Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG210152 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 12.12.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_62/2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Zusammenfassung : | Madame A______ und Monsieur B______ haben gegen das Urteil des Erstgerichts, welches sie zur Wiederherstellung des Gartens verpflichtet hat, Berufung eingelegt. Das Gericht hat entschieden, dass sie die Terrasse abtragen und einen Baum pflanzen müssen. Die Gerichtskosten der ersten Instanz in Höhe von 1320 CHF werden den beiden appellierenden Parteien zu zwei Dritteln und den intimierenden Parteien zu einem Drittel auferlegt. Die appellierenden Parteien werden auch verpflichtet, den intimierenden Parteien 880 CHF für die Rückerstattung des Vorschusses und 660 CHF für die restlichen Ausgaben der ersten Instanz zu zahlen. Die Gerichtskosten für die Berufung werden auf 1200 CHF festgesetzt und den appellierenden Parteien zu zwei Dritteln und den intimierenden Parteien zu einem Drittel auferlegt. Die appellierenden Parteien müssen auch 500 CHF an die intimierenden Parteien für die restlichen Berufungskosten zahlen. Das Urteil kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden. |
Schlagwörter : | Beklag; Beklagte; Ausschüttung; Beklagten; Verwaltung; Verwaltungsrat; Rückstellung; Rückstellungen; Verwaltungsrats; Geschäft; Recht; Pflicht; Recht; Bildung; Organ; Entscheid; Ehemann; Gesellschaft; Rechnung; Reserve; Über; Revision; Ausschüttungsbeschluss; Noven; Forderung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 165 OR ; Art. 229 ZPO ; Art. 236 ZPO ; Art. 260 KG ; Art. 40 ZPO ; Art. 44 OR ; Art. 660 OR ; Art. 669 OR ; Art. 671 OR ; Art. 675 OR ; Art. 701 OR ; Art. 706b OR ; Art. 71 ZPO ; Art. 716a OR ; Art. 717 OR ; Art. 725 OR ; Art. 729b OR ; Art. 731 OR ; Art. 754 OR ; Art. 759 OR ; Art. 8 ZGB ; Art. 957a OR ; Art. 958 OR ; Art. 96 ZPO ; Art. 960e OR ; |
Referenz BGE: | 107 II 349; 113 II 52; 116 II 441; 117 II 570; 122 III 195; 124 III 155; 128 III 29; 128 III 92; 131 II 217; 132 III 342; 132 III 523; 132 III 564; 132 III 715; 136 III 14; 136 III 322; 139 III 24; 140 III 533; 146 III 37; 146 III 55; 148 III 11; |
Kommentar: | Spühler, Schweizer, Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 71 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG210152-O U/ei
Mitwirkend: der Oberrichter Roland Schmid, VizePräsident, die Oberrichterin Ju- dith Haus Stebler, die Handelsrichter Dario Cimirro, Samuel Kistler und Dr. Martin Liebi sowie der Gerichtsschreiber Dr. Severin Harisberger
Urteil vom 12. Dezember 2023
in Sachen
Kanton Zürich,
Kläger
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2. ,
gegen
A. ,
B. ,
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. , 2 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Y2. ,
vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Y3. , betreffend Forderung
Rechtsbegehren:
(act. 1 S. 2)
1. Die Beklagten seien solidarisch zu verpflichten, dem Kanton Zürich CHF 2'153'052.19 zuzüglich Zins zu 5% p.a. ab dem 14. Januar 2011 zu bezahlen, wobei die jeweilige Ersatzpflicht eines jeden Beklagten durch das Gericht festzusetzen sei.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt) zu solidarischen Lasten der Beklagten.
Sachverhalt und Verfahren
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Der Kläger macht als AbtretungsGläubiger i.S.v. Art. 260 SchKG einen Verantwortlichkeitsanspruch der C. AG in Liquidation geltend.
Die Beklagte 1 ist eine naTürliche Person mit Wohnsitz in D. , Kanton E. . Sie war von 2006 bis 2016 VizePräsidentin des Verwaltungsrats der C. AG in Liquidation.
Der Beklagte 2 ist eine naTürliche Person mit Wohnsitz in F. , Kanton G. . Er ist dipl. Steuerexperte und dipl. Treuhandexperte und war im massgeblichen Zeitraum zumindest Berater der C. AG in Liquidation bzw. deren Verwaltungsrats.
Prozessgegenstand
Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte 1 als formelles und der Beklagte 2 als faktisches Organ der C. AG in Liquidation hätten pflichtwidrig eine Ausschüttung von CHF 2'153'052.19 ermöglicht, veranlasst und umgesetzt. Insbesondere hätten sie es unterlassen, rechtzeitig die pflichtgemüssen Rückstellungen für eine Altlastensanierung zu bilden. Den durch die Ausschüttung entstandenen Mittelabfluss will er mit der vorliegenden Verantwortlichkeitsklage erhältlich machen. Die Beklagten bestreiten ihre Verantwortlichkeit.
Prozessverlauf
Mit Klageschrift vom 2. August 2021 (Datum Poststempel) erhob der Kläger Klage mit dem eingangs genannten Rechtsbegehren (act. 1; act. 3/2-32). Die separat vertretenen Beklagten erstatteten mit Eingaben vom 8. November 2021 (Beklagte 1; act. 29; act. 30/1-26) bzw. 5. November 2021 (Beklagter 2; act. 31; act. 32/117) innert den ihnen mit Verfügungen vom 30. September 2021 bzw. 5. Oktober 2021 (act. 24; act. 27) angesetzten Nachfristen ihre Klageantworten. Darin beantragen sie, die Klage sei abzuweisen (act. 29 S. 3; act. 31 S. 2).
Mit Verfügung vom 6. Januar 2022 (act. 33) wurde die Leitung des Prozesses an Oberrichterin Judith Haus Stebler delegiert. Nachdem am 14. März 2022 eine Instruktionsverhandlung stattgefunden hatte, an der keine Einigung erzielt werden konnte (act. 35; Prot. S. 11 f.), wurde mit Verfügung vom 15. März 2022 (act. 36) ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet.
Mit Eingabe vom 22. Juni 2022 (act. 43; act. 46/33-63) erstattete der Kläger innert der ihm mit Verfügung vom 24. Mai 2022 (act. 41) erstreckten Frist die Replik. Den Beklagten wurde darauf mit Verfügung vom 4. Juli 2022 (act. 47) Frist zur Einreichung der Duplik angesetzt.
Mit Eingabe vom 4. Juli 2022 (act. 49; act. 50/64-77) reichte der Kläger eine erste Noveneingabe ein, worauf den Beklagten mit Verfügung vom 11. Juli 2022 (act. 51) eine der Duplikfrist entsprechende Frist angesetzt wurde, um sich zur ersten Noveneingabe des Klägers zu äussern.
Mit Eingaben vom 28. Oktober 2022 (Beklagte 1; act. 59; act. 60/27-28) bzw.
26. Oktober 2022 (Beklagter 2; act. 57; act. 58/1-4) erstatteten die Beklagten fristgemäss ihre Dupliken. In den Nämlichen Eingaben nahmen sie fristgemäss Stellung zur ersten Noveneingabe des Klägers. Mit Verfügung vom 3. November 2022 (act. 61) erfolgte die Zustellung dieser Eingaben an die jeweils anderen Parteien. In Nämlicher Verfügung wurde erwogen, dass für die Wahrnehmung des Replikrechts und das Einbringen von Noven als Reaktion auf die Duplik eine Zeitspanne von dreissig Tagen angemessen erscheine, wobei dem Kläger auf eine entsprechende Eingabe vom 5. Dezember 2022 (act. 71) hin mit Schreiben vom
6. Dezember 2022 (act. 73) bestätigt wurde, dass mit einem Entscheid bis und mit
17. Dezember 2022 zugewartet werde.
Mit Eingabe vom 28. November 2022 (act. 67; act. 68/78) reichte der Kläger eine zweite Noveneingabe ein. Innert der mit Verfügung vom 29. November 2022 (act. 69) angesetzten Frist nahmen die Beklagten mit Eingaben vom 7. Dezember 2022 (Beklagte 1; act. 75) bzw. 12. Dezember 2022 (Beklagter 2; act. 78) Stellung zur zweiten Noveneingabe des Klägers.
Mit Eingabe vom 8. Dezember 2022 (act. 76; act. 77/79-88) nahm der Kläger Stellung zu den Dupliken und reichte gleichzeitig eine dritte Noveneingabe ein. Den Beklagten wurde darauf mit Verfügung vom 13. Dezember 2022 (act. 79) Frist angesetzt, um sich zur dritten Noveneingabe des Klägers zu äussern. Mit Eingabe vom 9. Januar 2023 (act. 81) nahm die Beklagte 1 fristgemäss Stellung zur dritten Noveneingabe des Klägers. Der Beklagte 2 liess sich diesbezüglich nicht verlauten.
Mit Eingabe vom 4. April 2023 (act. 83; act. 84/89) reichte der Kläger eine vierte Noveneingabe ein. Innert der mit Verfügung vom 6. April 2023 (act. 85) angesetzten Frist nahmen die Beklagten mit Eingaben vom 24. April 2023 (Beklagte 1; act. 88) bzw. 17. April 2023 (Beklagter 2; act. 87) Stellung zur vierten Noveneingabe des Klägers.
Weitere Eingaben erfolgten nicht.
Mit Verfügung vom 4. September 2023 wurde den Parteien Gelegenheit eingeräumt, auf die Durchführung einer Hauptverhandlung zu verzichten (act. 90). während beide Beklagten mit Eingaben vom 6. September 2023 (Beklagte 1; act. 92) bzw. 18. September 2023 (Beklagter 2; act. 94) ihren Verzicht erklärten, bestand der Kläger mit Eingabe vom 18. September 2023 (act. 93) auf der Durchführung der Hauptverhandlung. In der Folge wurden die Parteien auf den
12. Dezember 2023 zur Hauptverhandlung vorgeladen (act. 95). Anlässlich dieser Hauptverhandlung erstatteten die Parteien ihre ParteivortRüge. Es wurden keine relevanten Noven rechtsgenöglich vorgebracht (Prot. S. 30 ff.).
Das Verfahren ist spruchreif (Art. 236 Abs. 1 ZPO).
Erwägungen
Formelles
zuständigkeit
?-rtliche zuständigkeit
Die örtliche zuständigkeit der Gerichte des Kantons Zürich ist gestützt auf Art. 40 ZPO gegeben und unbestritten (act. 1 Rz. 5; act. 29 Rz. 61; act. 31 Rz. 183).
Sachliche zuständigkeit
Die sachliche zuständigkeit des Handelsgerichts ist gestützt auf Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO i.V.m. 44 lit. b GOG gegeben und unbestritten (act. 1 Rz. 6; act. 29 Rz. 61; act. 31 Rz. 183).
Einfache Streitgenossenschaft
Die Beklagten sind einfache Streitgenossen. Sie führen den Prozess unabhängig voneinander (Art. 71 Abs. 3 ZPO). Umgekehrt bedeutet dies, dass prozessuales Handeln grundsätzlich nur für die handelnde Partei wirkt. Jede von ihnen hat ihren Standpunkt individuell zu substantiieren. Immerhin wirken sich faktisch die Tatsachenbehauptungen einer Partei auch auf die Stellung des Streitgenossen bzw. der Streitgenossin aus (vgl. RUGGLE, in: Späher/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, Art. 71 N 33).
Anwendbares Recht
Anwendbar ist schweizerisches Recht. Anzumerken ist, dass am 1. Januar 2013 das Bundesgesetz vom 23. Dezember 2011 betreffend das Rechnungslegungsrecht (Art. 957 ff. OR) in Kraft trat. Was die hier interessierende Pflicht zur Bildung von Rückstellungen betrifft, bewirkte die Revision allerdings keine massgeblichen Änderungen (RENTSCH/Z?-BELI, Rückstellungen gemäss OR 960e, Jahrbuch des Rechnungswesens 2015, 180).
Novenrecht
gestützt auf Art. 229 Abs. 1 ZPO ist das Vorbringen neuer Tatsachen zulüssig, wenn diese erst nach dem Abschluss des Schriftenwechsels entstanden sind (echte Noven; lit. a) wenn sie zuvor trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorgebracht werden konnten (unechte Noven; lit. b). Die zulässigkeit unechter Noven ist unter BeRücksichtigung sämtlicher Umstände nach objektiven Massstüben zu beurteilen (K ILLIAS, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, Art. 229 N 14; PAHUD, in: Brun- ner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung Kommentar,
Aufl. 2016, Art. 229 N 14; WILLISEGGER, in: Späher/Tenchio/Infanger [Hrsg.],
Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, Art. 229 N 32). Entscheidend ist, dass der betreffenden Partei keine Nachlüssigkeit bei der Behauptungs- und Beweislast vorgeworfen werden kann (LEUENBERGER, in: Sutter-Somm/Hasenbühler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 229 N 8; siehe auch PAHUD, a.a.O., Art. 229 N 14). Weiter ist vorausgesetzt, dass die Tatsachen und Beweise unverzüglich in den Prozess eingebracht werden, also bei der nächsten prozessualen Gelegenheit (WILLISEG- GER, a.a.O., Art. 229 N 34). Soweit eine Partei Noven geltend machen will, hat sie zugleich mit deren Einreichung darzulegen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind (Obergericht ZH LF160046 vom 14. September 2016 E. II.3.1; Appellationsgericht BS ZB.2019.3 vom 9. August 2019 E. 4.3.5; SOGO/NAEGELI, in: Oberhammer/Domej/Haas [Hrsg.], Kurzkommentar Schweizerische Zivilprozessordnung,
Aufl. 2021, Art. 229 N 11d; siehe auch LEUENBERGER, a.a.O., Art. 229 N 10).
Die erste Noveneingabe des Klägers vom 4. Juli 2022 (act. 49; act. 50/64-
77) erfolgte nach Erstattung der Replik (act. 43). Mithin hatte der Kläger dannzumal bereits zweimal die Möglichkeit gehabt, sich unbeschränkt zu äussern. Damit war für ihn der Aktenschluss eingetreten (vgl. BGer 5A_822/2022 vom 14. März 2023 E. 3.3.6). Daher sind die Tatsachenbehauptungen und Beweismittel, die er mit dieser ersten Noveneingabe aufstellte bzw. einreichte, Noven. Diese sind nur unter den Voraussetzungen von Art. 229 ZPO beachtlich.
Der Kläger begründet die zulässigkeit dieser Noven damit, dass er am 24. Juni 2022 d.h. nach Einreichung der Replik von der das Strafverfahren gegen die Beklagten (hinten E. 2. 5) führenden Staatsanwaltschaft weitere Verfahrensakten erhalten habe. Diese stammten aus Sicherstellungen anlässlich von Hausdurchsuchungen beim Beklagten 2 bzw. der H. AG (act. 49 Rz. 1). Zum Beweis reicht er eine E-Mail der Staatsanwaltschaft vom 24. Juni 2022 ein (act. 50/64). Die Beklagten erachten diese Begründung als ungenügend (act. 57 Rz. 13; act. 59 Rz. 6, 10). Die fraglichen Unterlagen seien am 7. September 2021 sichergestellt und unversiegelt zu den Strafakten genommen worden (act. 57 Rz. 14 f.; act. 59 Rz. 8). Der Kläger habe bereits vor Einreichung der Replik Einsicht in die Strafakten genommen (act. 57 Rz. 19; act. 59 Rz. 7 f.). Es werde daher bestritten, dass die betreffenden Unterlagen dem Kläger erst nach Einreichung der Replik zugänglich geworden seien (act. 57 Rz. 20; act. 59 Rz. 9). Es sei auf die möglichkeit der Einsichtnahme abzustellen, wobei sich der Kläger vor Ablauf der Replikfrist nicht bei der Staatsanwaltschaft nach neuen Akten erkundigt habe (act. 57 Rz. 21 f.). Der Kläger wiederum äussert sich in seiner Eingabe vom 8. Dezember 2022 zu diesen Vorbringen der Beklagten (act. 76 Rz. 6 ff.).
Die Begründung des Klägers in seiner ersten Noveneingabe vom 4. Juli 2022 ge- nügt den rechtlichen Anforderungen: Mit seinen Erklärungen (weitere bzw. neue Akten; act. 49 Rz. 1 f.) und der eingereichten E-Mail, worin die Staatsanwaltschaft ausführt, noch die restlichen Beweisakten zu übermitteln (act. 50/64), zeigt er auf, dass er vor dieser Übermittlung am 24. Juni 2022 noch nicht über die betreffenden Unterlagen verfügt hatte und dass ihm die Staatsanwaltschaft diese erst mit der besagten E-Mail übermittelte. Entsprechend handelt es sich um unechte Noven, die der Kläger nicht früher vorbringen konnte. Der Kläger liess die zumutbare Sorgfalt walten, indem er die Staatsanwaltschaft um Akteneinsicht ersuchte. Nicht zu beanstanden ist, wenn er in der Folge die Übermittlung durch die Staatsanwaltschaft abwartete und nicht laufend neue Ersuchen stellte, zumal kei- ne Umstände dargetan wurden, aufgrund derer sich solche wiederholten Ersuchen aufgedrängt hätten. Entsprechend kann mangels Relevanz von der Einholung einer schriftlichen Auskunft seitens der Staatsanwaltschaft (vgl. act. 57 Rz. 20 ff.; act. 59 Rz. 8) abgesehen werden. Da demnach für die Kenntnisnahme
durch den Kläger auf die Übermittlung am 24. Juni 2022 abzustellen ist, erfolgte die Noveneingabe vom 4. Juli 2022 fristgerecht. Daher sind die damit eingereichten Beweismittel beachtlich, ebenso wie die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen, soweit sie auf diesen Beweismitteln Gründen.
Die dritte Noveneingabe des Klägers vom 8. Dezember 2022 (act. 76; act. 77/79-88) erfolgte ebenfalls, nachdem für den Kläger der Aktenschluss eingetreten war. Entscheidrelevant sind einzig Rz. 21 f., worin sich der Kläger zum Vollzug der Ausschüttung äussert und als neue Beweismittel SteuerErklärungen der Beklagten 1 und ihres Ehemanns einreicht (act. 77/84-85).
Diese Ausführungen sind Teil der Stellungnahme zu den Dupliken (siehe act. 76 Rz. 18 ff.). In diesem Zusammenhang ist gemäss Bundesgericht davon auszugehen, dass es der klagenden Partei weder möglich noch zumutbar ist, auf Vorrat in ihrer Replik sämtliche denkbaren Noven zu entkröften, mit denen der Prozessstoff in der Duplik noch ausgedehnt werden kann. Wenn daher in der Duplik Noven vorgebracht werden, welche die klagende Partei ihrerseits mit unechten Noven entkröften will, so ist insofern die Voraussetzung von Art. 229 Abs. 1 lit. b ZPO erfällt, dass diese Noven vor Aktenschluss trotz zumutbarer Sorgfalt nicht vorgebracht werden konnten. Damit der klagenden Partei dieser Sorgfaltsnachweis gelingt, ist immerhin unabdingbar, dass die Dupliknoven für diese Noveneingabe kausal sind. Erforderlich ist einerseits, dass (erst) die Dupliknoven das Vorbringen der unechten Noven veranlasst haben, andererseits, dass die unechten Noven in technischer bzw. thematischer Hinsicht als Reaktion auf die Dupliknoven aufzufassen sind (BGE 146 III 55 E. 2.5.2 S. 61 f.).
Die hier interessierenden Tatsachenbehauptungen und Beweismittel dienen zur Entkröftung der beklagtischen Behauptung, wonach nicht erstellt sei, dass die von der streitgegenständlichen Ausschüttung erfassten Darlehensforderungen tatsächlich abgetreten worden seien (siehe act. 76 Rz. 20). Wie zu zeigen sein wird, stellten sich die Beklagten in ihren Klageantworten noch auf den Standpunkt, dass die Ausschüttung im Jahr 2011 umgesetzt worden sei, bzw. bestritten, dass die Forderungsabtretung im Juli 2012 nicht vollzogen war (hinten E. 8.3. 3). Die Behauptung, die Forderungsabtretung sei nicht erfolgt, ist daher ein Novum, das
die Beklagten mit ihren Dupliken neu aufbrachten. Auf dieses durfte der Kläger mit seinen Tatsachenbehauptungen und Beweismitteln in act. 76 Rz. 21 f., die die genannten bundesgerichtlichen Anforderungen erFällen, antworten. Im übrigen erfolgte diese Noveneingabe vom 8. Dezember 2022 auch fristgerecht (vgl. act. 61, 73). Daher sind die in act. 76 Rz. 21 f. enthaltenen Tatsachenbehauptungen und Beweismittel (act. 77/84-85) beachtlich.
Im übrigen kann die zulässigkeit der Noveneingaben des Klägers mangels Entscheidrelevanz offenbleiben.
Unbestrittener Sachverhalt
Die Beklagte 1 war im massgeblichen Zeitraum VizePräsidentin des Verwaltungsrats der C. AG (C. ; act. 1 Rz. 9, 16; act. 29 Rz. 36; act. 31
Rz. 14, 38; act. 43 Rz. 96, 123, 134, 248; act. 59 Rz. 109). Einziges anderes Mitglied und Präsident des Verwaltungsrats war ihr 2015 verstorbener Ehemann (act. 1 Rz. 16, 18; act. 29 Rz. 13, 17; act. 31 Rz. 38). Sie war zudem Verwaltungs-
ratsPräsidentin der I.
AG (I. ; act. 31 Rz. 47; act. 43 Rz. 96, 123,
294). Diese nicht operative Gruppengesellschaft (act. 31 Rz. 19; act. 43 Rz. 106,
173, 294, 357) war ab Januar 2011 Muttergesellschaft bzw. Alleinaktionürin der
C.
(act. 29 Rz. 53, 65, 109, 125; act. 31 Rz. 19, 23, 36; act. 43 Rz. 106,
173, 298; act. 57 Rz. 222, 226; act. 59 Rz. 234). Zuvor war die C. (gemäss Darstellung des Klägers) direkt von der Beklagten 1 und ihrem Ehemann (act. 43 Rz. 298) bzw. (gemäss Darstellung beider Beklagten) direkt vom Ehemann gehalten worden (act. 29 Rz. 17; act. 31 Rz. 23; act. 59 Rz. 172, 174). Die I. wie- derum wurde (gemäss Darstellung des Klägers und des Beklagten 2) von der Beklagten 1 und ihrem Ehemann (act. 31 Rz. 36; act. 43 Rz. 106, 201, 248, 294,
298, 357; act. 57 Rz. 8, 326) bzw. (gemäss Darstellung der Beklagten 1) vom
Ehemann gehalten (act. 59 Rz. 17, 172, 234). Der Verwaltungsrat der I. bestand neben der Beklagten 1 aus ihrem Ehemann sowie bis 17. Juli 2012 dem Beklagten 2 und Prof. Dr. J. , Rechtsanwalt und Rechnungslegungsrechtsexperte (act. 29 Rz. 25; act. 31 Rz. 19, 47, 53, 192; act. 43 Rz. 96, 105, 123, 173,
197, 243, 253, 294; act. 57 Rz. 326; act. 3/9). Letzterer war im übrigen auch Berater und enger Vertrauter der C.
bzw. der Beklagten 1 und ihres Ehe-
manns (act. 1 Rz. 34; act. 29 Rz. 25; act. 31 Rz. 29).
Der Beklagte 2 ist Aktionür und leitender Mitarbeiter der H.
AG,
K. [Ortschaft] (H. ; act. 1 Rz. 19; act. 31 Rz. 16). Die H. ist ei- ne Treuhandgesellschaft. Sie war insbesondere mit der Buchhaltung der C. betraut bzw. deren Buchhaltungsstelle (act. 29 Rz. 31, 145, 149; act. 31 Rz. 34,
148, 155, 159, 228; act. 43 Rz. 184; act. 57 Rz. 334). Zudem übernahm sie die Steuerberatung sowie andere Aufgaben (act. 31 Rz. 34). Seitens der H. betreute der Beklagte 2 das Mandat der C. (act. 31 Rz. 155; act. 43 Rz. 104g, 197; act. 57 Rz. 355, 365, 469, 652). Bis Mai 2016 war der Beklagte 2 aber nicht
formelles Organ der C. (act. 1 Rz. 10, 57; act. 31 Rz. 132; act. 43 Rz. 102). Jedoch war er von 2007 bis 2016 zeichnungsberechtigt zu zweien und wurde 2016 Mitglied des Verwaltungsrats der C. (act. 43 Rz. 102; act. 57 Rz. 320). darüber hinaus war er, wie gesagt, bis 17. Juli 2012 Mitglied des Verwaltungsrats
der I. . Ferner war er Mitglied des Verwaltungsrats der L. AG
(L. ), einer weiteren Gruppengesellschaft (act. 43 Rz. 105, 223; act. 57
Rz. 207, 210, 229).
Die C. bzw. eine ihrer Rechtsvorgängerinnen produzierte von ... bis
zur Aufgabe der Betriebstätigkeit im Jahr ... M.
(act. 1 Rz. 15; act. 29
Rz. 12, 16, 64; act. 31 Rz. 20, 37, 39; act. 43 Rz. 26, 121, 133, 174, 289). Bis
mindestens ... [Jahr] leitete sie den dabei entstandenen M. -schlamm in den N. [See], was zu M. -schlammablagerungen auf dem Seegrund führte. Untersuchungen ergaben, dass diese zu hohen Kosten saniert werden müssen (act. 1 Rz. 20; act. 29 Rz. 12, 39, 64, 66, 144; act. 31 Rz. 37, 39; act. 43 Rz. 26,
121 f., 133, 186, 306).
Das Problem dieser M. -schlammablagerungen und die hohen Kosten einer Sanierung waren den Beteiligten seit einiger Zeit bekannt (act. 29 Rz. 15, 68; act. 31 Rz. 210, 212). Spätestens ... [Jahr] teilte der Kläger der C. mit, dass bezüglich der M. -schlammablagerungen Untersuchungen durchzuführen und eine Gefahrenabschätzung sowie nötigenfalls eine Sanierung vorzunehmen sei (act. 29 Rz. 42, 46, 144; act. 43 Rz. 157; act. 59 Rz. 46). Freilich bestanden
unterschiedliche Ansichten darüber, ob die C. zur Tragung der Kosten verpflichtet werden könne: Der Kläger war der Ansicht, bezüglich der Sanierung eine Millionenforderung gegen die C. zu haben (act. 1 Rz. 24). Demgegenüber
bestritt die C.
eine Kostentragungspflicht, namentlich mit Verweis auf die
Verjährung (act. 29 Rz. 42, 68, 75; act. 31 Rz. 212; act. 59 Rz. 40 f., 182, 211).
In der Jahresrechnung 2010 wurden noch keine Rückstellungen für die Forderung des Klägers ausgewiesen (act. 29 Rz. 49; act. 31 Rz. 224; act. 43
Rz. 225, 315; act. 59 Rz. 63). Für die diesbezüglichen Rechts- und Verfahrenskosten wurden in der Jahresrechnung 2011 erstmals Rückstellungen von CHF 1 Mio.
ausgewiesen (act. 1 Rz. 25; act. 29 Rz. 49; act. 31 Rz. 84 f., 224; act. 43 Rz. 66,
225, 317; act. 59 Rz. 63). In der Jahresrechnung 2012 wurden entsprechende
Rückstellungen von CHF 1.1 Mio. ausgewiesen (act. 31 Rz. 94, 224; act. 30/16; act. 32/10-11). Schliesslich wurden in der Jahresrechnung 2013 entsprechende Rückstellungen von CHF 2.02 Mio. ausgewiesen (act. 29 Rz. 49; act. 31 Rz. 96,
225; act. 59 Rz. 63; act. 30/17; act. 32/12-13).
Nachdem Verhandlungen zwischen dem Kläger und der C. nicht zu einer Einigung gefährt hatten (act. 1 Rz. 60; act. 29 Rz. 43), verpflichtete Ersterer die Letztere mit Verfügung vom 11. Juli 2017 zur Sicherstellung der ungefähr von ihr zu tragenden Kosten von CHF 8.55 Mio. (act. 1 Rz. 61; act. 31 Rz. 114). Hier-
gegen beschritt die C.
den Rechtsmittelweg. Mit Urteil vom 29. Juli 2019
entschied das Bundesgericht letztinstanzlich, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht der Verjährung unterliege und daher die C. zur Tragung eines Grossteils der Sanierungskosten verpflichtet werden könne. Entsprechend bestätigte es die SicherstellungsVerfügung (act. 1 Rz. 62; act. 29 Rz. 52;
act. 31 Rz. 114 f.).
Infolge des bundesgerichtlichen Urteils wurde über die C.
am tt.mm.2019
der Konkurs eröffnet (act. 1 Rz. 1, 63; act. 29 Rz. 52; act. 31 Rz. 116; act. 43 Rz. 1). Der Kläger wurde mit seiner Forderung von CHF 8.55 Mio. (bedingt) kolloziert und erlitt einen (vorläufigen) Konkursverlust von rund CHF 6.7 Mio. (act. 1 Rz. 1, 64 f.; act. 31 Rz. 117; act. 43 Rz. 1; act. 57 Rz. 36 f.; act. 59 Rz. 27). Er
liess sich Allfällige VerantwortlichkeitsAnsprüche gegen die Beklagten nach Art. 260 SchKG abtreten (act. 1 Rz. 3, 8; act. 31 Rz. 124; act. 59 Rz. 28). Ferner reichte er Strafanzeige gegen die Beklagten wegen Verdachts insbesondere auf ungetreue Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung ein. Die StrafBehörden des Kantons E. führen ein entsprechendes Strafverfahren (act. 1 Rz. 2, 67; act. 29 Rz. 59; act. 31 Rz. 180; act. 43 Rz. 3).
Die C.
unterstand einer eingeschränkten Revision (act. 29 Rz. 21;
act. 43 Rz. 138; act. 57 Rz. 241; act. 59 Rz. 128).
Streitpunkte
Der Kläger stellt seinen Standpunkt zusammenfassend wie folgt dar (act. 43 Rz. 110 ff.): Erstens habe es den Ausschüttungsbeschluss über CHF 2'153'052.19 vom 14. Januar 2011 gar nicht gegeben (act. 43 Rz. 110, 387). Vielmehr sei dieser fingiert worden, was sich aus diversen Ungereimtheiten ergebe (act. 1 Rz. 46 ff.; act. 43 Rz. 10 ff., 37, 88 ff., 200, 367, 387, 400 ff., 415). Zweitens wäre dieser Beschluss, selbst wenn es ihn gegeben hätte, unrechtmässig (act. 43 Rz. 111, 387). Zum einen seien Nämlich die formellen Voraussetzungen für eine Dividendenausschüttung, namentlich diejenigen für die Ausschüttung ei- ner Interimsdividende, nicht erfüllt gewesen (act. 1 Rz. 42 ff.). Zum anderen seien bereits im Januar 2011 die materiellen Voraussetzungen für eine derartige Divi- dendenausschüttung nicht vorgelegen. Denn bereits dannzumal hätten Rückstellungen gebildet werden müssen, die eine überschuldung bewirkt und einer Ausschüttung entgegengestanden hätten (act. 43 Rz. 111, 360, 383). Drittens hätte dieser Beschluss, unabhängig davon, ob es ihn gab er rechtmässig war, im Juli 2012 nicht vollzogen werden dürfen. Denn spätestens nachdem Prof. Dr. J. am 9. Juli 2012 in einem Schreiben gewarnt habe, dass Rückstellungen in Höhe von 50% der voraussichtlichen Sanierungskosten zu bilden seien, hätten Rückstellungen gebildet werden müssen, die die überschuldung der C. bewirkt hätten (act. 43 Rz. 112). Nichtsdestotrotz hätten die Beklagten die Ausschüttung im Juli 2012 später effektiv vollzogen (act. 43 Rz. 53, 58, 375). Bei alle- dem habe die Beklagte 1 als formelles Organ und der Beklagte 2 als faktisches Organ mitgewirkt (act. 1 Rz. 9 ff.; act. 43 Rz. 96 ff.). Dadurch hätten sie die
C. im Betrag von CHF 2'153'052.19 geschädigt und sich aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit nach Art. 754 Abs. 1 OR haftbar gemacht (act. 1 Rz. 68).
Die Beklagten machen geltend, die streitgegenständliche Ausschüttung sei
gültig beschlossen worden. Namentlich habe die Alleinaktionürin I. am
14. Januar 2011 anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung beschlossen, einen Teil der Kapitalreserven an sich selbst auszuschätten (act. 29 Rz. 53, 90, 94, 97, 115; act. 31 Rz. 52 ff., 236, 293; act. 57 Rz. 34.1, 41, 45, 102,
133, 140, 144, 179, 330, 405 f., 409, 411, 413, 430, 448, 525, 542; act. 59
Rz. 197). Diese Kapitalreserven seien in Form eines Fusionsagios im Betrag von rund CHF 4.6 Mio. seit längerer Zeit vorhanden und soweit die allgemeine Reserve die Hälfte des Aktienkapitals überstieg frei verwendbar gewesen (act. 29 Rz. 53, 104; act. 31 Rz. 243; act. 59 Rz. 157, 222). Die Ausschüttung von CHF 2'132'052.13 sei teils als Sachdividende, indem die C. mehrere Darlehensforderungen zediert habe, und teils als Bardividende, die dem Kontokorrent der I. gutgeschrieben worden sei, erfolgt (act. 29 Rz. 104, 118, 125; act. 31 Rz. 55, 244, 247). Sie sei buchhalterisch transparent abgebildet und von der damaligen Revisionsstelle nicht beanstandet worden (act. 29 Rz. 54, 74, 112;
act. 31 Rz. 245).
Das Haftungsrisiko der C. für die Sanierungskosten sei aus Sicht der Beklagten zu relativieren gewesen, namentlich weil die Verjährung im Raum gestan- den habe (act. 29 Rz. 47, 68; act. 31 Rz. 44, 214). gestützt auf Abklärungen und den Rat beigezogener Experten und Berater habe der Verwaltungsrat die Eintrittswahrscheinlichkeit als marginal (act. 29 Rz. 49, 73; act. 59 Rz. 63, 240, 293),
sehr gering (act. 31 Rz. 215; act. 59 Rz. 43, 46, 60, 182, 240, 293), wesentlich unter 50% (act. 57 Rz. 159) bzw. unter 50% (act. 31 Rz. 226) eingeschätzt. Insbesondere sei Prof. Dr. O. in einem von der C. in Auftrag gegebenen und am 16. Januar 2012 erstatteten Gutachten zum Schluss gelangt, dass die Ansprüche des Klägers verjährt seien (act. 29 Rz. 75, 151; act. 31 Rz. 218;
act. 59 Rz. 58, 60, 62). Sodann habe Prof. Dr. J. zumindest bis im Juli 2012 die Ansicht vertreten, dass keine Rückstellungen gebildet werden Müssten (act. 29 Rz. 76, 84; act. 59 Rz. 23). In seinem Schreiben vom 9. Juli 2012 habe er
diese Einschätzung zwar relativiert und vertreten, dass man sich möglicherweise im Grenzbereich von 50:50 bewege (act. 29 Rz. 87, 148; act. 31 Rz. 74 f.; act. 57 Rz. 48). Allerdings habe er als Rechnungslegungsexperte die Eintrittswahrscheinlichkeit nicht besser einSchätzen können als die Umweltrechtsexpertin Prof. Dr.
O.
(act. 29 Rz. 85, 148; act. 31 Rz. 232; act. 57 Rz. 248; act. 59 Rz. 58,
200). Zudem habe er seine Ausführungen später wiederum relativiert, d.h. die
Chancen der C.
wieder besser eingeschätzt, namentlich in einem Memorandum vom 15. Juni 2015 (act. 29 Rz. 88, 149; act. 31 Rz. 103 ff., 219; act. 59
Rz. 24, 61, 192, 199). Letztlich sei der Verwaltungsrat der Einschätzung von Prof. Dr. O. gefolgt (act. 29 Rz. 90 f.). Auf diese habe er vertrauen dürfen (act. 57 Rz. 251, 253, 291, 374, 376, 447; act. 59 Rz. 79 ff., 293). Erst nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 29. Juli 2019 sei klar gewesen, dass die Forderung des Klägers nicht verjährt war (act. 29 Rz. 52, 134, 153; act. 31 Rz. 283; act. 59
Rz. 46).
Insbesondere im Zeitpunkt der Generalversammlung vom 14. Januar 2011 sei der Verwaltungsrat überzeugt gewesen, dass die Forderung des Klägers verjährt sei (act. 59 Rz. 211). Aber auch im Jahr 2012 sei nicht absehbar gewesen, dass die
C.
die Sanierungskosten tragen müsse (act. 29 Rz. 57, 127). Dem Vorsichtsprinzip entsprechend seien trotzdem erstmals per 31. Dezember 2011 für das Restrisiko bzw. die Rechts- und Abwehrkosten Rückstellungen gebildet wor- den (act. 29 Rz. 77, 93, 137; act. 59 Rz. 63). Die damalige Revisionsstelle habe
die Jahresrechnungen 2010, 2011 und 2012 ohne Einschränkungen testiert
(act. 29 Rz. 78; act. 31 Rz. 224). Für das Geschäftsjahr 2015 habe die neue Revisionsstelle die Rückstellungen gepröft und nach Konsultation der Prozessanwältin Dr. P. , die die Gewinnchancen mit mindestens 50% beziffert habe, für gut befunden (act. 29 Rz. 50 f.; act. 57 Rz. 378; act. 59 Rz. 128). Zusammengefasst sei der Verwaltungsrat angesichts der einschlägigen Lehre und der ange- nommenen Eintrittswahrscheinlichkeit in den wesentlichen Zeitpunkten nicht zur Bildung einer Rückstellung verpflichtet gewesen und habe damit auch keine überschuldung vorgelegen (act. 57 Rz. 277, 558; act. 59 Rz. 274 ff., insb. 285,
292).
darüber hinaus bestreitet der Beklagte 2 seine Passivlegitimation. Namentlich macht er geltend, während des fraglichen Zeitraums nicht faktisches Organ der C. gewesen zu sein (insb. act. 31 Rz. 131 ff.; act. 57 Rz. 462 ff.).
Auf diese und weitere Vorbringen ist im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen einzugehen, soweit es für die Entscheidfindung erforderlich ist.
Umstände rund um die behaupteten Ansprüche des Klägers, die Ausschüttung und die Rolle des Beklagten 2 im Einzelnen
Am 31. Oktober 2007 beschloss der Verwaltungsrat der C.
Massnahmen im Bereich Organisation. Demnach wurde beschlossen, dass der Beklagte 2 im Auftragsverhältnis für die Geschäftsleitung per tt.mm.2007 übernimmt, wobei er im Rahmen dieses Auftrags für bestimmte, aufgezählte Themen Ansprechperson und für die Koordination der anstehenden Arbeiten zuständig sei. Namentlich wurden als solche Themen Immobilienprojekte und der Verkauf von M. -maschinen aufgefährt, aber auch das führen der Finanzabteilung und Vertretung der C. AG (nachfolgend C. ) in finanziellen Angelegenheiten, wozu insbesondere monatliches Reporting zu Handen des Verwaltungsrates sowie das Erstellen von sofern notwendig Quartals- und Jahresabschlüssen gehören sollte. Sodann Gehörte zu den Aufgaben des Beklagten 2, den Verwaltungsrat zeitnah bzw. periodisch über laufende Aktivitäten zu informieren und wesentliche Entscheide für den Verwaltungsrat vor zu bereiten. Ferner war vorgesehen, dass der Beklagte 2 bei Bedarf Fachleute beiziehen konnte und dass Kostenbeschlüsse von über CHF 20'000 pro Monat dem Verwaltungsrat vorbe-
halten waren. Damit B.
diese Funktion und Verantwortung wahrnehmen
kann wurde ihm Kollektivzeichnungsberechtigung zu zweien Gewährt, wie auch [i]m Rahmen seiner Stellvertretung und damit operative Entscheide effizient getroffen werden können seinem Bruder Q. . Dies ist unbestritten (act. 57 Rz. 201 f.).
In einem vom November 2007 datierenden, mit Organigramm C. AG übertitelten Dokument wird der Beklagte 2 als alleiniger, (nur) dem Verwaltungsrat unterstellter und zwei Projektleitern, unter anderem einem R. ,
übergeordneter Geschäftsführer aufgefährt. Als Stellvertreter wird sein Bruder Q. bezeichnet (act. 43 Rz. 103; act. 57 Rz. 199). Dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus dem entsprechenden Dokument (act. 46/36 4.1.1 050).
In vom Oktober 2007 bzw. Februar 2008 datierenden Vollmachtsformula-
ren betreffend Geschäftsbeziehungen der C.
mit der S.
[Bank] und
der T. [Bank] wird der Beklagte 2 als CFO bzw. als Geschäftsführer bezeichnet. Dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus den entsprechenden Formularen (act. 43 Rz. 104a, 104b; act. 57 Rz. 203; act. 46/53-54).
Spätestens ab 2008 wurden die M. -schlammablagerungen vom
Verwaltungsrat der C.
thematisiert (act. 1 Rz. 21; act. 31 Rz. 44; act. 43
Rz. 5, 27, 187, 190; act. 57 Rz. 43, 78). Namentlich wurden Ausmass, Dringlichkeit und Höhe sowie Tragung der Kosten besprochen (act. 43 Rz. 27 f.; act. 57 Rz. 78; act. 59 Rz. 41 f.; act. 46/37 Nr. 146). Dass eine Allfällige Sanierung hohe Kosten verursachen würde, war den Beklagten bekannt, auch wenn die Kosten-
tragungspflicht der C.
unsicher gewesen sein mag (act. 1 Rz. 21; act. 29
Rz. 68; act. 31 Rz. 212; act. 43 Rz. 27, 187). Namentlich lag eine Kostenschält-
zung der U.
AG über CHF 20 Mio. vor (act. 1 Rz. 21; act. 31 Rz. 213;
act. 43 Rz. 27, 187, 309). Ebenso war bekannt, dass der Kläger versucht sein würde, diese Kosten zumindest teilweise auf die C. zu überwälzen (act. 29 Rz. 73). All dies ist unbestritten.
Mit Datum 11. März 2008 verfasste die H.
ein Papier Pendenzen
AG. Unter dem Titel M. -schlamm im N. stehen fol-
gende Passagen (act. 31 Rz. 41 f.; act. 43 Rz. 187 ff.; act. 3/13 Folie 4):
Gemäss Protokoll vom 26. Oktober 2007 von U. hat es im N. auf 20'000 m2 M. -schlammablagerungen: Die U. wurde vom V. aufgefordert einen offiziellen Bericht einzureichen
Die Entsorgungskosten belaufen sich aufgrund einer ersten Schätzung seitens U. auf CHF 20 Mio. [...]
Historische Untersuchung
Verjährungsfrage (allenfalls 10 Jahre; umstritten)
Bewusstsein der damaligen Zeit eruieren
Frühere Grenzwerte
Rechtliche Abklärung der finanziellen Auswirkungen
Bildung Allfälliger Rückstellungen in abhängigkeit des Risikos, dass C. haftbar ist (bei welcher Summe ist das Risiko einer Haftung höher als 50%)
Am 10. April 2008 fand eine Verwaltungsratssitzung der C. statt, an welcher neben der Beklagten 1 und ihrem Ehemann auch der Beklagte 2 teilnahm (act. 1 Rz. 21; act. 29 Rz. 47, 68; act. 31 Rz. 43 f., 214; act. 43 Rz. 27; act. 3/14
S. 1). Dabei wurde im Protokoll Folgendes festgehalten (act. 3/14 S. 3):
Am 25. April 2008 wird ein Treffen mit dem V. zum Thema M. -schlamm stattfin- den. Das betragsmässige Risiko ist enorm, wobei das Risiko eines Eintreffens zu relativieren ist. Es bestehen verschiedene Bewilligungen und andere Dokumente, die noch zu prüfen sind.
Ende August 2009 erstellte der Beklagte 2 eine präsentation W. /
C. /I. / L. Provisorische Ausgangslage und weiteres Vorgehen
für eine Verwaltungsratssitzung der C. , der I.
und der L.
zusammen mit der Beklagten 1 und ihrem Ehemann (act. 43 Rz. 30; act. 57 Rz. 82; act. 46/39). Die präsentation diente gemäss Titelfolie als Grundlage für das Protokoll ebendieser Verwaltungsratssitzung, wobei der Dateiname diese auf den
August 2009 terminiert (act. 43 Rz. 30; act. 46/39 S. 1). Darin finden sich folgende Passagen (act. 43 Rz. 30; act. 57 Rz. 82; act. 59 Rz. 45; act. 46/39 Folien 4, 7 f.):
? Altlasten See: zunehmender Druck zur Kostenübernahme durch die C. (Mändliche Aussagen U. bzw. V. [...]
C. : Nicht ohne weiteres ausschüttbar, Frage der Rückstellung für Altlastensa- nierung See. [...]
Entreicherung C. : Angesichts der drohenden Auflagen und Forderungen seitens des V. ist - ungeachtet der Variantenwahl - die C. im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu entreichern indem Anlagevermögen (z.B. Darlehen
..., W. -strasse 1/2, AA. -strasse ...) an Dritte nahestehende Gesellschaften veräussert wird Leistungen (z.B. liegenschaftenvermittlung) von nahestehenden Gesellschaften an die C. erbracht werden.
Am 14. September 2009 fand eine Verwaltungsratssitzung der C. , der I. und der L. statt, an der die Beklagte 1, ihr Ehemann und der Beklagte 2 als SekreTür des Verwaltungsrats teilnahmen (act. 43 Rz. 31; act. 57 Rz. 84; act. 46/56 S. 1). Die H. bzw. der Beklagte 2 hatte eine präsentation
C. /I. /AB. /AC.
etc. präsentation zur VR-Sitzungen vom
September 2009 vorbereitet, welche anlässlich der Sitzung behandelt und dem Protokoll beigelegt wurde (act. 43 Rz. 31; act. 57 Rz. 84, 86; act. 46/40; act. 46/56). Darin finden sich folgende Passagen (act. 43 Rz. 31, 107; act. 46/40 Folien 5, 10):
? Pro memoria: die überlegungen zur gründung der I. und AB. waren:
Altlastenproblematik
? [...]
AA. -strasse ...: Bei einem Verkauf an Dritte zum Preis von CHF 10 Mio. verbleibt auf der Ebene C. nach Steuern rund CHF 8 Mio. Nach Ausschüttung als Dividende ins Privatvermögen des Ehepaars A. AF. verbleibt rund CHF 6.3 Mio. (evtl. Schwierigkeiten betreffende Ausschüttung infolge der Altlastenproblematik).
dende in Privatvermögen des Ehepaars A.
AF.
verbleibt rund
Im Protokoll wurde zudem Folgendes festgehalten (act. 43 Rz. 104f; act. 57 Rz. 86, 208; act. 46/56 S. 2 f.):
[...] der Verwaltungsrat [...] beschlossen hat, das Areal [...] zu verkaufen.
B. von der H. AG wird mit der Koordination und dem Verkauf des Areals in AD. samt Projekt beauftragt. [...]
[...] hat sich der Verwaltungsrat entschlossen, die liegenschaft [...] zu verkaufen.
B. von der H. AG wird mit der Koordination und dem Verkauf der liegenschaft beauftragt. [...]
Als Beilage liegt diesem Protokoll die Stellungnahme von Herrn RA Prof. Dr. J. (Aktennotiz über die A. -Gesellschaften Bezug zur M. -schlammablagerung im See; Frage der Kosten einer Allfälligen Altlastensanierung vom 16. September 2009) vor.
[Gewährung der Berechtigung, Vermittlungsgebühren an Dritte zu bezahlen.]
B. wird mit dem Verkauf der Immobilien beauftragt und hat sämtliche Kompetenzen die liegenschaften zum bestmöglichen Verkauf vorzubereiten. B. darf [...] auch Dritte beauftragen, die ihn beim Abschluss Unterstützen.
Für den Verkauf der liegenschaften in AD.
und Zürich ist B.
von der
AG berechtigt neben den direkten Kosten eine Verkaufsprovision zu verrech- nen. [...] Mit der Verkaufsprovision werden folgende Leistungen abgegolten:
Erstellung einer sauberen Verkaufsdokumentation
Entwurf und Disposition von Inseraten
Bearbeiten von schriftlichen und telefonischen Anfragen
Besichtigung mit Interessenten
führen von Verkaufsverhandlungen [...]
Erstellen einer Reservationsvereinbarung
Mitarbeit bei der Ausarbeitung des Kaufbzw. Kaufrechtsvertrages
Instruktion der Notare
Organisation der Beurkundung
übergabe des Objektes zusammen mit einem Vertreter der Auftraggeber, bzw. des Auftraggebers
Der Verwaltungsrat bewilligt vom Bruttoverkaufspreis eine Verkaufsprovision zu Gunsten von B. H. AG
Die laufenden AuftRüge von H. AG (Verwaltung LS 65, Verwaltung C. , etc.) werden durch den Verkaufsauftrag nicht tangiert.
In einer vom 22. Mai 2010 datierenden Honorarrechnung fakturierte die H. unter dem Titel Arbeiten i.S. Buchhaltung und Geschäftsführung insbesondere die Anpassung des Liquiditätsplans, die überwachung von Debitoren, Kreditoren und des Zahlungsverkehrs, die Verbuchung des Geschäftsverkehrs, die Lohnverarbeitung, die Fertigstellung des Jahresabschlusses 2009 und dessen Vorbereitung zur Revision, die monatliche Rapportierung der Aktivitäten in Sachen Verkauf und Geschäftsverlauf sowie Arbeiten betreffend spezifische Projekte. Ferner fakturierte die H. unter dem Titel M. -schlamm Altlastenproblematik das Aufgleisen von Abwehrszenarien, Weitere Prüfungsarbeiten von Abwehrszenarien und deren Auswirkungen Skizzieren (Rückgängig machen Fusion, Sitzverlegung, Ausschüttung von Reserven, Verjährung etc.), sowie diesbezügliche Korrespondenz, Telefonate und Besprechungen (act. 49 Rz. 4a, 15a; act. 57 Rz. 628 ff., 651 ff.; act. 59 Rz. 257, 267). All dies wird nicht substantiiert bestritten und ergibt sich im übrigen auch aus der Honorarrechnung (act. 50/65).
Am 30. Juni 2010 schickte der Beklagte 2 einen Telefax an die Beklagte 1 und ihren Ehemann (act. 43 Rz. 33; act. 57 Rz. 89). Darin finden sich folgende Passagen (act. 43 Rz. 33; act. 57 Rz. 89; act. 46/41 S. 2 f.):
Herr AE. [Vertreter der potentiellen Käuferin eines Grundstücks der C. ] ist damit einverstanden, dass die weiteren Zahlungen [...], Gewinnanteil Verkauf Wohnungen und Provisionierung der VerKäufe an eine andere Gesellschaft als die C. gezahlt wird, so dass
dieser Teil nicht von der Altlastenproblematik 'M. -schlamm' in Mitleidenschaft gezogen werden kann.
[...] Deshalb empfehle ich Euch, dieses [Immobilienkaufangebot] zu akzeptieren [...]
Sofern Ihr Einverstanden seid, soll zu Beginn der kommenden Woche die AbsichtsErklärung unterzeichnet werden. [...]
In einer vom 12. August 2010 datierenden Honorarrechnung fakturierte die H. unter dem Titel Arbeiten i.S. Buchhaltung und Geschäftsführung insbesondere die Anpassung des Liquiditätsplans, die überwachung von Debitoren, Kreditoren und des Zahlungsverkehrs, die Verbuchung des Geschäftsverkehrs, die Lohnverarbeitung, die Fertigstellung des Jahresabschlusses 2009 und dessen Vorbereitung zur Revision inklusive Erarbeiten der Finanzierung sowie der RangRücktritte, die Rapportierung der Aktivitäten in Sachen Verkauf, ein Austrittsgespräch sowie Arbeiten betreffend spezifische Projekte. Ferner fakturierte die H. unter dem Titel M. -schlamm Altlastenproblematik insbesondere die Vertiefung der Abwehrszenarien (Rückgängig machen Fusion, Sitzverlegung, Ausschüttung von Reserven, Verjährung etc.) sowie diesbezügliche Korrespon- denz, Telefonate und Besprechungen (act. 49 Rz. 4b, 15b; act. 57 Rz. 628 ff., 651 ff.; act. 59 Rz. 257, 267). All dies wird nicht substantiiert bestritten und ergibt sich im übrigen auch aus der Honorarrechnung (act. 50/66).
In einem vom 31. August 2010 datierenden Schreiben der H. an eine am Kauf eines Gesellschaftsgrundstücks interessierte Partei, stammend unter
anderem vom Beklagten 2, wird ausgefährt, die H.
sei von der C.
seit Jahren mit der Geschäftsführung betraut (act. 43 Rz. 104d; act. 57 Rz. 205). Dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus dem Schreiben (act. 46/55).
Die Jahresrechnung 2010 der C.
(Revisionsbericht datierend vom
10. November 2011) wies per 31. Dezember 2010 ein Eigenkapital von CHF 3'437'052.19 aus, welches sich wie folgt zusammensetzte (act. 31 Rz. 45; act. 43 Rz. 76; act. 30/2; act. 32/2):
Im Geschäftsjahr 2010 hatte die C. das von ihr gehaltene Fabrikareal ver- äussert, was eine Erhöhung des Eigenkapitals um rund CHF 3.4 Mio. im Vergleich zum Vorjahr bewirkt hatte (act. 29 Rz. 41; act. 31 Rz. 45).
Am 13. Januar 2011 fand eine Verwaltungsratssitzung und Generalversammlung der M. -fabrik-Gesellschaften statt, an der neben der Beklagten 1 und ihrem Ehemann auch der Beklagte 2 sowie Prof. Dr. J. teilnahmen (act. 43 Rz. 35; act. 57 Rz. 53, 92, 99). Die H. hatte eine präsentation VR-Sitzung / GV der M. -fabrik-Gesellschaften vorbereitet, welche anlässlich der Sitzung vom Beklagten 2 präsentiert wurde und die Traktanden bildete (act. 57 Rz. 92; act. 46/42). Darin finden sich folgende Passagen (act. 43 Rz. 34, 104e; act. 57 Rz. 93 ff., 207; act. 59 Rz. 50 f.; act. 46/42 Folie 4):
Aufgrund der stillgelegten Betriebstätigkeit ist zu erwägen, die ausschüttbaren Reserven der C. auszuschätten;
Mit Blick auf eine steueroptimale Handhabung sollte diese Ausschüttung nicht an den jetzigen Aktionür erfolgen (Einkommenssteuer), sondern an eine von ihm gehaltene Gesellschaft. [...]
Vor diesem Hintergrund ist der Verkauf der C. zu Nennwert an die AB. zu erwägen. [...] Die Ausschüttung kann auch in Form einer Naturaldividende (folgen.
Mit Blick auf die Thematik rund um die Schlammablagerung im See und dem latenten Anspruchsforderungen seitens des V. bzw. des Kantons wird von einem unabhängigen Rechtsexperten ein Gutachten verfasst wonach die erwähnte Thematik verjährt ist und die Ausschüttung vollzogen werden kann. Dieses Gutachten sollte Mitte Februar 2011 vorliegen;
Aufgrund der sich ändernden Funktionen der Gesellschaften kann eine Anpassung der Organe erfolgen: Austritt B. und Q. als Geschäftsführer aus der C. , Austritt von B. und J. aus dem Verwaltungsrat der I. . Verbleib von B. und J. im VR bzw. in der Geschäftsleitung der L. zwecks Ausübung des Dekontaminationsauftrages.
Anlässlich dieser Sitzung wurde mit Blick auf die M. -schlammablagerungen beschlossen, ein Rechtsgutachten einzuholen, wonach dieses Thema verjährt sei (act. 59 Rz. 51). Dementsprechend wurde Prof. Dr. O. mit der Ausarbeitung eines Gutachtens zur Verjährung der Kostenhaftung bei der Sanierung von Altlasten beauftragt (act. 29 Rz. 48; act. 57 Rz. 46; act. 59 Rz. 60, 94, 293). Prof. Dr. O. hatte bereits in mehreren Publikationen vertreten, dass die fragliche Haftung der Verjährung unterliege, mithin den von der C. eingenommenen Standpunkt vertreten (act. 43 Rz. 85a, 86; act. 57 Rz. 176 f.; act. 59 Rz. 60, 97, 243). All dies ist unbestritten.
Am 14. Januar 2011 fand gemäss (bestrittener) Darstellung des Beklagten 2 zunächst eine ausserordentliche Generalversammlung der I. statt, an der die Beklagte 1 und ihr Ehemann, nicht aber die übrigen Verwaltungsratsmitglieder der I. teilnahmen (act. 31 Rz. 47 f.). Es existiert ein diesbezügliches Protokoll, in dem zunächst festgestellt wird, das Ehepaar A. AF. sei
Eigentümer des gesamten Aktienkapitals der C. , der L.
und der
I. . Sodann wird festgehalten, die Beklagte 1 beantrage, die Beteiligungsrechte der C. Rückwirkend per 1. Januar 2011 in die I. einzubringen.
Schliesslich wird festgestellt, dieser Antrag sei angenommen worden (act. 31 Rz. 51; act. 32/3).
Nachfolgend fand gemäss (bestrittener) Darstellung der Beklagten eine ausseror- dentliche Generalversammlung der C. , ebenfalls unter Teilnahme nur der Beklagten 1 und ihres Ehemanns, statt (act. 29 Rz. 97 f., 104; act. 31 Rz. 52 ff.). Es existiert ein diesbezügliches Protokoll, in dem unter dem Titel 2. Verwendung von Reserven Folgendes steht (act. 29 Rz. 104; act. 31 Rz. 55, 243 f., 247; act. 3/4):
Der Vorsitzende beantragt, dass die Reserven der C. AG per sofort wie folgt verwen- det werden:
Es wird beantragt, dass der Saldo des Kontos Gewinnvortrages (Saldo frei Verfügbare Reserven) im Betrage von CHF 2'153'052.19 vollumfänglich ausgeschättet werden soll.
Die Ausschüttung soll mittels Zession der folgenden Forderungen erfolgen:
Darlehen Dr. AF.
CHF 1'543'026.68
Darlehen A. (...) CHF 215'392.39
Darlehen Dr. AF. AG CHF 11'001.13
Darlehen Dr. AF. AG CHF 11'814.96
Darlehen AG. AG CHF 38'937.40
Darlehen AC. AG CHF 6'583.95
Der Restbetrag von CHF 326'295.68 wird dem Kontokorrent der I. AG gutgeschrieben. Dieser Antrag wird in offener Abstimmung einstimmig angenommen.
Die genannten Darlehensforderungen waren grossmehrheitlich solche gegenüber der Beklagten 1 und ihrem Ehemann und anerkanntermassen (auch) im übrigen solche gegenüber nahestehenden Personen (act. 1 Rz. 37; act. 29 Rz. 125;
act. 43 Rz. 59a, 201, 376, 385, 406; act. 57 Rz. 412, 535; act. 59 Rz. 306, 312).
Das Protokoll wurde anerkanntermassen erst nachträglich erstellt, und zwar am
22. August 2012. Dies erfolgte durch die H. aufgrund der Informationen, die der Beklagte 2 von der Beklagten 1 und ihrem Ehemann erhalten habe (act. 43 Rz. 379a f.; act. 57 Rz. 414, 425). Dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen aus den Dateieigenschaften, die zwei Mitarbeitende der H. als bearbeitende Personen benennen (act. 46/47). Unterzeichnet wurde es am 20. November 2012 vom Ehemann der Beklagten 1 als Präsident sowie von der Beklagten 1 als Vize- Präsidentin des Verwaltungsrats sowie als Protokollführerin (act. 1 Rz. 40, 48; act. 29 Rz. 100, 117; act. 43 Rz. 380, 401; act. 57 Rz. 414, 425). Auch dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen aus dem Protokoll (act. 3/4 S. 3).
Am 16. Januar 2012 erstattete Prof. Dr. O. ihr Gutachten. Darin kam sie im Wesentlichen zum Schluss, dass der vom Kläger gegen die C. geltend gemachte Anspruch der Verjährung unterliege. Dies hätte bedeutet, dass der konkrete Anspruch verjährt gewesen wäre (act. 29 Rz. 29, 48, 75; act. 31
Rz. 58 f.; act. 57 Rz. 382; act. 59 Rz. 58, 88 ff., 293). In seinem Urteil vom 29. Juli 2019 (vorne E. 2. 5) nahm das Bundesgericht auf dieses Gutachten Bezug. Im Hinblick auf den Einwand der C. , sie habe aufgrund eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens von O. vom 16. Januar 2012, wonach Verjährung bzw. Verwirkung angenommen werden könne, die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Zahlungspflicht auf nur 25 % eingeschätzt, erwog es Folgendes: Der Kläger vertrat jedoch schon damals die (zutreffende) gegenteilige Rechtsauffassung und konnte sich hierfür auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur analogen Rechtslage im Bereich des Gewässerschutzrechts stätzen [...], weshalb die Beschwerdeführerin nicht auf die Richtigkeit des von ihr in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens vertrauen durfte (act. 43 Rz. 78 f., 144, 204, 314; act. 57
Rz. 347; act. 59 Rz. 82; act. 3/7 E. 3.3).
Zwischen September 2011 und 5. Juli 2012 fanden drei Round Tables
zwischen unter anderem dem Kläger und der C.
statt, an denen seitens
Letzterer namentlich der Beklagte 2 teilnahm (act. 29 Rz. 43; act. 31 Rz. 57, 60;
act. 43 Rz. 38, 104g; act. 57 Rz. 210). Insbesondere fand am 5. Juli 2012 ein
Round Table statt, an dem seitens der C.
der Beklagte 2 und Prof. Dr.
J.
teilnahmen (act. 31 Rz. 67; act. 43 Rz. 7, 38). Der Kläger machte gel-
tend, die C. könne und müsse ins Recht gefasst werden, und wies das Ver-
jährungsargument zurück, während die C.
ihre Haftung bestritt (act. 31
Rz. 64; act. 43 Rz. 39). Das diesbezügliche Protokoll hält zum weiteren Vorgehen
fest, der Entscheid über die Art der Mitwirkung der C.
solle durch deren
Verwaltungsrat gefällt werden (act. 31 Rz. 66). Sodann verzeichnet es eine Bemerkung des Beklagten 2 vom 17. Juli 2012, wonach er festhielt, weder im Verwaltungsrat noch in der Geschäftsleitung der C. zu sein. Die H. ver-
trete vielmehr die Interessen der C.
im Rahmen eines Treuhandmandats
und habe diesbezüglich stark beschränkte und abgegrenzte Kompetenzen (act. 31 Rz. 68; act. 43 Rz. 208). All dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus den entsprechenden Protokollen (act. 30/8; act. 32/5; act. 43/38 4.3.1 084 ff.).
Eine neuerliche Kostenschätzung durch die AH. AG bezifferte die voraussichtlichen Sanierungskosten auf CHF 8'250'000 bzw. inkl. MWST. CHF 8'910'000. Dies wurde der C. am 5. Juli 2012 eröffnet (act. 1 Rz. 22;
act. 31 Rz. 63, 217; act. 43 Rz. 40, 67, 309). Dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus der betreffenden Richtofferte (act. 3/15).
Am 9. Juli 2012 sandte Prof. Dr. J.
ein Schreiben an den Beklag-
ten 2. Darin führte er insbesondere Folgendes aus:
Aufgrund des Gutachtens von Frau O. dürfen wir davon ausgehen, dass die Chancen, dass ein Gericht von der Verjährung ausgeht, intakt sind. Meine Meinung war, dass die Chancen, dass die Verjährung angenommen wird, Grösser sind, als die Chancen, dass die Verjährung verneint wird. Nach der 50% Regel, wie sie im IFRS vorgeschrieben ist, würde das dazu führen, dass eine Rückstellung nicht nötig wäre. Aber: gegenüber dieser Früheren Einschätzung wissen wir heute mehr.
Sodann wies er auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts hin, wonach auch bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von unter 50% und namentlich im Grenzbereich 50:50 eine Pflicht zur Bildung einer (anteiligen) Rückstellung greifen könne. In der Folge führte er aus:
Aufgrund des Gutachtens von Frau O. gehe ich davon aus, dass die Chance, dass die Verjährung angenommen wird, gleich gross ist, wie das Risiko, dass dies nicht der Fall ist. Aus diesem Grund scheint mir gestützt auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Rückstellung im Umfang von 50% der mutmasslichen Sanierungskosten pflichtgemäss.
Er kam entsprechend zum Schluss, dass bis zum Abschluss des Kostenauflageverfahrens keine Ausschüttungen an Aktionüre mehr möglich seien (zum Ganzen act. 1 Rz. 29; act. 29 Rz. 83 ff.; act. 31 Rz. 70 ff.; act. 43 Rz. 7, 41 ff., 55e, 87,
129, 213, 324, 338, 350, 440). All dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus dem Schreiben (act. 3/22).
Am 10. Juli 2012 fand eine Verwaltungsratssitzung der C.
und der
I. statt, an der die Beklagte 1, ihr Ehemann und der Beklagte 2 teilnahmen, wobei der Beklagte 2 im entsprechenden Protokoll als Protokollführer bezeichnet wird (act. 1 Rz. 31; act. 29 Rz. 103; act. 31 Rz. 77; act. 43 Rz. 45, 95b; act. 57 Rz. 190; act. 3/23 S. 1). Das Protokoll hält fest, die Beklagte 1 und ihr Ehemann hätten den Beklagten 2 über die am 14. Januar 2011 gefassten Beschlüsse informiert. Sodann habe der Verwaltungsrat die H. bzw. den Beklagten 2 beauftragt, die Ausschüttung steuerlich zu deklarieren und in der Buchhaltung abzubilden, d.h. die Jahresrechnungen dahingehend zu korrigieren. Der Beklagte 2 habe auf Allfällige Risiken hingewiesen, das Vorgehen gerägt und auf das Schreiben von Prof. Dr. J. vom Vortag hingewiesen. Die Beklagte 1 und ihr Ehemann hätten mit Verweis auf den Beschluss vom Vorjahr an diesem Vorgehen festgehalten (zum Ganzen act. 1 Rz. 31 f.; act. 29 Rz. 103, 119; act. 31 Rz. 79 ff., 238 f.; act. 43 Rz. 46, 52). Die ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus dem entsprechenden Protokoll (act. 3/23 S. 3).
Vom 24. August 2012 datieren Buchhaltungsauszüge der C. betreffend Buchungen Reservenausschüttung per 14.01.2011, die eine Ausschüttung
Reserven C.
AG von CHF 2'153'052.19 zulasten des Passivkontos Gewinn/Verlust-Vortrag per 14. Januar 2011 dokumentieren (act. 1 Rz. 36, 38, 79; act. 49 Rz. 8a; act. 3/25). Die Beklagten anerkennen denn auch, dass die Ausschüttung über CHF 2'153'052.19 und insbesondere der Darlehensforderungen verbucht wurde (act. 31 Rz. 86; act. 59 Rz. 312), und zwar nach dem 10. Juli
2012 (act. 57 Rz. 134, 146). Spiegelbildliche Buchhaltungsauszüge betreffend Buchungen Reservenausschüttung per 14.01.2011 finden sich bei der I. (act. 49 Rz. 8a; act. 50/70).
In der Jahresrechnung 2011 der C.
mit Revisionsbericht datierend
vom 22. Oktober 2012 wurden per 31. Dezember 2011 auf der Passivseite der Bilanz die Buchungen gemäss dem streitgegenständlichen Ausschüttungsbeschluss (namentlich: Umbuchung Fusionsagio auf Gewinnvortrag und Reservenausschüttung von CHF 2'153'052.19) verzeichnet. Sodann wurden auf der Aktivseite der Bilanz keine Darlehensforderungen gegenüber Aktionüren (per 31. Dezember 2010 noch CHF 1'756'977.90) gegenüber Nahestehenden (per
31. Dezember 2010 noch CHF 71'372.62) mehr ausgewiesen (act. 1 Rz. 36, 38;
act. 29 Rz. 104; act. 31 Rz. 86; act. 43 Rz. 95d; act. 76 Rz. 21; act. 3/24; act. 30/3; act. 32/7). Spiegelbildlich wurden in der Jahresrechnung 2011 der I. (Revisionsbericht datierend vom 21. Dezember 2012) in der Erfolgsrech- nung ein Beteiligungsertrag von CHF 2'153'052.19 und auf der Aktivseite der Bilanz diverse Darlehen insbesondere gegenüber den Schuldnern der ausgeschätteten Darlehensforderungen jeweils in diese ausgeschätteten Forderungen übersteigenden BetRügen ausgewiesen (act. 29 Rz. 104; act. 31 Rz. 90, 265; act. 30/26 und 32/9). Diese Aktivposten enthielten die ausgeschätteten Darlehensforderungen (act. 31 Rz. 90). Dies zeigen die Buchhaltungsauszüge der I. datierend vom 26. September 2012. Denn darin ist die Erhöhung der besagten Aktivposten jeweils im Betrag der ausgeschätteten Forderung verzeichnet (act. 49 Rz. 8a; act. 50/70). Der Beklagte 2 macht denn auch geltend, dass die Ausschüttung in der Jahresrechnung der I. per 31. Dezember 2011 korrekt als Beteiligungsertrag [...] und die ausgeschätteten Forderungen als Aktiven der I. verbucht bzw. dass ein Beteiligungsertrag von CHF 2'153'052.19 und die entsprechenden Aktiven aus der Bar- und Sachdividende ausgewiesen worden seien (act. 31 Rz. 90, 265). Ebenso antwortete der Beklagte 2 anlässlich ei- ner Einvernahme im Strafverfahren auf die Frage, ob die Dividenden wie beschlossen ausgeschättet, d.h. die Forderungen und die CHF 326'295.68 gutgeschrieben worden seien, mit Ja, hat man umgesetzt (act. 43 Rz. 53; act. 46/37 Fragen Nr. 165). Schliesslich deklarieren die SteuerErklärungen der Beklagten 1 und ihres Ehemanns für das Jahr 2010 Darlehensschulden gegenüber der C. von CHF 1'543'027 und CHF 215'392 aber keine gegenüber der I.
und für das Jahr 2011 keine Darlehensschulden gegenüber der C.
aber
solche gegenüber der I.
von CHF 1'752'889 und CHF 220'799 (act. 76
Rz. 22; act. 77/84 S. 9; act. 77/85 S. 10).
In vom 14. April 2014, 5. Juni 2014 und 19. Juni 2014 datierenden Honorarrechnungen fakturierte die H. unter dem Titel Arbeiten i.S. Buchhaltung, Geschäftsführung und Administration insbesondere die Anpassung des Liquiditätsplans, die überwachung von Debitoren, Kreditoren und des Zahlungsverkehrs, die Verbuchung des Geschäftsverkehrs, tätigkeiten im Bereich Steuern, das Erstellen des Jahresabschlusses 2012, die Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Revision, die Ausarbeitung einer Kapital- und Geldflussrechnung, die [w]iederkehrende Unterstätzung bei den entsprechenden Verwaltungsratssitzungen und Vorbereitung von teilweisen Entscheidungsgrundlagen und Protokoll auf Diktat im Auftrag des Verwaltungsrates für einen Teil der VR-Sitzungen und Ge- neralversammlungen schreiben (act. 49 Rz. 15b; act. 57 Rz. 656 f.). All dies ist unbestritten und ergibt sich im übrigen auch aus den Rechnungen (act. 50/75- 77).
Vom 15. Juni 2015 datiert ein von Prof. Dr. J. stammendes internes Memorandum. Darin führt er Folgendes aus (act. 29 Rz. 88; act. 31 Rz. 104 f., 219; act. 43 Rz. 345; act. 30/25; act. 32/15):
gestützt auf das Gutachten von Frau Prof. O. könnten wir uns auf den Standpunkt stellen, dass die Chancen eines Obsiegens über 50% liegen, und dass somit keine Rückstellung zu bilden sei. Dies entspricht der Anwendung der IFRS-Regeln, deren Anwendung auch für das Obligationenrecht vertreten wird. Das Bundesgericht hat aber in mehreren Entschei- den festgehalten, dass bei einer Eintretenswahrscheinlichkeit von knapp unter 50% proporti-
onale Rückstellungen zu bilden sind, also bei einer Eintretenswahrscheinlichkeit von 45% ei- ne Rückstellung von 45% der Kosten. Weiter ist festzuhalten, dass eine Rückstellung erst dann gebildet werden muss, wenn die Kosten einigermassen verlüsslich geschätzt werden können, was im jetzigen Zeitpunkt nicht der Fall ist.
Wenn wir vorsichtig sein wollen, müssen wir auch bei einer Eintretenswahrscheinlichkeit unter 50% eine proportionale Rückstellung bilden, also beispielsweise bei 30% im Umfang von 30% der erwarteten Kosten. Ich würde daher im heutigen Zeitpunkt davon abraten, Gewinne auszuschätten.
Allgemeines zur Haftung nach Art. 754 Abs. 1 OR
Nach Art. 754 Abs. 1 OR sind die Mitglieder des Verwaltungsrats und alle mit der Geschäftsführung mit der Liquidation befassten Personen sowohl der Gesellschaft als den einzelnen Aktionüren und GesellschaftsGläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche Fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen. Die Voraussetzungen einer Haftung aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit sind demnach das Vorliegen eines Schadens, einer Pflichtverletzung, eines naTürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen Schaden und Pflichtverletzung sowie eines Verschuldens. darüber hinaus müssen die Aktiv- und Passivlegitimation gegeben sein. Es obliegt dem Kläger, das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu beweisen (Art. 8 ZGB; zum Ganzen BGE 132 III 564 E. 4.2; BGE 132 III 342 E. 4.1; BGer 4A_133/2021 vom
26. Oktober 2021 E. 7.1; BGer 4A_294/2020 vom 14. Juli 2021 E. 4.1.1; BGer
4A_344/2020 vom 29. Juni 2021 E. 5.1; BGer 4A_19/2020 vom 19. August 2020
E. 3.1; BGer 4A_373/2015 vom 26. Januar 2016 E. 3; BGer 4A_626/2013 vom
8. April 2014 E. 5; BGer 4C.281/2004 vom 9. November 2004 E. 2.3).
Passivlegitimation der Beklagten 1
Die Beklagte war von 2006 bis 2016 Mitglied des Verwaltungsrats der C. (vorne E. 2. 1), mithin formelles Organ. Sie unterliegt damit ohne Weiteres der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit (vgl. nur BGer 4A_373/2015 vom 26. Januar 2016 E. 3.2).
Passivlegitimation des Beklagten 2
Parteistandpunkte
Der Kläger macht geltend, der Beklagte 2 sei faktisches Organ der C. gewesen. Er habe als Statthalter der Eigentümer gehandelt, sei bestens informiert gewesen, habe die Beschlüsse des Verwaltungsrats umgesetzt und über längere Zeit aktiv an der Willensbildung teilgenommen (act. 1 Rz. 10, 57). über Jahre hinweg sei er massgebendes Organ gewesen, was sich unter anderem daraus ergebe, dass er bezüglich der M. -schlammablagerungen beim Kläger vorgesprochen habe und an den vorliegend relevanten Entscheidungen massgeblich beteiligt gewesen sei sowie diese umgesetzt bzw. die schädigenden Handlungen persönlich vorgenommen habe (act. 1 Rz. 19, 57). All dies ergebe sich aus den Strafakten (act. 43 Rz. 103 f.; act. 49 Rz. 15). Ferner sei er ab 2008 Mitglied des
Verwaltungsrats der I.
und der L.
gewesen, was auch Indizwirkung
für seine Stellung innerhalb der C. habe, zumal diverse Verflechtungen zwischen den Gruppengesellschaften bestanden hätten (act. 43 Rz. 105 ff.).
Der Beklagte 2 bestreitet eine faktische Organstellung (insb. act. 31 Rz. 131 ff.; act. 57 Rz. 462 ff.). Eine solche bedinge die Einflussnahme auf Verwaltung Geschäftsführung in organtypischer Weise. Dies setze eigene Entscheidbefugnisse voraus. Demgegenüber genüge die blosse Mithilfe bei der Entscheidfindung nicht (act. 31 Rz. 136 ff.). Die H. bzw. der Beklagte 2 als ihr
Vertreter seien als Buchhalter und Steuerberater der C.
tätig gewesen
(act. 31 Rz. 146 f., 159; siehe schon vorne E. 2. 2). In dieser Funktion hätten sie langjährige Kenntnisse der wirtschaftlichen Verhältnisse der C. , der I. sowie der Beklagten 1 und ihres Ehemanns gehabt (act. 31 Rz. 159) und GeschöftsVorfälle wie vom Verwaltungsrat vorgelegt verbucht (act. 31 Rz. 148). Fer- ner sei die H. bzw. der Beklagte 2 im Jahr 2007 mit konkreten Mandaten im Hinblick auf die Einstellung des Betriebs der C. und die Veräusserung ihres Anlagevermögens beauftragt und diesbezüglich auch zur Vertretung ermöchtigt worden. Allerdings seien seine Aufgaben und Kompetenzen klar umschrieben gewesen. Zudem seien die wesentlichen Entscheide, namentlich finanzielle Entscheide über CHF 20'000, dem Verwaltungsrat vorbehalten gewesen (act. 57
Rz. 200 ff., 205, 208). Der Wille der C. sei stets durch die Beklagte 1 und ihren Ehemann gebildet worden (act. 31 Rz. 151). Der Beitrag der H. und des Beklagten 2 habe sich auf die Erarbeitung von Entscheidgrundlagen und Empfehlungen beschränkt (act. 31 Rz. 152, 161). Sie hätten nicht in organtypischer Weise eigenverantwortlich den Organen vorbehaltene Entscheide getroffen (act. 31 Rz. 161). Namentlich was das Vorsprechen beim Kläger anbelangt, sei klar gewesen, dass der Beklagte 2 keine Entscheidbefugnisse habe (act. 31 Rz. 157 f.).
Rechtliches
Von der Organhaftung nach Art. 754 OR erfasst und damit passivlegitimiert sind nicht nur Mitglieder des Verwaltungsrats, sondern alle mit der Geschäftsführung betrauten Personen. Als solche gelten nach Lehre und Rechtsprechung nicht nur Entscheidungsorgane, die ausDrücklich als solche ernannt worden sind, sondern auch faktische Organe. Faktische Organe sind Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen (BGE 146 III 37 E. 6.1; BGE 128 III 92 E. 3a; BGE 128 III 29 E. 3a; BGE 117 II 570 E. 3;
BGE 107 II 349 E. 5a; BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 7.1; BGer
4A_294/2020 vom 14. Juli 2021 E. 3.1; BGer 4A_268/2018 vom 18. November
2019 E. 5; BGer 4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7.1.1; siehe auch BGE
136 III 14 E. 2.4; BGE 132 III 523 E. 4.5). Vorausgesetzt ist, dass eine solche Person die sich aus der internen Organisation ergebenden Pflichten in eigener Entscheidbefugnis zu erFällen hat, sie also Selbständig und eigenverantwortlich handelt. Nicht ausreichend ist ein Handeln im Einzelfall eine bloss hilfsweise tätigkeit in untergeordneter Stellung, ebenso wenig wie eine blosse Mithilfe bei der Entscheidung. Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit greift nur, wenn die Kompetenzen der betreffenden Person wesentlich über die Vorbereitung und Grundlagenbeschaffung hinausgehen und sich zu einer massgebenden Mitwirkung bei der Willensbildung verdichten (BGE 136 III 14 E. 2.4; BGE 128 III 29
E. 3a, 3c; BGE 117 II 570 E. 3; BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 7.1;
BGer 4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7.1.1). Dabei sind faktische Organe
auch für pflichtwidrige Unterlassungen verantwortlich, wenn im eigentlich wahrge- nommenen Aufgabenbereich ein tätigwerden erforderlich gewesen wäre (BGE 128 III 92 E. 3a; BGer 4A_268/2018 vom 18. November 2019 E. 5). In jedem Fall ist aber verlangt, dass die als faktisches Organ handelnde Person aufgrund ihrer effektiven Entscheidungsgewalt in der Lage ist, den durch die Verletzung einer entsprechenden Pflicht eingetretenen Schaden zu verhindern (BGE 136 III 14 E. 2.4; BGE 132 III 523 E. 4.5; BGE 128 III 29 E. 3a; BGer 4A_133/2021 vom
26. Oktober 2021 E. 7.1; BGer 4A_268/2018 vom 18. November 2019 E. 5; BGer
4A_306/2009 vom 8. Februar 2010 E. 7.1.1).
Was den Begriff der Geschäftsführung betrifft, geht es dabei um die interne Leitung der Gesellschaft. Sie beinhaltet sämtliche Elemente, die im Innenverhältnis der Gesellschaft wirken, wie etwa die Organisation von Produktion und Vertrieb, die Finanzplanung, die führung der Geschäftsbücher, die Leitung des Personals die Festlegung der Ziele für Forschung und Entwicklung (BGer 4A_248/2009 vom 27. Oktober 2009 E. 6.3.2; GRAF, Gesellschaftsorgane zwischen Aktienrecht und Strafrecht, 2017, N 457). Zum Kernbereich der Geschäftsführung können die Einstellung von Mitarbeitern, die Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern, das führen von Verhandlungen mit Kreditgebern, die Entscheidung von Steuerangelegenheiten und die Steuerung der Buchhaltung gezählt werden (GRAF, a.a.O., FN 921 und die dortigen Hinweise).
Würdigung
Der Beklagte 2 war faktisches Organ der C. , da er die eigentliche Geschäftsführung besorgte und so die Willensbildung massgebend mitbestimmte:
Zunächst ist erstellt, dass der Beklagte 2 die eigentliche Geschäftsführung der C. besorgte. Dies ergibt sich erst einmal aus dem Beschluss des Verwaltungsrats vom 31. Oktober 2007 (vorne E. 4. 1). Damit übertrug der Verwaltungsrat weitreichende Aufgaben auf den Beklagten 2. Namentlich sollte dieser im Auftragsverhältnis für die Geschäftsleitung übernehmen. Ihm wurden denn auch typische Geschäftsführungsaufgaben übertragen, wie namentlich die Koor- dination bestimmter Projekte (Immobilienprojekte, Verkauf von M. maschinen). Ferner wurde er mit der führung der Finanzabteilung unter Einschluss der Erstellung von Abschlüssen betraut, wobei es sich ebenfalls um typische Geschäftsführungsaufgaben handelt. Daraus, dass im Rahmen seiner Stellvertretung auch seinem Bruder Kollektivzeichnungsberechtigung Gewährt wurde, ergibt sich, dass letztlich eine Struktur geschaffen wurde, die im Wesentlichen derjenigen auf dem kurze Zeit später erstellten Organigramm entspricht, worin der Beklagte 2 als Geschäftsführer und sein Bruder als Stellvertreter bezeichnet wird (vorne E. 4. 2). Die Existenz dieses Organigramms stätzt damit die Erkenntnis, dass dem Beklagten 2 eben wie im Beschluss festgehalten die Geschäftsführung übertragen wurde. Diese Indizwirkung hätte das Organigramm selbst dann, wenn es sich dabei, wie der Beklagte 2 behauptet, nur um eine Idee gehandelt haben sollte, die nicht umgesetzt wurde, weil R. aus allen Positionen entfernt werden musste (act. 57 Rz. 199). Dies gilt umso mehr, als die Entfernung von R. aus der nächsttieferen Hierarchieebene gar keinen Einfluss auf die Stellung des Beklagten 2 haben musste bzw. wenn schon dessen Aufgaben hätte zunehmen lassen. Auch weitere Tatsachen indizieren, dass der Beklagte 2 eben wie im besagten Beschluss festgehalten die Geschäftsführung der C. wahrnahm: Dies gilt erstens für die Vollmachtsformulare, in denen er als Geschäftsführer bzw. CFO ausgewiesen wird (vorne E. 4. 3), zweitens das Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 14. September 2009, worin die Verwaltung
C. als einer der laufenden AuftRüge der H.
bezeichnet wird (vorne
E. 4. 8, am Ende), und drittens die Auskunft gegenüber der Kaufinteressentin vom
31. August 2010, wonach die H. seit Jahren mit der Geschäftsführung betraut sei (vorne E. 4. 12). Schliesslich zeigt sich die tatsächliche Besorgung der Geschäftsführung durch den Beklagten 2 auch in den diversen Honorarrechnungen (vorne E. 4. 9, 4.1 1, 4. 23). Denn darin werden explizit Leistungen in Sachen Geschäftsführung und spezifisch Arbeiten in den Bereichen Finanzplanung, Führung der Geschäftsbücher und Personalführung, mithin typische Geschäftsführungsaufgaben, in Rechnung gestellt.
Sodann ist erstellt, dass der Beklagte 2 seine Aufgaben selbststündig und eigenverantwortlich zu erFällen hatte, mithin über eigene Entscheidungsbefugnis verfügte und die Willensbildung der C. massgebend mitbestimmte:
Dies ergibt sich zunächst aus dem Verwaltungsratsbeschluss vom 31. Oktober 2007 (vorne E. 4. 1). Darin wurden dem Beklagten 2 neben dem Auftrag, wesentliche Entscheide für den Verwaltungsrat vorzubereiten, auch Entscheidkompetenzen übertragen. Denn erstens wurden nur Kostenbeschlüsse von über CHF 20'000 dem Verwaltungsrat vorbehalten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Beklagte 2 betragsmässig tiefere Kostenentscheide selbst treffen konnte. Zweitens wurde neben dem Beklagten 2 auch seinem Bruder Kollektivzeich- nungsberechtigung Gewährt, und zwar damit operative Entscheide effizient getroffen werden könnten. Dies zeigt gerade, dass eine Entscheidfassung ohne Mitwirkung der Beklagten 1 und ihres Ehemanns ermöglicht werden sollte. Jedenfalls anerkennt auch der Beklagte 2, bei Ausführung der konkreten Mandate eine gewisse bzw. bezüglich des liegenschaftenverkaufs eine weitgehende Selbstst?n- digkeit genossen zu haben (act. 57 Rz. 205, 469) und für den Immobilienverkauf mit beschränkten Entscheidungsbefugnissen ausgestattet worden zu sein (act. 57 Rz. 87).
Dass der Beklagte 2 die Willensbildung der C. massgebend mitbestimmte, zeigt sodann seine Mitwirkung auf der Ebene des Verwaltungsrats, und zwar gerade hinsichtlich der M. -schlammablagerungen. Der Beklagte 2 nahm nämlich an den Verwaltungsratssitzungen vom 10. April 2008, 21. August und
14. September 2009, 13. Januar 2011 sowie 10. Juli 2012 mithin an sämtlichen von den Parteien erwähnten Verwaltungsratssitzungen in diesem Zeitraum teil (vorne E. 4. 6, 4. 7, 4. 8, 4. 14, 4. 20). Zumindest für die drei letztgenannten Sitzun-
gen erstellte die H.
bzw. der Beklagte 2 präsentationen. Diese ersetzten
teils das Protokoll bzw. die Traktanden, so im Fall der Sitzungen vom 21. August 2009 und 13. Januar 2011. Hinzu kommt bezüglich letzterer Sitzung, dass sich der Beklagte 2 im Hinblick auf den Beschluss betreffend Anpassung der Organisation selbst auf die (vorgängig zur Sitzung erstellte) präsentation bezieht, um zu belegen, dass der entsprechende Beschluss gefasst worden sei (act. 57 Rz. 98). Dies zeigt, dass die von ihm entworfenen Unterlagen eben nicht nur Entscheidgrundlagen lieferten, sondern vielmehr auch bereits Beschlüsse abbildeten.
Dass der Beklagte 2 massgeblich in die Willensbildung eingebunden war, zeigt sich ferner darin, dass die Verwaltungsratssitzungen der C. , der I. und der L. wiederholt zusammen stattfanden, so jedenfalls am 21. August und 14. September 2009, 13. Januar 2011 und 10. Juli 2012 (vorne E. 4. 7, 4. 8, 4. 14, 4. 20). Der Beklagte 2 mag zwar nicht formelles Mitglied des Verwaltungsrats der C. gewesen sein, war aber unbestrittenermassen Mitglied des Verwaltungsrats der I. und der L. (vorne E. 2. 2). Als solches war er grundsätzlich zur Teilnahme an den Sitzungen sowie zur Mitwirkung an der Willensbil- dung bzw. den Abstimmungen verpflichtet (FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, 28 N 68; KRNETA, Praxiskommentar Verwaltungsrat, 2. Aufl. 2005, N 719; WERNLI/RIZZI, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 713 N 6). Der Beklagte 2 macht denn auch geltend, er habe seine organschaftlichen Pflichten dort wahrge- nommen, wo er als Mitglied des Verwaltungsrats Organstellung gehabt habe, und gibt zu verstehen, dass er in die Entscheidfindung der I. einbezogen wer- den wollte (act. 57 Rz. 268 f.). Es ist lebensfremd, dass der Beklagte 2 im Rahmen der besagten kombinierten Sitzungen zwar bei der Willensbildung der
I.
und der L.
mitwirkte, nicht aber bei derjenigen der C. . Aus
den betreffenden Protokollen bzw. präsentationen (die als Traktanden fungierten) ist denn auch in keiner Weise erkenntlich, dass bei Diskussion und Beschlussfassung zwischen den einzelnen Gesellschaften unterschieden worden wäre. Mithin wurde entgegen einschlägigen beklagtischen Behauptungen (act. 57 Rz. 268,
471) gerade nicht zwischen den einzelnen Gesellschaften und Funktionsstufen unterschieden.
Zusammengefasst besorgte der Beklagte 2 die Geschäftsführung und bestimmte die Willensbildung der C. massgebend mit, was ihn gemäss Rechtsprechung zum faktischen Organ macht. Insbesondere ist erstellt, dass sein Beitrag, entgegen seinen Vorbringen (z.B. act. 31 Rz. 151 f., 161), darüber hinausging, Entscheidgrundlagen zu erarbeiten und Empfehlungen abzugeben. Dem steht auch nicht entgegen, dass er nicht sämtliche Entscheide alleine getroffen haben mag und insbesondere nicht den Zuschlag betreffend Verkauf von Immobilien alleine erteilte und anlässlich des Round Table vom 5. Juli 2012 den Entscheid des Verwaltungsrats vorbehielt (act. 31 Rz. 67 f., 158). Denn eine Qualifikation als faktisches Organ setzt keine allumfassende Entscheidungshoheit voraus. Dem steht schliesslich auch nicht entgegen, dass der Beklagte 2 nicht bei der C. angestellt war (act. 57 Rz. 216 ff.), setzt doch eine Qualifikation als faktisches Organ auch kein Arbeitsverhältnis voraus.
Auch die weiteren vom Beklagten 2 gegen seine Qualifikation als faktisches Organ erhobenen Einwände überzeugen nicht:
Der Beklagte 2 beruft sich auf eine beschränkte inhaltliche Tragweite sei- ner Aufgaben. Namentlich macht er mit Verweis auf die Protokolle der Verwaltungsratssitzungen vom 31. Oktober 2007 und 14. September 2009 (vorne E. 4. 1, 4. 8) geltend, die H. bzw. er sei nur mit konkret zu erledigenden Mandaten im Hinblick auf die Einstellung des Betriebs und die Veräusserung von Anlagevermögen betraut bzw. mit der Veräusserung der Immobilien der C. beauftragt und dafür mit keinen bzw. nur beschränkten Entscheidungsbefugnissen ausgestattet worden (act. 57 Rz. 68, 87 f., 200 ff., 208, 265 ff., 272, 275, 355, 469,
652).
Dies überzeugt aus folgenden Gründen nicht: Erstens wird gerade im besagten Protokoll vom 14. September 2009 (vorne E. 4. 8, am Ende) auch festgehalten, die laufenden AuftRüge der H. und namentlich die Verwaltung C. wür- den von der Beauftragung des Beklagten 2 mit dem Immobilienverkauf nicht tangiert. Dies zeigt, dass über die Betriebseinstellung bzw. den Immobilienverkauf hinausgehende AuftRüge bestanden. Zweitens beschränkte sich die tatsächliche tätigkeit des Beklagten 2 nachweislich nicht auf die Betriebseinstellung bzw. den Immobilienverkauf. Dies ergibt sich aus dem Verwaltungsratsbeschluss vom
31. Oktober 2007 und diversen präsentationen sowie Honorarrechnungen (vorne E. 4. 1, 4. 7, 4. 8, 4. 9, 4. 11, 4. 14, 4. 23). Denn diese zeigen, dass der Beklagte 2 beispielsweise auch die Rechnungslegung besorgte und sich mit den M. schlammablagerungen befasste. Drittens hatte die C. ihre Betriebstätigkeit im Jahr ... aufgegeben (vorne E. 2. 3). Mithin betraf die Betriebseinstellung bzw. die Immobilienverkaufstätigkeit ohnehin einen wesentlichen Aspekt der verbleibenden Aktivitäten der C. und daher der Geschäftsführung.
Der Beklagte 2 verweist auf die zeitlichen Gegebenheiten und bringt vor, selbst wenn eine faktische Organstellung bestanden hätte, sei diese spätestens am 13. Januar 2011 entfallen. Denn anlässlich der Verwaltungsratssitzung von diesem Tag (vorne E. 4. 14) sei sein Austritt als Geschäftsführer aus der C. sowie derjenige seines Bruders (act. 57 Rz. 39, 98, 357, 366, 472) bzw. der Ab-
schluss der vom Beklagten 2 über die H.
zu erledigenden Mandate beschlossen worden (act. 57 Rz. 265, 366, 653). Dies sei vor dem Hintergrund geschehen, dass Ende 2010 die Grundstücke und das Anlagevermögen verkauft und der Geschäftsbetrieb eingestellt gewesen sei (act. 57 Rz. 472, 653). Die vom Kläger für das Vorliegen einer faktischen Organstellung geltend gemachten Umstände lägen vor der für die streitgegenständliche Verantwortlichkeit relevanten Zeit die im Juli 2012 liege und begründeten jedenfalls keine faktische Organschaft des Beklagten 2 in dieser Zeit (act. 57 Rz. 465 f.). Insbesondere führe der Kläger kein auf eine faktische Organschaft hindeutendes Verhalten ab dem Jahr 2011 an, welches auch im Juli 2012 noch angedauert hätte (act. 57 Rz. 472).
Dies überzeugt aus folgenden Gründen nicht: Erstens schliesst der Wegfall der Betriebs- und Immobilienverkaufstätigkeit nicht aus, dass der Beklagte 2 weiterhin andere Aufgaben zu besorgen hatte. Dies gilt namentlich für die anlässlich der Verwaltungsratssitzung vom 14. September 2009 (vorne E. 4. 8, am Ende) vorbehaltene Verwaltung C. . Zweitens zeigen die Honorarrechnungen aus dem Jahr 2014 (vorne E. 4. 23), dass die H. auch zu diesem Zeitpunkt noch typische Geschäftsführungstätigkeiten, namentlich solche in den Bereichen Buchhaltung und Rechnungslegung, unter dem Titel Geschäftsführung in Rechnung stellte. Drittens zeigt die Teilnahme des Beklagten 2 an den Round Tables (vorne
E. 4. 17), dass er auch nach dem 13. Januar 2011 mit dem Thema der Sanierungskosten befasst war. Dieses machte nach Aufgabe der Betriebstätigkeit und Verkauf des Anlagevermögens den verbleibenden wesentlichen Aspekt der Aktivitäten der C. aus.
Ebenso wenig schliesst der Hinweis des Beklagten 2, dass der Verwaltungsrat auch im Fall der Delegation der führung der Buchführung an eine exter- ne Stelle die Verantwortung hierfür trage (act. 57 Rz. 346), seine Passivlegitimati-
on aus. Die Buchführung mag zwar eine unentziehbare und unübertragbare Aufgabe des Verwaltungsrats sein (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR). Allerdings schliesst dies nicht aus, dass zusätzlich ein faktisches Organ hierfür verantwortlich sein kann (vgl. Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 13.7).
Schaden
Parteistandpunkte
Der Kläger verweist zunächst darauf, dass bei verspäteter Benachrichtigung des Konkursgerichts der Schaden in der durch das Hinauszügern eingetretenen Verminderung der Nettoaktiven, mithin im sog. Konkursverschleppungsschaden bestehe (act. 1 Rz. 76). Sodann macht er geltend, dass, wenn die erforderlichen Rückstellungen vorgenommen und das Konkursgericht rechtzeitig benachrichtigt worden wäre, die Ausschüttung nicht erfolgt wäre (act. 1 Rz. 77). Diese Ausschüttung habe CHF 2'153'052.19 betragen (act. 1 Rz. 77; act. 43 Rz. 452). Mit seiner Klage macht er (nur) diesen Betrag geltend (act. 1 S. 2). Die Beklagten bestreiten einen Schaden von (mindestens) CHF 2'153'052.19 (act. 29 Rz. 158; act. 31 Rz. 301) und erheben dabei die sogleich zu prüfenden Einwände.
Rechtliches
Der Schaden entspricht der ungewollten Verminderung des Reinvermögens der geschädigten Person, d.h. der Differenz zwischen dem gegenwürtigen Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte (BGE 142 III 23 E. 4.1 m.w.H.; BGer 4A_294/2020 vom 14. Juli 2021
E. 4.1.2.2.3). Er kann in einer Vermehrung der Passiven, einer Verminderung der Aktiven in entgangenem Gewinn bestehen (BGE 148 III 11 E. 3.2.3; Han- delsgericht ZH HG170213-O vom 1. Dezember 2020 E. 5.2.1 m.w.H.). AbtretungsGläubiger machen im Verantwortlichkeitsprozess nicht ihre eigenen Anspräche geltend, sondern diejenigen der Konkursmasse bzw. der Gläubigergesamtheit (GERICKE/WALLER, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligatio- nenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 757 N 12 ff.). Es geht also um die unfreiwillige Vermögenseinbusse, die die konkursite Gesellschaft erlitten hat (BGE 132 III 342 E. 2.3.3).
Es ist anerkannt, dass der Substanzabfluss infolge einer Ausschüttung, die durch unzureichende Rückstellungen ermöglicht wird, einen Schaden der Gesellschaft darstellen kann (vgl. BGer 4A_465/2022 vom 30. Mai 2023 E. 5 und vorinstanzl. Handelsgericht ZH HG200175-O vom 13. September 2022 E. 4.1.3; BGer 4A_277/2010 vom 2. September 2010 E. 2.3 und vorinstanzl. Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 14; betreffend verdeckte Gewinnausschüttungen BGer 4A_174/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.3; siehe auch BGer 4A_248/2012 vom 7. Januar 2013 E. 4.2, wonach es im Wesen der Dividende liegt, dass Mittel aus dem Gesellschaftsvermögen abfliessen; K?GI, Kapitalerhaltung als Ausschüttungsschranke, 2012, 7 Rz. 21, 23).
Würdigung
Dass die streitgegenständliche Ausschüttung CHF 2'153'052.19 betragen hat, ist unbestritten. Im übrigen ergibt sich dies auch aus dem Protokoll der Generalversammlung vom 14. Dezember 2011 (vorne E. 4. 15) sowie den Buchhaltungsunterlagen sowohl der C. als auch der I. (vorne E. 4. 21, 4. 22). Sollte sich die Ausschüttung der Dividende in der Höhe von CHF 2'153'052.19 als unzulässig erweisen, wäre daher ein Schaden in dieser Höhe erstellt. Vorbehalten sind die nachfolgend zu prüfenden Einwände der Beklagten.
Die Beklagten wenden ein, der Kläger mache zwar einen Konkursverschleppungsbzw. Fortführungsschaden geltend, unterlasse es aber, die Zunahme der überschuldung rechtsgenöglich darzulegen. Namentlich habe er den hypothetischen Zeitpunkt, in dem der Konkurs über die C. bei pflichtgemössem Handeln eröffnet worden wäre, nicht bestimmt. Zudem habe er nicht konkret behauptet und belegt, in welchem Zeitpunkt die C. wie hoch überschuldet gewesen sei. Daher sei ein Vergleich der tatsächlich eingetretenen überschul- dung im Zeitpunkt der tatsächlichen KonkursEröffnung mit der überschuldung, die bei einem hypothetischen Konkurs zu einem Früheren Zeitpunkt bestanden hätte, nicht möglich. Es fehlten insbesondere Vorbringen zu den entsprechenden Liquidationswerten. Die Ausschüttung einer Dividende alleine könne nicht ein Fortführungsschaden sein, nicht zuletzt weil dadurch Allfällige Vermögenszugänge ausser Acht gelassen würden. Jedenfalls sei kein Fortführungsschaden entstanden (zum Ganzen act. 31 Rz. 295, 297; act. 57 Rz. 34.4 f., 453, 484 ff., 494, 496,
501 ff., 508 ff.; act. 59 Rz. 71, 75, 250 f., 294 ff., 299, 302, 304 f., 308, 310).
Die Einwände der Beklagten gehen am Punkt vorbei. Der Kläger nimmt zwar vereinzelt auf das Konzept des Konkursverschleppungsschadens Bezug. tatsächlich macht er aber gar keinen Fortführungsschaden im Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, d.h. einen Schaden, der in der VerGrösserung der Verschul- dung der Konkursitin, welche durch eine verspätete KonkursErklärung entstanden ist (BGE 136 III 322 E. 3.2; BGE 132 III 342 E. 2.3.3; BGer 4A_271/2016 3.1),
geltend. Vielmehr bezieht sich die Klage auf eine spezifische Vermögensvermin- derung, Nämlich die Ausschüttung in der Höhe von CHF 2'153'052.19. Eine solche kann anerkanntermassen einen Schaden darstellen (vorne E. 8. 2). Hierfür gelten die Anforderungen betreffend den Nachweis eines Fortführungsschadens nicht.
Die Beklagten bestreiten in ihren Dupliken den Vollzug (von Teilen) der streitgegenständlichen Ausschüttung: Die Beklagte 1 behauptet in ihrer Duplik, sie könne sich nicht erinnern, wann bzw. ob überhaupt die Ausschüttung je vollzogen worden sei (act. 59 Rz. 69, 260, 313), bzw. bestreitet den Vollzug des Dividen- denbeschlusses mit Nichtwissen (act. 59 Rz. 300). In ihrer Klageantwort hatte sie noch geltend gemacht, die Dividende sei im Anschluss an den Dividendenbe-
schluss ausgeschättet worden, insbesondere indem die C.
ihre Forderungen gegen diverse Personen an die I. zediert und die Bardividende deren Kontokorrent gutgeschrieben habe (act. 29 Rz. 104); nach ihrem Verständnis sei die beschlossene Ausschüttung umgehend bzw. im Jahr 2011 umgesetzt worden (act. 29 Rz. 119 ff.). Der Beklagte 2 behauptet in seiner Duplik, die Dividenden-
forderung der I.
sei am 10. Juli 2012 noch nicht erfüllt gewesen (act. 57
Rz. 437), bzw. dass nicht erstellt und ihm nicht bekannt sei, dass die Sachdivi-
dende tatsächlich geflossen und damit Aktiven der C.
abgeflossen seien
(act. 57 Rz. 34.3, 388, 393, 401, 408, 426, 433, 537, 581). Er habe jedenfalls mit
dem Vollzug des Ausschüttungsbeschlusses nichts zu tun gehabt bzw. nicht über
das Vermögen der C.
verfügt und weder die AbtretungsErklärungen noch
irgendwelche sonstigen Erklärungen für den Vollzug erstellt (act. 57 Rz. 34.3, 61, 129, 131, 149, 231, 296, 306 f., 323, 328, 345, 382, 392, 407, 426, 458, 537 f.,
575, 611, 631, 648). In seiner Klageantwort hatte er noch behauptet, die C. habe mittels Zession ihre Forderungen gegen verschiedene Personen an die I. ausgeschättet (act. 31 Rz. 247), und mit Nichtwissen bestritten, dass die Forderungsabtretung im Juli 2012 nicht vollzogen war (act. 31 Rz. 268). Er und
die H.
hätten mit der materiellrechtlichen Umsetzung des Beschlusses
nichts zu tun gehabt, diese wurde von den Mitgliedern des Verwaltungsrats bzw. von AF. [Ehemann der Beklagten 1] besorgt (act. 31 Rz. 251). Der Kläger macht demgegenüber geltend, der Ausschüttungsbeschluss sei im Juli 2012 später vollzogen worden (act. 43 Rz. 52 f., 58, 60).
Was den Vollzug des Baranteils der Ausschüttung betrifft, wurde ein Betrag von CHF 326'295.68 dem Kontokorrent der I. bei der C. gutgeschrieben, mithin durch Letztere passiviert (act. 29 Rz. 104; act. 31 Rz. 247). Dies ergibt sich auch aus der Jahresrechnung 2011 der C. , gelesen zusammen mit den Buchhaltungsauszügen der I. (dort: Konto 3 Kto.Korr. C. AG; act. 30/3; act. 32/7; act. 50/70). Damit haben sich die Passiven der C. erhöht, ist also eine Vermögensverminderung im genannten Betrag eingetreten.
Was den Vollzug der Ausschüttung der Darlehensforderungen betrifft, ist erstellt und auch gar nicht bestritten, dass die streitgegenständliche Ausschüttung entsprechend dem Protokoll der Generalversammlung vom 14. Dezember 2011 verbucht wurde. Dies zeigen sowohl die Buchhaltung der C. als auch jene der I. sowie ferner die Tatsache, dass die Beklagte 1 und ihr Ehemann die Darlehensschuld in ihrer SteuerErklärung neu als solche gegenüber der I. deklarierten. Hinzu kommt, dass der Beklagte 2 anlässlich einer Einvernahme im Strafverfahren explizit erklärte, die Ausschüttung sei wie beschlossen umgesetzt,
d.h. die Forderungen seien übertragen worden (vorne E. 4. 21, 4. 22). Mit der Verbuchung der Ausschüttung der Darlehensforderungen durch die C. vermin- derten sich ihre Aktiven im Umfang ebendieser Forderungen. Sie waren nicht länger als Vermögenswerte der C. erfasst. Damit war insbesondere nicht mehr davon auszugehen, dass sie Allfälligen zuKünftigen KonkursGläubigern als Haftungssubstrat zur Verfügung stehen würden, was denn auch tatsächlich nicht der Fall war. Es ist mithin gerade die Verbuchung der Ausschüttung, die bewirkte,
dass sich die Vermögensverminderung bei der C.
einstellte. Eine Vermögensverminderung liegt damit auch im Umfang der von der Ausschüttung erfassten Darlehensforderungen vor. Hervorzuheben ist diesbezüglich, dass gemäss Bundesgericht ein Schaden nicht erst entstanden ist, wenn die geschädigte Person einen Verlust ihres Barvermögens erleidet, sondern die Beeinträchtigung ihres Bilanzvermögens ausreicht (BGE 116 II 441 E. 3a/aa).
Was den Verweis auf fehlende AbtretungsErklärungen anbelangt, bedarf zwar ei- ne Forderungsabtretung zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Freilich anerkennt das Bundesgericht, dass das Protokoll einer Generalversammlung dieses Schriftformerfordernis erFällen kann, wenn der übertragungswille der abtretenden Partei zumindest implizit daraus hervorgeht bzw. nach Treu und Glauben durch Auslegung daraus abgeleitet werden kann (BGer 6B_85/2021 vom 26. November 2021 E. 14.4.2; BGer 4A_248/2015 vom 15. Januar 2016
E. 4). Das von der Beklagten 1 und ihrem Ehemann in ihren Funktionen als Mit-
glieder des Verwaltungsrats der C.
unterzeichnete Protokoll der Generalversammlung vom 14. Januar 2011 wäre daher ohne Weiteres als rechtsgenögliche AbtretungsErklärung anzusehen, sofern es für das Vorliegen eines Schadens auf eine solche ankommen würde. Dies gilt umso mehr, als darin erstens explizit von einer Zession gesprochen wird, zweitens die betreffenden Darlehensforderungen individualisiert werden und drittens die Beklagte 1 und ihr Ehemann auch Vertreter der Zessionarin I. waren. Dass das Protokoll Grundlage der Abtretung war, nimmt letztlich auch der Beklagte 2 an, wenn er geltend macht, die H. habe die Ausschüttung gestützt auf das Protokoll der Generalversammlung in den Büchern der C. abgebildet (act. 57 Rz. 131). Vor diesem Hintergrund erübrigt sich auch die vom Kläger beantragte Edition von Belegen (vgl. act. 43 Rz. 58).
8.3.4. Schliesslich stellt die Beklagte 2 die Werthaltigkeit der von der Ausschüttung erfassten Darlehensforderungen in Frage (act. 59 Rz. 251, 300). Allerdings ist nicht ersichtlich, warum die Lage der C. die Fähigkeit ihrer Schuldner zur Begleichung ihrer Forderungen hätte beeinflussen sollen. Es wird denn auch nicht
behauptet, die Darlehensforderungen seien seitens der C. worden.
Pflichtverletzung
wertberichtigt
Parteistandpunkte
Der Kläger macht betreffend Pflichtverletzungen seinem zusammenfassenden Standpunkt (vorne E. 3. 1) entsprechend Folgendes geltend: Erstens sei der Vollzug des angeblichen Generalversammlungsbeschlusses vom 14. Januar 2011 pflichtwidrig gewesen; die Beklagten hätten ihre Pflichten verletzt, indem sie gestützt auf einen fiktiven, jedenfalls aber ungültigen Beschluss eine Ausschüttung vorgenommen hätten (act. 43 Rz. 110, 356, 359 f., 377). Zweitens hätten bereits vor dem bzw. im Januar 2011 Rückstellungen gebildet werden müssen (act. 1 Rz. 24; act. 43 Rz. 76, 111, 166, 383, 393). Denn seit 2008 seien die Sa- nierungskosten voraussehbar gewesen bzw. habe man gewusst, dass ein grosses Risiko bestehe und etwaige Ausschüttungen kritisch würden (act. 1 Rz. 24; act. 43 Rz. 76, 166, 393). Entsprechend sei den Beklagten jedenfalls im Januar 2011 bewusst gewesen, dass Rückstellungen erforderlich seien (act. 43 Rz. 373). Diese hätten bewirkt, dass eine Ausschüttung im Januar 2011 handelsrechtlich unzulässig gewesen sei, und überdies eine überschuldung herbeigefährt (act. 43 Rz. 111, 166, 366, 383). Denn das per Ende 2010 ausgewiesene Eigenkapital von rund CHF 3.4 Mio. wäre durch eine auch nur anteilige (namentlich unter 20%ige) Rückstellung der seit 2008 voraussehbaren Sanierungskosten, die dannzumal noch auf CHF 20 Mio. geschätzt worden seien, aufgebraucht worden, womit kein frei Verfügbares Eigenkapital für eine Ausschüttung vorhanden gewesen wäre (act. 43 Rz. 76, 166). Nichtsdestotrotz hätten die Beklagten pflichtwidrig kei- ne ausreichende Rückstellung gebildet, hiermit die überschuldung verschleiert und stattdessen die streitgegenständliche Ausschüttung vorgenommen (act. 1 Rz. 74; act. 43 Rz. 451). Hinzu komme, dass der Ausschüttungsbeschluss vom
14. Januar 2011, wenn er denn gefasst worden wäre, formell unrechtmässig sei. Denn die Ausschüttung einer Interimsdividende setze neben der Einhaltung von Art. 675 Abs. 2 OR, wonach Dividenden nur aus dem Bilanzgewinn und den hierfür gebildeten Reserven ausgerichtet werden dürfen, einen revidierten Zwischenabschluss sowie eine spezielle Bestätigung der Revisionsstelle voraus. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt gewesen (act. 1 Rz. 42 ff.; act. 43 Rz. 383, 394). Drittens hätte spätestens am 9. Juli 2012 eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen bestanden (act. 43 Rz. 67 f., 112, 334, 339). Denn unter BeRücksichtigung des Schreibens von Prof. Dr. J. vom 9. Juli 2012 sowie der am 5. Juli 2012 thematisierten Kostenschätzung von CHF 8'910'000 (inkl. MWST.) hätten jedenfalls Rückstellungen in der Höhe der Hälfte dieses Betrags (CHF 4'455'000) gebildet werden müssen (act. 1 Rz. 26; act. 43 Rz. 67, 69, 339). Dies hätte die
überschuldung der C.
bewirkt (act. 1 Rz. 27; act. 43 Rz. 70 ff., 115, 263,
315, 334, 366, 369). Denn die C.
wäre am 9. Juli 2012 jedenfalls dann
überschuldet gewesen, wenn rund 25% der voraussichtlichen Sanierungskosten hätten zurückgestellt werden müssen (act. 43 Rz. 71 f., 74, 115, 341). Deshalb hätten die Beklagten den Ausschüttungsbeschluss spätestens im Juli 2012 nicht mehr vollziehen dürfen (act. 43 Rz. 61, 112, 360, 369). Vielmehr hätten sie die Bilanz der C. beim Konkursgericht deponieren müssen (act. 43 Rz. 112, 451). Trotz alledem hätten die Beklagten in Verletzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Pflichten die Bildung dieser Rückstellungen wie auch die Deponierung der Bilanz unterlassen und stattdessen die streitgegenständliche Ausschüttung vorgenommen (act. 1 Rz. 2, 23, 27, 74; act. 43 Rz. 18, 116, 377, 451). Dadurch hätten sie ihre gesetzlichen Pflichten zur Bildung von Rückstellungen (aArt. 669 Abs. 1 OR) und zur Benachrichtigung des Konkursgerichts im Fall einer überschuldung (aArt. 725 Abs. 2 OR) sowie namentlich indem sie stattdessen eine Ausschüttung vornahmen ihre Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 717 Abs. 1 OR) sowie das Vorsichtsprinzip (aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 3 OR) verletzt (act. 43 Rz. 15 f., 18, 341). Was spezifisch den Beklagten 2 betrifft, sei dieser als faktisches Organ zur Bil- dung der Rückstellungen verpflichtet gewesen, was er unterlassen habe (act. 43 Rz. 334, 264). Sodann hätte er sich nicht am Beschluss und Vollzug der Ausschüttungen beteiligen dürfen (act. 43 Rz. 448) bzw. eine Pflichtverletzung begangen, indem er den Ausschüttungsbeschluss vollzogen und dadurch die
C.
durch effektive Mittelabflüsse geschädigt habe (act. 43 Rz. 265, 337,
465 f.). überdies sei er spätestens am 9. Juli 2012 verpflichtet gewesen, die überschuldung dem Konkursgericht anzuzeigen bzw. zumindest die Beklagte 1 und ihren Ehemann über die überschuldung zu informieren, was er unterlassen habe (act. 43 Rz. 264 f., 448, 451, 466). Die Beklagten hätten bei alledem nicht im Rahmen eines einwandfreien und wohlinformierten Verfahrens, sondern vielmehr unter Einfluss eines Interessenkonflikts gehandelt (act. 43 Rz. 327b). Auch wenn die Ausschüttung primür die Alleinaktionürin I. begünstigt habe, hätten nämlich indirekt auch die Schuldner der von der Ausschüttung erfassten Darlehensforderungen profitiert. Denn so sei verhindert worden, dass eine später aktive Konkursverwaltung die Forderungen eintreiben konnte (act. 43 Rz. 427). Vor dem Hintergrund, dass die besagten Forderungen im Wesentlichen solche gegenüber der Beklagten 1 und ihrem Ehemann gewesen seien und sich überdies die I. in deren alleinigem Besitz befunden habe, hätten sie letztlich sich selbst bereichert (act. 43 Rz. 201, 376). Der Beklagte 2 wiederum habe über Provisio- nen und Verwaltungsratsmandate ebenfalls von der Ausschüttung profitiert (act. 43 Rz. 427).
Die Beklagten machen zunächst geltend, die Ausschüttung sei gültig beschlossen worden (vorne E. 3. 2). Sodann bestreiten sie eine Verletzung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen. In den massgeblichen Zeitpunkten habe gestützt auf die damalige Informationslage bzw. geringe Eintrittswahrscheinlichkeit keine solche Pflicht bestanden (act. 29 Rz. 49, 77, 87, 137, 157; act. 31
Rz. 178, 220, 223, 226, 287, 291; act. 57 Rz. 43, 80, 157, 420; act. 59 Rz. 63, 65,
178, 274, 285, 292) bzw. seien die gebildeten Rückstellungen angemessen gewesen (act. 29 Rz. 71, 82, 93; act. 57 Rz. 155, 342, 371, 378, 445, 452, 547).
Entsprechend hätten sie sich bezüglich der Bildung von Rückstellungen Sorgfältig verhalten (act. 57 Rz. 558). Ebenso wenig habe eine Pflicht zur Benachrichtigung des Konkursgerichts bestanden (act. 29 Rz. 71, 80; act. 31 Rz. 292; act. 57
Rz. 40, 60, 130, 142, 387, 391 f., 448, 452, 459; act. 59 Rz. 65, 70). Insbesondere
am 14. Januar 2011 habe keine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen bestan- den, die eine Ausschüttung verhindert bzw. die überschuldung bewirkt hätten
(act. 29 Rz. 54, 103, 127; act. 57 Rz. 69, 380, 420). Dies sei dannzumal von allen Beratern des Verwaltungsrats so gesehen worden (act. 29 Rz. 103). Entsprechend sei der Ausschüttungsbeschluss handelsrechtlich zulässig gewesen und von der Revisionsstelle auch nicht beanstandet worden (act. 29 Rz. 54). Sodann habe es sich gar nicht um eine Interimsdividende gehandelt. Vielmehr sei eine Ausschüttung von bereits per 31. Dezember 2009 bestehenden allgemeinen Reserven, namentlich eines aus einer Früheren Fusion resultierenden Fusionsagios, erfolgt. Dafür sei weder das Vorliegen der Jahresrechnung 2010 noch ein revidierter Zwischenabschluss nötig gewesen bzw. seien die Vorjahreszahlen irrelevant gewesen (act. 29 Rz. 110; act. 31 Rz. 254, 256, 272; act. 57 Rz. 181, 421, 431; act. 59 Rz. 221, 228). Zudem sei der Beschluss von der Alleinaktionürin I. in einer Universalversammlung gefasst worden, weshalb die Revisionsstelle den Ausschüttungsantrag nicht habe prüfen können müssen (act. 31 Rz. 255). Auch eine Verletzung von Art. 675 Abs. 2 OR sei nicht ersichtlich, zumal das Agio gemäss Gesetz zu den allgemeinen Reserven Gehöre und die gesetzlichen Reserven auf mindestens die Hälfte des Aktienkapitals geäufnet worden seien (act. 29 Rz. 110; act. 31 Rz. 255). Mit dem Generalversammlungsbeschluss sei
eine unbedingte Forderung der I.
gegen die C.
entstanden (act. 29
Rz. 122; act. 31 Rz. 264; act. 57 Rz. 34.2, 133, 232, 260, 288, 349, 393, 405, 430,
526; act. 59 Rz. 68, 217, 312). Diese habe in den Gesellschaftsbüchern als Verpflichtung verbucht werden müssen (act. 57 Rz. 138; act. 59 Rz. 217). Damit sei ein Mittelabfluss bzw. eine Eigenkapitalreduktion erfolgt, während die spätere Erfällung der bilanzierten Dividendenforderung keine Auswirkungen mehr auf das Eigenkapital bzw. eine Allfällige überschuldung gehabt, sondern nur die Bilanz verkürzt hätte (act. 57 Rz. 141, 149, 232, 261, 301, 345, 416; act. 59 Rz. 68, 218, 312). Der Verwaltungsrat könne einen solchen Ausschüttungsbeschluss nicht mehr abändern entziehen (act. 31 Rz. 250; act. 57 Rz. 137, 527). Und auch eine überschuldungsanzeige hätte am Ausschüttungsbeschluss nichts geändert, die Dividendenforderung wäre weiterhin als Verbindlichkeit vorhanden gewesen (act. 57 Rz. 418). Was spezifisch den Beklagten 2 betrifft, macht dieser geltend, seine Befugnisse seien auf die in seinen konkreten Mandaten umrissenen Bereiche beschränkt gewesen. Ausserhalb dieser Bereiche sei er nicht verantwortlich
(act. 57 Rz. 470). Insbesondere eine Allfällige Pflicht zur Bildung von Rückstellungen hätte nicht ihn getroffen, sei er doch weder Mitglied des Verwaltungsrats noch für die Bildung von Rückstellungen zuständig gewesen (act. 31 Rz. 178, 223, 226, 287, 342, 558). Ebenso wenig sei er verpflichtet gewesen, bei begründeter Besorgnis bezüglich einer überschuldung das Konkursgericht zu benachrichtigen (act. 57 Rz. 40, 60, 130). Auch der Vorwurf, er habe den Verwaltungsrat nicht über das Bestehen einer überschuldung informiert, treffe nicht zu. Ohnehin hätten die Beklagte 1 und ihr Ehemann die finanzielle Situation der C. gekannt und behaupte der Kläger auch gar nicht, dass er, der Beklagte 2, den Verwaltungsrat aktiv davon abgehalten habe, die überschuldung anzuzeigen (act. 57 Rz. 391, 560). darüber hinaus habe er nicht an der Fassung des Ausschüttungsbeschlusses teilgenommen und davon bis am 9. 10. Juli 2012 keine Kenntnis gehabt (act. 57 Rz. 34.3, 52, 64, 76, 102, 119, 260, 424). Als er davon erfahren habe, habe er das Vorgehen beanstandet (act. 57 Rz. 34.3, 63, 119). Ferner habe er den Ausschüttungsbeschluss nicht vollzogen, er habe nicht über das Vermögen der C. verfügt (act. 57 Rz. 34.3, 64, 76, 260, 345, 392). Schliesslich macht die Beklagte 1 geltend, der Entscheid, keine Rückstellungen zu bilden, sei durch ein unabhängiges Gutachten abgestützt worden und habe damit auf einer einwandfreien und angemessenen Informationsbasis beruht und sei frei von Interessenkonflikten gewesen (act. 59 Rz. 286). Der Beklagte 2 macht geltend, keinen Vorteil aus der Ausschüttung gezogen zu haben (act. 57 Rz. 439).
Rechtliches
Zur Pflichtverletzung
Zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats Gehört gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR die Ausgestaltung des Rech- nungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die führung der Gesellschaft notwendig ist; gemäss Ziff. 6 derselben Bestimmung ist er zudem zur Erstellung des Geschäftsberichts, der insbesondere die Jahresrechnung, bestehend aus Erfolgsrechnung, Bilanz und Anhang (vgl. aArt. 662 bzw. Art. 958 Abs. 2 OR), umfasst, sowie zur Vorbereitung der Generalversammlung und Ausführung ihrer Beschlüsse verpflichtet. Nach aArt. 662, aArt. 957
Abs. 1 Ziff. 1 und aArt. 958 Abs. 1 bzw. Art. 957 Abs. 1 Ziff. 2 und Art. 957a Abs. 1 OR muss jede Aktiengesellschaft eine kaufMännische Buchhaltung nach den Bestimmungen des Obligationenrechts führen, die Grundlage der Rech- nungslegung bildet. Die Verwaltungsratsmitglieder dürfen die Buchführungstätigkeit delegieren; die Endverantwortung verbleibt jedoch beim Gesamtverwaltungsrat.
Nach Art. 717 Abs. 1 OR müssen die Mitglieder des Verwaltungsrats und mit der Geschäftsführung befasste Dritte ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erFällen. Die Sorgfaltspflicht ist ein Mindeststandard für die Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben (B ?-CKLI, Schweizer Aktienrecht, 5. Aufl. 2022, 16 Rz. 280).
Für die Sorgfalt, die bei der führung der Geschäfte anzuwenden ist, gilt ein objektiver Massstab. Mithin sind die betreffenden Personen zu aller Sorgfalt verpflichtet und nicht nur zur Vorsicht, die sie in eigenen Geschäften anzuwenden pflegen. Ihr Verhalten wird deshalb mit demjenigen verglichen, das billigerweise von einer abstrakt vorgestellten, ordnungsgemäss handelnden Person in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann (BGE 139 III 24 E. 3.2; BGer 4A_344/2020 vom 29. Juni 2021 E. 5.1; BGer 4A_19/2020 vom 19. August 2020 E. 3.1.1, 3.1.2;
BGer 4A_259/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 5.1; BGer 4A_626/2013 vom
8. April 2014 E. 5.1; siehe auch BGE 122 III 195 E. 3a; BGE 113 II 52 E. 3a).
Die Frage einer Sorgfaltspflichtverletzung richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der fraglichen Handlung Unterlassung. Mithin richtet sich die verlangte Sorgfalt nach dem Recht, Wissensstand und den Massstüben im damaligen Zeitpunkt (BGE 139 III 24 E. 3.2; BGer 4A_19/2020 vom 19. August 2020
E. 3.1.2; BGer 4A_259/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 5.1; BGer 4A_626/2013
vom 8. April 2014 E. 5.1; Handelsgericht ZH HG170213-O vom 1. Dezember
2020 E. 5.2.2; B?-CKLI, a.a.O., 16 N 51, 246; CORBOZ/AUBRY GIRARDIN, in: Tercier/Amstutz/Trigo Trinidade [Hrsg.], Commentaire Romand, Code des obligations II, 2. Aufl. 2017, Art. 754 N 22 f.; GERICKE/WALLER, a.a.O., Art. 754 N 31c; WAT-
TER/ROTH PELLANDA, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 717 N 6). Es ist auf diejenigen Informationen abzustellen, über die die betreffende Person damals verfügte verfügen konnte
(BGer 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.1; CORBOZ/AUBRY GIRARDIN, a.a.O., Art. 754 N 22a; WATTER/ROTH PELLANDA, a.a.O., Art. 717 N 6).
Eine unter dem aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsrecht relevante Pflichtverletzung kann beispielsweise in einer Verletzung der genannten unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrats nach Art. 716a Abs. 1 OR liegen (G ERICKE/WALLER, a.a.O., Art. 754 N 26). darüber hinaus bzw. konkret kann eine solche Pflichtverletzung in einem Verstoss gegen Bilanz- und Rechnungslegungsvorschriften (allenfalls zusätzlich) der Bestimmungen über das Verhalten bei eingetretener überschuldung liegen (BGE 148 III 11
E. 3.2.3.2; B?-CKLI, a.a.O., 16 N 307, 311, 319 ff.; CORBOZ/AUBRY GIRARDIN,
a.a.O., Art. 754 N 25; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., 37 N 29, 31).
So liegt beispielsweise eine Pflichtverletzung vor, wenn der Verwaltungsrat es unterlässt, eine gesetzlich verlangte Rückstellung zu bilden bzw. deren Bildung zu verlangen (BGE 132 III 564 E. 5.1; BGer 4A_277/2010 vom 2. September 2010
E. 2.1; Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 13.6, 13.8e, 14.3a; siehe auch BGer 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 4.1.1, 4.1.4). Ebenso liegt ei- ne Pflichtverletzung vor, wenn der Verwaltungsrat es unterlässt, bei gegebenen Voraussetzungen nach Art. 725 Abs. 2 OR das Konkursgericht zu benachrichtigen (BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 7.2.3, 7.2.4.2, 7.2.5, 9.2.1,
9.3.2; BGer 4A_373/2015 vom 26. Januar 2016 E. 4.1; BGer 4A_188/2007 vom
13. September 2007 E. 5.3; GERICKE/WALLER, a.a.O., Art. 754 N 28). Ferner kön- nen Gewinnausschüttungen, sei es in Form von Dividenden von verdeckten Gewinnausschüttungen, Pflichtverletzungen darstellen, wenn die finanzielle Lage der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Ausschüttung diese nach objektiver Beurteilung nicht zulässt (BGer 4A_174/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.1; BGer 4A_188/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.2, 4.3.3; CORBOZ/AUBRY GIRARDIN,
a.a.O., Art. 754 N 21a; GERICKE/WALLER, a.a.O., Art. 754 N 30). Ebenso kann ein Verstoss gegen die Voraussetzungen einer rechtmässigen Ausschüttung pflichtwidrig sein, trägt doch der Verwaltungsrat die Verantwortung für die Rechtmössigkeit und Tragbarkeit seines Antrags auf Verwendung des Bilanzgewinns an die Generalversammlung (B?-CKLI, a.a.O., 16 N 50, 308). Schliesslich können Verletzungen der Treuepflicht haftungsbegründend sein, worunter Straftatbestände
wie ungetreue Geschäftsführung Veruntreuung fallen (GERICKE/WALLER, a.a.O., Art. 754 N 29).
Was Geschäftsentscheide betrifft, haben sich Gerichte bei der nachträglichen Beurteilung solcher Entscheide zurückhaltung aufzuerlegen, sofern diese in einem einwandfreien, auf einer angemessenen Informationsbasis beruhenden und von Interessenkonflikten freien Entscheidprozess zustande gekommen sind. Diesfalls prüfen Gerichte Geschäftsentscheide in inhaltlicher Hinsicht lediglich darauf, ob sie als vertretbar erscheinen (BGE 139 III 24 E. 3.2; BGer 4A_19/2020 vom 19. August 2020 E. 3.1.2; BGer 4A_626/2013 vom 8. April 2014 E. 5.1).
Liegt hingegen ein Interessenkonflikt vor, rechtfertigt es sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht, besondere zurückhaltung zu üben. Vielmehr ist diesfalls nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu befürchten, dass beim fraglichen Entscheid die Gesellschaftsinteressen nicht an erster Stelle stehen und nicht allein diese gewahrt werden. Deshalb wird bei nachgewiesenem Interessenkonflikt auf tatsächlicher Ebene ein pflichtwidriges Handeln vermutet. Eine tatsächliche Vermutung betrifft die BeweisWürdigung und bewirkt keine Umkehr der Beweislast; die Vermutungsgegnerschaft hat nicht etwa den Beweis des Gegenteils zu erbringen, sondern den Gegenbeweis. Gelingt der Gegenbeweis nicht, ist die Pflichtwidrigkeit aufgrund der tatsächlichen Vermutung erstellt. Liegt am Ende aber Beweislosigkeit vor, wirkt sich dies zu Lasten der nach wie vor die Beweislast tragenden Verantwortlichkeitsklägerschaft aus und eine Pflichtverletzung ist diesfalls nicht nachgewiesen (zum Ganzen BGer 4A_642/2016 vom 27. Juni 2017 E. 2.1; BGer 4A_259/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 5.2 m.w.H.; B?-CKLI,
a.a.O., 16 N 249).
Zu den Voraussetzungen und Wirkungen einer Ausschüttung
Eines der wichtigsten Prinzipien des Aktienrechts ist der Kapitalschutz. In dessen Dienst steht eine ganze Reihe zwingender Bestimmungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass der Aktiengesellschaft stets ein Reinvermögen
d.h. Aktiven minus Fremdkapital mindestens im Umfang von Grundkapital und gebundenen Reserven erhalten bleibt. Im Dienst des Kapitalschutzes stehen insbesondere die Vorschriften über die Dividendenausschüttung. Zum einen darf der verhältnismässige Anteil am Bilanzgewinn, der jedem Aktionür nach Art. 660 OR zusteht, gemäss Art. 675 Abs. 2 OR nur aus dem Bilanzgewinn und aus hierfür gebildeten Reserven ausgerichtet werden (materielle Voraussetzung für Gewinnausschüttungen; BGE 140 III 533 E. 4.1; BGer 4A_248/2012 vom 7. Januar 2013
E. 3.2; Handelsgericht ZH HG130015-O vom 20. Januar 2014 E. 5.1.2; siehe auch BGer 4A_174/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.1; BGer 4A_188/2007 vom 13. September 2007 E. 4.3.2). Zum anderen muss ein Dividendenbeschluss formelle Voraussetzungen erFällen. Unter anderem muss sich der Ausschüttungsbeschluss auf eine Jahresrechnung abstätzen. Sodann muss ein Revisionsbericht vorliegen, in dem die Revisionsstelle der Generalversammlung schriftlich einen zusammenfassenden Bericht über das Ergebnis der Revision erstattet (für die eingeschränkte Revision Art. 729b OR). Der Revisionsbericht hat sich bei der eingeschränkten Revision darüber auszusprechen, ob sich bezüglich des Gewinnverwendungsantrags des Verwaltungsrats an die Generalversammlung Hinweise auf Verstösse gegen Gesetz und Statuten ergeben (Art. 729a Abs.1 Ziff. 2 OR). Dies gilt auch dann, wenn die Ausschüttung nicht aus dem Bilanzgewinn, sondern beispielsweise aus freien Reserven Agio erfolgt (B?-CKLI, a.a.O., 8 N 701; REUTTER/RASMUSSEN, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 731 N 6; siehe auch B?-CKLI, Revisionsstelle und AbschlussPrüfung nach neuem Recht, 2007, N 707). Schliesslich hat die Generalversammlung die Ausschüttung zu beschliessen (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 4 OR; zum Ganzen VOGT, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 675 N 25; siehe auch B?-CKLI, a.a.O., 8 N 677; DUBS/TRUFFER, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 698 N 21; K?GI, a.a.O., 7 Rz. 5 f., 33 ff.).
Was die materielle Beschränkung für Gewinnausschüttungen gemäss Art. 675 Abs. 2 OR betrifft, bedeutet diese (über den Wortlaut hinaus), dass die der Ausschüttung zugrundeliegende Jahresrechnung so viel verwendbares Eigenkapital
(d.h. Eigenkapitalpositionen, die nicht von den aktienrechtlichen Ausschüttungssperren erfasst sind) ausweisen muss, dass der Ausschüttungsbetrag gedeckt ist (B?-CKLI, a.a.O., 8 N 680; DUBS/TRUFFER, a.a.O., Art. 698 N 21). Das verwendbare Eigenkapital ist dasjenige, welches (gegebenenfalls nach Abzug eines Bilanzverlustes) nicht auf das Grundkapital einerseits und auf die gesperrte Quote der allgemeinen gesetzlichen Reserve (in der Höhe der Hälfte des Grundkapitals, vgl. Art. 671 Abs. 2 OR), die Reserve für eigene Aktien und die Aufwertungsreserve andererseits entfällt (BAHAR/PEYER, in: Handschin/Jung [Hrsg.], Zürcher Kommentar, Art. 660-697m OR, 2. Aufl. 2021, Art. 675 N 15; B?-CKLI, a.a.O., 8
N 680; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 16). Hat die Gesellschaft Verfügbare Reserven und weist sie gleichzeitig Verluste aus, reduzieren sich die Verfügbaren Reserven um diesen Betrag (GLANZMANN, Ausgewöhlte Fragen im Zusammenhang mit Divi- dendenausschüttungen, in: Kunz/Arter/Jürg [Hrsg.], Entwicklungen im Gesellschaftsrecht XII, 2017, 105); eine Ausschüttung ist also nur in dem Umfang möglich, als das verwendbare Eigenkapital den Bilanzverlust übersteigt (BA- HAR/PEYER, a.a.O., Art. 675 N 24; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 23).
Ein Allfälliges Agio untersteht ab dem Moment seiner Erfassung in den Geschöftsbüchern der Gesellschaft den Ausschüttungsregeln der allgemeinen Reserve und kann demnach unter den soeben beschriebenen Voraussetzungen frei verwendet werden (BGE 140 III 533 E. 6.2; BAHAR/PEYER, a.a.O., Art. 675 N 31). Dies gilt auch für ein Allfälliges Fusionsagio, d.h. den Betrag, in dem die über- nommenen Nettoaktiven den Nennbetrag der im Rahmen der Fusion durchgefährten Kapitalerhöhung übersteigen (GLANZMANN/GUIDOUM, Die gesetzliche Kapitalreserve, in: Jung/Krauskopf/Cramer [Hrsg.], Festschrift Handschin, 2020, 258 m.w.H.).
Eine sog. ausserordentliche Dividende liegt vor bei einer Ausschüttung, die nicht im Rahmen der ordentlichen Generalversammlung gestützt auf die Jahresrechnung des Vorjahrs, sondern zu einem späteren Zeitpunkt unter Verwen- dung freier Gesellschaftsmittel vergangener Geschäftsjahre und gestützt auf eine bereits früher genehmigte Jahresrechnung beschlossen wird (A ICHELE/VIONNET- RIEDERER, Die Zwischendividende im revidierten Aktienrecht, EF 2021, 293; B?-CKLI, a.a.O., 8 N 725; FORSTMOSER/ZINDEL/BAHAR, zulässigkeit der Interims- dividende im schweizerischen Recht, SJZ 2009, 205). Sie ist zu unterscheiden von der Interimsdividende, bei der eine Ausschüttung aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs erfolgt und die sich nicht auf die Jahresrechnung eines abgeschlossenen Geschäftsjahrs stätzt (FORSTMOSER/ZINDEL/BAHAR, a.a.O., 205; GLANZMANN, a.a.O., 85; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 36).
Auch die Ausrichtung einer ausserordentlichen Dividende untersteht den besagten Voraussetzungen (DRUEY/DRUEY JUST/GLANZMANN, Gesellschafts- und Han- delsrecht, 12. Aufl. 2021, 8 Rz. 70; GLANZMANN, Das Eigenkapital gemäss neuem Aktienrecht, SJZ 2022, 763). Zunächst müssen auch für eine ausserordentliche Dividende die Voraussetzungen von Art. 675 Abs. 2 OR erfüllt sein (BA- HAR/PEYER, a.a.O., Art. 675 N 52; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., 40 N 54; FORSTMOSER/ZINDEL/BAHAR, a.a.O., 205 f.; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 35).
Sodann muss sich auch eine ausserordentliche Dividende auf eine Jahresrech- nung abstätzen, sind doch Ausschüttungen, die sich nicht auf eine revidierte und genehmigte Jahresbilanz stätzen, rechtswidrig (BGer 4A_248/2012 7. Januar 2013 E. 3.2; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 25). Zusätzlich wird gefordert, dass die Revisionsstelle namentlich im Rahmen ihrer Prüfung des Dividendenantrags des Verwaltungsrats (Art. 728a Abs. 1 Ziff. 2 bzw. Art. 729a Abs. 1 Ziff. 2 OR) in ei- nem Bericht bestätigt, dass die Ausschüttung gesetzes- und statutenkonform, insbesondere also das benötigte verwendbare Eigenkapital immer noch vorhan- den ist (HWP, Schweizer Handbuch der WirtschaftsPrüfung, Buchführung und Rechnungslegung, Treuhand-Kammer [Hrsg.], 2014, 238; HWP, Schweizer Handbuch der WirtschaftsPrüfung, Ordentliche Revision, EXPERTsuisse [Hrsg.], 2015, 400; CHENAUX, in: Tercier/Amstutz/Trigo Trinidade [Hrsg.], Commentaire Romand, Code des Obligations II, 2. Aufl. 2017, Art. 675 N 23; VOGT, a.a.O., Art. 675 N 35; wohl auch AICHELE/VIONNET-RIEDERER, a.a.O., 293; ferner RENG-
GLI/KISSLING/CAMPONOVO/HONOLD/KEEL, Die eingeschränkte Revision, 3. Aufl. 2023, 463 f.). Eine solche Bestätigung soll zumindest dann erforderlich sein, wenn der Generalversammlungsbeschluss mehr als sechs Monate nach dem Bilanzstichtag gefasst wird (DRUEY/DRUEY JUST/GLANZMANN, a.a.O., 8 Rz. 70; FORST- MOSER/ZINDEL/BAHAR, a.a.O., 205 f., Fn. 3; GLANZMANN, SJZ 2022, a.a.O., 763;
GLANZMANN, Entwicklungen XII, a.a.O., 89; ebenso B?-CKLI, a.a.O., 8 N 697, 725, nach dem aber gar ein Zwischenabschluss erstellt und gepröft werden muss, wenn das verbleibende Eigenkapital nur knapp auszureichen scheint Ereignisse des Geschäftsjahrs auf eine Verschlechterung der Finanzlage schliessen lassen). Teils wird gar gefordert, dass stets ein Zwischenabschluss erstellt und von der Revisionsstelle gepröft wird (FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O.,
? 40 Fn. 11; ferner HWP OR, a.a.O., 401, wonach in der Regel ein aktueller Zwischenabschluss erforderlich ist), jedenfalls wenn der Bilanzstichtag im Zeitpunkt des Generalversammlungsbeschlusses mehr als sechs Monate zurückliegt (CHENAUX, a.a.O., Art. 675 N 23) Grund zur Annahme besteht, dass das in der Jahresrechnung ausgewiesene Eigenkapital in der Zwischenzeit durch einen Verlust aufgezehrt worden ist (BAHAR/PEYER, a.a.O., Art. 675 N 52; CHENAUX, a.a.O., Art. 675 N 23). Fehlt die besagte Bestätigung der Revisionsstelle, ist ein Ausschüttungsbeschluss in Anwendung von Art. 731 Abs. 3 OR nichtig (HWP B&R, a.a.O., 238; HWP OR, a.a.O., 401).
Mit einem Ausschüttungsbeschluss wird der latente Anspruch des Aktio- nürs auf das Eigenkapital durch eine Forderung gegen die Gesellschaft ersetzt. Diese ist durchsetzbar und kann nicht wieder entzogen werden. grundsätzlich wird sie sofort mit dem Beschluss der Generalversammlung fällig. Sie untersteht, wenn sie erst später bezahlt wird, nicht mehr der Entnahmesperre von Art. 675 Abs. 2 OR (zum Ganzen B AHAR/PEYER, a.a.O., Art. 675 N 49; VOGT, a.a.O.,
Art. 675 N 26; ferner B?-CKLI, a.a.O., 8 N 705; GLANZMANN, Entwicklungen XII, a.a.O., 109; K?GI, a.a.O., 7 Rz. 21, 23).
Zur Pflicht zur Bildung von Rückstellungen
Ein Grundsatz ordnungsmässiger Rechnungslegung ist das Vorsichtsprinzip (Art. 958c Abs. 1 Ziff. 5 OR bzw. aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 3 OR). Allgemein gesprochen besagt dieses, dass im Rahmen der Erstellung der Jahresrechnung beim Umgang mit Ungewissheiten Vorsicht geboten ist. Vermögenswerte und ErtRüge sollen nicht zu hoch, Schulden und Aufwendungen nicht zu niedrig angesetzt werden (L IPP, in: Roberto/Tr?eb [Hrsg.], Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Rechnungslegungsrecht, 2013, Art. 958c N 30). In seiner Ausprägung als Imparitätsprinzip erfordert es, dass Rückstellungen für absehbare Mittelabflüsse schon zu erfassen sind, wenn sie absehbar (BGer 4A_277/2010 vom
2. September 2010 E. 2.2) bzw. erkennbar (Botschaft vom 21. Dezember 2007
zur änderung des Obligationenrechts [Aktienrecht und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen im Recht der Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft, im GmbH-Recht, Genossenschafts-, Handelsregistersowie Firmenrecht], BBl 2007 1589 ff., Ziff. 2.2.2; MÜLLER/HENRY/BARMETTLER, in: Pfaff/Glanz/Stenz/Zihler [Hrsg.], Rechnungslegung nach Obligationenrecht, 2. Aufl. 2019, Art. 958c N 52) sind bzw. sobald der sorgsame Kaufmann mit ihnen aufgrund der Erfahrung ernstlich rechnen muss (B?-CKLI, OR-Rechnungslegung, 2. Aufl. 2019, N 174, 180). In Bezug auf die Bewertung verlangt das Vorsichtsprinzip, dass bei Bewertungsunsicherheiten von zwei sachlich begründeten Wertansätzen der weniger optimistische gewöhlt wird (B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 182; NEU- HAUS/SUTER, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 958c N 14). Dies gilt auch als Leitlinie für Schätzungen (B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 182).
Um ungewisse Verpflichtungen und drohende Verluste, deren Eintrittswahrscheinlichkeit, Zeitpunkt und Höhe unsicher sind, zu decken, sind Rückstellungen zu bilden (BGer 6B_778/2011 vom 3. April 2012 E. 5.4.2; BGer 4A_277/2010 vom 2. September 2010 E. 2.1; BGer 4C.190/2004 vom 11. August
2004 E. 2.4; BOEMLE/LUTZ, Der Jahresabschluss, 5. Aufl. 2008, 370, 373; HAND- SCHIN, Rechnungslegung im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2016, N 761 f.; NEU- HAUS/HAAG, in: Honsell/Vogt/Watter [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl. 2016, Art. 960e N 2, 9, 14; RIEDERER, Die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen nach Art. 960e Abs. 2 OR, 2016, N 178; STENZ, in: Pfaff/Glanz/Stenz/Zihler [Hrsg.], Rechnungslegung nach Obligationenrecht,
2. Aufl. 2019, Art. 960e N 13). Konkret sah der sowohl im Januar 2011 als auch im Juli 2012 geltende aArt. 669 Abs. 1 OR eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen vor, soweit sie nach allgemein anerkannten kaufMännischen Grundsätzen notwendig sind bzw. um ungewisse Verpflichtungen und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu decken. Die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen bezweckt, dass bei der Bilanzierung diejenigen Korrekturen vorgenommen werden, die erforderlich sind, um eine korrekte und dem Vorsichtsprinzip Rech- nung tragende Darstellung der finanziellen Lage der Gesellschaft sicherzustellen. Beim Entscheid darüber, ob und in welcher Höhe Rückstellungen getätigt werden
müssen, verfügt die Unternehmensleitung als Folge der Ungewissheit der Verbindlichkeiten über einen gewissen Ermessensspielraum. Sie hat ihr Ermessen aber stets pflichtgemäss, das heisst nach kaufMännischen Grundsätzen auszu- üben (BGer 6B_778/2011 vom 3. April 2012 E. 5.4.2; BGer 4C.190/2004 vom 11. August 2004 E. 2.4).
Namentlich Prozessrisiken können eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen begründen (Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 13.6a; HWP B&R, a.a.O., 215, 218; B?-CKLI, a.a.O., 6 N 893; B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 1048; BOEMLE/LUTZ, a.a.O., 372; HANDSCHIN, a.a.O., N 762; K?LIN,
Buchhalterische Beurteilung von Prozessrisiken aus Beklagtensicht, AJP 2017, 1045). Wird der Gesellschaft eine Forderungsklage angedroht, muss der Verwaltungsrat daher den voraussichtlichen Verfahrensausgang abSchätzen und eine angemessene Rückstellung bilden, sofern er zum Schluss kommt, dass die Gesellschaft zwar nicht sicher, aber möglicherweise unterliegt (B?-CKLI, a.a.O., 6 N 893; B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 1048; K?LIN, a.a.O., 1044 f.; wäre das Unterliegen sicher, Müsste die Forderung als Verbindlichkeit verbucht wer- den). Der Verwaltungsrat wird für die Schätzung von Bestand und Höhe der For- derung sowie der zu erwartenden Rechtskosten in der Regel seine Rechtsvertretung beizuziehen haben (K?LIN, a.a.O., 1044; siehe auch Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 13.6a; HWP B&R, a.a.O., 218; ferner allgemein zur Pflicht des Verwaltungsrats, sich von Spezialisten beraten zu lassen WAT- TER/ROTH PELLANDA, a.a.O., Art. 717 N 9). Teils wird eine solche Erkundigung gar als unerlüsslich bezeichnet (B?-CKLI, a.a.O., 6 N 893; B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 1048).
Ab welcher Eintrittswahrscheinlichkeit eine Pflicht zur Bildung einer Rückstellung besteht, ist im Einzelnen umstritten (vgl. dazu etwa die übersichten bei BERT- SCHINGER, Die handelsrechtliche und steuerrechtliche Gewinnermittlung unter dem revidierten Rechnungslegungsrecht, 2020, N 420, RIEDERER, a.a.O., N 197 ff., und RIEDERER, Rückstellungen: Eigen Fremdkapital, recht 2017, 36 f.). Jedenfalls hielt das Bundesgericht in einem Entscheid aus dem Jahr 2010 (zu aArt. 669 Abs. 1 OR) fest, eine Rückstellung könne bereits bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 50% darunter angebracht sein. In einem solchen Fall könne die angemessene Lösung in der Rückstellung eines Teilbetrags des schlimmsten möglichen Ausgangs bestehen, wenn ein Versicherer, der viele solche Risiken in seinen Büchern hätte, eine Rückstellung in einem Betrag, welcher der Wahrscheinlichkeit entspricht, für nötig erachten würde (BGer 4A_277/2010 vom 2. September 2010 E. 2.1; bestätigt in BGer 6B_778/2011 vom 3. April 2012
E. 5.4, ohne die Bezugnahme auf den Versicherer, der viele solche Risiken in seinen Büchern hat; in diesem Sinn auch Handelsgericht ZH HG200175-O vom
September 2022 E. 4.2.3). Demnach ist im Bereich des OR jedenfalls nicht die Methode der IFRS massgeblich, wonach eine Rückstellung zu bilden ist, wenn eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mehr als 50% vorliegt, und andernfalls keine Rückstellung gebildet werden darf (more likely than not-Regel). In der Lehre wird teils die Ansicht als vorherrschend bezeichnet, wonach bei einer Wahrscheinlichkeit ab 50% die volle Summe, bei einer solchen unter 50% eine anteilsmässige Rückstellung zu buchen ist (K?LIN, a.a.O., 1045 f.; in diesem Sinn, und zwar jeweils [wie auch K?LIN] ohne Vorbehalt betreffend Einzelsachverhalte, auch HWP B&R, a.a.O., 216; NEUHAUS/HAAG, a.a.O., Art. 960e N 12; STENZ, a.a.O., Art. 960e N 27; wohl auch LIPP, a.a.O., Art. 959 N 56, Art. 960e N 19; a.M. H?NDSCHIN,
a.a.O., N 774 ff. [Anwendung der more likely than not-Regel; so auch die Vorauflage 2013; vgl. aber auch H?NDSCHIN, Rechnungslegungs- und Revisionsrecht in a nutshell, 2008, 92, wonach eine Rückstellung entsprechend der Eintrittswahrscheinlichkeit zulässig sei]; RENTSCH/Z?-BELI, Rückstellungen nach dem neuen Rechnungslegungsrecht, rechnungswesen & controlling 3/2013, 13 [Anwendung der more likely than not-Regel jedenfalls für Einzelsachverhalte]; RIEDERER, a.a.O., N 197 ff., 255 [Anwendung der more likely than not-Regel jedenfalls für Einzelsachverhalte]). B?-CKLI schlägt vor, bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von unter 20-25% keine Rückstellung zu buchen, bei einer solchen von 20-25% bis 75-80% eine Rückstellung in einem angemessenen Teilbetrag und bei einer höheren Eintrittswahrscheinlichkeit eine Verbindlichkeit im vollen Betrag; dies auch bei grossen Einzelrisiken (B?-CKLI, a.a.O., 6 N 881, 906, 908 [für anteilsmässige Rückstellungen auch die Vorauflage 2009 8 N 841]; B?-CKLI, Rechnungslegung, a.a.O., N 1025 f. [so auch die Vorauflage 2014]). Stets zu beachten ist bei dieser
Beurteilung jedenfalls das Vorsichtsprinzip (BGE 132 III 564 E. 5.1; BERTSCHIN- GER, a.a.O., N 431).
Würdigung
Keine Beschränkung auf VertretbarkeitsPrüfung / Vorliegen eines Interessenkonflikts
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach sich Gerichte bei der nachträglichen überPrüfung von Geschäftsentscheiden unter bestimmten Voraussetzungen zurückhaltung aufzuerlegen haben, findet nur auf eigentliche unter- nehmerische Entscheide Anwendung; hingegen sind andere Aufgaben des Verwaltungsrats, namentlich Kontroll- und Organisationsaufgaben, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts einer justizmässigen Nachkontrolle zugänglich (BGer 4A_623/2018 vom 31. Juli 2019 E. 3.1). Ist, wie vorliegend, die Einhaltung von Rechnungslegungsvorschriften zu prüfen, rechtfertigt sich entsprechend kei- ne auf blosse Vertretbarkeit beschränkte Prüfung (Handelsgericht ZH HG200175- O vom 13. September 2022 E. 4.2.1).
Ohnehin befanden sich die Beklagten im Hinblick auf die Bildung von Rückstellungen und die Fassung des Dividendenbeschlusses im Januar 2011 unter Einfluss eines Interesskonflikts:
Ein Organmitglied steht unter Einfluss eines Interessenkonflikts, wenn es hinsichtlich eines RechtsGeschäfts persönliche Interessen hat Drittinteressen wahren muss, die den Interessen der Gesellschaft widersprechen (STUTZ/VON DER CRONE, Kontrolle von Interessenkonflikten im Aktienrecht, SZW 2003, 103; siehe auch B?HLER, in: Händschin [Hrsg.], Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, Generalversammlung und Verwaltungsrat, 3. Aufl. 2018, Art. 717 N 127; FISCHER, Interessenkonflikte im Schweizer Privat- und Wirtschaftsrecht, 2019, 37; ferner BGer 4A_360/2012 E. 4.2.2 [Ein Interessenkonflikt ergibt sich, wenn am Geschöft eine Person beteiligt ist, die aufgrund ihrer Stellung die Interessen beider Vertragsparteien zu wahren hat.]).
Die Beklagte 1 befand sich unter Einfluss eines solchen Interessenkonflikts: Erstens hatte sie als VerwaltungsratsPräsidentin der Alleinaktionürin I. (vorne
E. 2. 1), der die Ausschüttung unmittelbar zugutekam, auch deren Interessen zu wahren (vgl. BGer 4A_522/2011 vom 13. Januar 2012 E. 2.3). Zweitens wurde die I. (wie auch zunächst die C. ) jedenfalls von ihrem Ehemann gehalten (vorne E. 2. 1). Damit profitierte das Ehepaar mittelbar vom Verzicht auf die Bil- dung von Rückstellungen und der dadurch ermöglichten Ausschüttung. Nicht entscheidend ist diesbezüglich, ob formell gesehen einzig der Ehemann Aktionür der I. war. Denn zunächst ist zu bemerken, dass die Beklagte 1 und ihr Ehe-
mann gemäss dem Protokoll der Generalversammlung der I.
vom
anuar 2011 explizit feststellten, das Ehepaar A. AF. sei Eigentümer des gesamten Aktienkapitals der I. (vorne E. 4. 15). Dies zeigt, dass sich die Beklagte 1 und ihr Ehemann zumindest gemeinsam als Eigentümer betrachteten. Sodann ist anzumerken, dass sich ein Interessenkonflikt auch aus ei- ner moralischen bzw. ideellen Betroffenheit ergeben kann (FISCHER , a.a.O., 45), vorliegend also aus dem persönlichen Verhältnis zwischen der Beklagten 1 und ihrem Ehemann. Drittens handelte es sich bei den von der Ausschüttung erfassten Darlehensforderungen grossmehrheitlich um solche gegenüber der Beklagten 1 und ihrem Ehemann und auch im übrigen um solche gegenüber nahestehenden Personen (vorne E. 4. 15). Die übertragung dieser Forderungen an die I. war insofern im Interesse der Beklagten 1, als sie dadurch deren Durchsetzung im Falle eines Konkurses der C. verhindern konnte.
Auch der Beklagte 2 befand sich unter Einfluss eines solchen Interessenkonflikts:
Erstens war auch er Mitglied des Verwaltungsrats der I.
(vorne E. 2. 2).
Auch er hatte also die Interessen der Ausschüttungsempfängerin zu wahren. Zweitens war der Beklagte 2 anerkanntermassen einer der Berater der Gesellschaften des Ehemanns der Beklagten 1 sowie des Ehemanns und der Beklagten 1 persönlich (act. 57 Rz. 206, 628). Gemäss Darstellung der Beklagten 1 war der Beklagte 2 gar ein enger Vertrauter und Berater ihres Ehemanns und er beriet
und unterstätzte über die H.
ihren Ehemann seit Jahren (act. 29 Rz. 31,
33). Dass der Beklagte 2 tatsächlich auch die wirtschaftlich Berechtigten beriet, zeigt sich unter anderem darin, dass er den Entwurf eines Testaments der Be klagten 1 erstellte (act. 43 Rz. 104k; act. 57 Rz. 220). Dies zeigt sich ferner darin, dass er anlässlich der Verwaltungsratssitzung vom 14. September 2009 Ausführungen zur finanziellen Situation der Beklagten 1 und ihres Ehemanns machte (vorne E. 4. 8). Vor diesem Hintergrund war der Beklagte 2 nicht nur den Interes-
sen der C.
verpflichtet. Vielmehr musste er auch die Interessen der wirtschaftlich Berechtigten wahren. Insbesondere zeigen die besagten Ausführungen zur finanziellen Situation der Beklagten 1 und ihres Ehemanns anlässlich einer Verwaltungsratssitzung der C. , der I. und der L. , dass die Interessen der wirtschaftlich Berechtigten gerade auch in seine organschaftliche Tätigkeit einflossen. Dadurch vermischte er die Interessen sowohl der drei Gesellschaften als auch der wirtschaftlich Berechtigten.
Hervorzuheben ist, dass sich die Interessen der C. einerseits und jene der I. und der wirtschaftlich Berechtigten andererseits insofern widersprachen, als Letztere an einer Ausschüttung interessiert waren bzw. eine solche anstrebten (vgl. nur E. 4. 7), während Erstere mit Blick auf ihre Bestandessicherung gerade angesichts der hohen klägerischen Forderungen an einem soliden Eigenkapitalpolster interessiert war. Zu betonen ist auch, dass dieser Interessenkonflikt nicht nur den Entscheid über die Ausschüttung beschlug. Vielmehr betraf er auch denjenigen über die Bildung von Rückstellungen für die Sanierungskosten und namentlich über die Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit der diesbezüglichen Kostentragungspflicht der C. . Denn die Bildung von Rückstellungen hätte das für Ausschüttungen verwendbare Eigenkapital vermindert. Dieser Zusammenhang zwischen der Bildung von Rückstellungen und der Möglichkeit von Ausschüttungen war den Beklagten bewusst. Dies ergibt sich insbesondere aus der präsentation von Ende August 2009, worin die Ausschüttbarkeit in unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der Rückstellungen gebracht wird (vorne E. 4. 7).
Infolge dieser Interessenkonflikte ist von der Vermutung auszugehen, dass sich die Beklagten bezüglich der Bildung von Rückstellungen und der dadurch ermöglichten Ausschüttung pflichtwidrig verhielten.
Pflichtwidrig unterlassene Rückstellungen vor dem 14. Januar 2011
Am und vor dem 14. Januar 2011 stand eine Kostentragungspflicht von bis zu CHF 20 Mio. im Raum. Diese Zahl basierte auf einer Schätzung der
U.
AG und war den Beklagten spätestens ab März 2008 bekannt (vorne
E. 4. 4). Mangels anderer Schätzungen mussten sie dannzumal auf diesen Betrag abstellen. Irrelevant ist für die Beurteilung einer Allfälligen Pflichtverletzung, dass eine spätere Schätzung der Sanierungskosten durch die AH. AG einen Betrag von CHF 8'910'000 (inkl. MWST.) ergab (vorne E. 4. 18). Denn zur Beurteilung einer Sorgfaltspflichtsverletzung ist auf die dannzumal Verfügbaren Informationen abzustellen (vorne E. 9.2.1. 2). Dass es Gründe gab, an der Kostenschätzung der U. AG zu zweifeln, machen die Beklagten nicht geltend. Vielmehr stellten auch sie auf diesen Betrag ab. Dies ergibt sich aus dessen Nennung im Pendenzenpapier vom 11. März 2008 (vorne E. 4. 5) sowie der Bezugnahme auf ein betragsmässig enormes Risiko und die Diskussion dieses Betrags (so act. 31 Rz. 213) anlässlich der Verwaltungsratssitzung vom 10. April 2008 (vorne E. 4. 6). Mithin gingen auch die Beklagten davon aus, dass die Sanierung zu Kosten von schätzungsweise CHF 20 Mio. führen würde. Angemerkt sei, dass zur Beurteilung einer Sorgfaltspflichtsverletzung auf diejenigen Informationen abzustellen ist, über die die betreffende Person damals verfügte verfügen konnte (vorne
E. 9.2.1. 2). Die Beklagten hatten es jederzeit in der Hand und es hätte ihnen nach dem Gesagten bei Zweifeln an der damaligen Kostenschätzung auch oblegen, ei- ne neuerliche Schätzung einzuholen, um den Umfang der Rückstellungspflicht zu präzisieren. Entsprechend wäre eine Pflicht zur Bildung von Rückstellungen nicht schon deshalb entfallen, weil die damalige Kostenschätzung zu hoch schien.
Dass der Kläger zumindest einen Teil dieser Kosten gegenüber der C. geltend machen könnte, mithin die C. sich einer möglichen Verpflichtung ausgesetzt sah, war den Beklagten bewusst, was die Beklagte 1 im übrigen auch anerkennt (act. 29 Rz. 73): Das Pendenzenpapier vom 11. März 2008 sah zum weiteren Vorgehen rechtliche Abklärungen der finanziellen Auswirkungen vor (vorne
E. 4. 5). An der Verwaltungsratssitzung vom 21. August 2009 wurde infolge Mändlicher Aussagen des Klägers zunehmender Druck zur Kostenübernahme festge stellt sowie von drohenden Forderungen gesprochen (vorne E. 4. 8). An der Verwaltungsratssitzung vom 13. Januar 2011 wurde von latenten Forderungen des Klägers gesprochen (vorne E. 4. 14). Die Beklagten wussten demnach vor dem
14. Januar 2011, dass die C. 20 Mio. ausgesetzt war.
möglichen Verpflichtungen von bis zu CHF
Daher stellte sich die Frage der Bildung von Rückstellungen, was die Beklagte 1 im übrigen auch anerkennt (act. 29 Rz. 44), und entsprechend der zulässigkeit von Ausschüttungen: Das Pendenzenpapier vom 11. März 2008 sah zum weiteren Vorgehen die Bildung Allfälliger Rückstellungen in abhängigkeit des Risikos, dass die Gesellschaft haftbar ist, vor, wobei offenbar als entscheidend angesehen wurde, ob das Risiko einer Haftung höher als 50% sei (vorne E. 4 .5). An der Verwaltungsratssitzung vom 21. August 2009 wurde die Frage der Rückstellungen für
die Altlastensanierung See angesprochen und das Vermögen der C.
als
nicht ohne Weiteres ausschüttbar bezeichnet (vorne E. 4. 7). An der Verwaltungsratssitzung vom 14. September 2009 wurde auf Schwierigkeiten betreffend Ausschüttungen infolge der Altlastenproblematik hingewiesen (vorne E. 4. 8). Auch die Erwähnung der Möglichkeit einer Vereinnahmung des Verkaufserlsses der Liegenschaften durch eine andere Gesellschaft im Telefax vom 30. Juni 2010 ist vor diesem Hintergrund zu sehen (vorne E. 4. 10), auch wenn dieses Vorhaben in der Folge nicht umgesetzt worden sein mag (act. 57 Rz. 90). Dasselbe gilt für den Beschluss vom 13. Januar 2011, ein Gutachten einzuholen wonach die erwähnte Thematik verjährt ist und die Ausschüttung vollzogen werden kann (vorne E. 4. 14).
Bei der Verjährungshypothese handelte es sich um eine von den Beklagten damals vertretene Auffassung (act. 57 Rz. 384; act. 59 Rz. 23). Es handelte sich Nämlich um eine umstrittene Rechtsfrage, zu der in der Lehre unterschiedliche Meinungen vertreten wurden. Dabei konnte sich die aus Sicht der Beklagten gegenteilige Meinung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur analogen Rechtslage im Bereich des Gewässerschutzrechts stätzen, wie das Bundesgericht in seinem Urteil vom 29. Juli 2019 bemerkte (vorne E. 4. 16). Die Frage der Bildung von Rückstellungen stellte sich denn auch gerade deshalb, weil den Beklagten bewusst war, dass sich die C.
nicht mit Sicherheit erfolgreich auf
die Verjährung würde berufen können. Dies ergibt sich daraus, dass im Pendenzenpapier vom 11. März 2008 festgehalten wurde, dass die Verjährungsfrage umstritten sei (vorne E. 4. 5), und am 13. Januar 2011 überhaupt beschlossen wurde, ein Gutachten einzuholen (vorne E. 4. 14), durch welches so die Annahme die Verjährungshypothese erhürtet (act. 57 Rz. 384) bzw. welches die Ansicht der Beteiligten voraussichtlich bestätigen würde (act. 59 Rz. 49).
Demnach sah sich die C. bereits im bzw. vor dem Januar 2011 einem nicht unwesentlichen Risiko bzw. einer unsicheren Verpflichtung ausgesetzt, deren Nichteintritt letztlich davon abhing, ob die vom Verwaltungsrat vertretene Rechtsauffassung Bestand haben würde. Vor dem Bundesgericht machte die C. geltend, sie habe aufgrund eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens von
O.
vom 16. Januar 2012, wonach Verjährung bzw. Verwirkung angenom men werden könne, die Eintretenswahrscheinlichkeit einer Zahlungspflicht auf nur 25 % eingeschätzt (vorne E. 4. 16). Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagten nach Erstattung des besagten Gutachtens am 16. Januar 2012 die Eintrittswahrscheinlichkeit tatsächlich mit lediglich 25% bezifferten, folgt daraus, dass diese vor diesem Zeitpunkt höher als 25% eingeschätzt worden war. Denn die Einschätzung auf 25% kam gemäss dem soeben zitierten Vorbringen gerade aufgrund des Gutachtens zustande; das Gutachten hat ja gemäss Darstellung der Beklagten den Standpunkt des Verwaltungsrats, wonach die Forderung des Klügers verjährt sei, erst bestätigt (z.B. act. 57 Rz. 382; act. 59 Rz. 293). Gleichzeitig mussten sich die Beteiligten vor Erstattung des Gutachtens auch bewusst sein, dass ihnen die Fachkompetenz zur Beurteilung der Verjährungsfrage fehlte. Dies machen die Beklagten letztlich selbst geltend, führt doch der Beklagte 2 aus, dass er als juristischer Laie keine Möglichkeit gehabt habe, die Verjährungsfrage eigenstündig zu beurteilen (act. 57 Rz. 168, 608), und verweist doch auch die Beklagte 1 auf ihre Eigenschaft als juristische Laiin sowie die Schwierigkeit auch für Juristen, die keine Spezialisten im Umweltoder Verwaltungsrecht seien, die Verjährungsfrage einzuSchätzen (act. 59 Rz. 91). Entsprechend mussten sie erken- nen, dass ihre RisikoEinschätzung (von jedenfalls über 25%) von einer erheblichen Unschürfe Geprägt war.
Ohnehin muss die RisikoEinschätzung in der Zeit vor Erstattung des Gutachtens näher bei 50% gelegen haben. Dies ist zunächst daraus zu schliessen, dass die Beteiligten der Beratung von Prof. Dr. J. folgend davon ausgingen, dass eine Rückstellung erst ab einem Haftungsrisiko von mehr als 50% gebildet wer- den müsse (sie mithin der more likely than not-Regel folgten; act. 31 Rz. 73; vgl. das Pendenzenpapier vom 11. März 2008 [vorne E. 4. 5], das Schreiben von Prof. Dr. J. vom 9. Juli 2012 [vorne E. 4. 19] sowie das Memorandum von Prof. Dr. J. vom 15. Juni 2015 [vorne E. 4. 24]), und zugleich wiederholt die Bil- dung von Rückstellungen in Betracht zogen bzw. die zulässigkeit von Ausschüttungen unter diesem Aspekt diskutierten (dazu soeben). Daran zeigt sich, dass ein überschreiten der 50%-Schwelle durchaus für denkbar gehalten wurde. Dies
ist ferner aus dem Schreiben von Prof. Dr. J.
vom 9. Juli 2012 (vorne
E. 4. 19) zu schliessen. Denn darin weist er zwar auf seine bisherige Meinung hin, wonach die Chancen, dass eine Verjährung angenommen werde, Grösser seien als die Chancen, dass diese verneint werde, sagt aber gleichzeitig auch, dass er
aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. O.
von einer 50:50 Einschätzung
ausgehe. Daran zeigt sich, dass er die Chancen der Verjährungshypothese vor Erstattung des Gutachtens jedenfalls nicht als klar überwiegend eingeschätzt haben muss, kam doch seine 50:50 Einschätzung gerade wegen des (für die Verjährungshypothese günstigen) Gutachtens zustande. ähnliches folgt schliesslich
auch aus dem Memorandum von Prof. Dr. J.
vom 15. Juni 2015 (vorne
E. 4. 24). Denn darin dRückt er seine Ansicht aus, gestützt auf das Gutachten könnte man sich auf den Standpunkt stellen, die Chancen eines Obsiegens lägen über 50%. Zudem zeigen seine nachfolgenden Ausführungen zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung und sein Rat, keine Gewinne auszuschätten, dass selbst nach Vorliegen des günstigen Gutachtens jedenfalls ein Grenzfall vorlag.
In diesem Kontext ist nun auch relevant, dass die Beklagten bezüglich der Bildung von Rückstellungen unter Einfluss eines Interessenkonflikts standen. Infolgedessen war es den Beklagten daran gelegen, zum einen (entgegen BGer 4A_277/2010) der more likely than not-Regel zu folgen, da diese bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von unter 50% keine Rückstellungen erforderte, und zum anderen die Eintrittswahrscheinlichkeit möglichst tief und insbesondere unter 50%
anzusetzen. Diese Konstellation war besonders geeignet, die Gesellschaftsinteressen zu beeinträchtigen, weil die more likely than not-Regel gerade im Bereich der mittleren Wahrscheinlichkeit ein nicht zu unterSchätzendes Missbrauchspotential entfaltet, da niemand die exakte Wahrscheinlichkeit eines Mittelabflusses bestimmen kann, die Konsequenzen der Bezifferung dieser Wahrscheinlichkeit unter über 50% aber weitreichend sind (so STENZ, a.a.O., Art. 960e N 25).
Vor dem Hintergrund des Ausgefährten gelingt es den Beklagten nicht, die naTürliche Vermutung, dass sie sich bei der Bildung von Rückstellungen pflichtwidrig verhielten, umzustossen. Es lag kein Fall vor, in dem aufgrund einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit von der Bildung einer Rückstellung abgesehen werden konnte. Vielmehr handelte es sich im für die Beklagten günstigsten Fall um einen Grenzfall, in welchem zwar die Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen 25% und 50% eingeschätzt worden sein mag, gleichzeitig aber auch klar war, dass diese Einschätzung mit einer erheblichen Unsicherheit verbunden war, das Risiko mithin nicht exakt eingegrenzt werden konnte. Gerade diese Ungewissheit verlangte in Verbindung mit dem Vorsichtsprinzip die Bildung einer angemessenen Rückstellung. Daher hätte entsprechend der dargelegten und vom Bundesgericht gestätzten Regel (vorne E. 9.2.3. 2) eine anteilsmässige Rückstellung gebildet werden müssen.
In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Pflicht zur Bildung anteilsmässiger Rückstellungen bei Eintrittswahrscheinlichkeiten unter 50% der wohl herrschenden Lehre entspricht und dass insbesondere vertreten wird, gerade ab einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 20-25% bestehe eine solche Pflicht. Ebenso ist daran zu erinnern, dass spätestens seit BGer 4A_277/2010 feststeht, dass die Methode der IFRS, wonach eine Rückstellung zu bilden ist, wenn eine Eintrittswahrscheinlichkeit von mehr als 50% vorliegt (more likely than not-Regel), nicht ohne Weiteres auf das OR übertragen werden kann (zum Ganzen vorne
E. 9.2.3. 2). Die Beratung durch Prof. Dr. J. ist den Beklagten daher nur beschränkt behilflich, beruhte sie doch auf dieser vom Bundesgericht nicht geteilten Ansicht.
Die exakte Höhe der zu bildenden Rückstellungen kann offenbleiben. Fest steht, dass bereits eine Rückstellung von 25% der dannzumal drohenden Kosten von CHF 20 Mio., d.h. von CHF 5 Mio., den Betrag der streitgegenständlichen Ausschüttung von CHF 2'153'052.19 übersteigt bzw. die ausschüttbaren Mittel soweit vermindert hätte, dass die gesamte Ausschüttung nicht möglich gewe-
sen wäre. Denn per Ende 2010 wies die C.
ein Eigenkapital von
CHF 3'437'052.19 aus (vorne E. 4. 13). Dieses wäre durch eine Rückstellung im besagten Umfang vollständig entfallen, womit eine Ausschüttung nicht hätte erfolgen dürfen (siehe act. 43 Rz. 166). Nebenbei bemerkt wäre auch eine Rückstellung von 25% der späteren Kostenschätzung von CHF 8'910'000 (inkl. MWST.),
d.h. von CHF 2'227'500, einer Ausschüttung entgegengestanden, da das Eigenkapital angesichts dessen, dass davon CHF 866'000 auf das Grundkapital und die gesperrte Quote der allgemeinen gesetzlichen Reserve entfielen (vorne
E. 4. 13), und angesichts der Reservenzuweisung von CHF 418'000 (vorne
E. 4. 15) nicht für die Ausrichtung einer Ausschüttung ausgereicht hätte.
Trotz dieser Pflicht zur Bildung von Rückstellungen wurden vor dem
31. Dezember 2011 keine solchen gebildet (vorne E. 2 .4).
Unrechtmässigkeit des Ausschüttungsbeschlusses vom 14. Januar 2011
Der gemäss Darstellung der Beklagten anlässlich der Generalversammlung vom 14. Januar 2011 gefasste Ausschüttungsbeschluss ist, wenn er denn gefasst worden wäre, unrechtmässig und daher nichtig:
Zunächst erfüllt er die einschlägigen formellen Anforderungen nicht. Zwar verkennt der Kläger, dass es sich bei der fraglichen Ausschüttung nicht um eine Interimsdividende handelte. Es wird Nämlich nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich, dass Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs ausgeschättet worden wäre. Vielmehr ging es um eine Ausschüttung von Reserven, namentlich gemäss beklagtischer Darstellung um eine Ausschüttung eines bereits per 31. Dezember 2009 bestehenden Fusionsagios (vorne E. 9.1. 2). Nach dieser Darstellung lag also eine ausserordentliche Dividende vor. Nichtsdestotrotz beanstandet der Kläger zu Recht, dass kein Zwischenabschluss und kein Bericht der Revisionsstelle vor gelegen habe. Dies wird von den Beklagten auch gar nicht bestritten. Vielmehr entgegnen sie, es sei weder das Vorliegen der Jahresrechnung 2010 noch ein revidierter Zwischenabschluss noch eine Prüfung durch die Revisionsstelle nötig gewesen (vorne E. 9.1. 2). Dies ist unzutreffend. Denn gemäss den beschriebenen formellen Anforderungen an einen Ausschüttungsbeschluss (vorne E. 9.2. 2) musste sich auch diese ausserordentliche Dividende auf eine Jahresrechnung abstätzen und wäre der Verwaltungsrat verpflichtet gewesen, den Ausschüttungsantrag der Revisionsstelle zur Prüfung zu unterbreiten. Namentlich, da es sich um eine ausserordentliche Dividende handelte, hätte zumindest eine Bestätigung der Revisionsstelle eingeholt werden müssen, dass das notwendige verwendbare Eigenkapital immer noch vorhanden sei, zumal der letzte Bilanzstichtag (31. Dezember 2009) zur Zeit des Ausschüttungsbeschlusses (14. Januar 2011) schon mehr als sechs Monate in der Vergangenheit lag. Der behauptete Ausschüttungsbeschluss ist deshalb in Anwendung von Art. 731 Abs. 3 OR nichtig. Wohlgemerkt gilt dies unabhängig davon, ob Rückstellungen hätten gebildet wer- den müssen nicht.
darüber hinaus verletzte der Ausschüttungsbeschluss die materiellen Bestimmungen zum Kapitalschutz. Zunächst wies die damals jüngste Jahresrechnung per 31. Dezember 2009 auf die sich zumindest sinngemäss auch die Beklagten beziehen (act. 29 Rz. 110; act. 31 Rz. 254, 256; act. 59 Rz. 221, 228) lediglich ein Eigenkapital von CHF 14'635.55 aus (vorne E. 4. 13). diesbezüglich ist daran zu erinnern, dass sich die frei Verfügbaren Reserven um die Verluste verringern, wenn die Gesellschaft frei Verfügbare Reserven und gleichzeitig Verluste ausweist (vorne E. 9.2.2. 1). Alleine die Existenz des Bilanzpostens Fusionsagio bedeutete daher nicht, dass diese Mittel auch ausgeschättet werden konnten. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, dass die Jahresrechnung per 31. Dezember 2009 Verluste von knapp CHF 21 Mio. auswies. Hinzu kommt, dass bei pflichtgemüsser Bildung von Rückstellungen auch per 31. Dezember 2010 kein frei verwendbares Eigenkapital vorhanden gewesen wäre (vorne E. 9.3.2. 2). Damit ist der Ausschüttungsbeschluss auch in Anwendung von Art. 706b Abs. 3 OR nichtig, weil er keine Grundlage in einer ordnungsgemäss erstellten Jahresrechnung mit frei verwendbarem Eigenkapital mindestens in der Höhe der Bruttodividende hatte (siehe B?-CKLI, a.a.O., 14 N 229).
Vor dem Hintergrund des Ausgefährten gelingt es den Beklagten nicht, die naTürliche Vermutung, dass sie sich bei der Fassung des Ausschüttungsbeschlusses pflichtwidrig verhielten, umzustossen.
Dass die Ausschüttung anlässlich einer Universalversammlung beschlossen wurde, ändert nichts am Gesagten: Gemäss Art. 701 Abs. 1 OR befreit die widerspruchslose Teilnahme aller Aktionüre von der Einhaltung der Einberufungsvorschriften. Hingegen gelten für die nicht mit der Einberufung zusammenhängenden Belange alle gesetzlichen und statutarischen Vorschriften auch für die Universalversammlung (B ?-CKLI, a.a.O., 8 N 65, 69, 79; DUBS/TRUFFER, a.a.O.,
Art. 701 N 2; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., 23 N 5, 8; KRNETA,
a.a.O., N 1415; MÜLLER/LIPP/PL?SS, Der Verwaltungsrat, 5. Aufl. 2021, N 7.37; VON DER CRONE, Aktienrecht, 2. Aufl. 2020, N 1023). Daher müssen für einen gültigen Ausschüttungsbeschluss auch an einer Universalversammlung die Jahresrechnung und der Revisionsbericht nach Art. 731 Abs. 3 OR vorliegen (B?-CKLI, a.a.O., 8 N 71, 74; MÜLLER/LIPP/PL?SS, a.a.O., N 7.37).
Pflichtverletzungen der Beklagten 1 im Einzelnen
Die Beklagte 1 verletzte zunächst ihre Pflicht zur Sorgfältigen Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 3 OR i.V.m. Art. 717 Abs. 1 OR) bzw. Bilanz- und Rech- nungslegungsvorschriften, namentlich das Vorsichtsprinzip und die Pflicht zur Bil- dung von Rückstellungen (aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 3, aArt. 669 Abs. 1 OR), indem sie es unterliess, die gesetzlich verlangten Rückstellungen zu bilden bzw. deren Bildung zu verlangen. Dabei ist hervorzuheben, dass der Gesamtverwaltungsrat die Endverantwortung für die Buchführungstätigkeit trägt.
Die Beklagte 1 verletzte sodann ihre Pflicht zur Sorgfältigen Vorbereitung der Generalversammlung und Ausführung ihrer Beschlüsse nach Art. 716a Abs. 1 Ziff. 6 OR i.V.m. Art. 717 Abs. 1 OR. Zu dieser Pflicht Gehört, dass der Verwal-
tungsrat Anträge auszuarbeiten, zu beschliessen und zu unterbreiten hat. Namentlich Gehört dazu ein Allfälliger Antrag zur Verwendung des Bilanzgewinns bzw. zu einer Ausschüttung aus verwendbaren Reserven, zumal dem Verwaltungsrat die Festlegung der Dividendenpolitik obliegt (B?-CKLI, a.a.O., 8 N 485, 489; B?HLER, a.a.O., Art. 716a N 117; WATTER/ROTH PELLANDA, a.a.O., Art. 716a
N 30). Die Verantwortung für die Antragstellung verbleibt dabei stets beim Gesamtverwaltungsrat (B?HLER, a.a.O., Art. 716a N 118). Vorbehalten bleibt ein allfälliger Ausschüttungsantrag vonseiten des Aktionariats, der besondere Probleme aufwirft (vgl. B?-CKLI , a.a.O., 13 N 188 f.). Ein solcher liegt aber nicht vor, da der streitgegenständliche Ausschüttungsbeschluss auf einem Antrag des Verwaltungsrats Gründete (vorne E. 4.1 5), weshalb sich Weiterungen erübrigen.
Diese Pflicht verletzte die Beklagte 1 zum einen, weil der Verwaltungsrat am
14. Januar 2011 den Antrag stellte, Reserven auszuschätten, obschon dieser Antrag die formellen und materiellen Voraussetzungen für Gewinnausschüttungen missachtete. Dadurch nahm der Verwaltungsrat seine Verantwortung für die Rechtmässigkeit seines Ausschüttungsantrags an die Generalversammlung nicht wahr, handelte mithin pflichtwidrig (siehe B?-CKLI, a.a.O., 16 N 50, 308). Wohlgemerkt gilt dies, namentlich aufgrund der formellen Mängel, unabhängig davon, ob Rückstellungen hätten gebildet werden müssen nicht.
Diese Pflicht verletzte die Beklagte 1 zum anderen, weil der Verwaltungsrat den besagten Antrag stellte, bevor das Gutachten zur Verjährungsfrage vorlag: Bei der Beurteilung der Verjährungsfrage war der Verwaltungsrat auf fachkundige Unterstätzung angewiesen (dazu schon vorne E. 9.3.2. 1). Zur Wahrung seiner Sorgfaltspflicht war er deshalb verpflichtet, solche Unterstätzung beizuziehen. Eben- dies folgt aus der Regel, wonach der Verwaltungsrat zur Beurteilung von Prozessrisiken bezüglich Schätzung von Bestand und Höhe der Forderung sowie der zu erwartenden Rechtskosten in der Regel seine Rechtsvertretung im Prozess beizuziehen hat (vorne E. 9.2.3. 2). Auch die Beklagte 1 bezeichnet es als Völlig naheliegend und vorsichtig, noch ein Gutachten einzuholen (act. 59 Rz. 49). Dieser Pflicht kam der Verwaltungsrat insoweit nach, als er ein Gutachten zur Verjährungsfrage in Auftrag gab. Damit war es aber nicht getan: Die Sorgfaltspflicht
setzt weiter voraus, dass der Verwaltungsrat die FachEinschätzung abwartet und beRücksichtigt. Ebendies hat der Verwaltungsrat unterlassen. Denn stattdessen beantragte er am Tag, nachdem er beschlossen hatte, ein Gutachten einzuholen, wonach die erwähnte Thematik verjährt ist und die Ausschüttung vollzogen wer- den kann (vorne E. 4.1 4), ebendiese Ausschüttung. Eine ordnungsgemäss han- delnde Person in derselben Situation hätte zumindest das Gutachten abgewartet. Letztlich macht auch die Beklagte 1 geltend, wenn der Verwaltungsrat für die Einschätzung eines Risikos auf die Einholung eines externen Gutachtens verzichte, sei sein eigenes Risiko höher (act. 59 Rz. 183). Dies muss aber auch gelten, wenn er zwar die Einholung eines Gutachtens beschliesst, sodann aber vollendete Tatsachen schafft.
Die Beklagte 1 wirkte ferner an der Ausrichtung einer ungerechtfertigten Ausschüttung mit und verstiess gegen die Vorschriften zur ordnungsmässigen Buchführung und Rechnungslegung (aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 1 und aArt. 959), in- dem sie als Teil des Verwaltungsrats dem Beklagten 2 am 10. Juli 2012 auftrug, die streitgegenständliche Ausschüttung zu verbuchen (vorne E. 4. 20). Der Verstoss gegen die formellen und materiellen Voraussetzungen für Gewinnausschüttungen führte Nämlich dazu, dass sämtliche Leistungen unter dem Titel des Ausschüttungsbeschlusses vom 14. Januar 2011 ungerechtfertigt waren (Han- delsgericht ZH HG150193-O vom 9. März 2018 E. 2.4). Entsprechend war es pflichtwidrig, solche Leistungen in der Buchhaltung der C. abzubilden.
Pflichtverletzungen des Beklagten 2 im Einzelnen
Der Beklagte 2 verletzte zunächst ebenfalls Bilanz- und Rechnungslegungsvorschriften, namentlich das Vorsichtsprinzip und die Pflicht zur Bildung von Rückstellungen (aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 3, aArt. 669 Abs. 1 OR), indem er es unterliess, ausreichende Rückstellungen zu verbuchen bzw. mindestens dafür zu sorgen, dass der Verwaltungsrat solche vorsah (siehe Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 13.7). Diese Unterlassung geschah im Zust?n- digkeitsbereich des Beklagten 2, wäre mithin durch eine pflichtgemüsse AufgabenErfüllung seinerseits zu verhindern gewesen: Die H. war mit der Buchhaltung der C. betraut bzw. deren Buchhaltungsstelle, wobei der Beklag te 2 dieses Mandat betreute (vorne E. 2. 2). Gemäss dem Verwaltungsratsbeschluss vom 31. Oktober 2007 war er mit dem führen der Finanzabteilung betraut und dabei insbesondere für das Erstellen von Quartals- und Jahresabschlüssen zuständig (vorne E. 4. 1). Entsprechend bezeichnete ein Vollmachtsformular den Beklagten 2 als CFO (vorne E. 4. 3). In ihren Honorarrechnungen vom 22. Mai und
12. August 2010 sowie vom 14. April, 5. Juni und 19. Juni 2014 fakturierte die H. denn auch Arbeiten in Sachen Buchhaltung, namentlich die Verbuchung des Geschäftsverkehrs und die Fertigstellung der Jahresabschlüsse und deren Vorbereitung zur Revision (vorne E. 4. 9, 4. 11, 4. 23). Hinzu kommt, dass der Beklagte 2 das Thema der Rückstellungen wiederholt anlässlich von Verwaltungsratssitzungen thematisierte. In seiner Funktion wirkte er also bei der Festlegung der Höhe der Rückstellungen und damit der Höhe der ausschüttbaren Mittel mit, womit er sich gerade in seiner Eigenschaft als für die führung der Finanzabteilung verantwortliche Person und angesichts der dabei vorauszusetzenden Kennt- nisse des Rechnungslegungsrechts verantwortlich machte.
Der Beklagte 2 wirkte sodann ebenfalls an der Ausrichtung der ungerechtfertigten Ausschüttung mit und verstiess gegen die Vorschriften zur ord- nungsmässigen Buchführung und Rechnungslegung (aArt. 662a Abs. 2 Ziff. 1 und aArt. 959), indem er den aufgrund materieller und formeller Mängel nichtigen Ausschüttungsbeschluss verbuchte. Dass die H. bzw. der Beklagte 2 diese Verbuchung besorgte, ist erstellt. Der Beklagte 2 macht denn auch selbst geltend, die durch ihn vertretene H. habe vom Verwaltungsrat den Auftrag erhalten, den Beschluss zu verbuchen, was sie getan und der C. in Rechnung gestellt habe (act. 31 Rz. 251, 253; act. 57 Rz. 62, 131, 328). Zudem war die H. bzw. der Beklagte 2 allgemein mit der Buchhaltung der C. betraut (vorne E. 2. 2), die sie der C. auch in Rechnung stellte (vorne E. 4. 9, 4. 11, 4. 23). Der Beklagte 2 besorgte die Verbuchung des streitgegenständlichen Ausschüttungsbeschlusses, obschon ihm aufgrund seiner Ausbildung bewusst sein musste, dass ein solcher insbesondere nur gestützt auf eine Jahresrechnung bei Vorliegen einer Bestätigung der Revisionsstelle und frei Verfügbarer Mittel gültig hätte gefasst werden können. Damit bewirkte er, dass die C. der vom Ausschüttungsbeschluss erfassten Vermögenswerte verlustig ging und sich die von
ihm zu besorgende Buchhaltung nicht ordnungsgemäss präsentierte (siehe B?-CK- LI, a.a.O., 16 N 311). Wohlgemerkt gilt dies, namentlich aufgrund der formellen Mängel, unabhängig davon, ob Rückstellungen hätten gebildet werden müssen nicht.
9.3.6. Zwischenfazit
Zusammenfassend ist damit erstellt, dass beiden Beklagten aufgrund der pflichtwidrig unterlassenen Bildung von Rückstellungen vor dem 14. Januar 2011 und der Unrechtmässigkeit des Ausschüttungsbeschlusses vom 14. Januar 2011 mehrere Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind.
Offenbleiben kann daher zunächst, ob der Ausschüttungsbeschluss überhaupt gefasst vielmehr fingiert worden ist, wäre er doch ohnehin nichtig. Offenbleiben kann ferner, wann der Beklagte 2 vom Ausschüttungsbeschluss erfahren hat. Sodann kommt dem Vorwurf der Verletzung von Art. 725 Abs. 2 OR keine eigenstündige Bedeutung zu, wäre diese doch Folge der Unvollständigkeit der Jahresrechnungen infolge fehlender Rückstellungen (siehe Handelsgericht SG HG.2002.81 vom 10. Juli 2009 E. 21; ferner BGer 4A_77/2014 vom 21. Mai 2014
E. 6.1.1).
Kausalzusammenhang
Parteistandpunkte
Der Kläger macht geltend, die Beklagten hätten der C. durch die getätigten Ausschüttungen und die Weiterführung des Geschäftsbetriebs einen Millionenschaden zugefügt (act. 43 Rz. 18). Das Vermögen der Konkursmasse wäre um mindestens CHF 2'153'052.19 Grösser gewesen, wenn die Beklagten eine ge- nügend hohe Rückstellung gebildet und daraufhin pflichtgemäss eine überschul- dungsanzeige beim Konkursgericht eingereicht hätten, da es diesfalls nicht zur Ausschüttung in der Höhe des genannten Betrags gekommen wäre (act. 1 Rz. 81; act. 43 Rz. 451). Was spezifisch den Beklagten 2 betreffe, habe er durch den Vollzug des jedenfalls unzulässigen Ausschüttungsbeschlusses die Schädigung direkt bzw. durch effektive Mittelabflüsse herbeigefährt (act. 43 Rz. 265, 465).
Die Beklagte 1 bestreitet den Kausalzusammenhang mit Verweis auf das Fehlen einer Pflichtverletzung und eines Schadens (act. 29 Rz. 159; act. 59 Rz. 317). Der Beklagte 2 macht zunächst geltend, die klägerischen Behauptungen genügten den rechtlichen Anforderungen bezüglich des bei Unterlassungen zu erstellenden hypothetischen Kausalverlaufs nicht, weil der Kläger den Kausalverlauf zur hypothetischen KonkursEröffnung hätte darstellen müssen (act. 57 Rz. 595 ff.) Sodann wäre der Konkurs über die C. nicht früher eröffnet wor- den, auch wenn er sich gemäss den Anforderungen des Klägers verhalten und auf der Bildung entsprechender Rückstellungen bestanden hätte, weil der Verwaltungsrat diesen Rat nicht befolgt und das Konkursgericht nicht benachrichtigt hätte (act. 57 Rz. 598 ff.). Hinzu komme, dass sich die Ausschüttung auch bei einer Benachrichtigung des Konkursgerichts am 9. Juli 2012 nicht hätte verhindern lassen, da sie bereits gültig beschlossen gewesen sei (act. 57 Rz. 603).
Rechtliches
Zwischen dem Schaden und der Pflichtverletzung muss ein naTürlicher und adäquater Kausalzusammenhang bestehen. Ursachen im Sinne des naTürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann. Adäquat kausal ist eine Ursache, wenn sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den entstandenen Schaden herbeizuführen. Es kommt also auf die generelle Eignung der fraglichen Ursachen an, Wirkungen der eingetretenen Art herbeizuführen (BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021
E. 9.1.1, 9.1.2; GAUCH/SCHLUEP/EMMENEGGER, Schweizerisches Obligationenrecht, AT, 11. Aufl. 2020, N 2947 ff. m.w.H.).
Bei Unterlassungen bestimmt sich der Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalverlauf, für den nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen muss. grundsätzlich ist auch bei Unterlassungen zwischen naTürlichem und adäquatem Kausalzusammenhang zu unterscheiden.
während bei Handlungen die wertenden Gesichtspunkte erst im Rahmen der Adäquanz zum Tragen kommen, spielen diese Gesichtspunkte bei Unterlassungen in der Regel schon bei der Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs eine Rolle. Bei der entsprechenden Feststellung über den hypothetischen Zusammenhang zwischen der unterlassenen Handlung und dem Erfolg beRücksichtigt das Gericht in der Regel auch die allgemeine Lebenserfahrung und lässt nach dieser Erfahrung unwahrscheinliche Geschehensablüufe von vornherein ausser Betracht. Es ist daher bei Unterlassungen regelmässig nicht sinnvoll, den festgestellten angenommenen hypothetischen Geschehensablauf auch noch auf seine Adäquanz zu prüfen (BGE 132 III 715 E. 2.3; BGE 124 III 155 E. 3d; BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 9.1.3; BGer 4A_294/2020 vom 14. Juli
2021 E. 4.1.2.4.1; BGer 4A_2/2020 vom 16. September 2020 E. 3.3.3; BGer
4C.53/2003 vom 25. Juni 2003 E. 6.1).
Für den Nachweis des naTürlichen bzw. hypothetischen Kausalzusammenhangs gilt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 132 III 715 E. 3.2 m.w.H.).
Würdigung
Was den Einwand der Beklagten 1 anbelangt, es lägen weder Pflichtverletzung noch Schaden vor, ist dies unzutreffend. Die unterlassene Bildung von Rückstellungen, die Stellung des Ausschüttungsantrags und die Anweisung zur Verbuchung der Ausschüttung waren für den Schadenseintritt ohne Weiteres na- Türlich und adäquat kausal, waren sie doch jeweils Teilschritte, die letztlich bewirkten, dass die C. der von der Ausschüttung erfassten Vermögenswerte verlustig ging.
Was die Einwände des Beklagten 2 anbelangt, gehen diese fehl, insoweit sie sich auf die (hypothetische) KonkursEröffnung beziehen. Der Kläger macht Nämlich letztlich geltend, dass die Ausschüttung unterblieben wäre, wenn die pflichtgemäss verlangte Rückstellung gebildet worden wäre bzw. wenn der Beklagte 2 nicht die Schädigung durch den Vollzug der Ausschüttung direkt herbeigefährt hätte. Die (hypothetische) KonkursEröffnung ist hierfür nicht entscheidend.
Vielmehr ist danach zu fragen, ob die von der Ausschüttung erfassten Vermögenswerte auch abgeflossen wären, wenn die besagte Rückstellung gebildet wor- den wäre und der Beklagte nicht die besagten Buchungen vorgenommen hätte. Dies ist zu verneinen:
hätte erstens der Beklagte 2 die besagte Rückstellung verbucht, wäre am
14. Januar 2011 kein frei verwendbares Eigenkapital Verfügbar gewesen (vorne
E. 9.3.2. 2). Ein Ausschüttungsbeschluss wäre daher augenfällig unzulässig gewesen und hätte nicht so wie im Protokoll der Generalversammlung der C. vom 14. Januar 2011 festgehalten (vorne E. 4. 15) beschlossen werden können, zumal gemäss den Beklagten Ausschüttungen nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erfolgen sollten (act. 57 Rz. 83, 90, 630; act. 59 Rz. 45) und zumal der Revisionsstelle eine solch eklatante Rechtsverletzung hätte auffallen müssen. Mit der Nichtbuchung der verlangten Rückstellungen hat der Beklagte 2 also die buchhalterische Grundlage für die unrechtmässige Ausschüttung geschaffen, oh- ne die die Ausschüttung zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unterblieben wäre. Zweitens wären ohne die Verbuchung der Ausschüttung durch den Beklagten 2 die von der Ausschüttung erfassten Vermögenswerte weiterhin in der
Bilanz der C.
aufgefährt worden. Mithin wären die Aktiven der C.
nicht entsprechend vermindert worden. Das Verhalten des Beklagten 2 war dem- nach unmittelbar ursöchlich für die Vermögensverminderung. Zusammenfassend liegt der Kausalzusammenhang sowohl zwischen der Unterlassung der Bildung von Rückstellungen als auch der Verbuchung der Ausschüttung einerseits und dem Schaden andererseits vor.
Verschulden
Parteistandpunkte
Gemäss dem Kläger trifft die Beklagten ein grobes Verschulden. Denn sie hätten vorsätzlich und mutwillig die erforderlichen Rückstellungen nicht getätigt und die streitgegenständliche Ausschüttung aus der C. entnommen. Damit
hätten sie die C. Rz. 84).
vorsätzlich und zum eigenen Vorteil ausgehöhlt (act. 1
Die Beklagte 1 bestreitet ein Verschulden mit Verweis auf ihre übrigen Ausführungen (act. 29 Rz. 160) bzw. macht geltend, ein solches wäre äusserst gering (act. 59 Rz. 118). Der Beklagte 2 bestreitet ebenfalls ein Verschulden: Er habe sich als juristischer Laie auf das Gutachten von Prof. Dr. O. verlassen dürfen sowie an der Verwaltungsratssitzung vom 10. Juli 2012 seine Bedenken gegen den Ausschüttungsbeschluss angemeldet, d.h. sich vom Vorgehen des Verwaltungsrats distanziert und den Beschluss nicht mitgetragen. Er habe diesen in der Folge denn auch nicht umgesetzt. Deshalb sei ihm kein Verschulden bzw. wenn schon nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen (act. 57 Rz. 605 ff., 619).
Rechtliches
Eine Haftung nach Art. 754 Abs. 1 OR setzt ein Verschulden voraus. Es genügt leichte Fahrlässigkeit. Das Verschulden ist objektiv zu bestimmen, d.h. anhand eines Vergleichs mit dem, was vernünftigerweise von einem Organmitglied unter den konkreten Umständen erwartet werden kann. grundsätzlich liegt daher immer ein Verschulden vor, denn das Organmitglied, das seine Pflichten verletzt, verhält sich allgemein nicht so, wie ein vernünftiges Organmitglied sich verhalten würde (zum Ganzen BGE 139 III 24 E. 3.5; BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021
E. 7.2.2; BGer 4A_344/2020 vom 29. Juni 2021 E. 5.2.2; BGer 4A_15/2013 vom
11. Juli 2013 E. 8.1; BGer 4A_74/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5). Nur ausseror- dentliche Umstände können zum Schluss führen, dass das Organmitglied, das seine Pflichten verletzt hat, kein Verschulden trifft. Dies kommt dann in Frage, wenn die betreffende Person im massgeblichen Moment urteilsunfähig war sich absolutem Zwang ausgesetzt sah einem unausweichlichen Fehlschluss, namentlich infolge Täuschung durch einen Dritten, unterlag. Hingegen kann sich ein Organmitglied nicht mit Hinweis auf mangelnde Kenntnisse Zeit exkulpieren, ebenso wenig dadurch, dass es den Instruktionen einer Drittperson ei- nes übergeordneten Organs folgen musste (zum Ganzen BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 7.2.2; BGer 4A_344/2020 vom 29. Juni 2021 E. 5.2.2 m.w.H.).
Würdigung
Es wurden keine im besagten Sinn ausserordentlichen Umstände geltend gemacht, die ein Verschulden entfallen liessen. Solche sind denn auch nicht ersichtlich. Vielmehr haben beide Beklagten mehrere Pflichtverletzungen begangen, sich mithin nicht so verhalten, wie sich vernünftige Organmitglieder verhalten würden. Entsprechend ist ihr Verschulden zu bejahen.
Was die Beklagte 1 anbelangt, ist zu bemerken, dass sie sich nachweislich anlässlich von Verwaltungsratssitzungen persönlich mit der Frage der Bildung von Rückstellungen befasste und ihr die massgeblichen Grundlagen bekannt waren, trotzdem aber keine Bildung von Rückstellung verlangte, sondern vielmehr als Teil des Verwaltungsrats an der Stellung des Ausschüttungsantrags an die Generalversammlung beteiligt war und noch am 10. Juli 2012 auf der Verbuchung der Ausschüttung bestand (vorne E. 4. 7, 4.1 4, vgl. auch BGer 4A_465/2022 vom
30. Mai 2023 E. 6.4). Was die Einwände des Beklagten 2 anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass das erst einige Zeit nach dem 14. Januar 2011 vorliegende Gutachten von Prof. Dr. O. nur schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht geeignet ist, die vor diesem Zeitpunkt unterlassene Bildung der rechtlich verlangten Rückstellungen zu exkulpieren. Dasselbe gilt für seine Ausführungen anlässlich der Verwaltungsratssitzung vom 10. Juli 2012. Zudem hat er in der Folge die Ausschüttung verbucht. Dies zeigt, dass er sich tatsächlich nicht vom Ausschüttungsbeschluss distanziert, sondern diesen vielmehr mitgetragen hat. Hinzu kommt, dass er als dipl. Treuhandexperte die Bedeutung der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen kennen musste, ebenso wie die Voraussetzungen einer rechtmässigen Ausschüttung. Nichtsdestotrotz verbuchte er die in formeller und materieller Hinsicht mangelhafte Ausschüttung und bewirkte dadurch eine Verminderung der Aktiven. Das Verschulden der Beklagten ist daher als schwer einzustufen.
Differenzierte Solidarität
Rechtliches
Sind im Bereich der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit für einen Schaden mehrere Personen verantwortlich, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen soli- darisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist (Art. 759 Abs. 1 OR). Diese sog. differenzierte Solidarität bedeutet, dass der Umfang der Ersatzpflicht einer solidarisch haftenden Person auch im Aussenverhältnis, d.h. der geschädigten Person gegenüber, individuell bestimmt wird. Die haftende Person kann demnach auch im Aussenverhältnis HerabsetzungsGründe nach Art. 43 Abs. 1 und Art. 44 OR geltend machen. Solche HerabsetzungsGründe sind z.B. das Vorliegen eines bloss geringen Verschuldens, einer Notlage, einer GeFälligkeitshandlung, einer ungleichen wirtschaftlichen Situation einer geringen Entschädigung (zum Ganzen BGE 132 III 564 E. 7; BGer 4A_133/2021 vom 26. Oktober 2021 E. 10.3; BGer
4A_19/2020 vom 19. August 2020 E. 3.1.3 m.w.H.; BGer 4C.358/2005 vom
12. Februar 2007 E. 5.5.1).
Vorbringen des Beklagten 2 und Würdigung
Der Beklagte 2 macht geltend, ihn treffe wenn schon nur ein leichtes Verschulden (act. 57 Rz. 619). Sodann verweist er auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien und macht geltend, der Kläger könne den Schaden viel leichter tragen (act. 57 Rz. 620 f.). Ferner verweist er auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse und macht geltend, er würde durch die Haftung in eine Notlage versetzt (act. 57 Rz. 622 ff.).
Eine Reduktion der Haftpflicht gestützt auf Art. 43 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 2 OR würde sich allenfalls rechtfertigen, wenn den Beklagten 2 ein leichtes allenfalls mittelschweres Verschulden treffen würde (BREHM, Berner Kommentar, Die Entstehung durch unerlaubte Handlungen, Art. 4161 OR, 5. Aufl. 2021, Art. 43 N 63, 73, Art. 44 N 69; KESSLER, in: Widmer Löchinger/Oser [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, Art. 43 N 9, 14). Wie festgestellt (vorne
E. 11. 3), ist aber das Verschulden des Beklagten 2 als schwer einzustufen. Daher rechtfertigt sich keine Reduktion seiner Ersatzpflicht im Aussenverhältnis.
Zins
Der Kläger macht geltend, die Beklagten wollten ihre Ausschüttungen selbst auf den 14. Januar 2011 Rückdatiert haben, worauf sie im Rahmen der Zinsberech- nung zu behaften seien. Es rechtfertige sich daher, die Schadenszinsberechnung ab diesem Tag vorzunehmen (act. 1 Rz. 79; act. 43 Rz. 454). Die Beklagten machen geltend, der Kläger verhalte sich widersprächlich, wenn er einerseits bestreite, dass der Ausschüttungsbeschluss am 14. Januar 2011 gefasst worden sei, andererseits aber Zins ab dann verlange. Er sei darauf zu behaften, dass die Ausschüttung am 14. Januar 2011 erfolgt sei (act. 29 Rz. 158; act. 31 Rz. 298;
act. 57 Rz. 455 f.).
Schadenszins ist zu bezahlen vom Zeitpunkt an, in dem sich das schädigende Ereignis finanziell ausgewirkt hat (BGE 131 II 217 E. 4.2). Wie ausgefährt (vorne
E. 8.3. 3), Erhöhten sich mit der Verbuchung der Gutschrift vom CHF 326'295.68
auf dem Kontokorrent der I.
die Passiven der C.
und verminderten
sich mit Verbuchung der Ausschüttung der Darlehensforderungen (d.h. mit deren Ausbuchung) die Aktiven der C. . Die Buchhaltungsauszüge betreffend Bu-
chungen Reservenausschüttung per 14.01.2011 der C.
datieren vom
24. August 2012 (vorne E. 4. 21), weshalb für die finanziellen Auswirkungen der Ausschüttung auf die C. auf dieses Datum abzustellen ist.
Zusammenfassung
Die Beklagten sind nach Art. 754 Abs. 1 OR verantwortlich. Daher sind sie in Gutheissung der Klage solidarisch zu verpflichten, dem Kläger CHF 2'153'052.19 zu bezahlen, zuzüglich Zins zu 5% seit 24. August 2012.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach der gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG; Art. 96 ZPO i.V.m. 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse ( 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Vorliegend beträgt der Streitwert CHF 2'153'052.19 (act. 1 Rz. 13; act. 29 Rz. 62; act. 31 Rz. 194). Die nach
? 4 Abs. 1 GebV OG ermittelte Grundgebühr beträgt CHF 42'281. In Anwen- dung von 4 Abs. 2 GebV OG und angesichts der Schwierigkeit des Falls ist die Gerichtsgebühr auf CHF 50'000 festzusetzen und ausgangsgemäss unter soli- darischer Haftung den Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1, 3 ZPO).
Parteientschädigung
Aufgrund des Prozessausgangs sind die Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Parteientschädigung zu bezahlen. Bei berufsmässig vertretenen Parteien bestimmt sich die Höhe der Parteientschädigung nach der Verordnung über die Anwaltsgebühren vom 8. September 2010 (AnwGebV; Art. 95 Abs. 3 lit. b und Art. 96 ZPO i.V.m. 48 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 des Anwaltsgesetzes vom
17. November 2003). Sie richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert ( 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Beim vorliegenden Streitwert beträgt die nach 4 Abs. 1 AnwGebV ermittelte Grundgebühr (inkl. MWST.) CHF 46'237. Sie ist mit der Begründung bzw. Beantwortung der Klage verdient ( 11 Abs. 1 AnwGebV). Für die Teilnahme an zusätzlichen Verhandlungen und für weitere notwendige Rechtsschriften wird ein Einzelzuschlag von je höchstens der Hälfte der gebühr ein Pauschalzuschlag berechnet ( 11 Abs. 2 AnwGebV). Vorliegend haben eine Vergleichsverhandlung und ein zweiter Schriftenwechsel stattgefunden. Entsprechend ist die Parteientschädigung (inkl. MWST.) auf CHF 65'000 festzusetzen. Diese ist den Beklagten unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 3 ZPO).
Bezüglich des Antrags des Klägers auf Zusprechung der Parteientschädigung zuzüglich Mehrwertsteuer ist auf das Kreisschreiben des Obergerichts vom 17. Mai
2006 (mit Modifikation betreffend Mehrwertsteuer-Satz am 17. September 2010) hinzuweisen. Der Kläger ist im Rahmen seiner hoheitlichen tätigkeit nicht mehrwertsteuerpflichtig (siehe ROBINSON, in: Zweifel/Beusch/Glauser/Robinson [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, 2015, Art. 12 N 1). Entsprechend kann er die seiner Rechtsvertretung bezahlte Mehrwertsteuer nicht von einer eigenen Mehrwertsteuerschuld abziehen. Daher ist ihm die Parteientschädigung, wie beantragt, mit Mehrwertsteuerzuschlag zuzusprechen.
Das Handelsgericht erkennt:
Die Beklagten werden unter solidarischer Haftung verpflichtet, dem Kläger CHF 2'153'052.19 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 24. August 2012 zu bezahlen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 50'000.
Die Kosten werden je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung den Beklagten auferlegt.
Die Beklagten werden je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung verpflichtet, dem Kläger eine Parteientschädigung von insgesamt CHF 65'000 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage der Doppel von act. 92 und 94, an die Beklagte 1 unter Beilage der Doppel von
act. 93 und 94 sowie an den Beklagten 2 unter Beilage der Doppel von act. 93 und 92.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42
und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 2'153'052.19.
Zürich, 12. Dezember 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
lic.iur. Roland Schmid
Gerichtsschreiber:
Dr. Severin Harisberger
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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