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf rund CHF 11'700.– festzusetzen.
Die Kosten des Verfahrens sind demnach zu rund 80 % (CHF 9'360.–) der Klägerin und zu rund 20 % (CHF 2'340.–) der Beklagten aufzuerlegen. Die Kosten sind vorab aus dem von der Klägerin geleisteten Vorschuss zu decken. Für die der Beklagten auferlegten und aus dem klägerischen Vorschuss bezogenen Kosten (CHF 2'340.–) ist der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte einzuräumen.
Parteientschädigung
Bei teilweisem Obsiegen erfolgt gleichermassen die Zusprechung einer Parteientschädigung nach den Regeln von Art. 106 Abs. 2 ZPO, d.h. die gegenseitigen Entschädigungspflichten sind einander gegenüberzustellen und zu verrechnen. Die Klägerin obsiegt zu rund 20 % und die Beklagte zu rund 80 %. Verrechnet man die prozentualen Ansprüche der Parteien auf eine Parteienschädigung, so erhielte die Beklagte noch rund 60 % einer allfälligen Parteientschädigung, die Klägerin erhält zufolge Verrechnung der Obsiegensquoten keine Parteientschädigung. Mangels Antrags respektive berufsmässiger Vertretung der Beklagten ist indes auch ihr und somit beiden Parteien keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Im Umfang von CHF 203.30 (Betreibungskosten) wird auf die Klage nicht eingetreten.
Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen wird im nachfolgenden Erkenntnis entschieden.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin CHF 48'412.55 nebst Zins zu 5 %
auf CHF 33'549.95 seit 1. September 2020
auf CHF 14'862.60 seit 15. August 2020 zu bezahlen. Im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen.
Der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 2 des Betreibungsamtes Zürich 1 (Zahlungsbefehl vom 19. Februar 2021) wird im Umfang der Gutheissung gemäss Dispositiv-Ziffer 1 (CHF 48'412.55 nebst Zins zu 5 % auf
CHF 33'549.95 seit 1. September 2020 sowie auf CHF 14'862.60 seit
15. August 2020) beseitigt.
Die Klägerin wird nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils für berechtigt erklärt, die bei der UBS Switzerland AG, … [Adresse], auf dem Mieterkautionssparkonto Nr. 1.MKG, lautend auf den Namen der Beklagten, angelegte Mieterkaution (inklusive aufgelaufener Zinsen) vollumfänglich unter Anrech- nung an den Betrag gemäss Dispositivziffer 1 hiervor zu beziehen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 11'700.–.
Die Kosten werden zu 80 % (CHF 9'360.–) der Klägerin und zu 20 %
(CHF 2'340.–) der Beklagten auferlegt und vorab aus dem von der Klägerin
geleisteten Kostenvorschuss gedeckt. Im aus dem klägerischen Vorschuss in Anspruch genommenen und der Beklagten auferlegten Umfang von 20 % (CHF 2'340.–) wird der Klägerin das Rückgriffsrecht auf die Beklagte eingeräumt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 270'318.10.
Zürich, 9. Mai 2022
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
Roland Schmid
Der Gerichtsschreiber:
Christian Markutt
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