Zusammenfassung des Urteils HG180220: Handelsgericht des Kantons Zürich
Die Klägerin und Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde zurückgezogen, da sie einen Vergleich mit der Beklagten geschlossen hat. Sie übernimmt die vollständigen Gerichtskosten und zahlt der Beklagten eine Prozessentschädigung von Fr. 1'500.-. Das Verfahren wird abgeschrieben, die Gerichtsgebühr beträgt Fr. 500.- und die Klägerin muss der Beklagten die Prozessentschädigung zahlen. Der Richter ist Dr. L. Hunziker Schnider, die Gerichtskosten betragen Fr. 500.-, die verlierende Partei ist weiblich (d), und die Klägerin wird zur Zahlung von Fr. 1'500.- an die Beklagte verpflichtet.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | HG180220 |
Instanz: | Handelsgericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.05.2019 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_235/2019 |
Leitsatz/Stichwort: | Herausgabe |
Schlagwörter : | Rücktritt; Rechtsanwalt; Rücktrittsschreiben; Gesellschaft; Person; Komplementär; Beklagten; Klage; Vereinbarung; Personen; Personengruppe; Herausgabe; Kommanditgesellschaft; Rücktrittsschreibens; Gruppe; Gesellschafter; Mitglied; Rechtsbegehren; Anwalt; Anspruch; Gericht; Vertrags; Streitwert; Aufbewahrung; Parteien; Handelsregister; Eingabe; Entschädigung; Klägers |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 221 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 52 ZPO ;Art. 530 OR ;Art. 543 OR ;Art. 58 ZPO ;Art. 59 ZPO ;Art. 6 ZPO ;Art. 91 ZPO ; |
Referenz BGE: | 110 V 134; 137 III 617; |
Kommentar: | -, Kommentar ZPO, Art. 95 ZPO, 2016 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Handelsgericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr.: HG180220-O U/ei
Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, und Ersatzoberrichterin Franziska Egloff, die Handelsrichter Dr. Thomas Lörtscher, Thomas Klein und Dr. Felix Graber sowie der Gerichtsschreiber Dr. Benjamin Büchler
in Sachen
,
Kläger
gegen
C. D. AG,
Beklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X2.
betreffend Herausgabe
(act. 1 S. 2)
Lic. iur. X1. habe das bei B. C. D. AG hinterlegte Rücktrittsschreiben von E. , unrechtmässiger Komplementär der Kommanditgesellschaft F. , E'. & C., [Adresse], an A. , Kommanditär der oben genannten Kommanditgesellschaft, herauszugeben, zwecks Löschung von E. und Neueintragung von A. als Komplementär im Handelsregisteramt Zürich, alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beklagten.
Sachverhaltsübersicht
Parteien und ihre Stellung
Der Kläger ist Kommanditär der Kommanditgesellschaft F. , E'. & Co. (fortan Kommanditgesellschaft), deren Zweck in der Verwaltung und Nutzung eigener Liegenschaften, insbesondere der Liegenschaft F. am [Adresse] in Zürich, besteht. Die Beklagte ist eine im 2008 im Handelsregister als Aktiengesellschaft eingetragene Anwaltskanzlei (act. 10/1).
Prozessgegenstand
Der Kläger klagt auf Herausgabe eines im Jahre 2004 bei Rechtsanwalt lic. iur. X1. , Partner der nachmaligen Beklagten, hinterlegten undatierten Rücktrittsschreibens von E. , seit 2004 Komplementär der Kommanditgesellschaft.
Prozessverlauf
Am 21. November 2018 reichte der Kläger die Klage hierorts ein (act. 1). Nach fristgerechtem Eingang des ihm mit Verfügung vom 23. November 2018 (act. 3) auferlegten Kostenvorschusses wurde der Beklagten mit Verfügung vom
28. November 2018 (act. 6) Frist zur Erstattung der Klageantwort angesetzt, welche am 10. Dezember 2018 (act. 9) einging. Am 21. Januar 2019 reichte der Kläger unaufgefordert eine als Beweisantrag bezeichnete Eingabe (act. 13) ein, die der Beklagten mit Verfügung vom 28. Januar 2019 (act. 14) zugestellt wurde. Mit Eingabe vom 30. Januar 2019 (act. 17) ersuchte die Beklagte um Durchführung des zweiten Schriftenwechsels, welcher mit Verfügung vom 18. Februar 2019 (act. 18) angeordnet wurde. Die Replik datiert vom 22. Februar 2019 (act. 22). Mit Eingabe vom 24. Februar 2019 (act. 24) verzichtete die Beklagte auf Erstattung der Duplik und hielt an ihren Ausführungen in der Klageantwort fest. Zugleich verzichtete sie - unter Vorbehalt eines Beweisverfahrens auf Durchführung der mündlichen Hauptverhandlung. Desgleichen verzichtete der Kläger mit Eingabe vom 11. März 2019 (act. 27) fristgerecht auf Durchführung der Hauptverhandlung.
Das Verfahren erweist sich als spruchreif, weshalb ein Urteil zu ergehen hat (Art. 236 Abs. 1 ZPO).
1. Formelles
Die örtliche Zuständigkeit ist unbestritten. Die sachliche Zuständigkeit (Art. 6 ZPO i.V.m. § 44 lit. b GOG) setzt einen CHF 30'000 übersteigenden Streitwert voraus. Die Beklagte stellt vorsorglich einen Nichteintretensantrag mit der Begrün- dung, der Kläger habe den Streitwert im Schlichtungsverfahren als unter CHF 30'000 bezeichnet (act. 9 Rz. 5). Lautet das Rechtsbegehren, wie vorliegend, nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien nicht darüber einigen ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Art. 91 Abs. 2 ZPO). Der Kläger führt mit Replik aus, dass er mit der Klage auf Herausgabe des Rücktrittschreibens seine Einsetzung als Komplementär der Kommanditgesellschaft bezwecke. Da jedem Komplementär für dessen Bemühungen während der maximal zwölf Jahre dauernden Amtszeit eine jährliche Entschädigung von CHF 15'000 zustehe (act. 21/2), belaufe sich das Interesse des Klägers nach Abzug von Steuern und Ausgaben netto auf ca. CHF 100'000 (act. 20 S. 3). Dem widersprach die Beklagte mit Eingabe vom
6. März 2019 (act. 24) unter Verweis auf ihre Ausführungen mit Klageantwort
nicht. Die vom Kläger angeführten Kriterien der Amtsdauer und jährlichen Entschädigung werden durch die Akten gestützt (act. 2/2 Ziff. 12, act. 21/2). Der Streitwert ist daher anhand der genannten Kriterien ermessensweise auf CHF 100'000 festzusetzen. Nachdem auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Klage einzutreten (Art. 59 Abs. 1 ZPO).
Anspruch auf Herausgabe des Rücktrittsschreibens
Unbestrittener Sachverhalt
Der Kläger ist Mitglied der Personengruppe E'. , die zusammen mit der Personengruppe G. die eingangs erwähnte Kommanditgesellschaft bil-
det. Die rund 20 Mitglieder der beiden Personengruppen (E'.
und
) sind die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft und die Eigentümer der von dieser verwalteten Liegenschaften. Die beiden Personengruppen stellen je einen Komplementär (Art. 5 des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft von 1991, act. 2/3).
Bis Ende Mai 2004 war H. , wie der Kläger Mitglied der Personengruppe E'. , Komplementärin (act. 2/4). Ihr Nachfolger als Komplementär aus
den Reihen der Gesellschafter der Personengruppe E'.
ist E. , der
dementsprechend seit Ende Mai 2004 als Komplementär der Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen (act. 2/4).
übersandte mit Schreiben vom 17. März 2004 (act. 10/4) ein unda-
tiertes Rücktrittsschreiben von E.
zur Aufbewahrung an Rechtsanwalt
X1. , Partner der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht als AG auftretenden Anwaltskanzlei B. C. (&) D. .
Es ist unbestritten, dass zwischen H. und Rechtsanwalt X1. in den Jahren 2002 bis 2008 ein Mandatsverhältnis bestand und H. ihm gegenüber folglich weisungsbefugt ist (act. 20 S. 7 letzter Absatz). Ebenso ist unbestritten, dass zwischen Rechtsanwalt X1. resp. der Beklagten und dem Kläger kein Mandatsverhältnis bestand besteht (act. 20 S. 5 zu Nr. 11). Rechtsanwalt X1. ist gemäss übereinstimmender Darstellung der Parteien sodann
nicht Mitglied der Kommanditgesellschaft und dementsprechend nicht Vertrags-
partei der internen Vereinbarung der Gruppe E'.
von 1976 (act. 2/2), der
neuen internen Vereinbarung der Gruppe E'. von 2004 (act. 2/6) des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft von 1991 (act. 2/3; act. 9 Rz 17; act. 20 S. 8 zu Nr. 17).
Ziff. 11 der internen Vereinbarung der Gruppe E'. von 1976 (Vereinbarung von 1976, act. 2/2 S. 4) sieht vor, dass der Komplementär der Gruppe jederzeit durch Mehrheitsbeschluss der stimmberechtigten Personen (Stämme) abberufen werden könne und dass der Komplementär zwecks Erleichterung der mit einem Rücktritt verbundenen Formalitäten eine blanko unterzeichnete Rücktrittserklärung an das zuständige Handelsregisteramt bei einem unabhängigen Dritten deponiere. Eine analoge Bestimmung betreffend Hinterlegung eines undatierten
Rücktrittsschreibens durch den Komplementär der Gruppe E'. auch in der Vereinbarung von 2004 (act. 2/6 S. 5).
Parteistandpunkte
findet sich
Der Kläger leitet einen vertraglichen Anspruch auf Herausgabe des von H. hinterlegten Rücktrittsschreibens aus seiner Mitgliedschaft in der einfachen Gesellschaft Gruppe E'. ab, der, wie erwogen, auch die Hinterlegerin H. angehört (act. 1 S. 3 und 5).
Vertragsparteien des im März 2004 erteilten Auftrags zur Aufbewahrung des Rücktrittschreibens seien auf der einen Seite die einfache Gesellschaft Gruppe
E'.
gemäss Vereinbarung 1976 (act. 20 S. 8, resp. die Erben I. ,
act. 20 S. 5 und 7), und auf der anderen Seite die Beklagte, vertreten durch die Rechtsanwälte X2. und X1. (act. 20 S. 2, S. 8 zu Nr. 17; act. 2/2).
Es sei zu unterscheiden zwischen dem Auftrag von H. an RA X1. betreffend Aufbewahrung des Rücktrittsschreibens einerseits und deren Auftrag an
RA X1. (act. 20 S. 9).
zur Ausarbeitung der internen Vereinbarung von 2004 andererseits
Daraus, dass die scheidende Komplementärin der Personengruppe
E'. , H.
resp. an anderer Stelle: E. (act. 1 S.3, act. 20 S. 2) -
das Rücktrittschreiben hinterlegt habe, folge, dass auch der Kläger als Mitglied der gleichen Personengruppe E'. weisungsund herausgabeberechtigt gegenüber Rechtsanwalt X1. sei, real seit 2016 (act. 20 S. 2 Mitte, S. 8 zu Nr. 17). Insofern sei dieser ihm gegenüber verpflichtet (act. 20 S. 8, erster Absatz).
Weiter führt der Kläger aus, dass er als einziger Gesellschafter aus den Rei-
hen der Gruppe E'.
die Anforderungen an einen Komplementär gemäss
Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft von 1991 und Vereinbarung der Gruppe E'. von 1976 erfülle, E. sich indes trotz Ablaufs der auf maximal zwölf Jahre begrenzten Amtszeit als Komplementär (Art. 12 der Vereinbarung von 1976) weigere, zurückzutreten (act. 1 S. 3, act. 20 S. 2, S. 6). Daher habe er Anspruch auf das Rücktrittsschreiben, solange seitens der Beklagten nicht nachgewiesen sei, dass die Vereinbarung von 1976 nicht mehr gelte (act. 20 S. 2 sowie S. 8 zu Nr. 17: Anspruch auf Herausgabe real seit 2016).
Die Beklagte hält dem entgegen, dass Rechtsanwalt X1. , Partner der erst seit 2008 als AG auftretenden Kanzlei B. C. (&) D. , in den Jahren 2002 bis 2008 H. beraten habe (act. 9 Rz. 9). Zwar richte der Kläger die Klage gegen die Beklagte, doch ergebe sich aus dem eingangs wiedergegebenen Rechtsbegehren, dass der Kläger eine Handlung von RA X1. verlange. Der Beklagten mangle es daher von vornherein an der Passivlegitimation.
RA X1. habe das streitgegenständliche Rücktrittsschreiben als Anwalt (einzig) von H. , mithin nicht als Anwalt (auch) des Klägers des Familienstamms, dem der Kläger angehöre, erhalten. Weisungsund herausgabeberechtigt gegenüber RA X1. sei daher allein H. (act. 9 Rz. 11 ff.). RA
X1.
habe die Rücktrittserklärung nicht im Rahmen der Vereinbarung von
1976 des Gesellschaftsvertrags von 1991 erhalten. Er habe vor dem Schreiben von H. vom 17. März 2004 keine Rücktrittserklärung besessen (act. 9 Rz. 16), noch habe er das Rücktrittsschreiben von E. direkt erhalten (act. 9 Rz. 20).
Passivlegitimation
Nach den allgemeinen Beweislastregeln ist der Kläger für den Bestand eines vertraglichen Anspruchs auf Herausgabe des Rücktrittsschreibens an ihn behauptungsund beweisbelastet. Der Kläger richtet seine Klage klarerweise gegen die beklagtische Anwalts-Aktiengesellschaft (act. 1; act. 13, act. 20). Das Rechtsbegehren gemäss Klageschrift lautet demgegenüber auf Verpflichtung von Rechtsanwalt X1. zu einem Tun.
Zum Widerspruch zwischen beklagter Person einserseits und Verpflichtung
von Rechtsanwalt X1.
zu einem Tun gemäss Formulierung im Rechtsbe-
gehren andererseits hält der Kläger mit Replik fest (act. 20 S. 8 zu Nr. 17):
Herr X1. ist nicht Vertragspartei irgendwelcher Verträge, sondern wie bereits
geschrieben, sind die Vertragsparteien die Gruppe Erben I.
und B.
C. D. AG, vertreten von X2. und X1._ bez. des 2004 angenommenen Auftrags, das Rücktrittscheiben zeitlich aufzubewahren.
Sowie in Stellungnahme zum Einwand der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten (act. 20 S. 5 zu Nr. 10):
Dazu ist zu sagen, dass offensichtlich dazu gemeint war Herr X1. als Vertreter von damals noch B. C. & D. , jetzt B. C. D. AG. Die angebliche Passivlegitimation ergibt sich daraus nicht, [ ].
Der Kläger änderte das Rechtsbegehren - ungeachtet seiner obigen Ausführungen mit zweiter Rechtsschrift (act. 20) nicht.
Im Rahmen der Dispositionsmaxime (Art. 58 Abs. 1 ZPO) obliegt es ausschliesslich den Parteien, ihre Rechtsbegehren zu formulieren. Diese Rechtsbegehren sind für das Gericht grundsätzlich bindend. Ein Rechtsbegehren muss so bestimmt sein, dass es bei Gutheissung der Klage zum Dispositiv gemacht werden kann. Ist ein Rechtsbegehren unklar, widersprüchlich, unbestimmt offensichtlich unvollständig, ist es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des überspitzten Formalismus im Lichte der Klagebegründung auszulegen. Dabei ist nicht nur auf den Wortlaut des Begehrens, sondern auch auf die
Klagebegründung abzustellen (Art. 52 ZPO; LEUENBERGER in: SUTTERSOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 2016, N 38 f. zu Art. 221 ZPO; BGE 137 III 617
E. 6.2; Urteile des Bundesgerichts 4A_618/2017 vom 11. Januar 2018 E. 4
m.w.H. und 4A_265/2017 vom 13. Februar 2018 E. 6 sowie 4A_375/ 2015
E. 7.1.).
Eine Auslegung des Rechtsbegehrens im Lichte der Klagebegründung resp. der zitierten Ausführungen des anwaltlich nicht vertretenen Klägers ergibt, dass der Kläger mit vorliegender Klage die Verpflichtung der Beklagten, vertreten durch Rechtsanwalt X1. , zu einem Tun verlangt.
Die Zustellung des Rücktrittsschreibens E. an Rechtsanwalt X1. zur sicheren Aufbewahrung erfolgte, wie erwogen, mit Schreiben von H. vom 17. März 2004 (act. 10/4), mithin zu einem Zeitpunkt rund vier Jahre vor der Eintragung der Beklagten ins Handelsregister (act. 10/1). Daraus erhellt ohne Weiteres, dass die Beklagte nicht die ursprüngliche Vertragspartei des Auftrags (oder Hinterlegungsvertrags) betreffend die sichere Aufbewahrung des Rücktrittsschreibens sein kann.
Aus dem Umstand, dass Rechtsanwalt X1. nach Eintragung der Beklagten im Handelsregister im Jahre 2008 kollektivzeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats der Anwalts-Aktiengesellschaft wurde, ergibt sich kein Wechsel der Vertragspartei resp. kein Übergang allfälliger von Rechtsanwalt X1. im Jahre 2004 gegenüber Dritten eingegangenen vertraglichen Pflichten auf die Beklagte. Für den Wechsel der Vertragspartei von Rechtsanwalt
X1.
zur Beklagten fehlen vorliegend jegliche Anhaltspunkte resp. Vorbringen des Klägers, der nach den allgemeinen Beweisregeln hierfür behauptungsund beweisbelastet ist, zumal er Rechte aus der Änderung der Parteistellung behauptet.
Damit fehlt es der Beklagten an der Passivlegitimation, was zur Klageabweisung führt.
Aktivlegitimation
Im Übrigen wäre der Kläger auch nicht aktivlegitimiert, die Herausgabe des Rücktrittsschreibens an ihn allein zu verlangen. Wie eingangs erwogen, bestand und besteht unstreitig kein Mandatsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten. Der Kläger begründet das Bestehen eines vertraglichen Anspruchs auf Herausgabe an ihn ausschliesslich mit seiner Mitgliedschaft in derselben Personengruppe E'. , der auch die das Rücktrittsschreiben hinterlegende Gesellschafterin H. angehört.
Die der Personengruppe E'.
angehörenden Gesellschafter der Kommanditgesellschaft haben mittels interner Vereinbarung von 1976 (ebenso von 2004, act. 2/6 S. 3) u.a. die Ausübung ihrer Stimmrechte und ihre Vertretung zwecks eines effektiven Auftretens gegenüber den Gesellschaftern der Perso-
nengruppe G.
vertraglich geregelt. Der Schwerpunkt des gemeinsam
verfolgten Zwecks besteht darin, das von den Gesellschaftern im Rahmen der Kommanditgesellschaft gehaltene Vermögen möglichst wirkungsvoll zu verwalten. Es ist vom Vorliegen einer einfachen Gesellschaft auszugehen (Art. 530 Abs. 1 OR).
Eine Berechtigung Dritter aus dem Handeln von H.
gegenüber
Rechtsanwalt X1. würde voraussetzen, dass diese das Rücktrittsschreiben als direkte Stellvertreterin in fremdem Namen, d.h. im Namen der Gesellschaft (Gruppe E'. ) bzw. sämtlicher Gesellschafter, an Rechtsanwalt X1. übergeben hätte. Diesfalls würden die Vertretenen dem Dritten gegenüber insoweit berechtigt und verpflichtet, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich bringen (Art. 543 Abs. 2 OR). Ob durch das Handeln von H. nur diese selbst (Art. 543 Abs. 1 OR) die Gesellschaftergesamtheit ein Teil der Gesellschafter berechtigt (und verpflichtet) wurde, ist durch Auslegung ihres Erklärungsverhaltens zu ermitteln.
Das Schreiben von H. vom 17. März 2004, mit welchem sie das Rücktrittsschreiben zur Aufbewahrung übersandte, lautet wie folgt (act. 10/4):
KG F. , Group Erben I.
Dear Mr X1.
Please find enclosed an undated letter of resignation signed by E. for safe keeping.
To comply with our internal agreement this document may only be handed out when petitioned for by more than 50% of the vote. [ ]
To date, the following persons have signed the new agreement: [ .]
Gemäss Wortlaut des Schreibens (to comply with our internal agreement; the following persons have signed the new agreement) stand die Hinterlegung des Rücktrittsschreibens in direktem Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis zwischen H. und Rechtsanwalt X1. , im Rahmen dessen H. eine
neue interne Vereinbarung der Personengruppe E'.
(Vereinbarung von
2004, act. 2/6) ausarbeiten liess, wie auch der Kläger ausführt (act. 20 S. 9). Dies spricht für ein Handeln der Verfasserin des Schreibens in eigenem Namen im Rahmen ihres Mandatsverhältnisses mit Rechtsanwalt X1. . Die von H. erteilte Instruktion, wonach Rechtsanwalt X1. das Rücktrittsschreiben nur bei Aufforderung durch eine Stimmenmehrheit der Gesellschafter auszuhändigen ermächtigt sei, steht dem nicht entgegen.
Wollte man mit dem Kläger - davon ausgehen, dass H. das Rücktrittsschreiben im Rahmen eines gesondert zu betrachtenden (Hinterlegungs)Vertrags, unabhängig von ihrem seit 2002 bestehenden Mandatsverhältnis mit Rechtsanwalt X1. , in direkter Vertretung der Personengruppe E'. an Rechtsanwalt X1. zur sicheren Aufbewahrung übergab, so würden die übrigen Gesellschafter dem Dritten (RA X1. ) gegenüber, wie dargelegt, nur insoweit berechtigt, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich brin-
gen (Art. 543 Abs. 2 OR). In Vertretung der Gruppe E'.
ermächtigte sie
Rechtsanwalt X1.
gemäss klarem Wortlaut ihres Instruktionsschreibens
vom 17. März 2004 (act. 10/4) zur Herausgabe des Rücktrittsschreibens des
Komplementärs E.
auf Verlangen einer Stimmenmehrheit der Gruppe
E'. , nicht aber zur jederzeitigen Herausgabe an ein einzelnes Mitglied. Dies steht im Übrigen im Einklang mit der vom Kläger als nach wie vor gültig erachte-
ten Vereinbarung 1976, wonach der Komplementär der Gruppe E'.
durch
Mehrheitsbeschluss jederzeit abberufen werden könne und das hinterlegte Rücktrittsschreiben einzig der Erleichterung der Formalitäten in Zusammenhang mit dem Rücktritt diene (vgl. act. 2/2 Ziff. 11). Eine andere Instruktion, die Rechtsanwalt X1. von der Personengruppe E'. vertreten durch H. bei der Hinterlegung erteilt worden wäre, ist nicht ersichtlich und wird nicht behauptet.
Damit würde es vorliegend auch unter Zugrundelegung einer Hinterlegung des Schreibens durch H. als direkte Stellvertreterin der Gesellschafter der Personengruppe E'. an der Berechtigung des Klägers fehlen, die Herausgabe des Rücktrittsschreibens zu verlangen.
Soweit der Kläger einen Anspruch auf Herausgabe aus der internen Vereinbarung der Personengruppe E'. von 1976 (act. 2/2), insbesondere Ziff. 12, ableiten wollte resp. daraus, dass er nach seinem Dafürhalten als einziges Mitglied der Personengruppe E'. die Anforderungen als neuer Komplementär erfülle (act. 2/2), verkennt er, dass Rechtsanwalt X1. resp. die Beklagte unstreitig nicht Mitglied der Vereinbarung des Gesellschaftsvertrags sind und sich aus den genannten Gesellschaftsverträgen kein Anspruch auf Herausgabe
des Rücktrittsschreibens gegenüber Rechtsanwalt X1. klagten ableiten lässt.
Fazit
oder aber der BeZusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe des bei Rechtsanwalt X1. hinterlegten Rücktrittsschreibens E. an den Kläger als auch die Passivlegitimation der Beklagten zu verneinen sind. Dies führt zur Abweisung der Klage.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Gerichtskosten
Ausgangsgemäss wird der Kläger kostenund entschädigungspflichtig. Die Festsetzung der Gerichtsgebühr richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Ausgehend von einem solchen von CHF 100'000 resultiert eine ordentliche Gerichtsgebühr von CHF 8'750, die ausgangsgemäss dem Kläger aufzuerlegen ist (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Umtriebsentschädigung
Vertritt ein Anwalt als Organ Angestellter eine juristische Person, so vorliegend die beklagte Anwalts-Aktiengesellschaft, so wird dieser nicht der normale Anwaltstarif gemäss Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO zugesprochen, sondern eine Umtriebsentschädigung ex aequo et bono. Entsprechend der bisherigen und weiterhin einschlägigen Praxis ist die Entschädigung nach Anwaltstarif zu berechnen, jedoch um etwa einen Drittel zu reduzieren, da Instruktion und Verkehr mit dem Rechtsvertreter entfallen (vgl. SUTER/VON HOLZEN, in: SUTTER-SOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER [HRSG.], Kommentar ZPO, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 95 N. 42; RÜEGG, Basler Komm. ZPO, 2. A. 2013, Art. 95 N 22). Eine Ausnahme hiervon (komplizierte Angelegenheit mit hohem Streitwert und hohem Arbeitsaufwand, BGE 110 V 134 E. 4c), welche die Zusprechung einer vollen Parteientschädigung rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Da vorliegend keine Einigungsverhandlung stattfand und die Beklagte mit Eingabe vom 6. März 2019 (act. 24) auf Duplik verzichtete, ist der Kläger in Anwendung von § 2 Abs. 1 lit. a AnwGebV und der geschilderten Praxis zu verpflichten, der Beklagten eine Umtriebsentschädigung von CHF 7'300 zu bezahlen. Eine Entschädigung für das Schlichtungsverfahren vor Friedensrichter ist nicht zuzusprechen, zumal ein zum Aufwand für das vorliegende Verfahren hinzutretender zeitlicher Aufwand für Vorbereitung und Teilnahme nicht substantiiert dargelegt wurde und eine Teilnahme beider Rechtsvertreter nicht erforderlich war.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf CHF 8'750.-.
Die Kosten werden dem Kläger auferlegt und aus dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Umtriebsentschädigung in der Höhe von CHF 7'300.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien.
Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 100'000.-.
Zürich, 16. Mai 2019
Handelsgericht des Kantons Zürich
Der Präsident
Roland Schmid
Der Gerichtsschreiber:
Dr. Benjamin Büchler
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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