Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG210069 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 23.10.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_574/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Retrozessionen; Konto; Verzicht; Partei; Recht; Zedentin; Klagt; Klagten; Beklagten; Auftrag; Verzichts; Anlage; Formular; Herausgabe; Widerklage; Klage; Lichen; Verzichtsklausel; Kunde; Vermögens; Client; Klausel; Vertrag; Parteien; Interesse; Trailer; Interessen; Vestment; Kunden |
Rechtsnorm: | Art. 102 OR ; Art. 104 OR ; Art. 106 ZPO ; Art. 116 IPRG ; Art. 14 ZPO ; Art. 145 IPRG ; Art. 150 ZPO ; Art. 152 ZPO ; Art. 165 OR ; Art. 224 ZPO ; Art. 31 ZPO ; Art. 398 OR ; Art. 400 OR ; Art. 425 OR ; Art. 55 ZPO ; Art. 6 OR ; Art. 6 ZPO ; Art. 8 ZGB ; Art. 85 ZPO ; Art. 86 ZPO ; Art. 90 ZPO ; Art. 91 ZPO ; Art. 93 ZPO ; Art. 94 ZPO ; |
Referenz BGE: | 100 II 42; 101 II 117; 102 II 297; 108 II 337; 117 II 332; 127 III 444; 132 III 460; 133 III 37; 133 III 43; 133 III 97; 135 II 78; 135 III 185; 135 III 1; 137 III 393; 138 III 137; 138 III 270; 138 III 411; 138 III 755; 139 III 345; 139 III 49; 141 III 433; 142 III 746; 143 III 348; 143 III 506; 144 III 155; 144 III 452; 144 III 519; 147 III 440; 148 III 115; 148 III 11; 148 III 57; 63 II 240; 81 II 175; 94 II 167; 96 II 145; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG210069-O U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. Claudia Bühler, Präsidentin, und Oberrichter
Dr. Stephan Mazan, die Handelsrichter Fabio Oetterli, Christian Zu- ber und Giuseppe De Simone sowie die Gerichtsschreiberin Regula Blesi Keller
in Sachen
Klägerin und Widerbeklagte
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X2.
gegen
(Suisse) SA,
Beklagte und Widerklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y1. vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Y2.
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin folgende Beträge teilklageweise zu bezahlen (mit Nachklagevorbehalt):
CHF 19'943.00 zzgl. Zins von 5 % seit 30.06.2014 (Konto C. );
CHF 12'547.00 (zzgl. Zins von 5 % seit 30.06.2016 (Konto D. ).
Es sei die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Auslagen für die Betreibungskosten in der Höhe von CHF 103.30 sowie Post- gebühren von CHF 20.90 zurückzuerstatten.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MwSt. von
7.7 %) zu Lasten der Beklagten.
(act. 13 S. 2)
1. (…)
Es sei festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin nichts schul- det.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Klägerin.
III. Kosten- und Entschädigungsfolgen 52
Die Klägerin und Widerbeklagte (fortan Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in E. (SG). Sie bezweckt die Finanzierung von … sowie … (act. 3/2; act. 13 Rz 28 ff.).
Die Beklagte und Widerklägerin (fortan Beklagte) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in F. . Sie bezweckt den Betrieb … (act. 3/3). Die Beklagte gehört zur
G. -Gruppe, einem Finanzinstitut mit Sitz in H.
(Brasilien). Die
G. -Gruppe betrieb für das Privatkundengeschäft zunächst nur eine Nieder- lassung in Europa (I. ). Im Jahre 2010 wurde die Beklagte in der Schweiz gegründet. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (fortan FINMA) erteilte der Beklagten im Jahre 2011 die Bankenbewilligung (act. 13 Rz 21 ff.; act. 24 Rz 16).
Mit Kontoeröffnungsantrag vom 7. Oktober 2011 eröffnete die J. S.L., eine
Investmentfirma (Private Investment Company) mit Sitz in K.
(Spanien),
bei der Beklagten die Konten C.
(Kontonummer 1) und D.
(Konto-
nummer 2) (act. 1 Rz 18; act. 3/4; act. 3/5; act. 13 Rz 35). Die J. S.L. hatte
bereits im Jahre 2010 bei der G'.
Europa I.
zwei Konten eröffnet
(J. [Kontonummer 3] und J. S.L. [Kontonummer 4]). Diese Konten wurden im Jahre 2011 geschlossen und die Vermögenswerte auf die neueröffne- ten Konten bei der Beklagten übertragen (act. 3/4 und 3/5, je S. 1; act. 13 Rz 31
ff.; act. 14/1). Wirtschaftlich Berechtigter an den Konten war K. , wohnhaft in
L.
C.
(act. 1 Rz 18; act. 13 Rz 26; act. 3/4 und 3/5, je S. 27). Das Konto wurde per 30. September 2014 geschlossen (act. 13 Rz 142; act. 24
Rz 12). Im November 2017 endete die Kundenbeziehung der Beklagten mit der J. S.L. (act. 1 Rz 20, act. 13 Rz 71; act. 24 Rz 62 f.).
Unbestrittenermassen hat die Beklagte in den Jahren 2014 bis 2016 aus der Kun-
denbeziehung mit der J.
S.L. Retrozessionen von CHF 83'548.00 vereinnahmt (act. 1 Rz 23; act. 13 Rz 128):
CHF 19'943.00 im Zusammenhang mit dem Konto C. im Jahr 2014.
- CHF 4'967.00 im Jahr 2014, CHF 46'091.00 im Jahr 2015 und
CHF 12'547.00 im Jahr 2016, mithin total CHF 63'605.00, im Zusammen- hang mit dem Konto D. .
Mit Abtretungsvereinbarung vom 26. Juni 2019 trat die J. S.L. allfällige An- sprüche ihrerseits, welche im Zusammenhang mit Retrozessionen aus der Ge- schäftsbeziehung mit der Beklagten resultieren, an die Klägerin ab (act. 1 Rz 1 und 16; act. 3/7; act. 13 Rz 122). Mit der vorliegenden Teilklage macht die Kläge- rin Rückerstattungsansprüche in der Höhe von CHF 19'943.00 für das Konto C. und von CHF 12'547.00 für das Konto D. geltend (act. 1 Rz 11).
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (General terms and conditions of busi- ness, fortan AGB 2011) der Beklagten aus dem Jahre 2011 enthielten den nach- folgenden Passus (act. 1 Rz 31 f.; act. 3/36 und act. 3/37, je Ziff. 3; act. 13 Rz 50 und 52):
3. Trailers and commissions
Eine fast deckungsgleiche Klausel enthielt das Formular Nr. 10 (Standard adviso- ry agreement) der Kontoeröffnungsunterlagen. Im Unterschied zu den AGB 2011 wurde der Passus als Absätze 3 und 4 unter dem Titel Risk Information and al- ternative investments geführt. Zudem wurde festgehalten, dass die Bank Zahlun- gen und andere Leistungen in Form von Kommissionen, Vermittlungsgebühren, Retrozessionen, Rabatten und anderen geldwerten Vorteilen aller Art effektiv er- hält (The Bank receives payments and other benefits [….]) (act. 3/4 und 3/5, je S. 40 Ziff. 4; act. 13 Rz 50; act. 24 Rz 39 ff.).
Die General terms and conditions of business and fee schedule der Beklagten aus dem Jahre 2014 (fortan AGB 2014) enthielten das Folgende (act. 3/6; act. 1 Rz 33; act. 13 Rz 66):
3. Renumeration of the Bank
Gemäss der Klägerin bestand zwischen der Zedentin und der Beklagten ein Anla- geberatungsmandat. Selbst wenn eine Konto-/Depotbeziehung vorgelegen habe, sieht die Klägerin eine Herausgabepflicht der Beklagten gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR als gegeben an (act. 1 Rz 19 und 146). Ein rechtsgültiger Verzicht der J. S.L. auf die Retrozessionen stellt die Klägerin sodann in Abrede (act. 1 Rz 35 und 74; act. 24 Rz 146), weshalb die Klage gutzuheissen und die Wider- klage abzuweisen sei (act. 24 Rz 147).
Die Beklagte geht von einer reinen Konto-/Depotbeziehung aus, bei welcher ein
Herausgabeanspruch von vornherein entfalle. Zudem habe die J.
S.L.
rechtsgültig auf die Retrozessionen verzichtet (act. 13 Rz 15 ff.). Entsprechend beantragt die Beklagte die Abweisung der Klage und verlangt widerklageweise die Feststellung, dass sie der Klägerin nichts schulde (act. 13 Rz 4 ff. und Rz 113; act. 28 Rz 20).
Die J. S.L. (Zedentin) hat ihren Sitz in K. . Die Klägerin (Zessionarin) und die Beklagte (angebliche Schuldnerin der abgetretenen Forderung) sind in der Schweiz domiziliert. Es stellt sich die Frage, ob ein internationales Verhältnis vorliegt. Die Beantwortung der Frage ist sowohl für die Bestimmung der internati- onalen Zuständigkeit als auch des anwendbaren Rechts von Relevanz. Dabei ist denkbar, dass die Internationalität des Sachverhalts für den einen Fragenkomplex zu bejahen und für den anderen zu verneinen ist (BSK IPRG- Grolimund/Loacker/Schnyder, Art. 1 N 5). Da sowohl die Klägerin als neue angeb- liche Gläubigerin als auch die Beklagte als angebliche Schuldnerin ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, ist für die Beurteilung der Zuständigkeit nicht von einem in- ternationalen Verhältnis auszugehen. Vielmehr finden hierfür die Vorschriften der ZPO Anwendung.
S. 26; betreffend die gültige Übernahme der AGB 2011 vgl. E. II.A.4.1.2.]; Art. 14 ZPO).
Behauptungs- und Bestreitungslast/Beweisverfahren
Behauptungslast
angerufenen Norm und anderseits aus dem prozessualen Verhalten der Gegen- partei. So hat eine Tatsachenbehauptung nicht alle Einzelheiten zu enthalten. Es genügt, wenn die Tatsachen, die unter die das Begehren stützenden Normen zu subsumieren sind, in einer den Gewohnheiten des Lebens entsprechenden Weise in ihren wesentlichen Zügen oder Umrissen behauptet werden. Ein solchermas- sen vollständiger Tatsachenvortrag wird als schlüssig bezeichnet, da er bei Un- terstellung, er sei wahr, den Schluss auf die anbegehrte Rechtsfolge zulässt (vgl. BGE 144 III 519 E. 5.2.1.1; BGer 4A_415/2021 vom 18.03.2022, E. 5.1 f.). Bestreitet hingegen der Prozessgegner den schlüssigen Tatsachenvortrag der be- hauptungsbelasteten Partei, greift eine über die Behauptungslast hinausgehende Substanziierungslast. Die Vorbringen sind diesfalls nicht nur in den Grundzügen, sondern in Einzeltatsachen zergliedert so umfassend und klar darzulegen, dass darüber Beweis abgenommen und der Gegenbeweis angetreten werden kann (BGE 144 III 519 E. 5.2.1.1). Kommt eine Partei ihrer Substanziierungslast nicht oder nur ungenügend nach, bleiben die betreffenden Tatsachen unberücksichtigt (BK ZPO-Brönimann, Art. 152 N 3; vgl. auch BGE 108 II 337 E. 3 m.w.H.).
Bestreitungslast
Beweisverfahren
Parteistandpunkte/Sachverhalt
In der Klagebegründung macht die Klägerin unter Hinweis auf Art. 400 Abs. 1 OR geltend, der Beauftragte habe auf Verlangen jederzeit über seine Ge- schäftsführung Rechenschaft abzulegen. Sie habe betreffend die Konti C. und D. mehrmals um Rechenschaftsablegung über die Retrozessionen er- sucht. Die Beklagte sei ihrer Rechenschaftspflicht zumindest teilweise nachge- kommen, wobei aus den zur Verfügung gestellten Auflistungen/Übersichten nicht hervorgehe, ob sämtliche Retrozessionen offengelegt worden seien. Auf- grund der mangelnden Offenlegung durch die Beklagte könne nicht ausgeschlos- sen werden, dass diese beispielsweise auch auf den strukturierten Produkten Retrozessionen erhalten habe. Die Beklagte habe die Auszüge über alle erhaltenen Retrozessionen offenzulegen (act. 1 Rz 24 und 72 f.). Weiter offeriert die Klä- gerin die Edition von detaillierten Auszügen der Jahre 2014 bis 2016 der erhalte- nen Retrozessionen für die Konti C. und D. (act. 1 Rz 23 f.) sowie der
gesamten Kundenkorrespondenz betreffend die Konti C. Beweis (act. 1 Rz 27).
und D. als
Einträge im Client Relationship Management System, lautend auf J.
S.L.,
betreffend die Kontobeziehungen C. und D. vom 7. Oktober 2011 bis zum 30. November 2017 zu edieren (act. 24 S. 2). Die Klägerin beruft sich auf Art. 160 Abs. 1 lit. b ZPO. Die Einträge im Client Relationship Management Sys- tem sollen verdeutlichen, dass ein Anlageberatungsmandat vereinbart und gelebt worden sei. Sie sollen namentlich offenlegen, wer die Kaufentscheidungen gefällt habe (vgl. act. 24 Rz 2 und 12). Die Klägerin offeriert die Einträge mehrfach als Beweis (act. 24 Rz 12, 15 und 46)
Die Beklagte führt in der Klageantwort und Widerklagebegründung an, es sei nicht ersichtlich, worauf die Klägerin ihre Editionsbegehren - Herausgabe der gesamte(n) Kundenkorrespondenz sowie detaillierter Auszüge der beiden Kon- ten C. und D. betreffend angeblich erhaltener Retrozessionen in den Jahren 2014 bis 2016 - stütze. Die Klägerin habe bei der vorliegenden Teilklage kein Interesse daran, Informationen zum Konto C. für die Jahre 2015 und 2016 sowie zum Konto D. für die Jahre 2014 und 2015 zu verlangen. Sie habe denn auch im Rahmen ihrer Rechtsbegehren nicht um entsprechende Aus- kunft ersucht. Ferner habe sie, die Beklagte, die Klägerin bereits vorprozessual mit (vollständigen) Informationen und Abrechnungen bedient. Weitere Unterlagen würden nicht existieren. Sie sei ihren Rechenschaftspflichten nachgekommen. Die Editionsbegehren seien unzureichend substanziiert, genügten dem Bestimmtheitsgebot nicht und würden auf eine unzulässige Beweisausforschung hinauslaufen (act. 13 Rz 11 ff., Rz 128 und 172).
die Editionsbegehren in der Klage eine unzulässige fishing Expedition dar. Die Klägerin lege nicht dar, welche konkreten Behauptungen sie mit dem pauschalen, gänzlich unsubstanziierten Editionsbegehren beweisen möchte (act. 28 Rz 3 und 27). Ferner verkenne die Klägerin, dass sie die Durchsetzung angeblicher An- sprüche auf Rechenschaft oder Information nicht eingeklagt habe (act. 28 Rz 28 und 32).
Rechtliches
Würdigung
Die Klägerin hat vorliegend keine Stufenklage, sondern eine genau bezifferte Teilklage erhoben. Ein klares, der Klagebegründung vorangestelltes, Rechtsbe- gehren auf Auskunftserteilung bzw. Information fehlt. Ein solches kann auch den von der Klägerin im Rahmen der Klagebegründung geäusserten Vermutungen darüber, dass die Beklagte allenfalls nicht alle erhaltenen Retrozessionen offen- gelegt haben könnte, und der daraus geschlossenen Aufforderung an die Beklag- te zur Offenlegung der Auszüge über alle erhaltenen Retrozessionen nicht ent- nommen werden (vgl. act. 1 Rz 24 und 72 f.). Gestützt auf diese Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin vorliegend Rechenschaftsansprüche einklagen und allenfalls daraus folgende Kosten- und Entschädigungsfolgen tra- gen will. Sie hat denn auch im Nachgang zur von der Beklagten in der Klageant- wort und Widerklagebegründung angebrachten Kritik, die Klägerin habe im Rah- men ihrer Rechtsbegehren nicht um Auskunft ersucht (act. 13 Rz 12), kein ent- sprechendes Begehren gestellt. Vielmehr hat sie neu einen Verfahrensantrag auf Einreichung sämtlicher Kundenkorrespondenz, insbesondere aller Einträge im Client Relationship Management System gestellt (act. 24 S. 2). Diesen Antrag stützt die Klägerin auf Art. 160 Abs. 1 lit. b ZPO (act. 24 Rz 2). Sie will damit ein prozessrechtliches (zu Beweiszwecken) und kein materiellrechtliches Editionsbe- gehren stellen. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, bedarf es keiner Edition der geforderten Unterlagen, weshalb sich dieser Beweisantrag er- übrigt.
Klage
S.L. (Zedentin) hat ihren Sitz in K.
(Spanien). Die Klägerin
macht Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und der Zedentin geltend (act. 1 Rz 15 f.). Es liegt - anders als bei der Beurteilung der Zu- ständigkeit - ein internationales Verhältnis vor (BGE 135 III 185 E. 3.1). Gemäss Ziff. 6 der AGB 2011, welche - wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen
ergibt - von der J. S.L. rechtsgültig übernommen wurden (vgl. E.II.A.4.1.2.), unterstand die Geschäftsbeziehung der Zedentin und der Beklagten Schweizer Recht (act. 3/36 und act. 3/37; Art. 116 Abs. 1 IPRG). Der Schuldner der abgetre- tenen Forderung soll sich ohne seine Zustimmung keine Veränderung des auf seine Schuld anwendbaren Rechts gefallen lassen müssen, weshalb grundsätz- lich alle Fragen im Verhältnis zum Schuldner nach dem Recht der abzutretenden oder abgetretenen Forderung zu beurteilen sind (BSK OR-Girsberger/Hermann, Vor Art. 164-174 N 6). Die Ansprüche der Klägerin sind deshalb nach Schweizer Recht zu beurteilen. Zudem berufen sich beide Parteien ausdrücklich auf die Bestimmungen des schweizerischen Rechts. Darin ist eine übereinstimmende Willensbekundung zur Wahl des schweizerischen Rechts zu erblicken (BGE 81 II 175 E. 3).
Gestützt auf die Rechtswahlklausel in der schriftlichen Abtretungsvereinbarung
der J.
S.L. und der Klägerin vom 26. Juni 2019 untersteht die Abtretung
Schweizer Recht (act. 3/7; Art. 145 Abs. 1 IPRG). Der Gläubiger kann eine ihm zustehende Forderung ohne Einwilligung des Schuldners durch schriftliche Erklä- rung abtreten (Art. 164 Abs. 1, Art. 165 Abs. 1 OR). Die Abtretungsvereinbarung erfasst die streitgegenständlichen Ansprüche. Die Zedentin hat diese formgerecht an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, wovon auch die Par- teien übereinstimmend ausgehen (act. 1 Rz 16; act. 13 Rz 122).
Vertragsqualifikation/Herausgabeanspruch
S.L. hat die Kontoeröffnungsanträge für die Konten C.
und
D.
am 7. Oktober 2011 unterzeichnet. Sie wurde von ihrem Direktor,
Rechtsanwalt Z. , vertreten (act. 3/4; act. 3/5; act. 3/8; act. 3/9; act. 13 Rz 25 und 36; act. 24 Rz 17 ff. und 25 ff.). Das Zustandekommen eines Vertrages zwi- schen der J. S.L. und der Beklagten ist unbestritten. Umstritten ist hingegen die rechtliche Qualifikation der eingegangenen Bankkundenbeziehung. Die Kläge- rin geht von einem Anlageberatungsvertrag aus (act. 1 Rz. 19; act. 24 Rz 7). Die
Beklagte qualifiziert das Rechtsverhältnis als reine Konto-/Depotbeziehung (sog. Execution-only) (act. 13 Rz. 16; act. 28 Rz 29).
Der Abwicklung von Anlagegeschäften können eine blosse Konto/Depotbeziehung, die Anlageberatung oder die eigentliche Vermögensverwaltung zugrunde liegen. Mit dem Vermögensverwaltungsvertrag beauftragt der Kunde die Bank, die Verwaltung eines bestimmten Vermögens gegen Honorar selbständig im Rahmen der vereinbarten Anlagestrategie und zwecks Erreichens des persön- lichen Anlageziels des Kunden zu besorgen. Von der Vermögensverwaltung, bei der die Bank die auszuführenden Transaktionen im Rahmen der Sorgfalts- und Treuepflicht sowie der vereinbarten Anlagestrategie selbst bestimmt, unterschei- det sich die Anlageberatung durch die Zuständigkeit des Kunden für den Anlage- entscheid. In Abgrenzung von der reinen Konto-/Depotbeziehung zeichnet sich der Anlageberatungsvertrag dadurch aus, dass der Kunde die Anlageentscheide zwar selbst trifft, die Bank ihm jedoch dabei beratend zur Seite steht (BGE 144 III 155 E. 2.1 und 2.1.1, je m.H.). So verwaltet der Anleger bei der Anlageberatung seine Vermögenswerte wirtschaftlich zwar selber, er greift dabei aber dauernd oder bloss punktuell auf die Expertise eines fachkundigen Dritten zurück, welcher ihm eine auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnittene Beratung erbringt – insbesondere durch die Vermittlung von Informationen und die Abgabe von Emp- fehlungen (vgl. Peter Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 4. Aufl., Bern 2019, § 10 N 191). Die vom Anlageberater abzugebenden Ratschläge und Emp- fehlungen haben objekt- und anlegergerecht zu sein, umfassen damit sowohl eine subjektive Eigenbewertung der Anlage durch den Berater als auch eine auf die persönlichen Bedürfnisse des Anlegers gerichtete Empfehlung, z.B. eine Kauf-, Verkauf- oder Halteempfehlung. Hierdurch grenzt sich die Beratung von der Aus- kunft und Aufklärung ab: Wer auskunftspflichtig ist, schuldet eine reine Tatsa- chenmitteilung; wer aufklärungspflichtig ist, schuldet neben der Tatsachenmittei- lung noch deren Erläuterung; wer beratungspflichtig ist, schuldet eine auf der Aufklärung basierende zusätzliche subjektive Eigenbewertung und anlegergerechte Empfehlung (Nobel, a.a.O., § 10 N 193).
Für die Qualifikation des Vertrages ist nicht entscheidend, welche Bezeichnung die Parteien verwenden, sondern welche Leistungen der Kunde im vereinbarten Rahmen verlangt und die Bank tatsächlich erbringt (BGer 4A_202/2019 vom 11.12.2019 E. 5.1 m.H.). Tritt die Bank mit einer konkreten Anlageempfehlung an den Kunden, handelt es sich dessen ungeachtet, dass eine reine Konto-/Depot- Beziehung vereinbart worden ist, daher um eine Anlageberatung (vgl. BGer 4A_54/2017 vom 29.01.2018 E. 5.2). Auch das Vorliegen eines besonderen Ver- trauensverhältnisses macht eine formelle Grundlage für einen Anlageberatungs- vertrag entbehrlich (BGE 133 III 97 E. 7.1.2 und 7.2).
Vorliegend trägt die Klägerin, welche aus dem Vertragsverhältnis der Zedentin zur Beklagten Ansprüche ableitet bzw. sich auf die rechtliche Qualifikation des Ver- trages beruft, die Beweislast für das Vorliegen eines Anlageberatungsvertrags (vgl. Art. 8 ZGB).
Gemäss Art. 400 Abs. 1 OR hat der Beauftragte auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und alles, was ihm infolge der- selben aus irgendeinem Grunde zugekommen ist, zu erstatten.
Bei Vorliegen eines Vermögensverwaltungsvertrages hat das Bundesgericht eine Herausgabepflicht von Retrozessionen bejaht (BGE 137 III 393; BGE 138 III 755); ebenso im Zusammenhang mit Anlageberatungen (vgl. BGer 4A_427/2011 vom 29.11.2011 E. 4; Emmenegger/Döbeli, SZW 2018, S. 649). Noch keine höchstge- richtliche Rechtsprechung besteht - soweit ersichtlich - zur Herausgabepflicht bei einer reinen Konto-/Depotbeziehung. Das hiesige Gericht hat mit Urteil vom
21. Juni 2023 im Verfahren HG210223 mit eingehender Begründung seiner bishe- rigen Rechtsprechung folgend eine Herausgabepflicht bejaht (E. 6):
6. Herausgabeanspruch
Das hiesige Gericht hat die Frage mit jeweils gleichlautender Begründung (obiter) bejaht (HGer HG190234 v. 05.10.2021, ZR 121 [2022] Nr. 63 E. 2.3 S. 238-240; so auch schon HGer HG150054 v. 15.11.2017 E. 3.2.3):
Eine Konto-/Depotbeziehung ist ein gemischter Vertrag aus Hinterle- gungsvertrag und Auftrag, wobei die auftragsrechtlichen Elemente überwiegen, weshalb Auftragsrecht anzuwenden ist (BGE 133 III 37 Erw. 2.1 = Pra 96 [2007] Nr. 91; BGE 101 II 117 Erw. 5; BGE 96 II 145
Erw. 2; BGE 94 II 167 Erw. 2).
Nach Art. 400 Abs. 1 OR ist der Beauftragte schuldig, auf Verlangen je- derzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und al- les, was ihm infolge derselben aus irgendeinem Grund zugekommen ist, zu erstatten. Die Ablieferungspflicht betrifft nicht nur diejenigen Vermögenswerte, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfül- lung des Auftrags erhält, sondern auch indirekte Vorteile, die dem Be- auftragten infolge der Auftragsausführung von Dritten zukommen. Der Beauftragte soll durch den Auftrag – abgesehen von einem allfälligen Honorar – weder gewinnen noch verlieren. Er muss daher alle Vermö- genswerte herausgeben, welche in einem inneren Zusammenhang zur Auftragsausführung stehen. Behalten darf er nur, was er lediglich bei Gelegenheit der Auftragsausführung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten erhält. Retrozessionen werden dem Beauftragten ausgerichtet, weil er im Rahmen des Auftrags be- stimmte Verwaltungshandlungen vornimmt oder veranlasst; sie fallen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Vermögens an und unterliegen der Herausgabepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR (BGE 132 III 460
Erw. 4.1; 137 III 393 Erw. 2.1 je m.w.H.).
Die Pflicht zur Ablieferung ist – wie die Rechenschaftspflicht – ein zent- rales Element der Fremdnützigkeit des Auftrags. Die Herausgabepflicht lässt sich als Konkretisierung der Treuepflicht nach Art. 398 Abs. 2 OR verstehen. Sie garantiert deren Einhaltung und stellt insofern eine prä- ventive Massnahme zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers dar, indem sie der Gefahr vorbeugt, der Beauftragte könnte sich auf- grund der Zuwendung eines Dritten veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen (BGE 138 III 755 Erw. 5.3; 137 III 393 Erw. 2.3; 132 III 460 Erw. 4.2).
Wann von einem inneren Zusammenhang der Zuwendung eines Dritten zur Auftragsausführung auszugehen ist, kann nicht für alle Auftragsver- hältnisse ein für alle Mal umschrieben werden. Die mit der Herausga- bepflicht nach Art. 400 Abs. 1 OR angestrebte Vorbeugung von Interes- senkonflikten zur Sicherung der Fremdnützigkeit ist – neben dem damit verbundenen Grundsatz, dass der Beauftragte (abgesehen vom Hono- rar) durch den Auftrag weder gewinnen noch verlieren soll – der mass- gebende Gesichtspunkt bei der Beurteilung, ob der Vermögensvorteil dem Beauftragten infolge der Auftragsausübung oder lediglich bei Ge- legenheit der Auftragserfüllung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten zugekommen ist. Bei Zuwendungen Dritter ist ein innerer Zusammenhang schon dann zu bejahen, wenn die Gefahr besteht, der Beauftragte könnte sich dadurch veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen (BGE 138 III 755 Erw. 5.3).
Die Funktion von Art. 400 OR erschöpft sich jedoch nicht darin, als Si- cherungsnorm gegen Interessenkonflikte zu dienen. Sie nimmt vielmehr unabhängig von allfälligen Interessenkonflikten eine Zuordnung der vermögenswerten Positionen von Auftraggeber und Beauftragtem vor. Der innere Zusammenhang ist nicht nur dann zu bejahen, wenn ein In- teressenkonflikt besteht, sondern auch, wenn sie einzig deshalb erfolgt, weil der Empfänger vom Kunden und dank seiner Investition eine Posi- tion eingeräumt bekam, die den Zufluss der Zahlung ermöglichte. Die beiden Kriterien des inneren Zusammenhangs und des Interessenkon- flikts sind eng miteinander verknüpft, aber nicht gleichzusetzen. Her- ausgabepflichtig sind neben den Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, vielmehr all- gemein indirekte Vorteile, die dem Beauftragten infolge der Auftrags- ausführung von Dritten zukommen. Die Bestimmung ist auf sämtliche Auftragsverhältnisse anwendbar, da sich der Beauftragte nicht ohne die informierte Zustimmung des Auftraggebers auf dessen Kosten berei- chern darf (HG150054 Erw. 3.2.3 m.w.H.; zustimmend Emmeneg- ger/Döbeli, Bankgeschäfte nach der Krise: Safer, simpler, fairer?, SZW 2018 S. 649; a.A. Oser/Weber, in: Basler Kommentar, Obligationen- recht I, 7. Aufl., Basel 2020, Art. 400 N. 14a).
Im Schrifttum ist die Frage der Herausgabepflicht bei blossen Konto/Depotbeziehungen streitig (bejahend EMMENEGGER/DÖBELI, SZW 2018, 639,
S. 649; SUSAN EMMENEGGER, Anlagekosten: Retrozessionen im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: Susan Emmenegger [Hrsg.], Anla- gerecht, SBT 2007 – Schweizerische Bankrechtstagung 2007, Basel 2007,
S. 59-127, S. 71; THOMAS JUTZI/KSENIA WESS, Retrozessionen und sonstige Entschädigungen, GesKR 2022, 76, S. 86; THOMAS JUTZI/KSENIA WESS, Die [neuen] Pflichten im Execution-only-Geschäft: Zusammenspiel von FIDLEG und OR, SZW 2019, 589, S. 612; KATHRIN MARIA KÜPPERS, Neuordnung der
Finanzmarktaufsicht im Bereich der bankseitigen Erbringung und Vergütung von Finanzdienstleistungen, Diss. Zürich 2017, S. 96-98; MARTINA REBER, Execution only: Retrozessionen, Auskunft, Verjährung, Besprechung von BGer, 4A_601/2021, 8.9.2022, AJP 2023, 82, S. 85; ROLF SETHE, MiFID II –
Eine Herausforderung für den Finanzplatz Schweiz, SJZ 110 [2014], S. 477- 489, S. 487; CORINNE ZELLWEGER-GUTKNECHT, Zur Annahme und Herausga- be von Retrozessionen und anderen Drittvergütungen, in: Rolf Sethe/Thorsten Hens/Hans Caspar von der Crone/Rolf H. Weber (Hrsg.), Anlegerschutz im Finanzmarktrecht kontrovers diskutiert, Zürich/Basel/Genf 2013, S. 213-249, S. 248-249; verneinend ROLF KUHN, Die Pflicht zur Her- ausgabe von Bestandespflegekommissionen – eine Standortbestimmung nach BGE 138 III 755 [4A_127/2012 vom 30. Oktober 2012], ZBJV 2013,
436, S. 453-454; DAVID OSER/ROLF H. WEBER, in: Obligationenrecht I, Basler Kommentar, hrsg. von Corinne Widmer Lüchinger/David Oser, 7. Aufl. 2020,
N. 14a zu Art. 400 OR; für den Regelfall auch WAYGOOD-WEINER, a.a.O., S. 110-111).
Die nachfolgenden Präzisierungen zur Praxis des hiesigen Gerichts führen nicht zu einer grundsätzlichen Neubewertung.
Zur Begründung der Herausgabepflicht bei einer reinen Konto/Depotbeziehung stützt sich das Schrifttum auf BGer 4C.125/2002 v. 27.09.2002 (EMMENEGGER/DÖBELI, SZW 2018, 639, S. 649). In dieser Entscheidung hatte die Beauftragte aufgrund eines im Auftrag des Auftragge- bers eingegangenen Leibrentenvertrages erhaltene Gratisaktien diesem ge- stützt auf Art. 400 Abs. 1 OR herauszugeben (BGer 4C.125/2002 v. 27.09.2002 E. 3.1 und 3.2). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtspre- chung ist allerdings fraglich, ob sich diese Begründung auf die Herausgabe von Retrozessionen bei einem reinen Depotvertrag übertragen lasse (BGer 4A_601/2021 v. 08.09.2022 E. 7.2). Im Zusammenhang mit der Pflicht zur Herausgabe von Retrozessionen leitet die Rechtsprechung daraus immerhin ab, dass der Beauftragte durch die Ausführung des Auftrags abgesehen von seinem Honorar weder gewinnen noch verlieren darf (BGE 143 III 348
E. 5.1.1 S. 353 = Pra 107 [2018] Nr. 131) und es keine Rolle spielt, ob die Zuwendung nach dem Willen des Dritten ausschliesslich dem Beauftragten zukommen soll oder nicht (BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464-465).
Nachfolgend ist getrennt zu prüfen, ob Art. 400 Abs. 1 OR auf blosse Konto/Depotbeziehungen anwendbar ist (Ziffer 6.1 unten) und ob der erforderliche innere Zusammenhang besteht (Ziffer 6.2 unten).
Anwendbarkeit von Art. 400 Abs. 1 OR ( … )
Der Konto-/Depotvertrag ist ein gemischter Vertrag (BGE 148 III 115 E. 5 S. 120-121 = Pra 111 [2022] Nr. 91; BGE 142 III 746 E. 2 S. 751 = Pra 107
[2018] Nr. 15; BGE 133 III 37 E. 3.1 S. 40-41 = Pra 96 [2007] Nr. 91; BGE
101 II 117 E. 5 S. 119-120; BGE 96 II 145 E. 2 S. 149; BGE 94 II 167 E. 2
S. 169; BGE 63 II 240 E. 1 S. 242; TOBIAS AGGTELEKY, Zivil- und aufsichtsrechtliche Verhaltenspflichten beim Execution-only-Geschäft, 2022, N 148; HEINRICH HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil,
10. Aufl. 2017, S. 423). Neben hinterlegungs- enthält er auftragsrechtliche Elemente (BGE 101 II 117 E. 5 S. 119-120; BGE 96 II 145 E. 2 S. 149; BGE
94 II 167 E. 2 S. 169; BGE 63 II 240 E. 1 S. 242; AGGTELEKY, a.a.O., N 148;
HONSELL, a.a.O., S. 423). Die auftragsrechtlichen Elemente stehen dabei namentlich bei den Verwaltungshandlungen im Vordergrund (BGE 102 II 297 E. 2b S. 301; BGE 101 II 117 E. 5 S. 119-120; BGE 96 II 145 E. 2
S. 149; BGE 94 II 167 E. 2 S. 169; BGE 63 II 240 E. 1 S. 242; BGer 4A_436/2020 v. 28.04.2022, E. 5; DANIEL A. GUGGENHEIM/ANATH GUGGEN-
HEIM, Les contrats de la pratique bancaier suisse, 5. Aufl. 2014, S. 201; CAR- LO LOMBARDINI, Droit bancaire suisse, 2. Aufl. 2008, Chapitre XXV N 82; SETHE, SJZ 110 [2014], S. 487). Es sind gerade die Verwaltungshandlun- gen, welche den Anknüpfungspunkt für die Ausrichtung von Retrozessionen bilden (P. CHRISTOPH GUTZWILLER, Rechtsfragen der Vermögensverwaltung, 2008, S. 199). Regelmässig handelt es sich auch um ein Kommissionsge- schäft (CHRISTIAN LENZ/ANDREAS VON PLANTA, in: Obligationenrecht I, Basler Kommentar, hrsg. von Corinne Widmer Lüchinger/David Oser, 7. Aufl. 2020,
N. 2 Vor Art. 425-438 OR, N. 2 zu Art. 425 OR; DIETER ZOBL/STEFAN KRA-
MER, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich/Basel/Genf 2004, N 1215; JUTZI/WESS, SZW 2019, 589, S. 596). Die auftragsrechtliche Herausgabepflicht gilt aufgrund von Art. 425 Abs. 2 i.V.m. Art. 400 Abs. 1 OR (JUTZI/WESS, GesKR 2022, 76, S. 80; LENZ/VON PLANTA, in: Basler Kommentar, N. 6 zu Art. 425 OR; DAVID OSER/ROLF H. WEBER, in: Basler Kommentar,
N. 14a zu Art. 400 OR; ZOBL/KRAMER, a.a.O., N 1216; vgl. auch BGer 4A_407/2021 v. 13.09.2022 E. 4.2; 4A_547/2012 v. 05.02.2013 E. 4.1).
Demzufolge ist Art. 400 Abs. 1 OR auch auf blosse Konto/Depotverhältnisse anwendbar.
Innerer Zusammenhang ( … )
Neben den dem Anleger direkt in Rechnung gestellten Kommissionen für die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen kann die Bank einen Teil der von den Fondsleitungen dem Fondsvermögen periodisch für die Leitung und Verwaltung des Fonds sowie den Vertrieb der Fondsanteile erhobenen Ver- waltungskommission erhalten (Bestandespflegekommission; BGE 138 III 755 E. 4.1 S. 758, E. 5.4 S. 763). Im vorliegenden Fall stehen solche Bestandespflegekommissionen im Vordergrund.
Interessenkonflikt
Art. 400 Abs. 1 OR soll Interessenkonflikten vorbeugen (BGE 139 III 49
E. 4.1.2 S. 54; BGE 138 III 755 E. 5.3 S. 762; BGE 137 III 393 E. 2.3 S. 397;
MATTHIAS NÄNNI/HANS CASPAR VON DER CRONE, Rückvergütungen im Recht der unabhängigen Vermögensverwaltung, SZW 2006, 377, S. 379). Ein Inte- ressenkonflikt kann auch bei Bestandespflegekommissionen vorliegen (BGE 138 III 755 E. 8.5 S. 778-779). Bei einem blossen Konto-/Depotverhältnis verneint ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und des Schrifttums die Gefahr eines Interessekonflikts (HGer SG HG.2018.11 v. 12.09.2019
E. 3.3, abrufbar unter
Aufl. 2016, HK, N. 12c zu Art. 400 OR; DAVID OSER/ROLF H. WEBER, in:
Obligationenrecht, Basler Kommentar, 7. Aufl. 2020, N. 14a zu Art. 400 OR; EMMENEGGER, BRT 2007, S. 71). Demgegenüber bejaht ein anderer Teil des Schrifttums einen Interessenkonflikt auch bei einem reinen Execution-Only- Verhältnis (AGGTELEKY, a.a.O., N 588; SETHE, SJZ 110 [2014], S. 487; nur
ausnahmsweise WAYGOOD-WEINER, a.a.O., S. 110-111). So besteht die Ge- fahr, dass der Anbieter aus mehreren verfügbaren Plattformen oder Brokern jene wählt, welche ihm höhere Retrozessionen versprechen (HGer ZH HG150054-O v. 15.11.2017 E. 3.2.4.1, abrufbar unter
Zuweisungsnorm
Durch die Retrozessionen erhält der Auftragnehmer ein zusätzliches Entgelt (BGE 132 III 460 E. 4.2 S. 465-466; GUTZWILLER, a.a.O., S. 199; JEAN-MARC
SCHALLER, Handbuch des Vermögensverwaltungsrechts, 2013, N 350). Der Beauftragte darf jedoch durch die Ausführung des Auftrags abgesehen von seinem Honorar weder gewinnen noch verlieren (BGE 143 III 348 E. 5.1.1 S. 353 = Pra 107 [2018] Nr. 131; BGE 138 III 755 E. 5.3 S. 762-763; BGE
138 III 137 E. 5.3.1 S. 141-142; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464-465; BGer
4C.125/2002 v. 27.09.2002 E. 3.1; WALTER FELLMANN, in: Berner Kommentar, Band VI/2/4, hrsg. von Heinz Hausheer, 1992, N. 114, 127 zu Art. 400 OR). Der Beauftragte darf nur behalten, was er lediglich bei Gelegenheit der Auftragserfüllung erhalten hat (BGE 138 III 137 E. 5.3.1 S. 141-142; BGE
137 III 393 E. 2.1 S. 395; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464-465). Die Bestandespflegekommission findet ihre Grundlage ebenfalls in der durch die Ge- schäftsbeziehung eingeräumte Position der Bank (BGE 138 III 755 E. 5.6
S. 765-766; FABIAN SCHMID, Retrozessionen an externe Vermögensverwal- ter, 2009, S. 165). Aus dem Grundsatz der Nichtbereicherung ist zu schlies- sen, dass sich die Funktion von Art. 400 Abs. 1 OR nicht in der Prävention von Interessenkonflikten erschöpft, sondern unabhängig von allfälligen Inte- ressenkonflikten die vermögenswerten Positionen zwischen Auftraggeber und Beauftragtem zuordnet (HGer ZH HG190234 v. 05.10.2021, ZR 121 [2022] Nr. 63 E. 2.3 S. 238-240; HGer ZH HG150054-O v. 15.11.2017
E. 3.2.3; EMMENEGGER, BRT 2007, S. 71). Die Zuweisungsfunktion von Art. 400 Abs. 1 OR spricht für eine Herausgabepflicht bei einer blossen Kon- to-/Depotbeziehung.
Zwischenergebnis
Da bei einer blossen Konto-/Depotbeziehung ebenfalls die Gefahr einer Inte- ressenkollision besteht und Art. 400 Abs. 1 OR darüber hinaus eine Zuwei- sungsfunktion hat, besteht ein Herausgabeanspruch der Klägerin gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR.
Es ist unbestritten, dass die Klägerin ihre Anlageentscheide jeweils selbst getrof- fen hat (act. 13 Rz 55 und 60, act. 24 Rz 26, 48 und 85; act. 28 Rz 9). Umstritten ist lediglich, ob dies, wie von der Klägerin behauptet, gestützt auf eine vorange- hende Beratung ihrer Vertreter durch die Beklagte erfolgte (vgl. act. 24 Rz 48), oder sich die Tätigkeit der Beklagten auf die Ausführung der von der Klägerin er- teilten Instruktionen und ein reines Zurverfügungstellen von Informationen an die Kundin beschränkte (Darstellung der Beklagten; vgl. act. 28 Rz 9). Zu Recht ver- tritt keine Partei die Ansicht, dem streitgegenständlichen Verhältnis liege ein Vermögensverwaltungsvertrag zugrunde. Es werden denn auch keine entsprechen- den Behauptungen aufgestellt.
Da vorliegend keine Veranlassung dazu besteht, von der aktuellen Praxis des hiesigen Gerichts abzuweichen, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, dass allenfalls nicht nur Bestandespflegekommissionen im Streit liegen (vgl. act. 1 Rz 23), kann offenbleiben, ob zwischen den Parteien eine Anlageberatung oder lediglich eine Konto-/Depotbeziehung vorlag. In beiden Fällen hat die Beklagte vereinnahmte Retrocessions (act. 3/4 und 3/5, je S. 25 Ziff. 3) bzw. Trailer Fees (act. 3/6 S. 43 Ziff. 3.1.) herauszugeben, sofern die Klägerin auf die Her- ausgabe nicht rechtswirksam verzichtet hat.
Die Ablieferungspflicht von Art. 400 Abs. 1 OR ist dispositiv (BGE 137 III 393
E. 2.2). Der Auftraggeber kann auf die Ablieferung bestimmter Werte verzichten, was sowohl in Bezug auf die Herausgabe von bereits erlangten Vorteilen wie auch auf bestimmte künftig anfallende Vorteile möglich ist. Dabei setzt die Gültig- keit
eines Vorausverzichts voraus, dass der Auftraggeber über die zu erwartenden Retrozessionen vollständig und wahrheitsgetreu informiert ist, und dass sein Wil- le, auf deren Ablieferung zu verzichten, aus der Vereinbarung entsprechend deut- lich hervorgeht (BGE 137 III 393 E. 2.2). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung folgt dabei einer vermittelnden Auffassung, wonach der Auftraggeber nicht die genaue Höhe der Retrozessionen kennen, jedoch über Informationen zur Berech- nungsgrundlage und zur Grössenordnung der zu erwartenden Retrozessionen verfügen muss (BGE 137 III 393 E. 2.2 und 2.4; BGer 4A_427/2011 vom 29.11.2011 E. 4). Die Beweislast für einen rechtswirksamen Verzicht der Zedentin obliegt der Beklagten (BGE 137 III 393 E. 2.5).
Die Beklagte stützt den Verzicht auf die Retrozessionen 2014 des Kontos C. auf Ziff. 3 der AGB 2011 sowie Ziff. 4 des Formulars Nr. 10 des Kontoer- öffnungsdossiers (standard advisory agreement). Sie macht geltend, die J. S.L. habe beide Dokumente erhalten und den Inhalt der Verzichtsklau- seln zur Kenntnis genommen (vgl. act. 13 Rz 49 f., 53, 81 ff., 116 und 138; act. 28 Rz 15 und 44). Die Formulierung der Verzichtsklausel habe der geltenden Recht- sprechung und den regulatorischen Vorgaben entsprochen (act. 13 Rz 37 ff.; act. 28 Rz 61). Ferner sei der Verzicht in den AGB 2011 weder ungewöhnlich noch unklar (act. 13 Rz 163 f.).
Begriff Allgemeine Geschäftsbedingungen
C. und D. identische Vertragssets verwendet. Die Verzichtserklärung im Formular Nr. 10 erfüllt damit ebenfalls sämtliche Tatbestandsmerkmale von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
E. 2.1.2). Mithin können die AGB im Vertragsdokument enthalten sein, oder es muss dem Vertragspartner zumindest die zumutbare Möglichkeit einer Kenntnis- nahme verschafft werden (BGE 139 III 345 E. 4.4; BGer 4A_47/2015 vom 02.06.2015 E. 5.4.1).
Partei nicht speziell aufmerksam gemacht worden ist (BGE 148 III 57 E. 2.1.3 m.H.). Ferner sind die übernommenen AGB einer Inhaltskontrolle nach Art. 8 UWG zu unterziehen.
Parteibehauptungen
Die Beklagte macht geltend, die AGB 2011 hätten als Formular Nr. 6 den Konto- eröffnungsunterlagen beigelegen. Die J. S.L. habe den Inhalt der AGB zur Kenntnis genommen und deren Erhalt schriftlich bestätigt (act. 13 Rz 53, 83, 116 und 138; act. 28 Rz 44). Sodann habe das Formular Nr. 10 des Kontoeröffnungs- dossiers unter Ziff. 4 eine identische Verzichtsklausel wie die AGB 2011 enthal- ten. Auch diese Klausel habe die Kundin bei Vertragsschluss zur Kenntnis ge- nommen und übernommen (act. 13 Rz 49 f., 81 und 138; act. 28 Rz 15 und 44).
Die Klägerin bestreitet, die AGB 2011 erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben (act. 1 Rz 26 und 28; act. 24 Rz 35 und 71).
Einbezug
Die Kontoeröffnungsunterlagen sind durchnummeriert (Seiten 1-55). Sie bestehen aus insgesamt 14 Formularen und bilden ein zusammenhängendes Vertragsdos- sier. Die General terms and conditions of business befinden sich als Formular Nr. 6 zwischen den Formularen Nr. 5 Fee Schedule und Nr. 7 Verification of beneficial owners identity Form A and declaration to the Bank. Die Formulare Nr. 5 und 7 wurden vom Vertreter der J. S.L. am 7. Oktober 2011 unterzeich- net. Das Formular Nr. 6 verlangt nicht nach einer Unterschrift des Kunden. Eine solche ist zur Übernahme der AGB auch nicht zwingend notwendig. Auf sämtli- chen 14 Formularen befindet sich auf der ersten Seite der Account name C. sowie die Account Number 1. Es erhellt nicht, wieso die AGB bzw. das Formular Nr. 6 anlässlich der Kontoeröffnung nicht vorhanden gewesen sein soll- te. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Kontoeröffnungsset vollständig war und der Kundin bzw. deren Vertreter auch so vorgelegt wurde. So bestätigt die Zedentin auf der letzten Seite des Kontoeröffnungsantrags (gemeint ist Seite 54)
entgegen den Ausführungen der Beklagten (vgl. act. 13 Rz 52) - zwar nicht den Erhalt der AGB 2011 und deren Kenntnisnahme. Die angeführte Bestätigung be- zog sich auf das Formular Nr. 13 Application for the use of E-banking for indi- viuals und die darin enthaltenen A. Terms and conditions for E-banking (vgl. act. 3/4 S. 54 bzw. Formular Nr. 13 ganz). Doch hält der Passus klar fest, dass die AGB einen integrierenden Bestandteil des Kontoeröffnungsantrags der Beklagten bilden. Ei- ne so geschäftserfahrene Kundin wie die Zedentin (vgl. nachfolgend E. II.A.4.1.2.4.2.) hätte nachgefragt, wenn sie die AGB nicht erhalten hätte. Damit ist erstellt, dass die AGB 2011 den Kontoeröffnungsunterlagen beilagen und einen integralen Bestandteil des Vertragsangebots der Beklagten bildeten. Die Beklagte durfte nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Zedentin mit der Unter- zeichnung der weiteren Bestandteile des Kontoeröffnungsdossiers auch ihr Ein- verständnis zur Übernahme der AGB erklärte. Die Klägerin behauptet keinen da- hingehenden übereinstimmenden Parteiwillen, dass die AGB trotz der Tatsache, dass sie Teil des Antrages der Beklagten waren, von den Parteien nicht hätten übernommen werden wollen. Damit hat es mit der Bestimmung des Vertrags- schlusses nach dem Vertrauensprinzip sein Bewenden. Die Zedentin und die Be- klagte haben die AGB vom Jahr 2011 wirksam vereinbart.
Voll- oder Globalübernahme
hätte, sie deren Tragweite nicht verstanden habe. Ob die Verzichtsklausel voll- oder lediglich global übernommen wurde und wer hierfür die Beweislast trägt (vgl. HGer HG210223 vom 21.06.2023 E. 7.1.2), kann aufgrund der nachfolgenden Erwägungen jedoch offenbleiben.
Rechtliches
Die Anwendung der Ungewöhnlichkeitsregel bedingt zunächst, dass eine AGB- Klausel für die zustimmende Partei subjektiv ungewöhnlich ist. Branchenübliche Klauseln können für einen Branchenfremden ungewöhnlich, für einen Branchen- kenner demgegenüber üblich sein (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.2; BGE 138 III 411
E. 3.1). Allerdings schliesst Branchenkenntnis oder Geschäftserfahrung die sub- jektive Ungewöhnlichkeit auch nicht zwingend aus, denn unter Umständen kann eine Klausel auch für eine solche Person ungewöhnlich sein (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.2; BGer 4A_499/2018 vom 10.12.2018 E. 3.3.3). Die Ungewöhnlichkeit einer AGB Klausel beurteilt sich aus der Sicht des Zustimmenden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGE 138 III 411 E. 3.1; BGE 135 III 1 E. 2.1). Die Beur- teilung erfolgt individuell bezogen auf den Einzelfall (BGE 135 III 1 E. 2.1). Die Behauptungs- und Beweislast für Aspekte, welche auf die subjektive Ungewöhn- lichkeit einer AGB-Klausel schliessen lassen, trägt die zustimmende Partei; damit vorliegend die Klägerin.
Neben der subjektiven Ungewöhnlichkeit hat die fragliche Klausel, damit die Un- gewöhnlichkeitsregel zur Anwendung gelangt, sodann objektiv beurteilt einen ge- schäftsfremden Inhalt aufzuweisen. Sie hat objektiv ungewöhnlich zu sein. Dies ist dann zu bejahen, wenn die Klausel zu einer wesentlichen Änderung des Ver- tragscharakters führt oder in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus fällt. Je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Vertrags- partners beeinträchtigt, desto eher ist sie als ungewöhnlich zu qualifizieren (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.3).
Subjektive Ungewöhnlichkeit
Die Klägerin macht geltend, die vorformulierten Verzichtsklauseln sei- en ungewöhnlich (act. 24 Rz 136). Es handle sich bei der Zedentin um eine im Bereich der Investition von Vermögen völlig unerfahrene im Ausland ansässige Kundin (act. 1 Rz 19 und 27).
Die Beklagte geht von einer erfahrenen Kundin aus, bei welcher der ausländische Sitz keine Rolle spiele (act. 12 Rz 135).
Wirtschaftlich Berechtigter der Zedentin ist unbestrittenermassen K. , wohnhaft in L. (act. 1 Rz 18; act. 13 Rz 26; act. 24 Rz 18). Die
Zedentin wurde 1997 gegründet (act. 13 Rz 26; act. 24 Rz 19). Die Beklagte führ- te in der Klageantwort aus, bei K. handle es sich um einen bekannten brasi- lianischen Unternehmer, Kunstsammler und Politiker. Er habe in den 1980er- Jahren von seinem Vater das Unternehmen M. übernommen, welches da- mals das viertgrösste Unternehmen auf dem …markt mit einem Marktanteil von 25 % gewesen sei. Seither sei K. im L. …-handel tätig. Nach seinen eigenen Angaben setze sich sein Vermögen aus den Erträgen seiner unterneh- merischen Tätigkeit, weiteren Beteiligungen an Unternehmen, einer Kunstsamm- lung und diversen Investitionen in ausländische und lokale Finanzmärkte zusam- men. K. habe die Zedentin gegründet, um seine Ersparnisse im Ausland zu verwalten (act. 13 Rz 26 f.). Dem hielt die Klägerin in der Replik lediglich entge- gen, die Zedentin sei nicht von K. und auch nicht zum Zweck der Verwal- tung von dessen Ersparnissen gegründet worden (act. 24 Rz 19). Wollte die Klä- gerin die von der Beklagten aufgestellten detaillierten Behauptungen zum Grün- der und dem mit der Zedentin verfolgten Zweck rechtsgenügend bestreiten, hätte sie darlegen müssen, wer, anstelle des an den Vermögenswerten der Zedentin wirtschaftlich Berechtigten K. , die Zedentin gegründet hat und zu welchem Zweck. Denn sie hat sich die eingeklagten Forderungen von der Zendentin abtre- ten lassen und es ist ihr deren Wissen anzurechnen. Folglich ist von einer unge- nügenden Bestreitung auszugehen und haben die Tatsachen, wie von der Be- klagten geltend gemacht (act. 28 Rz 30), Bestand (vgl. vorne E. I.5.2). So handelt es sich bei der J. S.L. - wie bereits erwähnt - auch um eine private Invest- mentgesellschaft (Private Investment Company) (act. 1 Rz 18; act. 13 Rz 26;
act. 24 Rz 18). Ferner erstellte N. als damals zuständiger Client Relations- hip Manager im Rahmen der Kontoeröffnung ein Kundenprofil der Zedentin (Cli- ent Investment Profile, act. 3/4 Formular Nr. 4 und act. 3/12; act. 13 Rz 41; act. 24 Rz 35). Der Vertreter der Zedentin hat das Profil unterzeichnet. Unbestritten blieb diesbezüglich, dass die Zedentin (dazumal) seit 10 bis 12 Jahren aktiv auf dem Finanzmarkt war, wöchentlich Investitionen tätigte und in der Vergangenheit unter anderem in Certificates of Deposit, Moneymarket fund, Equities resp. ''Private Equities, Structured products, Bonds sowie Art & Paintings inves- tiert hatte (act. 3/4 Formular Nr. 4; act. 13 Rz 43; act. 24 Rz 34 ff.). Die von der Zedentin investierten Geldmittel sollten der langfristigen Vermehrung von Ein- kommen dienen. Jährlich sollte ein Ertrag von $ 50'000 bis 100'000 erzielt werden (act. 3/4 Formular Nr. 4; act. 3/12; act. 13 Rz 43; act. 24 Rz 35 ff.). Ziel der Ze- dentin war es somit, die Gelder gewinnbringend anzulegen. Dabei spielen die an- fallenden Kosten, namentlich für die Abgeltung der von einer Bank in Anspruch genommenen Dienstleistungen, eine wesentliche Rolle. Bei der Retrozessions- Problematik handelt es sich nicht um eine rein schweizerische Thematik (vgl. HGer HG, HG210223 vom 21.06.2023 E. 7.1.2.1.). Die Zedentin hat, bevor sie die Geldmittel in die Schweiz transferierte, nachweislich bereits in einem anderen eu- ropäischen Land - nämlich in I. - Anlagen getätigt. Sie selbst hat ihren Sitz in K. . Die europäischen Gepflogenheiten waren ihr damit nicht neu. Ihr Ver- treter, Z. , ist Jurist (act. 3/4 S. 1), und sie verfügt über eine Rechtsabteilung (act. 24 Rz 26).
Gestützt auf das Gesagte ist davon auszugehen, dass es sich bei der Zedentin um eine in Finanzangelegenheiten erfahrene Kundin handelte. Daran ändert nichts, sollte sie sich, was vorliegend umstritten ist (vgl. u.a. act. 13 Rz 9 und act. 24 Rz 45), mit Bezug auf die effektiv getätigten Anlagen auf professionelle Bera- tung verlassen haben.
Zwischenfazit
diesbezüglich auch keine Parteibehauptungen aufgestellt. Die Klausel ist nicht ungewöhnlich.
E. 2.2). Eine in diesem Sinne hinreichende Information liegt vor, wenn der Auf- traggeber die Parameter kennt, die zur Berechnung des Gesamtbetrages der Ret- rozessionen notwendig sind und einen Vergleich mit dem vereinbarten Vermö- gensverwaltungshonorar erlauben. Eine genaue Bezifferung ist bei einem vor- gängigen Verzicht nicht möglich. Damit der Kunde den Umfang der zu erwarten- den Retrozessionen erfassen kann, muss er zumindest die Eckwerte der beste- henden Retrozessionsvereinbarungen mit Dritten sowie die Grössenordnung der zu erwartenden Rückvergütungen kennen. Letzterem Erfordernis wird beim Vorausverzicht Genüge getan, wenn die Höhe der erwarteten Rückvergütungen in einer Prozentbandbreite des verwalteten Vermögens angegeben wird. Das Zu- sammenspiel dieser beiden Elemente ermöglicht es dem Auftraggeber, im Hin- blick auf einen Verzicht sowohl die Gesamtkosten der Vermögensverwaltung zu erfassen als auch die beim Vermögensverwalter aufgrund der konkreten Anreiz- strukturen vorhandenen Interessenkonflikte zu erkennen (BGE 137 III 393 E. 2.4).
Eine Pflicht, den Kunden im Hinblick auf eine Verzichtserklärung unaufgefordert über den Umstand der zufliessenden Retrozessionen zu informieren, der für die- sen angesichts der damit verbundenen Gefahr von Interessenkonflikten zweifellos von Bedeutung ist, folgt bei der Ausführung des Auftrags aus der Treuepflicht des Beauftragten, ergibt sich jedoch bereits vor Abschluss des Vertrags aus dessen vorvertraglicher Aufklärungspflicht. Inwieweit eine aktive Aufklärung erforderlich ist, damit die Kenntnis des Auftraggebers hinsichtlich der Retrozessionen für ei- nen Verzicht ausreicht, ist im Einzelfall unter Mitberücksichtigung der Geschäfts- erfahrenheit des Auftraggebers zu bestimmen. Während ein gänzlich unerfahre- ner und unwissender Kunde vom Vermögensverwalter über sämtliche erwähnten Punkte aufzuklären und auf die entsprechenden Zusammenhänge im Einzelnen
aufmerksam zu machen ist, aus denen sich angesichts des Empfangs von Leis- tungen Dritter Interessenkonflikte ergeben können, reicht beim erfahrenen und in finanziellen Angelegenheiten sachkundigen Vermögensträger ein Hinweis auf die technischen Eckwerte der bestehenden Retrozessionsvereinbarungen mit Dritten sowie auf das zu erwartende Transaktionsvolumen bzw. die Angabe der zu erwar- tenden Rückvergütungen als Prozentbandbreite des verwalteten Vermögens aus. Die Aufklärung muss dabei weder im einen noch im anderen Fall in einer beson- deren Form erfolgen (BGE 137 III 393 E. 2.5).
S. 590; Thomas Jutzi/Fabian Eisenberger, Das Verhältnis von Aufsichts- und Pri- vatrecht im Finanzmarktrecht, AJP 2019, S. 6 und S. 15). Es ist daher unerheb- lich, ob die Verzichtsklausel in den AGB 2011 und im Formular Nr. 10 den regula- torischen Vorgaben der FINMA entsprach.
Willkürverbot, wenn sich herausstellt, dass sich die Umstände oder Rechtsauffas- sungen geändert haben oder dass eine andere Praxis dem Willen des Gesetzge- bers besser Rechnung tragen würde. Die Gründe für die Änderung müssen objek- tiv und umso gewichtiger sein, je älter die Rechtsprechung ist, denn die Rechtssi- cherheit soll nicht grundlos beeinträchtigt werden (BGE 138 III 270 E. 2.2.2 = Pra 101 [2012] Nr. 125). Grundsätzlich muss die neue Rechtsprechung sofort und auf die im Zeitpunkt ihres Erlasses anhängigen Verfahren Anwendung finden (BGE 135 II 78 E. 3.2 = Pra 98 [2009] Nr. 86).
Voraussetzungen der Wirksamkeit
Parteibehauptungen
Die Klägerin macht geltend, der Verzicht sei nicht rechtsgültig, da es die Beklagte unterlassen habe, die Eckwerte der Retrozessionsvereinbarungen mit Dritten be- kanntzugeben. Die Angabe von einer Prozentbandbreite für mannigfaltig vorhan- dene Finanzprodukte sei für einen rechtsgültigen Verzicht ungenügend. Zudem sei die genannte Prozentbandbreite von 0 % bis 5 % zu ausgedehnt und es werde
darauf hingewiesen, dass es sich um Durchschnittswerte handle (act. 1 Rz 37 f. und 40; act. 24 Rz 68).
Gemäss der Beklagten ist die Klausel rechtsgenügend. Die Angabe der Prozent- bandbreite sei ausreichend eng und eine produktspezifische Aufteilung sei nicht nötig (act. 13 Rz 152 und 154).
Würdigung
Die (technischen) Eckwerte der bestehenden Retrozessionsvereinbarungen um- fassen die Berechnungsparameter. Als solche können sowohl der Bestand der jeweiligen Produkte beim individuellen Kunden als auch deren Gesamtbestand beim Auftragnehmer dienen. Durch die Kenntnis der Eckwerte soll der Auftragge- ber wissen, welche Verwaltungshandlungen und in welchem Ausmass diese von Abreden mit Dritten beeinflusst sein können. Dadurch kann er die mit dem Ent- schädigungsmodell verbundenen Interessenkonflikte erkennen und verstehen (vgl. HGer ZH, HG210223 vom 21.06.2023 E. 7.1.4.1. m.H.).
Die Höhe der erwarteten Rückvergütungen in einer Prozentbandbreite des ver- walteten Vermögens hängt von der Häufigkeit der Transaktionen ab (BGE 137 III 393 E. 2.4, E. 2.6). Bei einem Vorausverzicht ist es nicht möglich, exakte Werte anzugeben (BGer 4A_355/2019 v. 13.05.2020 E. 3.1). Die Angabe einer Prozent- bandbreite vermittelt dem Auftraggeber Kenntnis der Grössenordnung der zu er- wartenden Rückvergütungen (BGE 137 III 393 E. 2.4). Sie ermöglicht es dem Auf- traggeber, Kenntnis der Grössenordnung der zu erwartenden Rückvergütungen zu erhalten, die Gesamtkosten zu überblicken und einen aufgrund der konkreten Anreizstrukturen vorhandenen Interessenkonflikt zu erkennen (vgl. BGE 138 III 755 E. 6.3; BGer 4A_355/2019 vom 13.05.2020 E. 3.1). Bei transaktionsabhängi- gen Rückvergütungen ergibt sich ein Interessenkonflikt aus dem damit verbun- denen Anreiz des Vermögensverwalters, durch (zu) häufige Transaktionen (sog. Churning) ein Zusatzeinkommen zu erzielen (BGE 137 III 393 E. 2.3; BGE 132 III 460 E. 4.2). Nach Sinn und Zweck der Anforderungen an einen gültigen Verzicht auf Retrozessionen muss der Auftraggeber den Umfang der zu erwartenden Ret- rozessionen erfassen und dem vereinbarten Honorar gegenüberstellen können (BGE 137 III 393 E. 2.4). Damit die Grössenordnung der zu erwartenden Retro- zessionen anhand einer Prozentbandbreite bestimmbar ist, bedarf es eines dem Kunden bekannten Basiswerts (vgl. BGE 138 III 755 E. 6.3). Beim Vermögens- verwaltungsvertrag ist dies die Höhe des verwalteten Vermögens (BGE 138 III 755 E. 6.3). Beim Anlageberatungsvertag oder reinen Konto-/Depotbeziehungen bilden der dem Kunden regelmässig bekannte Wert der Anlagen sowie die Emis- sions- oder Rückkaufpreise geeignete Berechnungsgrundlagen (vgl. zum Ganzen HGer ZH, HG210223 vom 21.06.2023 E. 7.1.4.2. m.H.).
Vorliegend wird nur eine nummerische Prozentbandbreite von 0 % bis 5 % für den Sammelbegriff Retrozessionen und alle Anlagekategorien (Fonds, strukturierte Produkte, Börsengeschäfte) angegeben. Für die Kundin ist nicht erkennbar, für welche Anlageprodukte der Bank wieviel Prozent bezahlt werden. Damit erlauben es die in der Klausel enthaltenen Angaben es der Kundin nicht, die Grössenord- nung der Vergütung, welche die Bank für die von ihr effektiv getätigten Anlagege- schäfte erhält, mit hinreichender Gewissheit zu berechnen. Ohne die Aufteilung der Geschäfte in verschiedene Anlagekategorien und lediglich unter Angabe einer
Bandbreite von mehreren Prozenten für sämtliche Anlagekategorien kann die Kundin namentlich nicht abschätzen, ob die Bank sich in einem Interessenkonflikt befindet. Auch die Möglichkeit einer hinreichenden Abschätzung der Gesamtkos- ten der Transaktion scheint kaum mehr gegeben. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn es sich bei der Zedentin um eine in der Fällung von Anlageent- scheiden sehr erfahrene Kundin handeln würde.
Da die Verzichtsklausel keine hinreichenden Angaben zur Berechnung der Höhe der Retrozessionen enthält, ist der darin enthaltene Verzicht unwirksam. Entspre- chend erübrigt sich eine Inhaltskontrolle nach Art. 8 UWG.
Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen 2014
Im Jahre 2014 hat die Beklagte ihre AGB geändert. Unbestrittenermassen hat die Beklagte der Zedentin mit Bezug auf das Konto C. keine neuen AGB zu- kommen lassen (act. 24 Rz 121; act. 28 Rz 102 und 105). Das Konto C.
wurde per Ende September 2014 geschlossen (act. 13 Rz 142; act. 24 Rz 12; vgl. auch act. 3/27). Demnach galt immer die Verzichtsklausel gemäss den AGB 2011 sowie dem Formular Nr. 10 des Kontoeröffnungsdossiers.
Der auf Ziff. 3 der AGB 2011 und Ziff. 4 des Formulars Nr. 10 des Kontoeröff- nungsdossiers gestützte Verzicht auf die Retrozessionen ist nicht wirksam. Die Klägerin hat deshalb mit Bezug auf das Konto C. Anspruch auf die Heraus- gabe von CHF 19'943.00, ist doch die Höhe der von der Beklagten diesbezüglich vereinnahmten Retrozessionen unbestritten.
Sachverhalt/Vorbemerkungen
Die Beklagte stützt einen rechtswirksamen Verzicht der J. S.L. auf die Ret- rozessionen der Jahre 2014 bis 2016 des Kontos D. ebenfalls auf die Verzichtsklausel in den AGB 2011 und im Formular Nr. 10 der Kontoeröffnungsunter- lagen. Weiter macht sie geltend, sie habe ihre AGB im Jahr 2014 geändert, na- mentlich auch die Verzichtsklausel. Die Zedentin habe diese neuen AGB für das Konto D. akzeptiert und der darin enthaltene Verzicht auf die Retrozessio- nen sei genügend (act. 13 Rz 65 f., 68 ff., 94 ff., 100 ff.). Die Klägerin bestreitet die gültige Übernahme der AGB 2014 durch die Zedentin. Sodann sei auch der darin enthaltene Verzicht nicht rechtsgenügend (act. 24 Rz 57 f., 61, 87 ff., 98 ff.).
Da sowohl die Kontoeröffnungsunterlagen als auch der Eröffnungs- und Transfer- vorgang für beide Konti identisch waren, kann betreffend die Übernahme der AGB 2011 und des Formulars Nr. 10 sowie der Frage der Wirksamkeit der in diesen Dokumenten enthaltenen Verzichtsklausel vollumfänglich auf die Ausführungen
zum Konto C.
verwiesen werden. Zu prüfen bleibt, ob mit Bezug auf das
Konto D.
zwischen der Zedentin und der Beklagten die AGB 2014 gültig
vereinbart wurden und die darin enthaltene Verzichtsklausel rechtswirksam ist.
der AGB keine Anpassung der bestehenden AGB 2011. Vielmehr handle es sich dabei um neue Verträge zwischen dem Bankkunden und der Beklagten. Hierfür hätten gestützt auf Ziff. 5 der AGB 2011 die geltenden AGB mit eingeschriebenem Brief widerrufen werden müssen (act. 1 Rz 29).
mer/Probst/Perrig, a.a.O., N 122 f.). Gemäss Art. 6 OR ist jedoch eine stillschwei- gende Annahme möglich, wenn wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten ist. Dies ist der Fall, wenn eine rechtsgültig vereinbarte Genehmigungsklausel vor- liegt.
Ziff. 5 der AGB hat folgenden Inhalt:
These general business conditions and all other agreements and contracts between the Client and the Bank shall be valid for an undetermined period of time (unless otherwise specified) and, in any case, until revoked by either party in writing and delivered by regis- tered post or an equivalent means. They shall not lapse through loss of legal capacity, death, legally presumed death, receivership, insolvency, bankruptcy or incapacity to act of the Client.
den Parteien vereinbart. Vielmehr wurden die geltenden Bestimmungen der AGB 2011 teilweise abgeändert (act. 13 Rz 65 und 95, vgl. act. 3/5 und 3/6). Solche Änderungen sind unter Ziff. 1.22 der AGB 2011 und nicht Ziff. 5 zu subsumieren.
Die Klägerin macht nicht geltend, die in Ziff. 1.22 der AGB 2011 enthal- tene Genehmigungsklausel sei für die Zedentin ungewöhnlich gewesen. Hiervon ist bei der Geschäftserfahrenheit der J. S.L. in Finanzangelegenheiten auch nicht auszugehen. Sodann enthält die Klausel ein Widerspruchsrecht unabhängig vom Änderungsgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie ist damit auch nicht objektiv ungewöhnlich (BGE 135 III 1 E. 2.6 und 3.3). Es kann daher auch an dieser Stelle offenbleiben, ob die AGB 2011 überhaupt global übernommen wurden.
Am 1. Juli 2012 trat die Änderung von Art. 8 UWG in Kraft (AS 2011 4909). Auf die Übernahme der AGB 2011 ist noch die ursprüngliche Fassung vom
Dezember 1986 anwendbar (AS 1988 223; nachfolgend Art. 8 aUWG):
Unlauter handelt insbesondere, wer vorformulierte allgemeine Geschäftsbe- dingungen verwendet, die in irreführender Weise zum Nachteil einer Ver- tragspartei:
von der unmittelbar oder sinngemäss anwendbaren gesetzlichen Ord- nung erheblich abweichen oder
eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rech- ten und Pflichten vorsehen
Ziff. 1.22 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sieht eine Abweichung von der gesetzlichen Regel in Art. 6 OR vor, wonach Stillschweigen grundsätzlich nicht als Zustimmung gilt. Es ist eine erhebliche Abweichung von der gesetzlichen Ord- nung i.S.v. Art. 8 lit. a aUWG zu prüfen (BGE 117 II 332 E. 5b = Pra 82 [1993] Nr. 70). Ein Verstoss gegen Art. 8 aUWG setzt eine Irreführung voraus (BGE 117 II 332 E. 5a; BGer 5C.237/2000 vom 15.02.2001 E. 2c). Eine solche kann in der Formulierung, der Stellung im Text oder in ihrer grafischen Gestaltung liegen (BGer B 22/00 vom 27.03.2001 E. 6; 4P.52/2000 vom 29.06.2000 E. 3b/bb). Die
in Ziff. 1.22 enthaltene Genehmigungsfiktion trägt den Titel Amendments to the general business conditions. Die Klausel ist fett gedruckt und von den weiteren
Bestimmungen abgegrenzt (act. 3/5 Formular Nr. 6). Eine Irreführung ist nicht er- sichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargelegt.
Die Beklagte und die Zedentin haben in Ziffer 1.22 der AGB wirksam eine Genehmigungsfiktion vereinbart. Es liegen besondere Umstände nach Art. 6 OR vor, welche bei Stillschweigen auf eine Zustimmung schliessen lassen. Die Genehmigungsklausel kommt auch in Bezug auf die Abänderung der im Formular Nr. 10 enthaltenen Verzichtsklausel zur Anwendung (vgl. act. 3/5 Formular Nr. 10 Ziff. 9 Reference to the General terms and conditions of business). Da das For- mular prozesskonform in das Verfahren eingebracht wurde, ist das Gericht be- rechtigt, das gesamte Formular zu würdigen, auch wenn sich die Parteien ledig- lich auf einzelne Bestimmungen davon beziehen (BGer 4A_455/2021 vom 26.01.2022 E. 5.3.2).
Korrespondenz an die Postadresse (mailing adress; act. 3/5 Formular Nr. 1) wünsche und nicht Hold Mail with E-banking (act. 24 Rz 47, 61 und 73); von ei- ner Zusendung per Einschreiben ist dabei keine Rede.
Unter dem 23. November 2015 hat die Zedentin bestätigt, dass sie mit- unter die General terms and conditions of business and fee schedule erhalten hat (act. 3/38). Die Eingangsbestätigung der Beklagten für das Konto D. da- tiert vom 14. November 2014. Es bestehen keine Zweifel daran, dass damit die Zedentin den Erhalt der geänderten AGB Fassung 2014 bescheinigt hat (vgl. act. 24 Rz 89). Die Beklagte bezeichnete denn zuvor ihre AGB auch als General terms and conditions of business (vgl. act. 3/5 Nr. 6). Auf ein früheres Zustel- lungsdatum als den 23. November 2015 kann gestützt auf die pauschalen Be- hauptungen der Beklagten, sie habe auf ihrer Website auf die angepassten AGB aufmerksam gemacht und den Bankkunden die Unterlagen via E-Banking-Konto zur Verfügung gestellt (act. 13 Rz 70), nicht geschlossen werden.
Die Zedentin hat die geänderten AGB am 23. November 2015 erhalten. Es be- hauptet keine Partei, die J. S.L. habe diesen, namentlich mit Bezug auf die geänderte Verzichtsklausel, innerhalb eines Monats widersprochen. Damit hat die Zedentin den geänderten AGB-Klauseln gestützt auf die Genehmigungsklausel rechtswirksam zugestimmt. Die Verzichtsklausel in den AGB 2014 wurde zwi- schen den Parteien vereinbart. Da bereits in den AGB 2011 sowie im Formular Nr. 10 eine Verzichtsklausel enthalten war, bedurfte es - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch keiner ausdrücklichen Aufklärung der Zedentin über den in den AGB 2014 enthaltenen Verzicht (act. 1 Rz 36 und 61; act. 24 Rz 91 f., 123 und 137). Sodann sind weder der umfassende Vorausverzicht noch der nachträgliche Verzicht (vgl. nachfolgend E. II.A.4.2.3.2.3.) subjektiv ungewöhnlich (vgl. vorne E.II.A.4.1.2.4.2).
Aus Ziff. 3.3. der AGB 2014 ergibt sich ein eindeutiger Anspruchsverzicht für ver- gangene und zukünftig anfallende Retrozessionen (Trailer Fees; act. 3/6 […] The Client hereby agrees to the Bank keeping such future and past Trailer Fees as an additional remuneration for its services rendered. The Client expressly wai- ves his/her/their rights to the Trailer Fees, in particular the rights to refunding and the rendering of an account as per Article 400, paragraph 1 of the Swiss Code of Obligations.).
Parteibehauptungen/Sachverhalt
Gemäss der Beklagten ist ein rückwirkender Verzicht ohne weiteres zulässig; zu- mal im Zeitpunkt des Verzichts über den Umfang der von der Bank vereinnahm- ten Entschädigungen Klarheit bestehe. Sie sei stets bereit gewesen, der Kundin die erforderlichen Informationen und Auskünfte zu erteilen. Es könne nicht ihr an- gelastet werden, dass die Zedentin nie - auch nicht vor der Zustimmung zum Ver- zicht - Informationen verlangt habe (act. 13 Rz 92, 106 und 166).
Die Klägerin beruft sich darauf, mit der in den AGB 2014 gewählten Formulierung könne keine Rückwirkung der Verzichtsklausel herbeigeführt werden. Die AGB seien restriktiv und im Zweifel zu Lasten des Verfassers auszulegen. Aus Ziff. 3 würden sich keine Anhaltspunkte für eine Rückwirkung ergeben (act. 1 Rz 61). Die Beklagte habe denn während der Geschäftsbeziehung auch nicht rückwirkend Retrozessionen offengelegt, obwohl dies möglich und einfach gewesen wäre (act. 24 Rz 139).
Auslegung AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich nach densel- ben Prinzipien auszulegen wie andere vertragliche Bestimmungen. Entscheidend ist in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien und in zweiter Linie, falls ein solcher nicht festgestellt werden kann, die Auslegung der Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips. Kann der tatsächliche Wille der erklärenden Partei nicht festgestellt werden, so ist ihre Erklärung nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Die Partei hat danach ihre Erklärung so gel- ten zu lassen, wie sie von der Adressatin nach ihrem Wortlaut und Zusammen- hang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden wer- den durfte und musste (vgl. zum Ganzen BGE 148 III 57 E. 2.2.1 und 143 III 157 E. 1.2.2, je m.H.).
Ein tatsächlicher übereinstimmender dahingehender Parteiwille, dass der Verzicht nicht auch die bereits vereinnahmten Retrozessionen erfassen soll, wird nicht behauptet. Die Auslegung hat demnach nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Die Klausel hält klar und deutlich fest, dass der Kunde auch auf die be- reits vereinnahmten Retrozessionen verzichtet (act. 3/6 Ziff. 3.3. […] future and past Trailer Fees […].). Es werden keine weiteren Umstände geltend gemacht und auch keine entsprechenden Beweismittel bezeichnet (vgl. act 1 Rz 61), wel- che nach Treu und Glauben ein anderes Verständnis zulassen würden. Die Klau- sel beinhaltet einen rückwirkenden bzw. nachträglichen Verzicht.
Rechtliches/Würdigung
Ein nachträglicher Verzicht auf die Herausgabe von bereits erlangter Vorteile ist zulässig (BGE 137 III 393 E. 2.2). Dabei ist für die Wirksamkeit des Verzichts eine genaue Bezifferung der Summe, auf welche verzichtet wird, nicht erforderlich. Denn häufig werden Erlass in die Form eines negativen Schuldbekenntnisses, worunter man die Erklärung einer Person, gegenüber dem Erklärungsempfänger keinerlei Ansprüche – mehr – zu haben (BGE 127 III 444 E. 1a = Pra 91 [2002] Nr. 22), versteht, gekleidet. Ein solcher Verzicht erfasst nach konstanter bundes- gerichtlicher Rechtsprechung zwar nur Ansprüche, mit denen der Gläubiger unter
den gegebenen Umständen rechnen konnte (BGE 100 II 42 = Pra 1974 Nr. 200), verlangt jedoch keine genaue Bezifferung. Es sind keine Gründe ersichtlich, wes- halb vorliegend anders zu verfahren wäre, zumal es der Zedentin frei stand, die notwendigen Informationen über den effektiven Stand der bis anhin für das Konto
D.
von der Beklagten vereinnahmten Retrozessionen einzuholen und bis
zum Erhalt der entsprechenden Auskünfte die geänderte Verzichtsklausel nicht zu akzeptieren.
Zwischenfazit
Die Verzichtsklausel der AGB 2014 enthält einen rechtswirksamen nachträglichen Verzicht.
Parteibehauptungen
Die Klägerin beruft sich auch bezüglich der Klausel in den AGB 2014 darauf, dass der Verzicht nicht rechtswirksam sei, da es die Beklagte unterlassen habe, die Eckwerte der Retrozessionsvereinbarungen mit Dritten bekanntzugeben. Ohne die Bekanntgabe dieser Grössenordnung sei es der Zedentin nicht möglich gewe- sen, die Gesamtkosten der Verwaltung ihres Vermögens zu berechnen (act. 1 Rz 39; act. 24 Rz 68 und 102).
Gemäss der Beklagten enthielt die Verzichtsklausel die vom Bundesgericht gefor- derten produktspezifischen Prozentbandbreiten. Die Berechnung der Retrozessi- onen sei der Kundin möglich gewesen. Sie habe die Prozentbandbreiten der je- weiligen Produktegruppe, die Höhe der beabsichtigten Investition sowie den Ad- ressaten der Zahlung gekannt (act. 13 Rz 104 und 150).
Würdigung
In Ziff. 3.1. der AGB 2014 wird festgehalten, dass der Kunde darüber informiert sei und akzeptiere, dass die Bank für Zahlungen und andere Leistungen in Form von commissions, trailers, retrocession, reductions and other monetary benefits of all kinds (hereinafter referred to as ̋Trailer Fees˝) von Dritten erhalten könne.
Die Trailer Fees erhalte sie, die Bank, für die Erbringung ihrer Dienstleistungen für den Kunden. Die Leistungen werden beispielhaft aufgezählt. Weiter führt die Ziffer an, dass die Trailer Fees einen integralen Bestandteil der Vergütung der Bank bil- den würden und die Höhe von der Art der für den Kunden getätigten Transaktio- nen und Anlagen sowie von der Häufigkeit der Wiederanlage des Kundenvermö- gens abhängig sei. In Ziff. 3 Abs. 2 wird darauf hingewiesen, dass die Trailer Fees zu Interessenkonflikten führen könnten. Die Bank weist auf das Ergreifen von or- ganisatorischen Massnahmen hin und darauf, dass sie In addition and to enable its clients to make an informed investment decision im Abschnitt 3.4. die an- wendbaren Bandbreiten der Trailer Fees offenlege. Ziff. 3 Abs. 4 lautet wie folgt:
Die Verzichtsklausel enthält einen für die Kundin erkennbaren Berechnungspara- meter (die vom Kunden gehaltene Anlage). Die Leistungen, für welche die Bank allenfalls Retrozessionen erhält, werden (zumindest beispielhaft) aufgezählt. So- dann führt die Klausel an, in welcher Prozentbandbreite der jeweiligen von der Kundin gehaltenen Anlagenkategorien sich die vereinnahmten Trailer Fees bewe- gen. Damit sind die (technischen) Eckwerte der bestehenden Retrozessionsver- einbarungen mit Dritten hinreichend bekanntgegeben.
Wie bereits dargelegt (vgl. vorne E. II.A.4.1.4.5.2.), bedarf es, damit die Grössen- ordnung der zu erwartenden Retrozessionen anhand einer Prozentbandbreite be- stimmbar ist, eines dem Kunden bekannten Basiswertes. Beim Anlageberatungs- vertag oder reinen Konto-/Depotbeziehungen bildet der Wert der Anlagen des je- weiligen Kunden, auf welchen die Verzichtsklausel verweist, einen geeigneten Basiswert. Die Aufteilung in die verschiedenen Anlagenkategorien und die Angabe von Prozentbandbreiten von zwischen 0 - 0.75 % für die einzelnen Kategorien, erlaubt es der Kundin, die Grössenordnung der von der Bank für eine vom ihm angeordnete Transaktion ziemlich exakt zu berechnen. Sie kann allenfalls beste- hende Interessenkonflikte erkennen.
4.2.3.3.3. Zwischenfazit
Die Beklagte hat der in finanziellen Angelegenheiten sachkundigen Zedentin hin- reichende Angaben zu den Eckwerten und zur Berechnung der Höhe der Retro- zessionen geliefert. Der Vorausverzicht ist wirksam.
Am 1. Juli 2012 trat die Änderung von Art. 8 UWG in Kraft (AS 2011 4909). Ge- mäss Art. 8 UWG handelt unlauter insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbe- dingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflich- ten vorsehen. Die überwiegende Lehre geht davon aus, dass Konsumenten und Konsumentinnen im Sinne von Art. 8 UWG nur natürliche Personen sein können (Probst, in: Kramer/Probst/Perrig, a.a.O., N 502 und 504; Heiss, in: Heiz- mann/Loacker, UWG Kommentar, Art. 8 N. 119; BSK UWG-Thouvenin, Art. 8 N 82).
Die Zedentin ist keine natürliche Person, weshalb Art. 8 UWG vorliegend nicht zur Anwendung gelangt.
Die Verzichtsklausel in den AGB 2014 enthält sowohl einen rechtswirksamen nachträglichen Verzicht als auch einen Vorausverzicht, weshalb die Zedentin auf sämtliche von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Konto D. verein- nahmten Retrozessionen verzichtet hat. Entsprechend steht der Klägerin hinsicht- lich des Kontos D. keine Forderung gegenüber der Beklagten zu.
sind für das Jahr 2014 Retrozessionen von
CHF 19'943.00 geschuldet. In diesem Umfang ist die Klage gutzuheissen. Für das
Konto D.
liegt ein rechtsgültiger Verzicht für sämtliche Jahre bzw. Retrozessionen vor. Entsprechend hat die Beklagte der Klägerin aus dieser Kontobe- ziehung keine Retrozessionen zurückzuerstatten. Im Umfang von CHF 12'547.00 ist die Klage abzuweisen.
Die Klägerin fordert für das Konto C. Zinsen von 5 % auf CHF 19'943.00 ab dem 30. Juni 2014 (act. 1 S. 2, Rechtsbegehren 1). Sie macht geltend, der Ver- zugszins von 5 % sei ab dem Zeitpunkt des Eingangs der jeweiligen Retrozessio- nen geschuldet. Aus den von der Beklagten erstellten Abrechnungen (Private Statements der Jahre 2014, 2015 und 2016) sei nicht ersichtlich, wann die Retro- zessionen jeweils an die Beklagte ausbezahlt worden seien, weshalb sie Ver- zugszinsen jeweils ab der Jahresmitte, d.h. ab dem 30. Juni verlange (act. 1 Rz 41 und 71).
Nr. 131; BGer 4A_601/2021 vom 08.09.2022 E. 8.1.3 und 8.1.4).
26. Juni 2019 datierende Schreiben, mit welchem die Klägerin die Beklagte zur
Offenlegung der Retrozessionen aufforderte, keine Mahnung i.S.v. Art. 102 Abs. 1 OR dar (act. 1 Rz 21; act. 3/18). Eine Mahnung erfolgte erst durch die Zustellung des Zahlungsbefehls. Entsprechend besteht von vornherein kein Anspruch auf die geltend gemachten Betreibungskosten von CHF 103.30.
Die Beklagte verlangt, es sei widerklageweise festzustellen, dass sie der Klägerin nichts schulde (act. 13 S. 2, Rechtsbegehren 2). Die Klägerin beantragt die voll- umfängliche Abweisung der Widerklage (act. 24 S. 2, Rechtsbegehren 3). Beide Parteien stützen ihre Standpunkte im Wesentlichen auf die im Rahmen der Hauptklage getätigten Ausführungen (act. 13 Rz 113; act. 24 Rz 143). Das Wider- klagebegehren zielt damit dahin, dass festzustellen ist, dass die Beklagte der Klä- gerin aus dem Konto D. keine vereinnahmten Retrozessionen herauszuge- ben habe, da unbestritten ist, dass die Beklagte im Zusammenhang mit dem Kon- to C. keine weiteren Retrozessionen einvernahmt hat, als die im vorliegen- den Verfahren eingeklagten CHF 19'943.00.
Wie dargelegt (vgl. vorne E. II.A.4.2.), liegt hinsichtlich des Kontos D. so- wohl ein rechtswirksamer nachträglicher Verzicht als auch ein Vorausverzicht vor. Folglich kann festgestellt werden, dass die Beklagte der Klägerin aus diesem Konto keine vereinnahmten Retrozessionen herauszugeben hat. In diesem Um- fang ist die Widerklage gutzuheissen.
Die Beklagte ist zu verpflichten, der Klägerin CHF 19'943.00 zuzüglich 5 % Zins seit dem 30. Juni 2014 zu bezahlen. Im Mehrbetrag ist die Klage abzuweisen.
Es ist festzustellen, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten hinsichtlich des Kontos D. kein Anspruch auf Herausgabe von vereinnahmten Retrozessio- nen (Retrocessions [act. 3/37 Ziff. 3] bzw. Trailer Fees [act. 3/6 Ziff. 3.1.]) hat.
III. Kosten- und Entschädigungsfolgen
die Kosten denn auch als selbständige Schadensposition eingeklagt. Die Betrei- bungskosten im verlangten Umfang sowie die behaupteten Portokosten sind streitwertrelevant. Der Streitwert der Hauptklage beträgt CHF 32'614.20 (CHF 19'943.00 + CHF 12'547.00 + CHF 103.30 + CHF 20.90). Der Streitwert der
Widerklage beläuft sich auf CHF 51'058.00 (CHF 83'845.00 - CHF 32'490.00). Es resultiert ein für die Bestimmung der Höhe der Prozesskosten relevanter Streit- wert von CHF 83'672.20 (CHF 32'614.20 + CHF 51'058.00).
Die Klägerin obsiegt in der Hauptklage mit CHF 19'943.00 (Konto C. ). Ent- sprechend ist von einem Obsiegen der Klägerin im Umfang von 25 % im Gesamt- verhältnis von Haupt- und Widerklage (CHF 83'845.00) auszugehen. Die Beklagte obsiegt zu 75 %.
dung von § 2 Abs. 1 lit. a, c, d und e, § 4 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 und 3 AnwGebV auf (gerundet) CHF 14'000.00 festzusetzen. Entsprechend hat die Klägerin der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 7'000.00 zu bezahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin hinsichtlich der Kontobe- ziehung D. keine vereinnahmten Retrozessionen herauszugeben hat.
Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 7'000.00 zu bezahlen.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 83'672.20 (CHF 32'614.20 für Klage, CHF 51'058.00 für Wider- klage).
Zürich, 23. Oktober 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzende:
Dr. Claudia Bühler
Gerichtsschreiberin:
Regula Blesi Keller
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