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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG210001
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG210001 vom 23.11.2022 (ZH)
Datum:23.11.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Konkurs; Klagten; Beklagten; Bilanz; Forderung; Konkursitin; Recht; Darlehen; Abtretung; Abgetreten; Abgetretene; Partei; Gericht; Klage; Verfügung; Position; Betrag; Abgetretenen; Anspruch; Schuld; Parteien; Gerin; Abtretungsverfügung; Überweisungen; Urteil; Darlehensbeträge; Zahlt; Tatsachen; [HRSG]
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 18 OR ; Art. 236 ZPO ; Art. 243 KG ; Art. 260 KG ; Art. 55 ZPO ; Art. 6 ZPO ; Art. 680 OR ; Art. 8 ZGB ; Art. 91 ZPO ; Art. 958 OR ; Art. 959 OR ; Art. 959a OR ; Art. 959c OR ; Art. 96 ZPO ; Art. 960 OR ;
Referenz BGE:111 II 81; 145 III 101;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG210001-O U/dz

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. Claudia Bühler, Vizepräsidentin, und Ersatzober- richterin Franziska Egloff, die Handelsrichter Ivo Eltschinger, Dario Cimirro und die Handelsrichterin Prof. Dr. Michèle Sutter-Rüdisser sowie der Gerichtsschreiber Dr. Pierre Heijmen

Urteil vom 23. November 2022

in Sachen

  1. ,

    Klägerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X2. ,

    gegen

  2. Management AG,

Beklagte

betreffend Forderung

Rechtsbegehren:

(act. 1 S. 2)

1. Es sei die Beklagte zu verurteilen der Klägerin, als Abtretungsgläubige- rin der Konkursmasse der B. Holding SA in liquidazione gemäss Art. 260 SchKG, CHF 100'000 zzgl. 5 % Zinsen seit dem 27.09.2020 zu entrichten.

2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich 8 % MWST zu Lasten der Beklagten.

Das Nachklagerecht bleibt ausdrücklich vorbehalten.

Sachverhalt und Verfahren

  1. Sachverhaltsübersicht

    1. Parteien und ihre Stellung

      Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in C. [Ortschaft], welche gemäss Handelsregistereintrag den … be- zweckt (act. 3/4.1). Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Sie bezweckt … (act. 3/2).

    2. Prozessgegenstand

      Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein abgetretener Rechtsanspruch in der Höhe von CHF 100'000.– (zzgl. Zins), der (behauptetermassen) der Kon-

      kursmasse der B.

      Holding SA in liquidazione (fortan Konkursitin) zusteht

      und nun von der Klägerin als Abtretungsgläubigerin an deren Stelle gegenüber der Beklagten geltend gemacht wird.

      Die Klägerin ist der Auffassung, dass die abgetretene Forderung auf ein oder mehrere nicht zurückgezahlte Darlehen der Konkursitin an die Beklagte zurückzu- führen sei. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich nicht um eine Forderung aus Darlehen, sondern um das Aktienkapital der damaligen Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten handle. Zudem habe die Klägerin die behauptete Forderung aus Darlehen nicht ausreichend substantiiert.

  2. Prozessverlauf

    1. Klageeinleitung

      Mit Eingabe vom 4. Januar 2021 (Datum Poststempel) machte die Klägerin die vorliegende Klage rechtshängig (act. 1). Nach fristgerechtem Eingang des von der Klägerin verlangten Kostenvorschusses von CHF 9'000.– und einer aktuellen Vollmacht (act. 6 und 9) wurde der Beklagten Frist zu Erstattung ihrer schriftlichen Klageantwort angesetzt (act. 10). In der fristgerechten Klageantwort vom 29. April 2021 machte die Beklagte geltend, dass der Klägerin als Abtretungsgläubigerin der Konkursmasse die Prozessführungsbefugnis fehle, weshalb auf die Klage nicht einzutreten sei (vgl. act. 12 Rz. 1 und 11). Mit Verfügung vom 3. Mai 2021 wurde der Beklagten eine Nachfrist angesetzt, um ein Verzeichnis der Beweismit- tel und eine aktuelle Vollmacht einzureichen (act. 15). Beide Dokumente wurden innert Frist eingereicht (vgl. act. 17-19). Mit Schreiben vom 7. Juni 2021 teilte die Beklagte ihre fehlende Vergleichsbereitschaft mit und ersuchte erneut um den Er- lass eines Nichteintretensentscheids (act. 22). Dieses Ersuchen bekräftigte sie abermalig mit einem weiteren Schreiben vom 16. Juni 2021 (act. 23).

    2. Weitere Verfahrensschritte

Mit Beschluss vom 28. Juni 2021 wurde das Nichteintretensgesuch der Beklagten abgewiesen. Die Gerichtsgebühr wurde auf CHF 4'000.– festgelegt, die Gerichts- kosten der Beklagten auferlegt und aus dem von der Klägerin geleisteten Kosten- vorschuss bezogen, unter Einräumung des Rückgriffrechts auf die Beklagte. Gleichzeitig wurde von der Klägerin ein weiterer Vorschuss in dieser Höhe einge- holt (act. 24). Mit Schreiben vom 2. August 2021 teilte das Bundesgericht mit, dass die Beklagte eine Beschwerde gegen diesen Beschluss eingereicht habe (Urk. 26). Mit Urteil vom 2. November 2021 trat das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein (act. 29). Mit Verfügung vom 8. November 2021 wurde das Verfahren aufgrund fehlender Vergleichsbereitschaft der Beklagten schriftlich fort- gesetzt und der Klägerin Frist zur Erstattung der Replik angesetzt (act. 30). Das mit Eingabe vom 7. Dezember 2021 gestellte Fristerstreckungsgesuch der Kläge- rin wurde mit Verfügung vom 9. Dezember 2021 abgewiesen und ihr gleichzeitig eine nicht erstreckbare Nachfrist gewährt (act. 33). Am 5. Januar 2022 reichte die

Klägerin fristgerecht ihre Replik ein (act. 36). Mit Verfügung vom 2. Februar 2022 wurde der Beklagten Frist angesetzt, um ein ordnungsgemäss unterzeichnetes Exemplar der Klageantwortschrift einzureichen oder aber die Postulationsfähigkeit des Rechtsvertreters der Beklagten nachzuweisen (act. 38). Mit Eingabe vom

23. Februar 2022 reichte die Beklagte ein von ihrem einzelzeichnungsberechtigen Präsidenten des Verwaltungsrates unterzeichnetes Exemplar der Klageantwort ein (act. 41). Mit Verfügung vom 28. Februar 2022 wurde der Beklagten Frist zur Einreichung der Duplik angesetzt (act. 42). Die Duplik erfolgte fristgerecht am

4. April 2022 (act. 44) und wurde der Klägerin mit Verfügung vom 5. April 2022 und unter Hinweis auf den Aktenschluss zugestellt (act. 45). Weitere Eingaben wurden nicht eingereicht.

Mit Verfügung vom 15. September 2022 wurde den Parteien Frist zur Erklärung angesetzt, ob sie auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichten (act. 47). Die Beklagte erklärte ihren Verzicht mit Eingabe vom 29. September 2022 (act. 49). Die Klägerin liess sich innert Frist nicht vernehmen, weshalb an- drohungsgemäss Verzicht auf Hauptverhandlung anzunehmen ist.

Das Verfahren ist spruchreif (Art. 236 Abs. 1 ZPO). Auf die einzelnen Parteivor- bringen sowie auf die Akten ist in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen, soweit es für die Entscheidfindung erforderlich ist.

Erwägungen

  1. Formelles

    1. Zuständigkeit

      Die Beklagte hat ihren Sitz in Zürich, weshalb die örtliche Zuständigkeit des Han- delsgerichts des Kantons Zürich gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. b ZPO zu Recht unbe- stritten blieb. Die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons Zürich ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG ZH.

    2. Teilklage

Die Klägerin macht eine Teilklage mit ausdrücklichem Nachklagevorbehalt gel- tend (act. 1 Rz. 9). Die von der Konkursitin zwischen 2010 und 2015 an die Be- klagte ausbezahlten und nicht zurückerstatteten Darlehensbeträge würden die der Klägerin abgetretene Forderung bei weitem übersteigen; hiervon werde einstwei- len ein Teilbetrag von CHF 100'000.– geltend gemacht.

Wie von der Beklagten zutreffend vorgebracht (act. 44 S. 2), wurde der Klägerin als kollozierter Konkursgläubigerin mit Verfügung der Konkursverwaltung vom

23. April 2019 (act. 3/7) ein Prozessführungsrecht einzig hinsichtlich eines in der Bilanz 2013 der Konkursitin aufgeführten Anspruchs gegenüber der Beklagten über CHF 100'000.– verliehen mit dem Recht auf Vorausbefriedigung aus dem erzielten Erlös. Die Klägerin macht mithin als Prozessstandschafterin ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend. Der ihr zur Geltendmachung abgetretene Rechtsanspruch der Masse entspricht der Klagesumme, weshalb von vornherein keine Teilklage vorliegt. Im CHF 100'000.– übersteigenden Umfang fehlt der Klä- gerin die von Amtes wegen zu prüfende Prozessführungsbefugnis.

  1. Materielles

    1. Unbestrittener Sachverhalt

      Am 17. März 2016 wurde über die Konkursitin der Konkurs eröffnet (act. 3/4). Mit Verfügung der Konkursverwaltung vom 29. April 2019 wurde festgehalten, dass die Mehrheit der Gläubiger auf die Geltendmachung der in der Verfügung einzeln

      aufgeführten Rechtsansprüche, darunter der streitgegenständliche, verzichtet ha- be und dieser der Klägerin zur Geltendmachung im Sinne von Art. 260 SchKG abgetreten werde. Weiter wird festgehalten, dass die Klägerin mit einer Forderung von CHF 181'738.15 in der dritten Klasse kolloziert sei (act. 3/7). Gemäss Han- delsregister des Kantons Tessin wurde der Konkurs mit Verfügung des Bezirksge- richts Lugano vom tt.mm.2020 geschlossen und die Gemeinschuldnerin am tt.mm.2020 im Handelsregister gelöscht (vgl. act. 14/A2).

    2. Wesentliche Parteistandpunkte

      1. Klägerin

        Die Klägerin bringt vor, dass die abgetretene und in der Bilanz der Konkursitin des Jahres 2013 aufgeführte Forderung von CHF 100'000.– auf ein oder mehrere Darlehen an die Beklagte zurückzuführen sei. Aufgrund mangelhafter Buchfüh- rung sei nicht klar, ob es sich um ein einziges Darlehen oder aber verschiedene kleine Darlehensbeträge handle. Aus den Bankkontounterlagen der Konkursitin sei ersichtlich, dass diese der Beklagten in den Jahren von 2010 bis 2015 Darle- hensbeträge von insgesamt CHF 384'352.50 gewährt habe (vgl. act. 3/7.1-7.8). Diese Darlehensbeträge seien allerdings nur teilweise bilanziert worden. Aufgrund mangelhafter Buchführung sei lediglich ein Betrag von CHF 100'000.– in der Bi- lanz des Jahres 2013 aufgeführt worden. Zudem sei die Bilanz 2013 von D. , dem damaligen Verwaltungsmitglied der Beklagten mit Einzelunter- schrift, unterschrieben worden, worin eine Schuldanerkennung zu erblicken sei. Die Forderung sei weder bestritten noch vollständig zurückgezahlt worden. Es sei ausreichend, wenn substantiiert behauptet werde, es bestehe eine den eingeklag- ten Betrag übersteigende Forderung aus Darlehen (act. 1 S. 2 ff.).

        Die Klägerin hält in der Replik an ihrem Standpunkt fest, wonach sich aus den eingereichten Bankunterlagen klar ergebe, dass die Konkursitin der Beklagten über Jahre hinweg Darlehen in der Höhe von mehreren hunderttausend Franken gewährt habe. Sie nehme zur Kenntnis, dass die Konkursitin zudem das ganze Aktienkapital der Beklagten eingezahlt habe (act. 36 S. 4). Die Forderung sei nie zurückgezahlt worden, weshalb sie heute noch bestehe. Den Gesamtbetrag der

        ausstehenden Darlehensrückzahlungen aus den Jahren 2010 bis 2015 beziffert sie sodann neu mit insgesamt Fr. 401'832.– (act. 36 S. 9 f.).

      2. Beklagte

        Die Beklagte bestreitet, dass die in der Bilanz 2013 aufgeführte Forderung über- haupt auf ein Darlehen zurückzuführen sei. Die Bilanz 2013 der Konkursitin bele- ge vielmehr, dass diese zum damaligen Zeitpunkt Aktienkapital von CHF 100'000.– an der Beklagten gehalten habe. Diese Qualifikation ergebe sich aus der Übersicht der Aktiven; im bilanzierten Anlagevermögen sei die Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten korrekterweise zwischen anderen Beteiligungen aufgelistet worden. Hätte es sich demgegenüber um einen Kredit gehandelt, so wäre der Betrag in der Bilanz unter Kredite an Gruppengesellschaften aufgeführt worden (act. 12 S. 4). Die Klägerin versuche sodann, anhand der Auszüge von zwei willkürlich ausgewählten Bankkonten der Konkursitin einen fiktiven Darle- hensbetrag von CHF 380'000.– zu konstruieren. Sie habe es versäumt, substanti- iert vorzutragen und zu belegen, wie sich eine angebliche Forderung von CHF 100'000.– aus Darlehen konkret zusammensetze und begründe. Wenn die Klägerin einen am Bilanzstichtag des 31. Dezember 2013 angeblich vorhandenen Darlehensbetrag einklagen wolle, so habe sie dessen Existenz am Abtretungs- stichtag des 23. April 2019 zu beweisen (act. 12 S. 6).

        In der Duplik hält die Beklagte daran fest, dass die Klägerin die Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Klagevortrag nicht erfülle, zumal das Rechtsbe- gehren als solches die Forderung nicht individualisiere. Ferner liege es in der Na- tur von Rechtsbeziehungen zwischen einer Holdinggesellschaft und deren Beteili- gungen, dass die Holdinggesellschaft das Aktienkapital der Tochtergesellschaft aufbringe und ihr Finanzierungen gewähre (act. 44 S. 6). Zwar sei möglich, dass zwischen der Konkursitin und der Beklagten über Jahre hinweg gemäss den Sta- tuten und Verträgen der Beteiligten Finanzierungen in Form von Darlehen ge- währt worden seien. Diese Darlehen seien jedoch zurückgezahlt worden. Die Bi- lanz 2013 belege, dass die Konkursitin bis vor 9 Jahren Aktionärin der Beklagten gewesen sei. Danach habe es jedoch keinerlei Rechts- oder Geschäftsbeziehun- gen mehr zwischen den beiden Gesellschaften gegeben (act. 44 S. 10).

    3. Rechtliches

      1. Aktivlegitimation

        Hinsichtlich der Frage der Aktivlegitimation ist auf die Erwägungen im Beschluss vom 28. Juni 2021 zu verweisen, mit dem das Nichteintretensgesuch der Beklag- ten wegen mangelnder Aktivlegitimation der Klägerin zufolge Löschung der Kon- kursitin im Handelsregister abgewiesen wurde (act. 24).

      2. Abtretung von Rechtsansprüchen nach Art. 260 SchKG

        Im Rahmen eines Konkursverfahrens soll durch die Abtretung von illiquiden Rechtsansprüchen jedem Gläubiger deren Geltendmachung ermöglicht werden. Will die Konkursverwaltung einen Rechtsanspruch nicht im Namen und auf Rech- nung der Gläubigergesamtheit durchsetzen, so hat sie jedem einzelnen Gläubiger Gelegenheit zu geben, die Abtretung dieser Ansprüche im Sinne von Art. 260 SchKG zur Selbstdurchsetzung zu verlangen. Liquide Ansprüche sind dagegen von der Konkursverwaltung gemäss Art. 243 Abs. 1 SchKG zwingend selber ein- zuziehen. Der Abtretungsgläubiger erwirbt das Recht, den abgetretenen Anspruch im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko geltend zu ma- chen und aus dem Ergebnis seiner Bemühungen, namentlich einem allfälligen Prozessgewinn, vorab befriedigt zu werden (EVA BACHOFNER, in: SPÜH- LER/TENCHIO/INFANGER [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 3. Aufl., 2017, Art. 260 N 72). Der Abtretungsgegner kann dem Abtretungsgläubiger alle Einreden und Einwendungen entgegenhalten, die ihm gegenüber der Konkurs- masse bzw. dem Gemeinschuldner zustünden (BGE 111 II 81 E. 3a; 106 II 145 E. 3c). Persönliche Einreden gegen den Kläger sind dagegen ausgeschlossen. Zu- dem ist es nicht Sache des erkennenden Gerichts, sondern der SchKG- Aufsichtsbehörde, die Abtretungsverfügung der Konkursverwaltung auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen. Es hat bloss festzustellen, dass sich die Legitima- tion des Klägers aus der Abtretungsverfügung ergibt (BGE 145 III 101 E. 4.2.1). Das erkennende Sachgericht ist für die Klärung materieller Fragen zuständig.

      3. Behauptungs- und Substantiierungslast

        Der Verhandlungsgrundsatz besagt, dass der Rechtssuchende die Tatsachen be- haupten und beweisen muss, aus deren Vorliegen er seinen Anspruch herleitet (Art. 55 ZPO; statt vieler: Urteil BGer 4A_169/2011 vom 19. Juli 2011 E. 5.5). Das Gericht darf das Urteil nur auf die von den Parteien behaupteten Tatsachen ab- stützen. Damit obliegt den Parteien die Behauptungslast. Die Sachvorbringen müssen zudem so umfassend und detailliert dargelegt werden, dass die Gegen- partei Stellung nehmen und darüber Beweis abgenommen werden kann. Somit obliegt den Parteien auch eine Substantiierungslast (statt vieler: Urteil BGer 4A_169/2011 vom 19. Juli 2011 E. 6.2).

        Die Tatsachen müssen in der Rechtsschrift selbst dargelegt bzw. behauptet wer- den (Art. 221 Abs. 1 lit. d ZPO). Tatsachen, die sich lediglich aus einer Beilage zu einer Rechtsschrift ergeben, sind vom Gericht – soweit wie hier die Verhand- lungsmaxime das Verfahren beherrscht – nicht zu beachten (ROMAN RI- CHERS/GEORG NAEGELI, in: OBERHAMMER/DOMEJ [HRSG.], Kurzkommentar, Schwei- zerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Basel 2021, Art. 221 N 27). Selbst mit ei- nem allgemeinen Verweis in der Rechtsschrift auf eine Beilage oder mit der all- gemeinen Erklärung, dass eingereichte Akten als integrierender Bestandteil einer Rechtsschrift gelten, wird der Behauptungslast in aller Regel nicht genügend nachgekommen. Es ist nicht Sache des Gerichts oder der Gegenpartei, sich die Grundlagen des Anspruchs aus den Beilagen zusammenzusuchen (Urteil BGer 4A_264/2015 vom 10. August 2015 E. 4.2.; LAURENT KILLIAS, in: HAUS-

        HEER/WALTER [HRSG.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band II, Bern 2012, Art. 221 N 23). Eine Partei kann sich folglich nicht mit allge- meinen Vorbringen begnügen, in der Meinung, die Begründung ihres Prozess- standpunktes werde sich dann aus dem Beweisverfahren ergeben; die Durchfüh- rung eines solchen setzt entsprechende Behauptungen des Beweisführers vo- raus. Wird der Sachverhalt, auf den sich die behauptungs- und beweisbelastete Partei stützt, nicht vollständig in den Prozess eingeführt, so ist die Gegenpartei ausserstande, alle ihre sonst möglicherweise zu Gebote stehenden Einwendun- gen vorzubringen (DANIEL WILLISEGGER, in: SPÜHLER/TENCHIO/INFANGER [HRSG.], BSK ZPO, a.a.O., Art. 221 N 27 ff.).

    4. Qualifikation des abgetretenen Rechtsanspruchs

      1. Parteistandpunkte

        Da die Natur resp. Rechtsgrundlage des abgetretenen Anspruchs gemäss Abtre- tungsverfügung des Konkursamtes vom 23. April 2019 zwischen den Parteien strittig ist, ist zunächst dessen rechtliche Qualifikation zu ermitteln.

        Nach Darstellung der Klägerin handelt es sich bei dem abgetretenen Anspruch um eine Darlehensforderung, nach dem Dafürhalten der Beklagten um eine da- malige bilanzierte Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten. Die Klägerin setzt sich replicando mit den detaillierten Vorbringen der Beklagten in der Klageant- wort, wonach es sich bei der bilanzierten Summe um ein nach Art. 959a Ziff. 2b OR bilanziell aktiviertes Aktienkapital der damaligen Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten gehandelt habe (vgl. act. 12 Rz. 3), nicht auseinander, sondern belässt es bei der Kenntnisnahme, dass die Konkursitin demnach das ganze Ak- tienkapital der Beklagten eingezahlt habe (act. 36 S. 4).

      2. Auslegung der Abtretungsverfügung

        Eine Abtretungsverfügung ist sinngemäss nach den Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen, insbesondere gemäss Art. 18 OR, auszulegen (BGer 4A_294/2020 E.2.4., BGer 5A_843/2015 E.4.1.). Es gilt deren Sinn zu ermitteln, wie ihn Gläubiger und Dritte verstehen durften und mussten. Da die gemäss Art. 260 SchKG abgetretenen Ansprüche in aller Regel auf einer unklaren oder zumindest zweifelhaften Rechtsgrundlage beruhen und strittig sind, ist in Anbe- tracht dieser faktischen und rechtlichen Situation der Umfang der konkursrechtli- chen Abtretung in einem weiten Sinn zu verstehen, so dass alles darunter zu sub- sumieren ist, was direkt oder sinngemäss dem der Masse möglicherweise zu- stehenden Aktivum als Vermögenswert entspricht (BGer 4A_294/2020 E.2.4.). Bei der Auslegung können zwar die subjektiven Meinungen der Beteiligten Hinweise auf den objektiven Sinn der Abtretungsverfügung geben. Der subjektive Wille der unmittelbar Beteiligten ist indessen nicht allein massgebend. Vielmehr muss sich der Sinn der Verfügung aus sich selbst ergeben, weil sie auch Gläubigern gegen- über Wirkungen entfaltet, die am Entstehen der Verfügung nicht beteiligt waren.

      3. Verfügung des Konkursamtes vom 23. April 2019

        Gemäss der Abtretungsverfügung vom 23. April 2019 (act. 3/7) wurde der Kläge- rin die Position

        credito di fr. 100'000.00 vantato nei confronti della B. Management SA e iscritta a bilancio 2013

        abgetreten (frei übersetzt: Kredit [oder Forderung] über CHF 100'000.00 gegen- über der B. Management SA, aufgeführt in der Bilanz 2013). Eine weiter- gehende Beschreibung der Forderung geht aus der Abtretungsverfügung nicht hervor. Aus dem Wortlaut der Abtretungsverfügung ergibt sich somit, dass der Klägerin ein Kredit oder eine Forderung von CHF 100'000.– der Konkursitin ge- genüber der Beklagten, welcher in der Bilanz 2013 aufgeführt ist, abgetreten wur- de. Aus dem Wortlaut allein lässt sich die Forderung keiner rechtlichen Grundlage zuordnen. Aufgrund des Verweises in der Abtretungsverfügung auf die Bilanz 2013 der Konkursitin kommt dieser eine entscheidende Bedeutung für die rechtli- che Qualifikation der abgetretenen Forderung zu.

      4. Erfassung der abgetretenen Forderung in der Bilanz 2013 der Konkursitin

        Das Obligationenrecht regelt die verbindlichen Mindestgliederungsvorschriften ei- ner Bilanz (vgl. Art. 959 ff. OR); diese eignen sich folglich zur Bestimmung einer in der Bilanz aufgeführten Position. Gemäss Art. 959 Abs. 1 OR gliedert sich die Bi- lanz grundsätzlich in Aktiven und Passiven. Innerhalb der Aktiven ist gemäss Art. 959a OR eine vorgegebene Reihenfolge einzuhalten. Die einzelnen Positio- nen müssen entweder im Bereich des Umlaufvermögens oder des Anlagevermö- gens ausgewiesen werden. Zum Umlaufvermögen gehören beispielsweise Forde- rungen aus Lieferungen und Leistungen oder übrige kurzfristige Forderungen, vgl. Art. 959a Abs. 1 Ziff. 1 OR. Im nachfolgend aufzuführenden Anlagevermögen sind unter anderem Finanzanlagen und Beteiligungen anzuführen (Art. 959a Abs. 1 Ziff. 2 OR). Gemäss Art. 959c OR wird die Bilanz durch den Anhang ergänzt und erläutert. Hier sind weitere Angaben aufzuführen, sofern diese nicht bereits aus der Bilanz ersichtlich sind. Dazu gehört gemäss Art. 959c Abs. 2 Ziff. 3 OR die Firma der Unternehmen, an denen direkte oder wesentliche indirekte Beteiligungen bestehen. Zudem ist bei einer Beteiligung auch der Kapital- und Stimmenan- teil anzugeben. Nach Art. 960 Abs. 1 OR sind die Positionen auf der Aktivseite und die Verbindlichkeiten in der Regel einzeln zu bewerten, sofern sie wesentlich sind und aufgrund ihrer Gleichartigkeit für die Bewertung nicht üblicherweise als Gruppe zusammengefasst werden.

        Vorliegend ist aus der Bilanz 2013 der Konkursitin (act. 3/6) ersichtlich, dass die abgetretene Forderung im Bereich der Aktiven aufgeführt ist. Eine Position vor der strittigen Forderung wird die E. AG aufgeführt, eine Position danach die F. . Unterhalb der letztgenannten Position folgt die Position G. (Forderungen gegenüber Konzerngesellschaften, vgl. act. 3/6 S. 2):

        ATTIVI

        […]

        E. AG CHF 296'899.37

        B. Management SA CHF 100'000.00

        1. […]

        CHF 20'000.00

        CHF 548'134.23

        Im Anhang der Bilanz werden unter Ziffer 7 die partecipazioni importanti (we- sentlichen Beteiligungen) aufgelistet. In dieser Auflistung wird die Firma der Be- klagten wiederum zwischen den Positionen E. AG und F. aufge- führt. Die Liste umfasst den Namen und den Sitz des Unternehmens, den Zweck, den Beteiligungsumfang in Prozenten, den Anschaffungswert und den Kapitalbe- stand. In der die Beklagte betreffenden Zeile ist beim Zweck die Erstellung und Entwicklung von Strategieplänen, beim Beteiligungsumfang 100% und beim An- schaffungswert und Kapitalbestand je CHF 100'000.– ausgewiesen (vgl. act. 3/6 S. 4).

        Der streitgegenständliche Rechtsanspruch wird in der Bilanz 2013 der Konkur- sitin, ebenso wie im Anhang zur Bilanz 2013, folglich als wesentliche Beteiligung zwischen weiteren wesentlichen Beteiligungen der Konkursitin aufgeführt. Da er zwischen diversen anderen Beteiligungspositionen aufgelistet wird, ist die Position

        dem Anlagevermögen zuzuordnen. Dieses Verständnis steht im Einklang mit den Angaben im Anhang der Bilanz 2013. Die aufgelisteten Beteiligungen gemäss Anhang sind mithin deckungsgleich mit den aufgelisteten Beteiligungspositionen in den Aktiven der Bilanz 2013. Überdies ist in den Aktiven ersichtlich, dass eine separate Position über Kredite an Gruppengesellschaften (G. ) ausgewie- sen wird. Der abgetretene Anspruch wird indes nicht unter dieser Position aufge- führt.

      5. Fazit

        Die Auslegung der Bilanz 2013 samt Anhang ergibt, dass es sich bei dem abge- tretenen Rechtsanspruch der Konkursitin über CHF 100'000.– gegenüber der Be- klagten um eine bilanziell aktivierte (damalige) Beteiligung an der Beklagten han- delt.

    5. Keine Forderung aus Beteiligung an der Beklagten

      Da der abgetretene Rechtsanspruch gemäss den vorstehenden Erwägungen als bilanziell aktiviertes Aktienkapital der damaligen Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten zu qualifizieren ist, ist zu prüfen, ob der Klägerin auf dieser Rechts- grundlage ein Anspruch auf Zahlung zusteht. Die Beklagte bestreitet einen sol- chen Anspruch (act. 44 S. 8). Es kann offen bleiben, ob die Beteiligung zum Zeit- punkt der Abtretung am 23. April 2019 noch bestand oder aber die Konkursitin be- reits im 2014 nicht mehr Aktionärin der Beklagten war (act. 12 S. 4).

      Gemäss Art. 680 Abs. 2 OR steht dem Aktionär ein Recht, den eingezahlten Be- trag zurückzufordern, nicht zu. Dieser aktienrechtliche Grundsatz bedeutet, dass nicht nur der Aktionär nicht berechtigt ist, den von ihm einbezahlten Betrag von der Gesellschaft zurückzufordern (Verbot der Einlagenrückforderung), sondern dass es auch der Gesellschaft untersagt ist, dem Aktionär Leistungen aus dem geschützten Gesellschaftsvermögen zufliessen zu lassen (Verbot der Einlagen- rückgewähr). Daraus folgt, dass der Aktionär seine Mitgliedschaft nur über den Verkauf seines Anteilsrechts aufgeben kann (CHRISTOPH SCHMID, in: ROBERTO/TRÜEB [HRSG.], CHK - Handkommentar zum Schweizer Privatrecht,

  2. Aufl., Basel 2016, Art. 680 N 7 ff.). Mit dieser Regelung soll das Vermögen der

Gesellschaft gegenüber dem Aktionär zugunsten der Gläubiger, aber auch der Gesellschaft sowie der Aktionäre geschützt werden. Eine Rückforderung des ge- leisteten Betrages ist daher ausgeschlossen. Ein Verstoss gegen das Rückzah- lungsverbot führt zur Nichtigkeit der fraglichen Transaktion und zu einer entspre- chenden Rückleistungspflicht des Empfängers gegenüber der Gesellschaft (VOGT, in: WATTER/VOGT [HRSG.], Basler Kommentar, Obligationenrecht II, 5. Aufl., Basel 2016, Art. 680 N 2 ff.). Das Verbot der Einlagenrückgewähr im Sinne von Art. 680 Abs. 2 OR gilt auch im Rahmen eines Konkursverfahrens. Eine Beteiligung kann daher auch im Konkurs nur durch einen Verkauf liquidiert werden. Demzufolge stünde der Klägerin als Abtretungsgläubigerin kein (Rück-)Forderungsrecht aus einer Beteiligung zu.

    1. Keine Forderung aus einer Schuldanerkennung

      1. Parteistandpunkte

        Die Klägerin bringt weiter vor, dass die vom Verwaltungsratspräsidenten der Kon- kursitin, D. , unterzeichnete Bilanz 2013 der Konkursitin eine Schuldaner- kennung durch die Beklagte darstelle, da der Unterzeichnende damals gleichzei- tig einzelzeichnungsberechtigtes Organ der Beklagten gewesen sei (act. 1 Rz. 5). Die Beklagte bestreitet das Vorliegen einer Schuldanerkennung (act. 12 S. 3, act. 44 S. 5).

      2. Würdigung

        Ein Schuldbekenntnis (auch Schuldanerkenntnis oder Schuldanerkennung) ist die Erklärung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, dass eine bestimmte Schuld bestehe (SCHWENZER/FOUNTOULAKIS, in: WIDMER LÜCHINGER/OSER [HRSG.],

        Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl., Basel 2020, Art. 17 N 1). Die Un- terzeichnung der Bilanz 2013 durch den Vorsitzenden des obersten Leitungs- o- der Verwaltungsorgans entspricht den gesetzlichen Vorgaben (Art. 958 Abs. 3 OR). Die Unterzeichnung soll die materielle Richtigkeit der darin enthaltenen Aus- sagen bezeugen und eine Grundlage für deren Haftung und allenfalls Bestrafung bilden, falls die Aussagen falsch waren (LORENZ LIPP, in: ROBERTO/TRÜEB [HRSG.], CHK - Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl., Basel 2016, Art. 958

        N 17). Aus dem Umstand, dass der unterzeichnende Verwaltungsratspräsident der Konkursitin, D. , im damaligen Zeitpunkt gleichzeitig einzelzeichnungs- berechtigt für die Beklagte war, lässt sich daher nicht auf eine Schuldanerken- nung durch die Beklagte schliessen. D. unterzeichnete die Bilanz 2013 der Konkursitin in seiner damaligen Eigenschaft als Organ derselben, wie sich aus der aktenkundigen Bilanz 2013 und dem Anbringen der Unterschrift oberhalb der Firma der Konkursitin (act. 3/6) ergibt. Da die Unterschrift die materielle Richtig- keit der Bilanz bezeugen soll und keine konkrete Leistungspflicht begründen will, stellt die ordnungsgemäss unterzeichnete Bilanz kein Schuldanerkenntnis dar.

    2. Eventualbegründung: Forderung aus Darlehen nicht substantiiert dargelegt

      1. Behauptungs- und Beweislast

        Im Übrigen ist der Klägerin nicht gelungen, die rechtsbegründenden Tatsachen einer im Zeitpunkt der Abtretung bestehenden Darlehensforderung über CHF 100'000.– rechtsgenüglich zu behaupten. Gemäss Art. 8 ZGB hätte es der Klägerin als derjenigen Partei, die aus Vertrag fordert, oblegen, dessen Zustan- dekommen und Inhalt darzulegen und zu belegen (LARDELLI/VETTER, a.a.O., Art. 8 N 45a). Da die Klägerin eine abgetretene Forderung aus einem oder mehreren behaupteten Darlehen der Konkursitin an die Beklagte geltend macht, hätte sie die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen.

      2. Ausführungen betreffend Überweisungen

        Die Klägerin listet zunächst eine Vielzahl von Überweisungsvorgängen aus den Jahren 2010 bis 2015 auf samt Nennung des Datums, des Zwecks und der Sum- me samt Währung für jeden einzelnen Überweisungsvorgang (vgl. act. 1 Rz. 8 und act. 36 S. 9 f.). Aus den Überweisungen sei ersichtlich, dass der Beklagten in diesen Jahren eine Vielzahl von Darlehensbeträgen von weit über den geforder- ten CHF 100'000.– von der Konkursitin zugeflossen seien. Aufgrund mangelhafter Buchführung sei unklar, ob es sich um ein einziges Darlehen oder aber um ver- schiedene kleine Darlehensbeträge handle. Die Beträge seien in der Bilanz des Jahres 2013 nur teilweise aufgeführt worden (act. 36 S. 11). Für den Fall, dass das Gericht eine Reihenfolge der geltend gemachten Darlehensbeträge (bzw.

        Teilzahlungen) verlange, seien die aufgeführten Überweisungen vom

        31. Dezember 2013 bis zum Jahr 2010 chronologisch rückwärts zu überprüfen (act. 36 S. 12).

      3. Würdigung

        Wie erwogen, setzt der Bestand einer der Masse zustehenden Forderung als Ak- tivum voraus, dass diese auf ein bestimmtes Tatsachenfundament gestützt wer- den kann, aus dem sich Rechtsansprüche auf Rückerstattung der Zahlung erge- ben (Urteil BGer 4A_381/2012 vom 8. November 2012 E.3.2). Es ist nicht Aufga- be des Gerichts oder der Gegenpartei, sich aus einer Vielzahl von Überweisungs- vorgängen über mehrere Jahre hinweg die potentiell massgeblichen Überweisun- gen herauszusuchen und zu einer der abgetretenen Forderung entsprechender Summe zusammenzurechnen.

        Die Problematik der konkreten Zusammensetzung des Betrages von CHF 100'000.– war der Klägerin offensichtlich bewusst, da sie dazu ausführte, dass das Gericht im Zweifelsfall die Darlehensbeträge selber aufaddieren solle (vgl. act. 1 Rz. 9). Es zählt jedoch zur Behauptungslast der Klägerin, dass sie die Tatsachen, auf welche sie ihre Forderung stützt, eindeutig bezeichnet. Nur so ist es der Gegenseite möglich, die einzelnen Tatsachen substantiiert zu bestreiten und nur so kann das Gericht über die einzelnen Behauptungen Beweis abneh- men. Der pauschale Hinweis auf eine Vielzahl von Überweisungsvorgängen über einen Zeitraum von mehreren Jahren ohne genaue Erläuterung, welche offenen Darlehen der Forderung von CHF 100'000.– gemäss Bilanz 2013 zugrunde lie- gen, eignet sich entsprechend nicht, um die bestrittene Forderung in genügender Weise zu substantiieren. Dies hat auch für die Aufforderung der Klägerin zu gel- ten, dass das erkennende Gericht bei Bedarf eine Rückrechnung der Beträge ausgehend vom 31. Dezember 2013 vornehmen könne.

        Anzumerken bleibt, dass auch eine solche Rückrechnung zu keinem stimmigen Ergebnis führen würde bzw. sich mit einer Rückaddition der angegebenen Über- weisungsbeträge ab 31. Dezember 2013 der Betrag von CHF 100'000.– nicht eru- ieren liesse, da sich daraus entweder ein Betrag von CHF 83'500.– oder aber von

        CHF 113'500.– ergäbe. Die Ausführungen der Klägerin bezüglich der Vielzahl von Überweisungsvorgängen über mehrere Jahre sind im Hinblick auf die behauptete Darlehensforderung daher als nicht ausreichend substantiiert anzusehen.

        Soweit die Klägerin nebst der Auflistung von Überweisungen in ihren Schriftsät- zen auf die eingereichten Bankkontoauszüge aus den Jahren 2010 bis 2015 ver- weist (act. 3/7.1-7.8), ohne diese zu integrierenden Bestandteilen ihrer Rechts- schriften zu erklären, bleibt Folgendes anzumerken: Nach der ständigen Recht- sprechung des Bundesgerichts (etwa Urteile vom 10. August 2015, 4A_264/2015

        E. 4.2 und vom 17. Oktober 2014, 4A_317/2014 E. 2.2) wie auch des Handelsge- richts des Kantons Zürich (etwa Urteile vom 5. April 2017, HG150238 E. 2.4 und vom 8. Juni 2015, HG130071 E. 3.1) würde der Behauptungslast damit nicht Ge- nüge getan, zumal sich auch aus den Beilagen die konkrete Zusammensetzung der abgetretenen Forderung über CHF 100'000.– gemäss Bilanz 2013 nicht ergibt. Die eingereichten Bankkontoauszüge geben lediglich die bereits in der Klageschrift und Replik aufgeführte Vielzahl an Überweisungsvorgängen samt Be- trägen wieder, die als solche unbestritten sind. Es fehlt wiederum an einer Zuord- nung durch die Klägerin, welche Überweisungen von Darlehenssummen zu dem in der Bilanz 2013 aufgeführten Betrag von CHF 100'000.– geführt haben sollen, der im Abtretungszeitpunkt nach wie vor Bestand hatte. Der pauschale Hinweis, dass die Überweisungen im Zeitraum der Jahre 2010 bis 2013 bzw. 2015 insge- samt mehr als die geforderten CHF 100'000.– umfassen würden, genügt hierfür, wie erwogen, nicht.

      4. Fazit

Wenngleich die Bankkontoauszüge Überweisungen von Darlehensbeträgen im Zeitraum 2010 bis 2015 in einem CHF 100'000.– übersteigenden Umfang zuguns- ten der Beklagten widerspiegeln, was als solches unbestritten ist, so lässt sich aus diesem Umstand nicht auf eine der Klägerin abgetretene Forderung über CHF 100'000.– aus Darlehen schliessen. Es mangelt an der Darlegung eines nachvollziehbaren Konnexes zwischen der Vielzahl von Überweisungen an die Beklagte über einen Zeitraum von mehreren Jahren einerseits und der in der Bi- lanz 2013 als Aktivum aufgeführten Position über präzise CHF 100'000.– ande- rerseits. Zur Geltendmachung abgetreten wurde der Klägerin, wie erwogen, eine

Masseforderung über CHF 100'000.– gegenüber der B.

Management SA,

welche in der Bilanz 2013 aufgeführt ist. Für einen darüber hinausgehenden Be- trag ist die Klägerin demnach nicht aktivlegitimiert. Der Klägerin als Abtretungs- gläubigerin hätte es damit oblegen, den Inhalt resp. die Zusammensetzung einer angeblichen Forderung aus Darlehen gemäss Bilanz 2013 per Stichtag der Abtre- tung darzulegen und zu belegen. Mit dem von ihr gewählten Vorgehen, eine Viel- zahl von Überweisungen der Gemeinschuldnerin an die Beklagte über einen mehrjährigen Zeitraum (2010 bis 2015) und über einen die Abtretungsforderung mehrfach übersteigenden Betrag darzulegen, um hiervon sodann teilklageweise einen präzise der abgetretenen Forderung entsprechenden Betrag von CHF 100'000.– geltend zu machen, vermag sie den Anforderungen an die Sub- stantiierung der Position von CHF 100'000.– zulasten der Beklagten gemäss Bi- lanz 2013 nicht zu genügen.

  1. Zusammenfassung

    Der Klägerin ist es nicht gelungen, eine im Zeitpunkt der Abtretung bestehende Forderung aus Darlehen rechtsgenüglich zu substantiieren und zu beweisen. Die Auslegung der Abtretungsverfügung der Konkursverwaltung sowie der Bilanz 2013 der Konkursitin führt zum Schluss, dass es sich bei dem abgetretenen, strit- tigen Rechtsanspruch um eine bilanziell aktivierte Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten handelt. Ein Anspruch auf Rückzahlung von CHF 100'000.– aus ei- ner damaligen Beteiligung der Konkursitin an der Beklagten besteht nicht. Die Un-

    terzeichnung der Bilanz 2013 der Konkursitin durch deren damaligen Verwal- tungsratspräsidenten stellt ungeachtet der gleichzeitigen Organstellung des Un- terzeichnenden bei der Beklagten keine Schuldanerkennung durch Letztere dar. Dementsprechend ist die Klage abzuweisen.

  2. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    1. Gerichtskosten

      Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG; Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG ZH). Sie richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG), welcher die Basis zur Berechnung der Grundgebühr bildet (§ 4 Abs. 1 GebV OG). Der Streitwert wird durch das Rechtsbegehren bestimmt (Art. 91 Abs. 1 ZPO) und beläuft sich vorliegend auf CHF 100'000.–. Bei diesem Streitwert beträgt die Gerichtsgebühr CHF 8'750.–. Ausgangsgemäss ist die Gerichtsgebühr der Klägerin als unterliegende Partei vollumfänglich aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Kosten sind aus dem von der Klägerin geleisteten Vorschuss zu bezie- hen (Art. 111 Abs. 1 ZPO).

    2. Parteientschädigungen

Einen Anspruch auf eine Parteientschädigung nach der AnwGebV haben diejeni- gen Parteien, die sich berufsmässig vertreten lassen (Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO). Fehlt es an einer berufsmässigen Vertretung, besteht ein Anspruch auf eine an- gemessene Umtriebsentschädigung (Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO). Eine solche ist nur dann geschuldet, wenn diese begründet wird. Parteien, die sich im Prozess durch eigene, angestellte Anwälte vertreten lassen, gelten dabei ebenfalls als nicht be- rufsmässig vertreten (MARTIN H. STERCHI, in HAUSHEER/WALTER [HRSG.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band I, Bern 2012, Art. 95 N 18; BENEDIKT A. SUTER/CRISTINA VON HOLZEN, in: SUTTERSOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER [HRSG.], Kommentar zur Schweizerischen Zi- vilprozessordnung, 3. Auflage, 2016, Art. 95 N 42). Vorliegend handelt es sich weder um eine berufsmässige Vertretung der Beklagten noch um eine Vertretung durch ihren unternehmensinternen (angestellten) Anwalt, sondern um einen

Rechtsanwalt einer Drittgesellschaft (E.

AG). In der mit Eingabe vom

27. Mai 2021 (act. 17) eingereichten Generalvollmacht mit Substitutionsbefugnis vom 25. Mai 2021 (act. 19) wurde die Pflicht des Vollmachtgebers zum Ersatz der entstehenden Kosten und angemessener Honorierung ihres Vertreters gestrichen. Unter den gegebenen Umständen hätte es der Beklagten oblegen, die Umtriebe im Einzelnen darzulegen. Dies ist unterblieben, weshalb der Beklagten keine Um- triebsentschädigung zuzusprechen ist.

Das Handelsgericht erkennt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 8'750.–.

  3. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und aus dem von der Klägerin ge- leisteten Kostenvorschuss bezogen.

  4. Es werden keine Partei- bzw. Umtriebsentschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.–.

Zürich, 23. November 2022

Handelsgericht des Kantons Zürich

Die Vizepräsidentin:

Dr. Claudia Bühler

Der Gerichtsschreiber:

Dr. Pierre Heijmen

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