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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HG200162
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HG200162 vom 30.08.2021 (ZH)
Datum:30.08.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Zusammenfassung : Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, verlangt in einem Gerichtsverfahren vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich von einem Einzelunternehmer die Rücknahme von 83'000 Atemschutzmasken und die Rückerstattung des Kaufpreises. Es geht um die Frage, ob die gelieferten Masken den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen. Das Gericht entscheidet, dass die gelieferten Masken dem vereinbarten Produkt entsprechen und weist die Klage ab. Die Klägerin wird verpflichtet, die Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu bezahlen. Der Richter ist Roland Schmid, und die Gerichtsschreiberin ist Dr. Melanie Gottini.
Schlagwörter : Maske; Masken; Vertrag; Parteien; Beklagte; Beklagten; Richt; Vertrags; -Maske; Recht; -Masken; Klage; Schutz; Wille; Zertifikat; Kaufvertrag; Käufer; Angebot; Bezeichnung; Willen; Verpackung; Schweiz; Preis; Aufdruck; Rücktritt; Mängel; Betreibung; Frist; Frist; ürde
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ; Art. 107 OR ; Art. 111 ZPO ; Art. 17 ZPO ; Art. 18 OR ; Art. 184 OR ; Art. 201 OR ; Art. 206 OR ; Art. 236 ZPO ; Art. 31 OR ; Art. 6 ZPO ; Art. 96 ZPO ;
Referenz BGE:127 III 83; 141 III 68; 76 II 225;
Kommentar:
-
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr.: HG200162-O U/mk

Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, und Oberrichterin Flurina Schorta, die Handelsrichter Dr. Daniel Hüssy, Bruno Rüegg und Hans-Jürg Roth sowie die Gerichtsschreiberin Dr. Melanie Gottini

Urteil vom 30. August 2021

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin

    vertreten durch Advokat lic. iur. X. ,

    gegen

  2. ,

    Beklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. , betreffend Forderung

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1. Es sei der Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag EUR 197'789.00, eventualiter CHF 209'824.00 und subeventualiter USD 216'298.00 jeweils zzgl. Zins zu 5% seit 05.05.2020 zu bezahlen (Mehrforderung vorbehalten), Zug um Zug gegen Rückerstattung der bei der Klägerin noch vorhandenen 83'000 Schutzmasken.

    2. Eventualiter sei festzustellen, dass der von den Parteien am 14.04.2020 abgeschlossene Kaufvertrag für die Klägerin einseitig unverbindlich ist und es sei der Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag von EUR 197'789.00, eventualiter CHF 209'824.00 und subeventualiter USD 216'298.00 jeweils zzgl. Zins zu 5% seit 05.05.2020 zu bezahlen (Mehrforderung vorbehalten), Zug um Zug gegen Rückerstattung der bei der Klägerin noch vorhandenen 83'000 Schutzmasken.

    3. Subeventualiter sei der Beklagte in teilweiser Wandlung des Kaufvertrags vom 14.04.2020 zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag von EUR 197'789.00, eventualiter CHF 209'824.00 und subeventualiter USD 216'298.00 jeweils zzgl. Zins zu 5% seit 05.05.2020 zu bezahlen (Mehrforderung vorbehalten), Zug um Zug gegen Rückerstattung der bei der Klägerin noch vorhande- nen 83'000 Schutzmasken.

    4. Es sei dem Kläger in der Betreibung Nr. des Betreibungsamtes Höfe über den Betrag von 209'824.00 zzgl. Zins zu 5% seit 02.07.2020 sowie Zahlungsbefehlskosten in Höhe von CHF

      195.30 Rechtsöffnung zu erteilen.

    5. Unter o/e Kostenfolge.

Sachverhalt und Verfahren
  1. Sachverhaltsübersicht

    1. Parteien und ihre Stellung

      Die Klägerin ist eine in C. /BL domizilierte Aktiengesellschaft, die die Herstellung und den Vertrieb von in der Schweiz bezweckt.

      Der Beklagte ist Inhaber des Einzelunternehmens D.

      mit Sitz in

      E. /SZ. Dessen im Handelsregister eingetragener Zweck ist die Erbringung von Dienstleistungen in den Geschäftsbereichen in der Schweiz und im Ausland.

    2. Prozessgegenstand

Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 14. April 2020 vom Beklagten 150'000 Atemschutzmasken zum Preis von USD 2.42 pro Maske zzgl. 7.7% MWST. Die Klägerin nahm die Masken am 30. April 2020 am Flughafen Zürich in Empfang und bezahlte den Kaufpreis in Absprache mit dem Beklagten in zwei Raten, nämlich EUR 107'246.98 per 17. April 2020 und EUR 250'243.00 per 5. Mai 2020. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten die Rücknahme der bei ihr verbliebenen 83'000 Masken gegen Erstattung des entsprechenden Kaufpreises mit der Hauptbegründung, dass die gelieferten Masken nicht dem vertraglich Vereinbarten entsprächen. Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.

B. Prozessverlauf

Die Klägerin reichte am 11. September 2020 (Datum Poststempel) die Klage über das eingangs wiedergegebene Rechtsbegehren beim Handelsgericht des Kantons Zürich ein (act. 1). Nach Eingang des von der Klägerin verlangten Kostenvorschusses von CHF 13'500.- (act. 4, act. 6) wurde dem Beklagten am 5. Oktober 2020 Frist zur Klageantwort angesetzt, die er innert der am 11. Dezember 2020 angesetzten Nachfrist am 5. Januar 2021 erstattete (act. 12; act. 7 und 9). Nach Delegation des Verfahrens (act. 14) teilte der Beklagte mit Schreiben vom

18. Januar 2021 mit, dass er nicht vergleichswillig sei und deshalb beantrage, auf die Durchführung einer Einigungsverhandlung zu verzichten (act. 16).

Das Verfahren wurde am 20. Januar 2021 mit dem zweiten Schriftenwechsel fortgesetzt (act. 17). Die Replik datiert vom 22. März 2021 (act. 19), die Duplik vom

8. Juni 2021 (act. 23). Mit deren Zustellung an die Klägerin (act. 25) trat der Aktenschluss ein.

Mit Verfügung vom 15. Juli 2021 wurde den Parteien Frist angesetzt zur Erklärung, ob sie auf die Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung - unter Vorbehalt der Durchführung eines Beweisverfahrens verzichten (Prot. S. 10). In der Folge erklärten beide Parteien entsprechend den Verzicht (act. 29 und act. 30).

Der Prozess erweist sich als spruchreif (Art. 236 Abs. 1 ZPO).

Erwägungen
  1. Formelles

    1. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts stützt sich unbestrittenermassen auf eine von den Parteien im Kaufvertrag vereinbarte Gerichtsstandsklausel (act. 3/3 und 3/19; act. 12 S. 2). Das Handelsgericht des Kantons Zürich ist gemäss Art. 17 ZPO und Art. 6 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG örtlich und sachlich zuständig.

    2. Die weiteren Prozessvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass.

  2. Materielles

    1. Umfeld

      Im Zuge der sich rasch ausbreitenden Infektionen mit dem COVID-19-Erreger entschied der Bundesrat am 16. März 2020, die Situation in der Schweiz neu als

      «ausserordentliche Lage» gemäss Epidemiengesetz einzustufen. Er verfügte ei- nen weitgehenden Lockdown und befristete die Massnahmen einstweilen bis

      19. April 2020. Eine allgemeine Maskenpflicht wurde in diesem Zeitpunkt noch nicht angeordnet. Die Versorgungslage mit medizinischen Gütern wie unter anderem Schutzmasken verschlechterte sich aber derart, dass der Bundesrat mit der Änderung der COVID-19-Verordnung 2 vom 3. April 2020 Massnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern erliess (vgl. SR 818.101.24).

    2. Sachverhalt

      Am 14. April 2020 unterzeichneten die Parteien einen Kaufvertrag über 150'000 Stück Respirator Masks Class FPP2 gem. EN 149:2001 zum Preis von USD

      2.42 (act. 3/3 und 3/19). Im Abschnitt Qualität/Normen findet sich folgender Text: Die Produkte erfüllen die Sicherheitsanforderungen der EG-Richtlinie 89/686/EWG (Persönliche Schutzausrüstungen) und tragen daher das CE- Zeichen. Die Produkte erfüllen die Anforderungen der Europäischen Norm EN 149:2001, filtrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikeln. Zu den Leistungsprüfungen dieser Norm gehören Filterdurchlass, Entflammbarkeit, Atemwi- derstand und die Gesamtleckage nach innen.

      Die von der Beklagten gelieferten und von der Klägerin am 30. April 2020 am Flughafen Zürich in Empfang genommenen Masken tragen die Bezeichnungen KN95 (eingeprägt) sowie CE|KN95 FFP2 NR EN 149:2001+A1:2009 (aufge- druckt) und wurden begleitet von einem Certificate of Conformity, wonach die self-absorbed particulate respirator (MASK) mit Parameters FFP2 dem Stan- dard EN 149:2001+A1:2009 entsprächen (act. 3/10). Die Kartonverpackung trägt den Aufdruck KN95 MASK (act. 3/11).

    3. Parteivorbringen

      1. Die Klägerin stellt sich auf den Standpunkt, die gelieferten Masken würden nicht dem entsprechen, was bestellt worden sei. Es handle sich nicht um FFP2- Masken, sondern um solche mit einer nicht offiziell existierenden Bezeichnung. Masken mit der Bezeichnung FFP2 würden der europäischen Prüfnorm EN 149- 2001 unterliegen, während KN95 für die chinesische Prüfnorm GB2626-2006 stehe. Eine Kombination dieser Normen gebe es nicht; bei der Norm KN95 fehle z.B. der Nachweis der Filtration von flüssigen Aerosolen. Sie, die Klägerin, sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass es sich bei den von ihr gekauften Masken um FFP2-Masken nach Prüfnorm EN 149:2001 handle (act. 1 S. 4 ff.). Erst aufgrund des Schreibens des Rechtsvertreters ihrer Abnehmerin F. ag vom

        4. Juni 2020 habe die Klägerin erkennen können, dass die Masken nicht dem vertraglich Vereinbarten entsprechen. Sie habe den Beklagten mit Schreiben vom

        15. Juni 2020 aufgefordert, die noch vorhandenen 83'000 Masken Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzunehmen (act. 1 S. 9). In rechtlicher Hinsicht macht die Klägerin geltend, es sei ihr ein aliud geliefert worden. Eventuell sei sie einem Grundlagenirrtum gemäss Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR erlegen, denn die vorausgesetzten Eigenschaften der Masken seien für sie von grundlegender Bedeutung gewesen. Nicht ausgeschlossen sei auch, dass sie der Beklagte bewusst getäuscht habe. Subeventuell seien die gelieferten Masken schliesslich als mangelhaft zu qualifizieren, was sie zur Wandlung und teilweisen Rückabwicklung des Vertrags berechtige (act. 1 S. 10 ff.).

      2. Der Beklagte führt aus, die Klägerin sei ein auf Schutzausrüstungen spezialisiertes Unternehmen, das sich mit den unterschiedlichen Zertifizierungen bes-

        tens ausgekannt habe. Aus den von den Parteien (G.

        für die Klägerin;

        H.

        für den Beklagten) praktisch ausschliesslich über WhatsApp geführten

        Verhandlungen sei ersichtlich, dass KN95-Masken gekauft worden waren und geliefert werden sollten (act. 12 S. 4 ff.). Die Klägerin habe die Masken bei der Übernahme am Flughafen Zürich geprüft, indem eine Schachtel geöffnet und die Produktbeschreibung untersucht worden sei (act. 12 S. 8). Massgeblich sei der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien, wobei sich aus den Willenserklärungen und den Umständen vor, während und nach Vertragsabschluss ergebe, dass ein Vertrag über KN95-Masken zustande gekommen sei (act. 12 S. 11 f.). Es liege keine Falschlieferung vor; die Klägerin habe innert Frist auch keine Mängelrüge erhoben und habe die Ware explizit genehmigt. Die Klägerin habe sich nicht in einem Irrtum befunden, und auch eine absichtliche Täuschung liege nicht vor. Entsprechend sei die Klage abzuweisen.

      3. Auf diese und die weiteren Vorbringen der Parteien ist im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen einzugehen, soweit es für die Entscheidfindung erforderlich ist.

    4. Rechtliches

      Durch den Kaufvertrag verpflichten sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen (Art. 184 Abs. 1 OR). Ein Gattungskauf liegt vor, wenn der Kaufgegenstand bloss der Gattung nach, d.h. nach einheitlichen Merkmalen (Qualität) und nach Mass, Zahl Gewicht (Quantität) bezeichnet ist (vgl. zur Gattungsschuld WULLSCHLEGER, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Obligationenrecht - Allgemeine Bestimmungen, Art. 1-183 OR, 3. Aufl. 2016, Art. 71 N 2). Liefert der Verkäufer eine Sache, die nicht der vereinbarten Gattung angehört, so handelt es sich nicht um eine Schlechtlieferung, sondern um eine Falschlieferung (aliud). Die Abgrenzung ist von Bedeutung, wenn auf die aliud-Lieferung nicht die Sachmängelvorschriften, sondern Art. 97 ff. OR anwendbar sind. Nach herrschender Lehre entfällt beim Kaufvertrag bei Lieferung eines aliud die im Rahmen der Sachgewährleistung geltende Obliegenheit der sofortigen Mängelrüge (Art. 201 f. OR), und die kurzen Klagefristen von Art. 210 bzw. 219 Abs. 3 OR sind nicht anwendbar. Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch, der nicht mit dem Nachlieferungsanspruch von Art. 206 Abs. 1 OR identisch ist, besteht fort. Der Käufer kann nur nach den Verzugsregeln zurücktreten, was grundsätzlich eine Nachfristansetzung voraussetzt (vgl. zum Ganzen HONSELL, in: Widmer Lüchinger/Oser [Hrsg.], Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl. 2020, Art. 206 N 2 und 3; WULLSCHLEGER, a.a.O., Art. 71 N 16 ff. m.w.H.).

      Nach ständiger Rechtsprechung hat der Käufer die Wahl, ob er bei sachlich mangelhafter Erfüllung durch den Verkäufer gemäss Art. 197 ff. OR auf Gewährleistung klagen den Vertrag wegen eines Willensmangels im Sinne der Art. 23 ff. OR anfechten will. Insbesondere ist die Anfechtung wegen absichtlicher Täuschung wahlweise neben der Sachgewährleistung zulässig. Dabei hat sich der Käufer aber bei seinem Entschluss für einen der ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe behaften zu lassen. Entscheidet er sich insbesondere für die Gewährleistung, so genehmigt er gleichzeitig den Vertrag nach Art. 31 OR, da die

      Sachmängelregelung den Vertragsabschluss voraussetzt (BGE 127 III 83 E. 1.b mit weiteren Hinweisen).

    5. Würdigung

      1. Die Parteien sind nicht einig, was Gegenstand ihres Vertrages geworden ist. Während sich die Klägerin auf die im schriftlichen Vertrag enthaltene Formulierung Respirator Masks Class FPP2 [gemeint: FFP2] gem. EN 149:2001 beruft, behauptet der Beklagte eine tatsächliche Willenseinigung über KN95-Masken.

        Der Wortlaut des Vertrags ist unbestritten und wurde oben in Ziff. 2.2 auszugsweise wiedergegeben. Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist gemäss Art. 18 Abs. 1 OR jedoch der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. Die Behauptungs- und Beweislast für den vom Wortlaut abweichenden Sinn des Vertrags und den diesbezüglichen Willen der Parteien trägt die Partei, die sich darauf beruft, vorliegend mithin der Beklagte.

        Der Beklagte beruft sich auf die inhaltlich unbestrittene Kommunikation der Parteien mit WhatsApp, die in act. 13/1 in den Akten liegt (act. 12 S. 4 ff.). Danach erkundigte sich der Beklagte (H. ) am 9. April 2020 bei der Klägerin (G. ) nach Liefermöglichkeiten für 50'000 FFP2-Masken alle 10 Tage. G. antwortete unter Beilage von drei Fotos, dass die Klägerin solche Masken in der folgenden Woche erhalten würde, jedoch zum Preis von ca. CHF 3.60. H. teilte mit, er habe jemanden, der FFP2-Masken prompt liefern könnte für USD 2.56. Auf entsprechende Frage liess H. G. ein Foto und ein Zertifikat zukommen (act. 13/1 S. 1-3). G. wandte ein, auf dem Zertifikat stehe nichts von FFP2, auf seinem hingegen schon (act. 13/1 S. 4). H. teilte mit, er frage nach und melde sich sobald als möglich. In der Folge stellte er G. das KN95 test report.pdf (POCE, act. 13/8) sowie das CE certification.pdf (act. 13/6) zu und stellt in Aussicht, dass er nach Rabatt frage (act. 13/1 S. 5). Kurze

        Zeit später stellte H.

        das Foto einer Maske mit dem Vermerk $1.89 ex

        works zu (act. 13/1 S. 6 f.), worauf G. sich nach Bildern der Verpackung erkundigte (act. 13/1 S. 7). Am 11. April 2020 meldete sich H. mit zwei finalen Angeboten, die man heute abschliessen müsse, nämlich Angebot 1 FFP2 vermerkt auf der Maske EN 149:2001+A1:2009 @USD 2.43 DDP CH (mit Foto) und Angebot 2 KN95 mit CE Zertifikat mit KN95 Aufdruck auf der Maske @USD 2.12 DAP Zurich airport (mit Foto; act. 13/1 S. 9 f.). Nach weiterer Kommunikation über die Verpackungsgrössen und Dokumente (act. 13/1 S. 10 f.) teilte H. mit, der preiswertere Anbieter könnte CE FFP2 aufdrucken, benötige aber ca. 2 Wochen. Er benötige diese dringend, weshalb er versuche, den Preis noch ein

        wenig zu drücken, dann den Vertrag unterzeichnen und G.

        ein Exemplar

        schicken werde, wenn dies in Ordnung sei (act. 13/1 S. 11). G. antwortete zu den Verpackungsgrössen und erklärte, zwei Wochen seien zu lange, Dann machen wir ohne FFP2 (act. 13/1 S. 12). In der weiteren Korrespondenz unterhielten sich H. und G. über ein früheres und ein anderes Angebot, ei- ne künftige neue Bestellung, die Marktentwicklung, die genaue Abwicklung des Geschäfts und die Exportmöglichkeiten nach Deutschland (act. 13/1 S. 13-18). Am 12. April 2020 meldete sich H. mit dem Entwurf des Kaufvertrags und der Mitteilung, er sei jetzt vorab das Risiko eingegangen und habe die Gesamtmenge gekauft (act. 13/1 S. 19). G. entschied sich für das Angebot B und erkundigte sich nach etwas Luft hinsichtlich des Preises (act. 13/1 S. 20). Nach-

        dem H.

        in Aussicht gestellt hatte, er werde bei der I.

        nach einem

        Nachlass fragen, erklärte G. , das wäre perfekt, ansonsten passe der Vorschlag für ihn; weiter ersuchte er um Zustellung der finalen Bilder der Masken inkl.

        Verpackung (act. 13/1 S. 21). Am 14. April 2020 fragte H.

        nach der Geschäftsmail der Klägerin und sandte ein Video der Verpackung und ein Bild der Masken (act. 13/1 S. 25; act. 13/13-14). Zudem unterhielten sich die Parteien über weitere Geschäfte mit chirurgischen Masken. Am 15. April 2020 sandte G. ein Foto des unterzeichneten Vertrags und teilte mit, die Zahlung werde heute ausgelöst (act. 13/1 S. 29 f.).

        Die Kommunikation der Parteien im Vorfeld des Vertragsabschlusses zeigt klar, dass sich ihr Interesse auf FFP2-Masken bezog, jedoch ebenso, dass die unterschiedlichen Bezeichnungen auf den Masken, den Verpackungen und den Zertifikaten bzw. Testreports bereits vor Abschluss des Vertrags thematisiert wurden. Die schliesslich am 11. April 2020 zur Verfügung stehenden Angebote unterschieden sich sowohl im Preis als auch in der Bezeichnung, wobei die gewählte

        günstigere Variante den Aufdruck FFP2 nicht trug und man sich dafür entschied, dies auch nachträglich nicht noch anbringen zu lassen. Selbst wenn die im Vertrag verwendete Artikelbeschreibung somit Respirator Masks Class FFP2 gem. EN 149:2001 lautete, nahmen die Parteien in Kauf, dass diese Qualität zumindest auf der Maske selbst nicht zum Ausdruck kommen würde. Die am Tag der Unterzeichnung weitergeleiteten Bilder zeigen einen Karton, der dem schliesslich gelieferten entspricht (act. 3/11; act. 13/13), während die Masken die Prägung KN95 und den Aufdruck EN149:2001 FFP2 CE KN95 zeigten (act. 13/14), mithin eine Kombination der beiden Bezeichnungen, wie sie auch die später gelieferten Masken tragen (act. 3/10). Es ergibt sich somit, dass die Parteien sich auf ein Produkt einigten, das nicht nur und ausschliesslich als FFP2-Maske bezeichnet wurde, und im Lauf der Verhandlungen sogar übereinstimmend Masken vom Typ KN95 mit CE Zertifikat mit KN95 Aufdruck auf der Maske akzeptierten.

        Was die Klägerin für ihren gegenteiligen Standpunkt anführt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Soweit sie sich in ihren Rechtsschriften praktisch durchwegs auf die Parteibefragung/Beweisaussage beruft und damit die Aussagen von J. , ihres Verwaltungsratspräsidenten, resp. G. meint (act. 1

        S. 3; act. 19 S. 3; act. 1 und 19), hat eine Beweisabnahme bereits deshalb zu unterbleiben, weil die Klägerin nicht konkretisiert, zu welchen substantiiert aufgestellten Behauptungen dieses Beweismittel angerufen wird. Sodann trifft es zwar zu, dass die gelieferten Masken (act. 3/10) nicht genau dem am 14. April 2020 zugestellten Bild entsprechen (act. 13/14), indem die Prägung KN95 und die aufgedruckte Beschriftung auf der jeweils anderen Seite der Maske angebracht sind und der Aufdruck nicht vollständig identisch ist. Inhaltlich handelt es sich jedoch, wie gesehen, um dieselbe Kombination von KN95 und FFP2, verbunden mit CE EN 149:2001. Soweit die Klägerin beanstandet, die gelieferten Masken würden sich hinsichtlich der Nasenklammer von den Abbildungen im mitgelieferten Zertifikat unterscheiden (act. 1 S. 7), so ergibt sich aus der Korrespondenz der Parteien, dass der Beklagte der Klägerin bei Vertragsabschluss Bilder von Masken weiterleitete, auf welchen die Nasenklammern ebenfalls nicht in den Zellstoff eingeschweisst waren, gleich, wie diejenige gemäss act. 3/10.

        Hinsichtlich der verschiedenen Zertifikate ist festzuhalten, dass der Hersteller der gekauften Masken von den Parteien nicht diskutiert wurde. Dass die Zertifikate, die die Klägerin dem Beklagten zukommen liess (act. 3/13) bzw. der Beklagte der Klägerin zustellte (act. 13/3, 13/6, 3/14=13/8), zu den diversen weitergeleiteten Angeboten passten und insbesondere zum schliesslich gewählten letzten Angebot gehörten, lässt sich der Kommunikation der Parteien nicht entnehmen. Die Klägerin interessierte sich am 12. April 2020, als sie sich für eine Verpackungsvariante entschied, denn auch vorab für den Preis und ersuchte um Zustellung der finalen Bilder der Masken inkl. Verpackung, nicht aber um Nachweis eines Zertifikats. Anhaltspunkte dafür, dass ein solches in diesem Zeitpunkt für sie von massgeblicher Bedeutung gewesen wäre, finden sich nicht. Auszuschliessen ist, dass das mit den Masken mitgelieferte Zertifikat samt Testbilder (act. 3/10) für die Klägerin bei Vertragsschluss relevant gewesen sein konnte, da sie nicht geltend macht, dieses vor Lieferung der Masken am 30. April 2020 erhalten zu haben.

        Die Klägerin beantragt an verschiedener Stelle die Einholung eines Gutachtens, wobei sie sich aber auf den Standpunkt stellt, dass der Nachweis der Lieferung vertragskonformer Ware dem Beklagten obliege (act. 1 S. 7 f.). Es fragt sich damit bereits, ob die Klägerin die Abnahme dieses Beweises zu ihren Gunsten tatsächlich beantragt hat. Das kann jedoch dahin gestellt bleiben. Ergibt sich bereits aufgrund der im Recht liegenden Unterlagen, dass sich die Parteien unabhängig vom Vorliegen und der Erfüllung von Testanforderungen und Prüfzertifikaten auf einen konkreten Kaufgegenstand einigten, so vermöchte dieses Ergebnis nicht in Frage gestellt werden durch den Nachweis, dass die gelieferten Masken den Anforderungen an eine FFP2-Maske tatsächlich nicht genügten.

        Die Klägerin macht geltend, sie vertreibe in erster Linie Schutzausrüstung im Baugewerbe, weshalb es für sie essenziell gewesen sei, dass es sich um FFP2- Masken und nicht lediglich um Pandemiemasken handelte (act. 1 S. 7). Wie ausgeführt trifft es zu, dass sich die Parteien zunächst über FFP2-Masken austauschten, wobei sie sich in der Folge auf ein konkretes Angebot einigten. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, dass sie die Verwendung der Masken im Baugewerbe und die zwingende Erfüllung der entsprechenden Anforderungen gegenüber dem Beklagten deklariert hätte. Aus der Kommunikation der Parteien ergibt sich vielmehr, dass sie das Geschäft vor dem Hintergrund der sich verknappenden Versorgungslage mit Schutzmasken im In- und Ausland abschlossen. In der ersten Nachricht wird seitens des Beklagten eine Grossanfrage aus Italien thematisiert (act. 13/1 S. 1), im weiteren Verlauf werden die Exportmöglichkeiten in die EU besprochen und dabei die bundesrätliche Bewilligungspflicht erwähnt (act. 13/1

        S. 16 ff.). Der gleichzeitig stattfindende Austausch über chirurgische Masken (act. 13/1 S. 22 ff. und 39 ff.) zeigt ebenfalls, dass die Parteien sich der aktuell grossen Nachfrage und der erheblichen Margen bewusst waren (vgl. z.B. act. 13/1 S. 43 f.). Selbst wenn die Klägerin spezialisiert ist auf Schutzausrüstung im Baugewerbe, zeigen die ausgetauschten Nachrichten die Bereitschaft der Parteien, die Gelegenheit zu nutzen und von der aktuellen Lage zu profitieren.

        Insgesamt bleibt es dabei, dass von einer Einigung der Parteien auf einen Kaufgegenstand auszugehen ist, der sowohl die Prägung KN95 als auch den Aufdruck EN149:2001 FFP2 CE KN95 trug, ohne sich dabei auf eine konkrete Zertifizierung als FFP2-Maske zu verlassen.

        Angesichts des Ergebnisses der vorstehenden Erwägungen erweist sich der Standpunkt der Klägerin, sie habe von der Beklagten eine Falschlieferung erhalten, als unzutreffend. Geliefert wurde ihr vielmehr ein Produkt, das dem während den Vertragsverhandlungen näher Eingegrenzten bis auf geringfügige Abweichungen entspricht (vgl. oben und Ziff. 2.2).

      2. Dem Standpunkt der Klägerin wäre aber auch dann nicht zu folgen, wenn sie statt der vereinbarten FFP2-Masken KN95-Masken erhalten hätte, was sie gemäss ihrer Behauptung erst aufgrund der Reklamation von F. ag am 4. Juni 2020 festgestellt hätte.

        Wie in Ziff. 2.4 dargelegt, hat der Käufer nach der herrschenden Lehre bei der Falschlieferung nicht gemäss dem Sachmängelrecht vorzugehen. Vielmehr besteht der ursprüngliche Erfüllungsanspruch fort; der Käufer kann nach Art. 107 OR vorgehen, und auch ein Rücktritt kann, wenn Lieferung noch möglich ist, nicht über Art. 206 Abs. 1 OR (Wandlung) erfolgen, sondern nur über Art. 107 OR, d.h.

        also, dass eine Nachfristansetzung notwendig ist (HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 10. Aufl. 2017, S. 146 m.H.u.a. auf BGE 121 III

        453).

        Die Klägerin behauptet nicht, dass sie vom Beklagten die Erfüllung des Vertrags verlangt bzw. ihm eine Frist zur nachträglichen Erfüllung des Vertrags angesetzt habe. Sie macht auch nicht geltend, dass sie nach Ausbleiben der nachträglichen Erfüllung ihr Wahlrecht gemäss Art. 107 Abs. 2 OR ausgeübt und den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe. Sie bringt einzig vor, dass sie vom Beklagten mit Schreiben vom 15. Juni 2020 die Rücknahme der verbleibenden Masken und die Rückerstattung des Kaufpreises verlangt habe (act. 3/15). Wörtlich führte sie darin aus: Meine Mandantin ist nicht verpflichtet, etwas zu akzeptieren, was sie nicht bestellt hat und sie kann auch die Wandelung des Kaufes gemäss Art. 205 ff. OR geltend machen (act. 3/15 S. 1 unten). Dieses Schreiben, das sich nur auf die bei der Klägerin verbliebenen 83'000 von 150'000 gelieferten Masken bezog, kann jedenfalls nicht als eindeutige Rücktrittserklärung verstanden werden, da es sich einerseits nur auf einen Teil der Ware bezog und kein Rücktritt vom gesamten Vertrag erklärt wurde, und da es sich andererseits auch auf Mängelrechte gemäss Art. 205 ff. OR berief. Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht darlegt, weshalb sie zum (allfälligen Teil-) Rücktritt ohne Ansetzung einer Nachfrist berechtigt gewesen wäre. Nach der gesetzlichen Regelung ist eine Frist zur nachträglichen Erfüllung nicht erforderlich in den Fällen von Art. 108 Ziff. 1 bis 3 OR. Mangels diesbezüglicher Behauptungen der Klägerin ist jedoch nicht zu prüfen, ob und welcher dieser Sachverhalte vorliegend gegeben sein könnte.

        Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für einen Rücktritt nicht dargetan wurden, weshalb weiterhin vom Bestand des Vertrages auszugehen wäre, selbst wenn der Klägerin ein aliud geliefert worden wäre.

      3. Wäre entgegen dem Hauptstandpunkt der Klägerin von einer mangelhaften Sache auszugehen, so hätte die Klägerin gemäss Art. 201 OR rügen müssen. Sie behauptet, der Mangel sei für sie zunächst nicht erkennbar gewesen und erst

        aufgrund des Schreibens der F.

        ag zutage getreten. Gemäss Art. 201

        Abs. 3 OR sind solche Mängel sofort nach der Entdeckung zu rügen. Was unter

        sofort zu verstehen ist, wird nach der Rechtsprechung nicht genau definiert. Das Bundesgericht hielt in einem unveröffentlichten Entscheid (Urteil 4A_399/2018 vom 8. Februar 2019, E. 3.2) fest, die angemessene Rügefrist sei nach Massgabe der konkreten Umständen, namentlich der Natur des Mangels, zu bestimmen. In früheren Entscheiden wurde eine Frist von 4 Tagen noch als rechtzeitig bezeich- net (BGE 76 II 225); entgegen vereinzelter Meinungen wird eine starre Beschränkung auf eine Woche abgelehnt (vgl. HONSELL, a.a.O., Art. 201 N 11 m.w.H.).

        Die Klägerin macht geltend, sie habe mit dem Beklagten, unmittelbar nachdem ihre Abnehmerin Bedenken angemeldet habe, Kontakt aufgenommen. So habe sie sich am 7. Mai 2020 telefonisch an H. gewandt und dem Beklagten auch das Schreiben der F. ag vom 4. Juni 2020 weitergeleitet (act. 19 S. 9 f.). Damit behauptet die Klägerin jedoch nicht substantiiert, dass sie gegenüber dem Beklagten bereits in diesem Zeitpunkt eine Mängelrüge erhoben habe, sondern nur, dass sie diesen über die Einwände ihrer Abnehmerin in Kenntnis gesetzt hatte. Eine eigentliche Beanstandung behauptet die Klägerin erst mit dem Schreiben vom 15. Juni 2020, mit welchem sie unter Bezugnahme auf die am 4. Juni 2020 erfolgte Reklamation der F. ag die Rücknahme der Masken verlangte (act. 3/15). Dieses Schreiben, soweit es seinem Inhalt nach überhaupt den Anforderungen an eine Mängelrüge genügt, ist mithin erst elf Tage nach dem Zeitpunkt verfasst worden, an dem die Klägerin nach eigenen Angaben sichere Kenntnis vom Mangel erhalten hat. Angesichts der konkreten Umstände - die Klägerin war seit dem 7. Mai 2020 mit ihrer Abnehmerin in Kontakt, behaftete diese mit Schreiben vom 12. Mai 2020 auf den ihrer Meinung nach gültig zustande gekommenen Kaufvertrag (act. 20/19) und unterrichtete den Beklagten mit E-Mail vom 4. und

        8. Juni 2020 darüber, dass der Kunde die Masken zurück geben wolle, und erkundigte sich beim Beklagten nach dem Hersteller und NB Nummer sowie weiteren Unterlagen (act. 20/20) kann dies nicht mehr als sofort gelten. Die Mängelrüge wäre als verspätet zu qualifizieren mit der Folge, dass die Sache als genehmigt gilt (Art. 201 Abs. 3 OR).

        Bei diesem Ergebnis braucht nicht näher auf die Vorbringen des Beklagten eingegangen zu werden, wonach die Klägerin die Masken bereits genehmigt habe, indem sie die Ware bei ihrer Übernahme am Flughafen Zürich geprüft und gleichentags bestätigt habe, dass Alles super sei und lediglich die Packungsgrösse nicht dem Bestellten entspreche (act. 12 S. 8), und indem sie zudem einen erheblichen Teil der Masken verkauft habe, zumindest teilweise unter der Bezeichnung KN95- Masken (act. 12 S. 12; act. 23 S. 5).

      4. Die Klägerin beruft sich schliesslich auch auf das Vorliegen von Willens- mängeln und behauptet, sie sei einem Grundlagenirrtum, eventuell einer absichtlichen Täuschung erlegen. Wie dargelegt hat der Käufer zwar grundsätzlich die Wahl, ob er bei sachlich mangelhafter Erfüllung durch den Verkäufer gemäss Art. 197 ff. OR auf Gewährleistung klagen den Vertrag wegen eines Willensmangels im Sinne der Art. 23 ff. OR anfechten will. Dabei hat sich der Käufer aber bei seinem Entschluss für einen der ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe behaften zu lassen. Entscheidet er sich insbesondere für die Gewährleistung, so genehmigt er gleichzeitig den Vertrag nach Art. 31 OR, da die Sachmängelregelung den Vertragsabschluss voraussetzt (BGE 127 III 83 E. 1.b mit weiteren Hinweisen). Die Klägerin berief sich in ihrem Schreiben vom 15. Juni 2020 darauf, dass der Vertrag nicht richtig erfüllt worden sei, weshalb sie nicht verpflichtet sei, Ware zu akzeptieren, die sie nicht bestellt habe, und sie könne auch die Wandlung gemäss Art. 205 ff. OR geltend machen. Die Klägerin hat sich mithin alternativ auf eine Falschlieferung auf eine Schlechtlieferung berufen, nicht aber darauf, dass sie sich bei Abschluss des Vertrages in einem wesentlichen Irrtum befunden habe durch absichtliche Täuschung zum Abschluss des Vertrags verleitet worden sei. Eine Anfechtung des Vertrags wegen eines Willensmangels kann in dieser Erklärung nicht gesehen werden. Der Klägerin ist damit die nachträgliche Berufung auf Art. 23 ff. OR verwehrt.

    6. Im Ergebnis erweist sich die Klage als unbegründet, weil sich die Parteien auf einen Kaufgegenstand einigten und ein diesem entsprechendes Produkt geliefert wurde. Selbst wenn die Klägerin jedoch statt der vereinbarten FFP2-Masken KN95-Masken erhalten hätte, wäre ihre Klage abzuweisen, da die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag nicht vorliegen würden, keine rechtzeitige

      Mängelrüge erhoben worden wäre und von einer Genehmigung des Vertrags auszugehen wäre, was die Berufung auf Willensmängel ausschliesst.

    7. Der Beklagte stellt zusätzlich zur Abweisung der Klage den Antrag, das Betreibungsamt Höfe sei anzuweisen, die Betreibung Nr. gegen den Beklagten über den Betrag von CHF 204'936.47, zuzüglich Zins zu 5% seit 2.7.2020 sowie Zahlungsbefehlskosten von CHF 195.30 zu löschen (act. 12 S. 2). Eine entsprechende Anweisung erübrigt sich. Eine förmliche Aufhebung der Betreibung im Urteilsdispositiv ist für die Verweigerung des Einsichtsrechts ins Betreibungsregisters gestützt auf Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG nicht erforderlich (vgl. W EINGART, in: Kren Kostkiewicz/Vock [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs SchKG, 4. Aufl. 2017, Art. 8a N 41; BGE 141 III 68 E.

      2.6.1.1 m.w.H.).

  3. Zusammenfassung

    Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.

  4. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    1. Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Der Streitwert beträgt EUR 197'789.bzw. (umgerechnet in Schweizer Franken zum Kurs im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit von 1.07685) CHF 212'989.-. In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG ist die Gerichtsgebühr auf CHF 13'500.festzusetzen und ausgangsgemäss der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Kosten sind aus dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss zu decken (Art. 111 Abs. 1 ZPO).

    2. Ausserdem hat die Klägerin als unterliegende Partei dem Beklagten eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 106 Abs. 1 ZPO), die nach der Anwaltsgebührenverordnung vom 8. September 2010 (AnwGebV) zu bemessen ist (Art. 105 Abs. 2 und Art. 96 ZPO). In Anwendung von §§ 2, 4 und 11 AnwGebV ist die Parteientschädigung auf rund 110% der Grundgebühr, entsprechend CHF 18'000.-,

festzusetzen. Mangels Darlegung der fehlenden Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist die Parteientschädigung praxisgemäss ohne Mehrwertsteuerzuschlag zuzusprechen.

Das Handelsgericht erkennt:
  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 13'500.-.

  3. Die Kosten werden der Klägerin auferlegt und aus dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss bezogen.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 18'000.zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien.

  6. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 212'989.-.

Zürich, 30. August 2021

Handelsgericht des Kantons Zürich

Vorsitzender:

Roland Schmid

Gerichtsschreiberin:

Dr. Melanie Gottini

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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