Zusammenfassung des Urteils HG210044: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern hat entschieden, dass die analoge Anwendung von Art. 33 Abs. 4 StGB nicht auf die Einstellung des Verfahrens nach Art. 55a StGB anwendbar ist. Das Verfahren gegen den Angeklagten wegen Tätlichkeiten gegen seine Ehefrau wurde endgültig eingestellt, und der Angeklagte hat dagegen Berufung eingelegt. Das Gericht stellte fest, dass Art. 33 Abs. 4 StGB nur bei Antragsdelikten Anwendung findet und nicht bei Delikten, die von Amtes wegen verfolgt werden. Die Entscheidung des a.o. Gerichtspräsidenten, das Verfahren endgültig einzustellen, wurde bestätigt, und der Angeklagte muss keine weiteren rechtlichen Konsequenzen befürchten.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG210044 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 30.01.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Versicherung; Pandemie; Epidemie; Vertrag; Pandemiestufe; Vertrags; Ausschluss; -Pandemie; Parteien; Deckung; Ausschlussklausel; Pandemiestufen; Urteil; Epidemieversicherung; Beklagten; Krankheit; WHO-Pandemiestufe; Ungewöhnlichkeit; Recht; Betrieb; Schäden; Auslegung; WHO-Pandemiestufen; Klausel; Risiken; Bundesgericht; Versicherungsdeckung; Sachversicherung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 17 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 3 VVG ;Art. 33 VVG ;Art. 55 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 8 ZGB ;Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 132 III 186; 138 III 411; 138 III 659; 142 III 671; 144 III 519; 144 III 93; 148 III 57; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG210044-O U/ei
Mitwirkend: der Oberrichter Roland Schmid, Vizepräsident, und die Ersatzoberrichterin Franziska Egloff, Handelsrichterin Dr. Petra Ginter, Handelsrichter Marco La Bella und Handelsrichterin Verena Preisig sowie die Gerichtsschreiberin Zoë Biedermann
in Sachen
,
Kläger
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
gegen
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. , vertreten durch Rechtsanwalt MLaw Y2. ,
betreffend Forderung
(act. 1 S. 2)
1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 168'826.15 zzgl. 5% Zins seit dem 1. Januar 2021 zu bezahlen.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zzgl. MWST zulasten der Beklagten.
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Der Kläger ist Inhaber des im Handelsregister des Kantons Tessin eingetragenen Einzelunternehmens C. , mit welchem er unter anderem die Verwaltung des D. in E. mit angeschlossenem Restaurant und Laden bezweckt. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in F. , die das Betreiben jeder Art von Versicherungssowie Rückversicherungsgeschäften bezweckt, mit Aus- nahme der direkten Lebensversicherung.
Prozessgegenstand
Der Kläger macht geltend, mit seinem Einzelunternehmen bei der Beklagten versichert zu sein; unter anderem habe er eine Epidemieversicherung abgeschlossen. Aufgrund der vom Bundesrat angeordneten Massnahmen während der Covid-19-Pandemie habe er den Betrieb seines Campinglatzes inklusive Restaurant und Laden vorübergehend einstellen müssen. Dies habe zu einem Ertragsausfall geführt, wofür er Versicherungsleistungen von der Beklagten verlangt (act. 1 S. 4 ff.).
Die Beklagte bestreitet einen Anspruch des Klägers auf Versicherungsleistungen und vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, dass die Voraussetzungen einer Versicherungsdeckung nicht erfüllt seien und der Sachverhalt darüber hinaus unter einen Deckungsausschluss falle (act. 11 Rz. 13 ff.).
Prozessverlauf
Am 1. März 2021 reichte der Kläger die Klage mit dem vorstehenden Rechtsbegehren ein (act. 1; act. 3/2-23). Den ihm auferlegten Gerichtskostenvorschuss leistete er fristgerecht (act. 4; act. 6). Am 7. Juni 2021 reichte die Beklagte die Klageantwort ein (act. 11; act. 12/1-12). Mit Verfügung vom 21. Juni 2021 wurde das Verfahren an die zuständige Instruktionsrichterin delegiert (act. 13). Mit Verfügung vom 14. Januar 2022 wurde ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet (act. 15). Nachdem am 5. Januar 2022 ein Bundesgerichtsentscheid ergangen war, der sich mit derselben Pandemieausschlussklausel wie vorliegend befasste, ersuchte die Beklagte am 22. Februar 2022 darum, sich vor einem Endentscheid zu den Kosten- und Entschädigungsfolgen äussern zu dürfen (act. 17). Dieses Schreiben wurde dem Kläger zugestellt (Prot. S. 7). Er reichte am 18. März 2022 die Replik ein (act. 19; act. 20/24-30). Die Duplik datiert vom 6. Mai 2022 (act. 23; act. 24/13-15). Nach Zustellung der Duplik an den Kläger stellte dieser am 12. Mai 2022 ein Editionsbegehren (act. 25; act. 27; act. 28). Am 12. Dezember 2022 gab die Beklagte auf telefonische Nachfrage hin bekannt, nicht an einer Einigungsverhandlung interessiert zu sein (Prot. S. 11). Mit Eingabe vom 15. Dezember 2022 reichte die Beklagte das Urteil des Tribunal régional du Littoral et du Val-de- Travers vom 9. Dezember 2022 ins Recht, welches dem Kläger zugestellt wurde (act. 30; act. 31/16; Prot. S. 12). Der Kläger liess sich nicht mehr verlauten.
Mit Verfügung vom 3. Januar 2023 wurde den Parteien Frist angesetzt, zu erklären, ob sie auf die Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung – unter Vorbehalt der Durchführung eines Beweisverfahrens – verzichteten (act. 33). Die Parteien verzichteten in der Folge auf die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung (act. 35 und 36).
Das Verfahren erweist sich als spruchreif (Art. 236 Abs. 1 ZPO).
Formelles
Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit am Sitz der Beklagten ist unbestrittenermassen gegeben (act. 1 S. 2 f.; act. 11 Rz. 2; Art. 17 ZPO). Die vorliegende Streitigkeit betrifft die geschäftliche Tätigkeit beider Parteien, die im Handelsregister eingetragen sind. Der Kläger beziffert den Streitwert auf CHF 168'826.15.– (act. 1 S. 2). Folglich ist auch die sachliche Zuständigkeit gegeben (Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GoG).
Weitere Prozessvoraussetzungen
Die übrigen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Weiterungen Anlass.
Vertragliche Ausgangslage
Unbestrittener Sachverhalt
Die Parteien haben unbestrittenermassen mit Beginn ab 5. Oktober 2018 für den Campingplatz des Klägers inklusive Restaurant und Laden eine Sachversicherung … (Police Nr. 1) abgeschlossen. Darin enthalten ist eine Epidemieversicherung, die einen deklarierten Umsatz von CHF 1'300'000.– und eine Haftzeit von drei Monaten, ohne Selbstbehalt, für eine jährliche Prämie von CHF 294.60 versichert (act. 3/3 S. 1, S. 6, S. 8). Ebenfalls unstrittig ist, dass neben der Police die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB, Ausgabe 06.2016) sowie die Zusatzbedingungen Sachversicherung … (Ausgabe 10.2017; nachfolgend: ZB) als Vertragsgrundlage zur Anwendung gelangen (act. 1 S. 4 f.; act 11 Rz. 4).
Einschlägig sind die folgenden Vertragsbestimmungen der ZB (act. 3/9):
1.1 Gegenstand der Versicherung
Die B. gewährt im Rahmen der versicherten Leistungen Versicherungsschutz gegen die finanziellen Folgen von
Schliessung Quarantäne von Betrieben Betriebsteilen; b) i) [..]
Für die finanziellen Folgen dieser Massnahmen besteht Versicherungsschutz, wenn eine zuständige schweizerische liechtensteinische Behörde Erreger übertragbarer Krankheiten festgestellt hat und kraft öffentlichrechtlicher Bestimmungen Massnahmen anordnet, um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern.
[…]
1.4 Leistungen bei Ertragsausfall
Während der behördlich verfügten Betriebsschliessung leistet die B. eine pauschale Entschädigung pro Kalendertag. Diese Tagesentschädigung beträgt für
Handelsbetriebe 1,00 ‰
Betriebe mit Produktion und/ Detailhandel 1,25 ‰
Restaurationsbetriebe und alle übrigen Betriebe 2,00 ‰
des Jahresumsatzes des dem Schadenfall vorangegangenen abgeschlossenen Geschäftsjahrs des betroffenen Betriebs. Fällt ein Betrieb unter verschiedene Betriebsarten, wird die pauschale Entschädigung separat pro Betriebsteil berechnet.
Macht der Versicherungsnehmer für die Betriebsschliessung einen höheren nach Wiedereröffnung zusätzlich einen teilweisen Umsatzausfall geltend, vergütet die B. die Differenz zwischen dem während der Haftzeit erzielten und dem ohne Eintritt des Ereignisses erwarteten Umsatz, vermindert um die Differenz zwischen den mutmasslich und den tatsächlich aufgewendeten Kosten. Allenfalls bereits geleistete pauschale Entschädigungen werden abgezogen. Diese Entschädigungsberechnung gilt auch für Umsatzeinbussen infolge einer Teilschliessung des Betriebs. Beim daraus folgenden teilweisen Umsatzausfall wird der Schaden des ausgefallenen Betriebsteils anteilsmässig zum Gesam-
tumsatz vergütet, d. h. proportional gekürzt. Dabei werden die Zahlen sowohl der vom Schaden direkt wie auch indirekt betroffenen Betriebsteile ermittelt.
1.8 Einschränkungen des Versicherungsumfangs
Von der Versicherung ausgeschlossen sind Schäden
infolge von Influenza-Viren («Grippe-Viren) und Prionen (Scrapie, Rinderwahnsinn, Creutzfeldt-Jakob usw.);
infolge von Krankheitserregern für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten;
c) o) […]
Es ist unbestritten, dass es sich bei den vom Kläger eingereichten ZB um Allgemeine Versicherungsbedingungen handelt, die seitens der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden (act. 1 S. 13; act. 11 Rz. 12).
Streitpunkte
Zwischen den Parteien ist umstritten, ob dem Kläger aufgrund der vom Bundesrat angeordneten Massnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus gemäss Ziff. 1.1 lit. a und Ziff. 1.4 ZB Versicherungsleistungen aus der Epidemieversicherung zustehen. Die Beklagte bestreitet einerseits, dass die Deckungsvoraussetzungen erfüllt seien, andererseits macht sie geltend, dass der Deckungsausschluss gemäss Ziff. 1.8.1 lit. b ZB greife. Würde der Deckungsausschluss Wirkung entfalten, wür- de sich die Prüfung der grundsätzlichen Deckung und der hinreichenden Substantiierung bzw. des Nachweises eines Schadens erübrigen.
Folglich ist zunächst zu klären, ob der Deckungsausschluss zur Anwendung gelangt. Dafür stellt sich die Frage, ob die ZB global voll übernommen wurden (vgl. act. 1 S. 13; act. 19 S. 15; act. 23 Rz. 9, Rz. 40). Für den Fall der Annahme einer Globalübernahme ist strittig, ob bezüglich der Ausschlussklausel gemäss Ziff. 1.8.1 lit. b ZB die Ungewöhnlichkeitsregel zur Anwendung gelangt (vgl. act. 1 S. 13 ff.; act. 11 Rz. 22 ff.; act. 19 S. 16 f.; act. 23 Rz. 41, Rz. 42.1 ff.). Wird diese Frage verneint ergibt sich eine Vollübernahme, erlangt die Ausschlussklausel Geltung.
Voll- und Globalübernahme
Rechtliches
Allgemeine Versicherungsbedingungen stellen eine Erscheinungsform der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, die grundsätzlich derselben Bedingungskontrolle unterliegen, mit Ausnahme der spezialgesetzlichen Regelungen im VVG (vgl. insb. Art. 3 Abs. 2 VVG [Zugänglichkeitsregel], Art. 33 VVG [Konkretisierung Unklarheitsregel]; P ERRIG, Die AGB-Zugänglichkeitsregel, Diss. 2011,
S. 15). Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen von der zustimmenden Partei vollständig gelesen, verstanden und akzeptiert, ist von einer Vollübernahme auszugehen. Bei der Globalübernahme akzeptiert die zustimmende Partei die Über- nahme der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, ohne diese zu lesen, zur Kennt- nis zu nehmen deren Tragweite zu verstehen (BGE 148 III 57 E. 2.1.3; 119 II 443 E. 1a = Pra 83 [1994] Nr. 229; 109 II 452 E. 4 = Pra 73 [1984] Nr. 151).
Gemäss Art. 8 ZGB hat, wo es das Gesetz nicht anders bestimmt, jene Partei das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, die aus ihr Rechte ableitet. Enthält ein Vertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen und behauptet die verfassende Partei, es habe eine Vollübernahme stattgefunden, d.h. die übernehmende Partei habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen, verstanden und erst danach akzeptiert, trägt die verfassende Partei die Beweislast.
In Verfahren, in denen – wie vorliegend – der Verhandlungsgrundsatz gilt, obliegt es den Parteien und nicht dem Gericht, die für die Beurteilung notwendigen Tatsachen zusammen zu tragen (Art. 55 Abs. 1 ZPO; BGE 144 III 519 E. 5.1
= Pra 108 [2019] Nr. 87). Entsprechend trifft die Parteien die Behauptungs-, Substantiierungs- und Beweislast sowie die Bestreitungslast. Die Behauptungslast folgt der Beweislast (BGE 132 III 186 E. 4). Erstere verlangt, dass eine Partei diejenigen Tatsachen angibt, auf die sie ihre Begehren stützt (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Die Behauptungslast beinhaltet insbesondere auch die Obliegenheit eines schlüssigen – d.h. widerspruchsfreien und vollständigen – Tatsachenvortrags, wobei ein blosser Verweis auf Akten in der Regel nicht genügt (SUTTER-SOMM/SCHRANK, in:
Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], ZPO Komm., 3. Aufl. 2016, Art. 55 N 21; Urteil BGer 4A_284/2017 E. 4.2 m.w.H.). Bestreitet die Gegenpartei die Vorbringen der behauptungsbelasteten Partei substantiiert (vgl. zum substantiierten Bestreiten: WALTER, in: Hausheer/Walter [Hrsg.], BK ZGB, Einleitung und Personenrecht, Art. 1-9 ZGB, Band I/1, 2012, Art. 8 N 191 ff.), trifft die behauptungsbelastete Partei eine über die Behauptungslast hinausgehende Substantiierungslast. Die erforderlichen Tatsachenbehauptungen müssen so konkret und bestimmt vorgebracht werden, dass darüber Beweis abgenommen werden kann (WILLISEGGER, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], BSK ZPO, 3. Aufl. 2017, Art. 221 N 29, m.w.H.). Das genügende Behaupten und Bestreiten der rechtserheblichen Tatsachen ist eine prozessuale Last, deren Nichterfüllung prozessuale Nachteile für die betreffende Partei zur Folge haben kann. Bezüglich unsubstantiiert vorgetragener Sachverhalte besteht kein Anspruch auf Beweisführung. Der nicht substantiiert vorgetragene Sachverhalt ist somit dem nicht bewiesenen gleichgestellt (BGE 129 III 18 E. 2.6 = Pra 92 (2003) Nr. 30; Urteile BGer
4C.211/2006 E. 3.1; 5P.210/2005 E. 4.1; WILLISEGGER, a.a.O., Art. 222 N 24).
Parteistandpunkte und Subsumtion
Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass die ZB als Vertragsbestandteil über- nommen wurden, sondern die Art der Übernahme ist strittig. Die Beklagte vertritt sinngemäss den Standpunkt, bei der Übernahme der ZB handle es sich um eine Vollübernahme (vgl. act. 23 Rz. 9, Rz. 40). Der Kläger bestreitet, die ZB im Einzelnen zur Kenntnis genommen zu haben; es handle sich um eine Globalüber- nahme (act. 1 S. 13; act. 19 S. 15). Die Beklagte trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vollübernahme.
Die Beklagte führt aus, dass Vertragsverhandlungen und ein Informationsgespräch mit dem Versicherungsagenten G. stattgefunden hätten. Der Kläger und seine Ehefrau seien aktiv in die Vertragsgestaltung einbezogen worden. Dank deutscher Vertragstexte und italienischer mündlicher Konversation sei der Kläger sprachlich fähig gewesen, seine Bedürfnisse und Bedenken anzumelden. Deshalb sei davon auszugehen, dass keine Globalübernahme der ZB stattgefunden habe (act. 23 Rz. 9, Rz. 40). Aus den Ausführungen der Beklagten ergibt sich
nicht, welche Vertragstexte dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen konkret vorgelegen haben sollen. Ebenso behauptet sie nicht, der Kläger habe die ZB tatsächlich durchgelesen, verstanden und akzeptiert. Folglich scheitert die Beklagte durch ihr pauschales Vorbringen an der erforderlichen konkreten Behauptungslast. Es ist daher von einer Globalübernahme der ZB auszugehen.
Fazit
Die Beklagte trägt die Behauptungs-, Substantiierungs- und Beweislast für eine Vollübernahme der ZB. Sie scheitert an der Behauptungslast. Somit ist von einer Globalübernahme der ZB durch den Kläger auszugehen.
Ungewöhnlichkeitsregel
Rechtliches
Wurden Allgemeine Geschäftsbedingungen global übernommen, wird deren Geltung durch die sog. Ungewöhnlichkeitsregel eingeschränkt. Die Partei, welche die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfasst hat, muss nach dem Vertrauensgrundsatz davon ausgehen, dass der Vertragspartner ungewöhnlichen Klauseln nicht zustimmt (BGE 148 III 57 E. 2.1.3; 109 II 452 E. 4 = Pra 73 [1984] Nr. 151;
Urteil BGer 4A_499/2018 E. 3.3.3). Die Ungewöhnlichkeitsregel ist ein Instrument der Konsenslehre und konkretisiert das Vertrauensprinzip (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.1; 138 III 411 E. 3.1; 135 III 1 E. 2.1; Urteil BGer 4A_499/2018 E. 3.3.2).
Sie bezweckt den Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr und zielt nicht primär auf den Schutz der schwächeren unerfahreneren Partei ab. Auch eine stärkere, geschäftsoder branchenerfahrene Vertragspartei kann von einer global übernommenen Klausel überrascht werden (Urteil BGer 4A_499/2018
E. 3.3.2). Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich aus der Sicht der zustimmenden Partei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BGE 138 III 411 E. 3.1).
Der Stellung und Erfahrung der zustimmenden Partei wird im Rahmen der subjektiven Ungewöhnlichkeit Rechnung getragen (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.1). Neben der subjektiven Ungewöhnlichkeit hat die fragliche Klausel objektiv beurteilt einen geschäftsfremden Inhalt aufzuweisen, damit die Ungewöhnlichkeitsregel zur Anwendung gelangt. Die objektive Ungewöhnlichkeit ist zu bejahen, wenn sie zu ei- ner wesentlichen Änderung des Vertragscharakters führt in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus fällt. Je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Vertragspartners beeinträchtigt, desto eher ist sie als ungewöhnlich zu qualifizieren (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.3; 138 III 411 E. 3.1;
135 III 225 E. 1.3; 135 III 1 E. 2.1).
Bei Versicherungsverträgen sind auch die berechtigten Deckungserwartungen zu berücksichtigen (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.3; 138 III 411 E. 3.1; Urteile BGer 4A_232/2019 E. 2.2; 4A_48/2015 E. 2.1). Entsprechend kann eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkung als ungewöhnlich qualifiziert werden, wenn der durch die Bezeichnung und Werbung beschriebene Deckungsumfang so erheblich reduziert wird, dass gerade die häufigsten Risiken nicht mehr gedeckt sind (BGE 148 III 57 E. 2.1.3.3; 138 III 411 E. 3.1; Urteile BGer 4A_176/2018 E. 4.2; 4A_152/2017 E. 4.3; 4A_187/2007 E. 5.4.2; 5C.134/2004 E. 4.2; 5C.53/2002 E. 3.1).
Parteistandpunkte
Der Kläger führt an, mit der Unterscheidung von Epidemie und Pandemie nicht vertraut zu sein. Folglich sei es für ihn subjektiv ungewöhnlich gewesen, ei- ne Epidemieversicherung abzuschliessen, in welcher Pandemiestufen ausgeschlossen worden seien. Er sei davon ausgegangen, dass er in allen Fällen der Ausbreitung von Krankheitserregern Versicherungsschutz geniesse. Er sei bei den Versicherungsvertragsverhandlungen und unter Berücksichtigung seiner mangelnden Fach- und Sprachkenntnisse als schwächere Partei zu qualifizieren (act. 1 S. 14; act. 19 S. 16).
Die Beklagte entgegnet, dass sich die Sachversicherung …, und darin eingeschlossen auch die Epidemieversicherung, an im Gastgewerbe spezialisierte Geschäftsleute richte, folglich handle es sich um eine sog. Spezialistenlösung. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger der abgedeckten Risiken bewusst gewesen sei. Ausserdem habe er einen gewissen Einfluss auf die
Vertragsgestaltung gehabt (vgl. act. 11 Rz. 24.1; act. 23 Rz. 42.3). Implizit bestreitet sie die subjektive Ungewöhnlichkeit.
Hinsichtlich der objektiven Ungewöhnlichkeit führt der Kläger aus, vorliegend sei im Gegensatz zum Urteil 4A_330/2021 des Bundesgerichts vom
5. Januar 2022 (BGE 148 III 57) eine eigentliche Epidemieversicherung abgeschlossen worden und nicht eine Sachversicherung, bei der die Epidemie nur eine Klausel unter vielen Risiken sei. Mit der Epidemieversicherung sei das Risiko übertragbarer Krankheiten mit einer Krankheitsintensität, die zu behördlichen Schliessungen führe, versichert worden. Entsprechend dürfe das Risiko einer Epidemie als berechtigte Deckung erwartet werden. Eine Ausschlussklausel, die dieses Risiko massiv einschränke, sei ungewöhnlich. Da die Ausschlussklausel ferner auch den Influenza-Virus ausschliesse, werde die Epidemieversicherung ihres Sinnes gänzlich entleert. Zu beachten sei zudem, dass die WHO- Pandemiestufen 5 und 6 einer Pandemie gar nicht mehr existierten. Das Argument der Beklagten, es handle sich bei diesem Versicherungsprodukt um eine Spezialistenlösung, habe nur für die Beklagte Konsequenzen, da ihr eine Spezialistenstellung zukomme, nicht jedoch dem Kläger. Ferner sei auch die irreführen- de Werbung der Beklagten, die den Schutz des Betriebes des Klägers vor Epidemien suggeriert habe, zum Nachteil der Beklagten zu berücksichtigen. Schliesslich seien dem Kläger durch das Vergleichsangebot der Beklagten Zusagen hinsichtlich der grundsätzlichen Haftung und der Berechnungsart gemacht worden (act. 1 S. 14 ff.; act. 19 S. 16 f.).
Die Beklagte wendet ein, die vorliegende Ausschlussklausel sei identisch wie jene im Bundesgerichtsentscheid vom 5. Januar 2022 (vgl. BGE 148 III 57 = Urteil BGer 4A_330/2021). Vorliegend gehe es ebenfalls um ein Versicherungspaket Sachversicherung …, mit dem mehrere Risiken versichert worden seien. Entsprechend sei die Ungewöhnlichkeit wie im Bundesgerichtsentscheid zu vernei- nen (act. 23 Rz. 42.1 f.). Die Begrifflichkeiten bzw. Unterscheidung von Epidemie und Pandemie seien geläufig bzw. leicht in Erfahrung zu bringen (act. 11 Rz. 14.1; act. 23 Rz. 18.2). Mit dem Pandemieausschluss werde kein häufiges Risiko ausgeschlossen, sondern ein nicht im Vordergrund stehendes, äusserst seltenes, weshalb die Versicherung durch die Klausel nicht ausgehöhlt werde. Im Fokus der Versicherung würden Massnahmen stehen, die bloss einen spezifischen Betrieb beträfen lokal begrenzt seien. Bei der Covid-19-Pandemie handle es sich um ein in der jüngsten Schweizer Geschichte einmaliges Ereignis, welches beim Abschluss der Epidemieversicherung sicher nicht im Fokus gestan- den sei (act. 11 Rz. 23; act. 23 Rz. 42.3). Ausserdem stelle die Epidemieversicherung kein Massenprodukt dar, sondern eine Spezialistenlösung für ausgewählte Spezialbranchen. Folglich könnten sich die berechtigten Deckungserwartungen nur auf den Vertragsinhalt beziehen (act. 11 Rz. 24.1; act. 23 Rz. 38). Die Werbung – bei der es sich um eine Kurzbeschreibung des Versicherungsprodukts auf der Homepage der Beklagten handle – gemäss Ausdruck vom 2. April 2020 habe keine Relevanz, da die Sachversicherung bereits am 5. Oktober 2018 abgeschlossen worden sei (vgl. act. 3/10). Für die Deckungserwartung könne höchstens die Internetbeschreibung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von Relevanz sein, und nicht jene eineinhalb Jahre später, zumal nicht behauptet worden sei, dass der Internetbeschrieb für den Vertragsabschluss wesentlich gewesen sei (act. 23 Rz. 11). Bezüglich des Vergleichsangebots wird darauf hingewiesen, dass es unpräjudiziell und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt sei (act. 23 Rz. 43).
Subsumtion
Vorweg ist festzuhalten, dass Zugeständnisse im Rahmen eines vorprozessualen Vergleichsangebots nicht geeignet sind, Tatsachenbehauptungen zu belegen, die im Rahmen des Prozesses bestritten werden. Auf diesbezügliche Äusserungen seitens der Klägerschaft ist nicht weiter einzugehen.
Bezüglich der subjektiven Ungewöhnlichkeit ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger ein Campingplatz inklusive Restaurant und Laden gehört, welchen er unter seiner Einzelfirma betreibt. Somit ist er grundsätzlich als in Geschäftsbelangen erfahren einzustufen, nicht jedoch als Spezialist im Zusammenhang mit Versicherungsprodukten. Demgegenüber bezieht sich die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten auf den Versicherungsbereich. Es besteht ein Wissensgefälle zwischen dem Kläger und der Beklagten. Dennoch musste dem geschäftserfahrenen Kläger
beim Vertragsabschluss bewusst gewesen sein, dass im Versicherungsvertrag Klauseln enthalten sind, die eine Deckung für spezifische Risiken der Epidemieversicherung ausschliessen. Der Umfang solcher Klauseln ist allerdings fraglich.
Zur Zeit des Vertragsabschlusses durfte der Unterschied zwischen einer Epidemie und einer Pandemie als bekannt vorausgesetzt werden; nämlich das Auftreten einer Krankheit in besonders starkem Masse in einem begrenzten Gebiet und Zeitraum (Epidemie), im Gegensatz zur Ausbreitung solcher Krankheiten auf grosse Teile eines Landes Erdteils übergreifend (Pandemie; Urteil BGer 4A_330/2021 E. 5.2.2.2, nicht publ. in BGE 148 III 57). Demgegenüber musste dem Kläger die Definition der WHO-Pandemiestufen 5 und 6 nicht bekannt sein, welche sich auch nicht aus den ZB ergiebt. Folglich wäre es dem Kläger im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses – selbst bei Kenntnis des genauen Inhalts der ZB
– nicht möglich gewesen, den Umfang des Deckungsausschlusses alleine anhand der Vertragsbestimmungen zu erfassen. Aufgrund der abgeschlossenen Epidemieversicherung durfte der Kläger damit rechnen, auch für Schäden infolge von Epidemien grossen Ausmasses versichert zu sein. Somit erweist sich Ziff. 1.8.1 lit. b ZB als subjektiv ungewöhnlich.
Betreffend die objektive Ungewöhnlichkeit ist zunächst auf die Charakteristik des zwischen den Parteien bestehenden Vertrags einzugehen. Es handelt sich um einen Versicherungsvertrag. Gemäss Police Nr. 1 ist eine Sachversicherung … abgeschlossen worden, die verschiedene Risiken versichert, unter Angabe der jeweiligen Prämien. Als Vertragsgrundlage kommen neben der Police die AVB sowie die Zusatzbedingungen für die Technische Versicherung, die Debitorenausfallversicherung, die Epidemieversicherung (ZB) und die Cyber- Versicherung zur Anwendung (act. 3/3 S. 1; act. 3/4; act. 3/9). Der Geltungsbereich der Epidemieversicherung wird gemäss Police auf das geographische Europa inkl. ganze Türkei, die Versicherungssumme auf den Betrag von CHF 1'300'000.– und die Haftzeit auf drei Monate begrenzt (act. 3/3 S. 6). Der Leistungsumfang der Epidemieversicherung wird in den ZB definiert. Die Beklagte gewährt gemäss Ziff. 1 ZB einerseits Versicherungsschutz für die finanziellen Folgen bestimmter Ereignisse, andererseits für Schäden an Waren. Folglich handelt
es sich bei der Epidemieversicherung um eine Schadenversicherung, welche Elemente der Sach- und Vermögensversicherung enthält. Sie wird mit weiteren Sach- und Vermögensversicherungen unter der Police Sachversicherung … zusammengefasst. Wie im Sachverhalt des Bundesgerichtsentscheid vom 5. Januar 2022 (Urteil BGer 4A_330/2021 = BGE 148 III 57) handelt es sich auch vorliegend um ein Versicherungsprodukt, das gleichzeitig verschiedene Risiken abdeckt. Im Gegensatz dazu wird das Risiko Epidemie nicht in einer einzigen Klausel, neben vielen weiteren Risiken, versichert, sondern in Form einer Epidemieversicherung, deren Umfang sich aus den eigens dafür erstellten ZB ergibt, weshalb die Epidemieversicherung grundsätzlich unabhängig von den weiteren, unter der Police zusammengefassten Versicherungsprodukten, wie beispielsweise der Cyber- Versicherung, beurteilt werden kann. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt von jenem im bundesgerichtlichen Urteil.
Es ist allgemein bekannt, dass Versicherungen Deckungsausschlüsse enthalten. Grundsätzlich musste der Kläger damit rechnen, dass in seiner Sachversicherung … bzw. in den Klauseln der ZB Bestimmungen enthalten sind, welche die Deckung für spezifische Risiken ausschliessen. Der Charakter des Versicherungsvertrags einer Schadenversicherung wird durch Ausschlussklauseln grundsätzlich nicht verändert (vgl. Urteil BGer 4A_330/2021 E. 4.2.5, nicht publ. in BGE 148 III 57). Ein vertraglicher Ausschluss der Versicherungsdeckung für einzelne Ereignisse ist gesetzlich zulässig, sofern er in unzweideutiger Fassung erfolgt (vgl. Art. 33 VVG). In der Versicherungsbranche ist es üblich, Risiken, die zwar selten auftreten, deren Eintritt aber mit grossen Auswirkungen für viele Beteiligten verbunden ist, von der Versicherungsdeckung auszunehmen. Beispielsweise sind bei der Gebäudeversicherung in der Regel Schäden infolge von Erdbeben nicht versichert, obwohl die Versicherung grundsätzlich Naturgefahren versichert (vgl. www.bafu. admin.ch > Themen > Naturgefahren > Fachinformationen Erdbeben > Schutz vor Erdbeben > Versicherungsschutz, Stand: 28. Dezember 2022). Auch weitere Fälle höherer Gewalt, wie Krieg, atomare Unfälle vulka- nische Ausbrüche werden bei Schadenversicherungen grundsätzlich von der Versicherungsdeckung ausgenommen; so auch vorliegend bei der Sachversicherung … (vgl. act. 3/4 S. 4, S. 18; act. 11 Rz. 30.2, unbestritten geblieben in
act. 19 S. 13). Gemäss der Ausschlussklausel in Ziff. 1.8.1 ZB werden Krankheitserreger, für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten, d.h. die weitreichendsten Ausprägungen einer Epidemie, die zu ei- ner Pandemie führen können sich bereits zur Pandemie entwickelt haben, ausgeschlossen. Gemäss Art. 33 VVG sind Versicherungen gehalten, Deckungsausschlüsse klar und unzweideutig zu verfassen. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass in der Ausschlussklausel nicht Begriffe wie schwere Epi- demie und Pandemie verwendet wurden, sondern auf die WHO- Pandemiestufen 5 und 6, mithin auf die Definition einer aussenstehenden Drittorganisation, verwiesen wurde. Dass die Definition der WHO-Pandemiestufen 5 und 6 in den ZB nicht enthalten ist, schadet deren Anwendung nicht, da sie bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und auch heute noch im Internet öffentlich zugänglich war und ist. Die Parteien waren in der Lage, an die benötigten Informationen zu gelangen und diese in den Prozess einzubringen (vgl. act. 3/13; act. 11 Rz. 8). Obwohl das sechsstufige Pandemiestufenmodell von der WHO in den Jahren 2009 bis 2013 angewendet und im Jahr 2013 durch ein Vier-Phasen- Modell ersetzt wurde – womit es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses überholt war –, sind sich die Parteien einig, auf welches Pandemiestufenmodell in den ZB verwiesen wird, und wie sich die Pandemiestufen 5 und 6 definieren (act. 1 S. 8; act. 3/13; act. 11 Rz. 8 f.). Ebenfalls unstrittig ist, dass es sich bei der Covid-19- Pandemie um eine Pandemie handelt, welche gemäss dem WHO- Pandemiestufenmodell der Pandemiestufe 6 entspricht (act. 1 S. 9; act. 11 Rz. 18; vgl. act. 19). Insofern ist die Ausschlussklausel nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der berechtigten Deckungserwartungen ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in Ziff. 1.8.1 ZB aus dem grundsätzlich versicherten Risiko der Epi- demie das spezielle Risiko für Schäden infolge von Krankheitserregern für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten, ausgenommen hat. Damit hat sie die selten auftretenden weitreichendsten Ausprägungen einer Epidemie, die zu einer Pandemie führen können sich bereits zur Pandemie entwickelt haben, vom Versicherungsschutz ausgenommen. Deren Verwirklichung ist mit grossen Auswirkungen für sämtliche Betroffenen verbun- den. Ein solcher Ausschluss ist weder überraschend noch unerwartet. Dadurch
wird die Epidemieversicherung auch nicht ausgehöhlt. Dieser Leistungsausschluss ist ebenso zulässig wie der Ausschluss bestimmter, besonders ansteckender Krankheiten. Daran vermag der Umstand, dass die Police die Haftung hinsichtlich des Geltungsbereichs, der Dauer und der Höhe der Versicherung ebenfalls einschränkt, nichts zu ändern. Die vom Kläger eingereichte Werbung bzw. der Internetbeschrieb der Epidemieversicherung der Beklagten vor Ausbruch der Pandemie und danach ist nicht geeignet, die Beschreibung des Versicherungsprodukts im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu belegen (vgl. act. 3/10- 11). Auch wenn die Beschreibung auf der Internetseite der Beklagten am
1. Februar 2021 deutlich von jener am 2. April 2020 abweicht, kann gestützt darauf nicht auf die berechtigten Deckungserwartungen im Jahr 2018 geschlossen werden. Mangels Tatsachenbehauptungen des Klägers hinsichtlich des Internetauftritts im Jahr 2018 sind keine Rückschlüsse auf die berechtigte Deckungserwartung gestützt auf den Internetauftritt im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses möglich. Zwar verfängt das Argument der Beklagten nicht, aufgrund der Prämienhöhe habe der Kläger nicht damit rechnen dürfen, dass es sich bei der Epidemieversicherung um eine allgemeine Katastrophenversicherung handle, welche auch die finanziellen Folgen von Massnahmen infolge einer Pandemie abdecke (vgl. act. 11 Rz. 24.2; act. 23 Rz. 39.3). Denn die Berechnung der Prämienhöhe obliegt allein der Versicherung und die versicherte Person kennt die beeinflussenden Faktoren nicht, weshalb sie die Berechnung auch nicht auf ihre Plausibilität hin überprüfen kann. Doch ändert dies nichts daran, dass Deckungsausschlüsse im Versicherungswesen grundsätzlich nicht ungewöhnlich sind. Der Fokus solcher Ausschlüsse liegt gerade auf selten auftretenden, grossen und schwer begrenzbaren Risiken. Folglich ist die Ausschlussklausel in Ziff. 1.8.1 lit. b ZB in objektiver Hinsicht nicht als ungewöhnlich zu qualifizieren, womit sie vom Konsens erfasst ist und daher Geltung erlangt.
2.5. Fazit
Die ZB wurden durch den Kläger global übernommen. Die Prüfung anhand der Ungewöhnlichkeitsregel hat ergeben, dass die Ausschlussklausel in Ziff. 1.8.1 lit. b ZB für den Kläger in subjektiver Hinsicht ungewöhnlich ist. Die objektive Ungewöhnlichkeit ist hingegen zu verneinen. Entsprechend erlangt die Ausschlussklausel Geltung. Nachfolgend ist durch Auslegung zu ermitteln, ob Schäden unter die Ausschlussklausel fallen, die infolge der Covid-19-Pandemie entstanden sind.
Auslegung der Ausschlussklausel
Rechtliches
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind grundsätzlich nach denselben Prinzipien auszulegen wie andere vertragliche Bestimmungen (BGE 142 III 671 E. 3.3; 135 III 1 E. 2). Entscheidend ist demnach in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien und in zweiter Linie, falls ein solcher nicht festgestellt werden kann, die Auslegung der Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips (BGE 142 III 671 E. 3.3; 140 III 391 E. 2.3). Dabei sind die Erklärungen der Parteien so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut, Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (BGE 138 III 659 E. 4.2.1). Es ist danach zu fragen, was vernünftig und redlich handeln- de Parteien nach Treu und Glaube unter Beachtung der konkreten Umstände gewollt und ausgedrückt hätten, respektive wie eine Partei eine Willensäusserung Verhaltensweise unter Beachtung sämtlicher Umstände nach Treu und Glaube verstehen durfte und musste (BGE 144 III 93 E. 5.2.3 = Pra 108 [2019]
Nr. 40; 143 III 157 E. 1.2.2 m.w.H.; 142 III 239 E. 5.2.1 m.w.H. = Pra 107 [2018]
Nr. 7; 138 III 659 E. 4.2.1 m.w.H.; 131 III 606 E. 4.1 = Pra 95 [2006] Nr. 80; 127 III
444 E. 1b = Pra 91 [2002] Nr. 22).
Im Urteil 4A_330/2021 vom 5. Januar 2022 hat das Bundesgericht die Klausel Nicht versichert sind […] Schäden infolge von Influenza-Viren und Prionkrankheiten (Scrapie, Rinderwahnsinn, Creutzfeldt-Jakob usw.) sowie infolge Krankheitserregern für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten mangels übereinstimmenden wirklichen Willens nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt. Es ist zum Schluss gekommen, dass Schäden infolge der Covid-19-Pandemie unter die Ausschlussklausel fallen und folglich nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sind. Für die Anwendung der Unklarheitsregel bleibe
kein Raum (Urteil BGer 4A_330/2021 E. 1, E. 2.2.2, E. 5.1, E. 5.2.2.2 f., nicht publ. in BGE 148 III 57).
Parteistandpunkte
Der Kläger macht geltend, gemäss dem Wortlaut von Ziff. 1.8.1 lit. b ZB komme der Ausschluss nicht zur Anwendung, da es weder national noch international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gebe bzw. diesen keine rechtliche Relevanz zukomme. Auch unter Beachtung von Sinn und Zweck der Bestimmung könne es nicht sein, dass neben dem Ausschluss von Influenza-Viren auch Krankheitserreger, welche sich in zwei mehr Ländern verbreiteten, vom Versicherungsausschluss umfasst seien. Diesfalls würde – von Ausnahmen wie beispielsweise Salmonellen abgesehen – kein Sachverhalt übrig bleiben, bei dem die Versicherung zum Tragen käme (act. 1 S. 17). Zur Auslegung der Ausschlussklausel durch das Bundesgericht lässt sich der Kläger nicht verlauten (vgl. act. 19 S. 15 ff.).
Die Beklagte wendet ein, das Regelungsziel sei gewesen, schwer versicherbare Risiken auszuschliessen. Daher seien auch Schäden infolge von Influenza-Viren (Grippe-Viren) und Prionen (Scrapie, Rinderwahnsinn, Creutzfeldt-Jakob usw.) ausgeschlossen worden. Ebenso seien Schäden ausgenommen worden, die bei einer flächendeckenden, weltweiten Pandemie entstünden, weil sie aufgrund der korrelierenden Risiken nicht versicherbar seien. Für die Formulierung massgebend sei sodann, ob die Verbreitung eines Krankheitserregers in effektiver und qualitativer Hinsicht entsprechend den Pandemiestufen 5 6 gemäss alter WHO-Stufenordnung vorliege, wobei unerheblich sei, ob die WHO dieses Stufenmodell noch anwende. Bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck sei die WHO-Modelländerung im Hinblick auf den Pandemieausschluss adäquat zu übersetzen. Die WHO habe die Lage als pandemic eingestuft, was der Pandemiephase 6 entspreche. Es gebe kein besseres Kriterium als die WHO, um im Zusammenhang mit einer Versicherungsbestimmung an eine Pandemie anzuknüpfen. Insgesamt seien die Folgen der Covid-19-Pandemie gemäss der Ausschlussklausel nicht gedeckt (act. 11 Rz. 17 ff., Rz. 30.2). Die Beklagte weist darauf hin, dass auch das Bundesgericht in seinem Urteil BGer 4A_330/2021 vom
5. Januar 2022 (BGE 148 III 57) zu diesem Auslegungsergebnis gekommen sei
(act. 23 Rz. 3.3 f.).
Subsumtion
Die Ausschlussklausel im Urteil 4A_330/2021 vom 5. Januar 2022 (BGE
148 III 57) ist faktisch deckungsgleich mit den Ausschlussklauseln gemäss Ziff. 1.8.1 lit. a und lit. b ZB. Vorliegend geht es um die Auslegung des Versicherungsausschlusses gemäss Ziff. 1.8.1 lit. b ZB für Schäden infolge von Krankheitserregern, für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten. Wie das Bundesgericht festgehalten hat, ist davon auszugehen, dass das sechsstufige WHO-Pandemiestufenmodell seit dem Jahr 2013 überholt ist. Auch vorliegend fehlt es am übereinstimmenden Willen der Parteien, weshalb eine Auslegung nach dem Vertrauensprinzip vorzunehmen ist.
Die WHO-Pandemiestufen 5 und 6 wurden nach übereinstimmender Darstellung der Parteien seit dem Jahr 2009 – und damit leicht abweichend vom bun- desgerichtlichen Urteil, das sich auf den WHO global influenza preparedness plan aus dem Jahre 2005 stützt – wie folgt definiert (act. 1 S. 8 f.; act. 3/13; act. 11 Rz. 8; vgl. Pandemic influenza preparedness and response: a WHO guidance document, 2009, S. 11, S. 25 f.):
Phase 5
The same identified virus [human to human transmission of an animmal or human-animal influenza reassortant virus] has caused sustained community level outbreaks in two or more countries in one WHO region.
While most countries will not be affected at this stage, the declaration of Phase 5 is a strong signal that a pandemic is imminent and that the time to finalize the organization, communication, and implementation of the planned mitigation measures is short.
Phase 6
In addition to the criteria defined in Phase 5, the same virus has caused sustai- ned community level outbreaks in at least one other country in another WHO region.
Designation of this phase will indicate that a global pandemic is under way.
Ein Virus fällt unter die WHO-Pandemiestufe 5, wenn er sich von Mensch zu Mensch überträgt und es zu anhaltenden lokalen Krankheitsausbrüchen in min- destens zwei Ländern einer WHO-Region kommt. Auch wenn die meisten Länder in diesem Stadium noch nicht betroffen sind, ist die Ausrufung der WHO- Pandemiestufe 5 ein deutliches Signal, dass eine Pandemie unmittelbar bevor steht. Die WHO-Pandemiestufe 6 wird ausgerufen, wenn derselbe Virus in min- destens einem anderen Land in einer anderen WHO-Region anhaltende lokale Ausbrüche verursacht. Die Ausrufung dieser Phase zeigt, dass eine globale Pan- demie im Gange ist.
Im Zeitpunkt der bundesrätlich verordneten Schliessungen am 16. März 2020 infolge des Corona-Virus war die WHO-Pandemiestufe 6 unbestrittenermassen inhaltlich bereits erreicht (vgl. act. 1 S. 9; act. 3/18; act. 11 Rz. 18; vgl. act. 19). Die bundesgerichtliche Feststellung, dass von einem branchenfremden Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben erwartet werden darf, dass er weiss, was eine Pandemie ist, weshalb er hätte erkennen müssen, dass die höchsten beiden Stufen des WHO-Pandemiestufenmodells von der Versicherungsdeckung ausgenommen seien, findet auch im vorliegenden Verfahren Anwendung. Dieses Auslegungsergebnis deckt sich mit dem Regelungsziel der Versicherung, aus dem grundsätzlich versicherten Risiko der Epidemie die weitreichendsten Ausprägungen, die zu einer Pandemie führen können sich bereits zur Pandemie entwickelt haben, im Sinne der obersten beiden Stufen des WHO- Pandemiestufenmodells auszunehmen.
Wie das Bundesgericht festgehalten hat, ändert der Umstand, dass die WHO die Pandemiestufen 5 und 6 nicht mehr ausrufen kann, weil sie überholt sind, nichts an diesem Auslegungsergebnis. Es ist nicht sachgerecht, alleine auf den Wortlaut abzustellen, weil der Deckungsausschluss sonst nie zur Anwendung gelangen
würde. Dem Versicherungsnehmer als redlichem Geschäftspartner musste klar sein, dass eine Versicherung keine leer gehenden Regelungen hat bezwecken wollen. Vielmehr ist die Absicht der Versicherung, die gravierendsten Pandemieereignisse von der Versicherungsdeckung auszunehmen, erkennbar. Der Zweck der Bestimmung ist klar und die Ausschlussklausel anwendbar. Somit bleibt auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitsregel (vgl. Urteil BGer 4A_330/2021
E. 1, E. 2.2.2, E. 5.2.2.2, E. 5.2.2.3, nicht publ. in BGE 148 III 57). Der Kläger legt nicht dar, weshalb vorliegend von diesem Auslegungsergebnis abgewichen wer- den soll (vgl. act. 19 S. 15 ff.). Er hätte erkennen müssen, dass eine Pandemie von der Versicherungsdeckung ausgenommen ist. Die Covid-19-Pandemie hat inhaltlich die Intensität der WHO-Pandemiestufe 6 erreicht und fällt unter diese Ausschlussklausel, weshalb keine Versicherungsdeckung gegeben ist. Die Klage ist daher abzuweisen.
Fazit
Die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ergibt, dass mit der Ausschlussklausel die weitreichendsten Ausprägungen des Risikos der Epidemie, die zu einer Pandemie führen können sich bereits zur Pandemie entwickelt haben und inhaltlich den WHO-Pandemiestufen 5 und 6 entsprechen, von der Versicherungsdeckung ausgeschlossen wurden. Dies hätte auch vom Kläger so verstan- den werden müssen. Die Covid-19-Pandemie fällt unter diese Ausschlussklausel und ist von der Versicherungsdeckung ausgenommen. Die Klage ist abzuweisen.
Zusammenfassung der Tat- und Rechtsfragen
Die Parteien haben im Jahr 2018 einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, der unter anderem eine Epidemieversicherung enthält. Der Kläger hat die dazugehörigen ZB global übernommen. Er verlangt die Deckung von Ertragsausfällen wegen der bundesrätlich angeordneten Schliessung seines Campingplatzes inklusive Restaurant und Laden im Zuge der Covid-19-Pandemie. In Ziff. 1.8.1 lit. b ZB findet sich eine Ausschlussklausel für Schäden infolge von Krankheitserregern, für welche national international die WHO-Pandemiestufen 5 6 gelten. Dieser Deckungsausschluss ist zwar subjektiv ungewöhnlich, nicht jedoch objektiv, weshalb die Klausel vom Konsens gedeckt ist und Geltung erlangt. Die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ergibt, dass Schäden, die durch Krankheitserreger verursacht werden, welche inhaltlich die Intensität gemäss den WHO- Pandemiestufen 5 6 (gemäss Definition in den Jahren 2009 bis 2013) erreichen, von der Versicherung nicht gedeckt sind. Die Klausel führt zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis, weshalb die Unklarheitsregel nicht zur Anwendung gelangt. Im Zeitpunkt der bundesrätlich verordneten Schliessungen am 16. März 2020 war die WHO-Pandemiestufe 6 inhaltlich bereits erreicht. Damit steht der Deckungsausschluss einer allfälligen Leistungspflicht der Beklagten entgegen. Ob die übrigen Deckungsvoraussetzungen erfüllt sind und ein Schaden besteht, kann somit offen gelassen werden. Die Klage ist abzuweisen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG). Sie richtet sich in erster Li- nie nach dem Streitwert, dem Zeitaufwand des Gerichts sowie der Schwierigkeit des Falls (§ 2 Abs. 1 lit. a, lit. c und lit. d GebV OG). Der Streitwert beläuft sich vorliegend auf CHF 168'826.15. Unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GebV OG ist eine volle Gerichtsgebühr von gerundet CHF 11'500.– geschuldet. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem vollumfänglich unterliegenden Kläger aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Kosten sind mit dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen.
Parteientschädigung
Die Höhe der Parteientschädigung bestimmt sich nach der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 96 ZPO). Sie richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV). Beim vorliegenden Streitwert beträgt die nach § 4 Abs. 1 AnwGebV ermittelte Grundgebühr CHF 14'800.–. Unter Berücksichtigung des Aufwands für die zweite Rechtsschrift, ist eine Erhöhung der Grundgebühr um 25 % auf insgesamt rund CHF 18'500.–
angezeigt (§ 11 Abs. 1 und Abs. 2 AnwGebV). Ausgangsgemäss hat der vollumfänglich unterliegende Kläger der Beklagten die Parteientschädigung in der erwähnten Höhe zu entrichten (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Einer mehrwertsteuerpflichtigen Partei ist eine Parteientschädigung zufolge Möglichkeit des Vorsteuerabzugs ohne Mehrwertsteuerzusatz zuzusprechen, es sei denn, sie legt dar, dass sie nicht in vollem Umfang zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist. Dies gilt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch, wenn die Gegenseite gegen den Antrag auf Zusprechung des Mehrwertsteuerzusatzes nicht opponiert (Urteil BGer 4A_552/2015 E. 4.5). Die Beklagte macht geltend, gemäss Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG im Bereich der Versicherungsleistungen nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein (act. 23 Rz. 45). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie ausserhalb des Bereichs der Versicherungsleistungen – wie beispielsweise bei administrativen Tätigkeiten, die auf Dritte übertragen werden – mehrwertsteuerpflichtig ist (vgl. ESTV, MWST-Branchen-Info 16, Januar 2010, Ziff. 2.3). Die Beklagte behauptet pauschal, für die beanspruchte anwaltliche Dienstleistung nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein. Dies ist weder aus Art. 21 Abs. 2 Ziff. 18 MWSTG ersichtlich, weil die anwaltliche Tätigkeit nicht unter die Versicherungsleistung einer Sach- und Vermögensversicherung zu subsumieren ist, noch reicht sie Belege dazu ein. Angesichts der fehlenden Begründung und Belege ist der Beklagten die Parteientschädigung ohne Mehrwertsteuer zuzusprechen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 11'500.–.
Die Kosten werden vollumfänglich dem Kläger auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Vorschuss verrechnet.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 18'500.– zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilungen an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und Art. 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 168'826.15.
Zürich, 30. Januar 2023
Handelsgericht des Kantons Zürich
Vorsitzender:
Roland Schmid
Gerichtsschreiberin:
Zoë Biedermann
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